Hirten ohne Herde - Manfred Blunk - E-Book

Hirten ohne Herde E-Book

Manfred Blunk

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Beschreibung

Der Autor beschreibt, was bei anhaltendem Mitgliederschwund aus der Kirche werden könnte, und was mit den Kirchengebäuden geschehen sollte.

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Seitenzahl: 40

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Inhaltsverzeichnis

Das Kreuz mit dem Kreuz

„Wofür leben, wozu glauben?“

Als ich 1934 geboren wurde, war der „liebe Gott“ noch ein weithin unbestrittenes Wesen, das die meisten Menschen fortwährend lobend, hilfesuchend oder fluchend im Munde führten, wenn auch keiner so recht wusste, wer oder was das eigentlich war – Gott.

Wie sich später herausstellte, hütete der für mich zuständige Himmelshirte die Schäfchen der schlichten evangelischen Kirche, deren Anbetung des Herrn sich erheblich von dem gleichen Prozedere des pompösen Christen-Vereins der Katholiken unterschied. Damit, wie auch mit der Götterverehrung anderer Religionen, hatten meine pommerschen Luther-Leute nichts am Hut.

Damals war es in unserer Gegend allgemein üblich, dass sich Brautpaare kirchlich trauen ließen, so auch meine Eltern. Aber als das Paar vor dem Altar stand, war ich schon eine Weile unterwegs. Folglich entschlüpften dem Pastor einige Worte wie Unzucht, Keuschheit und dergleichen, die vor allem meiner Mutter galten.

Doch meine Eltern nahmen dem Seelenhirten das nicht weiter übel und ließen mich – als ich dann da war – von dem Keuschheitsapostel taufen. Sie entschieden also für mich, als ich kaum denken konnte, was ich glauben sollte. Von all dem habe ich natürlich überhaupt nichts mitbekommen, das hat mir alles meine Mutter erzählt.

Die Jahre gingen ins Land und ich ging schon eine Weile zu Lehrer Hannemann in die Korswandter Schule. Anfangs hatten wir noch Religionsunterricht. Aber bald schien es mir, als wäre da neben Gott im Himmel noch so eine Art Gott auf Erden. Von dem war oft die Rede und er hielt auch selbst markige Reden: der Führer.

Adolf Hitler, ein österreichischer Katholik, war deutscher Reichskanzler geworden und hatte nicht lange nach der „Machtergreifung“ einen Krieg gegen Polen vom Zaune gebrochen, der sich schnell ausweitete. Da die deutsche Wehrmacht zunächst von Sieg zu Sieg eilte, hatte einer von Hitlers Generälen den Führer „Größter Feldherr aller Zeiten“ genannt; daraus machte der Volksmund kurz und treffend den „Gröfaz“.

Größter Feldherr war der Gröfaz ganz bestimmt nicht, wie wir heute wissen, grausamster schon eher. Hitler verlor seinen Raubmordkrieg, stürzte die meisten der betroffenen Völker in tiefes Elend und entzog sich seiner Verantwortung durch feigen Selbstmord.

Viele Menschen, vor allem im Osten Deutschlands, verloren ihre Heimat und „kehrten“ nun „heim ins Reich“, das kleiner geworden war. Unter den Vertriebenen, die auf unserer Insel Usedom eine neue Heimat fanden, waren auch etliche katholische Christen.

Angesichts großer Zerstörungen und der vielen Toten, die allenthalben zu beklagen waren, kamen bei manchen Menschen Zweifel an der Allmacht und Güte des Christengottes auf.

Ich hatte davon gehört, aber darüber nicht weiter nachgedacht, zumal ich wähnte, mir wäre in meiner frühen Schulzeit Gottes Hilfe widerfahren.

Mit einigen anderen Schülern stand ich vor der Klasse. Hannemann war drauf und dran uns seine gefürchteten drei Jagdhiebe mit dem Rohrstock zu verpassen. Doch ich betete schnell: „Lieber Gott, mach bitte, dass wir keine Schläge bekommen!“ In dem Moment ging die Tür auf, Frau Hannemann schaute herein und sagte: „Walter, kommst du mal, Telefon.“

Als der Lehrer zurückkam, den Rohrstock immer noch in der Hand, baute er sich vor uns auf, sah uns streng an und sagte: „Setzen!“ Natürlich war ich davon überzeugt, dass Gott mein Stoßgebet erhört hatte.

Gegen Ende der Schulzeit erteilte Pfarrer Jahnke uns Konfirmationsunterricht in der Zirchower Kirche. Es hieß, er sei früher Katholik gewesen. Wir kamen langsam ins Flegelalter und der Pastor hatte seine liebe Not mit uns; bisweilen ergriff ihn dann „heiliger Zorn“. Am Ende des Unterrichts wurden wir durch Darreichung eines Schluckes Wein von Jahnke eingesegnet.

Die Kirche in Zirchow. Das Kirchenschiff wurde gegen Mitte des dreizehnten Jahrhunderts errichtet, der Turm im fünfzehnten Jahrhundert angebaut. Viele meiner Vorfahren wurden hier – wie ich – getauft und eingesegnet, manche auch getraut.

Der deutsch-amerikanische Kunstmaler Lyonel Feininger aus New York hat Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts die Zirchower Kirche mehrfach gemalt.

Blick auf den Altar und das Christus-Bild

In der Zeit vor und nach meinem Konfirmandenunterricht habe ich das Innere der Kirche nicht oft gesehen. Auch meine Angehörigen sind nur selten in die Kirche gegangen, obwohl meine Großmutter mütterlicherseits eine sehr fromme Frau war.

Nachdem ich acht Jahre lang die Schulbank in Korswandt gedrückt hatte, begann ich eine Maurerlehre in Ahlbeck und besuchte dort auch die Berufsschule. Gott kam da nicht vor. Neben Rechnen und Zeichnen wurde in der Berufsschule auch Gesellschaftswissenschaft gelehrt und bald tauchte wieder ein gottähnliches Wesen auf: Stalin.

Auf den Baustellen und in der Schule kam ich ganz gut zurecht und wurde in meiner Klasse bester Maurerlehrling im 3. Berufswettbewerb der deutschen Jugend. Ich erhielt eine Urkunde mit einem Bild von Väterchen Stalin und seinem Rat, die Festung Wissenschaft zu erstürmen.

Nach der bestens verlaufenen Berufsausbildungsprüfung durfte ich versuchen, an der Arbeiter-und-Bauern-Fakultät in Greifswald das Abitur abzulegen. Inzwischen hatte sich