Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Fürstenkrone Classic In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkrone" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit. Politisch war das kleine Fürstentum Hochfelden noch nie interessant gewesen – genausowenig, wie Luxemburg, Liechtenstein oder Monaco. Aber ebenso wie diese Länder – oder Ländchen – war es wirtschaftlich sehr interessant, als Steuerparadies zum Beispiel. Zudem hatte es bauliche Schönheiten zu bieten und landschaftliche Reize. Urlaub in Hochfelden war erholsam, man aß ausgezeichnet, wurde in erstklassigen Hotels verwöhnt, und selbstverständlich gab es inzwischen auch hier Festspiele, wie fast überall. Fürstin Isolde, die Gemahlin des regierenden Fürsten – der eigentlich mehr ein begabter Manager als ein absoluter Herrscher war, was seinem Reich sehr zugute kam –, veranstaltete jedes Jahr Ballett-Festspiele. Das hatte mehrere Gründe. Erstens waren Ballett-Stars nicht so teuer wie die entsprechenden Stars der Opernbühnen. Dies wiederum nahm den Fürsten für diese Kunstform ein, der sich im Grunde überhaupt nicht für die darstellenden Künste interessierte, sondern dem mehr an der Sammlung bleibender Werte lag. Wofür sein hervorragend eingerichtetes Privat-Museum Zeugnis ablegte. Zweitens war sie selbst begeistert für diese Kunstform, die so überaus ästhetisch war. Und drittens genügte für die Ballett-Aufführungen die Bühnenmaschinerie des bezaubernden Rokoko-Theaters, das dem Münchner Cuvilliérs-Theater durchaus gleichzustellen war. Aus all diesen Gründen wurde beschlossen, zur Feier des fünfzigsten Geburtstages des regierenden Fürsten, Ferdinand IV., das georgische National-Ballett einzuladen, dessen neu choreographierte Inszenierung von Tschaikowskys berühmtem Ballett »Schwanensee« überwältigend gute Kritiken der internationalen Presse bekommen hatte, ganz besonders seine Prima-Ballerina Tatjana Rostowna. Es war nicht einfach gewesen, die Compagnie zu dem passenden Termin zu verpflichten, da sie aufgrund der erstklassigen Rezensionen schon Einladungen nach London, Paris und in die Vereinigten Staaten hatte. Aber da man in Kiew daran interessiert war, wieder einmal in dem ballettbegeisterten Fürstentum aufzutreten, schon wegen der wirtschaftlichen Verbindungen, die man so nebenbei dort anzuknüpfen hoffte, gelang es der Fürstin, die Compagnie für drei Tage nach Hochfelden zu holen: einen Tag für die Proben, das Aufbauen der Kulissen und Kennenlernen der Bühne, und zwei Abende für die Vorstellungen. Am ersten Abend Schwanensee, am zweiten Giselle, ein ebenso berühmtes und romantisches Ballett. Am Tag des fünfzigsten Geburtstages sollte außerdem die Verlobung des Kronprinzen – er hieß selbstverständlich auch Ferdinand – mit der bezaubernden Prinzessin Aglaja Adlerstein bekanntgegeben werden. Natürlich wußte die gesamte interessierte Welt dank der heutigen Medien darüber schon seit mindestens einem Jahr Bescheid, aber es war bisher eben noch nicht offiziell. Prinzessin Aglaja war gerade einundzwanzig geworden, der Kronprinz war fünfundzwanzig und hatte eben seinen Militärdienst im benachbarten Deutschland abgeleistet.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 108
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Politisch war das kleine Fürstentum Hochfelden noch nie interessant gewesen – genausowenig, wie Luxemburg, Liechtenstein oder Monaco. Aber ebenso wie diese Länder – oder Ländchen – war es wirtschaftlich sehr interessant, als Steuerparadies zum Beispiel. Zudem hatte es bauliche Schönheiten zu bieten und landschaftliche Reize. Urlaub in Hochfelden war erholsam, man aß ausgezeichnet, wurde in erstklassigen Hotels verwöhnt, und selbstverständlich gab es inzwischen auch hier Festspiele, wie fast überall.
Fürstin Isolde, die Gemahlin des regierenden Fürsten – der eigentlich mehr ein begabter Manager als ein absoluter Herrscher war, was seinem Reich sehr zugute kam –, veranstaltete jedes Jahr Ballett-Festspiele.
Das hatte mehrere Gründe.
Erstens waren Ballett-Stars nicht so teuer wie die entsprechenden Stars der Opernbühnen. Dies wiederum nahm den Fürsten für diese Kunstform ein, der sich im Grunde überhaupt nicht für die darstellenden Künste interessierte, sondern dem mehr an der Sammlung bleibender Werte lag. Wofür sein hervorragend eingerichtetes Privat-Museum Zeugnis ablegte.
Zweitens war sie selbst begeistert für diese Kunstform, die so überaus ästhetisch war.
Und drittens genügte für die Ballett-Aufführungen die Bühnenmaschinerie des bezaubernden Rokoko-Theaters, das dem Münchner Cuvilliérs-Theater durchaus gleichzustellen war.
Aus all diesen Gründen wurde beschlossen, zur Feier des fünfzigsten Geburtstages des regierenden Fürsten, Ferdinand IV., das georgische National-Ballett einzuladen, dessen neu choreographierte Inszenierung von Tschaikowskys berühmtem Ballett »Schwanensee« überwältigend gute Kritiken der internationalen Presse bekommen hatte, ganz besonders seine Prima-Ballerina Tatjana Rostowna.
Es war nicht einfach gewesen, die Compagnie zu dem passenden Termin zu verpflichten, da sie aufgrund der erstklassigen Rezensionen schon Einladungen nach London, Paris und in die Vereinigten Staaten hatte.
Aber da man in Kiew daran interessiert war, wieder einmal in dem ballettbegeisterten Fürstentum aufzutreten, schon wegen der wirtschaftlichen Verbindungen, die man so nebenbei dort anzuknüpfen hoffte, gelang es der Fürstin, die Compagnie für drei Tage nach Hochfelden zu holen: einen Tag für die Proben, das Aufbauen der Kulissen und Kennenlernen der Bühne, und zwei Abende für die Vorstellungen.
Am ersten Abend Schwanensee, am zweiten Giselle, ein ebenso berühmtes und romantisches Ballett.
Am Tag des fünfzigsten Geburtstages sollte außerdem die Verlobung des Kronprinzen – er hieß selbstverständlich auch Ferdinand – mit der bezaubernden Prinzessin Aglaja Adlerstein bekanntgegeben werden.
Natürlich wußte die gesamte interessierte Welt dank der heutigen Medien darüber schon seit mindestens einem Jahr Bescheid, aber es war bisher eben noch nicht offiziell. Prinzessin Aglaja war gerade einundzwanzig geworden, der Kronprinz war fünfundzwanzig und hatte eben seinen Militärdienst im benachbarten Deutschland abgeleistet. Bei der Luftwaffe und den Panzerspähern. Die Marine blieb ihm erspart, weil in seinem zukünftigen Reich das einzige größere Gewässer gerade noch für eine Segel-Regatta ausreichte.
Und segeln konnte er natürlich ohnehin, genau wie reiten, skifahren und Tennis spielen. Das gehörte heute zur Prinzen-Erziehung dazu.
Natürlich wurde der gesamte Hochadel, mit dem man mehr oder weniger eng verwandt und verschwägert war, erwartet und von den gekrönten Häuptern, die noch auf Thronen saßen, zumindest ein Mitglied der Familie als Vertretung.
Seit Wochen waren alle Hotels und Pensionen ausgebucht, und auch Privatquartiere waren nicht mehr zu bekommen.
Endlich brach der Tag an, ein 27. Mai, und er machte nicht nur diesen Frühlingsmonat, sondern auch dem Anlaß alle Ehre. Es war einfach hinreißendes Wetter!
Der Himmel war schon am frühen Morgen wolkenlos und von durchsichtigem Blau, die Sonne strahlte, als habe sie sich für diesen Anlaß extra vergoldet, Kastanien und Flieder blühten, die Rosen in den Beeten vor dem fürstlichen Palast hatten ihre Knospen vier Wochen früher als sonst geöffnet, die Vögel sangen und jubilierten, daß das Ständchen der Militärkapelle eigentlich ganz überflüssig wurde, und die Damen, Frauen und Weiber des Fürstentums hatten Gelegenheit, ihre neue Frühjahrsgarderobe an diesem Festtag auszuführen.
»Nun ja«, bemerkte Fürst Ferdinand IV. zu seiner Gemahlin, als er bereits um sechs Uhr beim Frühstück saß, in Parade-Uniform und mit sämtlichen Orden angetan, »auch dieser Tag wird vorübergehen!«
Fürstin Isolde, eine große, schlanke Dame von Ende Vierzig, mit reichem blondem Haar und einem klassischen Gesicht, das fast ebenso kühl wie das einer Marmorstatue wirkte, und natürlich ebenfalls schon für die ersten Feierlichkeiten gekleidet, frisiert, geschminkt und mit Juwelen geschmückt, lachte mitleidlos.
»Ach was, Ferdinand! Ich freue mich! Schon weil wir wieder einmal unsere Verwandten sehen. Und dann die Verlobung! Aglaja ist doch einfach entzückend! Übrigens liebt sie Ballett ebenso wie ich.«
»Wie schön«, bemerkte der Fürst mit einem Seufzer. »Dann setzen Ferdinand und ich uns hinter euch und unterhalten uns über Dinge, die uns interessieren!«
»Ich bitte dich, das ist doch unmöglich! Wir sitzen selbstverständlich alle vier in der ersten Reihe. Das Volk will uns sehen!«
»Das Volk!« brummte der Fürst und schmunzelte. Er nahm sich und sein Fürstentum sehr viel weniger ernst, als dies seine Frau tat. Er zog es vor, sich als Unternehmer und Manager und nicht als Regenten zu betrachten. Trotzdem wußte er, daß die alten Traditionen es nicht zuletzt waren, die seinem Ländchen das Interesse der Touristik und Geldanleger sicherten.
Jetzt betrat der Kronprinz das Frühstückszimmer seiner Eltern. Er war ein blendend aussehender junger Herr: schlank, groß, sportlich durchtrainiert mit einem hübschen, regelmäßigen und intelligenten Gesicht. Er sah seiner Mutter sehr ähnlich, hatte aber die dunklen Augen und das fast schwarze Haar seines Vaters geerbt, das bei diesem freilich inzwischen höchst dekorativ graumeliert war.
»Einen schönen guten Morgen!« wünschte er und umarmte ausnahmsweise zuerst seinen Vater, dem er herzlich und ehrlich gratulierte. Sie verstanden sich beide ausgezeichnet. Er schlug ihm kameradschaftlich auf die Schulter und sagte aufmunternd: »Kopf hoch, Papa! Auch dieser Tag geht vorüber!«
Der Fürst lachte, und die Fürstin sagte tadelnd: »Aber Ferdl!« lachte aber gleichfalls. Sie fand ihren Sohn unvergleichlich und alles, was er sagte, wunderbar. Jetzt erkundigte sie sich nach ihrer zukünftigen Schwiegertochter.
»Ich bitte dich, Mama«, erwiderte Ferdl und setzte sich an den Tisch – auch er war in Paradeuniform und ordenbestückt –, »wie kannst du annehmen, daß ich weiß, wie es Aglaja geht? Wir schlafen vorläufig noch in verschiedenen Flügeln des Schlosses!«
Der Fürst grinste, und die Fürstin tat schockiert.
»Wahrscheinlich schläft sie noch«, fuhr Ferdl gelassen fort. »Sie trifft doch erst mittags offiziell in Erscheinung.«
»Sie geht doch mit in die Messe!« erinnerte ihn seine Mutter.
»Ach ja, stimmt«, sagte der Kronprinz und aß sein zweites Frühstücksbrötchen. Es würde heute ein anstrengender Tag werden.
Als er nach dem dritten Brötchen griff, ließ Ihre Durchlaucht die Prinzessin Aglaja anfragen, ob es den Hoheiten passe, wenn sie vor Beginn der Feierlichkeiten zum Gratulieren käme.
Es paßte natürlich, und wenige Minuten später erschien Aglaja Adlerstein, und wieder einmal fanden die fürstlichen Eltern, daß sie sehr gut gewählt hatten, und Ferdl fand, daß er es wirklich gut mit ihr getroffen hatte. Nicht jede Prinzessin war so charmant, klug und hübsch.
Aglaja war schlank, mittelgroß und hatte silberblondes, lockiges Haar und veilchenblaue große Augen unter schweren Lidern mit dichten Wimpern, was sie sehr romantisch aussehen ließ. Ihre Lippen waren weich und rosig, ihre Nase eine Idee zu lang, aber schmal und gut geformt, und ihre Haut war gleichmäßig blaß. Dazu war sie natürlich in den besten Internaten erzogen worden, sprach mehrere Sprachen fließend und würde später einmal eine ebenso hervorragende Landes- oder Ländchenmutter werden, wie es jetzt Isolde war.
Sie küßte ihrem zukünftigen Schwiegervater erst die Hand und dann die Wange und gratulierte mit den genau richtigen Worten. Dann knickste sie vor ihrer zukünftigen Schwiegermama, die sie herzlich in die Arme schloß und sich erkundigte, ob sie auch wirklich gut geschlafen habe.
»Vielen Dank! Wunderbar, liebste Mama«, erwiderte sie und wandte sich dann mit einem zarten Erröten ihrem Verlobten zu. Es war nicht zu übersehen, daß sie aufrichtig in ihn verliebt war.
»Guten Morgen, Ferdl«, sagte sie und wurde noch ein bißchen roter.
»Guten Morgen, Aglaja«, sagte er und grinste und küßte sie, etwas lässig, wie seine Eltern fanden, rechts und links auf die Wangen.
Dabei hatte er ihnen mehrmals versichert, daß er mit ihr als zukünftiger Gemahl durchaus einverstanden sei, daß sie ihm gefiel und auch, daß er sich mit ihr nicht langweilte, denn sie ritt auch sehr gut und war eine ausgezeichnete Skifahrerin. Und wenn er Tennis spielte, konnte sie ja ihrem Ballettwahn frönen!
Nun erschien mit ernstem Gesicht der Haushofmeister, und das bedeutete, daß die Feierlichkeiten bald beginnen würden und man die notwendigen Vorbereitungen zu treffen hatte.
Es begann mit einem Hochamt in der Kathedrale, zu dem die Fürstlichkeiten in offenen, blumenbekränzten Kutschen fuhren, begleitet von der berittenen Garde in ihren dekorativen, seit Jahrhunderten üblichen Uniformen. Die Gäste, soweit sie nicht zur engsten Familie gehörten, hatten bereits ihre Plätze im Kirchenschiff eingenommen.
Nach der Messe fuhren Fürst und Fürstin, umjubelt von ihren Untertanen und den von weither angereisten Touristen, einmal durch die Stadt, um dann zu einem Empfang im Großen Palast, dem Regierungssitz, zu bitten. Das war der anstrengendste Teil des Tages, doch auch der ging vorüber.
Bei dieser Gelegenheit wurde die Verlobung des Kronprinzen verkündet.
Dann fuhren sie, dieses Mal in geschlossener Limousine, zum Schloß zurück, wo nach einer Pause von zwei Stunden für die weiteren und engeren Verwandten ein Diner gereicht wurde.
Und dann kam als Abschluß des Festtages das Ballett.
»Ich freue mich schon so!« versicherte Aglaja immer wieder. »Ich habe schon so viel von dieser Tatjana Rostowna gehört. Und ihr Partner, ein hinreißender Tänzer! Diesen Iwan Gleboff habe ich schon zweimal in London als Gast gesehen!«
»Ich freue mich auch!« sagte Fürstin Isolde und legte den Arm um die zukünftige Kronprinzessin, während der Fürst und der Kronprinz sich zublinzelten.
*
Tatjana Rostowna betrat den Trainingssaal. Er war nicht so groß und gut ausgestattet, wie sie es von zu Hause und ihren Gastspielen her gewohnt war, aber er mußte genügen. Wie meistens war sie die erste, die zum täglichen morgendlichen Training kam.
Sie schaltete die Lichter ein und begann, sich fertig zu machen. Sie trug bereits ihr Trikot und über den Beinen dicke wollene Strümpfe, um die Muskeln rasch aufzuwärmen. Jetzt schlüpfte sie in ihre Spitzenschuhe und schnürte sie um die Knöchel fest. Dann trat sie an die Stange, welche die ganze Spiegelwand entlang lief, und begann mit den exercices à la barre, mit denen jede Ballett-Elevin jeden Tag ihr Training begann – genau wie es auch jede Prima-Ballerina tun muß, wenn sie ihr tänzerisches Niveau halten will.
Im Spiegel kontrollierte sie ihre Haltung, die Bewegung ihrer Arme und Hände und Beine. Alles mußte hundertprozentig korrekt sein.
Tatjana war zweiundzwanzig Jahre alt, und seit sie von ihren Eltern mit vier Jahren in die Ballettschule gegeben worden war, gab es für sie nichts anderes auf der Welt. Sie war nicht nur hervorragend begabt, sie hatte auch den notwendigen Ehrgeiz, ohne den man in dem schwierigen und harten Beruf einer Tänzerin nicht weiterkam.
Ihre Figur war makellos. Die Muskeln ihrer Beine waren gestreckt, nicht wie oft bei so geforderten Tänzerinnen oder auch Sportlerinnen knotig und unschön hervortretend. Sie hatte wunderschöne, überaus bewegliche Arme und Hände und einen langen, schlanken Hals. Ihr Gesicht wirkte katzenhaft, mit großen, leicht schräg stehenden Augen, einem ausdrucksvollen, sinnlichen Mund und einer kurzen Nase. Ihr langes dunkles Haar hatte sie zu einem dicken Zopf geflochten und für das Training im Nacken aufgesteckt. Am Abend, in der Vorstellung, wurde es zu dem klassischen Knoten frisiert.
Tatjana war nicht schön, sie war interessant und apart und, je nach ihrer Rolle von einer bezaubernden Zartheit, hinter der sich ein eiserner Wille verbarg.
Jetzt war sie so in ihre Arbeit vertieft, daß sie nicht bemerkte, daß noch jemand den Saal betrat.
Es war ihr Partner Iwan Gleboff, der Danseur noble der Compagnie, ein erstklassiger Tänzer, eine blendende Erscheinung und seit Jahren leidenschaftlich und ebenso unglücklich in Tatjana verliebt.
Nicht, daß sie ihn nicht mochte und schätzte. Sie bevorzugte ihn vor allen anderen Partnern, mochten sie noch so berühmt sein. Aber – sie liebte ihn nicht. Für sie gab es nur den Tanz, und so hinreißend sie auch die großen Liebenden in den verschiedenen Balletten darzustellen vermochte, im Leben war sie der Liebe noch nie begegnet, von ein paar Jungmädchenschwärmereien, die sie selbst nicht ernst genommen hatte, abgesehen.
Mit einem fast hungrigen Ausdruck beobachtete Iwan Tatjana. Schließlich machte er sich mit einem kurzen Gruß bemerkbar.
Sie wandte ihm für einen Augenblick ihr Gesicht zu und lächelte ihn an. Dann trainierte sie weiter.
Der Tänzer warf die dicke Jacke ab, die er über seiner Trainingskleidung trug, und trat hinter Tatjana an die Stange. Eine Weile arbeiteten sie schweigend.
»Ich komme mir vor wie in einer Operette!« sagte Iwan schließlich.
Tatjana lachte.
»Ja! Daß es so etwas noch gibt! Ich bin schon sehr neugierig! Nach der Vorstellung sollen wir alle ja der fürstlichen Familie vorgestellt werden.«
Iwan grinste.
»Irgendwie überholt das Ganze, nicht wahr?«
»Aber die Menschen mögen es!« verteidigte Tatjana den Glanz der Monarchien. »Schau doch nur in die Zeitschriften! Und schließlich: ist nicht auch das klassische Ballett veraltet?«
»Das ist Kunst und Tradition!« verteidigte er seinen Beruf.
»Nun, ein bißchen paßt das auch auf solche Länder«, fand Tatjana. »Zudem soll der Fürst ein ausgezeichneter Geschäftsmann sein. Das ganze kleine Land lebt doch in einem vorbildlichen Wohlstand.«