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Das größte Rätsel der ägyptischen Geschichte: Der historische Roman »Im Tal der Könige« von Cecelia Holland jetzt als eBook bei dotbooks. Ägypten, 1300 vor Christus: Nach dem Tod des Ketzer-Pharaos Echnaton ist es seinem jungen Sohn Tutanchamun vorherbestimmt, den Thron zu besteigen. Dies ist der Beginn einer kurzen, aber stürmischen Herrschaft voller Machtkämpfe und Intrigen, die dem jungen Pharao schließlich zum Verhängnis werden sollen – denn drei Menschen, deren Schicksale eng mit dem des Pharaos verwoben sind, haben einen Pakt geschlossen: Tutanchamun muss sterben …1914: Tausende Jahre später macht sich der Archäologe Howard Carter auf die Suche nach dem verschollenen Grab des Kind-Pharaos – doch in einer Zeit des Krieges und von politischen Unruhen muss er gegen Kritiker und Zweifler ankämpfen. Kann es Carter gelingen, das Geheimnis des berühmten Tutanchamun zu lüften? Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der Ägypten-Roman »Im Tal der Könige« von Cecelia Holland wird alle Fans von Mika Waltari und Christian Jacq begeistern. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 376
Über dieses Buch:
Ägypten, 1300 vor Christus: Nach dem Tod des »Ketzer-Pharaos« Echnaton ist es seinem jungen Sohn Tutanchamun vorherbestimmt, den Thron zu besteigen. Dies ist der Beginn einer kurzen, aber stürmischen Herrschaft voller Machtkämpfe und Intrigen, die dem jungen Pharao schließlich zum Verhängnis werden sollen – denn drei Menschen, deren Schicksale eng mit dem des Pharaos verwoben sind, haben einen Pakt geschlossen: Tutanchamun muss sterben …1914: Tausende Jahre später macht sich der Archäologe Howard Carter auf die Suche nach dem verschollenen Grab des Kind-Pharaos – doch in einer Zeit des Krieges und von politischen Unruhen muss er gegen Kritiker und Zweifler ankämpfen. Kann es Carter gelingen, das Geheimnis des berühmten Tutanchamun zu lüften?
Über die Autorin:
Cecelia Holland wurde in Nevada geboren und begann schon mit 12 Jahren, ihre ersten eigenen Geschichten zu verfassen. Später studierte sie Kreatives Schreiben am Connecticut College unter dem preisgekrönten Lyriker William Meredith. Heute ist Cecelia Holland Autorin zahlreicher Romane, in denen sie sich mit der Geschichte verschiedenster Epochen und Länder auseinandersetzt.
Bei dotbooks veröffentlichte die Autorin ihre historischen Romane »Im Tal der Könige«, »Die Königin von Jerusalem«, sowie ihre Norsemen-Saga mit den Einzelbänden »Der Thron der Wikinger« und »Der Erbe der Wikinger«. Weitere Bücher sind in Vorbereitung.
Die Website der Autorin: thefiredrake.com/
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eBook-Neuausgabe Mai 2024
Die amerikanische Originalausgabe erschien erstmals 1977 unter dem Originaltitel »Valley of the Kings« bei Tom Doherty Ass., Inc., New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 2005 bei Weltbild.
Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1977 by Elisabeth Eliot Carter
Revised and renewed copyright © 1997 by Cecelia Holland
Copyright © der deutschen Erstausgabe 2005 Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Steinerne Furt 67, 86167 Augsburg
Copyright © der Neuausgabe 2024 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Nele Schütz unter Verwendung von Shutterstock/donatas 1205, Marina_ua, sini4ka, Zaleman
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (lj)
ISBN 978-3-98690-969-7
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Bei diesem Roman handelt es sich um ein rein fiktives Werk, das vor dem Hintergrund einer bestimmten Zeit spielt oder geschrieben wurde – und als solches Dokument seiner Zeit von uns ohne nachträgliche Eingriffe neu veröffentlicht wird. In diesem eBook begegnen Sie daher möglicherweise Begrifflichkeiten, Weltanschauungen und Verhaltensweisen, die wir heute als unzeitgemäß oder diskriminierend verstehen. Diese Fiktion spiegelt nicht automatisch die Überzeugungen des Verlags wider oder die heutige Überzeugung der Autorinnen und Autoren, da sich diese seit der Erstveröffentlichung verändert haben können. Es ist außerdem möglich, dass dieses eBook Themenschilderungen enthält, die als belastend oder triggernd empfunden werden können. Bei genaueren Fragen zum Inhalt wenden Sie sich bitte an [email protected].
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Cecelia Holland
Im Tal der Könige
Historischer Roman
Aus dem Amerikanischen von Marie Henriksen
dotbooks.
Dieses Buch ist
Marion Hardy gewidmet –
sie weiß, warum.
Vor einigen Jahren hatte ich das Glück, einige Stunden mit dem heutigen Earl of Carnarvon zu verbringen. Er ist der Sohn jenes Carnarvon, der gemeinsam mit Howard Carter im Jahr 1922 das Grab des Tutanchamun entdeckte, und er hat mir von dieser Entdeckung ebenso erzählt wie vom späteren Schicksal seines Vaters. Aus dem damaligen Gespräch ist dieser Roman entstanden.
Mein Name ist Howard Carter; ich bin Engländer und Ägyptologe. Im Jahr 1902 arbeitete ich für das ägyptische Department of Antiquities und überwachte im Rahmen dieser Tätigkeit die Ausgrabungen im Tal der Könige, unweit der antiken Stadt Theben. Ein lange vor sich hinschwelender Zwist zwischen mir und meinem Vorgesetzten war eskaliert – in Form von heftigen Wortwechseln und Drohungen –, und als die Gerüchte darüber dem Britischen Gesandten in Kairo zu Ohren kamen, wurde ich in die Gesandtschaft einbestellt.
Der Gesandte zu dieser Zeit hieß Lord Cromer. Vor dem Krieg nahmen die Briten in Ägypten offiziell den Status von Gästen ein, und das Land stand unter der Regierung des türkischen Khedive.
De facto war die britische Dominanz natürlich nicht zu leugnen – eine kitzlige Situation, die Cromer all sein diplomatisches Talent abforderte.
Wie ausgeprägt dieses Talent tatsächlich war, erfuhr ich, als ich in der Gesandtschaft vorsprach. Ich hatte einen gehörigen Rüffel erwartet; stattdessen wurde ich zu meiner Überraschung zum Dinner eingeladen.
Es gab noch einen weiteren Gast an diesem Abend; wir waren also zu dritt. Der Mann war zart gebaut, wirkte geradezu zerbrechlich, und ich schätzte ihn auf Mitte dreißig, also wenige Jahre älter als ich. Sein Haar war sehr gepflegt, und seine Augen kamen mir fast ein wenig zu strahlend vor. Ich bin mir aber gar nicht sicher, ob ich das bemerkt hätte, hätte man mich nicht darauf aufmerksam gemacht, dass er von labiler Gesundheit war. Es handelte sich um den Earl of Carnarvon, der den Winter aus gesundheitlichen Gründen in Ägypten verbrachte.
Nach dem Essen gingen wir zu dritt in Cromers Arbeitszimmer, um uns dem Brandy und den Zigarren zu widmen. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Auseinandersetzung mit meinem Chef nicht mit einem Wort erwähnt worden. So etwas war einfach nicht Cromers Art.
Wir ließen uns in dem gemütlichen kleinen Raum nieder, den Cromer als privates Arbeitszimmer nutzte. Ein Diener zündete die Kerzen in den handbemalten Lampen an und servierte den Brandy in einer kristallenen Glaskaraffe. Die ganze Umgebung wirkte sehr englisch – fast hätte man vergessen können, dass sich nur ein paar Schritte weiter, unmittelbar vor der Tür, der Moloch Kairo auftat, voll von Fliegen, Dieben und dem Gestank des Nils. Carnarvon saß in einem tiefen Ledersessel und zupfte die Bügelfalten seiner ohnehin schon makellosen Hosenbeine gerade. Auf dem Bücherbord hinter ihm stand vor einer Reihe von Dickens-Romanen eine Napoleon-Büste aus weißem Speckstein, und an den Wänden zwischen den schweren Bücherschränken hingen Bilder mit Motiven aus dem Reitsport: Pferderennen, Pferde, die über Hecken sprangen ...
Wie es in englischen Arbeitszimmern üblich ist, galten die ersten Worte unseres Gesprächs der europäischen Politik. Ich stand am Ende des Zimmers und studierte die Buchtitel hinter den Glastüren der Bücherschränke, während Cromer und Carnarvon wie üblich die Allgemeinplätze der herrschenden Klasse herunterbeteten.
»Der Kaiser«, sagte Cromer, indem er seinen Brandy in einem Zug austrank, »hat keinen Sinn für den Ernst der Lage. Aber ich fürchte, wir langweilen Carter, der sich für niemanden interessiert, der nicht als Mumie einbalsamiert ist.«
Lächelnd reichte er mir ein bauchiges Glas mit Brandy. Seine farblosen Augen, ebenso intelligent wie kalt, standen ein wenig hervor in seinem glatten, ausdruckslosen Diplomatengesicht.
»Setzen Sie sich doch, Carter«, sagte er.
»Danke«, erwiderte ich, blieb aber stehen.
»Wenn ich die Sache richtig sehe, haben Sie unter Flinders Petrie bei den Ausgrabungen von Teil el-Amarna gearbeitet«, ergriff nun Carnarvon das Wort.
»Ja«, antwortete ich. »Ich habe in der Mannschaft gearbeitet, die die Überreste des Echnaton-Palastes ausgegraben hat.«
»Carter kennt Ägypten«, bemerkte Cromer. Er setzte sich in den zweiten Sessel neben Carnarvon. »Er kennt jeden hier, und jeder kennt ihn. Sie könnten keinen besseren Mann in Ihre Dienste nehmen.«
In diesem Moment war ich froh, dass ich stand. Ich warf noch einen Blick auf Carnarvons sorgfältig manikürte Hände, die sich um das Glas gelegt hatten. Er war der Sohn eines Earls; jedes Anzeichen von Arbeit an seinen Händen hätte unstandesgemäß gewirkt.
Nun schaltete er sich wie auf ein Stichwort in unser Gespräch ein: »Wie ich höre, gab es ein Zerwürfnis zwischen Ihnen und Ihrem Chef, Carter.«
»Ich habe bei Flinders Petrie gelernt«, gab ich ihm zur Antwort. »Ich habe mehr Respekt für Details als die meisten anderen hier. Interessieren Sie sich für Ägyptologie?«
»Ehrlich gesagt, weiß ich sehr wenig über antike Geschichte. Ich muss nur endlich einmal vor die Tür, wissen Sie. Die letzte Wintersaison hier habe ich mit dem Lösen von Kreuzworträtseln verbracht. Man kann hier ja nicht einmal anständig auf die Jagd gehen.«
Cromer beugte sich seitwärts über die Armlehne seines Sessels, um nach der Karaffe mit dem Brandy zu angeln. Der Diener stand hinter ihm und stellte die Lampe richtig ein. Cromer sagte: »Das hier ist nicht England, so sehr wir uns auch bemühen. Gehen Sie auf die Jagd, Carter?«
»Dafür habe ich keine Zeit, my Lord.«
»Ich kann nicht behaupten, dass ich selbst viel über das alte Ägypten wüsste«, wechselte Cromer das Thema. Er winkte mit dem Finger, und der Diener brachte die Zigarren. Dann fuhr Cromer fort: »Ich kann mir die Dynastien nicht merken, und dann hatten sie ja all diese seltsamen Ungeheuer als Götter – die griechischen Götter sind ja einigermaßen beeindruckend, aber die ägyptischen – selbst Herodot macht sich darüber lustig. Affen und Katzen ... Krokodile ... «
Herodot hat nur das dekadente Ägypten erlebt, als die große Zeit längst Geschichte war.
Ich nahm eine der langen schlanken Zigarren.
»Der einzige Ägypter, den ich sympathisch finde, ist Echnaton«, fügte Cromer hinzu. »Dieser Häretiker.« Er nickte mir zu. »Aber Sie wissen mehr über ihn als ich.«
»Der Verbrecher von Teil el-Amarna«, sagte ich. »Die am meisten überschätzte Gestalt der antiken Welt.«
Carnarvon betrachtete die Zigarren. Der Diener beugte sich leicht nach vorn, um sie ihm anzubieten; das goldene Lampenlicht fiel auf das dunkle ägyptische Gesicht, die niedergeschlagenen Augen, den lächelnden Mund.
»Inwiefern überschätzt?«, fragte Carnarvon.
»Ich habe gehört, er soll der erste Monotheist gewesen sein«, sagte Cromer in streitlustigem Ton. »Er soll Mose beeinflusst haben. Unsere gesamte Zivilisation könnte letztlich auf der Vision von Echnaton gegründet sein.«
»Er hat Ägypten schlicht und einfach zerstört«, gab ich zurück. Ich hatte das Gefühl, als könnte ich Echnaton persönlich nicht leiden. »Das gesamte Weltverständnis der Ägypter beruhte auf ihrer Religion. Indem er diese Religion angriff, stellte er ihre gesamte Denkweise auf den Kopf. Danach haben sie nie wieder richtig Tritt gefasst.«
»Aber was genau hat er denn getan?«, fragte Carnarvon. Er nahm eine der Zigarren und schnupperte träge daran.
»Er war ein Fanatiker«, erwiderte ich. »Er glaubte an einen einzigen Gott – Aton, die Sonnenscheibe, den Spender allen Lebens, solche Sachen. Er schaffte die Hierarchie der volkstümlichen Götter ab, die die Ägypter seit Tausenden von Jahren verehrt hatten.«
Carnarvon ließ sich von dem ägyptischen Diener einen kleinen goldenen Zigarrenabschneider geben, mit dem er das Ende der Zigarre abknipste, bevor er sie mit seinen Lippen befeuchtete und dann in seinem Mund arrangierte. Der Diener riss ein Streichholz an. Sie warteten feierlich, bis der Schwefel abgebrannt war. Niemand sprach ein Wort. Carnarvon beugte leicht den Kopf, und der Diener zündete die Zigarre an.
Nachdem das Ritual erfolgreich abgeschlossen war, lehnte sich Carnarvon in die Tiefen seines Sessels zurück, atmete eine kleine Rauchwolke aus und sagte: »Ich verstehe nicht ganz. War er eine Art Priester, dieser Echnaton?«
Da begriff ich, dass ich ganz vorn beginnen musste. Langsam sagte ich: »Er war ein Pharao – der König von Ägypten. Er verkörperte die Verbindung zwischen der Menschenwelt und der ewigen Welt der Götter. Die Menschen in der Antike sahen viele Dinge völlig anders als wir. Wir leben in Newtons Universum, wir betrachten die Wirklichkeit als einen Mechanismus, der präzise wie eine Uhr ist: Einmal in Gang gesetzt, läuft sie von selbst nach rationalen Regeln ab. Die alten Ägypter glaubten, dass die Welt jeden Tag, jede Stunde neu erschaffen werden musste, um weiterhin zu funktionieren. Und genau dafür war der Pharao zuständig. Er sorgte dafür, dass die Sonne auf- und unterging. Er sorgte für das Hoch- und das Niedrigwasser des Nils, für das Wachsen und Reifen des Korns. All das tat er, indem er sich bei den Göttern für diese Dinge einsetzte – mit den entsprechenden Ritualen. Und dann kam dieser Echnaton und warf die alten Götter allesamt hinaus.«
»Lind was geschah?«, fragte Carnarvon.
»Was würden Sie erwarten?«
Die Frage war nur rhetorischer Art, aber bevor ich weitersprechen konnte, antwortete er auch schon. Und seine Vermutung war durchaus richtig.
»Chaos.«
»Es war eine Katastrophe.«
»Kurzfristig«, sagte Cromer. »Aber Echnatons Idee des einen liebenden Gottes eroberte die Welt. Wie geht noch gleich diese Zeile bei Shelley? ›Look on my works, ye mighty, and despair‹?«
Das war einigermaßen fehl am Platze. Ich hatte meine Zigarre vergessen, die neben mir auf einem kleinen Silbertablett lag, und nun streckte ich die Hand danach aus.
»Ein Ketzer als König«, sagte Carnarvon. »Ein Widerspruch in sich.«
»Nach unseren heutigen Maßstäben, ja«, sagte Cromer. »Anscheinend kann der moderne Mensch ziemlich viel verdauen, sofern der Täter eine Krone trägt. Echnaton war ein außergewöhnlicher Mann. Er war krank und starb früh ... «
»Er wurde über dreißig Jahre alt, was zu seiner Zeit ein gesegnetes Alter war«, warf ich ein.
»Was für eine Krankheit?«, fragte Carnarvon.
»Man kann es nur erschließen«, antwortete ich. »Die Bilder von ihm zeigen ihn in der Regel mit aufgetriebenem Bauch und Oberschenkeln, und mit Brüsten wie eine Frau. Man hat versucht nachzuweisen, dass er an einer Stoffwechselkrankheit litt.«
»War er verheiratet? Hatte er Kinder? Das wäre doch ein Hinweis.«
Ich zog an meiner kalten Zigarre. Der schale Geschmack des Rauchs ließ mich beinahe husten. »Er war verheiratet mit Nofretete.«
»Nofretete! Den Namen kenne ich. Sie war eine legendäre Schönheit, oder?«
»Das berühmteste Stück ägyptischer Kunst, das bisher freilich noch nicht gefunden wurde, ist in der Tat eine Büste von Nofretete.«
»Und hatten sie Kinder?«
»Ja.«
»So viel zum Thema Stoffwechselkrankheit«, sagte Carnarvon. »Woran ist er gestorben?«
Der ägyptische Diener trat herbei, um meine Zigarre wieder anzuzünden. Ich sprach weiter, ohne Carnarvon für einen Moment aus den Augen zu lassen. »Das weiß man nicht. Seine Religion war jedenfalls ein Fehlschlag. Sein Nachfolger als König war Tutanchamun, der den Hof nach Theben zurückverlegte und auch die alten Götter wieder einsetzte. Die Priester sorgten gründlich dafür, dass von Echnaton nichts übrig blieb. Sie hackten seinen Namen und sein Abbild von den Standbildern und tilgten ihn aus den Königslisten ... «
»Weshalb wissen Sie dann so viel über ihn?«
»Wir wissen fast nichts«, sagte ich.
»Wer war dieser Tut-amun?«
»Tutanchamun. Niemand weiß auch nur das Geringste über ihn. Er hat nur für einige wenige Jahre regiert, und sein Grab wurde nie gefunden.«
»Wie meinen Sie das? Wo befindet sich seine Pyramide?«
Ich räusperte mich, da ich mir nicht sicher war, ob er sich vielleicht nur unwissend stellte, so klug wie er wirkte. »Die Pyramiden wurden allesamt etwa tausend Jahre vor Tutanchamun erbaut.«
»Oh. Die Sphinx auch?«
»Ja«, antwortete ich. Machte er sich lustig über mich?
»Nun gut«, sagte er plötzlich. »Die Sache interessiert mich. Es klingt so, als könnte es großen Spaß machen, ein wenig in den Ruinen herumzustochern. Haben Sie ein spezielles Projekt im Sinn – etwas, an dem ich mich beteiligen könnte, wenn ich den Winter hier verbringe?«
Neben der seifenfarbenen Napoleon-Büste saß Cromer und grinste mich an. Jetzt wurde mir klar, dass er mich genau aus diesem Grund eingeladen hatte: um seinem Freund einen Spaß zu organisieren und um mich aus den Fängen des Department of Antiquities zu retten. Sein Sinn für Intrigen hätte einem Höfling des türkischen Sultans alle Ehre gemacht. Ich zog an meiner Zigarre, die schon wieder ausgegangen war.
»Nun, wenn ich das Geld dazu hätte ... «, sagte ich zögernd.
»Was dann?«, fiel Carnarvon ein.
»Dann würde ich nach dem Grab des Tutanchamun suchen.«
»Echnatons Nachfolger? Aber warum suchen Sie nicht nach Echnaton selbst?«
»Sein Grab wurde bereits gefunden, aber es war leer und ausgeplündert. Es liegt in Tell el-Amarna.«
»Und wie kommen Sie zu der Annahme, dass Sie Tutanchamuns Grab finden können, wenn es seit so langer Zeit in Vergessenheit geraten ist?«
Ich leckte mir über die Lippen. Cromer beobachtete uns angespannt. Dann fasste ich all die Argumente zusammen, die ich schon so oft vorgebracht hatte.
»Tutanchamun war ein Pharao der achtzehnten Dynastie. Abgesehen von den Personen, die bei Teil el-Amarna liegen, sind alle Mitglieder dieser Dynastie im Tal der Könige bestattet, in Theben, heute Luxor. In den 1880er-Jahren entdeckten einige Bauern im Tal der Könige eine Grabkammer mit Mumien dieser Könige. Sie lagen alle in einer einzigen Grabkammer zusammengepackt. Offenbar waren ihre Gräber bereits in der Antike geplündert worden, und die Priester hatten die Mumien gesammelt und zur Sicherheit versteckt. Amenophis II. und Amenophis III. waren dort, ebenso wie Tuthmosis III. und einige andere. Aber Tutanchamun fehlte. Ich vermute seine Mumie deshalb noch irgendwo im Tal der Könige.
»Und können Sie ihn finden?«
»Wenn ich das Geld hätte und ... «
»Können Sie ihn finden?«
»Ja.«
»Gut«, sagte Carnarvon. »Dann los.«
Einige Tage später machte ich mit Carnarvon einen Ausflug zu den Pyramiden. Er war natürlich schon dort gewesen, aber er wollte sie noch einmal mit mir zusammen besuchen – und hören, was ich zu sagen hätte. Für mich war das ein seltsames Gefühl, und so redete ich einigermaßen belehrend daher.
Wir ritten auf Kamelen und hatten einen Führer bei uns, mehr wegen der Kamele als wegen der Orientierung. Carnarvon saß sehr gerade und steif auf seinem abgenutzten, mit einigen Stofffetzen gepolsterten Sattel. Ich fragte ihn, ob er zu Hause in England viel ritt, und der Blick, den er mir zuwarf, war mehr als ironisch.
»Sieht man mir das an, Carter? Tatsächlich ist Reiten nicht unbedingt mein Sport. Ich gehe lieber zu Fuß. Mein Sohn allerdings ist ein begeisterter Polospieler.«
Als wir uns Saqqara näherten, blickten wir wieder geradeaus. Der kühle Ton seiner Antwort war verletzend. Er gab sich offenbar große Mühe, mich in die Schranken meiner niedrigeren gesellschaftlichen Stellung zu verweisen.
Vor uns ragten die Pyramiden auf.
Auch wenn man sie schon oft gesehen hat, sie versetzen Geist und Sinne jedes Mal wieder in Aufruhr. Nach wie vor gehören sie zu den größten Monumenten, die Menschen jemals gebaut haben. Im oberen Teil der Chephren-Pyramide, der mittleren Pyramide, ist noch einiges von der Verkleidung aus Kalkstein zu sehen, sodass man sich vorstellen kann, wie sie vor viertausendvierhundert Jahren ausgesehen haben, als sie glatt und weiß in der Sonne strahlten.
Ihre Form ahmt den Fall der Sonnenstrahlen nach, die, ausgehend von einem einzelnen Punkt am Himmel, einen weiten Fächer bilden. An keiner anderen Stelle in Ägypten zeigt sich der Glaube und die Ergebenheit des Alten Reiches deutlicher als hier, im Angesicht der Pyramiden.
Während Carnarvon und ich die Fundamente der großen Bauwerke abgingen, erklärte ich die Bauweise und die Anlage der inneren Tunnel und Kammern. Carnarvon sprach nicht viel. Er schien mir völlig desinteressiert, sodass ich mich allmählich fragte, wie es mir wohl in den nächsten Jahren ergehen würde, wenn ich damit beschäftigt sein würde, in diesem Dilettanten genug Interesse zu wecken, damit er die umfangreichen Grabungsarbeiten finanzierte. Wir ließen die Kamele und den Führer im Schatten zurück und gingen von der Chephren-Pyramide zum Bestattungstempel, der eine Drittelmeile entfernt im Niltal steht. Dort ist auch die Sphinx zu sehen, und vor lauter Ehrfurcht vor diesem Wesen, halb Ungeheuer und halb Gott, vergisst man die Tempelruinen vollkommen.
Vielleicht hat der ursprüngliche Felsvorsprung, der mehr als sechzig Fuß hoch aus dem Wüstensand aufragt, einen antiken Bildhauer an einen kauernden Löwen erinnert. Dann musste er nur noch hier und da ein wenig korrigieren, um den riesigen königlichen Kopf in den eines Pharaos zu verwandeln.
»Es zeigt den König in der Gestalt des Sonnengottes Re«, erzählte ich Carnarvon. Sicher hatte er das alles schon einmal gehört. Er lauschte mir brav wie ein schlauer Schüler, der das Geplapper eines ahnungslosen Lehrers über sich ergehen lässt. Wir gingen langsam zwischen den riesigen Tatzen hindurch. Die geschichteten Sandsteine ließen auf der Brust des Löwen ein goldfarbenes Streifenmuster entstehen.
Der Kopf ragte über uns in den wolkenlosen blauen Himmel. Ich sagte: »Kein König hat seither in ähnlicher Weise absolut geherrscht. Er war wie die Sonne, er war einfach alles.«
Carnarvon ließ so etwas wie ein Schnauben hören. »Ich kann die Leute nicht bewundern, die solche Monumente bauen ließen, nur zur Befriedigung ihrer Eitelkeit und mit dem Schweiß und Schmerz von Sklaven.«
»Sklaven?«, fragte ich nach. »Die Ägypter hatten keine Sklaven.«
Er wandte sich mir zu, und seine Augenbrauen bildeten Bögen des Staunens in seinem schmalen Gesicht. »Wurden all diese Monumente nicht durch Sklavenarbeit erst ermöglicht?«
»Nein«, gab ich kurz zurück. Allmählich war ich es leid, ständig Rücksicht auf seinen Adelsstand zu nehmen.
»Aber wie dann? Es müssen doch Tausende von Männern Abertausende von Stunden daran geschuftet haben.«
»Vier Monate im Jahr ... «, erklärte ich, »... hatten neun von zehn Ägyptern wegen des Nilhochwassers keine Arbeit.«
»Aber finden Sie nicht, dass das hier eine seltsame Art ist, seinen Urlaub zu verbringen?«
Ich fragte mich tatsächlich, ob er mich auf den Arm nehmen wollte. Ich warf einen Blick auf das verunstaltete Gesicht von Chephren. Das hatten die Araber angerichtet, die auf ihrem Bilderverbot beharrten.
»Ich gestehe, Carter«, sagte er, »dass Ihre Ägypter es mir schwer machen, einen Zugang zu ihnen zu finden. Selbst ihre Kunst, die wohl sicher ein Fenster zu ihrem Leben sein sollte – ich finde sie schön, manches kultiviert, sogar subtil, aber verdammt noch mal, all diese Bilder geben mir so gar keine Vorstellung davon, wie es in ihrem Innern aussah. Wie sie dachten, wie sie sich selbst sahen. Nehmen Sie diese Friese in den Tempeln. Keine Individualität – die Menschen sind eigentlich austauschbar. Es ist, als hätte man absichtlich alles Persönliche aus diesen Bildern entfernt.«
Er stand mit dem Rücken zu Chephren, während er das sagte. Wir gingen wieder hinaus, weg von dem Sonnengott.
»Ich kann nichts Menschliches in ihnen erkennen, Carter.«
»My Lord, Ihr Blick ist der eines modernen Menschen.«
»Etwas anderes steht mir nicht zur Verfügung, Carter.«
»Persönlichkeit, das individuelle Selbst des Menschen, das alles sind moderne Ideen. Diese Menschen damals hatten kein Innenleben, wie Sie es nennen. Sie besaßen nicht einmal die Freiheit, ein Innenleben zu entwickeln, sich von den anderen Menschen ihrer Umgebung zu unterscheiden. Die Natur setzte ihnen Grenzen. Der Nil, die Sonne, das Land, der Kreislauf von Säen, Wachsen und Ernten, das waren ihre Gebieter, nicht ihre eigenen Moralvorstellungen und Entscheidungen. Wie hätten sie Individualität entwickeln können? Was auch immer sie taten und fühlten und dachten, es unterschied sich nicht vom Tun, Fühlen und Denken der Generationen vor ihnen, und es war von der ständigen, unveränderlichen Herausforderung geprägt, auf diesem Flecken Erde hier ein Leben und Überleben möglich zu machen.«
Während wir zurückgingen, beobachtete er mich, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Die Pose des Schülers. Er schien mir zuzuhören, aber in seinen Augen hatte sich ein träumerischer Ausdruck breit gemacht. Wir gingen wieder auf die Pyramiden zu. Mein Blick lief an ihrer unübertrefflichen Höhe hinauf.
»Der Pharao war ihr Selbst. Er verkörperte Ägypten. Er vertrat sie vor den Göttern. Sie bauten diese Monumente, um ihn zu ehren und um sich selbst zu erhöhen. Sie taten es aus Freude, ebenso bereitwillig wie die mittelalterlichen Ritter, die die Steine nach Chartres brachten.«
Schweigend gingen wir weiter. Ich war müde vom vielen Reden. Sollte er doch auch ein wenig zu unserer Konversation beitragen. Ich fühlte mich alt und blockiert und gereizt. Zwischen meinen Fingerspitzen knetete ich meine Nasenwurzel, um den Anflug von Kopfschmerz zu vertreiben. In meinem Schnurrbart hatte sich feiner Sand verfangen.
Erst als wir die Pyramiden erreicht hatten, machte er endlich den Mund auf.
»Sie sehen das alles so anders als ich, Carter.« Er lächelte mich rätselhaft an, sodass ich mich fragte, worauf er hinauswollte. Alles, was ich gesagt hatte, schien mir so eindeutig, so klar zu sein. Wie konnte man das anders sehen? Er nickte mir zu. »Unsere Zusammenarbeit wird sicher interessant.«
»Ja, Sir«, sagte ich, immer noch auf der Hut.
Wir gingen zu den Kamelen zurück, die auf ihren verschränkten Beinen lagen und den Kopf zurückgelegt hatten.
Bei unserem ersten Treffen, bei dem wir beschlossen hatten, nach dem Grab des Pharaos Tutanchamun zu suchen, hatte ich Carnarvon die Gründe auseinandergesetzt, weshalb ich glaubte, das verlorene Grab sei im Tal der Könige zu finden, in der Wüste nahe Luxor, also am Platz des alten Theben. Dummerweise hatten aber die Deutschen und die Amerikaner die Genehmigung, dort zu graben. Solange sie nicht aufgaben, konnten Carnarvon und ich nichts anders tun, als anderswo herumzubuddeln.
Also buddelten wir: ein wenig im Nildelta rund um Sais, wo wir einige interessante Stellen aus dem Mittleren Reich und aus der ptolemäischen Zeit entdeckten. Mit den Gedanken war ich aber die ganze Zeit anderswo: Der Amerikaner Theodore Davis, dessen Arbeit ich überwacht hatte, bevor ich Carnarvon traf, führte Ausgrabungen im Tal der Könige durch, und ich lebte täglich in der Furcht, er könnte das Grab finden.
Das Department of Antiquities hatte mich als offiziellen Beobachter von Davis’ Arbeit eingesetzt, aber er informierte mich nur selten über das, was er tat. Ich musste mich auf die Informationen verlassen, die ich von einigen Freunden aus dem nahe gelegenen Dorf Qurna erhielt. In einem Frühling, kurz bevor Carnarvon für die Grabungssaison in Ägypten ankam, ließ mich einer dieser Freunde wissen, dass Davis einen echten Fund gemacht hatte.
Ich war gerade in Kairo und kaufte Ausrüstungsgegenstände. Nun nahm ich den neuen Zug nach Luxor. Wo einmal das antike Theben stand, ist tatsächlich noch viel von der alten Stadt zu sehen. Jede Menge riesiger Säulen und Tore bedecken ganze Felder auf dem östlichen Flussufer. Einige von ihnen zeigen sogar noch die bunte Bemalung, die sie schmückte, als der Pharao und seine Höflinge sie betrachteten, während sie sich auf den Weg zu ihren heiligen Riten machten und zu den Mysterien des Amun, des Gottes von Theben. Die moderne Stadt Luxor mit ihren wiegenden Dattelpalmen und den würfelförmigen weißen Häusern wirkt klein und behelfsmäßig, verglichen mit den gigantischen Gebäuden aus der Antike. Das Westufer ist ein Gewirr aus Totentempeln von Pharaos der achtzehnten Dynastie und ihren Familien. Inmitten all dieser Ruinen befindet sich das Dorf Qurna. Einige Bewohner dieses Dorfes leben noch in den antiken Gebäuden, und sie haben sich, ebenso wie ihre Vorfahren, seit jeher einen Sport daraus gemacht, die antiken Gräber auszurauben, die sich dort seit Ramses’ Zeiten befinden.
Wenn man den Nil überquert und sich von Luxor auf das Westufer begibt, dominieren die zwei Kolossalstatuen von Amenophis III. die Überfahrt. Sie sind so riesig und so verwittert, dass sie nicht mehr menschlich aussehen, sondern eher wie zwei vorzeitliche Wilde, die am Fluss thronen, mit ihren schweren Händen auf den Schenkeln. Hinter ihnen erstreckt sich die Flussebene bis zu den Felsen. Hier sind die Ruinen geradezu aufeinandergehäuft. Bei einigen sieht man nicht mehr als die quadratischen Grundrisse, andere sind praktisch vollständig erhalten. Der weite Horizont der Wüste rahmt das ganze Bild ein.
Hier kann man die spärlichen Anzeichen modernen Lebens ignorieren und sich vorstellen, man lebte am Beginn der Zeiten.
An der Anlegestelle des Schiffs kann man Esel mieten. Ich ritt zurück, an Deir el-Bahari, dem großen Tempel der Königin Hatschepsut vorbei, und auf die Straße, die ins Tal der Könige führt. Sobald ich die Wüste erreicht hatte, hatte es den Anschein, als läge die moderne Welt weit hinter mir. Der ausgetrocknete, windgepeitschte Boden zeigte Rippen und Höhlungen, als wäre er aus Fels. Mein Esel bewegte sich auf dem ansteigenden Weg mit dem energischen, stetigen Trab eines Miettiers, auf das jedermann eindrischt, wie es ihm gefällt. Auf meinen Lippen schmeckte ich den bitteren, giftigen Staub der Wüste.
Die Abhänge der Hügel waren in gestaffelte Felsreihen zerfallen. Ich zog meine Jacke aus und war so klug, sie mir um den Kopf zu drapieren, um mich gegen die Sonne zu schützen. Ich sang ein wenig, obwohl ich zugeben muss, dass ich nicht besonders viele Lieder kenne. Ich war froh, wieder einmal in dem Tal zu sein. Dieser Platz hat mir immer gefallen, wie ein Bienenstock mit all den Tunneln und Höhlen und Kammern, die man in den Fels gehämmert hat.
Ich kam an dem quadratischen Eingang zu einem kleineren Grab vorbei. Ein weiterer Eingang war auf halber Höhe auf dem gegenüberliegenden Abhang zu sehen. Ein Stück weiter westlich erhob sich ein einsamer Bergspitz wie eine natürliche Pyramide aus der Ebene. Die Schlucht beschrieb wieder eine Kurve, und als ich um die Ecke gebogen war, sah ich die riesige Böschung hinter dem Grab von Ramses VI. Diese Stelle lieben die Reisenden besonders, und es ist nicht schwierig einzusehen, warum, obwohl die großartigen Grabkammern leer sind und die Mumie des Königs sich in Kairo befindet.
In der breiten gelben Oberfläche des Felsens wirkt die Graböffnung seltsam fehl am Platze. Sie wurde schön ausgearbeitet und befestigt, um den Weg für die Touristen bequemer zu machen, aber sie ist zu quadratisch, irgendwie falsch. Sie machte mich immer nervös, denn sie sah aus, als ob sie diesen Teil des Felsens untergrub, als ob die gewaltige Mauer irgendwann direkt vor meinen Augen einstürzen würde.
Vier oder fünf Esel warteten in der Nähe, als ich mich näherte. Einer trug Körbe an seinen Seiten, zweifellos war ein Picknick geplant. Auf der anderen Seite des Tales sah man eine ganze Reihe von Fellachen, die Körbe mit Gestein aus einer Grube im Boden nach oben reichten.
Das war Davis’ Grabung. Ich nahm die Jacke vom Kopf; jetzt brauchte ich sie nicht mehr.
Davis selbst saß oberhalb der Ausgrabungsstelle im Schatten eines riesigen blauen Sonnenschirms und hatte ein Bein über das andere geschlagen. Ich ließ meinen Esel stehen und kletterte den kurzen, steilen Pfad zu ihm hinauf. Der Pfad war unangenehm, mit zerbrochenem Fels und Geröll übersät; das ganze Tal ist halb begraben unter Felsstücken, den Resten der Arbeit an den zahllosen Gräbern, die hier zu beiden Seiten in den Fels gehauen wurden.
»Carter«, sagte Davis in scharfem Ton. »Was machen Sie denn hier?« Er stand auf und stützte die Hände in die Hüften.
»Ich höre, Sie haben etwas gefunden«, sagte ich und blieb auf dem Pfad stehen. Mein Blick wanderte wieder zu den Fellachen hinüber, die sich über die Körbe voller Abraum beugten.
Sie arbeiteten am Rand einer quadratischen Grube, die mir schon leer zu sein schien. Ich sah mich um auf der Suche nach Anzeichen dafür, dass sie schon etwas anderes als puren Fels herausgeholt hatten, irgendwelche Gegenstände beispielsweise oder Töpferwaren. Aber das Einzige, was ich entdecken konnte, war ein Haufen leerer blauer Mineralwasserflaschen hinter Davis’ Sonnenschirm. Er warf mir wütende Blicke zu.
»Niemand hat Sie hierhergebeten, Carter«, sagte er.
»Ich bin beauftragt, Sie zu überwachen, oder?« Ich machte einen Schritt in Richtung Grube, aber er packte mich am Arm.
»Was bilden Sie sich eigentlich ein?«
»Kommen Sie, wir werfen einen Blick auf Ihren Fund«, sagte ich. »Oder sind Sie auf diesen speziellen Fund nicht so stolz?«
Er grummelte irgendetwas vor sich hin. Sein Hut war ein wenig zurückgeschoben und zeigte einen leuchtend roten Streifen sonnenverbrannter Haut über der gebräunten Stirn.
»Nun gut«, sagte er. »Ich werde es Ihnen zeigen.«
Und schon ging er den Abhang hinunter Richtung Grube. Einer der Männer unten sah ihn und blies in eine Pfeife, die er um den Hals gehängt hatte. Der schrille Ton brachte die anderen Arbeiter sofort zum Strammstehen. Wie eine militärische Einheit marschierten sie weg von der Grube in den Schatten der Felswand und setzten sich dort nieder. Davis und ich gingen hinüber zu der Grube.
»Ich habe noch keine offizielle Identifikation vorgenommen«, sagte Davis. »Aber ich habe einen starken Verdacht, um was es sich bei diesem Fund handelt.«
Ich marschierte schweigend hinter ihm über die heiße, steinige Fläche. Davis hatte eine ganze Reihe von bedeutenden Orten gefunden, sowohl hier als auch an anderen Stellen in Ägypten, aber er war berüchtigt dafür, sie falsch zu identifizieren. Er war ein schlampiger, undisziplinierter Ausgrabungsleiter, der sich mehr von der Intuition leiten ließ als von seiner Vernunft, und er nahm sich keine Zeit für die zermürbende Detailarbeit, die am Ende zu einem immer besseren Bild des Lebens im alten Ägypten führt. Davis suchte Sensationen. Und nun stand er am Rand der Grube und wies hinein, damit ich sie inspizieren sollte.
Ich blickte in ein enges Loch, das selbst jetzt, mitten am Tage, tief im Schatten lag. Davis sagte: »Es war voller Geröll. Fast eine Woche lang haben wir nur Steine rausgetragen. Es ist offenbar geplündert worden.«
»Geplündert?«, gab ich zurück. »Was glauben Sie denn, was es war? Ein Vorratsraum?« Gleich bei meinen Füßen stand eine Leiter, die hinunterführte. Ich blieb stehen, um an ihr zu rütteln und zu prüfen, wie stabil sie war.
»Es ist ein Grab«, sagte Davis grob. »Sehen Sie es sich doch an, verdammt noch mal, es ist ein Schachtgrab, und ich vermute, eines aus der achtzehnten Dynastie.«
»Na kommen Sie«, sagte ich und kletterte über die Leiter hinunter in die Grube.
Auf halbem Wege kam ich aus dem Bereich des Sonnenscheins in den kalten Schatten der Erde, und ich schauderte von Kopf bis Fuß. Davis folgte mir, und seine schweren Stiefelsohlen streiften manchmal meine Hände. Die Grube war so klein, dass er und ich kaum nebeneinander darin stehen konnten. Es war eine Vorratsgrube, mehr nicht, vielleicht sogar noch weniger; die Menschen der Antike pflegten die Reste ihrer Bestattungsrituale nach Abschluss sorgfältig zu vergraben.
Ich warf den Kopf zurück. Hoch über mir war ein Stückchen blauer ägyptischer Himmel zu sehen. Die Grube war grob aus dem Felsen gehauen, die Wände waren nie bemalt oder auch nur geglättet worden, obwohl man zugeben musste, dass die Grabarbeit gut gemacht war. Aber das war eigentlich immer der Fall.
»Wie kommen Sie darauf, das hier in die achtzehnte Dynastie zu datieren?«
Davis warf mir einen feurigen Blick zu. »Wenn Sie noch ein klein wenig gewartet hätten, bis ich noch etwas mehr ausgegraben hätte ... «
»Wenn Sie mir gleich Bescheid geben würden, sobald Sie etwas finden, könnte ich Ihnen von Anfang an helfen.«
»Kommen Sie«, sagte er.
Wir kletterten wieder hinauf. Er führte mich zurück durch das Tal, durch die Gluthitze, bis zu seinem Sonnenschirm. Neben seinem Stuhl befand sich eine kleine Kiste, und er setzte sich und nahm die Kiste auf die Knie.
»Sehen Sie das? Schöne Arbeit, nicht wahr? Und offensichtlich achtzehnte Dynastie.«
In der Kiste befand sich ein halbes Dutzend Goldstücke. Ich berührte sie mit den Fingerspitzen. Eine Berührung mit der Vergangenheit. Tausende von Jahren hatten sie in der Erde gelegen. Es waren ein paar Ringe dabei, eine kleine Statue aus Alabaster, ein paar Streifen Goldfolie. Ich hob eines der Stücke auf und hielt es gegen das Sonnenlicht.
Auf der Oberfläche waren Schriftzeichen zu sehen. Ein Teil der Inschrift war ein Name, und meine Nerven taten einen Salto vor Aufregung. Es war Tutanchamuns Name.
»Nun?«, sagte Davis. »Was sagen Sie?«
Ich nahm die Kiste mit den Goldstücken und ging den kleinen Abhang wieder hinunter durch das Tal und zu der Grube. Davis marschierte hinter mir her. Auf halbem Wege begann er mich anzuschreien.
»Sie wollen es nicht zugeben, nicht wahr, Carter? Es ist das Grab des Pharaos Tutanchamun, nicht wahr, aber Sie wollen es nicht zugeben!«
Am Rande der Grube stellte ich die Kiste ab. »Was für Material haben Sie hier herausgeholt?« Ich hockte mich hin und fuhr mit der Hand über den Rand der Grube. Sie war in den sandigen Boden des Tales gegraben. »War es dasselbe Material wie das hier? Ich sah mich wieder um, blickte auf die schweren Felsblöcke und die Abschläge, die am Fuße des Felsens aufgetürmt lagen. Material aus Ramses’ Grab.
Davis schlug nach meiner Hand. »Hören Sie auf zu schauspielern, Carter. Hier ist niemand, den Sie beeindrucken können. Flinders Petrie ist tot, Carter. Sie sind altmodisch – ihre Methoden sind veraltet.«
»Hören Sie«, sagte ich. »Das ist jetzt wirklich wichtig. Zeigen Sie mir bitte genau, wo und unter welchen Umständen Sie diese Gegenstände gefunden haben.«
»Verschwinden Sie! Das ist meine Ausgrabung!«
Seine Wangen waren trotz der Sonnenbräune hochrot. Seine Augen glitzerten vor Zorn. Ich hielt meine eigenen Gefühle unter Kontrolle, denn es würde nichts bringen, wieder mit ihm zu streiten, nicht jetzt, wo er möglicherweise den Schlüssel in der Hand hielt, um Tutanchamun tatsächlich zu finden.«
Ich sagte: »Ich bin beauftragt, Sie zu überwachen, Davis. Und jetzt zeigen Sie mir bitte, wo Sie diese Dinge gefunden haben.«
»Es ist das Grab«, wiederholte er nur. »Es ist das Grab von Tutanchamun.«
»Verdammt noch mal«, brüllte ich jetzt los. »Sie wissen es nicht mehr, oder? Sie haben keine Aufzeichnungen gemacht.«
Und er brüllte zurück, Auge in Auge mit mir. »Das ist doch vollkommen gleichgültig, Carter, das ganze Messen und Wiegen, all die kleinen Körbe mit Gestein durchzusehen, das kümmert doch keinen Menschen!«
»Doch, mich kümmert es!«
Er machte auf dem Absatz kehrt und ließ mich stehen. Ich folgte ihm, und er schrie mich über seine Schulter hinweg an: »Was bilden Sie sich eigentlich ein, Carter? Sie können das alte Ägypten nicht wieder zurückbringen, verstehen Sie? Es ist tot, es ist vergangen!«
»Erst durch Menschen wie Sie wird es zerstört. Sie haben nicht mal das Gestein untersucht, oder? Sie haben nicht aufgezeichnet, was sich im oberen Teil der Grube befand ... «
»Verschwinden Sie! Sie sind ein Wahnsinniger, ein Verrückter, ein Narr!«
Auf der gegenüberliegenden Seite des Tales verließ gerade die Touristengruppe das Grab des Ramses. Nun waren wir natürlich die nächste Attraktion für sie. Davis sah sie und senkte seine Stimme. Wir starrten einander wütend an. Sein Gesicht war mittlerweile rot, und sein buschiger grauer Schnurrbart sträubte sich vor Zorn.
»Dies ist ein wichtiger Fund, das können Sie nicht leugnen!«
»Sie gottverdammter Philister«, antwortete ich. »Es hätte ein bedeutender Fund sein können, wenn Sie Ihre verdammte Arbeit richtig getan hätten, wie es Ihre Pflicht ist. Jetzt ist er nichts mehr wert, begreifen Sie das nicht? Welche Bedeutung er auch immer hatte, Sie haben sie zerstört, indem Sie den Zusammenhang des Fundes zerstört haben.«
»Es ist doch vollkommen gleichgültig, wo wir das alles gefunden haben!«, grölte Davis. Seine Arme wedelten durch die Luft, während er mit seinen plumpen Fingern auf die Gegend rund um uns deutete. »Wir haben es gefunden, oder nicht? Was macht es denn für einen Unterschied, ob wir die Ringe da drüben gefunden haben und den Becher in der Grube? Was ... «
»Welchen Becher?«
Davis hielt plötzlich inne und ließ die Arme sinken.
»Was für einen Becher?«, wiederholte ich mit ruhiger Stimme. »Wir haben einen Keramikbecher gefunden«, sagte Davis.
»Wo?«
Er schwieg. Offenbar erinnerte er sich wieder an die Touristen, denn er warf einen Blick in ihre Richtung. Sie standen bei ihren Eseln und wandten uns die Gesichter zu, vier weiße Ovale und zwei braune, die der Führer.
»Wo haben Sie den Becher gefunden?«, fragte ich. Ich konnte es mir leisten, sehr höflich zu sein, denn ich wusste, jetzt hatte ich ihn.
»Unter einem Felsblock«, sagte er und deutete auf den Fuß des Abhangs, ein paar Dutzend Meter entfernt. »Da drüben. Er lag unter loser Erde vergraben. Irgendwer muss ihn dort versteckt haben, als sie das Grab ausraubten. Es ist nur ein blauer Keramikbecher. Aber darauf steht Tutanchamuns Name.«
Ich nahm ihn am Arm und zwang ihn, mit mir hinunter ins Tal zu gehen. Ich zwang ihn, mir genau zu zeigen, an welcher Stelle er den Becher gefunden hatte. Er war vollkommen zerknirscht. Er sprach nicht mehr, als er musste, und er sah mir nicht ein einziges Mal in die Augen. Die ägyptischen Gesetze besagen, dass alle Gegenstände, die im Verlauf einer Ausgrabung gefunden werden, dem ägyptischen Volk gehören. Davis hatte versucht, mir den Becher zu verheimlichen, um ihn widerrechtlich aus dem Land bringen zu können.
Ich stand da und überblickte den Abhang zu meinen Füßen. Wenn ich den Kopf drehte, sah ich die Grube vor dem Ramses-Grab. In mir stieg das Gefühl auf, dass die Teile eines Puzzles hier vor mir lagen, wenn ich nur den Verstand hätte, sie zusammenzusetzen. Was ich hier sah, verbarg die Lösung zu meinem Rätsel. Aber ich fand den Schlüssel nicht. Unter Davis’ wütenden Blicken, unter den Blicken der einheimischen Arbeiter und der Touristen drehte ich mich um. Ich ging zu meinem Esel und ritt davon, das Tal hinunter.
Carnarvon und ich verbrachten jede Herbst- und Wintersaison bei den Ausgrabungen im Delta, und allmählich lernte ich ihn ein wenig besser kennen.
Zuzeiten konnte er erstaunlich angenehm sein. Wenn ein Thema sein Interesse weckte, konnten wir stundenlang reden. Seine Frau begleitete ihn normalerweise nach Ägypten, und abends pflegte sie bei der Lampe zu sitzen und zu lesen, während wir diskutierten – über Einzelheiten der jeweiligen Ausgrabung oder über weiter gesteckte Themen.
Nach einigen Jahren stieß auch Carnarvons Tochter Evelyn zu uns, ein ungeschicktes, hässliches kleines Mädchen in den gestärkten Schürzen und langen weißen Strümpfen, in die die britische upper class ihre Kinder zu zwängen pflegte. Sie hatte ein interessantes Hobby: Sie sammelte Steine.
Aber trotz alledem erwarb Carnarvon nie ein wirklich breites Wissen über Ägypten. Er kannte die Bereiche, die ihn interessierten, und da wusste er dann wirklich viel. Aber wenn ein Thema keinen Funken in ihm entzünden konnte, beschäftigte er sich nicht weiter damit.
Gelegentlich zerrten mich die Countess und die kleine Evelyn auf den Basar von Sais. Dieser Basar bedeckte mehrere Hektar, und die Stände unter ihren zerrissenen und verdreckten Decken waren ohne irgendeine erkennbare Ordnung aufgestellt, sodass die winkligen Gassen dazwischen ein regelrechtes Labyrinth bildeten. Die Countess hob beim Gehen ihre Röcke mit der einen Hand hoch und hielt Evelyn an der anderen Hand, und die Gouvernante stolzierte hinterher, immer auf der Hut vor dem Müll und dem Dung auf dem Boden. Die Verkäufer kreischten ihnen zu, und sie schickten die Knaben hinterher, die ebenfalls kreischten und die von den Damen vollkommen ignoriert wurden. Die Luft war angefüllt mit den verschiedensten Gerüchen von Menschen und Tieren, von Leder, Staub, Bohnen, die in offenen Töpfen an jeder Ecke kochten. Der Lärm war ohrenbetäubend. Die Damen hätten ebenso gut einen Spaziergang durch den Park von Highclere machen können.
Ich sah mir einige Stoffe an und ging hinüber zu einem Stand, den ich kannte. Auf dem Boden, auf einem grauen Stück Leinwand, lagen jede Menge antiker Fundstücke. Hinter dem Stand saß im Schatten ein alter Mann und aß Feigen. Ich wühlte mich durch den Haufen alter Töpferwaren. Einige ägyptische Fälscher waren einfach fantastisch und konnten praktisch jeden antiken Gegenstand nachmachen. Ein paar alte Messingperlen lagen in einem Becher in der Mitte der Leinwand. Der alte Mann beobachtete mich mit glühendem Blick.
Ich sah mir alles an, was auf der Leinwand lag. Als ich wieder aufsah, kam der alte Mann auf mich zu.
»Carter«, sagte er. »Was suchen Sie? Was glauben Sie bei mir zu finden?«
Seine Stimme sollte klagend klingen, aber er grinste mich an. Evelyn beobachtete uns mit Argusaugen aus ein paar Schritten Entfernung.
»Ach, Scheich«, antwortete ich, »ich mache mir keine Gedanken über Sie. Ich weiß doch, dass Sie keine echten alten Sachen haben, niemals.«
Das Grinsen wurde breiter. Er sagte: »Ich werde Ihnen etwas wirklich Altes zeigen.«
»Lassen Sie’s. Ich will Ihnen keine Schwierigkeiten mit den Behörden bereiten. Ich weiß doch, dass Sie hier nur Fälschungen verkaufen.«
Der Alte eilte hinter den Stand. Ich warf einen Blick auf Evelyn, die wie gebannt zusah. Sie sprach ziemlich gut arabisch und verstand alles, was sie hörte. Der alte Mann kam mit einer Halskette zurück.
»Sehen Sie?«
Er hielt die Kette auf seiner Handfläche. Sie war aus unzähligen kleinen Plättchen und Kettchen gemacht, die so raffiniert zusammengefügt waren, dass sie klirrten, als er sie mir zeigte. Das angelaufene Metall schien Silber zu sein. Einige der Plättchen trugen eine seltsame Verzierung. Ich streckte die Hand danach aus, aber der Alte zog sie sofort zurück.
»Nein, nein, nicht anfassen.«
»Pff«, machte ich verächtlich und wollte meiner Wege gehen. Wenn die Kette echt gewesen wäre, hätte er keine Bedenken gehabt, sie mir in die Hand zu geben.
»Carter! Dreißig Shilling!«
Ich ging weiter, indem ich mir meinen Weg durch die Menge bahnte. Doch plötzlich stand der alte Mann wieder vor mir und ließ die Kette vor meinem Gesicht baumeln.
»Fünfundzwanzig Shilling.«
»Für was halten Sie mich, Scheich? Ich gebe doch kein Geld für Imitationen aus.«
»Es ist keine Imitation! Carter, glauben Sie, Sie sind der einzige Mann in Ägypten, der sich mit Altertümern auskennt?«
Ich musste stehen bleiben, denn er hatte sich genau vor mir aufgebaut. Er rief: »Sehen Sie sich das an! Sehen Sie sich das Metall an!« Mit dem Daumen rieb er die dicke schwarze Patina von einem der Kettenglieder, und der ursprüngliche Glanz wurde sichtbar. »Sehen Sie sich an, wie die Glieder zusammengefügt sind! Zwanzig Shilling!«
Ich grinste ihn an. Der Preis fiel wirklich verdächtig schnell. Ich sagte: »Machen Sie doch noch eine Stelle sauber, Scheich! Oder lassen Sie mich mal.«
Wieder schnappte er die Halskette so, dass ich sie nicht anfassen konnte. Seine schwarzen Augen wurden schmal vor Zorn und Handelseifer. Für einen Augenblick standen wir einander so gegenüber, er mit wütendem Blick, ich lächelnd.