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Ingeborg Bachmann und Paul Celan. Lange war ihre Liebe ein großes Geheimnis, jetzt ist sie dokumentiert. Der Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan, zwei der bedeutendsten deutschsprachigen Dichter, ist das bewegende Zeugnis zweier Menschen, die sich liebten und gegenseitig verletzten, die einander brauchten und doch nicht miteinander leben konnten. Fast zwanzig Jahre lang kämpfen sie in ihren Briefen um die Liebe und Freundschaft des anderen, wiederholt herrscht Schweigen, immer wird der Briefwechsel wiederaufgenommen – bis es 1961 endgültig zum Bruch kommt.
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Seitenzahl: 513
HerzzeitIngeborg BachmannPaul CelanDer Briefwechsel
Mit den Briefwechselnzwischen Paul Celan und Max Frischsowie zwischen Ingeborg Bachmannund Gisèle Celan-Lestrange
Herausgegeben und kommentiert vonBertrand Badiou, Hans Höller,Andrea Stoll undBarbara Wiedemann
Suhrkamp
Koordination sowie Übersetzung der französischen Briefe:
Barbara Wiedemann
ebook Suhrkamp Verlag Berlin 2010
© Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2008
Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2002, 2003, 2004
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das
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www.suhrkamp.de
Umschlag: Göllner, Michels, Zegarzewski
eISBN 978-3-518-73090-4
1 Paul Celan an Ingeborg Bachmann, Gedicht und Widmung in Matisse-Bildband, Wien, 24.(?)6.1948
In Aegypten
Für Ingeborg
Du sollst zum Aug der Fremden sagen: Sei das Wasser!
Du sollst, die du im Wasser weißt, im Aug der Fremden suchen.
Du sollst sie rufen aus dem Wasser: Ruth! Noemi! Mirjam!
Du sollst sie schmücken, wenn du bei der Fremden liegst.
Du sollst sie schmücken mit dem Wolkenhaar der Fremden.
Du sollst zu Ruth, zu Mirjam und Noemi sagen:
Seht, ich schlaf bei ihr!
Du sollst die Fremde neben dir am schönsten schmücken.
Du sollst sie schmücken mit dem Schmerz um Ruth, um Mirjam
und Noemi.
Du sollst zur Fremden sagen:
Sieh, ich schlief bei diesen!
Wien, am 23. Mai 1948.
Der peinlich Genauen,
22 Jahre nach ihrem Geburtstag,
Der peinlich Ungenaue
2 Ingeborg Bachmann an Paul Celan, Wien, Weihnachten 1948, nicht abgesandt
Weihnachten 1948.
Lieber, lieber Paul!
Ich habe gestern und heute viel an Dich, wenn Du willst, an uns gedacht. Ich schreibe Dir nicht, weil Du wieder schreiben sollst, sondern weil es mir jetzt Freude macht und weil ich will. Auch hatte ich vor, Dich in diesen Tagen in Paris irgendwo zu treffen, aber dann hat mich mein dummes eitles Pflichtbewußtsein hier festgehalten und ich bin nicht weggefahren. Wie ist das nur: irgendwo in Paris? Ich weiß ja garnichts, aber irgendwie wäre es schon schön gewesen!
Vor drei Monaten hat mir plötzlich jemand Deinen Gedichtband geschenkt. Ich wußte nicht, daß er herausgekommen war. Das war so..., der Boden war so leicht und schwebend unter mir, und meine Hand hat ein bisschen, ganz, ganz wenig gezittert. Dann war wieder lange nichts. Vor einigen Wochen hat man sich in Wien erzählt, daß Jenés nach Paris gefahren sind. Da bin ich auch wieder mit auf Reisen gegangen.
Ich weiß noch immer nicht, was der vergangene Frühling bedeutet hat. – Du weißt ja, daß ich immer alles ganz genau wissen will. – Schön war er, – und die Gedichte, und das Gedicht, das wir miteinander gemacht haben.
Ich hab Dich heute lieb und so gegenwärtig. Das will ich Dir unbedingt sagen, – damals hab ich es oft nicht getan.
Sobald ich Zeit habe, kann ich auf ein paar Tage kommen. Würdest Du mich auch sehen wollen? – Eine Stunde, oder zwei.
Viel, viel Liebes!
Deine
Ingeborg.
3 Paul Celan an Ingeborg Bachmann, Paris, 26. 1. 1949
31, Rue des Ecoles
Paris, den 26. 1. 1949.
Ingeborg,
versuche einen Augenblick lang zu vergessen, daß ich so lange und so beharrlich schwieg – ich hatte sehr viel Kummer, mehr als mein Bruder mir wieder nehmen konnte, mein guter Bruder, dessen Haus Du gewiß nicht vergessen hast. Schreibe mir so als würdest Du ihm schreiben, ihm, der immer an Dich denkt und der in Dein Medaillon das Blatt eingeschlossen hat, das Du nun verloren hast.
Laß mich, laß ihn nicht warten!
Ich umarme Dich
Paul
4 Ingeborg Bachmann an Paul Celan, Wien, 12.4.1949
Wien, am 12. April 1949
Lieber, Du,
ich bin so froh, dass dieser Brief gekommen ist, – und nun hab ich Dich auch wieder so lange warten lassen, ganz ohne Absicht und ohne einen unfreundlichen Gedanken. Du wirst selbst wissen, dass das manchmal so kommt. Man weiss nicht warum. Zwei- oder dreimal hab ich einen Brief an Dich geschrieben und dann doch nicht weggeschickt. Aber was bedeutet das, wo wir aneinander denken und es vielleicht noch sehr lange tun werden.
Ich spreche nicht allein zu Deinem Bruder, heute beinahe nur mit Dir, denn durch Deinen Bruder hindurch hab ich ja Dich lieb, und Du darfst nicht denken, dass ich an Dir vorübergegangen bin. – Bald ist der Frühling wieder da, der im Vorjahr so seltsam war und so unvergesslich. Ich werd gewiss nie mehr durch den Stadtpark gehen, ohne zu wissen, dass er die ganze Welt sein kann, und ohne wieder der kleine Fisch von damals zu werden.
Dass Du Kummer gehabt hast, hab ich die ganze Zeit gespürt, – lass mich wissen, ob es Dir helfen könnte, mehr Briefe zu bekommen!
Im Herbst haben mir Freunde Deine Gedichte geschenkt. Das war ein trauriger Augenblick, weil sie von Fremden kamen und ohne ein Wort von Dir. Aber jede einzelne Zeile hat es wieder gutgemacht.
Es wird Dich vielleicht freuen, wenn ich Dir erzähle, dass manchmal nach Dir gefragt wird, vor einiger Zeit musste ich sogar wildfremden Leuten aus Graz Deine Adresse geben, um sie zufriedenzustellen. Und die kleine Nani und Klaus Demus machen noch immer verklärte Augen, wenn sie von Dir sprechen.
Heute versteh ich gut, dass es für Dich richtig war, nach Paris zu gehen. Was würdest Du sagen, wenn ich im Herbst plötzlich auch dort wäre? Ich soll nach dem Doktorat ein Stipendium für Amerika oder Paris bekommen. Ich kann noch garnicht dran glauben. Es wäre zu schön.
Ueber mich gibt es nicht viel zu erzählen. Ich habe sehr viel Arbeit, das Studium geht dem Ende zu, daneben schreibe ich für Zeitungen, für den Sender etc., mehr als früher. Ich versuche, nicht an mich zu denken und mit geschlossenen Augen hinüberzukommen zu dem, was eigentlich gemeint ist. Sicher stecken wir alle in der grossen Spannung, können uns nicht lösen und machen viele Umwege. Aber ich bin manchmal so krank davon, dass ich fürchte, es wird einmal nicht weitergehen.
Ich möchte Dir zum Schluss noch sagen, – das Blatt, das Du in mein Medaillon gegeben hast, ist nicht verloren, auch wenn es schon lange nicht mehr drinnen sein sollte; ich denk an Dich und hör Dir noch immer zu.
Ingeborg.
5 Ingeborg Bachmann an Paul Celan, Wien, Ende Mai / Anfang Juni 1949 (?), abgebrochener Briefentwurf
Paul, lieber Paul,
ich hab Sehnsucht nach Dir und unserem Märchen. Was soll ich tun? Du bist so weit weg von mir, und Deine Kartengrüsse, mit denen ich bis vor kurzem so zufrieden war, sind mir nicht mehr genug.
Gestern bekam ich durch Klaus Demus Gedichte von Dir, die ich nicht kannte, auch drei aus letzter Zeit. Ich kann's kaum ertragen, dass sie auf solchem Umweg zu mir gekommen sind. Bitte, bitte lass das nicht zu. Es muss doch irgend etwas auch für mich da sein.
Ich kann sie besser lesen als die andern, weil ich Dir darin begegne seitdem es keine Beatrixgasse mehr gibt. Immer geht's mir um Dich, ich grüble viel darüber und sprech zu Dir und nehm Deinen fremden, dunklen Kopf zwischen meine Hände und möchte Dir die Steine von der Brust schieben, Deine Hand mit den Nelken freimachen und Dich singen hören. Es ist nichts mit mir geschehen, das mich mit einem Mal heftiger an Dich denken lässt. Alles ist wie immer, ich habe Arbeit und Erfolg, Männer sind irgendwie um mich aber es bedeutet wenig: Du, Schönes und Trübes verteilt sich auf die dahinfliegenden Tage
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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