Horror-Western 09: Kane und der Hexenjäger - Earl Warren - E-Book

Horror-Western 09: Kane und der Hexenjäger E-Book

Earl Warren

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Beschreibung

Texas Ranger Jack Kane und der Apache Caddo jagen den Verbrecher Lopez Concho. In Mexiko glaubt Concho sicher zu sein, weil dort sein Bruder mit seinen Bandidos die Gegend terrorisiert. Doch das ist nicht der einzige Terror, vor dem die Menschen dort Angst haben. Drei Hexen sind aus dem Reich der Toten zurückgekehrt. Vor vielen Jahren hatte man sie lebendig in einer Höhle eingemauert. Nun wollen sie sich an den Bewohnern der Stadt Moctezuma rächen.

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IN DIESER REIHE BISHER ERSCHIENEN

3801 Ralf Kor Blutmesse in Deer Creek3802 Earl Warren Manitous Fluch3803 Ralph G. Kretschmann Im Sattel saß der Tod3804 Ralph G. Kretschmann Der Fluch des Mexikaners3805 Ralph G. Kretschmann Leben und Sterben in Virginia3806 U. H. Wilken Die Nacht der Bestien3807 Anton Serkalow Die Fährte des Wendigo3808 Earl Warren Kane jagt den Ghul-King3809 Earl Warren Kane und der Hexenjäger3810 Michael Tillmann Westwärts auch die Ängste ziehen

KANE UND DER HEXENJÄGER

HORROR-WESTERN

BUCH 9

EARL WARREN

INHALT

In dieser Reihe bisher erschienen

Kane und der Hexenjäger

Über den Autor

Dieses Buch gehört zu unseren exklusiven Sammler-Editionen

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Copyright © 2023 BLITZ-Verlag  

Hurster Straße 2a,  51570 Windeck

Redaktion: Alfred Wallon

Titelbild: Mario Heyer

Umschlaggestaltung: Mario Heyer

Satz: Torsten Kohlwey

Alle Rechte vorbehalten.

www.Blitz-Verlag.de

ISBN: 978-3-7579-5554-0

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KANE UND DER HEXENJÄGER

„Du weißt nicht, was du tust, Desperado“, sagte der weißhaarige alte Yaqui. „Diese Höhle ist verflucht. In das Verlies wurden die Hexenschwestern Amalfi eingemauert. Willst du, dass die Hexenplage wieder über das Land kommt, wenn wir es aufbrechen?“

Gasparo Guzman spannte den Hammer des Revolvers. Er war ein hochgewachsener Mexikaner mit einem goldbestickten, schwarzen Charroanzug. Eine Peitsche hing an seinem Revolvergurt.

„Verfluchter Yaqui, verschone mich mit deinem Aberglauben! In diesem Verlies ist ein Schatz, ich will ihn haben. Los, ihr Hunde, fangt an mit der Arbeit, sonst knalle ich euch nieder.“

Die beiden Yaquis, der junge und der alte, wagten keinen Widerstand. Gasparo Guzman war als Desperado, Pistolero und skrupelloser Killer bekannt. Es hieß, dass er mehr als dreißig Männer umgebracht hatte. Die Spitzhacken der Yaquis schlugen gegen die Mauer. Zwei in Felsspalten steckende Fackeln beleuchteten die Szene. Die halbnackten Yaquis arbeiteten im Schweiß ihres Angesichts, von Guzmans Revolver bedroht. Nach einiger Zeit hatten sie ein Loch in die Mauer geschlagen. Sie wollten verschnaufen, aber der Desperado ließ es nicht zu. Die Peitsche knallte, der jüngere Yaqui schrie auf.

„Herr, ich beschwöre Euch, zwingt uns nicht, weiterzumachen!“, rief der ältere Yaqui. „Die Hexenschwestern werden über uns kommen. Sie wurden vor hundertfünfzig Jahren eingemauert. Ihre Knochen sind längst vermodert. Los, ihr abergläubischen, roten Narren, ich will das Gold! Versteht ihr?“

Guzmans Stimme hallte gespenstisch in der Höhle wider. Die Yaquis nahmen die Arbeit wieder auf, denn sie wussten, dass er in seiner wütenden Gier zu allem imstande war. Sie erweiterten die Öffnung, und plötzlich rutschte die ganze Mauer zusammen. Staub wallte auf, die Männer mussten niesen. Gasparo Guzman packte eine Fackel.

„Los, ihr geht vor mir her“, befahl er den Yaquis.

Sie drangen in das Verlies ein. Es war größer, als Guzman angenommen hatte. Im Vordergrund lagen drei Skelette nahe beieinander, im Tod noch hielten sie sich umschlungen. Ein paar lange Haare hafteten an den Schädeln, Kleiderfetzen hingen an den Knochen.

„Die drei Hexen“, flüsterte der ältere Yaqui, als fürchte er jemanden zu wecken, wenn er laut sprach.

„Dummes Zeug!“

Guzman schlug mit der Peitsche zu, er traf das Bein eines Skelettes.

„Au!“, schrie eine Frauenstimme.

Der Desperado und die Yaquis erschraken.

„Lasst uns fliehen!“, flehten die Yaquis.

Ihre Gesichter waren grau vor Furcht. Aber Gasparo Guzman war ein Mann, dem das Wort Angst fremd war. Als Fünfzehnjähriger bereits hatte er in der großen Revolution auf der Seite von Benito Juarez mitgekämpft, und seitdem lebte er von der Waffe und mit der Gefahr. Ihn konnte auch Unheimliches nicht abschrecken.

„Wenn ihr zu fliehen versucht, schieße ich euch nieder“, sagte er grimmig zu den Yaquis. „Wer weiß, was das für ein Geräusch war. Irgendwo hier muss das Gold versteckt sein, der Schatz der Amalfis.“

Er schaute auf die Skelette. Sie lagen wie zuvor. Der Desperado und die beiden Yaquis gingen weiter in das Verlies hinein, das nichts anderes war als eine Seitenhöhle. Der Fackelschein fiel auf einen Berg übereinandergestapelter Kisten. Guzmans Augen funkelten gierig.

„Öffne ein paar Kisten“, befahl er dem älteren Yaqui.

Der Indianer mit dem weißgrauen schulterlangen Haar gehorchte. Von drei übereinandergestapelten Kisten zog er die oberste herunter, sie krachte hart auf den Felsboden, das morsche Holz zerbrach. Im Fackelschein leuchteten goldene Becher, Schmuckstücke und Münzen auf.

Lachend packte Guzman einen reich mit Diamanten besetzten goldenen Zierdolch.

„Ich habe den Schatz!“, rief er. „Und niemand wird es schaffen, ihn mir wieder wegzunehmen. Ich bin der schnellste Revolvermann zu beiden Seiten des Rio Grande, keiner soll es wagen, mir in die Quere zu kommen.“

„Wie überzeugt er von sich selbst ist“, sagte eine Frauenstimme und lachte. „Es ist immer das gleiche mit den Männern, wenn sie stärker und gefährlicher sind als andere und gefürchtet werden, bilden sie sich alles Mögliche ein.“

„Was für eine merkwürdige Waffe er hat“, sagte nun eine andere Frauenstimme. „Das ist keine Pistole, wie wir sie kannten. Es muss einige Zeit vergangen sein, seit diese elenden Bastarde uns eingemauert haben.“

„Er ist ein hübscher Kerl“, meinte eine dritte Frauenstimme. „Er könnte mir gefallen, auf schöne Halunken und Banditen war ich von jeher scharf.“

Die Yaquis zitterten an allen Gliedern wie Espenlaub. Guzman ließ den Zierdolch fallen und schnappte mit einer schnellen Bewegung den Remington heraus.

„Wer spricht da?“, fragte er. „Was hat das zu bedeuten? Los zeigt euch, oder ich suche euch und schieße sofort, wenn ich euch finde.“

„Auf ihn wirst du verzichten müssen, Amparo“, sagte die unsichtbare Frau, die zuerst gesprochen hatte. „Oder glaubst du, dass du in deiner jetzigen Gestalt viel mit ihm anfangen kannst?“

„Wir brauchen sein Blut, damit wir unsere Körper wiederbekommen“, sprach die zweite Sprecherin. „Er soll unseren Dank bekommen, dass er uns befreit hat. Den Todeskuss von Rosita, Cayetana und Amparo Amalfi.“

„Die drei Hexen!“, schrien die Yaquis und fielen auf die Knie. „Jesus Christus, Manitou und Wakonda, seid uns gnädig und steht uns bei. Das haben wir nicht gewollt.“

„Verdammter Mummenschanz!“, knurrte Guzman und schob das Kinn vor.

Er sah eine Bewegung im Dunkel des Verlieses. Etwas kam näher, erreichte den Rand des Lichtscheins. Selbst dem harten und furchtlosen Gasparo Guzman entfuhr ein Aufschrei.

Vor ihm standen drei Skelette, die Skelette der Hexenschwestern. In ihren Augenhöhlen funkelte es rot, die Knochenhände waren wie Klauen vorgestreckt. Zähne bleckten im Fackellicht.

Die Yaquis wichen zur Seite, verschwanden im Dunkel und eilten leise davon. Gasparo Guzman achtete nicht auf sie, seine ganze Aufmerksamkeit galt den drei Skeletten.

„Was wollt ihr?“, ächzte er.

„Dein Blut“, kicherte das eine Skelett. „Was denn sonst? Komm her, mein Süßer, und lass dich umarmen.“

„Kommt nicht näher, ich schieße.“

Das übermütige Lachen von drei Frauen erklang, die Skelette rückten näher. Gasparo Guzman schoss, die Schüsse krachten, als wollten sie das Höhlengewölbe zersprengen. Der Desperado war sicher, das Rückgrat mindestens eines Skelettes und die drei Schädel getroffen zu haben, aber er sah keine Wirkung seiner Kugeln. Das mittlere Skelett schleuderte ihm etwas vor die Füße, sechs verformte Bleistückchen waren es, die Kugeln, die Guzman abgefeuert hatte. Sie kollerten über den Boden. Die Skelette fassten nach dem Desperado, zum ersten Mal in seinem Leben empfand er Angst. Höllische, erbärmliche Todesangst. Es war ihm, als würden seine Knochen zu Wasser, und alle Kraft schwinde aus seinen Beinen. Er warf einem Skelett den Remingtonrevolver an den Kopf und zog das Messer. Mit Messer und Fackel bemühte er sich, die Skelette abzuwehren. Sie umtanzten ihn wie kokette Frauen, sie zausten und zerrten ihn und wichen der Fackel aus. Aber mehr aus Mutwillen als aus Angst.

„Was sträubst du dich denn so, Amigo, magst du die schöne Amparo nicht?“

„Holla, Hombre, komm in die Arme deiner Cayetana.“

„Willst du Rosita nicht küssen? Was schaust du so grimmig, mach doch ein vergnügtes Gesicht. So jung kommen wir nicht mehr zusammen.“

Die Frauenstimmen kreischten und lachten. Guzman brach der Schweiß aus. Er hatte nicht mehr gebetet, seit er ein Kind gewesen war, doch jetzt besann er sich darauf.

„Heilige Jungfrau von Hermosillo, bewahre mich vor diesem Höllenspuk!“ Er stieß mit der Fackel nach einem Skelett und hieb mit dem Messer zu. „Nie wieder will ich einen Revolver anfassen, ich schwöre es. Ich will ein anständiger Mensch werden, wenn du mir hier nur heraushilfst.“

„Mach das bloß nicht!“, rief die Stimme, die der Hexe Rosita gehörte. „Dann wärst du längst nicht mehr so sympathisch.“

Ein Skelett packte Guzmans Arm, er fühlte Eiseskälte durch seine Adern rasen. Ein anderes Skelett entwand ihm die Fackel und schleuderte sie weg, weit entfernt fiel sie zu Boden. Das dritte nahm Guzman das Messer ab. Der Desperado riss sich los und versuchte zu flüchten, aber die Skelette holten ihn ein. In der Dunkelheit sah er nur das Glühen ihrer Augenhöhlen. Lachend und kreischend packten sie ihn, wenn er zu beten versuchte oder die Heiligen um Hilfe anrief, fluchten sie und kreischten Obszönitäten. Kalte Knochenfinger berührten ihn, er wurde gezaust und gezerrt. Im Nu rissen sie ihm die meisten Kleidungsstücke vom Leib. Schon war sein Oberkörper nackt.

„Nein!“, brüllte Gasparo Guzman. „Nein, lasst mich.“

Ein Skelett umarmte ihn, riss ihn zu Boden. Es kam auf ihn zu liegen, die Beine umklammerten ihn.

„Ach, mein Geliebter“, höhnte eine Frauenstimme, „komm zu deiner kleinen Amparo.“

Die anderen beiden Skelette wollten sich ausschütten vor Lachen. Der Desperado brüllte verzweifelt um Hilfe. Schon spürte er scharfe Zähne an seinem Hals, in der linken Armbeuge und an der Schulter. Er wusste, dass er nicht mehr lebend aus der Höhle entkommen konnte. Die teuflischen Skelette der drei Hexen würden ihn zerfleischen. Er brüllte noch lauter, als er den ersten Biss spürte.

* * *

Vor zwei Tagen hatten Jack Kane und der Apache Caddo den Rio Grande bei El Paso überquert. Jetzt näherten sie sich der kleinen Stadt Moctezuma, sie ritten auf der Fährte des flüchtigen Banditen Lopez Concho. Er hatte in Texas ein paar Postkutschen und eine Bank überfallen und mehrere Menschen erschossen, und er hatte eine junge Apachin vergewaltigt und ermordet, eine entfernte Verwandte von Caddo. Jack Kane trug seinen Texas-Ranger-Stern in der Tasche, hier in Mexiko hatte er keine offizielle Befugnis. Er verfolgte Lopez Concho als Privatmann, genau wie Caddo.

Es war später Nachmittag, ein paar Bussarde kreisten am blauen Himmel über der Sierra. Kane und Caddo ritten den schmalen Bergweg entlang. Plötzlich hörten sie fernen Hufschlag, dann kam ein Reiter vor ihnen um die Wegbiegung. Sein Pferd war abgetrieben und stolperte. Es brach in die Knie. Der Reiter kam geschmeidig aus dem Sattel, er verlor dabei den Hut. Langes schwarzes Haar flutete um die Schultern. Kane sah ein hübsches Gesicht mit großen, dunklen Augen und eine schlanke Gestalt mit weiblichen Rundungen. Er erkannte, dass er ein Mädchen vor sich hatte.

Verfolger waren hinter ihr her, Hufgetrappel und Rufe waren zu hören. Das Mädchen sah sich gehetzt um, dann rannte es auf Kane und Caddo los. Angst und Panik standen in ihrem Gesicht geschrieben. Die beiden unverhofft aufgetauchten Männer waren ihre letzte Hoffnung.

„Helft mir, so helft mir doch, das Aufgebot des Hexenjägers ist hinter mir her. Ich bin unschuldig, ich bin keine Hexe, und ich will nicht gefoltert und verbrannt werden.“

Kane und Caddo wechselten einen Blick, sie zügelten die Pferde und zogen die Gewehre aus den Scabbards. Das Mädchen klammerte sich verzweifelt an Kanes Steigbügel, flehend sah sie zu ihm auf.

„Jago Tigar ist eine Bestie“, rief sie. „Ich darf ihm nicht in die Hände fallen.“

„Wer ist Jago Tigar?“, fragte Kane.

„Der Hexenjäger. Der Alkalde hat ihn herkommen lassen.“

Da kamen die Verfolger um die Biegung. Es waren vier Männer, Mexikaner mit großen Sombreros. Zwei hatten Patronengurte über der Brust, einer trug eine Machete am Sattel. Hart zügelten sie die Pferde, als sie sahen, dass sie nicht das Mädchen allein vor sich hatten. Ihr Pferd hatte sich wieder aufgerichtet, mit hängendem Kopf stand es da. Die Mexikaner berieten kurz und ritten dann im Schritt näher. Einer von ihnen, ein hagerer Bursche mit großem Adamsapfel und stechenden Augen, trug den Revolver in einer blauen Schärpe, die er um den Leib geschlungen hatte.

„Wir wollen dieses Mädchen nach Moctezuma bringen“, sagte er mit unangenehm plärrender Stimme. „Misch dich da nicht ein, Gringo. Und du auch nicht, Rothaut.“

Kane und Caddo sprachen Spanisch so gut wie die Mexikaner. Sie hatten die Gewehre in der Armbeuge und zielten auf niemanden, aber das konnte sich rasch ändern. Jack Kane verstand mit seiner Winchester Rifle genauso gut umzugehen wie Caddo mit seiner Remington.

„Was hat das Mädchen verbrochen?“, fragte der Ranger.

„Das geht dich nichts an. Gib sie heraus!“

„Erst wenn ich weiß, was sie angestellt hat und was ihr mit ihr vorhabt.“

„Nimm dich in Acht, wir sind zu viert.“

„Nimm lieber du dich in Acht. Entweder ihr redet, oder ihr kriegt das Mädchen nicht.“

„Aber Señor, warum wollen Sie sich unnötige Schwierigkeiten aufhalsen?“

Der hagere Mexikaner zog den Sombrero vom Kopf und deutete eine Verbeugung an. Er hielt den Sombrero in der linken Hand und verdeckte damit den Revolvergriff und die Rechte. Kane kannte den Trick, als er die geringfügige Bewegung der Schulter des Mexikaners sah, schwenkte er den Gewehrlauf herum und schoss ihn in den Arm. Der Mexikaner brüllte auf und ließ den Sombrero fallen. Die andern drei wollten zu den Waffen greifen, aber schon hatte Kane durchgeladen. Sie sahen in die Gewehrmündungen von Kane und Caddo.

„Besser, ihr versucht es nicht“, sagte der große Apache mit der Boxernase kehlig.

Der verwundete Mexikaner fluchte und stöhnte, er presste die linke Hand auf die Schusswunde. Sein Arm baumelte schlaff herab, als sei er nur noch ein lebloses Anhängsel.

„Der Gringo hat mir den Arm zerschossen“, stöhnte er zwischen zusammengebissenen Zähnen. „Ich werde ihn nie mehr gebrauchen können.“

„Dein Pech, wenn es so ist“, sagte Kane. „Dann kannst du auch nicht mehr heimtückisch Leute erschießen!“

Der Schmerz trieb dem Verwundeten das Wasser in die Augen. Einer seiner Begleiter, ein untersetzter Mann mit einem Drei-Tage-Bart, deutete anklagend auf das Mädchen.

„Juana Mercado ist eine Hexe“, rief er. „Ihr begeht ein Verbrechen, wenn ihr sie in Schutz nehmt. Sie und ihresgleichen sind schuld an der Hexenplage, die seit kurzer Zeit in diesem Landstrich wütet. Es sind schon schlimme Dinge passiert, und wenn die Hexenbrut nicht ausgerottet wird, sind wir alle verloren.“

Kane überlegte, er wollte der Sache auf den Grund gehen. „Wir wollten ohnehin nach Moctezuma“, sagte er. „Wir nehmen das Mädchen mit. Ihr reitet vor uns her. In Moctezuma werden wir uns anhören, was gegen das Mädchen vorgebracht wird, und welche Beweise vorliegen.“

„Bitte“, flehte das Mädchen. „Nicht nach Moctezuma. Ihr kennt Jago Tigar nicht, bei ihm gesteht jede alles. Er will mich brennen sehen, und er wird euch einfach umbringen, wenn ihr ihm Schwierigkeiten macht.“

„Uns haben schon mehr Leute umzubringen versucht“, sagte Jack Kane. „Hab’ keine Angst, Juana, und sitz hinter mir auf. Ich will mir ansehen, was in Moctezuma vor sich geht und was es mit dieser Hexenplage auf sich hat.“

* * *

Die Sonne sank hinter der Sierra und ließ die Berggipfel erglühen. In der kleinen Stadt, die wie das Tal nach dem letzten Aztekenherrscher benannt war, hämmerte der Schmied Juarez auf das glühende Eisen ein. Er schuftete seit dem Morgengrauen, mit harter Arbeit wollte er sich von seinen Sorgen und seinem Kummer ablenken. Jetzt war sein Körper erschöpft, die Muskeln schmerzten und die Glieder waren schwer wie Blei. Doch die quälenden Gedanken wichen nicht. Juarez war ein Halbblut, ein bulliger Mann, der auf den ersten Blick korpulent erschien. Doch es war kein faules Fett, was er da mit sich herumtrug, es waren eisenharte Muskeln und festes Fleisch. Juarez wog über zwei Zentner, er war sechs Fuß groß.

Seine Frau kam in die Schmiede.

„Wie lange willst du noch hämmern, Juarez? Es hat schon zu Abend geläutet. Glaubst du, du kannst vergessen, wenn du dich in deine Arbeit wühlst?“

Juarez wischte mit der rußigen Hand übers Gesicht. „Nein“, sagte er dumpf. „Ständig muss ich an Dolores denken, unsere Tochter. Seit zwei Tagen ist sie in der Gewalt des Hexenjägers im Gefängnis. Was mag er ihr angetan haben? Mit diesen meinen Händen könnte ich Jago Tigar erwürgen.“

„Schweig, Mann, wenn dich jemand hört. Du versündigst dich, unsere Tochter steht im Verdacht, eine Hexe zu sein, eine Buhlerin des Satans und ein Geschöpf der Hölle. Jago Tigar, der Hexenjäger, aber ist ein Werkzeug der Vorsehung.“

Bitter lachte der Schmied auf. Es dämmerte nun, in der Schmiede an der Seitenstraße zur Plaza, die nach vorn offen war, wurde es düster. Das Feuer in der Esse glühte.

„Jago Tigar ein Werkzeug der Vorsehung? Eine Bestie ist er. Hast du nicht gehört, was er bei seiner letzten Hexenjagd in Sonora drüben getan hat? Mit glühenden Eisen wurden die Verdächtigen gefoltert, ihre Glieder gebrochen und glühende Eisenschuhe an ihre Füße gezogen, bis sie gestanden. Jago Tigar ist sehr erfinderisch im Ausdenken neuer Foltern. Prozeduren wurden vorgenommen, so scheußlich, dass man sie nur flüsternd Menschen weiter zu erzählen wagt, die man sehr gut kennt und denen man vertraut.“

Hufschlag ertönte auf der Straße. Vier Reiter kamen vorbei. Es waren Mexikaner, der rechte Arm des einen war verbunden und hing schlaff herab. Juarez kniff die Augen zusammen, um die Reiter in der Dämmerung zu erkennen.

„Das ist doch das Aufgebot des Hexenjägers. Der Hagere ist sein Helfer Lazaro Monin, er ist verwundet. Was mag da geschehen sein?“

Hinter der kleinen Gruppe kamen zwei weitere Reiter, ein Mädchen saß hinter dem vorderen auf dem Pferd. Es war ein Gringo, der zweite Reiter war ein Indianer. Der Gringo ritt einen edlen Morganhengst. Der große hagere Reiter saß locker im Sattel, obwohl er sicher einen langen Ritt hinter sich hatte. Er trug einen schwarzen Stetson und die übliche Kleidung eines Reiters der Grenze, der Indianer hatte ein rotes Tuch um den Kopf gewunden. Trotz der Abendkühle trug er nur eine Lederweste auf dem muskulösen Oberkörper, er führte ein reiterloses Pferd am Zügel.

Juarez erkannte das Mädchen, das hinter dem Gringo auf dem Morgan-Hengst saß.

„Das ist Juana Mercado“, sagte er. „Sie haben sie zurückgebracht. Gott sei ihr gnädig.“

Die Frau des Schmiedes bekreuzigte sich. Sie entzündete die Laterne und kehrte in die Hütte hinter der Schmiede zurück. Juarez hämmerte weiter. Verbissen versuchte er den quälenden Gedanken zu entgehen. Er wollte erst aufhören zu arbeiten, wenn er so erschöpft war, dass er nach dem hastig hinuntergeschlungenen Essen wie ein Klotz ins Bett fiel und auf der Stelle schlief.

Er wollte nicht wieder die ganze Nacht das Weinen und die Gebete seiner Frau hören.