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Der Advent ist wie eine weitere Jahreszeit, nur, zeigt sie sich nicht in der äußeren Natur, sondern im Innern des Menschen. Da werden Weihnachtslieder zu Erlebnissen umgedichtet, Erinnerungen an die Kindheit stellen sich ein, Knecht Ruprecht ist verschwunden, in Südamerika wird ein ganz besonderes Geschenk gefunden, und so manches Tier überrascht die Menschen. Ein schreibfreudiger Kreis von Frauen hat sich viel einfallen lassen, um jeden Tag im Advent anders und neu zu beginnen.
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Seitenzahl: 53
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Die abgebildeten Gegenstände wurden entweder in Handarbeit von Privatpersonen hergestellt oder befinden sich bereits lange im Familienbesitz.
Fotos: Michaela und Andrea Rohn Idee, Realisation und Gestaltung: Andrea Rohn Lektorat der Texte von A. Rohn: Ursula Reppmann-Wörsdörfer
Vorwort
01. Dezember: Flüchtlinge
02. Dezember: Der neidische Dezemberwind
03. Dezember: Winterpause
04. Dezember: Es war einmal ein Lebkuchenmann
05. Dezember: Hoffnung
06. Dezember: Der verschwundene Knecht Ruprecht
07. Dezember: Lang, lang ist’s her …
08. Dezember: Advent
09. Dezember: Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum …
10. Dezember: Süßer die Glocken nie klingen
11. Dezember: Eine große Freundschaft
12. Dezember: Der Nussknacker
13. Dezember: Der Advent
14. Dezember: Der Engel mit dem Pferdeschlitten
15. Dezember: Wer hat die Zimtsterne geklaut?
16. Dezember: Es ist ein Ross entsprungen
17. Dezember: Ein Ghasel
18. Dezember: Als das Kommunion-Kleid zurückkehrte
19. Dezember: Warten aufs Christkind
20. Dezember: Das Geschenk
21. Dezember: An Weihnachten das Glöckchen klingt
22. Dezember: Oh Tannenbaum
23. Dezember: Ein Wollschal und zwei Weißwürstl
24. Dezember: Alle Jahre wieder
Dank
Über die Autorinnen
Vorschau
Für alle, die noch an Weihnachten glauben
Erst wenn Weihnachten im Herzen ist, liegt Weihnachten auch in der Luft.
William Turner Ellis
Nachdem unser Kreis der schreibfreudigen Frauen weit über zehn Jahre besteht, fand ich es an der Zeit, dass wir ein gemeinsames Projekt verwirklichen. Um die Bandbreite der einzelnen Autorinnen aufzeigen zu können, bietet es sich an, diese in Kurzgeschichten und Gedichten einzufangen.
Die Idee kam mir im Spätsommer. Doch deren Umsetzung würde sich – das wusste ich aus eigener Erfahrung – über einige Wochen erstrecken. Bis ein Buch in den Händen der Leserschaft liegt, bedarf es viel Vorbereitung. Hinzu kommt, dass wir weder einen Verlag, noch einen Cover-Designer mit der Durchführung und Gestaltung dieses Bandes beauftragt haben. Gleichzeitig sollen die Wünsche von gleich vier der sechs Frauen berücksichtigt werden. Somit plane ich die Veröffentlichung für Ende November oder Anfang Dezember.
Da diese Wochen in die Weihnachtszeit fallen, liegt es nahe unserem Projekt die Form eines Adventskalenders zu geben.
Manche Beiträge sind lustig, andere besinnlich. Einige greifen Erinnerungen auf, die sich vor vielen Jahrzehnten ereignet haben. Dabei spielen die Kindheitserfahrungen von Weihnachten nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die Siebzigerjahre des letzten Jahrhunderts eine Rolle. An manchem Tag erfreut auch eine erfundene, fantasievolle Geschichte, die sich so oder ähnlich wirklich ereignet haben könnte.
Seht hin, seht hin,
im Pappkarton schläft das Kind
Advent, Advent,
eine Kerze flackert im Wind
Seht hin, seht hin,
im Lager weint das Kind
Advent, Advent,
zwei Kerzen flackern im Wind
Seht hin, seht hin,
im Abfall wühlt das Kind
Advent, Advent,
drei Kerzen flackern im Wind
Seht hin, seht hin,
um Liebe bettelt das Kind
Advent, Advent,
vier Kerzen flackern im Wind
Rosi Weyand
Der Wind, der Wind, der Dezemberwind,
braust eiskalt durch die dunkle Nacht,
blickt neidvoll auf’s Kind, das fröhlich lacht,
weil in der Stube ein Kerzchen brennt,
es ist Advent.
Der Wind, der Wind, der Dezemberwind,
lässt seinen Zorn an welken Blättern aus,
heult wütend, denn er darf nicht in’s Haus,
wo hell das zweite Kerzchen brennt,
es ist Advent.
Der Wind, der Wind, der Dezemberwind,
malt traurig Eisblumen an die Fensterscheiben,
möchte dort ein wenig länger bleiben,
denn schon das dritte Kerzchen brennt,
es ist Advent.
Der Wind, der Wind, der Dezemberwind,
wirbelt Schneeflocken durch die Luft,
schnuppert begierig der Plätzchen Duft,
wie herrlich, das vierte Kerzen brennt,
es ist Advent.
Der Wind, der Wind, der Dezemberwind,
warum weht er plötzlich so sacht und leise?
Er trägt Glockenklang durch die Nacht,
verschwunden sind, Zorn, Kummer und Neid –
es ist Weihnachtszeit.
Erika Horn
Das Feuer knistert im Ofen.
Es wird ruhiger um uns.
Die Arbeit ist getan.
Es ist Zeit für Entspannung.
Zeit zum Lesen,
Zeit zum Nichtstun,
Zeit zum Träumen,
Winterpause.
Ingrid Müller
Er hatte vor nichts Angst, nicht vor dem lauten Bellen des Nachbarhundes, nicht vor dem Herunterfallen vom Küchenschrank und auch nicht vor der dunklen Dose, in die ihn eines Tages zwei Hände hineinsteckten.
Doch irgendwann wurde die Dose geöffnet und er blickte in zwei weit geöffnete Kinderaugen und in einen noch weiter geöffneten Kindermund mit einer rosa Zunge und weißen gezackten Zähnen.
Wenn er jetzt nichts unternahm, würde genau das geschehen, was bereits Generationen von Lebkuchenmännern vor ihm durchlitten hatten: Er würde langsam aber sicher aufgegessen werden. Doch was sollte er tun?
Während er noch angestrengt darüber nachdachte, grapschte eine kleine Kinderhand nach ihm. Klebrige schokoladeverschmierte Finger schlossen sich fest um seine Taille und hoben ihn aus der Dose. Nur ganz kurz regte er sich darüber auf, dass dieses eklige dunkelbraune Zeug nun auch noch an ihm hing. Dadurch hätte er fast einen ganz entscheidenden Augenblick verpasst.
Plötzlich sah er über sich eine Reihe der weißen Kinderzähne aufblitzen. Voller Entsetzen ging ihm auf, dass sich folglich auch unter ihm eine weitere befinden musste. Schon senkte sich die Obere auf ihn herab, während ihn von unten die nasse rosa Zunge schon am Hinterkopf abschleckte.
Immer näher kamen die kleinen Zacken. Nur noch wenige Millimeter und sie würden sich wie eine Zange um seinen Kopf schließen, ihn abtrennen und ihn schließlich genüsslich Stück für Stück vom Haupt bis zu den Füßen aufessen.
„NEIN! N – E – I – N!“
Dieser panische Aufschrei war keineswegs aus des Lebkuchenmannes Mund gedrungen, wenn er auch nahe daran gewesen war, einen solchen auszustoßen.
Die Mutter des Mädchens hatte gerade die Küche betreten und ihre Tochter bei ihrer verbotenen Tätigkeit erwischt.
Erschrocken zuckte die Kleine zusammen. Ihre Fingerchen öffneten sich und auch Zähnchen und Zunge ließen von dem ach so leckeren Gebäck ab.