Dorian Hunter 138 - Earl Warren - E-Book

Dorian Hunter 138 E-Book

Earl Warren

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Beschreibung

»Konntet ihr den Faust-Geist beschwören?«, fragte Dorian gespannt.
»Ja«, antwortete Professor Becker. »So habe ich den Astralgeist noch nie erlebt. Sonst poltert er und macht manchmal derbe, aber gutmütige Späße. Doch diesmal war er völlig anders — entsetzt, betroffen und voller Sorge. Die Apokalypse stünde bevor, der Untergang der Welt. Er will sich mit dir darüber unterhalten, so bald wie möglich.«
»Mir egal, ob die Welt zum Teufel geht. Ich suche meinen Sohn!«

Im vierten Teil des großen Baphomet-Zyklus folgen Dorian und Coco einer Spur nach Sizilien, wo ein geheimnisvoller Baphomet-Kult von sich reden macht ...


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Seitenzahl: 148

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

LEBENDIG BEGRABEN

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen gewidmet, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor. Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es dem »Dämonenkiller«, ihnen die Maske herunterzureißen.

Bald kommt Dorian seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit dem Teufel, der ihm die Unsterblichkeit sicherte. Um für seine Sünden zu büßen, verfasste de Conde den »Hexenhammer« – jenes Buch, das im 16. Jahrhundert zur Grundlage für die Hexenverfolgung wurde. Doch der Inquisition fielen meist Unschuldige zum Opfer; die Dämonen blieben ungeschoren. Als de Conde selbst der Ketzerei angeklagt und verbrannt wurde, ging seine Seele in den nächsten Körper über. So ging es fort bis in die Gegenwart. Dorian Hunter begreift, dass es seine Aufgabe ist, de Condes Verfehlungen zu sühnen und die Dämonen zu vernichten.

Als Rückzugsort in seinem Kampf bleibt Dorian neben der Jugendstilvilla in der Baring Road in London noch das Castillo Basajaun in Andorra, in dem er seine Mitstreiter um sich sammelt – darunter die ehemalige Hexe Coco Zamis, die aus Liebe zu Dorian die Seiten gewechselt hat. Nach der Geburt ihres gemeinsamen Sohnes Martin hat Coco diesen zum Schutz vor den Dämonen an einem Ort versteckt, den sie selbst vor Dorian geheimhält.

Auf der Suche nach der Mumie des Hermes Trismegistos findet Dorian den Steinzeitmenschen Unga, der Hermon gedient hat und der sich nach seinem Erwachen schnell den Gegebenheiten der Gegenwart anpasst. Auf Island gewinnt Dorian den Kampf um das Erbe des Hermes Trismegistos.

Kurz darauf versuchen die Janusköpfe von der Parallelwelt Malkuth die Erde zu erobern, aber die Sekte der Padmas kann sie mit Dorians Hilfe abwehren. Dem Anführer der Padmas, dem Padmasambhawa, der niemand anderes als Hermes Trismegistos ist, wird klar, dass er für das Entstehen der fürchterlichen Psychos auf Malkuth verantwortlich ist. Um zu büßen, geht Hermon durch eins der letzten Tore nach Malkuth, bevor sich dieses schließt. Auf der Erde sind zehn Janusköpfe gestrandet. Olivaro, das ehemalige Oberhaupt der Schwarzen Familie und selbst ein Januskopf, beschließt, seine Artgenossen zu jagen. Wenig später verursacht der Erzdämon Luguri den Einsturz des Tempels des Hermes Trismegistos in Island. Dorian und Unga können nur zwei Kommandostäbe, zwei Magische Zirkel und zwei Bücher aus dem Tempel retten. Unmittelbar vor der Vernichtung zeigt der magische Tisch sieben düstere Szenen, die Dorian als Prophezeiungen begreift. Drei davon haben sich bereits erfüllt, als sich auch die Weissagung über Martin bewahrheitet: Der Sohn des Dämonenkillers wird von Luguri und dem Kinddämon Baphomet, der Reinkarnation des Dämonenanwalts Skarabäus Toth, entführt.

LEBENDIG BEGRABEN

von Earl Warren

Das Haus stand in einer engen Gasse des sizilianischen Dörfchens Campobello. Eine Menschenmenge hatte sich angesammelt, hauptsächlich Männer in dunkler Festtagskleidung. Verlegen standen die Männer umher. Die Frauen in der Menge hoben den Blick nicht, aber ihre Augen funkelten triumphierend. Irre Schreie gellten aus dem einstöckigen Haus heraus.

»Baphomet!«, schrie eine Frau. »Steh mir bei! Der falsche Christengott, der Schwächling, der am Kreuz starb, soll meinen Sohn nicht bekommen! Dir weihe ich ihn, Baphomet, dir allein!«

Ein Mann fluchte lästerlich. Das klatschende Geräusch eines Schlages war zu hören.

»Verrücktes Weib!«, rief eine Männerstimme zornig. »Los jetzt! Du blamierst mich vor dem ganzen Dorf und dem Pfarrer.«

»Er wird nicht getauft!«, antwortete die Frau im schrillsten Diskant. »Außer im Namen Baphomets. Lieber bringe ich mein Kind um, als dass ich es dem Pfarrer für seinen Hokuspokus überlasse.«

1. Kapitel

Die Männer murmelten. Eine Schelle erklang, und im nächsten Moment bog der Pfarrer Don Emilio Gaspari in vollem Ornat um die Ecke. Ein Messdiener mit Schelle und Weihrauchfass ging vor ihm her.

Don Emilio war ein dicker, robuster Mann mit krausem, schwarzem Haar und vierzig Jahre alt. Sein Gesicht wurde noch finsterer, als er das Geschrei aus dem Haus hörte. Ein paar Schritte hinter ihm eilte ein alter Mann her, der völlig verstört und verzweifelt wirkte.

»Was geschieht hier?«, fragte der stämmige Pfarrer die Versammelten. »Adamo Monzo hat mir erzählt, dass seine Schwiegertochter verrückt geworden ist. Sie will ihren neugeborenen Sohn nicht taufen lassen?«

»So ist es, Hochwürden«, bestätigte einer der Männer vor dem Haus. »Hören Sie nur, was für einen Aufruhr Anna Monzo verursacht! Unsere Frauen benehmen sich in der letzten Zeit überhaupt äußerst merkwürdig.«

In dem weiß gekalkten Haus, dessen Fenster offen standen, wurde Geschirr zerschmissen. Die Männerstimme fluchte, schrie entsetzt auf und bettelte. Dann herrschte Schweigen. Gleich darauf rannte ein Mann aus dem Haus, in dem eine Frau schrill lachte. Ein böses Gelächter war es, das die Männer von Campobello zusammenzucken ließ. Immer noch sagten die schwarz gekleideten Frauen mit den dünnen, schwarzen Schleiern vor den Gesichtern nichts. Sie wechselten heimliche Blicke voller Triumph, verständigten sich ohne Worte. Der Mann, der aus dem Haus gelaufen war, wirkte völlig aufgelöst. Er trug nur ein Hemd, dessen oberste Knöpfe offen standen. Sein Haar war zerrauft. Er breitete die Arme aus und begann mit einem Wortschwall, den Umstehenden sein Leid zu klagen.

»Baphomet hat Anna wahnsinnig gemacht«, sagte er immer wieder. »Sie war stets eine sanfte Frau und eine gehorsame Gattin. Nie hörte ich ein lautes Wort von ihr. Aber seit ein paar Wochen ist sie völlig verdreht, eine richtige Furie, eine Hyäne. Ich dachte, es hängt mit der Schwangerschaft zusammen, aber jetzt hat sie entbunden, und es ist noch schlimmer geworden.«

Der unglückliche Mann schüttelte den Kopf.

Don Emilio, der sich durch die Menge geschoben hatte, baute seine Zwei-Zentner-Figur neben ihm auf. Aus seiner Stimme klangen Entschlossenheit und Autorität, als er sagte: »Ich werde mit deiner Frau reden, Sergio Monzo. Mir ist nicht verborgen geblieben, dass unter den Frauen von Campobello etwas vorgeht. Der Glaube wird offen verhöhnt und Gott gelästert. Meine Amtsbrüder in den umliegenden Dörfern und Städten haben mir berichtet, dass es bei ihnen nicht anders ist. Es scheint, dass eine Seuche die sizilianischen Frauen ergriffen hat.«

Don Emilios Blick schweifte in die Runde. Anklagend musterte er die Frauen, die seinem Blick auswichen; aber er spürte ihren Hohn und ihre Bosheit. Don Emilios massige Gestalt straffte sich. »Ich gehe jetzt ins Haus«, sagte er.

»Der Sohn Sergio und Anna Monzos wird getauft, wie die Sitte und die Regeln des Glaubens es verlangen. Ihr Frauen solltet euch alle schämen. Der Herr wird euch strafen, wenn ihr nicht ablasst von euerm Tun.«

»Alter Sabberer!«, sagte eine Frauenstimme.

»Sakristeiwanze! Stinkiger Kuttenbock!«, äußerte eine andere halblaut.

Niemand wusste genau, welche von den Frauen gesprochen hatte.

Don Emilios massiger Hals und sein Gesicht liefen rot an. Entschlossen stapfte er ins Haus. Mit dem Frauenvolk, das ihm beinahe schon unheimlich war, wollte er später abrechnen. Jetzt musste er zuerst einmal seine Pflicht als Pfarrer tun und den Säugling taufen. In einem sizilianischen Dorf war es etwas Unerhörtes, dass eine Mutter die Taufe ihres Sohnes verweigerte.

»Anna Monzo!«, rief der Pfarrer im düsteren Flur. »Wo bist du, Weib?«

Ein Kichern war die Antwort.

Die hintere Tür stand einen breiten Spalt offen. Langsam ging der Pfarrer darauf zu, packte den Türgriff und stieß die Tür dann entschlossen auf. Was er sah, ließ ihn erschrocken aufstöhnen. Die Wohnstube mit den altertümlichen dunklen Möbeln war ein einziger Trümmerhaufen. Tisch und Stühle waren umgestürzt. Die Glasscheibe des Schrankes war zerschlagen, und Scherben lagen überall verstreut herum. In diesem Tohuwabohu stand die Kinderwiege, über die Anna Monzo sich gebeugt hatte. Irr flackerten ihre Augen. Das Kind in der Wiege krähte.

Von Grauen gepackt, trat der Pfarrer dennoch näher. Er hielt das Kreuz hoch, das an einer Kette vor seiner breiten Brust baumelte.

»Sieh das Zeichen des Herrn, Unselige!«, sagte Don Emilio theatralisch. »Was ist in dich gefahren? Auf die Knie mit dir! Bereue!«

Anna Monzo spie dem Pfarrer auf das Chorhemd. Hass verzerrte ihre Züge. Don Emilio sah jetzt, dass sie dem Kind mit Blut oder mit roter Farbe seltsame Runen auf die Stirn gemalt hatte. Der Kleine schrie und strampelte in seiner Wiege.

Anna Monzo war eine Frau Ende der zwanzig. Sie war schwarz gekleidet, drall und breithüftig und hatte derbe Hände und ein breites Gesicht, das sonst gutmütig und ein wenig stumpfsinnig wirkte. Jetzt war es eine dämonische Fratze.

»Hinaus mit dir, du fettes Schwein!«, fauchte Anna Monzo. »Wage es nicht, mir oder meinem Sohn zu nahe zu kommen! Wir gehören Baphomet!«

Der Anblick des Kreuzes flößte der Frau Hass und Abscheu ein, doch es konnte sie nicht erschrecken.

Don Emilio wollte den Knaben aus der Wiege reißen. Er hielt die Frau für wahnsinnig, wollte ihr das Kind wegnehmen.

Anna Monzo griff hinter das Sofa. Im nächsten Augenblick hielt sie eine Lupara in den Händen, eine doppelläufige, großkalibrige Schrotflinte. Es klickte, als die schwarz gekleidete Frau die Hähne spannte.

Don Emilio, der den Säugling schon in den Händen hielt, wurde so bleich wie Ziegenkäse. Sein Unterkiefer sank herab. »Meine – Tochter ...«, stammelte er fassungslos.

»Ich bin nicht deine Tochter«, sagte Anna Monzo mit einer Stimme voller Hass. »Lange genug habt ihr uns unterdrückt. Die Kirche, die Obrigkeit, alle Männer. Baphomet wird das ändern. Ihr werdet es alle merken. Geh jetzt, Pfaffe, bevor ich dir eine Ladung Schrot in den Leib jage.«

Don Emilio sah, dass Anna Monzo es ernst meinte. Er legte das Kind in die Wiege und wich zur Tür zurück, die Frau mit der Lupara nicht aus den Augen lassend.

Da drängte sich Sergio Monzo an ihm vorbei. Der Ehemann Anna Monzos war außer sich. Nicht einmal der Anblick der Schrotflinte konnte ihn stoppen.

»Leg die Lupara weg und nimm Vernunft an, Anna!«, sagte er mit heiserer Stimme. »Oder – bei Gott! – es geschieht ein Unglück. Du hast mir genug angetan.« Langsam ging Sergio Monzo auf seine Frau zu.

»Keinen Schritt näher, Sergio!«, warnte sie ihn. »Sonst drücke ich ab!«

»Das wirst du nicht wagen. Ich bin dein Mann, der Vater deines Kindes. Was ist nur in dich gefahren, Anna? Wir haben uns doch immer geliebt?«

»Ich liebe nur Baphomet.«

Der verhasste Name brachte Sergio Monzo völlig um den Verstand. Er packte den Doppellauf der Schrotflinte. Da krachte donnernd ein Schuss. Eine fußlange Mündungsflamme fuhr aus dem Lauf und versengte Sergio Monzos Hemd. Die Bleiladung zerfetzte sein Herz.

Mit weit aufgerissenen Augen sah Don Emilio, wie Sergio Monzo gegen die Wand geschleudert wurde und an ihr herunterrutschte, tot, von seiner eigenen Frau erschossen. Es stank nach Pulverdampf in dem Zimmer, und der Säugling in der Wiege schrie durchdringend.

Anna Monzo richtete die Schrotflinte auf den Pfarrer. »Hinaus!«, flüsterte sie.

Don Emilio hörte das Flüstern wie einen Schrei. Totenbleich wankte der Pfarrer aus dem Haus. Entsetzt starrten ihn die Männer von Campobello an.

Die Frauen hatten sich zu einer Gruppe zusammengerottet. Sie standen auf der einen Seite, die Männer auf der anderen.

Mit zitternder Hand wies Don Emilio auf das Haus. »Anna Monzo hat ... hat ihren Mann mit der Lupara erschossen«, sagte er mit schwerer Zunge. Der Schock saß ihm in den Gliedern. »Sie hat ihn – einfach abgeknallt.«

Einige Sekunden herrschte Schweigen, dann entstand Tumult. Die Männer schrien durcheinander und gestikulierten wild. Sie konnten es nicht fassen, was sie da gehört hatten.

»Ins Haus!«, schrie ein älterer Mann. »Das werden wir der Mörderin heimzahlen. Wir werden Sergio Monzos Blut rächen. Diese Wahnsinnige soll es büßen.«

»Sie hat ein Gewehr«, warnte ein Mann.

»Egal«, rief der Ältere. »Sie kann uns nicht alle erschießen, diese Bestie. Seid ihr Männer oder Weiber? Wie könnt ihr nur zögern?«

Die Frauen marschierten nun in einer geschlossenen Gruppe zum Haus und stellten sich davor auf. Eine stämmige Frau mit schwarzem Kopftuch ging zu dem älteren Mann, der die anderen anführen wollte. Sie holte ein Stilett aus der Schürzentasche und reckte die Klinge nach vorne. Auch die übrigen Frauen zückten Stilette oder Küchenmesser. Sie bildeten eine schweigende, tödlich entschlossene Phalanx. Don Emilio, der dicke Pfarrer, war zur Seite gestoßen worden. Der Ministrant mit dem Glöckchen und dem Räucherfass stand verloren am Straßenrand.

Anna Monzo erschien an einem Fenster des schmalbrüstigen Hauses, ihren Säugling im linken Arm, die Schrotflinte in der Rechten. Triumph spiegelte sich in ihrem Gesicht.

»Halt dein Maul, Adriano!«, sagte die stämmige Frau mit dem Stilett zu dem älteren Mann. »Geh nach Hause und an deine Arbeit! Wir Frauen haben jetzt die Herrschaft in Campobello übernommen, im Namen Baphomets. Wenn ihr Männer nicht tut, was wir sagen, wird Blut fließen. Viel Blut.«

»So wird es sein«, murmelten die anderen Frauen im Chor. »Im Namen Baphomets!«

Adriano starrte die Frau an. Es war sein Eheweib. Er verstand die Welt nicht mehr. Die natürliche Ordnung war auf den Kopf gestellt. Dieser Frauenaufstand erschien dem im Bewusstsein der männlichen Überlegenheit aufgewachsenen Adriano so unmöglich, als stünde am Tag der Mond statt der Sonne am Himmel.

»Innocenza«, stammelte er, »ich kenne dich nicht wieder. Wer ist das, dieser Baphomet?«

»Er ist der Herr, der Antichrist. Er verkörpert alle Macht des Bösen«, rief Anna Monzo aus dem Fenster. »Wir alle sind seine Mütter. Unsere Leiber und unsere Kinder gehören ihm, unser ganzes Hab und Gut. Wir haben keine Männer mehr. Wir sind Witwen.«

»Wir alle sind Witwen«, murmelten die Frauen im Chor.

Es waren junge und alte, darunter auch Mädchen, die noch nie ein Mann berührt hatte. Nachmittag war es, und die Sonne schien recht warm. Trotzdem fröstelten die Männer, die sich in der engen Straße drängten.

Der Pfarrer fand keine Worte mehr.

»Wir werden die Carabinieri verständigen«, sagte ein Mann in der Menge.

»Nein!«, protestierte ein anderer. »Besser ist, wir wenden uns an die Mafia. Was hier geschehen ist, muss unter uns bleiben.«

»Weder die Carabinieri noch die Mafia«, sagte die stämmige Innocenza. »Sergio Monzo ist verunglückt. Wer es wagt, etwas anderes zu sagen, der stirbt wie er. Lasst uns in Ruhe, ihr Männer, im Namen Baphomets! Sonst reißen wir euch die Herzen aus der Brust.«

»Wir reißen euch die Herzen aus der Brust und opfern sie Baphomet«, sprach der Frauenchor.

Die Männer wichen zurück. Sie merkten, dass es den Frauen wirklich ernst war. Wie Furien schauten sie drein, wie rasende Megären. Sie waren bereit, sich auf die Männer zu stürzen, wenn diese nicht gehorchten, und mit Zähnen, Fingernägeln und Messern zu wüten. Die Männer hatten plötzlich Angst vor den Frauen, die sie bisher überheblich behandelt und meist nur als Arbeitstiere und Gebärmaschinen angesehen hatten.

»Geht!«, rief Anna Monzo drohend und schwenkte die Schrotflinte. »Oder wir machen euch Beine.«

Das Kind auf ihrem Arm schrie wieder, aber sie achtete nicht darauf.

Scheue Blicke auf die Frauen werfend, gingen die Männer weg, langsam zuerst, dann immer schneller werdend. Es war eine Flucht.

Die Männer waren tief beschämt und konnten sich gegenseitig nicht in die Augen sehen. Ihr Mannesstolz war getroffen. Sie zerstreuten sich in den engen, winkligen Gassen von Campobello. Jeder wollte erst einmal allein nachdenken.

Die Frauen hielten in Campobello das Heft fest in der Hand. Baphomet hatte sie stark gemacht und ihre Rolle schlagartig völlig verändert. Sie erkannten ihre Männer nicht mehr an; sie waren zu Teufelinnen geworden, zu Dienerinnen eines Dämons.

Dorian Hunter, Coco Zamis und Dieter Houlkmann fuhren mit dem Leihwagen auf der Autobahn A 15 in Richtung Frankfurter Kreuz. Die Felder und Wälder waren verschneit, der Himmel trübe. Schneematsch lag neben den Fahrbahnen, und die Straße war glatt. Der Verkehr floss zäh dahin, und immer wieder gab es Stauungen. Im HR3-Verkehrsfunk hörte Dorian, dass es zwischen Hanau und Offenbach zu mehreren Auffahrunfällen und einem Verkehrsstau gekommen war.

»So ein Mist!«, knurrte der Dämonenkiller. Er überlegte, ob er den Leihwagen stehen lassen und mit Coco und Dieter mittels eines Magnetfeldes zur Villa Thomas Beckers in Frankfurt springen sollte. Doch er entschied sich dagegen. Der Hauptgrund dafür war, dass Dorian Zeit brauchte, um nachzudenken, wie es weitergehen sollte.

Seine Hand zitterte, als er sich eine Zigarette anzündete. Coco, die auf dem Beifahrersitz saß, war sehr bleich und in Gedanken versunken. Dieter Houlkmann auf dem Rücksitz hatte das Gesicht in den Händen vergraben.

Wieder einmal ging Dorian in vollem Maße auf, wie abscheulich böse und unmenschlich die Dämonen dachten und handelten. Selbst der schlechteste und verkommenste Mensch konnte mit den Schwarzblütigen nicht konkurrieren. Und Dorian Hunter und Coco hatten keine Ahnung, wo sich ihr Sohn im Augenblick befand und wie sie ihn aus den Händen der Dämonen befreien sollten.

Eine ohnmächtige Wut tobte in dem Dämonenkiller. Er wusste, wie leicht kleine Kinder zu beeinflussen waren, zum Guten wie zum Bösen hin; und wie sehr gerade die Einflüsse in den ersten Lebensjahren einen Menschen prägten. Dorian hatte es am eigenen Leib erfahren. Als Schwarzer Samurai Tomotada war er in seinem fünften Leben selbst eine Kreatur des Bösen gewesen.

Dorian drückte den Zigarettenstummel im Aschenbecher aus. Er geriet jetzt in den Verkehrsstau. Im Schritttempo ging es an der Unfallstelle vorbei. Zwölf Wagen standen auf der rechten Fahrbahn, einige davon sehr schwer beschädigt und ineinander verkeilt. Der Zeitpunkt des Unfalls lag schon eine Weile zurück. Feuerwehr und Unfallkommando hatten wenigstens die linke Fahrbahn geräumt. Die Schwer- und Leichtverletzten waren abtransportiert.

Bisher hatte die Massenkarambolage einen Toten gefordert. Polizeiautos und zwei Feuerwehrwagen hielten an der Unfallstelle, die durch eine Reihe von Blinkleuchten und mehrere Polizisten abgesichert wurde. Letztere bemühten sich immer wieder, den Verkehrsfluss zu beschleunigen. Aber die Leute fuhren langsam und gafften mit angenehmem Schauder auf die demolierten Fahrzeuge. Abschleppwagen standen bereit, und Männer waren damit beschäftigt, die ersten beschädigten Autos auf den Haken zu nehmen. Es würde noch eine Weile dauern, bis die Fahrbahn für den Verkehr freigegeben werden konnte.