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»Ich wollte das nicht, Nate, verstehst du das nicht? Ich wollte DICH, aber nicht etwas, das ich nie wieder gehen lassen kann …« ~~~~~ Als sein guter Freund Cory von einem mehrwöchigen Einsatz der Royal Canadian Navy zurückkommt, spürt Nathan sofort, dass sich nichts zwischen ihnen verändert hat: Sie sind einander noch immer vertraut – und scharf aufeinander. Aber auch wenn sie beide aktuelle Single sind, würde Nathan einen Teufel tun und diesem Verlangen nachgeben. Denn obwohl die Anziehung auf Gegenseitigkeit beruht, haben sich die beiden eines geschworen: Niemals werden sie ihre Freundschaft durch so etwas Banales wie eine gemeinsame Nacht gefährden. Doch dann stellt ein einschneidendes Erlebnis Nathans Welt auf den Kopf und ihm wird klar, dass er wenigstens ein einziges Mal wissen möchte, wie es sich anfühlt, Cory nahe zu sein. Die beiden treffen eine Vereinbarung: Ein Wochenende in einer einsamen Hütte in den verschneiten Wäldern des Yukon, um ihre Sehnsüchte nacheinander auszuleben. Aber was ist, wenn sie dabei mehr übereinander erfahren als nur, wie gegenseitige Küsse schmecken? Was, wenn Nathan Cory ein wohl behütetes Geheimnis anvertraut und Cory damit unbewusst etwas in die Hände legt, das dieser niemals haben wollte? ~~~~~ Die Glen-Haven-Reihe entführt dich in eine heimelige Kleinstadt im Herzen Kanadas und lässt dich in drei unterschiedliche Friends-to-lovers-Geschichten eintauchen. Dabei sind alle Bände in sich abgeschlossen und unabhängig voneinander lesbar. In Band 2 »Use me for your desire« erwarten dich zärtliches Verlangen inmitten verschneiter Wälder, gelüftete Geheimnisse vor dem Kaminfeuer, tiefes Vertrauen und eine wohl dosierte Prise kinky stuff. Reise mit Cory & Nathan in die raue Schönheit des Yukon und erlebe jede Menge Huskyliebe und leckeres Käsefondue. ~~~~~ Die Glen Haven Reihe: Band 1: Glen Haven - Use me for your love - Kyle & Jace (ab Januar 2024 auch als Hörbuch) Band 2: Glen Haven - Use me for your desire - Nathan & Cory Band 3: Glen Haven - Use me for your pleasure - Asher & Maverick
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Copyright © 2023 Svea Lundberg
Julia Fränkle-Cholewa
Zwerchweg 54
75305 Neuenbürg
www.svealundberg.net
Covergestaltung:
Constanze Kramer – coverboutique.de
Bildnachweise:
©Mian, ©FuturisticFinds – stock.adobe.com
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rawpixel.com, elements.envato.com
Buchsatz:
Annette Juretzki – annette-juretzki.de
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.
Alle Rechte sind vorbehalten.
Die in diesem Buch geschilderten Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Der Inhalt des Romans sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus.
»Ich wollte das nicht, Nate, verstehst du das nicht? Ich wollte DICH, aber nicht etwas, das ich nie wieder gehen lassen kann …«
~~~~~
Als sein guter Freund Cory von einem mehrwöchigen Einsatz der Royal Canadian Navy zurückkommt, spürt Nathan sofort, dass sich nichts zwischen ihnen verändert hat: Sie sind einander noch immer vertraut – und scharf aufeinander. Aber auch wenn sie beide aktuell Single sind, würde Nathan einen Teufel tun und diesem Verlangen nachgeben. Denn obwohl die Anziehung auf Gegenseitigkeit beruht, haben sich die beiden eines geschworen: Niemals werden sie ihre Freundschaft durch so etwas Banales wie eine gemeinsame Nacht gefährden.
Doch dann stellt ein einschneidendes Erlebnis Nathans Welt auf den Kopf und ihm wird klar, dass er wenigstens ein einziges Mal wissen möchte, wie es sich anfühlt, Cory nahe zu sein. Die beiden treffen eine Vereinbarung: ein Wochenende in einer einsamen Hütte in den verschneiten Wäldern des Yukon, um ihre Sehnsüchte nacheinander auszuleben. Aber was ist, wenn sie dabei mehr übereinander erfahren als nur, wie gegenseitige Küsse schmecken? Was, wenn Nathan Cory ein wohl behütetes Geheimnis anvertraut und Cory damit unbewusst etwas in die Hände legt, was dieser niemals haben wollte?
~~~~~
Die Glen-Haven-Reihe entführt dich in eine heimelige Kleinstadt im Herzen Kanadas und lässt dich in drei unterschiedliche Friends-to-lovers-Geschichten eintauchen. Dabei sind alle Bände in sich abgeschlossen und unabhängig voneinander lesbar.
In Band 2 »Use me for your desire« erwarten dich zärtliches Verlangen inmitten verschneiter Wälder, gelüftete Geheimnisse vor dem Kaminfeuer, tiefes Vertrauen und eine wohl dosierte Prise kinky stuff. Reise mit Cory & Nathan in die raue Schönheit des Yukon und erlebe jede Menge Huskyliebe und leckeres Käsefondue.
CORY
Spätsommer 2021
Gemeinsam mit Nathan trat Cory auf die Straße und zog die Tür des Clubs hinter ihnen zu, sperrte so die Geräusche der feiernden Menschen ein. Er atmete die klare Nachtluft ein – und einen Hauch von Nathans Aftershave. Schon vorhin, als sie nebeneinander an der Bar gestanden und auf der Tanzfläche gefeiert hatten, war ihm immer wieder dieser Geruch in die Nase gezogen. Unter einer feinherben Sandelholznote und ein bisschen frischem Schweiß haftete Nathan stets der Geruch der See an. Ein Duft, den Cory liebte. Generell und … an Nathan. Hier draußen nahm er ihn noch viel intensiver wahr als im Getümmel des Szeneclubs.
Genau deshalb blieb Cory mit ein klein wenig Abstand zu Nathan stehen. So lief er nicht Gefahr, sich zu ihm zu neigen, nur um seinen Geruch tiefer in sich aufnehmen zu können. Davor, Nathan eingehend anzusehen, schützten ihn die wenigen Schritte zwischen ihnen jedoch nicht.
Alles an Nathans Anblick war Cory vertraut: das eigentlich dunkelblonde Haar, welches nun, gegen Ende des Sommers, von den vielen Stunden auf See aufgehellt war. Die kurz geschorenen Seiten betonten sein eher schmales, aber konturiertes Gesicht, ebenso wie der Dreitagebart, der die fein geschwungenen Lippen umrahmte. Helle blaue Augen, dazu die kleinen Tunnel-Ohrringe und die zahlreichen Tattoos an seinen Armen – sie verliehen Nathan etwas Freches, fast Wildes. Über den Körperschmuck, der unter dem beigefarbenen Shirt und der enger Jeans nicht sichtbar war, dachte Cory lieber gar nicht erst nach. Nathan war so oder so schon anziehend genug – und außerdem ein guter Freund und vergeben. Wobei Ersteres Cory weniger gestört hätte. In seinen Augen spräche nichts gegen eine Freundschaft plus, wenn da eben nicht Nathans Partner gewesen wäre.
So oder so, Cory sollte aufhören, ihn aus dem Augenwinkel anzustarren. Zu seinem eigenen Glück schien Nathan es nicht zu bemerken. Er war zu beschäftigt damit, sich zu strecken, die Nackenwirbel knacken zu lassen und dabei tief die vom nahen Ozean gespeiste und daher klare Nachtluft von Halifax einzuatmen.
»Puuuh!« In einem langen Zug stieß Nathan den Atem aus. »Bin offenbar doch nicht so betrunken, wie ich dachte. Es dreht sich nichts.« Mit einem schiefen Grinsen auf den Lippen wandte er sich Cory zu. »Was ist mit dir?«
Cory zuckte mit den Schultern. Vom Alkohol spürte er nicht besonders viel. Dafür klebte ihm das Hemd verschwitzt am Rücken und der raue Küstenwind kroch durch den dünnen Stoff, ließ ihn frösteln. »Hatte nicht viel«, entgegnete er schlicht. »Wie kommst du nach Hause?« Er warf einen flüchtigen Blick zurück auf die Tür des Clubs. Ein paar von Nathans Freunden aus Glen Haven waren noch drinnen.
Nathan zuckte in einer achtlosen Geste mit den Schultern. »Mal sehen.« Er zögerte einen kurzen Moment, neigte leicht den Kopf. Sein Blick bohrte sich dabei nahezu forschend in Cory, was ihn unter dem feuchten Hemdstoff schaudern ließ. Viel zu wohlig.
»Kann ich noch mit zu dir kommen?«
Cory spürte seinen eigenen Atem ganz kurz stocken. Aus dem Mund eines anderen Kerls hätte er geschworen, das sei die Aufforderung zu so etwas wie einem Nach-Party-Fick. Aber eben nicht, wenn die Frage von Nathan kam.
Rasch nickte er. »Klar. Du kannst auch bei mir pennen, wenn du keine Lust hast, dich mit den anderen abzusprechen.« ›… und wenn Lucas dann kein Drama macht.‹ Das sprach er nicht laut aus. Allein schon, weil er einen Teufel tun und sich in Nathans Beziehung einmischen würde. Dass er genau das nicht tat, sollte Lucas ja eigentlich recht sein. Er hatte von Cory nichts zu befürchten – obwohl Cory zugegebenermaßen ein wenig scharf auf Nathan war. Vielleicht spürte Lucas das und konnte ihn schlicht deswegen nicht leiden. Oder es war gar nicht per se ein persönliches Ding. Letztlich war es Cory auch egal. Fakt war einfach, dass er und Lucas sich bereits bei ihrem ersten Aufeinandertreffen vor mittlerweile vier Jahren nicht grün gewesen waren. Ganz im Gegensatz dazu, dass er und Nathan sich von der ersten Sekunde an bestens verstanden hatten. Die gegenseitige Sympathie hatte sich rasch und beständig zu einer guten Freundschaft entwickelt.
Dementsprechend verwundert zog Cory die Brauen zusammen, als Nathan auf sein Angebot lediglich mit einem: »Mh, mal sehen«, reagierte und sich abwandte.
Cory folgte ihm und sie legten die ersten hundert Meter durch das nächtliche Halifax in Richtung seiner Wohnung schweigend zurück. Ihm lag die Frage auf der Zunge, ob Nathan Stress mit seinem Freund hatte. Dass die Beziehung kriselte, wusste Cory, und dass Lucas nicht mitkam, wenn sich die Clique zum Feiern traf, war keine Seltenheit. Nathan so wenig gesprächig wie an diesem Abend zu erleben, allerdings durchaus.
Statt jedoch in einem vermeintlichen Beziehungsproblem zu bohren, setzte Cory schließlich lediglich an: »Alles ok–«
»Wir haben uns getrennt.«
Abrupt stockte Cory in seinen Schritten, beeilte sich dann mit einem Ruck, wieder zu Nathan aufzuschließen, der einfach unbeirrt – oder in Gedanken versunken – weitergelaufen war.
»’kaaay«, vollendete Cory das Wort, welches er mit gänzlich anderer Bedeutung hatte aussprechen wollen. »Das kommt überraschend.«
Von der Seite sah er, wie Nathan den Mund zu einem freudlosen Grinsen verzog. »Findest du?«
›Nein! Ja …‹ Cory stieß den Atem aus. »Na ja, sagen wir: Ihr habt euch bislang immer wieder zusammengerauft. Ich dachte nicht, dass ihr Schluss machen würdet.«
»Ja.« Das einzelne Wort klang bitter aus Nathans Mund. Resigniert. »Ich auch nicht.«
»Dann hat Lucas es beendet?«
»Nicht wirklich. Es war schon ein einvernehmliches Ding. Er hat, genauso wie ich, gesehen, dass es nicht mehr funktioniert.« Nathan zog die Schultern nach oben, sog die Wangen ein und Cory wollte schwören, dass er hineinbiss. »Trotzdem tut es scheiße weh«, stieß Nathan rau hervor. Erst jetzt stockten seine Schritte, wurden ein wenig unsicher.
Entschlossen, aber behutsam rückte Cory im Gehen näher an ihn heran, schlang einen Arm um ihn. Er sagte nicht so etwas wie: ›Ich versteh dich‹, denn wenn er ehrlich war, tat er das nicht. Oder eher: Natürlich konnte er auf einer theoretisch empathischen Ebene nachempfinden, wie Nathan sich fühlen musste. Aber selbst so empfunden hatte Cory noch nie. Es hatte Männer in seinem Leben gegeben, aber nie so etwas, was Nathan und Lucas miteinander gehabt hatten – und ehrlicherweise erachtete er das auch nicht als sonderlich erstrebenswert. Er sah es ja bei seinen Kameraden bei der Navy: Entweder sie führten Beziehungen, wie Nathan und Lucas es in Corys Augen getan hatten und waren ständig damit beschäftigt, Kompromisse bei Unstimmigkeiten zu finden und Risse zu kitten. Oder sie schwebten auf Wolke sieben, nur um ihre Partnerinnen – oder eben Partner – dann während der Monate der Einsätze auf See zu vermissen wie die Hölle. Nichts von alledem brauchte Cory.
Das änderte jedoch nichts daran, dass er für Nathan da sein wollte – und würde. Noch ein wenig fester zog er ihn an sich und Nathan lehnte sich bei jedem Schritt mehr gegen ihn, ließ seinen Kopf auf Corys Schulter sacken. Kurz allerdings nur, weil die Position dadurch, dass sie annähernd gleich groß waren, sicherlich unsagbar unbequem für ihn war. Das flüchtige Anlehnen reichte dennoch aus, damit Cory, als er den Kopf drehte, mit der Nase durch Nathans Haar strich. Sofort war dessen Geruch, vermischt mit dem Nebel der Bar, wieder in seiner Nase.
Cory blinzelte energisch. »Kann ich irgendwas für dich tun?«
Unter seinen Worten und in seiner halben Umarmung sanken Nathans Schultern merklich hinunter. Er stieß einen verneinenden Laut aus, seufzte. »Nicht wirklich. Tut gut, dass du da bist.«
»Klar.« Aus einem reinen Impuls heraus drückte Cory ihm einen Kuss, durch den T-Shirt-Stoff hindurch, auf die Schulter. Wohl wissend, dass auch genau an der Stelle Tinte Nathans Haut zierte. Unpassende Gedanken … »Immer – wenn ich kann«, setzte er noch hinzu und meinte damit primär seine Einsätze bei der Royal Canadian Navy, die ihn teilweise monatelang von zu Hause trennten. Ein Umstand, der Cory nichts ausmachte.
»O Mann!« Nathan stieß ein schnaufendes Lachen aus. »Ich muss erst mal realisieren, was es bedeutet, nach Jahren wieder Single zu sein.«
»Freiheit«, warf Cory sofort ein, was Nathan tatsächlich zu einem kleinen Grinsen brachte. Es wirkte jedoch zunehmend schief.
»In Lucas’ und meinem Fall wohl auch: weniger Streit.«
»Mhm … abends die Serie schauen, die du willst«, setzte Cory hinzu, weil er wusste, dass Nathan und sein Freu– … nein, Ex-Freund bei diesem Thema nie auf einen Nenner gekommen waren.
»O ja! Glaub mir, ich werde so bald es geht Gossip Girl noch einmal von vorne bis hinten durchsuchten und mich so richtig im Klischee suhlen.«
Cory lachte leise. »Wenn du willst, können wir gleich damit anfangen.«
»Mmh, verlockend … Hast du Wasabinüsse da?«
Auch so ein Ding, von dem Cory wusste, dass Nathan es liebte – ebenso wie er selbst. »Klar.«
»Hell, yes!« Nun wirklich grinsend wandte Nathan sich ihm wieder zu. Eine der Straßenlaternen warf ein Funkeln in seine Augen. »Und ich werde kommende Woche erst mal wieder seit langem richtig geilen Käse kaufen. Lucas hat es immer gehasst, wenn der Kühlschrank danach gerochen hat. Oder gestunken, wie er es nannte.«
Zugegeben, das konnte Cory verstehen. Nathans Worte leiteten ihn gedanklich jedoch zu einer ganz anderen Frage: »Wohnt ihr noch zusammen?«
Wenig verwunderlich erlosch der Funken in Nathans Blick wieder. »Theoretisch … Lucas ist übers Wochenende zu seinem Bruder gefahren. Er und seine Frau haben ein Haus in Yarmouth. Er hofft, dass er dort für einige Zeit unterschlüpfen kann. Keine Ahnung, wann genau er dann seine Sachen holen wird.« Er schob die Hände in seine Hosentaschen und zog die Schultern nach oben. Mit einem Mal wirkte seine Haltung wieder verkrampft und Cory drückte sacht seinen Arm.
»Die Wohnung wird ganz schön leer sein«, murmelte Nathan in die Motorengeräusche eines vorbeifahrenden Autos hinein. »Keiner mehr da, den es nervt, wenn ich meine Schuhe erst im Wohnzimmer ausziehe und dort stehen lasse, aber auch keiner … der morgens in der Küche mit Kaffee wartet. Abends allein einschlafen und …« Abrupt stockte Nathan, sodass auch Cory anhielt. Dennoch rutschte sein Arm von Nathans Schulter. In dessen Miene lag eine seltsame Mischung aus Schock und einer fast skurril amüsierten Verzweiflung. »Holy shit … ich werd keinen Sex mehr haben!«
Cory schnaubte und drängte die gedankliche Frage, wie oft Nathan und sein Ex den gehabt hatten, zurück in eine hintere Gehirnwindung. Karma sei Dank, beantwortete Nathan ihm die ungestellte Frage von selbst: »Oder eher: noch weniger als ohnehin schon.«
Wäre das auch geklärt …
»Du weißt schon«, warf Cory ein, »wie Grindr und all das funktioniert, ja?« ›Oder, dass du mit mir vögeln könntest, wenn du –‹
»Ich denke, swipen und Dickpics verschicken bekomme ich hin.«
Zur Hölle, Cory würde sich jetzt nicht vorstellen, wie Nathans Schwanz aussah. Ob der ebenfalls gepierct war wie … Shit! Überhaupt kam er sich mies vor, direkt an Sex mit Nathan zu denken, kaum dass der ihm von der Trennung erzählt hatte.
»Ein bisschen niveauvoller kann’s schon auch sein, wenn Mann will«, entgegnete er trocken, was Nathan erneut zum Grinsen brachte, wenn auch schief.
»Schon klar. Es ist nur … echt eine komische Vorstellung, nach Jahren wieder mit einem anderen als Lucas zu schlafen, aber …« Nathan hielt inne, wandte sich wieder halb um und ging weiter.
Ihre Schritte hallten leise im Einklang auf dem Gehsteig. Sie waren nur noch einen Block von Corys Apartment entfernt.
Er sollte nicht nachhaken! »Aber …?«
Von der Seite zwinkerte Nathan ihm zu. »Aber auch ein wenig reizvoll.«
Darauf sollte Cory ebenfalls nicht eingehen. Aus mehreren Gründen. Tat er auch nicht, denn Nathan zeigte in einer vagen Geste auf die andere Straßenseite zu einem kleinen 24-Stunden-Shop, der alkoholische Getränke führte. »Hast du Cider zu den Wasabinüssen?«
Lediglich zehn Minuten später strandeten Cory und Nathan zusammen mit zwei Flaschen Apfel-Cider und einer Schüssel voller scharf ummantelter Nüsse auf der Couch in Corys Wohnzimmer. Mit dem Fuß angelte er nach einem der beiden Sitzsäcke und schaffte es, diesen heranzuziehen, sodass sie beide bequem die Beine darauf legen konnten. Ebenso wie er selbst hatte auch Nathan nicht nur seine Schuhe, sondern ebenfalls die Socken ausgezogen. Corys Blick streifte über den Fußrücken – das Tattoo darauf war neu. Nicht frisch gestochen, aber zumindest so neu, dass er es noch nicht gesehen hatte. Ein Hummer, der auf einem Piratenhut hockte – das Motiv brachte Cory zum Schmunzeln.
Er kam jedoch nicht dazu, es näher zu betrachten, da Nathan ihn von der Seite anstupste. »Gib mal die Nüsse!«
Cory angelte das Schüsselchen von der Sofasitzfläche neben sich, hielt es Nathan hin, nur um es gleich wieder zurückzuziehen, als dieser danach griff.
»Tausch gegen die Fernbedienung.«
Sichtlich irritiert blinzelte Nathan ihn an. »Die hab ich nicht. Ist deine Wohnung.«
»Ach was«, neckte Cory ihn. Gerade kam es ihm so vor, als spräche doch wieder etwas der Alkohol aus Nathan. Es mochte daran liegen, dass er nun bequem auf dem Sofa fläzte. Genau auf der Stelle, an der die Fernbedienung liegen müsste. »Ich glaube, du sitzt drauf.«
Nathan zog die Stirn in Falten. »Blödsinn.« Er schnappte nach der Schüssel und erwischte dabei auch ein paar der Nüsse. Eine weitere allerdings kullerte über den Rand.
»Nicht so gierig, Freundchen!« Feixend brachte Cory die Nüsse aus Nathans Reichweite und stellte sie dieses Mal neben dem Sitzsack auf den Boden. »Ernsthaft, du sitzt drauf.«
»Nüsse her! Und tue ich n–«
In entgegengesetzter Bewegung beugte Cory sich halb über Nathan, um auf der anderen Seite halb unter Nathans Beinen nach der Fernbedienung zu tasten. Während Nathan sich in Corys Richtung nach der Schale reckte. Sie schafften es, nicht mit den Köpfen aneinanderzustoßen. Nichtsdestotrotz waren sie einander mit einem Mal nahe. Sehr nahe.
Corys Hand streifte Nathans Oberschenkel, das Sofapolster. »Arsch hoch«, brachte er rau die Worte hervor, die ihm auf der Zunge gelegen hatten, aber plötzlich einen anderen Kontext zu haben schienen.
Nathan tat, wie ihm geheißen. Ruckelte unter Cory herum. Sein Atemhauch glitt über Corys Lippen und er musste sich wirklich daran erinnern, dass er gerade einfach nur nach der Fernbedienung tastete.
Seine Finger stießen auf etwas Hartes – und gleichzeitig auf Nathans Arschbacke. In Jeans. Cory verbot sich das scharfe Luftholen. Stattdessen streifte Nathans abgehacktes Atmen seine Wange. Seinen Mund. Fuck!
Vehement packte Cory zu, zog die Fernbedienung unter Nathan hervor. »Ich sag doch, du si–«
Nathans Lippen, fest auf seine gepresst, erstickten jedes weitere Wort. Ebenso Corys Keuchen. Das kam … überraschend. Überraschend gut!
Noch überraschender, aber weniger fahrig waren Nathans Finger in seinem Nacken, die leichten Druck ausübten. Gleichzeitig wurde der seines Mundes sanfter. Aus einem Aufeinanderpressen wurde ein gegenseitiges Streichen. Ein Zupfen von Lippen an Lippen und dann … Zungenspitzen, die sich erkundend hervorwagten. Nathan glitt mit der Zunge an Corys Mundwinkel entlang und über seine Unterlippe, umkreiste seine und lockte ihn so in seinen Mund. Cory kam der unausgesprochenen Verheißung nach, tauchte in Nathans Mund ein und fand dort die Schärfe von Wasabi und eine feuchte Süße, die ihn leise aufstöhnen ließ. Fuck, Nathan schmeckte so gut, seine Lippen waren weich und anschmiegsam unter Corys und das gegenseitige sachte Kratzen ihrer Bärte machte die Berührung perfekt. Oder hätte sie perfekt gemacht, wenn unter Nathans ganz eigenem Geschmack und dem nach Wasabinüssen nicht auch der von Alkohol gelegen hätte und wenn Nathan nicht …
Es kostete Cory eiserne Überwindung, doch er zog sich von Nathan zurück. Unterbrach den Kuss und zwang sich, nicht gleich wieder schwach zu werden bei der Art, wie Nathan ihn ansah. Fragend und ein wenig glasig und mit einer vagen Traurigkeit im hellen Blau seiner Augen.
»Nate …«, murmelte Cory und fragte sich unweigerlich, seit wann er eigentlich diesen Spitznamen für ihn benutzte, »sicher, dass du das hier willst?«
Er sah Nates Atem stocken und wie er schluckte. Seine Lippen öffneten sich und Cory hätte ihn nur allzu gern noch einmal geküsst. Doch er tat es nicht und Nate … schüttelte den Kopf. Ganz leicht nur und auch das einzelne Wort, das er hervorstieß, war leise – aber leider deutlich. »Nein.«
Nun war es an Cory, zu schlucken. »Okay«, murmelte er und zog sich zurück auf seinen Platz neben Nate. Die Fernbedienung, die er zwischen ihnen beiden in die Höhe hielt, so etwas wie sein Schutzschild, um nicht doch noch einmal dem Geschmack von Wasabinüssen auf Nates Lippen nachzuspüren. »Dann also Gossip Girl – Staffel eins, Folge eins?«
Wieder dauerte es Sekunden, bis Nate reagierte, und auch dann kam nur ein Nicken von ihm.
Cory riss sich endgültig los. Wandte sich dem Fernseher zu und verwandte extra viel Aufmerksamkeit darauf, den Streamingdienst zu öffnen und die gewünschte Serie herauszusuchen.
»Cory?«
»Hmm?«
»Danke.«
Nun sah er Nate doch wieder an. Der hing sichtlich durch den Wind – wegen der Trennung, was sonst? – neben ihm auf dem Sofa, angelehnt an eines der dicken Kissen. Mit zwei Fingern rieb er sich über die Nasenwurzel. »Danke, dass du die Notbremse gezogen hast. Ich bin … neben der Spur. Sorry!«
Jedes von Nates Worten ziepte in Cory und gleichzeitig erfüllten sie ihn mit Wärme und der Überzeugung, richtig reagiert zu haben. Dass er scharf auf Nate war, war das eine. Aber er würde niemals wollen, dass der mit ihm ins Bett ging und es hinterher aus irgendeinem Grund bereute. Ebenso wenig wie er irgendetwas ausnutzen wollte.
»Alles gut«, versicherte er ihm daher und meinte es so. Das änderte jedoch nichts daran, dass auch er nicht so ganz nüchtern und seine Zunge daher schneller als die Zensur seiner Gedanken war. »Auch wenn ich zugeben muss, dass ich dir – wenn du es wirklich willst – jederzeit für Ablenkungssex zur Verfügung stehen würde.«
Lediglich eine Sekunde lang sah Nate ihn überrascht an, dann formte sich dieses Grinsen auf seinem Gesicht, das ihm immer diese Grübchen in den Mundwinkeln bescherte. »Gut zu wissen«, meinte er und Cory wollte die freie Hand nach eben jenen Grübchen ausstrecken und von ihnen bis über Nates Lippen streicheln.
Auf diesen verblasste das Lächeln nicht ganz, wurde jedoch ernst. »Ehrlich, Cory, du bist verflucht heiß, aber … lass uns einfach weiter Freunde sein. Das ist so viel mehr wert als dieser Beziehungsscheiß.«
Gewissermaßen wollte Cory ihm da durchaus recht geben – und gleichzeitig einwerfen, dass Freundschaft ja nicht vor der Bettkante enden musste. Aber es blieb dabei: Nate war angetrunken – sie beide waren das – und emotional durch den Wind. Das würde er nicht ausnutzen.
»Freunde, die zusammen Serie schauen und Wasabinüsse futtern, hmm?«
Schlagartig kehrte das Lächeln auf Nates Lippen zurück und dieses Mal schaffte es sogar ein Funken bis in seine Augen. Ganz ohne, dass Laternenlicht die Illusion erzeugte. »Apropos, gibst du mir jetzt endlich die Nüsse, oder was?«
NATHAN
Herbst 2022
Gischt schlug Nathan ins Gesicht, als er sich noch ein Stück weiter über die Reling des Fischerbootes neigte. Der raue Herbstwind peitschte die See auf, sodass der Kahn im Wellengang schwankte. Beide Hände fest um die Reling geschlossen, spähte Nathan auf die Fangkörbe, die über stabile Seile miteinander verbunden und mit Schwimmbojen markiert waren.
»Sieht gut aus!«, rief er Barry zu, der die Winsch bediente und die Körbe so an Bord zog.
In nahezu jedem saß mindestens ein Hummer. Wenn jetzt noch die meisten von ihnen den Vorgaben entsprachen, die Nathan und seine Kollegen erfüllen mussten, um das Siegel für nachhaltige Fischerei zu behalten, würde das ein guter Fang werden.
Sobald der erste Fangkorb an Deck war, packte Nathan diesen und wuchtete ihn auf eine der Ablagen hoch, um die darin befindlichen Tiere möglichst schnell zu befreien. Glücklicherweise hatte das kleine Fischereiunternehmen, für welches Nathan arbeitete, im vorletzten Sommer in modernere Körbe investiert. Deren trichterförmige Reusen erlaubten es Hummern, die laut der Nachhaltigkeitszertifizierung zu klein für den Fang waren, von selbst zu entkommen. Dennoch achtete Nathan penibel auf die Vermessung der gefangenen Tiere.
Ein zu kleines fand er in den ersten Körben nicht, dafür ein Weibchen, das noch ihre Eier an den Hinterläufen trug. Drohend klapperte sie mit den Scheren, als Nathan sie packte und herumdrehte, sodass er froh um seine dicken Handschuhe war.
»Hast du ein Glück, dass du Babys bekommst«, murmelte er der Hummerdame zu und trug sie die wenigen Schritte bis zur Reling, um sie wieder dem Ozean zu überlassen.
»Na, redest wieder mit dem Fang?« Im Vorbeigehen stieß Barry ihn kumpelhaft mit dem Ellbogen an.
»Klar. Immer.« Dass er Fische und Krustentiere zu fangen seinen Job nannte, bedeutete schließlich nicht, dass er keine Beziehung zu diesen Lebewesen hatte. Und zugegeben, gerade in Bezug auf Hummer hätte er sich definitiv andere Weiterverarbeitungsmethoden gewünscht.
In einem weiten Wurf beförderte Nathan das Tier zurück ins Meer. Die übrigen Hummer, die den Fangvorgaben entsprachen, legten Nathan und Barry in große, mit Meerwasser gefüllte Tröge. Dort würden sie erst mal bleiben, bis das Fischerboot zurück im Hafen war.
Gegen frühen Vormittag riss die Wolkendecke doch noch auf, sodass ihre Rückkehr von einigen Sonnenstrahlen begleitet war. Nicht, dass diese nun, im kanadischen Herbst, übermäßig wärmend gewesen wären, aber Nathan genoss sie dennoch. Er zerrte sich die Kapuze vom Kopf und öffnete die Verschlüsse seiner Fischerjacke, reckte sein Gesicht dem Himmel entgegen. Für kurz allerdings nur.
Während sein Chef das Fischerboot sicher in den Hafen von Peggy’s Cove manövrierte und Barry den Kahn anschließend verzurrte, fischte Nathan sein Smartphone aus den Untiefen seiner Jacke. Ein Antippen des Displays zeigte jedoch keinerlei neue Nachrichten. So früh am Tag hatte er auch nicht unbedingt eine Wortmeldung von einem seiner Kumpels erwartet, aber … irgendwie doch. Cory müsste seit gestern wieder zu Hause sein. Zumindest hatte Nathan in den abendlichen Fernsehnachrichten eine kurze Bemerkung aufgeschnappt, dass die Fregatte der Royal Canadian Navy, die für mehr als ein halbes Jahr an der Küste vor Somalia unterwegs gewesen war, wieder an der Militärstation in Halifax eingelaufen war. Aber gut, vermutlich genoss Cory nach den Monaten auf See erst mal die Vorzüge seines eigenen Bettes – und vielleicht auch einen anderen Kerl darin.
Letzteren Gedanken schob Nathan sogleich wieder von sich, weil … er eben noch zu arbeiten hatte, und sein Smartphone zurück in die Jacke. Das Fischerboot lag mittlerweile wieder im Hafen vor Anker und Barry war bereits verschwunden. Vermutlich um die auf Rollbretter gestapelten Behälter zu holen, in denen sie die Hummer vorsortieren und bis zur Weiterverarbeitung unterbringen konnten. Nathan machte sich schon mal daran, die benutzten Fangkörbe von Bord zu bringen. Am Hafen von Peggy’s Cove stapelten sich dutzende dieser Körbe, alle in unterschiedlichen Farben, sodass sie klar einem Fischereiunternehmen zugewiesen werden konnten. Der kleine Familienbetrieb – der eigentlich kein wirklicher mehr war, weil die Söhne seines Chefs ihn nicht übernehmen würden –, für den Nathan arbeitete, benutzte die blauen Körbe.
Mit den Rollbrettern kam Barry auf ihn zu. »Kommst du allein mit den Hummern klar? Dann würde ich dem Chef drinnen helfen?« Barry präzisierte seine Aussage nicht näher. Musste er auch nicht. Nathan wusste ebenso wie er, dass drinnen in der Manufaktur noch ein Fang weißer Heilbutt auf die Weiterverarbeitung wartete.
»Klar!« Mit einer vagen Handbewegung winkte er seinen Kollegen wieder fort und übernahm die Behälter für die wartenden Hummer.
Zurück auf dem Schiff streifte Nathan sich die Handschuhe wieder über. Eines der Krustentiere nach dem anderen entnahm er dem Wasserbecken und band ihnen vorsichtig die Scheren zusammen. Zu groß war die Gefahr, dass sich die Tiere auf engem Raum damit selbst oder gegenseitig verletzten. Auch, wenn er darauf achtete, nicht zu viele gemeinsam in ein Behältnis zu setzen.
Vertieft in seine Arbeit genoss Nathan die Stille auf dem Kahn. Eine Stille, die nicht geräuschlos, aber friedlich war. Die Geräusche der seichten Wellen, die gegen den Schiffsbug rollten, das Zerren des Windes am Mast, die Schreie vereinzelter Möwen, die über dem Hafen kreisten. Eine von ihnen ließ sich auf der Reling nieder und beobachtete Nathans Tun. Mit leicht schief gelegtem Kopf schien sie ihm ihren Blick in die Brust zu bohren oder vielmehr … in den Rücken?
Nathan stockte in der Bewegung, einen Hummer in der Hand. Ganz sicher, jemand beobachtete ihn – und das war nicht die Möwe.
Sein Herz beschleunigte den Rhythmus, klopfte hart gegen seine Rippen. Ein Kribbeln, viel mehr aus freudiger Aufregung als aus Unwohlsein geboren, erwachte in seinem Nacken. Rational war Nathan klar, dass er sich gar nicht so sicher sein konnte und doch war er es. Ohne sich umzudrehen, wusste er, wer da am Hafen stand und ihn ansah.
In einem langen Atemzug stieß er die Luft aus, stellte dabei fest, dass auch sein Atem mit einem Mal fliegender ging, als er das sollte. Aber mein Gott, nach über einem halben Jahr …
Rasch, aber mit Bedacht legte er den Hummer zurück in das Wasserbecken. Wandte sich um und … hell yes! Cory war zurück!
Lässig die Hände in die Tasche seines Hoodies geschoben und ein Bein vor das andere gelegt, lehnte er rücklings an einem der massiven hüfthohen Betonpfeiler, über die die Schiffsleinen zur Befestigung geworfen wurden. Er sah Nathan an. Ruhig und doch mit einer gewissen wachsamen Schärfe im Blick. Aufmerksam, als sähe er gerade nichts außer Nathan und dennoch wusste dieser, dass Cory alles um sich herum wahrnahm. Der Soldat in ihm kam nie ganz zur Ruhe.
»Hey, Voyeur! Wie lange stehst du schon da?« Sein schneller Herzschlag schickte die Worte leicht stolpernd vor Freude über Nathans Lippen.
Corys indessen verzogen sich zu einem Grinsen, das sein markantes Gesicht mit dem gepflegten Bart nur noch … anziehender auf Nathan wirken ließ.
»Was – Voyeur? Ich bekomm ja nichts zu sehen, so eingepackt wie du bist.«
Nathan schnaubte, lachte. »Wohingegen ihr bei der Navy alle in Badeshorts an Deck herumrennt, eh?«
Nun lachte auch Cory. Ein warmer, etwas rauer Laut, der sich über die Distanz mehrerer Meter hinweg in Nathans Inneres grub und das vorherige Prickeln im Nacken sein Rückgrat entlang schickte. Überhaupt – Cory war zu weit weg!
Kurz entschlossen zog Nathan sich die Handschuhe herunter, ließ sie achtlos auf der Ablage liegen und beeilte sich, quer übers Deck zu kommen. Cory stieß sich ebenfalls von dem Betonpfeiler ab, kam ihm entgegen.
»Tun wir nicht«, gab Cory indessen zu, »aber wenigstens merke ich es früher, wenn ich unter Beobachtung stehe.« Die letzten Worte sprach er deutlich leiser aus, breitete direkt am Rand des Kais stehend die Arme aus.
Nathan sprang von Bord. Nicht in Corys Arme hinein, aber es war doch nur noch ein Schritt, den er überbrücken musste – und es auch tat. Er schlang die Arme um Corys breiten Rücken und fühlte sich ebenso umfangen. Spürte die Wärme, die trotz all der Klamotten von Cory ausging, spürte seine Stärke und dass er ihn verdammt noch mal vermisst hatte.
»Ja, sorry, dass ich keine Soldatensinne habe«, murrte er breit lächelnd gegen den Kragen von Corys Hoodie. »War außerdem abgelenkt von der Möwe.«
»Mhm …« Cory zog ihn noch ein wenig enger an sich. Seine Umarmung fest und sicher. Genau so, wie Nathan gehalten werden wollte, wenn … »Hi, Nate«, murmelte Cory und riss ihn mit der nahezu sanften und im Grunde längst überfälligen Begrüßung aus seinen Gedanken. Und nur noch tiefer hinein in die Erleichterung darüber, ihn wieder bei sich zu haben. Scheiße, möglicherweise hatte Nathan ihn ein wenig zu sehr vermisst und möglicherweise hatten die mehr als sechs Monate, in denen sie sich nicht gesehen hatten, rein gar nichts zwischen ihnen verändert. Das war gut. Schön. Und gleichzeitig ein Problem.
Rasch löste Nathan sich aus der Umarmung, das Grinsen auf seinem Gesicht blieb glücklicherweise. »Hi, Cory! Na, wie ist es, wieder Land unter den Füßen zu haben?«
Nathan stellte gerade die Tube seiner Bodylotion zurück in den Spiegelschrank, als es an der Tür klingelte. Ein flüchtiger Blick auf den Smart-Wecker zeigte, was ihm ohnehin klargewesen war: Cory war pünktlich – und er selbst hatte getrödelt. Aber nachdem ihn auf der Heimfahrt von Peggy’s Cove nach Glen Haven ein eklig kalter Regenschauer überrascht hatte, war er mit seinem E-Bike vollkommen durchnässt und frierend zu Hause angekommen. Wenn das kein guter Grund war, um länger als geplant unter der heißen Dusche zu stehen, wusste er auch nicht.
Kurzerhand schnappte Nathan sich die frische Boxerbriefs, die er bereits auf dem Badewannenrand bereitgelegt hatte, und eilte durch den Flur. Während er etwas umständlich hineinschlüpfte, drückte er den Türöffner. Eine Hand noch am Bund seiner Unterwäsche öffnete er die Wohnungstür – und sah sich unvermittelt Cory direkt gegenüber. Dessen Brauen zuckten unweigerlich ein Stück nach oben und ein kribbeliger Schauer rann Nathan unter der eingehenden Musterung über den Nacken.
Cory fing sich allerdings rasch wieder, hob den Blick in Nathans Gesicht. »Hey! Bin ich zu früh?«
Rasch schüttelte Nathan den Kopf und trat einen Schritt beiseite, sodass Cory hereinkommen konnte. »Nein, alles gut. Hab nur nicht damit gerechnet, dass du schon vor der Tür stehst.«
Cory grinste schief und schob sich an ihm vorbei in den Flur. »Unten stand mal wieder offen.«
Klar – eine der Nachbarinnen vergaß grundsätzlich, die Haustür richtig zuzuziehen.
»Mach’s dir bequem, ich zieh mir schnell was an.« Nathan wandte sich ab und gab sich alle Mühe, auf dem Weg rüber ins Schlafzimmer keine Aufmerksamkeit darauf zu verwenden, dass Cory ihm ganz sicher nachsah.
Shit, Mann! Es waren kleine Momente wie dieser, in denen ihm – und sicherlich auch Cory – diese gewisse Anziehung zwischen ihnen eindeutig bewusst war. Ebenso klar war für Nathan allerdings auch, dass er dieser nicht nachgeben würde. Single und scharf aufeinander hin oder her, er würde die Freundschaft, die er und Cory sich aufgebaut hatten, nicht durch Sex in Gefahr bringen. Und gefährdet wäre sie definitiv. Schon allein, weil Cory keine Beziehung, sondern wenn dann lediglich eine Freundschaft plus wollte, und Nathan sich sehr sicher war, dass er damit nicht lange würde umgehen können. In dieser Hinsicht war er einfach zu gefühlsduselig – oder aber Cory zu …
»Lass es!«, raunte er sich selbst zu und unterbrach seine Gedanken, indem er nach den Klamotten griff, die er bereits vorhin auf dem Bett zurechtgelegt hatte. Kleiderauswahl fand bei ihm nie zufällig, sondern stets wohlüberlegt statt. Die Tattoos an seinen Beinen verschwanden unter einer Jeans im Used Look, nur damit zwei davon an den kunstvollen Rissen über den Knien wieder hervorblitzen konnten. Dazu kombinierte er ein graues Shirt mit Bandlogo auf dem Rücken. Mit einem Paar Socken in der Hand, auf das er vermutlich aber doch verzichten würde, ging er rüber ins Wohnzimmer.