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Fast jeder googelt bereits Medizin im Internet, auch fast jeder Arzt. Googeln ändert nachhaltig das Arzt-Patient-Verhältnis. Zum Besseren oder Schlechteren. Verbraucherverbände ermuntern Patienten seit 2012 ausdrücklich zum intensiveren und kritischeren Gespräch mit ihren Ärztinnen und Ärztinnen und erinnern ausdrücklich daran, dass deren medizinisches Handeln nicht immer sinnvoll und notwendig ist. Es muss aber auch gewarnt werden. Mit vielen Gesundheits-Veröffentlichungen ist eine bestimmt Absicht verbunden. Sie muss nicht immer identisch mit den Wünschen und Erwartungen der Suchenden sein. Und noch ein Hinweis: Medizin-Googeln aus Langeweile ist keine sehr gute Idee.
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Seitenzahl: 89
Ratgeber Prävention
Googeln Sie sich gesund!
Handbuch: Medizinsuche im Internet
Symptome, Medikamente, Therapien der
Hacker-Medizin
Von Dr. Jan-Dirk Fauteck, Imre Kusztrich
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Die folgende Veröffentlichung dient ausschließlich Informations- und Lehrzwecken. Sie ist nicht als Ersatz für ärztlichen Rat oder medizinische Behandlung gedacht. Vor jeder gesundheitlichen Maßnahme sollte ein medizinischer Experte konsultiert werden. Die kombinierte Einnahme von Nahrungs-Ergänzung oder pflanzlichen Substanzen und verschriebenen Medikamenten ohne Zustimmung Ihrer Ärztin oder Ihres Arztes wird nicht empfohlen. Die Autoren, der Verlag, der Vertrieb und alle jene, die in dieser Veröffentlichung namentlich genannt werden, übernehmen keinerlei Haftung oder Verantwortung für Verluste oder Schäden, die durch die Informationen, die in dieser Veröffentlichung vermittelt werden, entstanden oder angeblich entstanden sind.
ChronoBioLogie Verlag
7100 Neusiedl am See, Österreich
Einführung
Vorwort
Hacker-Medizin
Chancen und Risiken des Googelns von Medizin
Der Unterschied zwischen NW und UAW
Nicht zum Zeitvertreib
Ein virtueller und ein echter Doktor Google
Wissen im 21. Jahrhundert
Googeln – der große Unterschied
Online-Diagnoser und Online-Gesundheitssucher
Praxisleitfaden Internet
Clever suchen auf Wikipedia
Die Power elektronischer Infos
Googeln aus Zeitgeist
Warum Ärzte googeln
Symptome-Check
Cyberchondrie
Medikamente-Googeln
Googeln aus Unsicherheit
Googeln aus Angst
Warnung vor ungesicherter Diagnose
Googeln aus Selbstüberschätzung
Googeln aus Scham
Googeln aus Vertrauensverlust
Krebs statt Kribbeln
Medizinethik, Menschen, Margen
Epilog
Die Ärztin und Bestseller-Autorin Dr. Tanya Feke witzelte im August 2015 öffentlich mit dem Gedanken, Dr. Google wegen Behandlungsfehler zu verklagen.
Das hätte sie besser unterlassen.
Es hätte ihr die Antwort erspart, die auf der angesehenen Ärzte-Website MedPage Today das Prinzip Dr. Google wie nie zuvor auf höchstem Niveau begründete und für notwendig erklärte.
Was spielt sich vor unseren Augen ab?
Viele Jahre hindurch hatte der Arzt als Einziger Zugang zu dem medizinischen Wissen. Er verfügte über jahrelange Erfahrung und wusste eindeutig über den menschlichen Körper mehr als jeder Andere in der Nachbarschaft.
Das ändert sich dramatisch.
Jerry W. Segers, einer der Initiatoren des Internet in den 1980er-Jahren, brachte sein uneingeschränktes Ja zum Medizin-Googeln auf den Punkt: Die medizinische Gemeinschaft hat bei dem Versuch, die Kontrolle über die Informationen zu behalten, jetzt die Wahl weiterhin den Übermittler Dr. Google zu verunglimpfen, oder die Veränderung zuzulassen, von der Ärzte und Patienten profitieren.
Für Jerry W. Segers steht das Ergebnis bereits fest: Wer versucht, die Informationen nur in seinem Sinne strömen zu lassen, geht mit einer roten Karte vom Platz, während andere auf die Technologien für das Praktizieren der Medizin von Morgen setzen und damit gewinnen.
Tatsächlich ist die Sorge der Wissenschaft berechtigt angesichts von minderwertigen Suchergebnissen, die Falten glätten, Warzen entfernen und nebenbei Krebs heilen. Aber: Schon jetzt steht es jedem Internetsurfer frei, das qualitativ bessere „Google Scholar“ – wörtlich Google Gelehrter – aufzurufen. Auf diesem Weg werden fast alle Informationsquellen von fragwürdiger Seite eliminiert, denn dort sind im Wesentlichen nur wissenschaftliche und erstklassige Links zu finden – zu Symptomen, Krankheiten, Therapien, Medikamenten und Nahrungsergänzungsstoffen.
Der Internet-Befürworter Segers bringt ein überzeugendes Beispiel ein: Ein Arzt in einer kleinen Stadt versucht mehrere Ansätze bei einem Patienten mit seltsamen Beschwerden, ohne Erfolg. Früher hatte er nur seine Fachbücher, seine Ärztezeitschriften oder er telefonierte möglicherweise mit dem Doktorvater, mit Kollegen oder dem Apotheker – und war vielleicht überzeugt, alles Erdenkliche für seinen Patienten getan zu haben, auch wenn die Symptome fortdauerten. Heute, mit Internetanschluss, ist dieser Arzt mit dem gesammelten Wissen der Medizinwelt verbunden, dank Google.
Dieser hohe Grad wäre auch in der besten Universität ohne Dr. Google nicht erzielbar.
Und Dr. Google ist erst ein Anfang.
Von IBM wird ein ähnlicher Beitrag erwartet, der intern mit „Watson“ bezeichnet wird, noch ohne Dr.
Auch der Patient und seine Angehörigen haben nahezu den gleichen qualitativen Zugang durch ein paar Klicks mit der Maus. Sie haben möglicherweise ein noch größeres Interesse und mehr Zeit, die für sie speziell relevanten Informationen zu orten und zu sichern. Das kann wertvolle Arztminuten sparen, und mit Hilfe der richtigen Schlüsselwörter von ihrem Hausarzt sollten die Ergebnisse auch Sinn machen.
Während der Internet-Experte Jerry W. Segers beklagt, dass einzelne oder viele Patienten dürftige bis katastrophale Suchergebnisse erzielen, verweist er auf leicht mögliche kleine Hilfestellung seitens der Medizingesellschaft, etwa durch Vorgabe von Suchwörtern, und er stellt der Ärzteschaft einige wichtige Fragen: Hat einer schon versucht, medizinische Laien beim Googeln von Medizin zu unterstützen? Wo sind die Patientenschulen dafür? Haben Sie schon einen Kurs gestartet?
Es ist eine faszinierende Vorstellung: Auf der einen Seite ein Computerprogramm, das sämtliches medizinisches Wissen enthält, alle Symptome, alle Krankheiten, alle Arzneistoffe einschließlich unerwünschter Nebenwirkungen berücksichtigt, ebenso die Abrechnungskürzel für die Krankenversicherung – und wir hätten eine unbestechliche Diagnostikmaschine. Dazu die Fähigkeit, Gesichter einzuscannen, sowie verschiedene optische Krankheitsmerkmale zu bewerten. Auf Knopfdruck bestimmt die Software die richtige Medikation und druckt das Rezept schneller aus als jede gestresste Arzthelferin oder jeder geforderte Arzt.
Vermutlich wird jener Anteil in der Bevölkerung zunehmen, der über Gesundheit und den Körper mehr und mehr lernen möchte und der sich dafür interessiert, wie auch ein älter werdender Organismus sich noch selbst heilen kann.
Vieles spricht dafür, mit dem Trainingsprogramm Dr. Google unverzüglich zu beginnen.
Die Witwe Mirja Sachs sollte es wissen. Doch wir werden es nie erfahren. Hat der deutsche Inbegriff von Lebenskunst, der Multi-Millionär, Kunstmäzen, Fotograf, Buchautor und Astrologe Gunter Sachs seine Symptome gegoogelt? Jedenfalls schreibt er in seinem Abschiedsbrief, dass er nach einschlägiger Lektüre selbst erkannt hat, „an der ausweglosen Krankheit A. zu erkranken.“
A steht vermutlich für Alzheimer.
Viele tippen aufs Internet – und einzelne behaupten es sogar.
Sachs setzte am 7. Mai 2011 seine Unterschrift unter dieses Dokument und beendete sein Leben.
Wo er sich über Störungen der Gehirnleistung schlau gemacht hat, ist ein Rätsel - offenbar nicht bei seinen Ärzten.
Fachmediziner für Alzheimer reagierten entsetzt und unterstellten ihm einen tödlichen Irrtum – die falsche Diagnose. „Niemand kann sich selbst diagnostizieren“, warnte der Psychiater Professor Dr. Alexander Kurz von der Psychiatrischen Klinik der Exzellenzuniversität TU München.
Sein Kollege Professor Dr. Dan Rujescu stuft Selbstdiagnosen bei vermuteter Demenz als gefährlich ein, weil sich sogar Fachleute irren können. Es gibt viele Formen der Demenz, und manche sind komplett behandelbar. Nur etwa die Hälfte führt zu Alzheimer. Er kennt als Leiter der Gedächtnisambulanz der Ludwig Maximilians Universität die wahren Kranken. Professor Dr. Rujescu sagt klipp und klar: „Gunter Sachs kann sich getäuscht haben.“
Tatsächlich beklagte Gunter Sachs eine überfallsartige Müdigkeit, eine rapide Verschlechterung seines Gedächtnisses und einen abnehmenden Sprachschatz. Keines dieser Symptome bei einem Achtundsiebzigjährigen ist ein sicheres Zeichen für Alzheimer.
Zwei Tage vor seinem Tod hat Gunter Sachs, allein zurückgezogen in sein Haus in Gstaad, einige enge Freunde angerufen und ungewöhnlich lange über Probleme des Alters telefoniert. Wegen seiner dunklen Gedanken vermuteten sie, er leide an Schwermut, an Depression. An beginnende Alzheimer-Erkrankung dachte keiner.
Es ist nicht einmal sicher, ob der Multi-Millionär auf eine Demenzerkrankung zusteuerte. Es gibt auch Formen einer anderen mentalen Störung, Depression, die sich ebenfalls als Gedächtnisstörung äußern. Ein seltenes, aber typisches Krankheitsbild ist das Ganser-Syndrom, 1897 von dem deutschen Psychiater Dr. Sigbert Josef Maria Ganser erstmals beschrieben. Es wird auch als Pseudodemenz bezeichnet.
Sachs, der jung gebliebene moderne Weltenbürger, war ein begeisterter Internet-Surfer und speicherte auf seinem Apple-Laptop Tausende private, wirtschaftliche und wissenschaftliche Dokumente. Bereits 2003 recherchierte auf seine ausdrückliche Bitte einer seiner Biografen für ihn bestimmte medizinische Therapien für einige ihn alarmierende Symptome, die aus Rücksicht auf die Privatsphäre hier nicht näher präzisiert werden.
Offensichtlich vertraute Gunter Sachs darauf, auch ohne Arzt die richtigen Schlussfolgerungen ziehen zu können.
Diese vielleicht gefährliche Selbsteinschätzung scheinen mit der Jetset-Legende heute etwa 80 Prozent unserer Zeitgenossen in der entwickelten Welt zu teilen: Sie googeln Symptome, sie googeln Krankheiten, sie googeln Medikamente, sie googeln Therapien, sie googeln Medikamentenwirkungen und sie bewerten ihre Ärzte im Internet.
Ein wichtiges Motiv: Ihr virtueller Doktor Google unterscheidet nicht zwischen Privatpatient und gesetzlich Versichertem, denn die so genannte Netzneutralität verpflichtet Internet-Provider, jeden Nutzer mit der gleichen Information zu versorgen.
Die Nicht-Mediziner finden sich in bester Gesellschaft wieder. Auch jeder zweite Arzt googelt Medizin.
Aushecken. Wie klingt das?
Laut Duden steht dieser Begriff für langes Nachdenken, für Ausprobieren, für Ausklamüsern, für Pläneschmieden.
In jüngster Zeit wird das mit Aushecken eng verwandte Wort Hacker nur für Kriminelle verwendet, die sich Computer-Verbrechen schuldig machen. Doch das war lange Zeit nicht so. Die meisten Menschen, die sich in den 1950er-Jahren Hacker nannten, ohne auf Tasten einhacken zu können, waren Intellektuelle und andere Elitäre. Sie waren stolz auf eine ganz besondere Fähigkeit: Sie suchten und entdeckten Wege, bestimmte Einschränkungen zu umgehen und Informationen zu erlangen, die anderen verborgen bleiben.
Der mit Abstand interessanteste Bereich, in dem jede Art von Wissen von Bedeutung sein kann, ist unsere Gesundheit.
Es ist auch ein Gebiet, in dem viele wichtige Fakten für die Öffentlichkeit verborgen bleiben.
Es ist auch ein Bereich, in dem beherrschende Systeme die Kommunikation zu ihren Zwecken dominieren. Dabei bleiben interessante Informationen möglicherweise auf der Strecke.
Zum Beispiel stellte die führende Info-Webseite für Präventionsmedizin, World Health Net, am 6. August 2015 die Frage „Erspart Aspirin Krebs?“ (Original: Does Aspirin Keep Cancer Away?). Die Nachricht stützte sich auf eine Veröffentlichung in der Ärzte-Fachzeitschrift über Krebsmedikamente „Cancer Medication“ und basierte auf einer wissenschaftlichen Studie. In dieser Untersuchung blockte Aspririn das Wachstum von Brustkrebszellen (Quelle: Maity G, De A, Das A, Banerjee S, SarButkar S, Banerjee SK. „Aspirin blocks growth of breast tumor cells and tumor-initiating cells and induces reprogramming factors of mesenchymal to epithelial transition.“ I Lab Invest. 2015 Jul;95(7):702-17.)
Dazu gibt es eine mindestens ebenso interessante Vorgeschichte.
In der seriösen Zeitung New York Times vom 19. Mai 2014 beginnen zwei Wissenschaftlerinnen der berühmten Harvard Medical School, Dr. Michelle Holmes und Dr. Wendy Chenmay, einen anklagenden Artikel mit einem erstaunlichen Bekenntnis: „Wir glauben, dass es möglich ist, Brustkrebs – die führende Todesursache an Krebs bei Frauen - zu behandeln mit einer Substanz, die in fast jedem Badezimmerschrank steckt: Aspirin.“
Selbst das war nicht der Anfang der erregenden Asprinin-Story.