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Die Vorgeschichte zu Jodi Picoults Roman "Ich wünschte, du wärst hier«
Die neunjährige Diana O'Tool mag keine Überraschungen. Deshalb ist sie auch irritiert, als ihr Vater erklärt, dass sie anlässlich ihres zehnten Geburtstags ihre Mutter besuchen werden. Als Fotoreporterin ist diese ständig zu den Brennpunkten der Welt unterwegs. Derzeit dokumentiert sie in Oklahoma eine monatelang anhaltende Dürre. Diana begegnet dort skurrilen Menschen und einem räudigen Esel, bis ein Tornado mit enormer Wucht über das karge Land fegt und sie begreift, dass ihre Mutter einfach anders ist als die Mütter ihrer Freundinnen und sie dennoch tief in ihrem Herzen trägt …
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Seitenzahl: 40
Zum Buch:
Zur Autorin
Jodi Picoult, geboren 1967 in New York, hat weltweit eine riesige Fangemeinde und wurde mehrfach ausgezeichnet. Sie lebt in Hanover, New Hampshire. Ihr neuer Roman Ich wünschte, du wärst hier stand wochenlang an der Spitze der amerikanischen Bestsellerlisten. Die vorliegende Kurzgeschichte erzählt die Vorgeschichte zu diesem Roman.
JODI PICOULT
Geburtstag in Oklahoma
Exklusive Bonusstory zum Roman Ich wünschte, du wärst hier
Aus dem Amerikanischen von Elfriede Peschel
Die Originalausgabe erschien 2021 unter dem Titel »Broken Things« als E-Book Only bei Ballentine Books, a division of Random House, New York.Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.
© 2021 by Jodi Picoult
© 2022 by C. Bertelsmann Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München
Umschlagmotiv: Nathalie Seiferth/Trevillion Images
Umschlaggestaltung: www.buerosued.de, München
This translation is published by arrangement with Ballantine Books, an imprint of Random House, a division of Random House LLC.
Redaktion: Gerhard Seidl
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN: 978-3-641-29952-1V001
www.cbertelsmann.de
Als Kind dachte ich, alle anderen würden meine Mutter besser kennen als ich.
Das ist eine Hannah O’Toole, pflegten die Leute zu sagen, wenn sie auf eine ihrer berühmten Fotografien zeigten, die Eingang in ein Buch gefunden hatte oder gerahmt an einer Museumswand hing.
In einer Quizshow im Fernsehen hieß es über sie: Diese Amerikanerin ist die einzige Frau, die sowohl den International Photography Award als auch den Pulitzer-Preis gewonnen hat.
Wer ist Hannah O’Toole? Alexa.
Meine Mutter war eine Ikone, eine Legende, die mit ihrem künstlerischen Blick und Handwerk Katastrophen und Leid dokumentierte, um auf diese Weise den Betrachtern ihrer Bilder im behaglichen Zuhause der Ersten Welt Empathie – und Geld – zu entlocken, womit sich dann die Not in den anderen Teilen der Erde lindern ließ. Als wäre ihre Leica ein natürlicher Fortsatz ihres Körpers, die Anpassung eines Körperglieds, das ihr auf wundersame Weise Superkräfte verlieh, die sie zu tiefer Einsicht und akkurater Aufzeichnung befähigten. Allerdings sahen diejenigen, die sie derart beschrieben, nicht, was geschah, wenn sie die Kamera ablegte. Ohne diese Prothese geriet sie ins Wanken.
Mein Vater war Restaurator, ein Künstler, der innerhalb der Linien eines anderen malte. Anders als meine Mutter, die Kunst erschuf, behauptete er von sich, kein Auge für das Erzählen seiner eigenen Geschichte zu haben. Er übermalte stattdessen akribisch den bröckelnden Stuck der Deckenfresken von Newport Mansions; reparierte mit Japanpapier und Weizenstärke Risse in Aquarellpapier; kümmerte sich um Schäden durch Wasser, Rauch und Insektenbefall an den Leinwänden alter Meister. Seine Aufträge beschäftigten ihn monate- oder manchmal auch jahrelang, je nachdem, wer ihn einstellte und wie tief die Wunden waren, um die er sich zu kümmern hatte. Aber mit seinem Geschick fügte er auch das im Sommerlager gefertigte Keramikschwein wieder zusammen, nachdem es von meiner Kommode gefallen war; flickte mit einer unsichtbaren Naht mein Lieblingskleid, mit dem ich am Zaun hängen geblieben war; und brachte die alte Tinker-Bell-Lampe aus dem Trödelladen mit neuen Drähten wieder zum Leuchten. Er konnte alles in Ordnung bringen.
Mit Ausnahme meiner Mutter womöglich.
Im April 2000, kurz vor meinem zehnten Geburtstag, brach meine Mutter zu einem Fotoshooting nach Ochelata, Oklahoma, auf, wo sie die dort seit Monaten anhaltende Dürre im Rahmen eines Features über den Klimawandel für die Washington Post mit einer Fotostrecke bebildern sollte. Sie war an meinen Geburtstagen häufiger ab- als anwesend gewesen. Tatsächlich hätte es mich vermutlich sogar überrascht, wenn sie ihren Terminplan über den Haufen geworfen hätte, um bei uns in New York sein zu können.
Offen gestanden hatte ich mich daran gewöhnt, dass meine Mutter sehr viele Momente meines Lebens verpasste – sowohl die ganz normalen als auch die herausragenden. Als es in der ersten Klasse darum ging, dass die Eltern an einem Freitag für die ganze Klasse einen Imbiss mitbringen sollten, war der einzige Dad, der das übernahm, mein Vater. Wo bei allen anderen in den vergangenen Weihnachtstagen die Mutter mit zur Nussknacker