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Die nördliche Harzregion ist, mit Ausnahme von Halberstadt, recht glimpflich durch den 2. Weltkrieg gekommen, was die eigentlichen Kriegshandlungen betrifft. Dieser grauenhafte Weltkrieg, der 60 bis 70 Millionen Tote gefordert hat - hinzu kamen unzählige Vermisste, Invaliden, Witwen und Waisen - hat unermessliches Leid über die Menschheit gebracht. Ich habe errechnet, dass dieser Krieg genau 2194 Tage, 6 Jahre und einen Tag gedauert hat und dass in jeder Stunde dieses unseligen Krieges zwischen 1139 und 1329 Menschen ihr Leben verloren, das heißt in jeder Minute gab es 19 bis 22 Tote! Im Buch ist eine farbige Übersichtskarte mit den Absturzorten der Flugzeuge eingefügt sowie 32 zeitgenössische schwarz-weiß Abbildungen.
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Seitenzahl: 50
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Die nördliche Harzregion ist, mit Ausnahme von Halberstadt, recht glimpflich durch den 2. Weltkrieg gekommen, was die eigentlichen Kriegshandlungen betrifft. Dieser grauenhafte Weltkrieg, der 60 bis 70 Millionen Tote gefordert hat – hinzu kamen unzählige Vermisste, Invaliden, Witwen und Waisen – hat unermessliches Leid über die Menschheit gebracht. Ich habe errechnet, dass dieser Krieg genau 2.194 Tage, 6 Jahre und einen Tag gedauert hat und dass in jeder Stunde dieses unseligen Krieges zwischen 1.139 und 1.329 Menschen ihr Leben verloren, das heißt in jeder Minute gab es 19 bis 22 Tote! Besonders verlustreich waren die Jahre 1943 bis zum Kriegsende 1945, als der Krieg unmittelbar nach Deutschland und Japan kam. Durch die furchtbaren Flächenbombardements der Alliierten auf viele große Städte in Deutschland und Japan wuchsen die Zahlen der Kriegsopfer rapide an. Die Kämpfe an der Ost- und der Westfront nahmen in dieser Zeit an Schärfe zu und trieben die Verlustzahlen auf Seiten aller Kriegsparteien nach oben.
Anliegen dieser Arbeit ist es jedoch ausschließlich, das Geschehen, in direktem Zusammenhang mit dem Luftkrieg, in einem kleinen und überschaubaren Gebiet zu behandeln, das in der deutschen Luftkarte 1939 - 1945 mit der Bezeichnung JC (Julius-Caesar) bezeichnet worden war. Diese Luftlagekarte war für die Luftbeobachtung angelegt worden. Flächendeckend waren dementsprechend Ortungsgeräte, wie die Würzburg-Geräte, installiert. Der Deckname „Würzburg“ wurde für das von Telefunken entwickelte mobile Funkmessgerät (Radar) im Dezimeterwellen-Bereich verwendet, das die Luftwaffe der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg in großem Umfang zur Luftraumbeobachtung, aber auch zur Führung der Nachtjäger, einsetzte. Hinzu kamen Flugbeobachtungsposten, die ebenfalls flächendeckend und rund um die Uhr, im gesamten deutschen
Reichsgebiet ihren Dienst taten. Auf diese Weise war eine Luftraumüberwachung gegeben, die den sogenannten Luftschutz-Warnkommandos als Informationsgrundlage zur Auslösung von Luftalarmen diente. In Halberstadt, das Zentrum des Planquadrates JC war, befand sich diese Dienststelle im Keller der Hauptpost „Unter den Zwicken“.
Ausweis der Martha Mühlberg als Angehörige des Luftschutz-Warnkommandos; sie war bei Fliegeralarm berechtigt die öffentlichen Straßen und Plätze zu betreten und mit einem Kraftfahrzeug zu befahren. Abbildung: Archiv Werner Hartmann, Halberstadt
Das Personal dieser als LS-Wako bezeichneten zivilen Dienststelle bestand vorwiegend aus Frauen, nur die Kommandoführer waren Männer. LSW-Hauptführer (Luftschutz-Warnkommando-Hauptführer) in Halberstadt waren: Eugen Schlabitz, Günter Bätjer und Kurt Brasche. Alle drei Hauptführer waren Zivilisten, die für die Dauer des Krieges dienstverpflichtet waren. Der Dienst in diesen Wakos fand im rollenden Schichtbetrieb statt, wobei die Dienststelle immer ausreichend besetzt zu sein hatte. Alle Dienststellen-Mitarbeiter waren mit Spezialausweisen ausgestattet, die ihnen Sonderrechte einräumten.
Seite → - → – Absturzstellen-Karte: Die Zahlen – zum Beispiel (111) – der Absturzstellen finden Sie im Text an der entsprechenden Stelle wieder. Karte aus dem Archiv von Werner Hartmann, Halberstadt, bearbeitet von H. Heindorf
Dieses Buch soll jedoch nicht den Aktivitäten der Wakos gewidmet sein, sondern ausschließlich den deutschen, britischen und US-amerikanischen Fliegern, die in diesem grausamen Krieg im Planquadrat JC ihr Leben lassen mussten.
Der erste Luftangriff der Alliierten auf zivile Ziele fand in der Nacht vom 15. zum 16. Mai 1940 durch die Royal Air Force im Ruhrgebiet statt, nachdem Premierminister Winston Churchill kurz zuvor das Verbot des Angriffs auf zivile Ziele aufgehoben hatte. Das Planquadrat JC blieb aber noch lange verschont von den alliierten Bombern – fast vier Jahre lang. Erst am 11. Januar 1944 bombardierten die ersten amerikanischen Flugzeuge den Halberstädter Luftraum. Es waren die berüchtigten und gefürchteten B-17 Bomber – auch fliegende Festungen genannt –, die die ersten, kleineren Luftangriffe auf Halberstadt flogen. Ziele von den 541 Bombern waren Rüstungsbetriebe in Braunschweig, Oschersleben und Halberstadt, vorwiegend jedoch Flugzeugwerke sowie deren Zulieferer. Im Planquadrat JC hatten die Amerikaner besonders die AGO-Werke Oschersleben sowie die Junkers-Werke in Halberstadt im Zielfokus. Die 139 Bomber, die die AGO-Werke angriffen, warfen 155,5 Tonnen Sprengbomben ab und trafen dabei ebenfalls zahlreiche Wohngebäude. Von den feindlichen Flugzeugen wurden 38 abgeschossen und viele beschädigt.
Von diesem Luftangriff gibt es mehrere Abschussprotokolle, unter anderem die zwei folgenden aus dem Archiv von W. Hartmann, Halberstadt:
(3) Ein B-17 Abschuss erfolgte auch über Schmatzfeld. Dazu gab W. Haberland im „Abbenröder Heimatheft“ Nr. 13 (2001) folgenden kleinen Bericht: „Am 11. Januar 1944 wurde im Luftkampf von deutschen Jägern, wie den bei Goslar kurzzeitig stationierten Messerschmitt BF 109 und Focke Wulf FW 190 A, über Abbenrode, Stapelburg und Veckenstedt ein viermotoriger Bomber vom Typ Boeing B-17 abgeschossen. Über Schmatzfeld fiel der Bomber brennend vom Himmel, die gesamte Mannschaft verbrannte. Das noch mit Bomben beladene Flugzeug explodierte teilweise über Schmatzfeld. Die Maschine verlor über dem Grundstück des Landwirts Wolf, heute Doppelheuer, an der Wernigeröder Straße eine brennende Tragfläche mit zwei Motoren, die auf die Scheune des Wolfschen landwirtschaftlichen Betriebes fiel. Die gesamte Scheune, mit Luzerne, Stroh und anderen Futtervorräten sowie einem Kramer-Schlepper, einem Hanomag-PKW und Ackerwagen, Maschinen und Geräten, stand sofort in Flammen. Die Scheune brannte bis auf die Grundmauern nieder. Trotz eines Feuerwehreinsatzes konnten keine Geräte gerettet werden. Der Rest der Maschine schlug auf dem Acker von Erna Festerling auf.“
(4) Von weiteren abgeschossenen B-17 Bombern ist folgendes bekannt: Ein Flugzeug stürzte in Schwanebeck zwischen der katholischen Kirche und dem späteren Rinder-Offenstall ab.
(5) Zwischen Hordorf und Oschersleben ging eine „Sky Wolf“ der 303 BG nieder (Werk-Nr. 41-24672). Ein Besatzungsmitglied starb und die neun anderen gingen in Gefangenschaft.
(6) Etwa 800 m westlich von Hordorf zerschellte eine Maschine des 303. Bombengeschwaders mit der Werk-Nr. 42-39794; alle zehn Besatzungsmitglieder starben.
(7) Zwischen Neindorf und Altbrandsleben – nördlich von Oschersleben – stürzte ein „Eager Eagle II“ des 351. BG mit Werk-Nr. 42-30780 ab. Beim Absprungversuch geriet ein Besatzungsmitglied ins Leitwerk der Maschine und wurde getötet. Sechs weitere Besatzungsmitglieder starben ebenfalls; ein Überlebender soll von der Bevölkerung erschlagen worden sein.
Es gab jedoch nicht nur bei den Alliierten Opfer, auch die deutsche Zivilbevölkerung hatte Tote bei diesen Luftangriffen zu beklagen: In Halberstadt kam der 16jährige Karl-Heinz Pech ums Leben und in Oschersleben überlebten 59 Menschen den Bombenangriff nicht, davon 17 Kinder. Auch die deutsche Luftwaffe kam nicht ungeschoren davon:
(8) In Heudeber am Steckhan-Silo stürzte eine Me 110 ab und riss zwei Flieger mit in den Tod. (9)