Dorian Hunter 165 - Earl Warren - E-Book

Dorian Hunter 165 E-Book

Earl Warren

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Beschreibung

Ich weihte Matthias in seine Bestimmung ein, gegen die Mächte des Bösen zu kämpfen. Der Schleier wich von seinem Unterbewusstsein. »Ich habe kein Recht, mich hier zu verkriechen, während die Schwarze Familie immer mehr Schrecken verursacht«, sagte er. »Wir müssen gegen sie vorgehen.« Ich stimmte zu. Vor allem war es nötig, bei Magdeburg einzugreifen, wo sich die Apokalyptischen Reiter zu ihrem dämonischen Raid treffen wollten. Magdeburg durfte nicht brennen ... Der Plan Asmodis und der Apokalyptischen Reiter, das Zeitalter der Finsternis einzuläuten, nimmt konkrete Formen an. Werden Coco Zamis und Matthias Troger den dämonischen Raid verhindern können? Erstmals wird der Zyklus um Cocos Zeitreise, den Earl Warren in den 1980er Jahren konzipierte, komplett im Romanheft veröffentlicht!


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Seitenzahl: 171

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

DER DÄMONISCHE RAID

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen gewidmet, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor. Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es dem »Dämonenkiller«, ihnen die Maske herunterzureißen.

Bald kommt Dorian seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit dem Teufel, der ihm die Unsterblichkeit sicherte. Um für seine Sünden zu büßen, verfasste de Conde den »Hexenhammer« – jenes Buch, das im 16. Jahrhundert zur Grundlage für die Hexenverfolgung wurde. Doch der Inquisition fielen meist Unschuldige zum Opfer; die Dämonen blieben ungeschoren. Als de Conde selbst der Ketzerei angeklagt und verbrannt wurde, ging seine Seele in den nächsten Körper über. So ging es fort bis in die Gegenwart. Dorian Hunter begreift, dass es seine Aufgabe ist, de Condes Verfehlungen zu sühnen und die Dämonen zu vernichten.

Als Rückzugsort in seinem Kampf bleibt Dorian neben der Jugendstilvilla in der Baring Road in London noch das Castillo Basajaun in Andorra, in dem er seine Mitstreiter um sich sammelt – darunter die ehemalige Hexe Coco Zamis, die aus Liebe zu Dorian die Seiten gewechselt hat. Nach der Geburt ihres gemeinsamen Sohnes Martin hat Coco diesen zum Schutz vor den Dämonen an einem Ort versteckt, den sie selbst vor Dorian geheimhält.

Auf der Suche nach dem Erbe des Hermes Trismegistos findet Dorian den Steinzeitmenschen Unga, der Hermon gedient hat und sich nach seinem Erwachen schnell den Gegebenheiten der Gegenwart anpasst. Die Invasion der Janusköpfe von der Parallelwelt Malkuth wird mit Dorians Hilfe abgewehrt. Hermes Trismegistos wird klar, dass er für das Entstehen der Psychos auf Malkuth verantwortlich ist. Um zu büßen, geht er durch eins der letzten Tore nach Malkuth.

Die Vampirin Rebecca, eine Jugendfreundin Cocos, greift nach der Macht in der Schwarzen Familie und fordert den Erzdämon Luguri, den derzeitigen Fürsten der Finsternis, heraus. Durch unvorhersehbare Umstände wird Coco in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges verschlagen. Sie gibt sich als Jana Collandt aus und lernt Matthias Troger, die sechste Inkarnation des Dämonenkillers, und dessen Geliebte, die Hexe Geneviève de Rohan, kennen. Aber auch die Dämonen, ihr Fürst Asmodi I. und seine Apokalyptischen Reiter sind in dieser Zeit aktiv. Dank Cocos Hilfe kann Matthias den Marchese Ottavio Arras – unter diesem Namen tritt der Januskopf Olivaro in jener Zeit auf – und den Gevatter Tod im Duell besiegen. Es gelingt, eine Dämonin gefangen zu nehmen, die den Großen Plan Asmodis verrät: Ein dämonischer Raid bei Magdeburg soll das Zeitalter der Finsternis einläuten.

In der Gegenwart gerät das Castillo Basajaun immer stärker in Bedrängnis. Luguri will den Stützpunkt der Bruderschaft unter allen Umständen vernichten.

DER DÄMONISCHE RAID

von Earl Warren

Vergangenheit, 1630 – 1631, Coco Zamis

Wir begruben den Kaplan auf dem Schlossfriedhof. Berthold Schaber würdigte seine Verdienste. Ich dachte: Hättest du weniger gebetet und mehr aufgepasst und gekämpft, könntest du heute noch leben. Krähen flogen am Winterhimmel. Mummelsee, Felder, Wald und die Schlossruine auf der anderen Seite des Sees waren verschneit im Jahre 1630 des Herrn, falls es dessen Jahr war. Wir hatten unsere Wunden versorgt, auch ich hatte ein paar Schrammen. Eine am Busen hexte ich weg und behandelte die Stelle zusätzlich mit Kräutertinktur, damit keine Narbe blieb. Meine Schönheit wollte ich mir nicht verunstalten lassen.

Asmodi ließ sich nicht mehr blicken. Seine Horrorschar hatten wir besiegt, die Überlebenden waren abgezogen. Ganz geheuer war es in der Umgebung des Schlosses nicht. Im Wald konnten Werwölfe lauern. Feindliche Söldnerhaufen, Plünderer und Marodeure mochten den Weg in die Baronie finden. Wir blieben im Schloss. Wochen verstrichen, ohne dass sich noch einmal ein dämonischer Angriff ereignete.

1. Kapitel

Die Weltgeschichte nahm ihren Lauf, wie ich es gelernt hatte und mir ins Gedächtnis zurückrief. Im Frühjahr landete die Schwedische Armee auf der Insel Usedom in der Ostsee und eroberte sie. Dann ging es hinüber nach Pommern, wo Gustav Adolf sich als Meister der Feldherrnkunst zeigte und es eroberte. Als Führer der Protestantischen Union schlug er alle Feinde zurück. Der Krieg in Pommern wütete so verheerend, dass von der Bevölkerung nur ein Drittel am Leben blieb. Seuchen und Hungersnöte wüteten nicht nur in Pommern, sondern auch in anderen Teilen des vom Großen Krieg heimgesuchten Europa.

Ich wusste, wem sie zu verdanken waren: Brutus Marte und Furian Mord schürten den Hass und die Kämpfe. Ottavio Arras, der inzwischen genesen war, intrigierte und sorgte für den Verrat. Gevatter Tod, wieder ein Schreckgespenst, verbreitete seine Seuchensaat. Würger Schmalhans ritt klapperdürr auf seiner Schindmähre übers Land, ihm folgte die Hungersnot. Im letzten, harten Winter waren viele Menschen verhungert. Verheerende Nachrichten über das Kriegsgeschehen in Pommern erreichten die kleine Baronie Mummelsee.

»Maikäfer, flieg, dein Vater ist im Krieg«, sangen die Kinder, als ich im Frühling durch ein Dorf in der Nähe ritt. »Deine Mutter ist in Pommerland, Pommerland ist abgebrannt. Maikäfer, flieg, dein Vater ist im Krieg.«

Es überlief mich. Tränen liefen mir über die Wangen, denn ich mochte mich nicht zurückhalten mit meinen Gefühlen wie manche Menschen, die alles in sich hineinfraßen und das für ein Zeichen von Stärke hielten. Die armen Kinder, dachte ich. In was für einer Zeit mussten sie aufwachsen und leben? Wie tief hatte das grausige Geschehen schon ihre kleinen Seelen vergiftet.

Die Kurfürsten zwangen den Kaiser Ferdinand II zur Entlassung Wallensteins. Ottavio Arras, für Lüge und Verrat sorgend, hatte die Hand im Spiel. Wallenstein würde wiedergeholt werden, wenn sich die Zeitlinie nicht änderte. Jetzt war die Kaiserliche Armee, die Katholischen von der Liga, unter den Oberbefehl Tillys gestellt.

Wir sprachen oft in kleinem Kreis im Schloss über politische Fragen und über das Kriegsgeschehen. Matthias Troger, Geneviève und ich waren uns einig, dass die Glaubensfragen nur vorgeschoben waren. Das sah man unter anderem schon daran, dass der König von Frankreich, eigentlich erzkatholisch, mal mit der einen und mal mit der anderen Seite paktierte. In Wirklichkeit war es ein mit brutalster Härte ausgetragener Machtkampf, der, so oder so, das Gesicht Europas vollständig verändern würde.

Wenn Asmodis Großer Plan gelang, kam alles noch viel schlimmer und war es zweitausend Jahre lang Nacht in Europa. Man konnte an der Menschheit verzweifeln, wenn man die Gräuel hörte, die sich allerorten zutrugen. Die Menschen steigerten sich in ihre Grausamkeit und die Barbarei hinein. Die Dämonen peitschten sie dabei noch an und hatten eine böse Freude an ihrem Wirken. Ihre Saat ging auf. Zurzeit sah es aus, als ob der Fürst der Finsternis siegen würde. Die Apokalyptischen Reiter, bisher noch nicht alle vereint, hatten so viel zu tun, dass sie Schloss Mummelsee keine Aufmerksamkeit widmen konnten. Aber sie hatten uns nicht vergessen. Matthias sorgte für seine Baronie. Er tat sich schwer damit. Ständig erfolgten neue Schatzungen und Erhebungen. Die Bauern sollten so viele Steuern bezahlen, dass sie nur dafür hätten arbeiten können. Der Herzog und der Kaiser brauchten Geld, um den Krieg zu bezahlen.

Matthias weigerte sich strikt, die überhöhten Steuern einzutreiben und bei den Bauern Pferde und Nahrungsmittel zu requirieren sowie seine Untertanen für Schanzdienste zu verpflichten, von denen viele nicht oder misshandelt bis zum Krüppel geschlagen wiederkehrten. Der Krieg forderte einen hohen Tribut. Es war noch lange kein Ende abzusehen.

Matthias suchte oft das herzogliche Schloss und die Verwaltung in Stuttgart auf. Ich begleitete ihn fast immer. Ohne meine Hexenkünste, besonders die der Hypnose, wäre alles noch viel schlimmer gekommen. Herzog Karl Wilhelm war ein nicht besonders intelligenter, energischer Mann.

»Brauchen Geld, brauchen Pferde, brauchen Leute«, sagte er ständig in seiner abgehackten Redeweise. »Untertanen müssen bezahlen. – Was, Bauern bleibt nichts? Kujons haben genug versteckt, um sich die Bäuche vollzuschlagen. Was kümmert mich Bauernbrut? Wir Fürsten müssen leben.«

Geneviève ärgerte sich so über das, was ihr Matthias nach seiner Rückkehr jeweils im Schloss Mummelsee erzählte, dass sie einmal mitritt und Karl Wilhelm die Gicht anhexte. Von da an ging er am Stock, was ihn nicht umgänglicher machte. Feindliche Söldnerhorden und Marodeure tauchten immer wieder auf. Fast ebenso schlimm wie die Feinde waren die Söldner, die auf der Seite des Landesfürsten standen. Auch sie hausten wie die Vandalen und nahmen sich, was sie wollten.

Es ging einfach alles drunter und drüber. Die Nahrungsmittel wurden immer teurer. Schließlich war für die Stadtbürger ein Laib Brot kaum noch zu bezahlen. Ganze Landstriche verödeten. Es sollte noch schlimmer kommen. Asmodis Großer Plan schritt voran, und man konnte sich kaum vorstellen, dass je wieder Ordnung einkehren sollte. Der Schwedenkönig Gustav Adolf zog von Pommern herüber und fegte das Land mit eisernem Besen aus. Er schlug sich mit Tilly, dass die Fetzen flogen.

Die Unschuldigen litten am meisten. Grausamkeiten, auf beiden Seiten begangen, waren an der Tagesordnung. Ständig hörte man von Plünderung, Brandschatzung, Vergewaltigung, Mord und Totschlag. Nicht einmal das Kind in der Wiege wurde verschont, und wo ein Heer durchgezogen war, war hinterher das Land in weitem Umkreis ausgeplündert und verwüstet. Die Heere jener Zeit mussten sich selbst verköstigen und fourierten, also besorgten sich, was sie brauchten.

Die größten Spitzbuben und Halunken besorgten die Fourage. Wer sich wehrte oder auch nur protestierte, wenn ihm die letzte Kuh aus dem Stall weggetrieben wurde, konnte von Glück sagen, wenn man ihm nur mit dem Musketenkolben ein paar Rippen einschlug. Meist erhielt er als Zugabe noch den Roten Hahn aufs Dach gesetzt, der übrigens von einem Feuerdämon seinen Namen hatte. Der Rote Hahn gehörte nicht zu den Apokalyptischen Reitern. Die Fouragetrupps stopften gern denjenigen, die sich ihnen widersetzten, mit dem Säbel den Mund.

Derb war die Sprache in jener Zeit, prall und sinnenfreudig die Sitten. Man trank und tafelte gern. Zum Tod hatten die Menschen des 17. Jahrhunderts ein anderes Verhältnis wie die der Gegenwart. Er der Gevatter, den jeder hinter sich stehen hatte. Ein Menschenleben war oft keinen Pfifferling wert.

Auf der Schwarzwaldstraße waren schon mehrere Heere vorbeigezogen, seit der Große Krieg begann. Es würden noch viele folgen. In jener schrecklichen Zeit mit horrenden Verlusten an Menschenleben und der Verwüstung und Verelendung ganzer Landstriche war die Liebe von Matthias und Geneviève wie ein Licht und ein Feuer in der finsteren, kalten Winternacht. Die beiden gingen voll Zärtlichkeit miteinander um. Mir ging das Herz auf, wenn ich sah, wie sie sich bei der Hand hielten und zärtlich anschauten, sich Liebesworte ins Ohr flüsterten und sich küssten.

Matthias war zwanzig geworden, Geneviève neunzehn. Es war eine große Liebe. Ich sah sie neidlos mit an. Ich hatte niemanden im Jahr 1630, an dem mein Herz hing. Vergeblich rief ich im Wald mehrmals Merlin an. Der Magier schwieg und gab mir kein Zeichen. Oft dachte ich an Dorian Hunter und meinen Sohn Martin. Viele Monate hatte ich sie nicht mehr gesehen. Was war mit ihnen geschehen? Lebte Dorian überhaupt noch? Fragen über Fragen, auf die ich keine Antwort erhielt.

Ich weihte Matthias in seine Bestimmung ein, gegen die Mächte des Bösen zu kämpfen und erzählte ihm von seinen früheren Leben. Dorian hatte mir viel erzählt.

»Woher weißt du das alles, Jana?«, fragte mich Matthias oft im Schloss, wenn wir davon sprachen.

»Ich lese es in der Kristallkugel«, antwortete ich dann. Oder: »Ich hatte einen Wahrtraum« oder »Ein Geist hat es mir erzählt.«

Geneviève, der ich nach wie vor Hexenunterricht gab, stand fest auf meiner Seite und verteidigte mich immer. Sonst hätte ich mit Matthias am Ende noch Ärger bekommen. Ich erzählte ihm nicht, dass ich aus der Zukunft kam und, wenn er als Dorian Hunter wiedergeboren würde, seine Geliebte und Gefährtin sein würde. Das wäre für Matthias zu starker Tobak gewesen. Er hatte seine Geneviève, bei ihr sollte er bleiben.

Matthias erinnerte sich an seine früheren Leben als Nicolas de Conde, an Garcia de Tabera, Georg Rudolf Speyer, Michele da Mosto und Tomotada, als ich nachhalf. Der Schleier wich von seinem Unterbewusstsein. Hypnose und Séancen halfen. Im Frühjahr 1630 war sich Matthias seiner Bestimmung, gegen die Dämonen zu kämpfen, voll bewusst.

»Ich habe kein Recht, mich hier zu verkriechen, während die Schwarze Familie immer mehr Schrecken verursacht«, sagte er. »Wir müssen gegen sie vorgehen.«

Ich stimmte ihm zu. Vor allem war es nötig, bei Magdeburg einzugreifen, wo sich die Apokalyptischen Reiter im nächsten Jahr zu ihrem dämonischen Raid treffen wollten. Magdeburg durfte nicht brennen. Ich wollte verhindern, dass Tilly die Stadt eroberte und seine entfesselte Soldateska das Blutbad verursachte. Ich wollte die Zeitlinie ändern, damit in Zukunft alles friedlicher und besser sein sollte. Bis dahin war noch einiges zu erledigen. Matthias leerte die Schatzkammer von Schloss Mummelsee und rüstete auf seine Kosten zwei Kompanien aus. Damit zogen wir durch die Lande und bekämpften die Dämonen, wo wir sie fanden. Aus dem Kriegsgeschehen hielten wir uns heraus, so gut es möglich war. Mit diesem Gemetzel und den Schandtaten und zahllosen Treubrüchen und Verrätereien im Namen der jeweiligen Glaubensrichtungen und Religionen wollten wir nichts zu schaffen haben. Meine Hypnose- und Hexenkünste verhinderten mehrmals, dass wir uns einer Seite oder einem Heerhaufen anschließen mussten.

Ein weiterer Vorteil war, dass viele Söldnerhaufen ohnehin öfter die Seiten wechselten. Vor allem, wenn sie nicht bezahlt wurden oder die andere Seite besser zahlte. Die Landsknechte hatten auf ihre Fahne geschworen. Ihr folgten sie, egal, auf welcher Seite sie wehte, bei der Liga oder für die Union. Das Treiben in den jeweiligen Landsknechtslagern war ein Kapitel für sich. Der Tross, also Knechte, Handwerker, Marketender, Offiziers- und Soldatenfrauen, Dirnen und Kinder, Entwurzelte, die nicht wussten, wohin sie sollten, war vier- bis fünfmal so groß wie das Heer der Soldaten. Wüstes Volk gehörte dazu. Gnadenlose Härte und drakonische Strafen sollten die Disziplin aufrechterhalten.

Magister Schnabel begleitete uns. Er war Matthias' Kompanieschreiber. Im Schloss Mummelsee hatte er nicht bleiben wollen. Dort versah Berthold Schaber wieder die Stelle des Haushofmeisters. Wenn wir weg waren, würde Asmodi das Schloss nicht angreifen. Schloss Mummelsee selbst interessierte ihn nicht. Schnabel war ein mittelmäßiger Reiter und Schütze. In Gefahr konnte er jedoch über sich hinauswachsen. Er verehrte mich und vor allem Geneviève sehr. Matthias war er treu ergeben und hätte sich für ihn in Stücke hauen lassen. Er wurde bald unentbehrlich für uns, ein wandelndes Lexikon und für fast alles zu gebrauchen. Er gewann unser Vertrauen so weit, dass wir ihn in Matthias' Geheimnis – dass er schon früher mehrmals gelebt hatte – einweihten. Wir erzählten ihm auch, dass Geneviève und ich Hexen waren.

»Das habe ich schon bemerkt«, sagte er trocken.

Er führte in seiner akkuraten Schrift Tagebuch.

Seynd wir in ein Bayerisches Dorf gekumben, schrieb er zum Beispiel, wo alle geflohen bis auf ein krank Weyb mit ihremb Kind. Haben zwei Werwolf sie anfallen wollen und hat mein Herr Matthias selbige mit seiner Pistol und der silbernen Kugel erschossen. Haben wir Weyb und Kind mitgenumbt und spater mit guter Zehrung und einen Nothgroschen an einem sicheren Orth entlassen.

Wir erlegten manchen Dämon und sorgen dafür, dass es ein paar schwarzmagische Hexen weniger gab. Wir zogen durch die Lande, auf der Jagd nach Schwarzblütlern und Dämonen, ein verschworener Haufen. Einmal erledigten wir in Kroatien ein ganzes Nest von Ghoulen, die den Heerhaufen folgten und sich auf den Schlachtfeldern gütlich taten. Den Leichenfressern war es noch nie so gut gegangen wie während des Dreißigjährigen Kriegs. Sie vermehrten sich wie die Wölfe, die zu einer Plage wurden und überhandnahmen. Im Mitteldeutschen wurde Matthias durch eine Musketenkugel verwundet. Genevièves Heilkunst rettete ihn.

Im Winterquartier bemerkte Geneviève, dass sie schwanger war. Sie und Matthias freuten sich sehr auf das Kind. Als der Frühling kam, brachen wir wieder auf und bekämpften hauptsächlich Werwölfe und Ghoule. In der Nähe von Wetzlar entgingen wir einem Anschlag von Ottavio Arras, der mit uns noch eine Rechnung offen hatte. Mit einer dämonischen Reiterschar, darunter etliche Dutzend Gehenkte, die er mit speziellen Fähigkeiten ausgestattet hatte, brauste er durch die Lüfte. Ich wendete meine Zeitmagie an. Mit einer Kartätschenladung von mit einem starken Zauber versehenen Silbertalern erledigten wir diese Schar.

Arras, in seiner Rüstung als Pappenheim'scher Reiter, brauste davon, dass die Flügel seines Helms kilometerweit hörbar sausten. Er war fürs Erste bedient. Durch die Aufregung erlitt Geneviève eine Fehlgeburt, worüber sie sehr traurig war. Matthias tröstete sie. In dem Fall hatte ihr Heilzauber nichts geholfen. Manchmal war die Natur eben stärker. Von einer Kräuterhexe namens Walpurga wusste ich nichts.

So zogen wir weiter nach Sachsen, Magdeburg entgegen und unserem Schicksal. Die Auseinandersetzung mit den Apokalyptischen Reitern stand bevor. Fast genau anderthalb Jahre befand ich mich jetzt bereits im frühen 17. Jahrhundert. Lange Monate, in denen ich meinen Mann und mein Kind nicht gesehen und nichts von ihnen gehört hatte. Monate von meinem Leben. Manchmal war ich sehr traurig, wenn ich an Dorian und an Martin dachte. Merlin, was hast du mir angetan, fragte ich mich dann? Warum schickst du mich nicht zurück? Ich war ein Mensch und kein Stein. Was mir zugemutet wurde, hätte jedoch Letzteren zerbrechen können. Ich sehnte mich sehr nach meinem Kind und nach meinem Mann. Einen Geliebten wollte ich mir im Jahr 1631 nicht nehmen. Ich hatte andere Sorgen. Der Termin der Entscheidung rückte heran.

Gegenwart, Castillo Basajaun, Andorra

Am Tag nach dem Angriff des Monsterkraken Polyphem gelang es Dorian Hunter, mit seinem Kommandostab eine Verbindung mit Unga zu erhalten. Erstaunt erfuhr er, dass der Cro Magnon mit Phillip von London in die andorranische Hauptstadt geflogen und von dort mit einem gemieteten Land Rover in die Berge aufgebrochen war. Sie konnten das Castillo jedoch nicht finden.

»Zakum hat die Gegend verwandelt, das weiß ich aus Phillips orakelhaften Reden«, teilte der Cro Magnon dem Dämonenkiller mit. »Er hat seine dämonischen Künste angewandt und auch die Wegweiser umgedreht. Ich fahre ständig im Kreis umher, es ist wie verhext.«

»Was meinst du, wann wirst du eintreffen?«, fragte Dorian durch das Loch im Kommandostab.

»Das steht in den Sternen. Vielleicht nie.«

Phillip, die Wunderwaffe im Kampf gegen die Dämonen, war nicht vor Ort zu bringen. Dorian erfuhr jedoch von Unga, dass der Hermaphrodit ihm einiges über Coco erzählt hatte.

»Sie ist in der Zeit vom Dreißigjährigen Krieg gelandet und hält sich bei Matthias Troger auf«, teilte Unga mit.

Es rauschte. Dann brach die Verbindung ab und war trotz beiderseitigem Bemühen nicht wiederherzustellen. Dorian fragte sich, weshalb er sich nicht erinnern konnte, als Matthias Troger im 17. Jahrhundert Coco Zamis begegnet zu sein. Er konnte sich an sein sechstes Leben inzwischen gut erinnern. Etwas so Wichtiges hätte er bestimmt nicht vergessen. Ein weiteres Rätsel unter vielen. Dorian schob den Kommandostab zusammen und wollte ihn gerade wegstecken, als er eine telepathische Botschaft empfing. Sie stammte von Olivaro. Olivaros Ränke und Künste waren ungeheuer. Es war ihm sogar gelungen, sich unbemerkt Zutritt zum Söller zu verschaffen, den nach wie vor die Dämonen belagerten. Ein Ausfall wäre tödlich gewesen.

»Ich erwarte dich beim Brunnen«, teilte der Januskopf Dorian mit.

Er stand bei dem Brunnen im Gewölbe, als Dorian die Treppe herunterstieg. Das Brunnenwasser war verseucht. Noch war Dorian nicht hinuntergestiegen, um dem Kraken neuerlich gegenüberzutreten. Man musste ständig mit einem neuen Angriff des Monsterkraken oder der Freskendämonen rechnen. Deshalb wurde der Brunnen ständig bewacht.

Olivaro hatte den Wachtposten Burian Wagner eingeschläfert. Der kräftige Mann lag schnarchend auf der Bank. Ira Marginters Leiche hatte man von dort weggenommen, in ein Leinentuch gewickelt und im Verlies niedergelegt. So bald wie möglich sollte sie bestattet werden. Der Verwesungsprozess hatte bei ihr schon eingesetzt, was ein Problem war. Bald würde der Leichengeruch eine radikale Lösung erfordern.

Olivaro trug dunkle Kleidung und hatte eine Kette mit einem handtellergroßen Amulett um den Hals, das ein malkuthisches Symbol zeigte. Er begrüßte Dorian.

»Coco ist in der Vergangenheit verschollen!«, sagte der Dämonenkiller statt einer Begrüßung.

»Ich weiß.«

»Du ... weißt es? Sie hält sich bei mir in meinem sechsten Leben auf, aber ich kann mich nicht daran erinnern. Du musst sofort den Schutzschild von meinen Gedanken nehmen.«

»Das kann ich nicht. Aber ich fürchte, er löst sich ohnehin auf.«

»Du fürchtest?«

Olivaro ging nicht darauf ein. »Es muss daran liegen, dass Libussa mit deinen Erinnerungen herumgespielt hat. Dadurch hat der Block seine Stabilität verloren. Und deshalb funktioniert auch die geistige Verbindung zwischen uns nicht mehr so gut. Ich denke, die mentale Brücke zwischen uns wird bald endgültig zusammenbrechen.«

»Welches Spiel spielst du mit mir?«