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Die Familie ist ein Hort der Liebe, Geborgenheit und Zärtlichkeit. Wir alle sehnen uns nach diesem Flucht- und Orientierungspunkt, der unsere persönliche Welt zusammenhält und schön macht. Das wichtigste Bindeglied der Familie ist Mami. In diesen herzenswarmen Romanen wird davon mit meisterhafter Einfühlung erzählt. Die Romanreihe Mami setzt einen unerschütterlichen Wert der Liebe, begeistert die Menschen und lässt sie in unruhigen Zeiten Mut und Hoffnung schöpfen. Kinderglück und Elternfreuden sind durch nichts auf der Welt zu ersetzen. Genau davon kündet Mami. »Papa! Papa!« hörte Rechtsanwalt Dr. Romuald von Lagen die aufgeregte Stimme seiner Tochter Gloria, als er den Schlüssel in die Haustür steckte. Da flog die Haustür schon auf, und er stand seiner Tochter gegenüber. »Papa, hast du gehört?« »Nein!« erwiderte er lachend. »Aber ich bin sicher, du wirst mich gleich informieren. Nur laß mich bitte erst einmal ins Haus, meinen Mantel ablegen, und dann setzen wir uns gemütlich hin und du erzählst mir. Es war ein anstrengender Tag«, setzte er mit einem Seufzer hinzu. »Entschuldige! Aber ich bin so aufgeregt!« Gloria fiel ihm um den Hals und küßte ihn auf die Wange. Dann half sie ihm, Mantel, Hut und Schal in der Garderobe aufzuhängen –, was alles noch um einiges verzögerte. Aber er ließ sich ihre besorgte Fürsorge nur zu gern gefallen. Dr. von Lagen war Chef einer renommierten Anwaltskanzlei in bester Lage. Er war ein gutaussehender, schlanker Herr von Anfang Fünfzig, aber er sah älter aus.
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Seitenzahl: 100
»Papa! Papa!« hörte Rechtsanwalt Dr. Romuald von Lagen die aufgeregte Stimme seiner Tochter Gloria, als er den Schlüssel in die Haustür steckte. Da flog die Haustür schon auf, und er stand seiner Tochter gegenüber. »Papa, hast du gehört?«
»Nein!« erwiderte er lachend. »Aber ich bin sicher, du wirst mich gleich informieren. Nur laß mich bitte erst einmal ins Haus, meinen Mantel ablegen, und dann setzen wir uns gemütlich hin und du erzählst mir. Es war ein anstrengender Tag«, setzte er mit einem Seufzer hinzu.
»Entschuldige! Aber ich bin so aufgeregt!« Gloria fiel ihm um den Hals und küßte ihn auf die Wange. Dann half sie ihm, Mantel, Hut und Schal in der Garderobe aufzuhängen –, was alles noch um einiges verzögerte. Aber er ließ sich ihre besorgte Fürsorge nur zu gern gefallen.
Dr. von Lagen war Chef einer renommierten Anwaltskanzlei in bester Lage. Er war ein gutaussehender, schlanker Herr von Anfang Fünfzig, aber er sah älter aus. Er war nie wirklich über den Tod seiner über alles geliebten Frau Gloria hinweggekommen, die an der Geburt ihrer Tochter starb.
Sie hatte zwei Jahre vorher eine Fehlgeburt wegen eines Unfalls –, ein leichtfertiger Radfahrer hatte sie angerempelt, und sie war unglücklich gestürzt. Die Ärzte hatten dringend vor einer neuen Schwangerschaft gewarnt. Aber aus Liebe zu ihrem Mann wollte sie ihm unbedingt ein Kind schenken. Sie wußte, wie unbeschreiblich er sich auf den Sohn gefreut hatte und wie bitter enttäuscht er gewesen war, auch wenn er sie immer wieder tröstete und es zu verbergen versuchte. So wurde sie gegen den Rat der Ärzte und gegen seinen ausdrücklichen Wunsch wieder schwanger. Sie sagte es ihm erst voller Stolz, als es für eine Abtreibung zu spät war. Und als er sie trotzdem zu diesem Schritt überreden wollte, weigerte sie sich.
»Du mußt sie liebhaben, so wie ich dich!« waren ihre letzten Worte, als man ihrem weinenden Ehemann das Neugeborene in den Arm legte. Dann schloß sie für immer ihre schönen Augen.
Im gleichen Moment schlug das kleine Mädchen seine noch nicht sehenden Augen auf und schien den Vater anzuschauen –, mit Glorias Augen!
So gab Lagen ihr den Namen der Mutter und liebte sie mit aller Liebe, die er für seine Frau und die Kinder, die sie beide sich gewünscht hatten, im Herzen trug.
Er las ihr jeden Wunsch von den Augen ab und verwöhnte sie nach Strich und Faden, so daß alle Freunde und Verwandten sich immer wieder wunderten, wie trotzdem aus dem Kind so ein bezauberndes, kluges und liebenswertes Mädchen werden konnte.
Jetzt saßen sie in seinem Arbeitszimmer vor dem großen, offenen Kamin, den Glorian für diesen Anlaß hatte anheizen lassen.
Das Hausmädchen hatte ein kaltes Abendessen vorbereitet, das sie hier an einem kleinen Tisch, gemütlich in den großen Lederfauteuils sitzend, einnahmen.
Während sie aufgeregt berichtete, verglich er sie in Gedanken wieder einmal mit ihrer Mutter.
Gloria war lebhafter, als diese gewesen war. Vielleicht lag es aber auch daran, daß sie noch so jung war –, erst vierundzwanzig. Sie war groß und schlank und hatte wunderschöne Beine. Ihr Vater bedauerte oft, daß sie so gerne lange Hosen trug –, nur weil es praktisch war! Sie hatte seine schmalen, langfingrigen Hände geerbt –, eigentlich typische Pianistenhände. Nur fehlte ihr die Geduld zu üben. Ihr reiches, welliges Haar hatte die Farbe von dunklem Bernstein, in dem goldene Lichter spielten. Ihre Augen waren von einem tiefen Dunkelbraun mit langen, dichten schwarzen Wimpern und schöngeschwungenen Brauen. Auch die schmale, kleine Nase mit den beweglichen Flügeln hatte sie von ihrer Mutter. Der Mund war wie seiner ins Weibliche übertragen: weich, voll, leidenschaftlich. Sie war einfach wunderschön!
Und es war ein unverdientes Glück für ihn als Vater, daß sie noch keinen von ihren vielen und durchaus akzeptablen Bewerbern erhört hatte.
»Papa, du hörst mir nicht zu!« rief sie jetzt lachend.
Sie hatte auch die angenehme, weiche Stimme ihrer Mutter!
»Stimmt! Ich habe dich nur angesehen!«
»Und an Mami gedacht!« fügte sie mit liebevollem Tadel hinzu.
»Du hast recht!« gab Romuald von Langen zu. »Also, erzähle mir, was es an aufregenden Neuigkeiten gibt! Ich werde dir jetzt bestimmt zuhören!«
»Clarissa heiratet!« verkündete Gloria nun zum zweiten Mal und hoffte, ihn dieses Mal mehr zu interessieren.
»Ach«, sagte Lagen und überlegte, ob die Heirat ihrer besten Freundin sie vielleicht auch etwas in dieser Richtung planen ließ. Und ob er sich darüber freuen würde…
»Papa!« weckte Gloria ihn ärgerlich aus seinen Gedanken. »Clarissa Reinhart, du kennst sie doch!«
»Natürlich kenne ich deine beste Freundin!« erwiderte er schnell, um sie von seinem Interesse zu überzeugen. »Diese hübsche Blondine mit dem leicht ostischen Einschlag: hohe Wangenknochen, heller Teint, eine gute Figur und auffallend kleine Hände und Füße.«
»Vor allem hat sie wunderschönes Haar und große blaue Augen!« fügte Gloria hinzu.
»Du hast mich nicht ausreden lassen!« gab ihr Vater lachend zur Antwort. »Und – gegen wen heiratet sie?«
»Papa, laß doch die albernen Bemerkungen! Es ist eine große Liebe!«
»Das freut mich. Sie ist ein sehr liebes Mädchen!« sagte ihr Vater nun ernst. »Trotzdem möchte ich wissen, wer der Glückliche ist.«
»Er ist wahnsinnig nett und genauso in sie verliebt wie sie in ihn. Er heißt Benno von Wangen, ist Landwirt und erbt einmal einen kleinen Hof. Zur Zeit arbeitet er als Verwalter auf dem Gut eines Baron Holsten. Kennst du die Familie?«
»Weder – noch. Auch wenn ich die Namen schon einmal gehört habe. Soll ich mich erkundigen?«
»Nein, nein. Das ist nicht notwendig. Ich dachte nur, weil du doch Gott und die Welt kennst. Sie wollen natürlich eine große Hochzeit machen –, ganz ländlich in Dirndl und Tracht! Und ich bin Trauzeugin und erste Brautjungfer. Ich brauch ein neues Dirndl«, schloß sie vergnügt.
»Aber bemühe dich, die Braut nicht auszustechen!« warnte ihr Vater scherzend.
»Niemals!« versicherte Gloria. »Clarissa hat ein wunderschönes weißes Seidendirndl mit Spitzenschürze und Spitzenschultertuch. Ich werde irgend etwas Farbiges aussuchen und auch nicht bodenlang. Willst du mitkommen und mich beraten?« forderte sie ihn auf.
»Ich hätte natürlich große Lust. Aber da ich weiß, wieviel Zeit so eine Entscheidung bei dir in Anspruch nimmt, muß ich leider absagen. Doch ich werde dir verraten, ob du dich verkauft hast, wenn du es mir vorführst«, schlug Lagen lächelnd vor. Es bestand keine Gefahr, daß Gloria sich verkaufte! Sie hatte einen ebenso sicheren, guten Geschmack wie ihre Mutter.
Jetzt übermannte ihn aber doch die Neugierde, ob Gloria auch jemanden kannte, an dem sie mehr als nur oberflächlich interessiert war.
»Wer ist denn dein Brautführer?« fragte er.
Gloria lächelte spitzbübisch.
»Das möchtest du gerne wissen?«
»Klar!«
Sie lachte.
»Ich würde es auch gerne wissen! Ich kenne ihn nämlich nicht. Es ist der Sohn von Bennos Chef. Die beiden sind befreundet, schon vom Studium her. Er soll sehr nett sein, behauptete zumindest Clarissa und machte natürlich auch gleich dumme Anspielungen.«
Ihr Vater musterte sie prüfend.
»Nun, du bist immerhin schon vierundzwanzig. Deine Mutter und ich waren, als sie vierundzwanzig war, bereits ein Jahr verheiratet.«
»Wenn er so ist wie du –, dann heirate ich ihn auch!« erwiderte Gloria, sprang auf und fiel ihm um den Hals. »Aber ich fürchte, jemanden wie dich gibt es kein zweites Mal.«
»Ich freue mich zwar sehr, wenn du gern bei mir bist«, sagte Lagen, »aber ich muß gestehen, es wäre jammerschade, wenn ein schönes Mädchen wie du nicht heiraten und ein halbes Dutzend Kinder in die Welt setzen würde, um alle seine guten Eigenschaften zu vererben.«
»Papa!« protestierte Gloria entsetzt. »Sechs Stück!«
»Zieh kein solches Gesicht! Das war doch nur Spaß! Aber ein kleines Mädchen, das so aussieht wie du, und einen kleinen Jungen, damit dein Mann jemanden zum Fußballspielen hat…«
»Ich will keinen Mann, der sich für Fußball interessiert«, sagte Gloria mürrisch, und setzte sich wieder in ihren Sessel.
»Ich weiß überhaupt nicht, weshalb Eltern ihre Töchter immer aus dem Haus haben wollen! Daß ein Sohn heiratet, um den Namen zu erhalten oder damit der Besitz in der Familie bleibt, gut, das sehe ich ja ein. Aber weshalb man Mädchen so schnell wie möglich los haben will, begreife ich ehrlich nicht.«
»Aber, Gloria, so ist es doch nun wirklich nicht gemeint!« erwiderte ihr Vater erschrocken. »Du bist doch alles, was ich habe. Aber gerade deshalb möchte ich, daß du einmal so glücklich wirst, wie deine Mutter und ich es gewesen sind. Und das wird man nun einmal nicht mit seinen Eltern, sondern mit seinem Ehepartner und eigenen Kinder.«
»Ich weiß schon, wie du es meinst, Papa«, gab sie mit einem Seufzer zur Antwort. »Aber es nervt einfach, wenn man von allen Seiten ständig gefragt wird, wann man heiratet. Auch Clarissas Mutter hat mich gefragt und ihr Vater und einfach alle, denen ich heute begegnet bin. Und jetzt fängst du auch noch davon an und willst mir zudem gleich auch noch einen ganzen Stall voller Kinder aufhalsen!«
»Dann wollen wir das leidige Thema jetzt lassen und uns auf
das Abendessen konzentrieren«, schlug Lagen vor und erkundigte sich beiläufig, wer alles zur Hochzeit geladen war.
»Du selbstverständlich auch, Papa!« schloß Gloria den ausführlichen Bericht.
*
»Du siehst einfach umwerfend aus!« stellte Clarissa neidlos fest, als Gloria am Vorabend der Hochzeit zur Brautsoiree eintraf.
»Das Kompliment kann ich zurückgeben!« erwiderte die und umarmte die Freundin.
»Was ist? Hast du schon Lampenfieber?«
»Dumm, nicht wahr?« Clarissa lachte. »Vor allem, wenn man bedenkt…« Sie brach ab und sah Gloria mit einem verschmitzten Grinsen an.
»Nun, daß wir die Hochzeitsnacht schon längst hinter uns haben.«
»Du denkst doch nicht, daß ich etwas anderes vermutet habe?« spottete Gloria.
Clarissa lachte wieder nur und drehte sich in ihrem eisblauen Seidenkleid mit der engen Korsage und dem weitschwingenden Rock vor dem großen Spiegel in ihrem Ankleidezimmer.
»Hoppla!« Sie griff haltsuchend hinter sich und ließ sich in den großen Sessel fallen, der neben dem Spiegel stand.
»Du liebe Zeit! Ist dir schwindlig? Ist dir nicht gut?« fragte Gloria erschrocken. »Du wirst doch nicht krank werden!«
»Das hoffe ich auch. Ich darf gar nicht an all die Köstlichkeiten denken, die Mami für das kalte Büfett hat auffahren lassen. Krebse und Gambas und – reden wir lieber von etwas anderem.« Sie war plötzlich blaß geworden, lehnte sich zurück und schloß die Augen.
»Um Himmels willen!« flüsterte Gloria erschrocken. »Soll ich deine Mutter rufen?«
»Das fehlte gerade noch. Nein, nein, es geht mir gleich wieder besser.« Sie sah Gloria an und begann zu lachen.
»Meine Eltern wissen es noch nicht –, und du scheinst ein Brett vor dem Kopf zu haben: Ich bin schwanger!«
»Nein!« stieß Gloria hervor.
»Ja! Und ich freue mich wahnsinnig! Und Benno genauso!«
»Wirklich?« Gloria sah sie fassungslos an.
»Natürlich! Es ist doch normal, daß man, wenn man sich liebhat und heiratet, sich Kinder wünscht. Allerdings: wenn die Übelkeiten erst nach der Hochzeit angefangen hätten, wäre es mir lieber gewesen, muß ich zugeben.« Sie lachte über das entgeisterte Gesicht Glorias. »Du bist doch schon aufgeklärt, oder?« zog sie Gloria auf.
»Hast du keine Angst?« fragte die nach einer Pause.
»Angst?« Clarissa begriff nicht gleich.
»Nein, wirklich nicht, Liebes. Ich verstehe, daß du an deine Mutter denkst, aber das war doch ein ganz anderer Fall: die schweren inneren Verletzungn auf Grund dieses furchtbaren Unfalls, bei dem sie ihr erstes Kind verlor. Und alle warnten sie vor einer neuen Schwangerschaft. Das ist natürlich traurig, und ich verstehe, daß du gelegentlich daran denkst, aber das Normale ist, daß Mutter und Kind die lästigen Begleiterscheinungen der neun Monate und der Geburt glücklich überstehen.«
»Ich hätte furchtbare Angst!« gab Gloria leise zu.
»Ach was! Sobald du jemanden kennengelernt hast, den du wirklich von ganzem Herzen liebst, wirst du das alles ganz anders sehen. So: Jetzt geht es mir schon wieder gut, und jetzt gehen wir beide hinunter, und ich stelle dir deinen Kavalier für den morgigen Tag vor. Ich wette, daß er dir gefällt. Wenn ich nicht schon in Benno verliebt wäre, würde ich mich garantiert in Hartmut verschauen!«
»Soll ich dich bei Benno verpetzen?« versuchte Gloria, auf den munteren Ton der Freundin einzugehen.