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VIER BRÄUTE IN LONDON von LAURENS, STEPHANIE
Wie soll Viscount Delmare bloß die Aufgabe erfüllen, über das Wohl der schönen Caroline Twinning zu wachen und sie in die High Society einzuführen? Schließlich lässt der Anblick der betörenden Dame sein Blut pulsieren. Da erfährt er, dass er nicht länger ihr Vormund sein soll! Längst ist Caroline der Mittelpunkt der Londoner Gesellschaft - und weist seine Avancen zurück. Doch der Viscount kämpft um seine große Liebe …
EIN KUSS IN ALLER UNSCHULD von LAURENS, STEPHANIE
Nach dem Tod ihres Vaters kehrt die junge Georgiana Hartley allein nach England zurück. Dankbar nimmt sie das Angebot von Dominic Ridgeley an, bei seiner Schwester in London zu wohnen. Vom ersten Augenblick an ist Georgiana hingerissen von dem attraktiven Viscount, der aus seinem Interesse an ihr keinen Hehl macht. Sie beginnt von seiner Liebe zu träumen - bis sie eine schreckliche Entdeckung macht: Dominic ist verlobt!
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Seitenzahl: 473
Veröffentlichungsjahr: 2016
Stephanie Laurens
HISTORICAL MYLADY PLATIN BAND 3
IMPRESSUM
HISTORICAL MYLADY PLATIN erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL MYLADY PLATINBand 3 - 2016 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
© 1993 by Stephanie Laurens Originaltitel: „Four In Hand“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Vera Möbius
© 1994 by Stephanie Laurens Originaltitel: „Impetuous Innocent“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Roy Gottwald
Abbildungen: PeriodImages.com, Borut Trdina, ThomasVogel / iStockphoto, alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 05/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733766467
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, MYSTERY, TIFFANY
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Das Klirren der Vorhangringe klang wie Donner. Obwohl der obere Teil des großen Vierpfostenbetts im Schatten blieb, merkte Max, dass Masterton ihn aus irgendeinem geheimnisvollen Grund zu wecken versuchte. Es konnte doch noch nicht Mittag sein?
Unter der warmen Decke, die stoppelbärtige Wange ins weiche Daunenkissen geschmiegt, überlegte Max, ob er sich schlafend stellen sollte. Aber Masterton ließ sich nicht täuschen. Manchmal schien der verdammte Kerl die Gedanken seines Herrn zu erraten, noch bevor sie diesem selbst bewusst wurden. Und er würde sicher nicht verschwinden, ehe er seinen Willen durchgesetzt hatte. Max hob den Kopf und öffnete ein Auge. Direkt in seinem Blickfeld stand der beängstigend korrekte Kammerdiener, völlig unbewegt, mit ausdrucksloser Miene.
Als Max die Stirn runzelte, beeilte sich Masterton, einem Wutausbruch zuvorzukommen und sein Anliegen vorzutragen. Nicht, dass es nur sein Problem gewesen wäre. Der einstimmige Beschluss des gesamten in höheren Positionen tätigen Personals von Delmere House hatte ihn veranlasst, die Nachtruhe Seiner Gnaden zu einem unerhörten Zeitpunkt zu stören – um neun Uhr morgens. Nur zu gut wusste er, wie gefährlich ein solches Unterfangen sein konnte. Seit neun Jahren stand er im Dienst Max Rotherbridges, des Viscounts Delmere.
Es war höchst unwahrscheinlich, dass der kürzlich erlangte Titel des Herzogs von Twyford das Temperament Seiner Gnaden in irgendeiner Weise verändert hatte. Soweit der Kammerdiener das festzustellen vermochte, schien die unerwartete Erbschaft die Gemütslage seines Herrn heftiger zu stören als irgendetwas anderes in seinem vierunddreißigjährigen Leben.
„Hillshaw bat mich, Ihnen mitzuteilen, dass eine junge Dame Sie zu sehen wünscht, Euer Gnaden.“
Eine Dame? „Nein.“ Max ließ den Kopf in die weichen Kissen zurücksinken und schloss die Augen.
„Nein, Euer Gnaden?“ Unverkennbare Verwirrung schwang in der Stimme des Kammerdieners mit. Max’ Kopf brummte. Bis zum Morgengrauen war er auf gewesen. Der Abend hatte unerfreulich begonnen. Er war gezwungen worden, einen Ball im Hause Lady Maxwells zu besuchen, seiner Tante mütterlicherseits. Auf solchen Festen ließ er sich nur selten blicken. Sie langweilten ihn. Die schmachtenden Seufzer, die sein Erscheinen all den süßen jungen Dingern entlockte, fielen ihm auf die Nerven. Es passte nicht mehr zu seinem Stil, Debütantinnen zu verführen. Immerhin war er schon vierunddreißig.
So bald wie möglich hatte er den Ball verlassen, um die versteckte Villa aufzusuchen, wo seine neueste Geliebte wohnte. Aber die schöne Carmelita war in aufsässiger Stimmung gewesen. Warum mussten solche Frauen immer so habgierig sein? Und warum bildeten sie sich ein, er sei dermaßen von ihnen hingerissen, dass er das ertrug? Es war zu einem schrecklichen Streit gekommen, und schließlich hatte er ihr unmissverständlich den Laufpass gegeben.
Von ihrer Villa war er in seinen Club gegangen, dann ins Boodles. In diesem diskreten Etablissement hatte er ein paar Freunde getroffen. An den Spieltischen waren die Stunden wie im Flug vergangen. Er hatte weder gewonnen noch verloren. Aber jetzt erinnerte ihn sein Kopf daran, dass er eine ganze Menge getrunken haben musste. Stöhnend stützte er sich auf einen Ellbogen und erwiderte in herablassendem Ton: „Wenn mich eine Frau hier zu sehen wünscht, kann sie keine Dame sein. Eine Dame würde nicht hierher kommen.“ Max glaubte, das Offensichtliche auszusprechen.
Aber der Kammerdiener starrte mit steinerner Miene auf den Bettpfosten. Seufzend presste Max die Hände an die Schläfen. „Haben Sie die Frau gesehen, Masterton?“
„Ich konnte einen Blick auf sie werfen, als Hillshaw sie in die Bibliothek führte, Euer Gnaden.“
Max kniff die Augen zusammen. Die Beharrlichkeit, mit der Masterton von einer jungen Dame redete, sprach Bände. Aufgrund einschlägiger Erfahrungen wusste das gesamte Personal den Unterschied zwischen Damen und der Sorte Frauen festzustellen, die einen Junggesellen unaufgefordert in seinem Haus aufsuchten. Und wenn sowohl Masterton als auch Hillshaw darauf bestanden, die Frau im Erdgeschoss sei eine junge Dame, dann musste es eine junge Dame sein. Trotzdem war es unvorstellbar, dass eine junge Dame um neun Uhr morgens den verrufensten Lebemann von London besuchte.
Der Kammerdiener fasste das Schweigen seines Herrn als Zeichen der Resignation auf und ging durch den großen Raum zum Schrank. „Hillshaw erwähnte, die junge Dame – eine gewisse Miss Twinning – stehe unter dem Eindruck, sie sei mit Ihnen verabredet, Sir.“
Plötzlich hatte Max das Gefühl, einen Albtraum zu erleben. Er traf nur selten Verabredungen mit irgendjemandem und ganz gewiss nicht mit jungen Damen, die er für neun Uhr morgens in sein Haus bestellte. „Miss Twinning?“ Der Name sagte ihm überhaupt nichts.
„Ja, Euer Gnaden.“ Masterton kehrte zum Bett zurück, verschiedene Kleidungsstücke über dem Arm. Max stöhnte ein letztes Mal, dann fügte er sich in sein Schicksal und stand auf.
Caroline Twinning saß in einem Lehnstuhl in der Bibliothek und las die Morgenzeitung des Herzogs von Twyford. Wenn sie irgendwelche Bedenken empfand, was die Schicklichkeit ihrer gegenwärtigen Situation betraf, so verbarg sie das sehr gut. Ihre Miene zeigte keinerlei Nervosität. Und während sie einen eindeutig verleumderischen Bericht über eine Gartenparty las, die der alternde Herzog von Cumberland mit seinem skandalösen Benehmen belebt hatte, umspielte ein sanftes Lächeln ihre vollen Lippen.
Sie freute sich sogar darauf, den Herzog von Twyford kennenzulernen. Zusammen mit ihren Schwestern hatte sie die letzten acht Monate recht vergnüglich verbracht und nach dem vorangegangenen zurückgezogenen Leben die Freiheit in vollen Zügen genossen. Aber nun war es an der Zeit, die Zukunft der Mädchen zu sichern. Und deshalb mussten sie Zugang zu der glanzvollen Welt der oberen Gesellschaft finden. Zweifellos besaß der Herzog von Twyford einen Schlüssel zu jener besonderen Tür.
Als sich Schritte näherten, hob sie zuversichtlich den Kopf. Ein Glück, dass sich der Herzog so leicht manipulieren ließ.
Max hatte sich wenig Zeit für seine Morgentoilette genommen. Seine große, kräftige Gestalt brauchte keine Hilfsmittel, um Aufmerksamkeit zu erregen. Die derzeitige Mode passte perfekt zu seinen breiten Schultern und muskulösen Schenkeln. Sein erstklassig geschnittener Frackrock saß wie angegossen, die engen Kniehosen aus Wildleder zeigten keine Falte. Eine schlichte Weste, ein perfekt geschlungenes Krawattentuch und glänzend polierte Stiefel vervollständigten das Erscheinungsbild, um das ihn viele Geschlechtsgenossen beneideten. Sein pechschwarzes Haar war sorgfältig geschnitten, und auf seinem gebräunten Gesicht hatten die Jahre keine Spuren hinterlassen, abgesehen von einem gewissen Zynismus. Außer einem goldenen Siegelring an der Hand trug er keinen Schmuck, denn er verachtete die Vorliebe mancher Zeitgenossen für solchen Zierrat.
Die Brauen über den mitternachtsblauen Augen leicht zusammengezogen, betrat er seine Bibliothek. Die junge Dame, die seelenruhig in seinem Lieblingssessel am Kamin saß und die Gazette las, faltete die Zeitung zusammen und legte sie beiseite, ehe sie aufstand und sich zu ihm wandte. Angesichts dieser unerwarteten Besucherin verschwand Max’ Missvergnügen.
Sein Albtraum hatte sich in einen Traum verwandelt. Sie war makellos, von den widerspenstigen kupferroten Locken bis zu den Spitzen ihrer winzigen Schuhe. Das Kleid, schlicht und äußerst modisch geschnitten, betonte eine schlanke Gestalt mit Rundungen genau an den richtigen Stellen. Die aprikosenfarbene Seide stand ihr ausgezeichnet. Als sein Blick zu ihrem Gesicht zurückkehrte, betrachtete er ebenso hingerissen die gerade Nase, die vollen Lippen, das unwiderstehliche Grübchen in der linken Wange. Über großen graugrünen Augen, von langen, dichten Wimpern umgeben, wölbten sich fein gezeichnete Brauen.
Dann bemerkte er ihr belustigtes Lächeln und runzelte erneut die Stirn. An eine solche Provokation war er nicht gewöhnt. „Wer sind Sie, wenn ich fragen darf?“ Zufrieden hörte er, wie scharf seine Stimme klang.
Das Lächeln vertiefte sich und entblößte eine Perlenreihe kleiner weißer Zähne. Statt seine Frage zu beantworten, erwiderte die Vision: „Ich warte auf den Duke of Twyford.“
„Ich bin der Herzog.“
„Sie?“ Das schöne Gesicht nahm einen verwirrten Ausdruck an. Beim besten Willen vermochte Caroline ihre Überraschung nicht zu verbergen. Wie konnte dieser Mann der Herzog sein? Erstens war er viel zu jung für einen Freund ihres Vaters, und außerdem sah er wie ein Lebemann aus. Der Blick, mit dem er ihre Figur gemustert hatte, wies eindeutig darauf hin. In der Gewissheit, sich unter dem Dach ihres Vormunds zu befinden, hatte sie sich bei Ankunft dieses Menschen ein amüsiertes Lächeln gestattet, im Glauben, sie sei in Sicherheit. Jetzt, wo diese tiefblauen Augen sie immer noch fixierten, kam es ihr so vor, als würde ihr der Boden unter den Füßen weggezogen.
Ihre Nervosität entging ihm nicht. „Ich bin tatsächlich der Herzog“, bestätigte er. In wachsendem Unbehagen bedeutete er seiner Besucherin, vor dem großen Mahagonischreibtisch Platz zu nehmen, während er sich auf den Stuhl dahinter setzte. Caroline folgte der Aufforderung, und Max beobachtete interessiert ihre anmutigen Bewegungen. Dabei fiel ihm ein, dass er einen Ersatz für Carmelita finden musste.
Nachdenklich betrachtete er die Schönheit, die ihm gegenübersaß, und gab Hillshaw recht. Zweifellos war sie eine Dame. Doch das hatte ihn noch nie zurückgehalten. So jung, wie er zunächst geglaubt hatte, war sie nicht. Umso besser. Und sie trug keine Ringe, was ihm merkwürdig erschien. Erneut begann es in seinen Schläfen schmerzhaft zu pochen, was ihm einen unbeabsichtigten Fluch entlockte. „Zum Teufel, wer sind Sie?“
In der zarten Wange zeigte sich wieder das Grübchen. „Mein Name lautet Caroline Twinning. Und wenn Sie wirklich der Duke of Twyford sind, dann bin ich bedauerlicherweise Ihr Mündel.“
Drückendes Schweigen folgte dieser Mitteilung. Max saß reglos da, starrte sie an, und sie ertrug minutenlang die gründliche Musterung, ehe sie belustigt die Brauen hob. Stöhnend schloss er die Augen. „Oh Gott!“
Die einzige Frau, die er nicht verführen konnte, war sein Mündel. Und er hatte bereits entschieden, dass es höchst erfreulich wäre, Caroline Twinning zu verführen. Mühsam konzentrierte er sich auf das Problem, das offenkundig auf ihn zukam, und hob die Lider. Er hoffte, sie würde seine Reaktion einer ganz natürlichen Überraschung zuschreiben. Doch das bezweifelte er, als er die immer deutlichere Belustigung in den graugrünen Augen las. „Seien Sie doch so freundlich, mir das zu erklären. In ganz schlichten Worten. Im Moment bin ich nicht in der Stimmung, Rätsel zu lösen.“
Caroline konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Sie hatte den Grund seiner schlechten Laune bereits erkannt. „Wenn Sie Kopfschmerzen haben, legen Sie sich doch einen Eisbeutel auf die Stirn. Das würde mich nicht stören.“
Er warf ihr einen angewiderten Blick zu. Sein Schädel fühlte sich an, als würde er demnächst zerspringen. Aber wie konnte sie es wagen, allen Anstand außer Acht zu lassen, das zu bemerken und auch noch zu erwähnen? Trotzdem hatte sie recht. Ein Eisbeutel war genau das, was er jetzt brauchte. Wortlos griff er zur Glocke und läutete.
Hillshaw erschien und erhielt den Befehl, einen Eisbeutel zu bringen. Das verwirrte ihn sichtlich. „Jetzt, Euer Gnaden?“
„Natürlich jetzt! Welchen Sinn hätte es später?“ Beim Klang seiner eigenen, etwas zu lauten Worte zuckte Max zusammen.
„Wie Euer Gnaden wünschen.“ Die Grabesstimme ließ keinen Zweifel an der Missbilligung des Butlers.
Nachdem die Tür hinter Hillshaw zugefallen war, lehnte sich Max zurück und presste die Hände an die Schläfen. Dann richtete er seinen Blick wieder auf Caroline. „Sie dürfen fortfahren.“
Sie lächelte wieder. Inzwischen war ihre Selbstsicherheit zurückgekehrt. „Mein Vater war Sir Thomas Twinning, ein guter Freund des alten Herzogs von Twyford – des vormaligen Herzogs –, wie ich annehme.“
Max nickte. „Mein Onkel, von ihm habe ich den Titel geerbt. Vor drei Monaten wurde er zusammen mit seinen beiden Söhnen getötet. Ich hätte nie erwartet, seinen Besitz zu übernehmen. Deshalb weiß ich auch nichts von den Arrangements, die Ihr Vater mit dem verstorbenen Herzog getroffen hat.“
Caroline wartete, bis Hillshaw den Eisbeutel auf einem Silbertablett gebracht und sich wieder zurückgezogen hatte. „Ich verstehe. Als mein Vater vor achtzehn Monaten starb, wurde meinen Schwestern und mir mitgeteilt, er habe den Herzog von Twyford zu unserem Vormund bestimmt.“
„Vor achtzehn Monaten? Und was haben Sie seither gemacht?“
„Wir blieben eine Zeit lang auf unserem Landgut. Ein entfernter Vetter hatte es geerbt und war bereit, uns eine Zeit dort wohnen zu lassen. Aber ich fand es sinnlos, mich mit meinen Schwestern für alle Zeit dort zu verkriechen. Und so überredete ich ihn dazu, uns einen Besuch bei der Familie meiner verstorbenen Stiefmutter in New York zu gestatten. Diese Leute hatten uns schon vor längerer Zeit eingeladen, und nun ergab sich eine günstige Gelegenheit. Von New York aus schrieb ich dem Herzog und versprach, wir würden uns bei unserer Rückkehr nach England bei ihm melden. Ich nannte ihm auch das Datum unserer Ankunft. In seinem Antwortschreiben schlug er mir vor, ihn heute hier aufzusuchen. Und da bin ich.“
Nun verstand Max die Zusammenhänge. Auch Caroline Twinning gehörte zu seinem unangenehmen Erbe. An ein hemmungsloses Luxusleben gewöhnt, das ein gewisses Kapital erforderte, hatte er stets dafür gesorgt, dass seine Landgüter gut und profitabel verwaltet wurden. Die Delmere-Ländereien, von seinem Vater hinterlassen, stellten ein Beispiel für vorbildliche moderne Gutsverwaltung dar. Aber sein Onkel Henry hatte sich nie besonders für seinen viel größeren Grundbesitz interessiert. Nach dem tragischen Bootsunfall, der Max unerwartet die Verantwortung für das Herzogtum Twyford auferlegt hatte, stellte er fest, dass die zahlreichen Liegenschaften dringend einer neuen Organisation bedurften, wenn sie die gewinnträchtigeren Delmere-Landgüter nicht belasten sollten. Die letzten drei Monate hatte Max hart gearbeitet, und die alteingesessenen Twyford-Verwalter versuchten, sich an den neuen Herzog und dessen völlig unterschiedlichen Stil zu gewöhnen.
Erst in dieser Woche hatte er endlich geglaubt, das Ende der Bemühungen sei in Sicht. Er hatte seinen leidgeprüften Sekretär Joshua Cummings nach Hause geschickt, wo er einen wohlverdienten Urlaub genießen sollte. Und nun begann offensichtlich das nächste Kapitel in der Saga des Twyford-Erbes.
„Sie haben Ihre Schwestern erwähnt. Wie viele sind es?“
„Eigentlich sind es meine Halbschwestern“, erwiderte Caroline. „Im Ganzen sind wir vier.“
Der beiläufige Klang dieser Antwort erregte sofort Max’ Misstrauen. „Wie alt?“
Sie zögerte merklich, ehe sie antwortete: „Achtzehn, neunzehn und zwanzig.“
„Großer Gott! Die drei Mädchen haben Sie doch nicht hierher begleitet?“
Verwirrt entgegnete Caroline: „Nein. Sie sind im Hotel geblieben.“
„Gott sei Dank!“ Als er Carolines fragenden Blick bemerkte, lächelte er. „Hätte irgendjemand sie hier eintreten sehen, würde sich blitzschnell in ganz London herumsprechen, ich wolle einen Harem in meinem Haus gründen.“
Caroline blinzelte. Sie konnte wohl kaum so tun, als hätte sie seine Worte nicht verstanden. Und als sie den seltsamen Glanz in den tiefblauen Augen des Herzogs bemerkte, fand sie es plötzlich sehr vorteilhaft, sein Mündel zu sein. Natürlich wusste sie nicht viel über die Moralbegriffe dieser Sorte von Männern, aber sie glaubte, ihre derzeitige Position würde ihr eine gewisse Sicherheit garantieren.
Was sie nicht wissen konnte – Max dachte genau das Gleiche. Und er beschloss, sich so schnell wie möglich dieser ererbten Verantwortung zu entledigen. Einerseits hatte er nicht im Geringsten Lust, als Vormund von vier heiratsfähigen Damen zu fungieren, andererseits musste er alle Hindernisse aus dem Weg räumen, der zu Caroline Twinning führte. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass sie ihre Lebensgeschichte nicht allzu detailliert erzählt hatte.
„Fangen Sie von vorn an. Wer war Ihre Mutter, und wann starb sie?“
Caroline war nicht darauf vorbereitet gewesen, ihre Vergangenheit schildern zu müssen, denn sie hatte geglaubt, ihr Vormund würde die Tatsachen kennen. Aber unter den veränderten Umständen konnte sie sich nicht weigern, die gewünschten Auskünfte zu erteilen. „Meine Mutter war Caroline Farningham, von den Staffordshire Farninghams.“
Max nickte. Eine alte, wohlbekannte und angesehene Familie.
„Sie starb kurz nach meiner Geburt“, fuhr Caroline fort. „Nach einigen Jahren heiratete mein Vater wieder, die Tochter einer benachbarten Familie, die in die Kolonien auswandern wollte. Eleanor war sehr gut zu mir und sorgte bestens für uns alle, bis sie vor sechs Jahren starb. Natürlich war mein Vater enttäuscht, weil er keinen Sohn bekam, und beachtete uns vier Mädchen kaum. Die Verantwortung für uns überließ er Eleanor.“
Je mehr Max über Sir Thomas Twinning erfuhr, desto größer wurde seine Überzeugung, dass dieser Mann nicht ganz bei Trost gewesen sein konnte. Jedenfalls war er kein besonders guter Vater gewesen. Nun, die anderen Mädchen waren natürlich nur Miss Twinnings Halbschwestern und sahen wahrscheinlich nicht so hinreißend aus. Er überlegte, ob er sich diesbezüglich bei ihr erkundigen sollte, aber da kam ihm ein anderes, ebenso interessantes Problem in den Sinn. „Warum wurde noch keine von Ihnen in die Gesellschaft eingeführt? Wenn Ihr Vater hinreichend besorgt war, um Ihnen einen Vormund zu verschaffen, wäre es doch viel einfacher gewesen, Sie alle in die Obhut von Ehemännern zu geben.“
Caroline sah keinen Grund, seine durchaus verständliche Neugier nicht zu befriedigen. „Wir debütierten nicht, weil mein Vater solche Banalitäten verachtete. Um ehrlich zu sein, manchmal dachte ich, er würde die Existenz von Frauen überhaupt missbilligen. Und was meine Zukunft betrifft – ich sollte unseren Nachbarn Edgar Mulhall heiraten.“ Unwillkürlich verzog sie angewidert das Gesicht.
Belustigt fragte Max: „Und er missfällt Ihnen?“
„Offenbar kennen Sie ihn nicht, sonst würden Sie das nicht fragen. Er ist …“ Sie rümpfte die Nase, während sie nach einem passenden Wort suchte. Schließlich fügte sie hinzu: „Er ist rechthaberisch.“
Da musste Max lachen. „Dann kommt er natürlich nicht als Ehemann infrage.“
Caroline ignorierte die Provokation in seinen blauen Augen. „Mit meinen Schwestern hätte Papa gewiss ähnliche Pläne verfolgt, aber er bemerkte nicht, dass sie ins heiratsfähige Alter kamen, und ich wollte ihn nicht darauf hinweisen.“
Miss Twinnings Genugtuung entging ihm nicht, und er nahm sich vor, sich vor ihrer Neigung zu Manipulationen in Acht zu nehmen.
„Also gut, damit wäre die Vergangenheit abgehakt. Jetzt zur Zukunft. Welche Arrangements haben Sie mit meinem Onkel getroffen?“
Unschuldig schaute sie ihn an, und er wusste nicht recht, ob sie Theater spielte. „Nun, eigentlich war es seine Idee, aber sie erschien mir sehr vernünftig. Er schlug vor, wir sollten in die Gesellschaft eingeführt werden. Sicher hatte er die Absicht, passende Ehemänner für uns zu finden und die Vormundschaft zu beenden.“ Nach einer kleinen Pause sagte sie nachdenklich: „Ich kenne das Testament meines Vaters nicht, nehme aber an, dass wir keinen Vormund mehr brauchen, wenn wir heiraten.“
„Das ist sehr wahrscheinlich“, stimmte Max zu. Das schmerzhafte Pochen in seinem Kopf hatte beträchtlich nachgelassen. Der Plan seines Onkels war sicher gut und richtig, aber er persönlich hätte lieber ganz auf diese vier Mündel verzichtet. Und er wollte verdammt sein, wenn er Miss Twinning wie ein Mündel behandelte – das würde seinem Lebensstil keineswegs entsprechen. Er wusste, dass sie ihn beobachtete, und starrte auf seinen Tintenlöscher, während er seine nächsten Schritte erwog. Schließlich schaute er sie an. „Soeben habe ich zum ersten Mal von dieser Vormundschaft gehört. Das alles muss ich mit meinen Anwälten klären. Welche Kanzlei kümmert sich um Ihre Angelegenheiten?“
„Whitney und White in der Chancery Lane.“
„Nun, das vereinfacht die Dinge wenigstens. Diese Kanzlei verwaltet auch die Twyford-Ländereien und meine anderen.“ Er legte den Eisbeutel zur Seite und runzelte leicht die Stirn. „Wo wohnen Sie?“
„Im Grillon. Gestern sind wir dort abgestiegen.“
Da kam Max noch ein anderer Gedanke. „Wovon haben Sie in den letzten achtzehn Monaten gelebt?“
„Oh, wir alle haben Geld von unseren Müttern geerbt. Davon bestreiten wir unseren Lebensunterhalt, unser väterliches Erbteil bleibt unberührt.“
Langsam nickte Max. „Und wer war für Sie verantwortlich? Sie können doch nicht allein um die halbe Welt gereist sein.“
Zum ersten Mal während dieser sonderbaren Unterredung stieg Miss Twinning das Blut in die Wangen. „Unsere Zofe und unser Kutscher, der auch als unser Bote fungiert, haben uns begleitet.“
Der beiläufige Klang dieser Antwort konnte Max nicht von diesem Problem ablenken. „Erlauben Sie mir eine Bemerkung, Miss Twinning. Als Ihr Vormund muss ich Ihnen erklären, dass ein solches Arrangement unmöglich ist. Was immer in Übersee schicklich sein mag, hier in London kann man so etwas nicht akzeptieren.“ Er hielt inne, und zum ersten Mal in seinem Leben machte er sich Gedanken über Anstandsregeln. „Wenigstens sind Sie vorerst im Grillon in Sicherheit. Noch heute Vormittag werde ich mit Whitney reden und die Sache regeln. Um zwei werde ich Sie besuchen und informieren.“ Vor seinem geistigen Auge sah er sich selbst, wie er eine schöne junge Dame in der Halle des eleganten Grillon traf, von den faszinierten anderen Gästen beobachtet. „Nein, wir fahren lieber in den Park. Da können wir ungestört reden.“ Er läutete, und Hillshaw erschien. „Lassen Sie die Kutsche vorfahren. Miss Twinning kehrt zum Hotel Grillon zurück.“
„Sehr wohl, Euer Gnaden.“
„Oh nein!“, protestierte Caroline. „Ich möchte Ihnen wirklich keine Umstände machen.“
„Mein liebes Kind“, entgegnete Max gedehnt, „meine Mündel fahren nicht in gemieteten Droschken durch London. Sorgen Sie dafür, Hillshaw.“
„Sehr wohl, Euer Gnaden.“ Hillshaw zog sich zurück, ausnahmsweise in völliger Übereinstimmung mit seinem Herrn.
Caroline las sanften Spott in den blauen Augen, die sie unverwandt betrachteten. Aber da sie durchaus couragiert war, lächelte sie heiter zurück, womit sie unwissentlich ihr Schicksal besiegelte.
Nie zuvor hatte Max eine so attraktive Frau gesehen. Irgendwie musste er diese Fesseln der Vormundschaft zerreißen. Die Stille wurde nur vom Ticken der Standuhr in der Ecke unterbrochen. Er nutzte die Gelegenheit, die ihm Miss Twinnings offensichtliche Begeisterung für die ledergebundenen Bücher hinter seinem Rücken bot, um ihr Gesicht genauer zu betrachten. Ein Gesicht, das von Humor und ruhiger Selbstsicherheit zeugte. Eigenschaften, die man bei jungen Frauen nur selten fand. Zweifellos besaß sie einen ausgeprägten Charakter. Als er die Kutsche auf der Straße vorfahren hörte, erhob er sich.
„Kommen Sie, Miss Twinning.“
Er führte sie bis zur Haustür, wo er sich höflich über ihre Hand beugte.
Dann überließ er es Hillshaw, sie zur wartenden Kutsche zu begleiten. Ehe er sich mit ihr in der Öffentlichkeit sehen ließ, musste er das Problem der Vormundschaft lösen.
Kurz nachdem Caroline Delmere House verlassen hatte, ließ Max seinem Anwalt, Mr. Hubert Whitney, mitteilen, er erwarte ihn um kurz vor elf. Hubert war der Sohn von Josiah Whitney, dem Seniorpartner der Kanzlei ‚Whitney und White‘ in der Chancery Lane, ein vertrockneter Mann von unbestimmbarem Alter, stets in korrektes Schwarz gekleidet – in jeder Hinsicht der würdige Sohn seines Vaters, der ans Bett gefesselt war. Nun kümmerte sich Hubert um die reichen Klienten.
Als Hillshaw ihn in die Bibliothek führte, seufzte er erleichtert. Nicht zum ersten Mal beglückte es ihn, dass Max Rotherbridge die diffizilen Twyford-Liegenschaften geerbt hatte. Mr. Whitney wünschte, seine anderen Klienten wären ebenso freimütig und entschlussfreudig wie der neue Herzog.
Sein Lieblingsmandant teilte ihm ohne Umschweife mit, es amüsiere ihn keineswegs, plötzlich als Vormund von vier heiratsfähigen jungen Damen zu fungieren. Zunächst wusste Mr. Whitney nicht, worum es ging. Glücklicherweise hatte er alle Twyford-Papiere mitgebracht, und dabei befanden sich auch die Twinning-Dokumente. Natürlich hätte er seinen Arbeitgeber längst über diese Zusammenhänge aufklären müssen, und er war ihm dankbar, dass er dafür keine Vorwürfe zu hören bekam. Aufmerksam studierte er Sir Thomas Twinnings Testament, und nachdem er seine Erinnerung in dieser Hinsicht aufgefrischt hatte, befasste er sich mit dem Letzten Willen des verstorbenen Herzogs.
Max stand beim Kamin und beobachtete ihn. Er mochte Whitney, der ein tüchtiger Anwalt war und nichts durcheinander brachte.
Schließlich nahm Whitney sein goldenes Pincenez von der Nase und wandte sich zu seinem Mandanten. „Sir Thomas Twinning ist vor Ihrem Onkel gestorben, und wie aus dem Testament des Herzogs hervorgeht, haben Sie alle seine Verantwortungen geerbt.“
„Also habe ich diese Vormundschaft unweigerlich am Hals.“
Hubert Whitney kräuselte die Lippen. „Das behaupte ich keineswegs. Ich nehme an, man könnte einiges daran ändern, denn Sir Thomas wünschte ganz sicher nicht, dass Sie die Vormundschaft seiner Töchter übernehmen.“ Ernsthaft schüttelte er den Kopf. „Daran gibt es wohl keine Zweifel. Andererseits – sollten Sie die Verantwortung ablehnen, wären die jungen Damen schutzlos. Gehe ich recht in der Annahme, dass sie derzeit in London sind und die Saison hier verbringen wollen?“
Man benötigte keine besondere Intelligenz, um zu erraten, worauf der Anwalt hinauswollte. Leicht verärgert, weil sein normalerweise schlafendes Gewissen geweckt worden war, trat Max ans Fenster und blickte in den Hof hinaus, die Hände hinter dem kerzengeraden Rücken verschränkt. „Großer Gott, Mann! Sie können doch wohl kaum glauben, ich sei ein geeigneter Vormund für vier junge Damen!“
Mr. Whitney traute dem Herzog alle nur erdenklichen Fähigkeiten zu, doch das behielt er für sich. „Dann bleibt noch die Frage zu beantworten, wer an Ihrer Stelle die Verantwortung für die Damen tragen soll.“
Nur widerstrebend malte sich Max aus, was vier unerfahrenen, behütet aufgewachsenen Mädchen in London zustoßen würde, wenn sie den Wölfen, die sich in den Straßen herumtrieben, auf Gedeih und Verderb ausgeliefert würden. Dieser Überlegung folgte der unangenehme Gedanke, dass er als Anführer dieses Rudels betrachtet wurde und als der allergefährlichste Wolf galt. Er konnte sich kaum weigern, Caroline Twinning als sein Mündel zu akzeptieren, und sie dann zu seiner Geliebten machen. Sogar für ihn gab es gewisse Grenzen, was seine Moralbegriffe betraf. Energisch verdrängte er seine Erinnerung an jene strahlenden graugrünen Augen und wandte sich an seinen Anwalt. „Also gut, verdammt noch mal! Was muss ich wissen?“
Mit gütigem Lächeln begann Mr. Whitney, die Familiengeschichte der Twinnings zu erzählen, wurde aber bald von Max unterbrochen.
„Das habe ich bereits erfahren. Nennen Sie Zahlen. Wie viel ist jedes dieser Mädchen wert?“
Die Zahl, die er nun hörte, veranlasste ihn, die Brauen zu heben. Für eine Weile verschlug es ihm die Sprache, dann setzte er sich hinter seinen Schreibtisch. „Jede?“
Der Anwalt nickte wortlos und erklärte dann, während der Herzog gedankenverloren vor sich hinstarrte: „Sir Thomas war ein sehr guter Geschäftsmann, Euer Gnaden.“
„Sieht so aus. Also ist jedes dieser Mädchen eine reiche Erbin?“
„Allerdings.“ Mr. Whitney konsultierte die Unterlagen, die auf seinen Knien lagen. „Natürlich wären Sie nur für die drei jüngeren Damen verantwortlich.“
Damit hatte er die ungeteilte Aufmerksamkeit seines Arbeitgebers erregt. „Wieso denn das?“
„Nach dem Testament des Vaters sollen die Damen Twinning der Obhut eines Vormunds unterstellt werden, bis sie ihren fünfundzwanzigsten Geburtstag feiern oder heiraten. Wie aus meinen Akten hervorgeht, wird Miss Twinning bald sechsundzwanzig. Also könnte sie, wenn sie es wünscht, die Verantwortung für sich selbst übernehmen.“
Erleichtert atmete Max auf. Doch dann kam ihm ein neuer Gedanke. Caroline Twinning hatte sein Interesse an ihr bemerkt. Kein Wunder, da er sich nicht bemüht hatte, es zu verbergen. Sobald sie erfuhr, dass er nicht ihr Vormund war, würde sie Abstand wahren. Aufgrund ihrer selbstsicheren Haltung war sie gewiss nicht leicht zu erobern. Also wäre es vorzuziehen, wenn sie weiterhin glaubte, seine Vormundschaft würde sie vor ihm schützen. Auf diese Weise würde es ihm nicht schwer fallen, in ihrer Nähe zu bleiben.
Er wandte sich wieder zu seinem Anwalt. „Miss Twinning kennt die Bedingungen des Testaments nicht. Derzeit glaubt sie, sie sei ebenso mein Mündel wie ihre Halbschwestern. Besteht irgendeine Notwendigkeit, sie über die veränderten Umstände zu informieren?“
Mr. Whitney blinzelte mehrmals, während er versuchte, die Motive des Herzogs zu ergründen. Vorhin hatte Max Rotherbridge deutlich bekundet, wie lästig er seine Rolle als Vormund fand. Und normalerweise zählte er nicht zu den wankelmütigen Männern.
Mühelos erriet Max die Gedanken seines Gegenübers, und er gab die plausibelste Erklärung ab, die ihm einfiel. „Ob sie nun vierundzwanzig oder sechsundzwanzig ist, sie braucht genauso meinen Schutz wie ihre Schwestern. Außerdem muss man die Frage der Schicklichkeit berücksichtigen. Wenn es allgemein bekannt ist, dass sie nicht mein Mündel ist, wäre es für sie äußerst schwierig, sich in meiner Gesellschaft zu zeigen, und da ich immer noch der Vormund ihrer Schwestern bin und die drei in einem meiner Häuser wohnen werden, könnte sich daraus eine sehr delikate Situation ergeben, meinen Sie nicht auch?“
Ausführliche Erläuterungen waren überflüssig. Mr. Whitney erkannte das Problem deutlich genug. „Da haben Sie recht, Sir. Im Augenblick sehe ich keinen Grund, Miss Twinning mitzuteilen, die Vormundschaft habe sich erübrigt. Der gegenwärtige Stand der Dinge könnte beibehalten werden, bis sie heiratet.“
Der Gedanke an Carolines mögliche Hochzeit brachte Max’ Gedanken, die sich überschlugen, vorübergehend zum Stillstand. Mit dieser unangenehmen Überlegung wollte er sich später befassen. An diesem Tag hatte er schon genug zu tun.
„Und wie wollen Sie die Angelegenheit behandeln, wenn ich fragen darf?“, erkundigte sich Mr. Whitney. Über das knifflige Problem, wie er vier junge Damen, die unter seinem Schutz standen, der Gesellschaft präsentieren sollte, ohne einen Aufruhr zu erregen, hatte Max bereits nachgedacht. „Ich werde Twyford House sofort zur Verfügung stellen. Dort sollen sie wohnen. Meine Tante, Lady Benborough, soll die Mädchen betreuen. Das wird sie sicher mit Begeisterung tun.“
Mr. Whitney, der Lady Benborough kannte, stimmte sofort zu. Seine dünnen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln.
Dann stand der Herzog auf, um das Gespräch zu beenden. Auch Mr. Whitney erhob sich. „Wenn wir Ihnen in irgendeiner Weise behilflich sein können, verständigen Sie uns bitte, Euer Gnaden.“
Um alle Risiken zu beseitigen, ersuchte Max ihn: „Wenn Sie irgendwelche geschäftlichen Angelegenheiten mit Miss Caroline Twinning zu erörtern haben, wenden Sie sich an mich, ihren Vormund. Da Sie sowohl meines als auch ihr Vermögen verwalten, dürfte es da keine Schwierigkeiten geben.“
Mr. Whitney verneigte sich. „Da bin ich ganz Ihrer Ansicht, Euer Gnaden.“
Nachdem Mr. Whitney gegangen war, gab Max seinem Majordomus Wilson mehrere Anordnungen. Darauf eilten seine Diener in verschiedene Richtungen von London – manche ins Twyford House, andere zu Agenturen, die sich darauf spezialisiert hatten, Hauspersonal an die Elite der Gesellschsaft zu vermitteln. Ein Lakai wurde mit einem kurzen Brief des Herzogs, der Lady Benborough, seine Tante väterlicherseits, um eine Unterredung bat, in die Half Moon Street geschickt.
Wie Max beabsichtigt hatte, erregte seine höflich formulierte Nachricht die Neugier seiner Tante, und sie fragte sich, was ihn veranlasst haben mochte, mit einer solchen Bitte an sie heranzutreten. Gespannt erwartete sie ihn. Kurz nach zwölf betrat Max ihr Haus. Sie trug ein hübsches Kleid aus violettem Sarsenette und eine neue, zweifellos hochmodische Perücke, der er einen schiefen Blick zuwarf, als er sich formvollendet verneigte. Augusta Benborough seufzte. „Ich werde das Ding wohl zurückschicken müssen, wenn du es so anschaust.“ Grinsend küsste er ihre Wange. „Jedenfalls gehört es nicht zu deinen Glücksfällen, Tante.“
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