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Hermann Stegemanns vierbändige "Geschichte des I. Weltkrieges" gehört zu den umfangreichsten und detailliertesten Werken über die Jahre 1914 - 1918 mit insgesamt über 2200 Seiten in dieser Neuausgabe. Stegemann arbeitete während der Kriegsjahre für die Schweizer Zeitung "Der Bund" und schrieb die Kolumne "Zur Kriegslage", die in Teilen im Anhang der jeweiligen Bände zu finden ist. In diesem dritten Band betrachtet er die Ereignisse im Westen und im Osten von Anfang 1916 bis zum Kriegsende.
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Seitenzahl: 1229
Geschichte des I. Weltkriegs
Band 4
HERMANN STEGEMANN
Geschichte des I. Weltkriegs, Band 4, Hermann Stegemann
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
86450 Altenmünster, Loschberg 9
Deutschland
ISBN: 9783849680136
www.jazzybee-verlag.de
Vorwort1
Die allgemeine Lage im Januar 1916. 2
Der Feldzug im Westen vom 1. November 1915 bis 1. Juli 1916. 10
Vorkämpfe vom 1. November 1915 bis 21. Februar 1916. 10
Die Schlacht bei Verdun. 11
Der deutsche Angriffsplan. 11
Französische Gegenmaßnahmen. 12
Der Angriff auf die Vorhöhen der Nordostfront13
Der Sturm auf die Feste Douaumont18
Pétains Gegenangriff21
Der Kampf um Haudromont und Hardaumont22
Die strategische Lage am 27. Februar24
Zwischenkämpfe in der Woevre und auf beiden Maasufern. 26
Die Entwicklung der strategischen Lage vom 11. bis 18. März 1916. 29
Die Hölle von Verdun. 31
Die Kämpfe um den Toten Mann, die Höhe 304 und Fort Douaumont vom 7. April bis 24. Mai 191633
Der Sturm auf die Feste Vaux. 36
Die Kämpfe um Thiaumont, Fleury und den Toten Mann vom 7. Juni bis 4. Juli 191638
Die strategische Sonnenwende. 40
Der Feldzug im Osten 14. November 1915 bis 31. August 1916. 41
Die Ostfronten im Winter 1915/16. 41
Die Offensive der Russen im Frühling 1916. 44
Die Schlacht am Naroczsee. 46
Die Kämpfe an der Düna. 55
Die strategische Lage nach der Frühlingswende. 56
Die Offensive der Russen im Sommer 1916. 58
Der Angriffsplan. 58
Die Verteidigung. 60
Die Doppelschlacht bei Luzk und Okna vom 31. Mai bis 5. Juni 1916. 62
Pleß und Teschen. 64
Die Kämpfe am Styr, an der Strypa und am Pruch vom 6. bis 10. Juni 191665
Die Kämpfe der Südarmee vom 4. bis 16. Juni 1916. 69
Die allgemeine Lage am 16. Zum 1916. 73
Die Kämpfe in Wolhynien vom 16. bis 23. Juni 1916. 76
Die Kämpfe in der Bukowina und im Dnjestrtal vom 19. Juni bis 3. Juli 191677
Die strategische Lage am 1. Juli 1916. 82
Die Kämpfe bei Baranowitschi und Smorgon vom 13. Juni bis 27. Juli 191684
Die Kämpfe an der Düna vom 5. bis 20. Juli 1916. 89
Die Kämpfe am Styr vom 11. Juni bis 4. Juli 1916. 90
Irrungen, Wirrungen. 92
Die Schlacht am Stochod und an der Lipa vom 3. bis 28. Juli 1916. 93
Das Echo von Brody. 95
Die Kämpfe am Stochod vom 27. Juli bis 11. August 1916. 96
Die Kämpfe am Sereth und an der Graberka vom 3. Bis 25. August 1916100
Bothmers Rückzug auf die Zlota Lipa. 103
Die Kämpfe in den Karpaten vom 4. Juli bis 31. August 1916. 104
Der Feldzug im Westen vom 23. Juni bis 28. August 1916. 109
Die Kämpfe vom 20. Juli bis 28. August 1916. 124
Die allgemeine strategische Lage im August 1916. 128
Die Bedrängnis der Mittelmächte im Osten und Westen. 128
Saloniki und Bukarest129
Von Falkenhayn zu Hindenburg und Ludendorff130
Der Feldzug in Rumänien vom 28. August 1916 bis 19. Januar 1917. 134
Der Eintritt Rumäniens in den Krieg. 134
Die Haltung der Bulgaren. 136
Der Aufmarsch der Rumänen. 138
Die Lage der Mittelmächte am 1. September 1916. 140
Mackensens Einbruch in die Dobrudscha. 142
Die Kämpfe bei Dobric und die Eroberung Tutrakans. 143
Die Kämpfe bei Curu Orman und Kara Omer147
Vor den befestigten Linien von Topraisar149
Die Schlachten in Siebenbürgen. 151
Der Vormarsch der Rumänen. 151
Der Aufmarsch der Deutschen und Österreicher153
Die Schlacht bei Hermannstadt156
Aufmarsch und Vorkämpfe. 156
Die Kämpfe im Alttal und am Rotenturmpass vom 22. Bis 25. September 1916159
Die Kämpfe im Alttal und am Rotenturmpass vom 25. Bis 28. September 1916162
Zwischenkämpfe in Siebenbürgen und an der Donau vom 29. September bis 4. Oktober 1916169
Der Vormarsch der Verbündeten und die Maßnahmen der Rumänen. 171
Die Schlacht am Geisterwald. 171
Die Kämpfe am Sincheibach und am Homorod. 174
Die Kämpfe um Kronstadt175
Die Eroberung der Dobrudscha. 178
Die Schlacht bei Topraisar178
Die Verfolgung von Topraisar bis Babadagh. 180
Die Kämpfe in den Transsilvanischen Alpen vom 9. bis 12. Oktober 1916181
Die Kämpfe in den Transsilvanischen Alpen vom 13. Oktober bis 6. November 1916184
Der Durchbruch im Vulkangebirge. 192
Die Schlacht bei Targu-Jiu. 194
Die strategische Lage der Rumänen am 22. November 1916. 196
Der Übergang der Verbündeten über die Donau. 198
Die Kämpfe der Donauarmee vom 27. bis 30. November 1916. 200
Die Kämpfe der Armee Falkenhayn vom 23. Oktober bis 30. November 1916202
Die Kämpfe am Nordflügel (Falkenhayn) vom 1. bis 2. Dezember 1916. 208
Die Kämpfe am Südflügel am 3. Dezember 1916. 210
Die Verfolgung der Rumänen und die Einnahme von Bukarest211
Die Russen greifen ein. 213
Die Schlacht bei Rimnicu-Sarat215
Der Fall Brailas. 217
Die Schlacht bei Focsani-Fundeni218
Das Ende des Bewegungsfeldzuges221
Der Feldzug im Westen vom 29. August 1916 bis 26. Januar 1917. 223
Die Schlacht an der Somme vom 29. August bis 13. November 1916. 223
Die Kämpfe vom 3. September bis 27. September 1916. 223
Die Schlacht bei Verdun. 232
Die Kämpfe um Fleury und die Rückeroberung der rechtsufrigen Maashöhen durch die Franzosen232
Jahresende. 242
Der Seekrieg vom 24. Februar 1915 bis 22. Dezember 1916 und der diplomatische Kampf Deutschlands mit den Vereinigten Staaten von Amerika. 243
Deutschlands Seestrategie im Vorfrühling 1915. 243
Woodrow Wilson und der Kampf um den U-Bootkrieg. 245
Die Bedrohung der englischen Küsten. 252
Die Seeschlacht am Skagerrak. 255
Betrachtungen zur Seeschlacht am Skagerrak. 265
Auf dem Weg zum Unterseebootkrieg. 267
Die allgemeine politische Lage um die Jahreswende 1916. 272
Die Vergewaltigung Griechenlands. 272
Die Verkündigung des Königreiches Polen. 274
Die Lockerung des Vierbundes und die Festigung der Entente. 276
Das Friedensangebot der Mittelmächte. 279
Die Antwort der Entente. 281
Auch eine Schuld. 284
Woodrow Wilson und Bethmann-Hollweg. 285
Wilsons Friedensbotschaft287
Die Antworten der Mächte. 288
Das Bekenntnis zum U-Bootkrieg. 295
Amerikas Bruch mit Deutschland. 299
Im Zeichen des U-Bootkrieges. 299
Der Feldzug im Westen vom 27. Januar bis 26. Mai 1917. 302
Die Angriffspläne der Entente. 302
Der deutsche Abwehrplan. 304
Der Rückzug der Deutschen in die Siegfriedstellung. 306
Die Umwandlung der englisch-französischen Angriffspläne. 311
Die Schlacht an der Scarpe vom 6. bis 13. April 1917. 315
Die Schlacht an der Aisne vom 9. bis 21. April 1917. 318
Die Schlacht an der Scarpe vom 23. April bis 18. Mai 1917. 325
Die Schlacht an der Aisne vom 3. bis 6. Mai 1917. 327
Die Krise im englisch-französischen Lager329
Der Kampf um den Frieden im Jahre 1917. 334
Deutsche Hoffnungen. 334
Die Reise nach Laxenburg. 335
Die Reise nach Homburg. 342
Die deutsche Kanzlerkrise. 344
Der Feldzug im Osten vom 29. August 1916 bis 23. November 1917. 348
Auf dem Weg zur russischen Revolution. 348
Die Entlastungsangriffe der Russen. 348
Die Kämpfe bei Riga. 350
Die Offensive des russischen Revolutionsheeres354
Der russische Angriffsplan. 354
Die Schlacht bei Brzezany. 357
Die Schlacht bei Halicz. 364
Die Gegenoffensive der Deutschen und Österreicher368
Die Schlacht bei Zborow.. 368
Der Rückzug der Russen über den Zbrucz. 370
Die Kämpfe in der Moldau. 372
Der russisch-rumänische Angriff im Berezker Gebirge. 372
Der Gegenangriff der Deutschen und Österreicher zwischen Tirgul-Okna und Focsani373
Die Offensive der Deutschen. 377
Die strategische Lage im Sommer 1917. 377
Die Kämpfe bei Riga. 379
Die Kämpfe um die baltischen Inseln. 383
Strategischer Ausblick im Spätherbst 1917. 388
Der Feldzug in Italien vom 22. Mai 1915 bis 30. Dezember 1917. 390
Der Aufmarsch der Italiener und die Gegenmaßnahmen der Österreicher390
Der Vormarsch der Italiener und die Vorkämpfe. 394
Die erste Schlacht am Isonzo. 396
Die zweite Schlacht am Isonzo. 397
Die dritte Schlacht am Isonzo. 400
Die vierte Schlacht am Isonzo. 401
Die strategische Lage im Frühling 1916 und die fünfte Schlacht am Isonzo403
Die Schlacht bei Asiago und Arsiero. 406
Die sechste Schlacht am Isonzo. 410
Die siebente, achte und neunte. 412
Schlacht am Isonzo. 412
Die strategische Lage im Frühling 1917. 413
Die zehnte Schlacht am Isonzo. 414
Die elfte Schlacht am Isonzo. 416
Österreich und die deutsche Hilfe. 422
Der Angriffsplan der Deutschen und Österreicher423
Der Aufmarsch der Verbündeten. 424
Die zwölfte Schlacht am Isonzo. 429
Vom Tagliamento zur Piave. 440
Die Kämpfe in den Lessiner Alpen und an der Piave. 444
Der versäumte Augenblick. 446
Der Feldzug im Westen vom 27. Mai bis 3. Dezember 1917. 448
Zusammenhänge. 448
Die Schlacht bei Wytschaete. 449
Die Schlacht bei Ypern. 455
Vorbereitungen und Zwischenkämpfe. 455
Die Kämpfe vom 31. Juli bis 31. August 1917. 457
Die strategische Lage im September 1917. 462
Die Kämpfe vom 19. September bis 10. November 1917. 464
Die Kämpfe an der Aisne und in der Champagne vom 1. Juni bis 2. August 1917469
Die Kämpfe bei Verdun vom 28. Juni bis 30. September 1917. 471
Die Schlacht bei Malmaison. 474
Die strategische Lage im November 1917. 478
Die Schlacht bei Cambrai479
Der Kampf um den Frieden im Osten und Wilsons 14 Punkte. 488
Die Friedensverhandlungen von Brest-Litowsk. 488
Der Vormarsch der Deutschen. 491
Die Gefahren des Bolschewismus. 494
Die Unterwerfung Rumäniens. 496
Wilsons 14 Punkte. 497
Noch einmal "Am Elsass-Lothringens willen". 499
Die Feldzüge im Westen und im Orient vom 13. Februar bis 11. November 1918501
Die allgemeine Lage im Frühling 1918. 501
Das militärische Stärkeverhältnis. 501
Das politische Stärkeverhältnis. 503
Der Zwang zur Fortsetzung des Krieges. 506
Die strategische Lage auf dem asiatischen Kriegsschauplatz. 508
Der Zwang zum Angriff im Westen. 510
Die deutsche Offensive vom 18. März bis 12. Juni 1918. 513
Der deutsche Angriffsplan. 513
Der Aufmarsch. 514
Die Schlacht zwischen der Scarpe und der Oise. 515
Die Schlacht an der Lys. 525
Der Überfall auf die deutsche U-Bootbasis und der U-Bootkrieg. 533
Die strategische Lage am 1. Mai 1918. 535
Die Schlacht zwischen der Aisne und der Marne vom 27. bis 30. Mai 1918536
Die strategische-Lage am 30. Mai 1918. 542
Die Schlacht zwischen der Aisne und der Marne vom 31. Mai bis 1. Juni 1918544
Versailles und Washington. 546
Die Schlacht zwischen der Aisne und der Marne vom 1. bis 4. Juni 1918. 548
Vor neuen Entschlüssen. 549
Die Schlacht zwischen der Oise und der Avre. 549
Die strategische Lage am 13. Juni 1918. 552
Die Schlacht an der Piave. 553
Der Nachhall der Schlacht an der Piave. 558
Die Krise der deutschen Offensive vom 14. Juni bis 5. Aug. 1918. 561
Die strategische Lage im Sommer 1918. 561
Der Aufmarsch an der Marne. 566
Die zweite Schlacht an der Marne. 569
Die Kämpfe zwischen der Marne und der Vesle. 577
Die Umkehr der strategischen Lage. 580
Die Gegenoffensive der Alliierten vom 8. August bis 15. September 1918. 584
Die Schwächen der Verteidigung. 584
Der Überfall an der Römerstraße. 586
Die Kämpfe zwischen der Somme und der Oise. 589
Die Kämpfe zwischen der Aisne und der Scarpe. 590
Der Rückzug der Deutschen zwischen der Vesle und der Lys in die Siegfriedstellung593
Die Kämpfe bei St. Mihiel596
Der Zerfall des Vierbundes. 600
Deutschlands Verzicht auf den Sieg. 600
Der Zusammenbruch der bulgarischen Front604
Der Einsturz der türkischen Front606
Der letzte Aufmarsch. 612
Die Offensive der Alliierten und das Ende des Zweibundes. 614
Die Schlachtenfolge vom 25. September bis 4. Oktober 1918. 614
Deutschlands Verzicht auf den Krieg. 620
Deutschlands Friedensgesuch und Woodrow Wilson. 623
Die Schlachtenfolge vom 5. bis 19. Oktober 1918. 626
Die Schlachtenfolge vom 20. Oktober bis 5. November 1918. 637
Wilsons "dritte Note" und Ludendorffs Abgang. 639
Die Auflösung der österreichisch-ungarischen Front641
Deutschlands Endkampf und der Ausgang des Krieges644
Die Abdankung des Kaisers und der Waffenstillstand. 644
Der Rückmarsch über den Rhein und das Ende der Flotte. 647
Die Kämpfe um die afrikanischen Kolonien. 648
Die Friedensschlüsse. 650
Woodrow Wilson, der Frieden und der Völkerbund. 652
Schlusswort654
Aus den Betrachtungen zur Kriegslage. 657
An dem Tage, da ich den vierten und letzten Band dieses Werkes aus der Hand gebe, befällt mich noch einmal das Gefühl der Verantwortung für die Kühnheit des Versuches, die Geschichte des Krieges aus dem Erleben heraus gestaltet und festgehalten zu haben. Es bedarf keiner Versicherung mehr, dass ich mir des damit verbundenen Wagnisses bewusst gewesen bin. Ob es hingegen noch einmal der Bekräftigung bedarf, dass das Werk jedem fremden Einfluss entzogen war, weiß ich nicht. Ich muss mich damit bescheiden, die Gewissheit unabhängigen Denkens, Fühlens und Gestaltens in mir zu tragen.
Ich habe den ersten Band im November 1914, kurz nach der Schlacht bei Ypern und unmittelbar vor dem Ausleuchten der deutschen Gegenoffensive im Weichselbogen, in Angriff genommen. Heute liegen diese Ereignisse sieben Jahre hinter uns und dazwischen Vorgänge von einer Größe des Geschehens, die jene ersten Feldzüge verbleichen lassen. Trotzdem halte ich an der damals vertretenen Auffassung fest und stehe nicht an zu erklären, dass ich heute noch, ja heute in höherem, gefestigterem Maße die in diesen Bänden gegebenen politischen und strategischen Anschauungen für richtig halte. Gewiss bleibt manches dunkel, wird die Öffnung bisher verschlossener Quellen Einzelheiten an den Tag bringen, die zur Verknüpfung der Tatsachen neues beitragen, aber das liegt in der Natur des Werkes und seiner Entstehung begründet. Als ich, äußeren Anregungen und einem inneren Zwang gehorchend, daran ging, den größten Krieg aller Zeiten im Fluss der Bewegung zu schildern, ihn in die geschichtliche Entwicklung unserer Zeit einzuordnen und aus ihr zu begreifen und die Darstellung mit der Wärme zu erfüllen, die die Größe eines solchen Erlebnisses auslöst, hatte ich die Bedenken überwunden, die sich aus diesen damals schon erkennbaren Umständen ergaben. Und so bitte ich heute, angesichts der Vollendung des Werkes, mit Ulrich von Hutten sagen zu dürfen: "Ich hab's gewagt mit Sinnen und trag' des noch kein' Reu'..."
Der vierte Band folgt dem Gedankengang und der Darstellungsweise seiner Vorgänger und führt die Gliederung des Ganzen, entsprechend dem Grundplan, zu Ende. Er beginnt auf der Schwelle des Jahres 1916 und umfasst die Feldzüge der Kriegsjahre 1916,1917 und 1918 und zurückgreifend den Feldzug in Italien vom 22. Mai 1915 bis zur Katastrophe. Der Band und das Werk schließen mit der Beendigung der Feindseligkeiten, die unmittelbar aus dem Völkerzusammenstoß entstanden sind, und einer flüchtig umrissenen Darstellung der Friedensverträge, durch welche die Sieger die vor dem Kriege und während des Krieges aufgeworfenen Streitfragen und die überkommenen geschichtlichen Konflikte auf einen Schlag zu lösen gedachten. Es bedarf kaum der Feststellung, dass die Unterzeichnung dieser Verträge ein transitorischer Moment war, aber keinen Ruhepunkt, keine Wiederherstellung einer Gleichgewichtslage bedeutet. So reizvoll es wäre, die Darstellung fortzusetzen und so eng die Entwicklung der Nachkriegszeit mit dem Kriege selbst und zum Teil sogar mit den Konflikten der Vorkriegszeit verknüpft erscheint — hier gebietet der Mangel an Distanz, gebietet die Unmöglichkeit, das gärende brodelnde Chaos der Gegenwart zu durchdringen, der Feder kategorisch Halt.
Trotzdem konnte ich es mir nicht versagen, die Friedensverträge selbst einer Betrachtung zu unterziehen und Ausblicke in die Zukunft zu öffnen. Es lag mir am Herzen, in diesem Augenblick die Voraussage zu wiederholen und im Zusammenhang zu begründen, mit der ich das Vorwort des dritten Bandes schloss: die Voraussage, dass Deutschland sich aus seinem Grab erheben und einer neuen Zukunft entgegengehen werde. Dies geschieht nicht, um einseitig zugunsten des deutschen Volkes Stellung zu nehmen und dem Werk eine historisch-politische Absicht unterzuschieben, sondern lediglich um der Überzeugung Ausdruck zu geben, dass die Gesundung der Welt und eine aufsteigende Entwicklung ohne eine tätige, von entsprechender Macht getragene Teilnahme Deutschlands undenkbar ist. Man wird vom "Untergang des Abendlandes" — wie man auch die Fristen dieses geschichtlichen Prozesses setzen möge — nur dann sprechen dürfen, wenn dem deutschen Element in Europa unmöglich gemacht würde, den Platz wieder einzunehmen, der ihm gebührt.
Bern, 15. Oktober 1921.
Hermann Stegemann,
Dr. rar. pol. h. c.
Eisige Regengüsse, wilde Schneestürme und erstickende Nebelschwaden zogen im Januar 1916 über die Schlachtfelder Europas und hüllten die weitgespannten Fronten des Weltkrieges in bedrückendes Dunkel. Verhangen lag die politische Zukunft, ungewiss war der strategische Ausblick: zum ersten Male machte sich die Unsicherheit, die jedem Kriege als Phänomen eigen ist, in einem Augenblick scheinbare Ruhe beklemmend geltend. Was waren, was wogen die hüben und drüben erkämpften Erfolge, die hüben und drüben erduldeten Misserfolge?
Erstarrt lagen die Fronten, soweit das Auge reichte. Von Flandern bis zur Burgunder Pforte lief die tief eingegrabene Wehrstellung der Deutschen, um deren Sprengung die Entente seit Dezember 1914 vergebens rang, ohne am Enderfolg zu verzweifeln. An der italienischen Grenze standen die Gegner in enger Umklammerung Brust an Brust. Der Italiener suchte durch stärkeren Druck auf Görz den Weg nach Triest freizumachen, der Österreicher widerstand, indem er sich verzweifelt ans Karstgestein krallte. In Südtirol schien alles unverändert. Auf der Balkanhalbinsel waren die österreichischen Waffen bis zur Vojusa vorgedrungen und hielten die Italiener in Valona in Schach, waren aber nicht stark genug, diese italienische Grundstellung auf albanischem Boden zu entwurzeln. Vor Saloniki lagen die Bulgaren, durch deutsche Kräfte unterstützt, auf den Hängen von Doiran und an den Engen der Flusstäler, und hüteten die Tore Mazedoniens, vor denen Franzosen und Engländer Verstärkungen auf Verstärkungen häuften. Auf Gallipoli starrten verlassene Kampfstätten, die die Halbinsel in eine Nekropole verwandelt hatten, aber britische Kriegsschiffe schwärmten immer noch um die Dardanellen. Im Osten reckten sich die in Eis und Schnee begrabenen Fronten von Riga bis Czernowitz. Sie liefen durch Sumpf und Bruch an der Düna entlang, verketteten die litauischen Seen mit Schara und Serwetsch, wanden sich durch die Poljesje zum Stochod und von den Bugquellen zur Strypa, um den Dnjestr zu überschreiten und vor den Toren von Czernowitz an der rumänischen Grenze zu enden.
Und überall, im Osten, im Westen und im Süden, herrschte der Grabenkrieg. Nirgends große Bewegung.
Wo fiel unter solchen Umständen die nächste Entscheidung? Die Antwort lag im ungewissen, und zwar blieb sie umso ungewisser, je größer die scheinbare Freiheit desHandelns war, deren man sich hüben und drüben in diesem ersten großen Intervall der kriegerischen Handlung zu erfreuen glaubte.
Wie sehr der Krieg als Erscheinung auf einem Spiel von Möglichkeiten, Wahrscheinlichkeiten, Glück und Unglück beruht, in dem sich die strenge logische Folgerung oft ganz verliert, das wird angesichts der Kriegslage im Januar 1916 und bei der Betrachtung der Entschlüsse, die damals in beiden Lagern gefasst wurden, um den Krieg zum Austrag zu bringen, erschreckend deutlich.
Freilich, für die Staatsmänner und die Heeresleitungen der Entente war die Frage, was nun — nach der Erstarrung der Fronten im Westen, Süden und Osten und dem Verlust des Dardanellenfeldzuges — zu geschehen habe, einfach genug. Ihr Streben musste mehr als je auf eine völlige Einkreisung der Mittelmächte gerichtet bleiben und darüber hinaus auf die Zertrümmerung des Befestigungsgürtels zielen, den Deutschland und Österreich im Laufe des Jahres 1915 durch glückliche Feldzüge wesentlich verstärkt und erweitert hatten. Trotz des Verlustes der Balkanhalbinsel, auf der die Entente nur noch die Operationsbasen Valona und Saloniki besaß, galt es die "Zirkumvallation" Mitteleuropas zu vollenden, gleichgültig ob dies zunächst diesseits oder jenseits der eigenen Grenzen, zu Wasser oder zu Lande geschah, und dann aus den Belagerungslinien aufs Neue zum Angriff auf den eingeschlossenen Feind hervorzubrechen. Das war und blieb im Grunde eine so einfache Forderung, dass der Erwägung, wann und wo man zum neuen Angriff schreiten sollte, imLager der Entente geringere Bedeutung zukam, als der grundlegenden Frage, ob man fähig war, die Einkreisung aufrechtzuerhalten und zu diesem Zwecke neue Waffengenossen — vor allem Rumänien — zu werben.
Trotzdem versäumte man imLager der Entente nicht, sich auf den Angriff vorzubereiten und die Entscheidung zu beschleunigen. Die britische Feldarmee hatte trotz der starken Abgaben nach Gallipoli, Saloniki und Ägypten zusehends an Kräften gewonnen und zählte im Januar 1916 an der Westfront 40 Divisionen. Die französische Armee war zwar auf dem alten Stand geblieben, hatte aber eine so ungeheure Verstärkung an weittragenden schweren Geschützen erhalten, dass sie jetzt allein mehr große Rohre ins Feld führte als die Deutschen. Im Ganzen standen damals an der Westfront 3470000 Engländer und Franzosen gegen 2350000 Deutsche im Feuer. Man beschloss daher im Kriegsrat der Westmächte, im Frühsommer 1916 die Entscheidung zu suchen und traf dazu schon im Winter die umfassendsten Vorbereitungen. Da die konzentrisch gedachten Angriffe in der Champagne und im Artois gescheitert waren, kehrten die Alliierten zum einfachen Stoß zurück. Sie richteten sich auf einen Massenangriff englisch-französischer Kräfte in der Sommeniederung ein. Hierzu lockten das günstige Gelände mir seinen trefflichen rückwärtigen Verbindungen, das die Entfaltung einer gewaltigen Artillerie hinter der Front, unmittelbares Zusammenwirken und rasche Rochaden gestattete, und der Gedanke, die angesammelte Stoßkraft zu gemeinsamem Schulterstoß zu benützen, um den deutschen Frontbogen einzudrücken.
Auch die Russen sammelten neue Kräfte zum Angriff. Wohl waren sie schwer geschlagen und aus Polen und Galizien geworfen, aber sie waren der Umfassung entgangen. Die Zurücknahme ihrer Front hatte ihnen erlaubt, sich ihren Kraftquellen zu nähern, und Deutschlands Verzicht auf Fortsetzung des Angriffs hatte ihnen gestattet, ihre gewaltigen Menschen- und Materialverluste zum größten Teil zu ersetzen.
Alle amerikanischen und japanischen Fabriken arbeiteten planmäßig für die Entente und stellten unter Mitwirkung französischer Techniker Geschütze, Geschosse und Gase her, um die Heere im Osten und Westen zu Durchbruchsschlachten größten Stils auszurüsten. Hatte man doch erkannt, dass die Entartung des Krieges, dieses Ausharren in ausgedehnten Grabenstellungen, eine ins ungemessene gesteigerte Überlegenheit an Material forderte, um des GegnersHerr zu werden.
Die deutscheHeeresleitung war vor ungleich schwierigere Aufgaben und Entscheidungen gestellt als die Feldherren der Entente. Sie nährte falscheHoffnungen, wenn sie annahm, dass der Ostfeldzug des Jahres 1915 genügt habe, Russlands Wehrmacht und Stoßkraft zu lähmen. Gab Falkenhayn sich mit den Erfolgen von Gorlice—Tarnow und ihren Nachfrüchten zufrieden, in der Meinung, dass die gesteckten Ziele erreicht worden seien, so befand er sich in einem doppelten Irrtum. Konnte doch selbst die Lähmung der Stoßkraft Russlands nicht mehr als strategische Zielsetzung gelten, nachdem der ursprüngliche, entscheidend gedachte Angriffsfeldzug im Westen an der Marne angehalten und gescheitert war und man sich daraufhin mit allen verfügbaren Kräften nach Osten gewandt hatte, um nun hier zu siegen. Im Osten sich mir einer "Lähmung" der Stoßkraft des Kolosses zu begnügen, hieß unter diesen Umständen nichts anderes, als den Zweifrontenkrieg als solchen in seiner drohenden Gestalt bestehen lassen. Die Ausräumung des serbischen Korridors änderte daran zugunsten Deutschlands nichts, denn die Festsetzung des Gegners in Saloniki und die Blockierung der Mittelmeerküsten nahmen diesem Sieg über Serbien die letzte entscheidende Wirkung. Die russische Armee aber hatte sich im Herbst am Stochod und an der Strypa so gut geschlagen und die Sicherung der Ukraine sowie die Anlehnung an die rumänische Grenze so zweckbewusst wahrgenommen, dass man schon im Winter mit Russlands Wiedererstarkung rechnen musste. Wurde die russische Macht in dieLage versetzt, von dieser Erstarkung im Sommer 1916 Gebrauch zu machen und aus den Brückenköpfen Riga, Dünaburg, Postawy, Kowno, Tarnopol, zu Angriffen überzugehen, so war die Blutarbeit des Jahres 1915 trotz der Eroberung der Weichsellinie, nahezu vergeblich gewesen. Das war umso gefährlicher, als Osterreich-UngarnsHeereskraft im Jahre 1915 ihre besten Kräfte verzehrt harte. Der in Ruhe gelassene Russe erstarkte rascher als der neu rüstende Engländer, der so bald als möglich wieder angefallene Russe aber erlag rascher als der noch nicht erstarkte Engländer. Der Franzose hatte sich die eigentümliche Spannkraft bewahrt, die ihn befähigte, sich zu kraftvollem Widerstand aufzuraffen, nachdem er den ersten Anprall überwunden hatte.
Wir stehen im Januar 1916 vor der zweiten großen strategischen Wende des Weltkrieges. Und zwar ist diese Wende von dem stärksten Fechter, von Deutschland selbst herbeigeführt worden. Das geschah nicht durch Fehlgriffe im Drange des Geschehens, wie vor und in den Tagen der ersten Marneschlacht, als man den Umfassungsflügel geschwächt, eine Durchbruchsschlacht bei Nancy eingeschoben und schließlich die Durchfechtung der ungünstig eingeleiteten Entscheidungsschlacht im Marnebecken verweigert hatte, sondern durch Anordnungen im Augenblick ruhiger Sammlung und durch abermalige Verkehrung der Angriffsfront.
Die deutscheHeeresleitung beschloss im Dezember 1915, den Feldzug des Jahres 1916 im Westen zu eröffnen und die feindlichenLinien durch einen Angriff aus den Schulterpunkt der französischen Wehrstellung, das gewaltige Festungsmassiv von Verdun zu sprengen. Es war ein Angriff auf der Westfront, wo die Belagerungslinien am stärksten drückten, und war zugleich ein Angriff auf den stärksten Punkt der stärksten Front. Die gefährlichste Ausfallstellung der Franzosen, dasLager von Verdun, in dem Joffre seine Massen zu jeder Zeit zum Flankenstoß auf die deutschen Eisenbahnverbindungen ballen konnte, um die weit nach Westen und Nordwesten vorhängenden Teile der deutschen Wehrstellung von Rhein und Maas abzuschneiden, sollte genommen, oder, wenn die Eroberung des festen Platzes misslang, zu einer ohnmächtigen Verteidigungsflanke zusammengedrückt werden. Das war kühn gedacht, stand aber im Widerspruch zu der strengen logischen Forderung, dass der Krieg von deutscher Seite nicht mehr durch Abkürzung des strategischen Verfahrens und abermaligem Wechsel der Angriffsfront, sondern nur noch durch Weiterführung der Angriffe an der bereits geschwächten Ostfront fortgesetzt werden konnte. Erst wenn der Russe am Boden lag, schlug die Angriffsstunde im Westen. Freilich — war dem Kühnen das Glück hold und fiel Verdun, so heftete sich ein großer Erfolg an die deutschen Fahnen. Vielleicht gelang es durch einen solchen Schlag sogar das englisch-französische Bündnis zu zerreißen und dem französischen Volke vor Augen zu führen, dass es militärisch nichts mehr zu hoffen habe, sondern sich für England aufopfere.
Mit solchen Gedankengängen spielte die strategische Phantasie der deutschenHeeresleitung, als sie von dem ehernen Grundsatz abwich, den locus minoris resistentias des Feindes herauszusuchen und dort mit versammelten Kräften anzugreifen, und sich rasch entschlossen wieder auf die Franzosen warf. Sie verwertete die im Osten gewonnenen Siege lediglich zur Stärkung der Abwehr, ließ den Feind in seiner den Orient beherrschenden Flankenstellung bei Saloniki ungeschoren und befahl den Sturm auf Verdun.
Falkenhayn wollte den Stier an den Körnern packen.
Als er diesen Entschluss fasste und Kaiser Wilhelms beweglichen Geist für seinen kühnen Plan gewann, war er darauf angewiesen, sich die zum großen Sturm nötigen Kräfte aus den deutschen Wehrstellungen herauszupflücken, ohne diese zu sehr zu schwächen. Er dachte nicht daran, Österreich-Ungarn, Bulgarien und die Türkei um Stellung von Hilfstruppen oder Entlastung anzugehen, sondern spann, um der Geheimhaltung des Unternehmens willen, den Plan im stillen mit eigenen Mitteln zu Faden.
Auf dem Balkan waren nach der Niederwerfung der Serben und dem Scheitern der Dardanellenexpedition deutsche, österreichische und türkische Streitkräfte freigeworden. Aber die Österreicher wurden weder nach Westen gerufen noch zur Ablösung deutscher Divisionen im Osten verwendet, sondern sich selbst überlassen, und die Türken marschierten statt vor Saloniki aufzurücken und den Engländern die Tore der Strumaebene zu verschließen, nach Armenien, um sich auf diesem exzentrischen Kriegsschauplatz zu verbluten.
In Armenien war der Fehlschlag Enver-Paschas, der in der Vernichtung der türkischen Nordarmee bei Sarykamisch gegipfelt hatte, nicht mehr gutzumachen. Auch das grausame, sinnlose Abschlachten der Armenier, das die Jungtürken dort in Szene setzten, um Rache zu üben und sich den Rücken zu decken, konnte daran nichts ändern. Die Russen standen im Januar schon vor Erzerum und Trapezunt, und ehe Envers Verstärkungen den Weg von Gallipoli nach Angora zurückgelegt hatten, fiel Erzerum am 17. Februar 1916 nach blutigem Kampf in Judenitschs Hand.
In tragischer Verkennung der Gesamtlage gingen die deutsche und die österreichischeHeeresleitung in diesen kritischen Tagen sogar verschiedene Wege. Beide riefen, jede für sich, zum Eingriff. Während Falkenhayn zum Stoß auf Verdun rüstete, plante Conrad von Hötzendorf einen großen, entscheidend gedachten Angriff aus den Tälern Südtirols in Cadornas linke Flanke.
Conrad gelangte schon im Dezember, als noch in den albanischen Bergen und vor der Wardarklamm gekämpft wurde, an die deutscheHeeresleitung mit dem Antrag, ihm neun deutsche Divisionen zur Ablösung österreichisch-ungarischer Kerntruppen in Galizien zu überlassen, um den Stoß gegen Italien zu führen. Falkenhayn lehnte dieses Gesuch ab. Darauf beschloss Conrad, in Südtirol allein zum Angriff zu schreiten und traf hierzu große Vorbereitungen. Osterreich-Ungarns beste Divisionen rückten vom Stochod und von der Strypa nach der italienischen Grenze. Die deutscheHeeresleitung wusste um Conrads Absicht, enthielt sich jedoch eines unmittelbaren Einspruches, verschwieg aber auch ihren eigenen Plan, der damals schon im Entwurf Gestalt angenommen hatte. Ungefähr zu derselben Stunde, da Steirer und Tiroler vom Stochod an die Etsch abgingen, versammelte Falkenhayn die deutschen Sturmdivisionen, darunter Truppen, die tief in Serbien gestanden, vor Verdun. Erst in den letzten Januartagen gab das deutsche Hauptquartier der österreichischen Führung von dem Unternehmen Kenntnis, das sich in der Woevre und auf den Maashöhen vorbereitete. Damals stauten sich bei Trient schon österreichische Batterien und Bataillone zum Angriff auf Asiago und Arsiero, ohne dass Conrad Falkenhayn darüber unterrichtet hätte.
Die auseinanderstrebenden Schlachthandlungen der Mittelmächte begannen sich, wie vom Schicksal vorgezeichnet, im Westen und Süden verzehrend zu entladen, während der Osten auf sich selbst gestellt, in ungewisses Dunkel gehüllt blieb.
Die Staatsmänner der Entente dachten anders. Sie gingen daran, ihre Anstrengungen im Felde und auf dem Parkett straffer zusammenzufassen, um des Gegners Herr zu werden.
Als die Serben, nahezu im Stich gelassen, im Wardartal und auf dem Amselfeld erlagen, war das müde gewordene Kabinett Biviani-Delcasse an der Seine verabschiedet worden und der französischen Republik in dem Ministerium Briand eine Regierung erstanden, die von neu entflammter Energie zeugte. Aristide Briand trat mit allen Kräften für eine starke Orientpolitik ein und riss die widerstrebenden Bundesgenossen zur eifrigen Unterstützung der Salonikiexpedition mit. Zwar gelang es ihm nicht, die Forderung des französischen Generalstabes zu erfüllen, der immer dringender auf der Errichtung eines einheitlichen Oberbefehls unter den Alliierten bestand, aber er gewann Engländer, Italiener und Russen doch zu engerer Verbindung, regerem Meinungsaustausch und einer besseren Übereinstimmung in den militärischen Operationen. Schon am 16. November 1915 sah er die leitenden britischen Staatsmänner Asquith,Lloyd George, Balfour und Grey bei sich in Paris, empfing am 28. November --Lord Kitchener und den Russen Shilinsky und berief am 4. Dezember eine englischfranzösische Konferenz nach Calais, um die neuen politischen und militärischen Richtlinien für das Jahr 1916 festzulegen. Zwei Tage später, am 6. Dezember 1915, trat in Chantilly, dem französischen Hauptquartier, der erste interalliierte Kriegsrat zusammen. Die Generale Joffre, French, Shilinsky, Porro, Willemanns und Stefanowitsch erörterten hier die Pläne künftiger Offensiven. Es war der Anfang eines engeren Zusammenwirkens.
Der Versuch eines konzentrisch gedachten Generalangriffs auf allen Fronten begann Gestalt anzunehmen. Joffre gewann die Engländer, die dem Feldheer in Sir Douglas Haig einen tatkräftigen Führer gaben, für den Plan, im Sommer 1916 an der Somme mit einer nie gesehenen Fülle moderner Streitmittel zum Angriff zu schreiten. Gleichzeitig sollte Cadorna den Feind am Isonzo, Sarrail ihn am Wardar anpacken und das wieder erstarkte Russland den Kampf inLitauen und Wolhynien erneuern. Gelang es, den Feind nach innen zu werfen und Rumänien zum Generalsturm mitzureißen, so schien der Sieg gewiss, ehe das Jahr sich neigte.
Wahrlich, die schweren Wolkentrachten, die um die Wende des Jahres 1915 über Westeuropa hinzogen und den Winter zu dem leidvollsten des Grabenkrieges machten, verbargen auf beiden Seiten kriegerische Zurüstungen von unerhörtem Zuschnitt. Aber die Runen, die die Schicksalsgöttinnen in die Stäbe schnitten, waren Deutschland und seinen Verbündeten weniger günstig als den Mächten der Entente, obwohl der Glanz neuer Siege auf den deutschen Waffen brannte, Russland geschlagen, Serbien ausgeräumt und Gallipoli zum Grabmal der englisch-französischen Dardanellenexpedition geworden war. Der Zweifrontenkrieg, der dem Eingekreisten das Gesetz auferlegte, so gewaltig auch dieser seine Ausfälle vortrieb, um das vergitterte Gefängnis zu sprengen, ließ sich durch kein strategisches Impromptu seiner Natur entkleiden.
Die Grabenkämpfe hatten im Westen nach den großen Herbstschlachten nie geruht. Als es galt, den Sturm auf Verdun vorzubereiten und zu verschleiern, flammten sie auf der ganzenLinie heller auf. Der Franzose griff seltener an als der Deutsche. Er rüstete im Stillen zur Sommeschlacht und zog schon im Dezember zahlreiche Divisionen aus der Front, um sie hierzu besonders zu stärken und zu schulen. Ganz untätig blieb er indessen nicht. In den Vogesen griff er sogar heftig an.
Am 22. Dezember 1915 umgrollte noch einmal dunkles Schlachtgewitter den Scheitel des Hartmannsweilerkopfes. General Serret warf sich mit einer Brigade auf die deutsche Gipfelstellung am Osthang und drang im Schutz des Nebels tief in die feindlichenLinien. Das 152.Linienregiment überrannte die Kuppe und setzte sich in den deutschen Gräben fest. Wieder hetzte der deutsche Ersah die steile Halde hinan, wiederum wurde Tag und Nacht zwischen Baumleibern und Porphyrbrocken Brust an Brust gerungen. Serret verteidigte sich verzweifelt in den eroberten Gräben, wurde aber zuletzt, überwältigt und selbst zu Tode getroffen, von den Seinen als Leiche aus dem Getümmel getragen. Das 152. Regiment ging bis auf geringe Trümmer zugrunde. Gaede zwang den Feind zum Rückzug auf den Westhang und stellte dieLage wieder her.
Im Januar 1916 griffen die Grabenkämpfe auf alle Frontabschnitte über. Die Deutschen rissen die Vorhand an sich, unternahmen heftige Ausfälle an der Champagne-, der flandrischen und der Artoisfront und eroberten am 28. Januar in überraschendem Anlauf das Sommedorf Frise. Deutsche Fliegergeschwader erschienen über Paris. In den ersten Tagen des Februars flammten die Kämpfe noch heftiger auf. Es wurde bei Souchez, bei Ypern und im Sundgau gekämpft und am 19. Februar Belfort unter schweres Fernfeuer genommen. Das rollte, als gelte es einen großen Vorstoß aus der Burgunderpforte gegen Besançon. Falschmeldungen über Truppenbewegungen im Schwarzwald halfen die Täuschung verstärken. Die bei Besannen lagernden Reserven wurden aus der Ruhe gescheucht und rückten Hals über Kopf näher an die Schweizer Grenze.
Unterdessen sammelte der Deutsche Kronprinz die Sturmdivisionen der 5. Armee zum entscheidend gedachten Angriff auf Verdun.
Der Angriff, der dasLager von Verdun, das große Ausfallstor der französischen Wehrstellung, aus den Angeln heben sollte, wurde im Norden angesetzt, wo die französischen Stellungen seit den Septemberlagen des Jahres 1914 keine Veränderung mehr erlitten hatten. Der Außensaum des Vorfeldes lies noch von Boureuilles über Malancourt, Forges nach Consenvoye und von dort über Azannes zur Orne. Auf dem linken Maasufer bildeten die Wälder von Avocourt, Malancourt, Bethincourt und Forges und dieHöhen des Toten Mannes und der Kuppe 304 eine Kette starker, unerschütterter Schanzwerke. Auf dem rechten Ufer hielten die Franzosen die Waldstücke von Consenvoye, Caures, Beaumont und Herbebois und die ganze Nordwoevre bis zum Charrierewald zwischen Mogeville und Fromezy dauernd besetzt. Sie hier angreifen, hieß sie an der stärksten Stelle ihres stärksten Waffenplatzes packen. Geschah dies, so hing alles von der Überraschung des Verteidigers ab. Diese herbeizuführen und bis zum äußersten auszunützen, war Vorbedingung des Erfolges. Aber auch dazu waren sehr große Streitmittel und starke Streitkräfte nötig, denn je breiter die Angriffsfront gewählt wurde, je tiefer nachgestoßen wurde, desto rascher wirkte die Erschütterung des angegriffenen Sektors auf die Verteidigung des ganzen Platzes zurück. Besaß Falkenhayn genügend Kräfte und Mittel, Verduns Nordfront auf beiden Maas ufern anzugreifen und zugleich den Keil von St. Mihiel tiefer zu stoßen, so verlieh er seinem kühnen Unternehmen den größten Nachdruck und aufs äußerste gesteigerte Schwungkraft. Aber hierzu reichten weder Mittel noch Kräfte.
Das Unternehmen wurde unter dem Zwange der Verhältnisse als Torso geboren, der Angriff auf den Nordostsektor beschränkt und zu Beginn der Operation nur aus dem rechten Maasufer ausgelöst. In der erstenLinie marschierten 6 Divisionen auf und nahmen zwischen Consenvoye und Azannes Stellung. Dahinter warteten 3 Divisionen auf den Augenblick, in das Ringen einzugreifen, das sich um den Besitz der Wälder und Steilhöhen von Haumont, Beaumont, Herbebois und Bezonvaux erheben und die Deutschen auf den Straßen Samognieux — Haumont, Ville — Beaumont und Azannes — Ornes ins Gefüge der Verduner Nordostfront führen sollte. Falkenhayn hatte dem Kronprinzen hierzu 2000 schwere Rohre zur Verfügung gestellt und ihm alle irgend entbehrliche Munition zugeschoben. Er nahm im Vertrauen auf einen raschen Erfolg die Gefahr auf sich, dadurch andere Frontabschnitte empfindlich zu schwächen. Der Kronprinz ging nicht leichten Herzens ans Werk, denn er kannte die Stärke Verduns, vor dem er nun schon 16 Monate lag. General von Mudra führte die Sturmgruppe.
Der Februar begann sich zu neigen. Nebel und Schneegestöber wallten um die finsteren Kuppen der Maashöhen, verschleierten die Umrisse der Panzerforts, verbargen die befestigten Waldstücke und die tiefeingeschnittenen Flankenstellungen und verurteilten die deutsche Artillerie zum Schweigen. Kostbare Tage verrannen und zehrten an der Bereitschaft der enggepferchten Truppen. Um den Feind zu täuschen, hatte der Kronprinz auf die Aushebung von Annäherungsgräben verzichtet. Mudra wartete hinter den eigenenHindernissen auf den Tag der Schlacht.
Die Franzosen waren schon um die Jahreswende um Verdun besorgt geworden. Sie zogen Verstärkungen zusammen und trieben ihre Geschwader zu Erkundungsflügen vor, fielen aber bald in eine gewisse Lässigkeit zurück. Da griff Joffre ein. Er entsandte am 20. Januar den General de Castelnau, der ihm am 11. Dezember als Helfer beigegeben worden war, von Chantilly an die Front von Verdun, um die Verteidigungsmittel des Platzes zu prüfen. Als Castelnau den Ausbau neuer Feldstellungen anordnete, erwiderte GeneralHerr, dass er Mangel an Arbeitern und Stacheldraht leide und bat dringend um Zuweisung größerer Verstärkungen. Joffre gewährte die Bitte und setzte die Verteidigung dadurch instand, dem Feind im Februar mit 9 Infanteriedivisionen, 6 Regimentern schwerer Artillerie und zahlreichen Rohren schwersten Kalibers entgegenzutreten. Der Nordostsektor, vor dem sich Mudras Sturmdivisionen ballten, war von der 72. und der 51. Division besetzt. Im vorgeschobenen Bois de Caures, das die Straße Ville — Vachauville und die Nordzugänge der Maashöhen aus der Mitte beherrschte, lag eine Jägerbrigade unter Oberst Driant verschanzt. Buschwälder, Steilschluchten, Steinbrüche und Dorfruinen waren zur Verteidigung eingerichtet, schwere Geschütze in Batterien und als Einzelrohre eingebaut und das Vorfeld zwischen Ornes und Douaumont in einer Tiefe von 5 Kilometern zu einer befestigten Zone umgewandelt, die jedes Angriffes zu spotten schien. Dahinter ragten die Panzerfesten Douaumont, Vaux, Souville und Tavannes. Vaux und Douaumont, die Eckpfeiler der Nordostfront, waren zu Infanteriestützpunkten umgeschaffen und mit den festen Werken von Hardaumont und Thiaumont und den Schanzen in den Wäldern und in den Steinbrüchen des Louvemont und des Haudromont zu einem lückenlosen Gewebe verflochten worden. In ihren Kasematten lagen Bataillone als unberührte Reserven bereit. GeneralHerr fühlte sich jeder Drohung gewachsen.
Die Tage rinnen, die Stunden schleichen. Schnee liegt an den Nordhalden der Maashöhen, der Lehmboden der Woevre ist grundlos und hängt sich schwer an die Räder von Fuhrwerken und Geschützen, die in ununterbrochenem Strom auf das auserwählte Schlachtfeld ziehen. Erst am 19. Februar, nach 14' langen Tagen, klärt sich der graueHimmel. Scharf weht der Wind. Im Maastal zerflattern bleifarbene Nebelschwaden, die kantigen Umrisse des Fort de Douaumont tauchen aus verblassendem Dunst. Deutsche Flugzeuge steigen auf. Sie stoßen gen Verdun vor und spähen in den Kessel, in dem die Maasfeste gebettet liegt.
General Herr erhöht die Bereitschaft seiner Artillerie und macht den Oberbefehlshaber der französischen Mittelfront, General de Langle de Cary, auf die drohenden Zeichen aufmerksam. Verdun gerät in Unruhe. Der Präfekt erhält den Befehl, alle Gemeinden auf der Côte Lorraine zu räumen. Kurz darauf werden auch die Bewohner der Festung angewiesen, die Stadt zu verlassen. DeLangle de Cary befiehlt, die Reserven der 2. Armee dicht um Verdun zusammenzuziehen. Aber der Deutsche ist rascher. Bevor deLangle die Stadt geräumt sieht und seine Reserven vom linken auf das rechte Ufer vorgeführt hat, bricht der Angriff los.
Am 21. Februar entsendet das 38-Zentimeter-Langrohr, das bei Billy im Zentrum der deutschen Angriffsfront aufgebaut ist, als Signalschuss eine Granate gegen die Zitadelle von Verdun. Es ist 5 Uhr morgens. Die Schlacht erwacht.
Auf der ganzenLinie von Consenvoye bis Azannes bricht das Trommelfeuer der deutschen Batterien los. Es zerschlägt die Buschwälder an der Nordkante der Woevre und kämmt die Steilwände der Maashöhen. Zerstörend wälzt sich der Feuerorkan über die Grabenstellungen im weitgespannten Vorfeld vor den Dörfern Brabant,Haumont, Beaumont, Ornes hin und her und wirft sich dann auf die schweren Batterien und die festen Werke, die der Franzose in der Raumtiefe zwischen Vacherauville—Lardaumont und der Fortskette Belleville—Tavarmes errichtet hat.Langrohre undHaubitzen zerstampfen den 10 Kilometer breiten und 9 Kilometer tiefen Geländeausschnitt. Der Feind antwortet aus allen Schlünden, aber sein Feuer zerflattert. Die Überraschung ist geglückt. Der Tag steigt. Dunstige Luft hängt träg im Schlachtgelände und schwängert sich mit Pulverrauch und Giftschwaden. Das deutsche Feuer greift noch weiter aus und legt sich schwer auf die französischen Anmarschwege. Bis zu den Maasbrücken fliegt die eiserne Saat. Je rascher die Zermürbung der französischen Stellungen gedeiht, desto sicherer winkt dem Angreifer Erfolg. Ehe der Verteidiger seine Reserven aus den Argonnen herangezogen und vom linken Maasufer über den Fluss geführt hat, muss Mudras Infanterie im Besitz des Vorfeldes sein. Aber der Franzose duckt sich in Waldschanzen, Wasserrissen und Steinbrüchen, in zerschossenen Dörfern und Höfen und hält stand. Um 4 Uhr nachmittags senden die deutschen Minenwerfer ihre Sprengassen in die erste Waldzone, um das Bois d'Laumont, das Bois de Caures und das Herbebois sturmreif zu machen. Grünliche Gasschwaden quellen über die querstreichende Straße Beaumont—Ornes und verlegen die in die Tiefe des französischen Verteidigungsraumes führende StraßeHaumont— Ville—Vacherauville.
Der Franzose kennt die Zeichen. Im Bois de Caures machen sich Driants Jäger, beiHaumont und Beaumont die 72. und die 51. Division auf den Ansturm der deutschen Infanterie gefasst. Sie warten nicht umsonst. Am 5 Uhr bricht der Sturm los und wälzt sich in breiter Front von Consenvoye bis Azannes gegen den Feind. Das VII. Reservekorps wirft sich aufHaumont und die Waldstücke westlich der Straße Chaumont—Vacherauville; das III. Armeekorps greift östlich der Straße in der Richtung auf Beaumont—Ornes an. Im Zentrum ballt sich das XVIII. Armeekorps zur Unterstützung. Am äußersten linken Flügel wartet das V. Reservekorps zwischen Azannes und Etain auf seine Stunde. Der Angriff des VII. Reservekorps und des III. Korps bricht sich unwiderstehlich Bahn. Durch knietiefen Woevreschlamm wälzt er sich gegen die rauchenden Wälder und bricht durch verstricktes, moderndes Niederholz, Drähte und spanische Reiter in die französischen Gräben. Die deutschen Truppen fechten wie in den ersten Kriegslagen. Westfalen, die an der Aisne und der Lys gerungen, Brandenburger, die zuletzt in Serbien geblutet, dringen in die Buschwälder von Brabant und die Dorftrümmer vonHaumont und Herbebois. Der Franzose wehrt sich verzweifelt. Die Jäger halten das Bois de Caures und versenden aus ihrer vorgeschobenen Stellung gefährliches Flankenfeuer in die Reihen der 6. Division. Zuaven eilen zu ihrer Verstärkung herbei und brechen sich durch Giftschwaden und Sperrfeuer Bahn. Driant wird durch den Ansturm der Westfalen von Beaumont abgeschnitten, von den Brandenburgern Schritt für Schritt ins Waldinnere gedrängt, behauptet sich aber bis in die Nacht, harrt auch am 22. Februar aus und wartet am Südteil des Waldes fechtend auf Entsatz. Er wartet umsonst.
Die Vorstellungen find überrannt. Schon schiebt sich der Angreifer rechts und links mit Handgranate und Bajonett bis in die dritteLinie vor. Am Abend des ersten Tages branden die deutschen Sturmwellen an den Dörfern Haumont,Herbebois und Ornes empor. Als es Nacht geworden ist, sind das Bois d'Laumont, der nördliche Teil des Caureswaldes und die ersten Gräben des Herbebois genommen. Das VII. Reservekorps kämpft um die BrabanterHöhen undHaumont, und das III. Korps ringt im Bois de Cames und im Herbebois. Mudra wirft das zweite Treffen in die Schlacht. Das V. Reservekorps geht links anschließend von Gremilly gegen Ornes vor und besetzt die Höhenwellen 310 und 307, und das XVIII. Korps macht sich zum Nachstoß auf den Caureswald fertig, um Driants letzten Widerstand zu brechen.
Eine feuchte, kalte Nacht zieht herauf. Schneewirbel fegen um die Côte Lorraine, die Batterien der Forts streuen Fernfeuer, Sperrfeuer geht auf Flabas und Gremilly nieder, GeneralHerr ruft den letzten Mann unter Gewehr und ersucht deLangle noch einmal um Hilfe. Er fühlt die Verteidigung des ganzen rechten Ufers von Ornes bis Fresnes wanken und fürchtet Flankenangriffe bei St.Mihiel. Humbert sorgt sich um Forges und Avocourt und häuft Reserven bei Esnes und Regnéville.
Der deutsche Ansturm ist am ersten Tage vier Kilometer tief ins französische Vorfeld gedrungen. Ineinander verbissen, von Schnee und Schlamm durchnässt, mit Eiskrusten überzogen, ohne Verpflegung und ohne Schutz liegen die Gegner in den bestürmten Waldstücken, in die von allen Seiten Spreng- und Gasgranaten schlagen. Mühsam quälen sich französische Verstärkungen und Munitionsstaffeln von den Maasbrücken zu den Kuppen von Souville und Fleury empor, mühsamer noch keuchen deutsche Verstärkungen und Kolonnen aus der Woevre den Maashöhen zu. Das Sperrfeuer fordert auf beiden Seiten blutige Opfer. In Grabenkämpfen vergeht die Nacht.
In der grauen Frühe des 22. Februar erwacht die Schlacht aufs Neue. Verzweifelt kämpfen die französischen Graben- und Dorfbesatzungen um Zeitgewinn. Aber der Angreifer kennt kein Schwanken, keineHindernisse. Das VII. Reservekorps erstürmt das DorfHaumont, das III. Korps nimmt das Bois de Ville und dasHerbebois. Driants Jäger und Zuaven, von Teilen des XVIII. Korps angefallen, fechten bis zur Vernichtung. Oberst Driant fällt als einer der letzten, versprengte Trümmer seiner Brigade entkommen nach Süden. Noch hält der Franzose auf seinem linken Flügel das Dorf Brabant mit seinen befestigtenHöhen, im Zentrum das starke Beaumont und auf dem rechten Flügel die breitgelagerte Straßensperre Ornes, aber er kommt nicht mehr zu Atem. Gasgranaten, Minen und Flammenwerfer brechen den letzten Widerstand in derLinie Brabant— Ornes. Am 23. Februar — noch immer treibt schmelzender Schnee im rauen Wind — fallen die letzten Waldkulissen. Beaumont, Ornes, Samogneux und die südlich davon ansteigenden Vorstufen der Maashöhen sind reif zum Sturm. Vergebens wirft deLangle, der selbst herbeigeeilt ist, die 37. Division und zwei rasch herangeführte Brigaden, die 31. und 304. ins Feld, vergebens richten die Turmgeschütze der Festen Douaumont, Vaux, Souville, Marre und Charny und zahllose schwere Batterien ihr Feuer auf die deutschenLinien. Der Angreifer lässt sich nicht an den Boden heften.
In der Nacht auf den 24. Februar, in eisiger, von scharfem Nordwind ausgekälteter Nacht, rüsten sich die Deutschen zu neuem Sturm. Aber es ist kein Angriff auf zerschlagene Stellungen und zusammengeschossene Verteidiger mehr, sondern ein Angriff unter furchtbarem Granathagel, gepeitscht von Maschinengewehren und aufgefangen von frischen, zum Gegenstoß schreitenden Regimentern. Der Tag bricht an, grau, trüb, vom Gebrüll der Geschütze geschüttelt. Das VII. Reservekorps stürmt zum dritten Mal. Die 14. Reservedivision nimmt die Brabanter Höhen, die 13. Reservedivision das Dorf Samogneux. In der Mitte der Schlachtlinie tauchen Verstärkungen auf. Die 21. Division tritt an und erstürmt die Höhohen bei Beaumont, die 25. Division nimmt das Dorf Beaumont. Unterdessen überschreitet das III. Korps die Straße Beaumont—Ornes und dringt in die Waldstücke von Les Fosses,Le Chaume und Caurieres ein. In hartem Kampf werden die Gehölze erobert. Die Brandenburger stoßen nach, erreichen die Chambrettes-Ferme und setzen sich auf der Vorstufe des Douaumontrückens fest. Nun ist die Stunde des V. Reservekorps gekommen. Die 10. Reservedivision bringt Ornes zu Fall und reißt den linken Flügel der breiter gewordenen Angriffsfront gegen die Hänge von Bezonvaux vor. Am Abend des dritten Sturmtages branden die Angriffswogen hundert Meter an der Nordwand der Côte Lorraine empor, von der die Forts Vaux und Douaumont drohend herabblicken.
Auf dem höchsten Punkt der Côte, 388 Meter über dem Meer und 200 Meter über der Woevreniederung, liegt Douaumonts Panzerwürfel. Umschanzt von wahllos aufgesetzten niedrigen Kuppen und Kahlrücken, reckt die starke Feste ihre kantige Masse aus Dunst und Qualm und wirft im Verein mit den unzerstörten Batterien der Werke von Thiaumont undHardaumont ihreHaubitzgranaten in die verlorenen Wälder und auf die Kahlrücken nördlich vonLouvemont und Bezonvaux.
Es ist Nacht geworden. Der deutsche Angriff hat sein Tagesziel erreicht. Die Brandenburger sind sogar darüber hinaus geprallt.
Joffre greift ein
Der Franzose hat einen schweren Schlag erlitten. Aufgelöste Truppenteile flüchten südwärts, zur Schlacke gebrannte Bataillone halten mühsam das Feld. DeLangle kommt zur Erkenntnis, dass es um Verdun geschehen ist, wenn der Deutsche seine Fahnen rücksichtslos weiterträgt und breitere Fronten in Bewegung setzt. GeneralHerr denkt daran, das rechte Maasufer preiszugeben. In der Woevre, wo die Franzosen bis Fromszy, dicht vor Etain eingegraben liegen, ist schon kein Halten mehr. Bei Mogeville ist die linke Flanke der Woevreverteidigung aufgesprungen und vom V. Reservekorps mit völliger Aufrollung bedroht. DeLangle greift zum Fernsprecher und meldet dem Generalissimus, dass er von Mogeville—Fromezy—Lermeville auf die Ostflanke der CôteLorraine zurückgehen müsse, um sich der Umfassung zu entziehen.
Joffre fährt aus der Ruhe. Er ist nicht müßig gewesen und hat schon auf die erste Meldung vom Angriff des Kronprinzen am 22. Februar alle Armeegruppen angewiesen, sich zum Kampf bereitzuhalten, da der Feind, der gegen Verdun anrenne, auch in anderen Abschnitten angreifen könne. Er hat Castelnau, Foch und deLangle mitgeteilt, dass er auf alles gefasst sei. Suche der Feind bei Verdun die Entscheidung, so werde der Generalissimus alle verfügbaren Kräfte vereinigen, um vor der Festung zu schlagen. Er hat auch Haig von der drohenden Gefahr benachrichtigt. Als Sir Douglas ihm Verstärkungen anbietet, erhält er von Joffre den Bescheid, dass Verdun von den Franzosen verteidigt werden solle, dass die französische Heeresleitung aber die Briten bitte, den Abschnitt der 10. französischen Armee zwischen dem Souchezbach und der Ancre zu übernehmen, um dadurch französische Kräfte freizumachen. Gleichzeitig entsendet Joffre Frankreichs beste Truppen, das XX. Korps und das I. Korps, in Gewaltmärschen gen Verdun.
Die Lothringer treffen am 24. Februar bei Bar-le-Duc ein, die Normannen folgen. Es ist der Tag, an dem deLangle seine ganze Woevrefront wanken fühlt und die Divisionen der Ostfront zerschlagen, zersprengt auf Douaumont—Thiaumont zurückfluten.
Joffre billigt deLangles Vorschlag, die Woevre zu räumen. "Aber," ruft er dem General durch den Fernsprecher zu, "halten Sie um jeden Preis auf dem rechten Ufer mit dem Gesicht nach Norden zwischen der Maas und der Woevre stand!" Doch das genügt nicht. Der Generalissimus fühlt, dass weder Herr noch deLangle die Verantwortung für das Schicksal der Festung tragen können, und erkennt, dass der Angriff des Kronprinzen auf die Nordostfront Verduns den Charakter einer Entscheidungsschlacht annimmt. Er muss alles, seine besten Generale, seine besten Truppen aufbieten, Schlacht und Festung zu retten. Und er befiehlt General de Castelnau noch einmal nach Verdun zu eilen und die Verteidigung in die richtigen Bahnen zu lenken, und ernennt General Pétain zum Führer der Armee, die um Verdun lagert und nun mit verstärkten Kräften in die Festungsschlacht eingreift. Castelnau verlässt Schloss Conde mitten in der Nacht. Durch einen wilden Schneesturm, der die Pariser Boulevards, den Wald von Compiègne und die kahle Champagne unter sich begräbt, jagt Castelnaus Kraftwagen auf der Reimser Straße ostwärts. Am 5 Uhr in der Frühe erreicht er deLangles Hauptquartier. Eine kurze Aussprache lässt ihn erkennen, dass er im letzten Augenblick kommt, um die Räumung des rechten Maasufers zu verhindern. Herr strebt schon mit Artillerie und Infanterie den Maasbrücken zu, denn deLangle will den Besatzungen der Werke die Verteidigung der Maashöhen überlassen, da sonst große Teile der Feldarmee in Gefahr geraten, aufgerollt und abgeschnitten zu werden. Castelnau nimmt deLangle die Entscheidung aus der Hand und drahtet stehenden Fußes anHerr: "Die Maasverteidigung hat auf dem rechten Ufer zu geschehen, es kann sich also nur darum handeln, den Feind auf dem rechten Uferselbst aufzuhalten und zu schlagen." Dann fährt er weiter.
Zwei Stunden später steht er inHerrsHauptquartier in Souilly, kurz darauf ist er in Verdun. Sein unerbittlicher Befehl bannt alles auf dem rechten Ufer fest. Batterien, Regimenter und Bataillone machen auf dem Fleck halt, kehren um und stemmen sich aufs Neue dem Feind entgegen, der dieLinie Champneuville—Louvemont—Bezonvaux durchbrochen hat und bereits zu den Forts emporsteigt.
Castelnaus Befehl zwingt die französische Infanterie, ins feindliche Feuer zu laufen. Es bleibt keine Zeit, den Widerstand auf der ganzenLinie in Einklang zu bringen. Regimenter und Bataillone kämpfen ohne einheitliche Leitung auf den Nordhängen von Champneuville, amLouvemont, am Haudromont und in den Waldschneisen vor dem Dorfe Douaumont einen verzweifelten Kampf. Sie kämpfen um Zeitgewinn, bis die großen Verstärkungen zur Stelle sind, die auf Tausenden von Kraftwagen auf der Straße Bar-le-Duc—Verdun Heranrollen.
Es ist die entscheidende Stunde. Sie bestimmt die Entwicklung der Schlacht.
Die französischeHeeresleitung wirft, unbekümmert um die Vorschriften weiser Strategie und die Forderungen der Taktik, den letzten Mann in den Kampf und opfert alles dem Gebot des Augenblicks.
In derselben Nacht räumen die Franzosen die Nordwoevre und gehen aus derLinie Fromezy—Lermeville—Bille-en-Woevre auf die Maashöhen zurück. Südwestlich von Bille weichen sie auf dieLinie Haudromont— Manheulles—Fresnes—Champion—Les Epargnes. Sie geben die Woevre preis, um Verdun zu reiten.
Die Deutschen rüsteten während der Nacht, in der Castelnau gen Verdun eilte, plangemäß zu neuem Sturm. Sie lagen in eroberten Gräben, zwischen erstürmten Geschützen und in leichengefüllten Wasserrissen auf dem Nordhang der CôteLorraine unter das Feuer der französischen Batterien gebeugt und suchten sich in den gefrorenen Boden zu wühlen, um den Angriff am Morgen des 25. Februar zu erneuern. Ihre Reihen waren gelichtet, Bataillone zu Kompanien geschmolzen, sie waren ohne Verpflegung, knapp mit Munition versehen und durch verwüstetes Gelände und stündlich schwellendes Sperrfeuer von ihren Ausgangsstellungen abgeschnitten, aber sie waren immer noch bereit, den Sturm bergan zu tragen.
Als es tagte, stand der Verteidiger, dem Befehl Castelnaus gehorsam, von Bezonvaux bis Champneuville fest. Südlich von Champneuville, in der Maasschleife hielt er vor dem VII. Reservekorps die Côte de Talon, südöstlich vonLouvement vor dem XVIII. Reservekorps den Pfefferrücken, in der Mitte vor dem III. Korps die Gehölze, die Kahlschlüge und die Schluchten, die den Zugang zum Dorf Douaumont und den Aufstieg zum Fort Douaumont sperrten und auf dem rechten Flügel vor dem V. Reservekorps das Dorf Bezonvaux und die Steinbrüche, die denHardaumont deckten, von dessen bebuschten Kuppen Erdschanzen und Batterien auf die Straßen Bezonvaux—Douaumont und Bezonvaux—Damloup herabblickten. Es war ein rauer, nebelverhangener Tag. Schneeflocken trieben im kalten Höhenwind und trübten die Fernsicht. Als es gegen 10 Uhr heller wurde, eröffneten die deutschen Batterien das Feuer. Die Franzosen antworteten nach Kräften. Sie brachten stündlich neue Geschütze ins Feuer, bei Souville flatterten neue Generalswimpel. Die Gegner lagen so hart aneinander, dass die Artillerie auf beiden Seiten in die eigenen Reihen schoss.
Die Artillerieschlacht währte bis in den sinkenden Tag. Der Schlachtplan rief die deutsche Infanterie erst um 4 Uhr zu neuem Sturm.
Vier heiße Kampftage und vier eiskalte Rächte waren über sie hingegangen, immer schwieriger wurde der Aufstieg zu den verschanztenHöhen, auf denen sich der Feind gesetzt und verstärkt hatte, aber wiederum riss der Schwung des Angriffs die Stürmenden mit sich fort. Der rechte Flügel brach in der Maasschleife Bahn. Die Divisionen des VII. Reservekorps und des XVIII. Korps rangen bis tief in die Nacht um die Cote de Talou, den Pfefferrücken und die Waldschanzen desLouvemont. Sie warfen den Verteidiger abermals ein Stück weit nach Süden, konnten ihn aber nicht völlig von der Côte de Talou und der Côte de Poivre vertreiben. Der linke Flügel schwenkte gegen Bezotwaux ein. Auch hier hielt der Franzose verzweifelt stand. Erst am späten Abend erstürmte die 10. Reservedivision das Dorf Bezonvaux. Der große Schlag fiel in der Mitte, wo das III. Korps vor Dorf und Fort Douaumont im Feuer lag. Als der Befehl die Schützenlinien in die Höhe riss, warf sich die 5. Division auf die Dorfstellungen von Douaumont, während die 6. Division denHöhenkamm zu gewinnen trachtete, auf dessen höchster Kante die Feste Douaumont erbaut war. Der Angriff zielte auf die Eroberung des Dorfes Douaumont und die Erstürmung des kahlen Berghanges.Hier sollte die 6. Division sich 800 Meter vor der Panzerfeste in den Boden graben. Fiel das Dorf, so war die Feste ihrer stärksten Flankenstütze beraubt und reif zum Fall. Aber das Dorf erwies sich als unbezwinglich. Es war in eine unterirdische Festung verwandelt und trotzte dem Ansturm der 5. Division. Als die Brandenburger sich erhoben, wurden sie aus dem Chauffourwald und den Dorfstellungen mit fürchterlichem Kreuzfeuer empfangen. Sie gewannen trotzdem im Wald und auf denHängen Raum, mussten sich aber am Abend 400 Meter vor dem Dorfrand in den gefrorenen Boden graben und liegen bleiben.
Die 6. Division säuberte die Waldschluchten von Bauche und Hassoule und erstieg in der Abenddämmerung den schneebedeckten kahlen Hang des Douaumont. Da die Besatzung des Dorfes Douaumont durch den Angriff der 5. Division verhindert wurde, die 6. Division in der Flanke zu fassen, gelang es dem rechten Flügel der 5. Division sich bis zu den Hindernissen der Panzerfeste Bahn zu brechen. Das 24. Infanterieregiment drang, durch den opferwilligen Sturm des Grenadierregiments Nr. 12 auf das Dorf gedeckt, auf dem Glacis 1500 Meter vor und erschien plötzlich vor dem Eckpfeiler der Verduner Nordfront. Da riss die Gewalt des Augenblicks die Führer der 7. und 8. Kompanie der Vierundzwanziger,HauptmannHaupt und Oberleutnant v. Brandis, zu einer Missachtung des ergangenen Befehls hin. Starr, dunkel und leblos lag das Fort vor ihnen auf dem weißen Feld. Was an feindlicher Infanterie auf dem nacktenHang gekämpft hatte, war tot, gefangen oder geflüchtet. Aus den Dorfstellungen und dem südöstlich von der Feste gelegenen Caillettewald schlug ungebändigtes Feuer in die deutschen Sturmreihen. Das Fort schoss aus einem Panzerturnt gen Nordwesten, als wäre sein Glacis noch unberührt. Und ehe die Verteidiger des Forts dieLage erfasst hatten, war's geschehenHaupt und Brandis brachen mit einer Handvoll Leute durch die Drahthindernisse in den Wallgraben und stürmten die Böschung zum Kernwerk empor. Im Feuer der eigenen Artillerie übersprangen die Brandenburger die Krone der Brustwehr und drangen in das Kernwerk ein. Rings starrten hohe Wälle und finstere Kasematten, Geschosstrichter, Minenblöcke und abgespaltene Erdklumpen und über ihnen drohte der feuerspeiende Panzerturm. Da galt kein Zaudern. Mit Handgranaten gingen die Stürmer der Besatzung zu Leibe, trieben sie in die Kasematten und zwangen sie zur Ergebung. Fort Douaumont war in deutscher Hand.
Deutsche Artillerie schoss noch auf das Fort, als die Brandenburger längst darin waren. Da das Dorf Douaumont im Besitz des Verteidigers geblieben war, lagen die Zugänge der Feste unter französischem Maschinengewehrfeuer. Trotzdem gelangten einzelne Leute und kleinere Gruppen der 24er von Trichter zu Trichter über das dämmernde Schneefeld in das Innere und vermehrten die schwache Besatzung. Ein Versuch des Feindes, das Fort durch einen Vorstoß aus dem Caillettewald zurückzuerobern, wurde auf den Wällen der Südseite aufgefangen und abgeschlagen. Als es finster geworden war, brach Brandis sich rückwärts zum Regiment Bahn und kehrte noch in der Nacht mit Verstärkungen zurück.
Die Eroberung der Feste schlug eine tiefe Bresche in den Gürtel der Nordwestfront. Gelang es dem Kronprinzen, die Überraschung auszunützen, am Tage darauf mit starken Massen bis Fleury durchzustoßen, so brach die Wehrstellung der Franzosen auf dem rechten Maasufer in sich zusammen. Aber es bedurfte hierzu frischer Streiter und rasch nachgezogener schwerer Artillerie, um dem Verteidiger zuvorzukommen und ihn über denHaufen zu rennen, ehe er seine Verstärkungen zu neuer Schlacht aufgebaut hatte.
Der Franzose ließ den Mut nicht sinken. Castelnau hatte am 28. Februar zwar die Feste Douaumont verloren, aber das Dorf Douaumont und die Schanzen vonHardaumont behauptet. Als die Brandenburger in der Frühe des 26. Februar von der ragenden Feste gen Verdun und ins Maastal hinunterspähten, sahen sie in der Sonne, die zum ersten Male strahlend über der Schlacht aufging, dicke blaue Kolonnen von Souville und Tavannes heranrücken und sich vor Fleury zum Kampf entwickeln. Bataillon auf Bataillon stieg, die Offiziere zu Pferd, mit entfalteten Fahnen aus dem Maastal empor, Autokolonnen luden bei Thiaumont Truppen aus, die sofort gen Haudromont vorgingen. Im Caillettewald fuhr Artillerie auf und deckte durch schweren Feuerüberfall den Flankenmarsch frischer Bataillone, die von Souville gegenHardaumont vorrückten und den Augen der Deutschen in Steinbrüchen und Steilschluchten verschwanden. Auf dem befestigtenHöhenrücken von "Froide Terre", der die Nordzugänge der Innenfeste Belleville und die Straße Bacherauville— Verdun beherrschte, erschienen hellblaue Röcke und spiegelnde Sturmhelme. Sogar auf dem linken Maasufer wurde es lebendig. Bei Charny setzten Truppen auf das rechte Uferüber und gingen über Bras genHaudromont vor. Die Batterien von Marre und Bourrus begannen zu feuern und warfen ihre Granaten bis Douaumont.
Die Franzosen schritten auf der ganzenLinie zum Gegenangriff. Sie hatten sich von der furchtbaren Überraschung der ersten Tage erholt und waren entschlossen, Verdun zu behaupten. Die Truppen, die im Zentrum von Fleury auf Thiaumont zum Angriff vorrückten, gehörten dem XX. Korps an. Die Lothringer waren am Abend des 25. Februar nach einem Gewaltmarsch von 52 Kilometern todmüde in Verdun eingetroffen. Vier Stunden später führte General Balfourier sie auf Pétains Befehl in die Schlacht.
Die deutschen Beobachter, die in den Geschütztürmen der Feste Douaumont standen, erfassten rasch den Ernst und die Bedeutung des neuen Tages. Der Augenblick der Überraschung war vorüber, die niederschmetternde Wirkung des Trommelfeuers war dahin und die Wucht des gewaltigen Ansturms hatte sich erschöpft. Der Verteidiger kam zu Atem. Wenn nicht alles täuschte, setzte er an der aufgesprungenen Bresche zu Gegenstößen an, um die Nordostzugänge der Festung zu sichern. Trotzdem wurde der Angriff mit Todesverachtung fortgesetzt. Stoß und Gegenstoß prallten aufeinander, die Schlacht wuchs in die erste Krisis.
Da die aufgestellten deutsche Kräfte nicht ausreichten, die Front zu verbreitern und auch auf dem linken Maasufer vorzubrechen oder die Angriffe auf dem rechten Ufer tiefer zu staffeln, suchte der Kronprinz den bis Douaumont vorgedrungenen Keil mit raschen Schlägen in das innere Gefüge des befestigtenLagers zu stoßen und den Verteidiger von den Maashöhen in den Kessel von Verdun hinabzudrücken. Wäre dies schon am 25. Februar versucht worden, als die Truppe kühn über das Angriffsziel hinausgegriffen hatte, so hätte Castelnau dem Ansturm weichen müssen. Am Tage darauf war dieLage zugunsten der Franzosen verschoben.
Pétain, der am 26. Februar den Oberbefehl auf beiden Maasufern übernahm, kam dem Angreifer um wenige Stunden zuvor. Die deutsche Artillerie war im zerwühlten Gelände noch nicht aufgefahren, da donnerten schon Pétains feststehende Geschütze und vereinigten ihr Feuer auf die Feste Douaumont und die vor dem Dorf Douaumont ausharrenden Brandenburger. Die Artillerie des XX. Korps nickte an der "Kalten Erde" auf und suchte ihrer Infanterie zum Gegenangriff Bahn zu brechen. Zum ersten Mal lag die ganze deutscheLinie von Bezonvaux bis Champneuville unter Vernichtungsfeuer. Fort Douaumont wurde so schwer heimgesucht, dass die 24er sich in den unterirdischen Räumen bergen mussten. Doch als die Franzosen zum Gegenangriff vorbrachen, war der Angreifer trotz entsetzlicher Verluste — Bataillone lagen mit hundert Gewehren in der Feuerlinie — zu ihrem Empfang bereit und wies den Angriff ab. Am Nachmittag riss der Deutsche die Handlung wieder an sich.
Das VII. Reservekorps erstürmte die Côte de Talou, das XVIII. Korps griff die Waldstücke beiLouvemont und den Pfefferrücken an und warf den Verteidiger über dieHöhe auf die Südhänge. Vergebens schleuderte Oberst Tarny, der südöstlich von Vacherauville leichte und schwere Geschütze zu einer großen Batterie vereinigt hatte, den Stürmern Spreng- und Gasgranaten entgegen. Am Abend war das XVIII. Korps im Besitz derLouvemontstellungen und der Franzose am Maaskanal auf Vaucherauville zurückgeworfen. Nur der Südhang des Pfefferrückens blieb noch umstritten.
Auch im Zentrum gewannen die Angreifer Boden. DerHaudromont und die von ihm absteigenden Gehölze fielen bis auf zwei Ausläufer in deutsche Hand. Dagegen gelang es den Franzosen, das Dorf Douaumont und dieLinie der Thiaumontwerke samt der Ferme und dem Panzerwerk Thiaumont zu behaupten. Balfouriers Gegenstöße setzten den erschöpften, durch viertägige Kämpfe gelichteten Brandenburgern so zu, dass sie erst am Abend zu Atem kamen. Die 5. Division klammerte sich an den Chauffourwald und an den kahlen schneebedecktenHang des Douaumont und schlug die Angriffe des XX. Korps im Wald und auf dem nackten Glacis im Handgemenge ab. Die Feste Douaumont wurde schon um 11 Uhr bestürmt. Zuaven undLinienbataillone stürzten aus dem Caillettewald hervor und versuchten durch die Kehle ins Kernwerk einzubrechen. Da tauchten die 24er aus den Kasematten ans Licht und fingen den Stoß auf den Wällen ab. Gegen Abend arbeitete sich die Masse der 5. Division näher an die Feste heran, und als es nachtete, war Fort Douaumont, der Kampfpreis des 25. Februar, im sicheren Besitz der Brandenburger.
Am glücklichsten fochten die Deutschen auf ihrem linken Flügel. Die 10. Reservedivision trat schon um 6 Uhr morgens zum Sturm auf das Erdwerk südlich von Bezonvaux an, umklammerte das hochgelegene Werk und warf den Gegner nach Süden. In atemloser Verfolgung erreichten die siegreichen Regimenter den Rücken desHardaumont, den sie von zwei Seiten erstiegen. Trotz des Kreuzfeuers französischer Maschinengewehre drangen sie durch das Niederholz gegen das großeHardaumontwerk vor und schlossen es ein. Die Feste lag auf der weit vorspringenden Südkuppe derHöhe dicht über der Woevreebene und dem sumpfigen Grund des Bauxbaches in der rechten Flanke des Douaumont und schien des Angriffes zu spotten. Da schlug eine der schwersten deutschen Granaten hart vor demHauptwall auf und legte Bresche. Der Angreifer stürmte, die erschütterte Besatzung gab die Schanze preis und zog sich in den Vauxgrund zurück. Hinter den Flüchtlingen wälzte sich die Verfolgung ins Vauxtal. Da gebot schweres Feuer aus dem Dorfe Vaux und den Steinbrüchen am Südufer des Vauxbaches den Deutschen Halt. Sie gruben sich amHang ein und stellten rechts die Verbindung mit den Verteidigern der Feste Douaumont, links mit der über Dieppe am Vauxbach aufwärtsrückenden 9. Reservedivision her. Die Franzosen schanzten im Vauxgrund, umgürteten das in einer Schlucht versteckte Dorf Vaux, den steilen Vauxberg, auf dem die Panzerfeste Vaux unangreifbar trotzte, und das zur Woevre absteigende Dorf Damloup mitHindernissen und gruben sich in der Nacht aus der ganzenLinie von Damloup bis Thiaumont zu neuem Widerstand ein, um dem deutschen Angriff aus der Flanke Halt zu gebieten.
Die Schlacht, die sich vom 21. bis 25. Februar als gewaltsamer Angriff auf die von der Feldarmee verteidigte Festung abgezeichnet hatte, wurde am 26. Februar zu einem Ringen um einzelne befestigte Stellungen, das im Zusammenprall frischer Kräfte des Verteidigers mit den Sturmdivisionen des Angreifers gipfelte und in blutiger Verstrickung endete.