Die Legende von Tangalan - Andrea Rohn - E-Book

Die Legende von Tangalan E-Book

Andrea Rohn

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Beschreibung

Nachdem die ungewöhnlichen Reisegefährten die Kinder des Hexers in ihre Gewalt gebracht haben, machen sie sich auf den Weg nach Tangalan. Dort treffen sie auf Fentor und Feular. Wird es den Gefährten trotzdem gelingen, den Wald wieder auferstehen zu lassen? Werden sie die Opfer bringen, welche die Götter von ihnen verlangen? Und welche Rollen spielen die geheimnisvollen ursassi?

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Titelfoto: Andrea Rohn

Inhaltsverzeichnis

Personenverzeichnis

15. Kapitel: Ungewöhnliche Erfahrungen

16. Kapitel: Ankunft in Tangalan

17. Kapitel: Die Auferstehung des Waldes

18. Kapitel: Saráyus Erinnerungsfetzen

19. Kapitel: Feulars Fluch

20. Kapitel: Weitere Erinnerungen Saràyus

21. Kapitel: Herfrieds öffentliche Schmach

22. Kapitel: Alanyas neue Pflichten

23. Kapitel: Der Minne-Lump

24. Kapitel: Inwind wird Rell-Peras' Knappe

25. Kapitel: Der Stab des Zorns

26. Kapitel: Überraschungen

Dank

Mein Denken ist schöpferisch

Über die Autorin

Bereits erschienen

In Vorbereitung

Personenverzeichnis

Die Erzähler

Alanya

(Schöpferin), Jungfer mit tangalanischen Wurzeln

Inwind

Knappe, Mitbewohner Alanyas

Saráyu

(Windhauch), Handelspartner des Barons, engelsgleicher Bettgefährte von Geluk und Linnea

Die Magier

Jolar tu-Jas-Joklas

ursass (Geistwesen), Magier, Gestaltwandler

Rell-Peras

ursass (Geistwesen), Magier, Gestaltwandler

Auf Burg Vorberg

Linnea zu Vorberg

Baronin, zweite Ehefrau von Geluk

Geluk zu Vorberg

Baron, Ehemann von Linnea, Sklavenhändler

Lovis

Leibwächterin des Barons und noch mehr

Amrit

(Nektar) Zofe der Baronin Linnea zu Vorberg

Gereon

ehemaliger Stadtvogt von Salgin, Sohn von Olivia und Sir Herfried

Dama

(Ball), Masseur

Ebony

(Ebenholz) Heilerin

Olivia

Ehefrau von Sir Herfried, Mutter von Gereon

Sir Herfried

Ritter mit kleinem Landgut, Ehemann von Olivia, Vater von Gereon

Die Götter

Adalar

Gottheit des Windes

Catandra

Gottheit der Erde

Dilar

Gottheit des Wassers

Feular

Gottheit des Feuers

Melar

Gottheit der Metalle

Die magischen Freunde der Götter

Lung

(Wind), weißer Drache, Adalars Reittier

Kirtan

(Lied), geschecktes Einhorn, Catandras Reittier

Kastehelmi

(Tautropfen), Regenbogenschlange/ Meerjungfrau; Begleiterin Dilars

Luth

(Stärke), Zwerg, Begleiter Melars

Die Herrscherfamilie

Fentor

Hexer, Vater von Krid und Inish

Krid

hexerisch begabte Tochter Fentors und Schwester von Inish

Inish

(Insel) fast unsterblicher Sohn Fentors und Bruder von Krid; hexerische Niete

Die Schwertmaiden

Anger

14 Sommer alte, einfache Maid

Blua

14 Sommer alte, einfache Maid

Dulband

14 Sommer alte, einfache Maid

Eske

14 Sommer alte, einfache Maid

Naho

14 Sommer alte, einfache Maid

Sern

14 Sommer alte, einfache Maid

Die Zauberinnen

Astrantia

(Sterndolde) magische Heilerin (naomh)

Followmare

alte, weise Führerin der Schwertmaiden

Die Dorfbewohner

Amalia

junge, ängstliche Nachbarin von Gerlinda

Gerlinda

alte, resolute Nachbarin von Amalia

Korbinian

Dorfvogt, Eheherr von Reginlind

Reginlind

Eheweib des Dorfvogtes

Ein besonderes Wesen

Merce

(Grenzbewohner), gestaltwandelnder Kater

Für meine Brüder

Zu neuen Ufern lockt ein neuer Tag.

Johann Wolfgang von Goethe

16. Kapitel: Ankunft in Tangalan

An dem Ort, der einstmals der Mittelpunkt Tangalans war, hielten wir endlich an. Es sollte eine längere Rast werden, wie uns allen der verwandelte Saráyu eröffnete.

Mir war noch immer nicht klar, ob die Jungfern inzwischen ahnten, dass in der Gestalt des Knaben ein Magier steckte. Doch das sollte meine geringste Sorge sein.

Zunächst galt es, auf einer freien Fläche zwischen kreuz und quer liegenden mächtigen Baumstämmen, ein Lager zu errichten. Ehrlich gesagt war ich froh um die Verrichtungen, welche Jolar, Baron Geluk und ich durchführten.

Die Maiden sanken erschöpft von ihren Reittieren. Sie ließen sich einfach neben den Pferden in den Staub fallen. Innerhalb weniger Augenblicke schliefen sie ein.

„Warum haben wir die Weiber eigentlich mitgeschleppt?“, machte ich meinem Unmut laut Luft. „Stets bleiben alle Verrichtungen an uns Männern hängen. Nicht einmal zum Kochen oder Wasserholen sind die Jungfern zu gebrauchen! Sie behindern uns mehr, als dass sie eine wirkliche Hilfe sind. Ich komme mir langsam wie eine Kinderfrau vor, die ...“

„Halt ein, Inwind!“, unterbrach mich Jolar mit einem erzwungenen Lachen. „Du wirst noch erfahren, weshalb die Schwertmaiden uns begleiten müssen.“

Da ich zum jetzigen Zeitpunkt keine weitere Erklärung erhielt, schüttelte ich den Kopf und fuhr schweigend mit meiner Tätigkeit fort.

Im Stillen dachte ich darüber nach, an welch seltsamen Ort wir die nächsten Tage zubringen würden. Um uns herum herrschte nur Chaos, da ein riesiges Waldgebiet scheinbar von einem wütenden Titanen zerstört worden war. Zu den toten Urwaldbäumen, die über- und untereinanderlagen, kam die Stimmung eines Schlachtfeldes hinzu. Abgesehen von den auf einem verlassenen Kriegsschauplatz einfallenden Aasfressern, glich der Wald einem Ort des Todes.

Viel schlimmer empfand ich die hier vorherrschende Atmosphäre der Angst und des Bösen. Fast greifbar erschienen mir Schmerz, Hass und Trauer an diesem Ort.

Alanya wand sich in ihrem Rückzugsort. Der Anblick erregte meine Mitbewohnerin gedanklich: Hierselbst hat eine schreckliche zerstörerische Macht einst gewütet. Aber anders, als du annimmst, Inwind, ist das nicht das Werk des Hexers, sondern seines Sohnes Inish. Obgleich Fentor der Anstifter war; ausgeführt hat seinen Befehl der Junge Tod. Du stehst an einem der grauenhaftesten Plätze des Landes. Dies war einmal der Mittelpunkt eines magischen Waldes, wie ihn nur die Götter selbst wachsen lassen konnten. Der Lebensspender, so der Name des wichtigsten Urwaldbaums, wurde vordem5 von dem Hexersohn gefällt. Sein Hinscheiden zog das des ganzen Haines nach sich.

Auf dem gleichen Wege fragte ich sie: Wie kann der Frevel rückgängig gemacht werden? Ich gehe davon aus, dass uns genau dieses Anliegen hierhergeführt hat. Musste Saráyu sterben, damit der Magier Jolar einen Leib erhielt und so weitreichender handeln kann?

Alanya kam nicht mehr dazu, mir zu antworten. Stattdessen unterbrach die Stimme des blonden Knaben unsere Unterhaltung. „Sobald wir den Lageraufbau bewältigt haben, werde ich dir und auch den Jungfern erzählen, welches Leid Inish mit seinen Taten verursacht hat. Falls uns daneben noch Zeit bleibt, erfahrt ihr ferner, was ich mit eurer Hilfe hier zu tun gedenke.“

Es sollte ein ganzer Kerzenstrich vergehen, bis er sein Versprechen einlösen konnte.

Er erzählte uns Inishs Verbrechen auf eine so bildhafte Weise, wie ich sie niemals zuvor gehört hatte. Gebannt hingen nicht nur die Maiden an den Lippen des Magiers. Selbst Alanya gab mir zu verstehen, dass ihr die eine oder andere Einzelheit unbekannt war.

Als Jolar die Geschichte beendete, war der Abend so weit fortgeschritten, dass die Müdigkeit ihren Tribut forderte. Nicht einmal ich konnte mir das Gähnen verkneifen, obgleich ich es hinter meiner vorgehaltenen Hand zu verbergen suchte.

„Es war für uns alle ein langer Tag“, entließ der Baron uns. „Wir sollten uns ausruhen, denn der kommende Morgen wird einiges von uns fordern.“

Viel zu müde, als seinen Worten Bedeutung zuzumessen, zog ich mich auf mein Deckenlager zurück. Innerhalb weniger Atemzüge fielen mir die Augen zu. Ich glitt sogleich in einen herrlichen Traum, in dem ich in dem uns umgebenden wieder auferstandenen Wald zusammen mit Alanya herumlief. Vögel sangen himmlische Weisen, Insekten summten, Blüten verströmen betörende Düfte. Ich wähnte mich im Paradies.

*

Am späten Vormittag stahlen sich zwei der Jungfern heimlich davon. Sie hatten bereits den gesamten Morgen Jolar und Baron Geluk vergeblich zu überreden versucht, nach einem Wasserlauf Ausschau halten zu dürfen. Begründet hatten sie ihr Verlangen nicht etwa damit, die Wasserbeutel aufzufüllen, sondern ein Bad nehmen zu wollen. Sie behaupteten, dass ihre Gewänder an ihnen klebten und unangenehmen Duft verbreiteten.

Missmutig schaute ich meine männlichen Mitreisenden an und schüttelte gleich ihnen den Kopf. Als ob sie die Einzigen wären, die bei den Verrichtungen schwitzten.

Obgleich der magische Schutz die Kälte nicht mehr abwehrte, konnte ich mich keineswegs darüber beklagen. Bei der uns bisher umgebenden Wärme hätte ich meine Aufgaben sicherlich nur triefend erledigen können.

Auf jeden Fall hatten Eske und Naho sich ohne Erlaubnis auf die Suche nach Wasser begeben. Dass sie nicht fündig geworden waren, bewiesen ihre noch immer verdreckten und feuchten Kleidungsstücke. Stattdessen brachten sie jemanden mit, den ich bereits für tot gehalten hatte: Dulband.

Inish hatte einst durch die Hexenkünste seines Vaters ihre Gestalt angenommen. Dadurch glaubten die restlichen fünf Maiden, Dulband habe sie verraten und an den Sklavenhändler verkauft. Dass dem keineswegs so war, stellte sich erst geraume Zeit später heraus. Dennoch blieb ihr Verschwinden ein Rätsel, das sich hoffentlich gleich auflösen würde.

Sern, Anger und Blua stürzten ihrer so lange vermissten Gefährtin laut ihre Freude bekundend entgegen. Folglich verließen sie somit auch den magischen Schutzraum, den Jolar weiterhin aufrechterhielt.

Während sich die Maiden mit viel Gelächter und Geplapper begrüßten, fiel mein Blick auf den Baron und den Magier. Beider Mienen, so deuchte mir, zeigten für einen Augenblick Schrecken und Besorgnis. Da sie sogleich mit ihren Vorbereitungen fortfuhren, beruhigte ich mich damit, dass ich mich wohl getäuscht hatte.

Seltsam erschien mir hingegen, dass Dulband nicht gewillt war, das Lager zu betreten. Während ich meinen Aufgaben weiterhin nachging, beobachtete ich dennoch heimlich die Jungfern. All ihre Worte und sogar das Ziehen und Zerren an der sechsten Schwertmaid brachte sie keinen Schritt näher an den Bannkreis heran.

Irgendetwas stimmt mit Dulband mitnichten, dachte ich mir. Da Inish von mir selbst durch das Einhornschwert getötet wurde, kann er diesmal unter keinen Umständen in ihrer Gestalt hier erscheinen. Sicherheitshalber warf ich einen Blick auf die Stelle, an der die entseelten Leiber der Geschwister liegen sollten. Aufatmend stellte ich fest, dass dem noch immer so war. Meine flüchtig aufkeimende Befürchtung, der Hexersohn sei wieder zum Leben erwacht, hatte sich zum Glück nicht bewahrheitet.

Gerade wunderte ich mich darüber, dass Alanya sich nicht meldete und mir eine Erklärung lieferte, da überstürzten sich die Ereignisse.

Die laut plappernden Jungfern verstummten kurz, um alle gemeinsam erschrocken aufzuschreien. Im nächsten Moment sah ich Sern, Blua, Anger, Eske und Naho leblos zu Boden stürzen. Nur eine Person stand noch aufrecht, bei dieser handelte es sich aber in keinster Weise um Dulband. An ihrer Stelle befand sich ein Mann, bei dem es sich nur um Fentor handeln konnte. Dabei hatte ich mir den Hexer ganz anders vorgestellt, zumindest größer.

Den Zwerg mit dem ungepflegten Vollbart und der schwammig dicken Figur hätte ich nie und nimmer für einen so gefährlichen Gegner gehalten. Die Gesichtsbehaarung sollte fraglos das Fehlen einer solchen auf dem Kopf wettmachen. Und der krumme Zinken, der unter den stechend grauen Augen hervorlugte, machte den wohl über 50 sekels zählenden Winzling auf keinen Fall hübscher.

Einzig seine rauchige Stimme hallte kraftvoll zu uns herüber. „Saráyu, du missratenes Stück Driete6, welcher besoffene Zauberer hat dir die Wilde Magie beigebracht? – Gleichwohl! Lass den Schild fallen und ergib dich zusammen mit dieser Ratte von Sklavenhändler und dem Frettchen, das meinen Sohn auf dem Gewissen hat! Gegen mich kommst du Teufelsbalg ohnehin nicht an!“

Erschrocken über diese Worte, schaute ich den Magier in der Gestalt eines Knaben an. Mir kam der Gedanke, dass es mit der Macht Fentors alles andere als so weit her sein konnte, wenn er den ursass nicht gewahrte. Auch Alanya hatte er mit keiner Silbe erwähnt. Obgleich sie sich im hintersten Winkel meines Hauptes versteckt hielt, glaubte ich doch, dass ein solch mächtiges Geschöpf ihre Anwesenheit spüren müsste.

Da ich von der Seite auf den gut zwei Pferdelängen von mir entfernt stehenden Jolar blickte, erkannte ich ein überhebliches Lächeln in seinem Antlitz. „Fentor, deine Herrschaft ist zu Ende. Für ein stinkendes Miststück wie dich ist in Tangalan kein Platz mehr. Deine Brut liegt zertreten im Staub. Willst du dich zu ihr gesellen?“

„Du modriges Stück Pferdedriete hast die Dreistigkeit, dich mit mir, dem Besten der Besten, anzulegen? Dass ich nicht lache!“ Fentor quiekte wie ein angestochenes Schwein.

„Ich schlage dir ein Geschäft vor, BARON“, wandte der Hexer sich abrupt an den Sklavenhändler.

Geluk zu Vorberg schien sofort darauf anzuspringen. „Für einen guten Handel sind Wir stets zu gewinnen. Rede, Fentor! Was bietest du Uns?“

„Tausche das Frettchen gegen eines der Weiber“, schlug der Hexer ihm mit einem verschlagenen Lächeln vor.

„Warum sollten Wir? Der Knabe ist ansehnlich von Gestalt und überaus anstellig. Wohingegen du Uns garantiert die garstigste der Maiden überlassen willst.“ Mit einem Kopfschütteln lehnte er ab. „Nenne mir einen anständigen Preis und lass das Geplänkel!“

„Gut gekontert, Vorberg!“ Der Zwerg zog einen imaginären Hut und deutete eine leichte Verneigung an. „Du sollst zwei der Jungfern für ihn erhalten. Mehr gebe ich dir auf keinen Fall.“

Es entstand eine kurze Pause. Mir dünkte, Geluk überlegte sich das Angebot.

„Und was bietest du Uns für ihn?“ Der ausgestreckte Arm des schwarzhaarigen Sklavenhändlers zeigte auf Saráyu.

Diesmal zog der Hexer eine nachdenkliche Miene. Mit einer Hand strich er sich den Bart. „Nun, ja ... Er wäre mir die restlichen drei Weiber wert.“

„Das Geschäft klingt zu verlockend, als dass Wir es ausschlagen könnten“, ging der Baron auf Fentor ein.

Ich atmete erschrocken ein und versuchte, Jolars Blick einzufangen, dessen Gesichtszüge entsetzt wirkten.

„Ihr ... könnt ... doch ... nicht ...“, brachte ich mit Mühe hervor, während der vermeintliche Saráyu seinen Handels- und einstigen Bettgefährten mit unflätigen Worten bedachte.

„Benimm dich gefälligst, Saráyu!“, fuhr Geluk zu Vorberg ihn an, ehe er sich zu uns umdrehte. „Lass den magischen Schild fallen! Früher oder später überwindet Fentor ihn ohnehin.“ Rasch kam er auf mich zu und packte mich am Arm. Ehe ich begriff, was er vorhatte, schleuderte er mich in die Richtung, wo der vorgebliche Knabe stand.

Ohne Saráyus beherztes Zugreifen wäre ich unzweifelhaft gestürzt, so prallte ich gegen seinen Leib. Zwar geriet der Jüngling für einen Moment ins Straucheln, fing sich aber recht schnell wieder.

Den Zwischenfall nutzte der Sklavenhändler. Er gab uns beiden jeweils einen Stoß in den Rücken und katapultierte uns damit aus dem Schutzbereich heraus. Diesmal war uns das Glück keineswegs hold. Wir fielen über unsere Füße und einige querliegende Äste.

Hurtiger, als ich diese Bewegung dem Hexer zugetraut hätte, stürzte er auf uns zu. Obgleich meine Reflexe durch die Knappenausbildung höchstlich7 geschult waren, schaffte ich es nicht mehr auf die Beine zu kommen, ehe er mich erreicht hatte. Saráyu erging es nicht anders.

Ich hörte Fentor etwas in einer mir unbekannten Sprache murmeln. Dann senkte sich jeweils ein Netz auf uns hernieder, zog sich zusammen und beförderte uns durch die Luft hinter den Zwerg. Wir landeten unsanft inmitten der Jungfern, die schreiend wieder zu sich kamen.

Irritiert schauten sie sich um. An ihren Mienen glaubte ich zu erkennen, dass sie nichts von dem begriffen, was um sie herum geschah.

„Bleibt liegen!“, raunte ihnen der Magier zu. „Du auch, Inwind!“ Mir knipste er, für die Maiden unsichtbar, mit einem Auge zu.

Da ich nicht einmal das Haupt zur Bestätigung neigen konnte, erwiderte ich die Geste. Obgleich mir alles andere als wohl zumute war, verließ ich mich darauf, dass Jolar einen Plan hatte.

Zunächst versuchte ich, das Geschehen an unserem Lagerplatz zu verfolgen. Dort schien der Schutzschild zusammengebrochen zu sein, denn der Zwerg stand genau vor Geluk zu Vorberg.

Die Männer sagten kein Wort, trotzdem musste sich etwas Entscheidendes zwischen ihnen anbahnen, zumal der Hexer plötzlich aufschrie und rückwärts zu Boden stürzte. Im nächsten Moment sprang er bereits wieder auf, verschwand vor meinen Augen, um neben Saráyu zu erscheinen. Den noch immer in dem Netz gefangenen Knaben riss er mit einer Hand auf die Füße.

„Das sollen sie alle büßen!“, brüllte er erbost. „Mit deinem Liebchen fange ich an.“ Ein meckerndes Lachen entfuhr seinem Mund. Doch rasch erstarb es, denn mit einem Mal umschloss seine Faust das leere Geflecht. Sein Inhalt war verschwunden.

Fentors überraschte Miene verwandelte sich in einen dümmlichen Gesichtsausdruck, als auch meine Fesseln ohne mein Zutun von mir abfielen. Im nächsten Augenblick steckte der Hexer selbst darin wohlverschnürt auf dem Boden. Nicht einmal seine fremdländischen, vor sich hingemurmelten Worte änderten das Geringste an seinem Zustand.

Indessen fasste ich mich wieder, half den Jungfern auf die Füße und brachte die verwirrten Maiden ins Lager zurück. Dort schienen sie sich sicher zu fühlen, denn kaum angekommen, schwatzten sie aufgeregt durcheinander.

„Werte Jungfern“, verschaffte sich der Baron mit einem amüsierten Lächeln Gehör, „würdet ihr die Güte haben und euch beruhigen?“ Er unterstrich seine Worte mit einer entsprechenden Geste.

Sofort verstummten die Schwertmaiden. Fragend sahen sie Geluk zu Vorberg an, der ihnen die gewünschte Erklärung lieferte.

„Ein magischer Bann umgibt den Hexer, den dieser nicht zu lösen imstande ist.“

„Was für mich aber ein Leichtes ist“, meldete sich eine unbekannte Jungmännerstimme. Gleichzeitig materialisierte sich ein rothaariger Knabe in Gewändern, die zu brennen schienen, auf halbem Weg zwischen Fentor und uns.

„Maiden, Inwind! Zieht die Schwerter und kreuzt sie alle miteinander!“, befahl der Baron in eindringlichem Ton, der uns unbewusst handeln ließ.

Kaum waren wir seinem Geheiß nachgekommen, schleuderte der Fremde einen Blitz in unsere Richtung. Mit Verblüffung stellten wir fest, dass er von den Klingen unserer Waffen abprallte und zu seinem Urheber zurückkatapultiert wurde. Die Naturgewalt traf ihn mit aller Wucht, schien ihm aber nichts anhaben zu können. Einzig ein leichtes Stolpern und verärgertes Kopfschütteln zeigte an, dass der rothaarige Jüngling keineswegs unbeeindruckt von der Wirkung war.

„Nicht schlecht!“, erkannte er unsere Leistung an, ehe er sich an den Baron wandte. „Unterwirf dich mir, Geluk zu Vorberg, und mein Dank wird dir gewiss sein!“

„Feular, wir wissen beide, dass du dein Wort niemals halten wirst“, entgegnete der Angesprochene ihm mit einer zwanglosen Haltung. „Der Gott des Feuers war schon immer ein Lügner und Betrüger. Wo du dich zeigst, bist du einzig auf deinen Vorteil bedacht. Selbst der Hexer ist nur ein Spielzeug in deinen Händen.“