Inbegriff der christlichen Lehre - Heinrich W. J. Thiersch - E-Book

Inbegriff der christlichen Lehre E-Book

Heinrich W. J. Thiersch

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Beschreibung

Thierschs "Inbegriff der christlichen Lehre " erschien erstmals 1885. Die Schrift will eigentlich eine Erläuterung des Katechismus der " apostolischen Gemeinden " sein, weicht aber von ihm im Anschluss an den Katechismus Luthers mannigfach ab . Der zuerst genannte Katechismus enthält 63 Fragen und Antworten, von denen allein 32 dem dritten Teil angehören, der das Lehrstück von der Kirche behandelt . Es ist bekannt, welche Bedeutung das für die apostolischen Gemeinden hat . Thiersch hat dies Lehrstück mit der Erläuterung des 3. Artikels im Apostolicum verknüpft . Von der Hierarchie der apostolischen Gemeinden, von der Ordination und der Salbung der Kranken ist nicht die Rede. In der Lehre von der Vergebung der Sünden wird der Begriff der priesterlichen Absolution, der im Katechismus vorliegt, abgeschwächt. Dagegen bekennt sich Thiersch zur Beibehaltung des eucharistischen Opfers, von dem der Katechismus sagt: "Wir stellen darin den Leib und das Blut Christi, für uns gebrochen und vergossen, vor Gott dar, gleich wie Christus selbst, unser Hoherpriester, in den Himmeln vor Gott erscheint als das Lamm, wie es erwürget ward." Die Konsekration erfolgt hier also nicht im Genuss, sondern vor ihm. Auch die Lehre von der Kirche hat katholische Anklänge. Mit Unrecht sagt also der Herausgeber der Schrift nicht im Lehrgehalt, sondern nur in der Anordnung unterscheide sich der lutherische Katechismus von dem, den Thiersch erläutert. Das in einem edlen und innigen Ton verfasste Buch verdient dennoch Aufmerksamkeit. Es wird namentlich Lehrern viel Stoff und Anregung bieten. Freilich von dem Streben der neueren Theologie, die Glaubenslehre aus dem Glauben abzuleiten, zeigt es keine Spur . Die vorhandenen Dogmen werden nur erwärmt und belebt.

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Inbegriff der christlichen Lehre

 

HEINRICH W. J. THIERSCH

 

 

 

 

 

 

 

Inbegriff der christlichen Lehre, Heinrich W. J. Thiersch

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

 

ISBN: 9783849680563

 

Textquelle: "Edition Albury - Sammlung Peter Sgotzai des Netzwerks Apostolische Geschichte e.V.", bei der wir uns sehr für die freundliche Genehmigung der Nutzung des Textes bedanken.

 

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

 

 

INHALT:

Vorwort1

Einleitung. 3

Erstes Hauptstück.  Das Apostolische Glaubensbekenntnis7

Von der Schöpfung.22

Von der Erlösung.31

Von der Heiligung. 56

Zweites Hauptstück. Die Heiligen Zehn Gebote. 78

Einleitung. 78

Die Gebote der ersten Tafel.86

Das Erste Gebot87

Das Zweite (Dritte) Gebot99

Das Dritte (Vierte) Gebot109

Die Gebote der zweiten Tafel119

Das Vierte (Fünfte) Gebot120

Das Fünfte (Sechste) Gebot139

Das Sechste (Siebente) Gebot.148

Das Siebte (Achte) Gebot164

Das Achte (Neunte) Gebot176

Das Neunte und Zehnte Gebot. (Das zehnte Gebot.)184

Drittes Hauptstück. Das Gebet des Herrn. 191

Die Anrede. 192

Die erste Bitte. 197

Die zweite Bitte.200

Die dritte Bitte. 204

Die vierte Bitte. 207

Die fünfte Bitte. 213

Die sechste Bitte. 218

Die siebte Bitte.225

Das Gebet (Anhang)232

Viertes Hauptstück. Die heilige Taufe. 241

Einleitung. Von den Heiligen Sakramenten.241

Die Heilige Taufe.246

Die Kindertaufe.266

Fünftes Hauptstück. Das Heilige Abendmahl273

Fragen für die Lernenden  zur Wiederholung des Inhaltes. 304

Vorwort

Diese Arbeit ist aus den Vorbereitungen für den Konfirmandenunterricht, den der Verfasser in früheren Jahren zu erteilen hatte, hervorgegangen.

Zur Veröffentlichung hat er jedoch die katechetische Form vermieden, und, indem er den Katechismus der apostolischen Gemeinden, denen er zunächst zu dienen hat, als Leitfaden zugrunde legte, seiner Arbeit die Gestalt des zusammenhängenden Lehrvortrags gegeben. In dieser Fassung dürfte das Buch sich nicht nur als ein Hilfsmittel für den Religionsunterricht, sondern auch dem christlichen Volk insgemein zur häuslichen Erbauung und Belehrung und der reiferen Jugend zur Mitgabe und Aussteuer auf den Lebensweg eignen.

Der Verfasser ist darauf gefasst, dass man finden wird, diese Darlegung der christlichen Lehre sei für die Jugend hier und da zu umfassend und zu tiefgehend. Doch hält er dafür, dass gegenüber den anwachsenden Irrlehren dieser Zeit und den Versuchen zur Abschwächung der Wahrheit, eine um so gründlichere Unterweisung der Jugend und des Volkes die Aufgabe der Diener Gottes sei. Es ist zu erwarten, dass auch der minder Geförderte herausfinde, was seinem

Verständnis entspricht, und Anregung zu tieferem Nachdenken empfange. Dem Lehrer wird es ein Leichtes sein, mit Rücksicht auf die Fassungskraft seiner Zuhörer die geeignete Auswahl zu treffen.

Neben dem zugrunde gelegten Katechismus ist Luthers kleiner Katechismus zum großen Teil mit hereingezogen. Der Verfasser fühlte sich dazu gedrungen, weil der letztere Katechismus das verbreitetste und volkstümlichste Lehrbuch deutscher Zunge und ihm von Jugend auf besonders vertraut und teuer ist.

Nicht im Lehrgehalt, nur in der Anordnung unterscheiden sich die beiden hier verwobenen Lehrbüchlein voneinander, indem Luther die Gebote voranstellt, was für schwächere Schüler vielleicht zweckmäßiger ist als mit dem Symbolum zu beginnen. -

Von schwerer Krankheit ergriffen, die ihn jetzt ganz darnieder gelegt hat, konnte der Verfasser nur mit Aufbietung seiner letzten Kraft das Manuskript vollenden, eine nochmalige Durchsicht und die Besorgung der Korrektur musste er sich versagen. Den Unterzeichneten hat er beauftragt, ein kurzes Vorwort zu verfassen und demselben folgende Sätze beizufügen:

„Der Verfasser hätte gerne noch einen Anhang hinzugefügt, hätte ihn die Krankheit nicht verhindert, über die letzten Fragen (den III. Teil) des Katechismus der apostolischen Gemeinden, über die speziellen Wahrheiten, die er seit 1849 verkündigt hat. Bei diesen Wahrheiten und Hoffnungen beharrt er freudig bis an sein Ende und sieht ihrer baldigen Erfüllung entgegen. Alle dem widersprechenden Gerüchte erklärt er für gänzlich unwahr. Er wünscht noch besonders allen zu danken, die ihm in seiner letzten Krankheit Liebe und Teilnahme bewiesen haben.“

Zur näheren Erläuterung dieser Worte des Verfassers sei es erlaubt, auf seine Schrift:

„Über die Gefahren und Hoffnungen der christlichen Kirche“, S. 60 ff. hinzuweisen.

Basel, den 24. November 1885

Wilhelm Thiersch

Einleitung

Der Katechismus, an dessen Gang wir uns anschließen, umfasst dieselben Hauptstücke, die seit alter Zeit in der christlichen Kirche dem Anfangsunterricht in der göttlichen Wahrheit zugrunde gelegt werden: Das apostolische Glaubensbekenntnis, die heiligen Zehn Gebote, das Gebet des Herrn, die Lehre von der heiligen Taufe und vom heiligen Abendmahl. Aber dieser Katechismus hat das Eigentümliche, dass er in der Einleitung mit der Hinweisung auf die empfangene heilige Taufe beginnt und alles Folgende hieran knüpft.

Dies wäre nicht das Rechte, wenn wir den Katechismus wie in den allerältesten Zeiten zu behandeln hätten als Vorbereitungsunterricht für Israeliten oder Heiden, die erst getauft werden sollen. Da aber dieser Fall selten vorkommt, dagegen der andere Fall längst zur Regel geworden ist, dass wir getaufte Christenkinder zur selbständigen Erneuerung ihres Taufbekenntnisses und zur heiligen Kommunion vorzubereiten haben, so ist eben diese Anordnung die richtige, welche der christlichen Wahrheit am besten entspricht und zur geistlichen Förderung der Katechumenen dient. Ist es doch ganz eigentlich die Aufgabe der christlichen Erziehung, dass wir dem Kinde den Stand der Gnade, in den es durch die heilige Taufe versetzt ist, zum Bewusstsein zu bringen und es darin zu befestigen suchen. Es ist die Pflicht der Eltern, dass sie dem Kinde schon in zartem Alter in diesem Sinne zu Herzen reden; so soll es kindlich 2 beten und kindlich gehorchen lernen. Auf diesem Grunde der uns in der Taufe geschenkten Kindschaft suchen dann die christlichen Lehrer die Erkenntnis der Wahrheit aufzubauen. Früh schon sollen wir in dem Kind durch Einprägung dieser einleitenden Fragen das Bewusstsein der ihm gewordenen Gnade Gottes zu wecken suchen. In diesem Sinne wollen wir ihm zu Herzen reden, solange es noch kindlich und empfänglich, nicht erst dann, wenn es vielleicht schon verwildert und abgestumpft ist. Eltern und Lehrer seien darauf bedacht, dass sie selbst in der Liebe Christi stehen und die Kinder als Kinder Gottes betrachten. So wird es ihnen gelingen, die Furcht Gottes und die Liebe zu Ihm in die Herzen dieser Kleinen zu pflanzen.

Alles Wahre und Gute, auch alles Heilige ist unter den Händen der Menschen dem Missbrauch ausgesetzt. Auch hier, bei der Betonung der Taufgnade, ist eine Gefahr vorhanden und eine Warnung am rechten Ort.

Bekommen wir Kinder zu unterrichten, die schon verweltlicht sind, die sich schon gewöhnt haben, ohne Gebet in den Tag hinein zu leben und die Stimme des Gewissens zu überhören, so müssen wir auf der Hut sein, dass sie nicht ihren schlimmen Herzenszustand für den “Stand der Seligkeit“ halten. Kein falscher Trost soll ihnen werden. Indem wir einem solchen Kinde die Rechte und die Pflichten eines Kindes Gottes vorstellen, wollen wir ihm mit ernster und herzlicher Ansprache zu Gemüte führen: Gedenke, wovon du gefallen bist, und tue Buße.

1. Frage: Wie heißt du?

Antwort: N. N. —

2. Frage: Wer hat dir diesen Namen gegeben?

Antwort: Meine Paten oder Taufbürgen bei meiner Taufe. —

3. Frage: Warum werden deine Paten auch Taufbürgen (sponsores) genannt?

Antwort: Weil sie bei meiner Taufe für mich antworteten und Bürgschaft leisteten; denn erstlich entsagten sie dazumal in meinem Namen dem Teufel und allen seinen Werken, der Pracht und Lust dieser argen Welt und allen bösen Lüsten des Fleisches; dann bekannten sie in meinem Namen alle Hauptstücke des christlichen Glaubens; endlich verbürgten sie sich für mich, dass ich mich dem Willen Christi unterwerfen, die Gebote Gottes gehorsam halten und alle Tage meines Lebens darinnen wandeln werde. —

4. Frage: Hältst du dich nun für verpflichtet, zu glauben und zu tun, was sie in deinem Namen versprochen haben?

Antwort: Ja wahrhaftig; und mit Gottes Hilfe werde ich also tun, und ich danke unserem himmlischen Vater von Herzen, dass Er mich zu solchem Stande der Seligkeit berufen hat durch Jesus Christus unsern Heiland; und ich bitte Gott um Seine Gnade, auf dass ich immerdar darinnen beharre.“

Wir fragen das Kind nach seinem Taufnamen; denn dieser Name ist uns heilig und tröstlich. Er erinnert uns an den Bund der Gnade. Den Familien- oder Geschlechtsnamen tragen wir vermöge unserer natürlichen Geburt, den Taufnamen bekommen wir in der Wiedergeburt. Der eine entspricht unserem natürlichen, der andere unserem geistlichen Leben. Wir sind von Geburt Bürger dieser Welt; wir sind durch Gottes Gnade Bürger des Himmelreichs. Als solche sind wir mit unserem christlichen Namen (so nennt man den Taufnamen) eingezeichnet im Buch des Lebens.

Ein Christenkind lasse sich zur Liebe und Dankbarkeit gegen seine Eltern und Paten erwecken, denn sie haben ihm, ehe es noch darum bitten konnte, die höchste Wohltat erwiesen, indem sie es zum Taufstein brachten. Sie folgten darin dem Beispiel jener Mütter im Evangelium, die ihre Kleinen zu Jesus brachten, dass er sie segne. Indem unsere christlichen Eltern und Paten uns zu einem Diener Christi brachten, dass er uns taufe, haben sie uns zu dem Herrn selbst gebracht. Denn in der heiligen Handlung geschieht nicht ein bloß menschliches Werk. „Wir, die wir die Taufe vollziehen, sind nur Gottes Diener und Werkzeuge“; der Herr ist gegenwärtig, und Er selbst hat ein jedes von uns in der heiligen Taufe angenommen und gesegnet.

In unserem Taufgelübde ist ein Dreifaches enthalten: Die Entsagung — das Glaubensbekenntnis — und das Versprechen die Gebote Gottes zu halten. Dies dreifache Gelübde ist im Namen des Täuflings abgelegt worden. Indem wir es unsern Kindern einschärfen, lasst uns nicht vergessen, lasst uns vielmehr hier schon hervorheben, dass diesen drei Gelübden auch drei gnadenvolle Taten Gottes entsprechen. Das Kind hat durch seine Paten diese Versprechungen abgelegt, der Herr hat darauf mit Segnungen vom Himmel geantwortet.

Die Entsagung ist das erste. Entsagen, absagen, widersagen bedeutet den Abschied geben, sich lossagen und losreißen von einem, mit dem man nichts mehr zu tun haben will.

Es sind drei Feinde unserer Seligkeit, und sie sind zugleich Feinde Gottes. Zwei streiten wider uns von außen: ein unsichtbarer Feind, der Teufel, durch den Sünde und Tod in die Welt gekommen ist, und ein sichtbarer, die uns umgebende Welt, die im Argen liegt; ein dritter Feind, der uns von innen zusetzt, ist das Fleisch mit seinen Lüsten, d. h. die verderbte Natur, die wir infolge des Sündenfalles an uns tragen; denn fleischlich gesinnt sein ist eine Feindschaft wider Gott. Diesen drei Feinden haben wir abgesagt und uns mit Abscheu von ihnen weggewendet. Dies muss der Taufe vorangehen, daraufhin wird sie erteilt. Nun darf man nicht etwa dabei stehenbleiben, dass wir entsagt haben, sondern es kommt hinzu, dass Gott uns wahrhaftig errettet hat von der Obrigkeit der Finsternis und uns versetzt hat in das Reich Seines lieben Sohnes. Kol 1, 13. Er hat uns von der Welt, die dem Verderben verfallen ist, ausgesondert; Er hat uns von der Knechtschaft des Fleisches befreit. Es gilt, diese göttliche Wohltat im Glauben festzuhalten und Ihm für diese Befreiung zu danken.

Das Glaubensbekenntnis ist nicht nur ein Erzählen der Stücke, die wir glauben. Es ist eine Anbetung und Huldigung, die wir dem wahren und lebendigen Gott, dem Vater, dem Sohne und dem Heiligen Geiste darbringen. In diesem Worte: ich glaube - liegt zugleich dies: ich bete an und ich gebe mich hin. Auf dies Bekenntnis hat Gott geantwortet, indem Er uns zu Seinen Kindern angenommen hat.

Wir haben versprochen, die Gebote des Herrn zu halten, und auch hierauf hat uns Gott nicht ohne Antwort gelassen. Er gibt uns in der Taufe Seinen Heiligen Geist und schreibt durch diesen Seine Gebote in unser Herz. Er schafft in uns ein neues Leben und gibt uns Kraft, in Seinen Wegen zu wandeln.

So Großes hat der Herr an dem Christenkinde getan. Er ist dir entgegengekommen mit Seiner erlösenden Liebe. Er hat dich, da du ein hilfloses Kind warst, zum Eigentum Jesu Christi aufgenommen; Er hat, da du ein Glied der sündigen Menschheit warst, dich zu einer neuen Kreatur gemacht. Wohl mit Recht sagst du: „Ich danke Gott, meinem himmlischen Vater, der mich zu solchem Stande der Seligkeit berufen hat.“ Was nun im Blick auf solche Liebe und Wohltaten des dreieinigen Gottes deine Paten für dich versprochen haben, das gilt, als hättest du es mit eigenem Munde versprochen. Freue dich auf den Tag, da du bei der Einsegnung solches Gelübde mit eigenem Munde aussprechen und bestätigen wirst. Es sind Gottlose, die den Herrn, der sie erkauft hat, verleugnen. Stelle dich nicht ihnen gleich.

Wenn du an die Größe und Heiligkeit deiner Gelübde gedenkst, so mag dir bange werden, ob du sie auch erfüllen kannst. Du vermagst es nicht aus eigener Kraft; aber darum, verzage nicht. Du sagst mit Recht: „Ich bitte Gott um Seine Gnade, auf dass ich immerdar darin beharre.“ Dein Leben sei ein Leben des Gebets, du darfst kindlich den himmlischen Vater bitten, und Er wird dir den Beistand Seiner Gnade nicht versagen.

So werden denn die drei ersten Hauptstücke: das apostolische Glaubensbekenntnis, die heiligen zehn Gebote und das Gebet des Herrn, durch die Einleitung, wie sie hier gegeben ist, zu einer Einheit verbunden. Die heilige Taufe bildet die gemeinsame Grundlage. Bei der Taufe legen wir das Glaubensbekenntnis ab und geloben den Geboten Gottes zu gehorchen; auf die heilige Taufe gründet sich das Gebet des Herrn, in welchem wir Gott als unsern Vater anrufen.

Erstes Hauptstück. Das Apostolische Glaubensbekenntnis

5. Frage: Erzähle die Hauptstücke deines Glaubens. -

Antwort: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde, und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten. Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige katholische (christliche) Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.“

Wer da will getauft werden nach Christi Befehl, auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, der muss zuvor seinen Glauben an den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist bekennen. Solches geschieht mit den Worten des apostolischen Glaubensbekenntnisses. Dieses Bekenntnis gehört zur heiligen Taufe und ist aufs genaueste mit ihr verbunden. Wer im Taufbunde bleiben will, muss an diesem Bekenntnis festhalten.

Es ist der Inbegriff aller Offenbarungen, die Summe der großen Taten Gottes. „Nachdem vor Zeiten Gott manchmal und auf mancherlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, hat Er am letzten in diesen Tagen zu uns geredet durch den Sohn, den Er gesetzt hat zum Erben über alles, durch den Er auch die Welten gemacht hat.“ Heb 1, 1. 2. Von der Schöpfung an hat sich Gott im Laufe der Jahrtausende den Menschenkindern geoffenbart, und die Urkunde aller dieser Offenbarungen ist die heilige Schrift des alten und des neuen Bundes, vom ersten Buch Mose bis zur Apokalypse. Welche Bücher zur heiligen Schrift gehören, das sagt uns die christliche Kirche. Zur Zeit, als sie noch in unzertrennter Einheit dastand und übereinstimmendes Zeugnis für die Wahrheit ablegte, hat sie uns diese Bücher und keine andern bezeichnet, als von Gott eingegeben und zum Kanon, d. h. zur Richtschnur für unseren Glauben und Wandel bestimmt.

Die Bücher des Neuen Testaments sind für uns, die Christen aus der Heidenwelt, der am nächsten liegende, verständlichste und einleuchtendste Teil der Bibel. Sie haben für ihre Wahrheit und Echtheit ein menschliches und auch ein göttliches Zeugnis. Ein menschliches, denn die vertrauenswürdigsten unter allen Menschen, die Christen der ersten Zeit und ihre Vorsteher haben uns diese Schriften als einen köstlichen Schatz überliefert. Die von den Aposteln gestifteten Gemeinden besaßen heilige, von den Aposteln und Evangelisten hinterlassene Schriften, und teilten sie einander und den später entstandenen Gemeinden mit. Man las sie in heiliger Versammlung jahraus jahrein, und eben dadurch war um so besser für ihre Erhaltung gesorgt und der Verwechslung oder Verfälschung vorgebeugt. Das göttliche Zeugnis ist das, welches der Heilige Geist für und für ablegt, indem Er im Geist und Herzen ernster Christen die Inspiration dieser Bücher bestätigt; sie enthalten Worte des ewigen Lebens. Unsere Überzeugung, dass die christliche Kirche Recht hatte, indem sie uns diese Schriften, — die vier Evangelien, die Apostelgeschichte, die apostolischen Briefe, die Offenbarung — und keine anderen als kanonische Bücher übergab, wird bestätigt, wenn wir die spätere christliche Literatur vergleichen. Denn gerade bei den Schriften der nächstfolgenden Zeit (des zweiten Jahrhunderts) zeigt sich ein gewaltiger Abstand an Geist und Kraft; sie sind den Büchern des Neuen Testaments nicht zu vergleichen.

Was nun das Alte Testament betrifft, so hat uns Christus, der Herr, dasselbe feierlich bestätigt, wie Er es vorfand. Mt 5, 17. 18. Joh 10, 35 und sonst. Von Ihm haben es die Apostel, von den Aposteln hat es die christliche Kirche gelernt, die Bücher des Alten Bundes mit völligem Vertrauen, mit heiliger Ehrfurcht zu betrachten, und auch da, wo sie uns noch dunkel sind, an ihrer Inspiration nicht zu zweifeln. Fragt man, welche Bücher zum Kanon des Alten Testaments gehören, und wo die Grenze sei, so werden wir auf das Zeugnis der Juden hingewiesen. Diesen wurden von alters her die Worte und Offenbarungen Gottes anvertraut. Röm 3, 2. Dies ist einer der großen Vorzüge, die Gott jenem Volke gewährt hat, und sie sind in dieser Sache treu gewesen. Mit Recht hat die christliche Kirche die Sammlung alttestamentlicher heiliger Bücher so angenommen, wie sie ihr von den Juden übergeben wurden. Es ist der hebräische Kanon, bestehend aus den Büchern Moses, den ersten Propheten (historische Bücher), den anderen Propheten (prophetische Bücher), und den Hagiographa mit den Psalmen an der Spitze. Diesen Kanon haben Christus und die Apostel vor sich gehabt; diesem gilt das Zeugnis, das sie ablegen. Die Apokryphen des Alten Testaments, griechisch verfasst, sind willkommene Erbauungsbücher, besonders für Anfänger im christlichen Glauben und Leben; aber jenen anderen gleichgeltend und uns zur Richtschnur bestimmt sind sie nicht. Es fehlt ihnen die Beglaubigung durch die Synagoge, d. h. durch die israelitische Gemeinde und die Bestätigung durch den Herrn und Seine Apostel.

Auch in den Schriften des alten Bundes spüren wir, wenn wir sie heilsbegierig und im Geiste der Anbetung lesen, das Wehen des göttlichen Geistes. Wir finden bestätigt, was Paulus von ihnen sagt: „Alle Schrift (des alten Bundes) ist von Gott eingegeben und nütze zur Strafe, zur Besserung, zur Züchtigung in der Gerechtigkeit, auf dass der Mensch Gottes sei vollkommen, zu allem guten Werk geschickt.“ 2 Tim 3, 16. 17. Und abermals: „Sintemal du (o Timotheus) von Kind auf die Heilige Schrift (das A. T.) kennest, kann dich dieselbe unterweisen zur Seligkeit durch den Glauben an Christus Jesus.“ Ebendas. V. 15. Für die Juden, die Christus nicht aufgenommen haben, und für alle Gott entfremdeten , kaltsinnigen, stolzen Leser liegt die Decke Moses über dem Alten Testament. 2 Kor 3, 14. Für die, denen Christus ins Herz geleuchtet hat, wird diese Decke weggenommen. Ebendas. V. 16. Die Gemeinde Christi empfängt Licht des Heiligen Geistes und erkennt Christus im Alten Testament. Sie erfährt, wovon die christliche Kirche im Altertum überzeugt und durchdrungen war, dass auch in den dunklen, scheinbar unfruchtbaren und seltsamen Abschnitten ein prophetischer Sinn verborgen ist. Unter der Hülle der Geschichten und Zeremonien erkennt sie tiefe Wahrheiten, die den menschlichen Verfassern nur durch göttliche Inspiration zukommen konnten.

Überblicken wir das Ganze der Bibel, so erkennen wir in der höchsten Mannigfaltigkeit die Einheit des göttlichen Geistes. Die Ratschlüsse Gottes von der Schöpfung und dem Fall bis zur Erlösung und zur Vollendung sind hier niedergelegt. Göttliche Eingebung hat bei den Verfassern dieser Bücher stattgefunden, göttliches Walten in der Aufbewahrung derselben und ihrer Zusammenfügung zu diesem wundervollen harmonischen Ganzen.

Das ist die Heilige Schrift, die wir aus der Hand der christlichen Kirche empfangen. Wie uns die Taufe durch die Kirche gespendet wird, so wird uns auch die Bibel durch die Kirche dargereicht. Das Christenkind empfängt sie von seinen Eltern und von den christlichen Lehrern. Es wird durch lebendiges Wort in das Verständnis der Heiligen Schrift eingeführt. Die ganze Bibel soll dem christlichen Volk durch die Diener Christi bekannt gemacht und ausgelegt werden. Jeder einzelne wird aufgemuntert, sich daraus zu erbauen und selbständige, auf eigene Erfahrung gegründete Überzeugung von dem unschätzbaren Wert des Buchs der Bücher zu gewinnen. Die christlichen Lehrer sind angewiesen, aus ihr zu schöpfen, und nichts, das nicht in Gottes geschriebenem Wort begründet ist, als göttliche Wahrheit vorzutragen. Die Gemeinde Christi bedarf Belehrung, Seelsorge und Leitung durch Männer Gottes. Aber diese Leitung muss in Übereinstimmung mit der Bibel stehen.

Der Herr hat in Weisheit für uns gesorgt. Ihm verdanken wir die Bibel, Ihm das Dasein der christlichen Kirche. Schrift und Kirche hat Er verbunden; wir sind nicht angewiesen auf eine Bibel ohne Kirche und nicht auf eine Kirche ohne Bibel. Ein Abschnitt der Apostelgeschichte ist besonders geeignet, uns das rechte Verhältnis der Heiligen Schrift und der Kirche anschaulich zu machen. Der Kämmerer aus Mohrenland las heilsbegierig die Bibel, und der Segen Gottes ruhte darauf. Doch damit war es nicht getan; die christliche Kirche kam ihm zu Hilfe in Gestalt des Evangelisten Philippus; dieser ward gesandt, ihm die Weissagung des Jesajas auszulegen, das Evangelium zu verkündigen und die heilige Taufe zu spenden. Apostelgeschichte 8, 26 - 40.

Ist nicht die Bibel so deutlich, dass sie keines Auslegers bedarf? Man kann sagen: sie ist das deutlichste und zugleich das dunkelste Buch. Die Gebote Gottes, die Vergebung der Sünden durch Glauben an Christus, der Weg des Heils für jeden einzelnen: dies alles ist so klar verkündigt, dass ein Kind es fassen kann. Was zur Seligkeit notwendig ist, steht in so deutlichen Zügen geschrieben, dass Gottlose keine Entschuldigung haben, wenn sie auch nur Moses und die Propheten hätten. Lk 16,29. Bei uns kommen noch Christus und die Apostel dazu. Daneben aber enthält die Bibel Geheimnisse, die kein Verstand der Verständigen enträtseln kann, Dunkelheiten, über welche nur der Geist Gottes Aufschluss zu geben vermag. Es nicht nur einzelne gerettet, es soll die Gemeinde Christi auferbaut, in der Heiligung gefördert und der Vollendung entgegengeführt werden. Auch hierfür ist alles Erforderliche in der Bibel niedergelegt; aber diese Schätze zu heben und den Willen des Herrn in der Kirche auszuführen, bedarf es solcher Männer Gottes, welche eine besondere Erleuchtung, Weisheit von oben und Sendung von Gott empfangen haben.

So ist denn das richtige, von Gott geordnete, Verhältnis der Kirche und der Heiligen Schrift dieses, wie es uns in der 33. Frage des Katechismus beschrieben wird: „Vor alters wurden heilige Männer vom Heiligen Geist getrieben, Gottes Willen kundzutun; die Worte Gottes, durch sie geredet und in den Büchern des Alten Testamentes niedergelegt, wurden den Juden anvertraut. Diese Bücher, zugleich mit den Schriften der Evangelisten und Apostel des Neuen Testamentes, sind in der christlichen Kirche aufbewahrt und bis auf uns überliefert worden; und Christus hat in Seiner Kirche Ämter eingesetzt, zur Leitung Seines Volkes in Übereinstimmung mit Seinem geschriebenen Wort.“

Wir haben neben der Bibel das Symbolum. Ist denn die Bibel nicht vollständig, bedarf sie einer Ergänzung? Und ist es erlaubt, neben ihr eine solche anzunehmen? — Sie ist mehr als vollständig, sie ist unermesslich reich an Inhalt. Eben deswegen wäre es nicht gut, wenn jedem einzelnen überlassen bliebe, auf diesem weiten und labyrinthischen Gebiet sich zurechtzufinden, und aus einer solchen Fülle von Geschichten und Lehren das Wesentlichste und Wichtigste nach eigenem Ermessen auszusuchen. Darum ist es weise geordnet, dass uns das Symbolum als Summarium oder Inbegriff der in der Bibel enthaltenen mannigfaltigen Offenbarungen Gottes gegeben ist. Wir treten damit der Autorität der Bibel nicht zu nah, sie wird vielmehr umso sicherer festgestellt.

Durch das apostolische Symbolum werden wir inne, welches die Hauptstücke des christlichen Glaubens seien. Es ist der Glaube an den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist; an das göttliche Werk der Schöpfung, der Erlösung und der Heiligung. Wie den Kanon der heiligen Bücher, so haben wir auch diese Zusammenfassung ihres Inhalts aus der Hand der christlichen Kirche und zwar zur Zeit, da sie noch einig war und in der reinen Überlieferung feststand, empfangen. Dieselbe Stimme, welche uns sagt: diese sind die kanonischen Bücher, sagt uns auch: dies ist die Summe ihres Inhalts, dies ist das apostolische Symbolum, dies ist die Regel des Glaubens, an die wir uns zu halten haben. Wie dies Glaubensbekenntnis seit der Apostel Zeiten galt, so gilt es noch in den großen Abteilungen der christlichen Kirche.

Es wird Symbolum genannt, das ist Losungswort. Gleichwie die Kriegsleute im Feld sich an der Losung als Freunde erkennen, so sollen alle Christen auf Erden sich an diesem Bekenntnis als Brüder erkennen. Wie der Kriegsmann den Streiter, der das rechte Losungswort nicht anzugeben weiß, für einen Feind erkennt, so haben wir die, welche das apostolische Glaubensbekenntnis verwerfen, geringachten oder willkürlich verändern, für Irrgläubige anzusehen.

Ich glaube an Gott.

Alles, was Gott geoffenbart und zu glauben geboten hat, halten wir Christen für untrüglich wahr. Dies ist Glauben, und doch liegt noch mehr in dem Worte: Ich glaube an Gott den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist. Es ist ein Wort der Huldigung und Anbetung, ein Wort der Ehrfurcht und des Vertrauens. Unser ganzes Herz gehört Gott und Ihm allein. Unser einziges Vertrauen ruhe auf Ihm. Er ist ein Fels ewiglich. Auf Ihn allein will ich meine Hoffnung bauen im Leben und im Sterben. Dies heißt: ich glaube an Gott.

Gott ist das allervollkommenste Wesen, das höchste Gut. Er ist es, der uns und alle Dinge erschaffen hat, der über uns waltet und uns versorgt, der da richtet, das Böse bestraft und das Gute belohnt. So hat Er sich den ersten Eltern des Menschengeschlechts zu erkennen gegeben; diese Erkenntnis blieb ihnen auch nach dem Fall und wurde ihren Nachkommen überliefert. Diese heilige Überlieferung wurde bestätigt und lebendig erhalten durch ein zweifaches Zeugnis Gottes. Die Werke der Schöpfung und die Stimme des Gewissens sind dieses zweifache Zeugnis. Gottes unsichtbares Wesen wird geistlich wahrgenommen und geschaut in Seinen Werken. Röm 1, 20. „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes und die Feste verkündigt Seiner Hände Werk. Ein Tag sagt es dem andern, und eine Nacht tut es kund der andern. Es ist keine Sprache noch Rede“ (so viel und so verschieden die Sprachen der Völker des Erdbodens sind) „darin man nicht ihre Stimme höre“ (dies göttliche Zeugnis vernehme). Psalm 19, 1 - 4. Durch die unzähligen Wohltaten der Schöpfung, Erhaltung und Vorsehung wendet sich Gott an das Herz des Menschen und sucht ihn zur Dankbarkeit und Anbetung zu bewegen. Er, der Himmel und Erde gemacht hat, ließ zwar in den vor der Erscheinung Christi vergangenen Zeiten alle Heiden ihre eigenen Wege gehen (ohne ihnen wie den Israeliten Seine Propheten zu senden); aber zugleich, so sagen die Apostel der Heiden zu den Heiden, „hat Er sich nicht unbezeugt gelassen, hat uns viel Gutes getan und vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gegeben, unsere Herzen erfüllet mit Speise und Freude.“ Apg 14, 15 - 17. Die Unterlassung des Dankes und der Anbetung war die Sünde, wodurch die Heiden in Eitelkeit und Finsternis gerieten. Röm 1, 21. Trotz alledem ließ Gott nicht ab, sich im Geist und Gewissen eines jeden Menschen zu bezeugen. Das ewige Wort, durch das alle Dinge gemacht sind, ist das wahrhaftige Licht, das jeden Menschen erleuchtet, Joh 1, 9. Auch der Tor, der in seinem Herzen spricht: „Es ist kein Gott“ (Psalm 14, 1) versteht es, was gemeint ist, wenn man ihm Gottes Dasein verkündigt. Auch jene Heiden, die schon tief in Abgötterei versunken waren, erinnerten sich eines besseren in ernsten Augenblicken; dann gedachte ein solcher seiner Abgötter nicht mehr, sondern rief aus: Gott wende es ab, Gott sei uns gnädig! So war auch von den Heiden zu erwarten, „dass sie Gott suchen sollten, ob sie Ihn wohl fühlen und finden möchten, denn Er ist nicht ferne von einem jeglichen unter uns.“ Apg 17, 27. Aus den Werken der Schöpfung erkennt der Mensch die Allmacht und Weisheit des Schöpfers; in den Wohltaten der Vorsehung wird er der göttlichen Güte inne; durch die Stimme Gottes im Gewissen und durch die Führungen Gottes wird er zur Furcht vor dem ewigen Richter angeleitet. Bleibt er dennoch ferne von Gott und fragt nicht nach Seinem Willen, so ist er ohne Entschuldigung.

Der Glaube an Gott war in der Heidenwelt durch die Schuld vieler Geschlechter verdunkelt. Da, als die Zeit erfüllt war, sandte Gott Seinen Sohn und ließ uns das helle Licht des Evangeliums leuchten. „Niemand hat Gott je gesehen; der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, hat Ihn uns verkündigt.“ Joh 1, 18. Nun wird in uns der reine christliche Glaube durch den Heiligen Geist gewirkt, und in der Taufe ist er uns versiegelt.

Wir sind berufen, das Zeugnis des Glaubens abzulegen gegen den Unglauben der letzten Zeit. Denn wir sind in die Zeiten des Abfalls gekommen und sind von Versuchungen zum Unglauben umgeben. Gottesleugnung inmitten der Christenheit ist eine schreckliche Erscheinung. Christen, die in diesen Fallstrick geraten, haben eine weit schwerere Schuld als die ungläubigen Heiden oder Juden. Der Christ, welcher Gott leugnet, sucht das himmlische Licht in seinem Geiste auszulöschen, das göttliche Leben in seinem Herzen zu töten; er begeht einen geistlichen Selbstmord, der ihm dennoch nicht gelingt, denn er findet keine Ruhe ewiglich; wie gesagt ist von den Menschen der letzten Zeit: „In denselbigen Tagen werden die Menschen den Tod suchen und ihn nicht finden; werden begehren zu sterben, und der Tod wird von ihnen fliehen.“ Offb 9, 6. Er macht sich der allerhöchsten Undankbarkeit schuldig. Er verfinstert seine Vernunft. Er begeht durch seine Gottesleugnung ein Verbrechen.

Hüten wir uns und die Unsrigen auf das Äußerste vor dem Unglauben, vor den Reden und Büchern, den Lästerungen und Spöttereien der Ungläubigen. Wer sich mutwillig und vorwitzig in Gefahr begibt, kommt darin um. Nur wer einen bestimmten Beruf dazu hat, darf sich mit jenen Dingen abgeben. Niemand meine, er könne sich selbst schützen, und es sei ein leichtes, sich vor der Verführung zu bewahren. Wir haben nicht allein mit Menschen und mit menschlichen Meinungen zu kämpfen, sondern mit dem finsteren Geist, der in dieser Welt herrscht. Wo man diesem Zugang gestattet, da setzt man sich der geistlichen Ansteckung aus. Denn der Unglaube wirkt wie eine Pestilenz und wird in der Schrift unter diesem Bilde zur Warnung dargestellt. Da gilt es, ein reines Herz zu bewahren, mit Gott wandeln, Vorsicht zu üben, unter dem Schutz des Herrn zu bleiben.

Der lebendige Glaube, den Gottes Geist in den Kindern Gottes anfacht und erhält, besteht diese Prüfungen und Gefahren. „Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat; wer ist es aber, der die Welt überwindet, ohne der da glaubet, dass Jesus Gottes Sohn ist.“ 1 Joh 5, 4. 5. Der lebendige Glaube steht in kindlicher Zuversicht zu Gott und erweist sich in der Liebe zu Ihm und zu den Menschen.

Es gibt einen toten Glauben, mit dem wir nicht vor Gott bestehen können. Man weiß, man gibt zu, dass Gott sei, und dass die christliche Lehre wahr sei, aber es fehlt der kindliche Geist, es fehlt das Vertrauen, es fehlt die Liebe, es fehlen die guten Werke Dieser tote Glaube, wenn man ihn überhaupt noch Glauben nennen will, kann uns nicht selig machen; dieses tote Wissen vermehrt nur des Menschen Verantwortung und erschwert das Gericht. Jakob. 2, 19.

Ich glaube an Gott. Gottes Herrlichkeit und Majestät ist unaussprechlich. Seine Eigenschaften sind lauter Vollkommenheiten. Auch die Ewigkeit wird nicht ausreichen, Sein Wesen zu ergründen oder die Schätze Seiner Weisheit, Macht und Liebe zu erschöpfen. Wir haben ein Wörtlein davon vernommen. Teilweise erkennen wir Ihn, einst werden wir Ihn erkennen, wie wir von Ihm erkannt sind. Er hat sich geoffenbart in der Schöpfung, in der Weltregierung, in der Erscheinung Jesu Christi und durch das Licht des Heiligen Geistes, der in der christlichen Kirche wohnt. Die Erkenntnis, die Er uns schenkt, ist, so weit wir sie jetzt in uns aufnehmen können, noch unvollkommen. Wir sollen erst noch vom Glauben zum Schauen erhoben werden, wenn das Vollkommene kommt. Dennoch ist sie eine wahre, eine lebendige und beseligende Erkenntnis, wie der Herr gesagt hat: „Das ist das ewige Leben, dass sie Dich, den allein wahren Gott und, den Du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.“ Joh 17, 3.

„Gott ist Geist.“ Joh 4, 24. So verkündigt es uns der Herr selbst. Gott wohnt in einem unzugänglichen Licht, Er, „den kein Mensch gesehen hat noch sehen kann.“ 1Tim 6, 16. „Niemand hat Gott je gesehen, der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat Ihn uns verkündigt..“ Joh 1, 18. Leiblichkeit und eine für das leibliche Auge sichtbare Gestalt kommt ihm nicht zu. Der Geist im Menschen ist von allem, das wir kennen, das einzige Ihm Ähnliche.

Wie kommt es nun aber, so dürfte wohl jemand fragen, dass die Heilige Schrift von Seinen Augen, Seinen Ohren, Seiner rechten Hand redet? Sie gebraucht diese Ausdrücke, um uns auf Seine Allwissenheit und Allmacht hinzuweisen. So kann man ja auch von dem geistigen Wesen des Menschen kaum anders als sinnbildlich reden. Es beruht dies darauf, dass das Äußere zum Sinnbild des Innern und Unsichtbaren geschaffen ist, unsere Sprache aber in diesem Erdenleben ihre Ausdrücke von dem Sichtbaren hernehmen muss.

Wie stimmt es aber hiermit, so möchte jemand weiter fragen, dass die Heilige Schrift von Erscheinungen Gottes im Alten Bunde redet, wie es heißt von den Ältesten zu Moses Zeit: „Sie sahen den Gott Israels.“ 2 Mose 24, 10. Wir antworten hierauf mit den ältesten Lehrern der christlichen Kirche: Gott ist nie anders als im Sohne erschienen. Allerdings ist auch der Sohn Seiner göttlichen Natur nach unsichtbar, denn Er ist eines Wesens mit dem Vater; aber Er ließ sich schon vor Seiner Menschwerdung herab, sich in einer angenommenen kreatürlichen Gestalt Seinen Auserwählten zu offenbaren.

Gott ist ewig, ohne Anfang und Ende der Tage, erhaben über den Strom der Zeit. Er ist es, der allein Unsterblichkeit hat. 1 Tim 6, 16. Er ist das ewige Leben selbst. Er ist unwandelbar und unveränderlich in Seinem Wesen. In Gott findet kein Wachstum, keine Entwicklung statt. Jakob. 1, 17. „Herr, Gott, Du bist unsre Zuflucht für und für. Ehe denn die Berge wurden und die Erde und die Welt geschaffen wurden, bist Du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Der Du die Menschen lässt sterben und sprichst: Kommt wieder, Menschenkinder. Denn tausend Jahre sind vor Dir wie der Tag, der gestern vergangen ist, und wie eine Nachtwache.“ Psalm 90, 1 - 4. „Deine Jahre währen für und für. Du hast vormals die Erde gegründet, und die Himmel sind Deiner Hände Werk. Sie werden vergehen, aber Du bleibest; sie werden alle veralten wie ein Gewand; sie werden verwandelt wie ein Kleid, wenn Du sie verwandeln wirst. Du aber bleibest, wie Du bist, und Deine Jahre nehmen kein Ende.“ Psalm 102, 25 - 28.

Gott ist allmächtig. Das bezeugen die Werke Seiner Hand. „Der Himmel ist durch das Wort des Herrn gemacht, und all sein Heer durch den Geist Seines Mundes. So Er spricht, so geschieht‘s; so Er gebeut, so steht‘s da.“ Psalm 33, 6. 9. „Unser Gott ist im Himmel, Er kann schaffen, was Er will.“ Psalm 115,

3. „Er macht die Toten lebendig und ruft dem, das nicht ist, dass es sei.“ Röm 4, 17. Dieses Weltgebäude, das dem menschlichen Geist unzählige Wunder und unerforschliche Tiefen vorhält, ist durch den Willen des Allmächtigen ins Dasein gerufen und wird durch das Wort Seiner Macht erhalten. Doch ist auch dieses Weltall noch nicht der vollkommene und erschöpfende Ausdruck der göttlichen Allmacht. Gott hat sich noch Größeres und Herrlicheres vorbehalten. In einer neuen Schöpfung und in der zukünftigen Welt will Er auf neue und ungeahnte Weise Seine Allmacht offenbaren, wie Er sagt durch den Propheten: „Siehe, ich will einen en Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken soll, noch zu Herzen nehmen.“ Jes 65, 17. Er ist es, „der überschwänglich tun kann über alles, das wir bitten oder verstehen.“ Eph 3, 20.

Gott ist allgegenwärtig. Er erfüllt Himmel und Erde. Er ist nahe allen, die Ihn anrufen, und vor Ihm kann sich niemand verbergen. Jerem. 23, 23. 24. „Wo soll ich hingehen vor Deinem Geist? Und wo soll ich hin fliehen vor Deinem Angesicht? Führe ich gen Himmel, so bist Du da; bettete ich mich in die Hölle, siehe so bist Du auch da. Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde mich doch Deine Hand daselbst führen und Deine Rechte mich halten. Spräche ich, Finsternis möge mich decken, so muss die Nacht auch Licht um mich sein; denn auch Finsternis nicht finster ist bei Dir, und die Nacht leuchtet wie der Tag.“ Psalm 139, 7 -12. Salomo sprach bei der Einweihung des Tempels: „Meinest du auch, dass Gott auf Erden wohne? Siehe der Himmel und aller Himmel Himmel können Dich nicht versorgen (umfassen); wie sollte es denn dies Haus tun, das ich gebaut habe?“ 1 Kön 8, 27.

Wohl möchte in uns die Frage aufsteigen: Was bedeutet es, da Er allgegenwärtig ist, dass die Schrift doch wiederum sagt, Gott ist im Himmel, und Er wohnt in Seinem geistlichen Tempel, der Kirche? Es beruht darauf, dass Er verschiedene Weisen hat, Seine Gegenwart zu offenbaren. Im Himmel und in Seinem Tempel beweist Er sie auf beseligende Weise. Am Ort der Verdammnis erfährt man Seine Gegenwart in richtender Weise. Wo Er das Licht Seines Angesichts den Menschen verbirgt, da spüren sie an Seiner Gerechtigkeit, dass Er dennoch nicht ferne von ihnen ist. So ist dasselbe Licht des Tages dem gesunden Auge wohltätig und erquickend, dem kranken Auge schmerzhaft und unerträglich.

Gott ist allwissend. Das Vergangene, das Gegenwärtige und das Zukünftige ist Ihm alles kund. Er sieht in das Verborgene der Herzen. Vor Ihm kann sich niemand verstecken. Er kennt auch die heimlichen Kümmernisse und die Not Seiner Geschöpfe, deren sonst niemand achtet. „Der das Ohr gepflanzet hat, sollte der nicht hören? Der das Auge gemacht hat, sollte der nicht sehen?“ Psalm 94, 9. „Herr, Du erforschest mich und kennst mich. Ich sitze oder stehe auf, so weißt Du es; Du verstehst meine Gedanken von ferne. Ich gehe oder liege, so bist Du um mich und siehst alle meine Wege. Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das Du, Herr, nicht alles wissest. Du schaffst es, was ich vor oder hernach tue, und hältst Deine Hand über mir. Solche Erkenntnis ist mir zu wunderlich und zu hoch, ich kann es nicht begreifen. - Deine Augen sahen mich, da ich noch unbereitet war, und waren alle meine Tage auf Dein Buch geschrieben, die noch werden sollten, und derselben keiner da war.“ Psalm 139, 1 - 6. 16.

Gott ist vollkommen weise; Er ist die Weisheit selbst. „Der Herr hat die Erde durch Seine Weisheit gegründet, und durch Seinen Rat die Himmel bereitet.“ Sprüche Sal. 3, 19. In dem größten Seiner Werke, dem Weltenbau mit den unzähligen Sternen, und in den kleinsten Seiner Werke, den lebenden Wesen auf Erden, spiegelt sich in mannigfaltiger Art Seine Weisheit ab. Sie leuchtet hervor aus der Erziehung des Menschengeschlechts und aus der Führung der einzelnen Seele; aus den Vorbereitungen auf die Erscheinung Seines Sohnes und aus Seinem Walten im Reich der Gnade. Doch ist Er zugleich ein verborgener Gott. „Fürwahr, Du bist ein verborgener Gott, Du Gott Israels, der Heiland.“ Jes 45, 15. Seine Weisheit ist dem kurzsichtigen Auge des sterblichen Menschen, der nur das Sichtbare und die Gegenwart wahrnimmt, in manchen Fällen verhüllt. Die Übel in der Natur, die Herrschaft der Sünde und des Todes im Menschengeschlecht, die Leiden der Gerechten scheinen im Widerspruch mit Seiner Weisheit zu stehen. Warum dies alles? Es ist geordnet zur Prüfung unseres Vertrauens und Gehorsams. Seine Zulassungen, Seine Gerichte erscheinen uns unerklärlich. Aber hier ist uns aufgegeben, nicht zu zweifeln, sondern Seiner zu harren. Die zukünftige Welt und die Ewigkeit wird Seine Weisheit vor allen Kreaturen rechtfertigen; sie wird die Lösung aller Rätsel mit sich bringen und die ängstlichen Fragen der Kinder Gottes in einen unvergänglichen Lobgesang verwandeln. Röm 11,33.34.

Gott ist getreu und wahrhaftig. Was Er sich vorgenommen hat, das führt Er hinaus. Was Er verheißen hat zu tun, ist so gewiss wie das, was Er schon getan hat. Wie Samuel sprach: „Auch lügt der Held in Israel nicht, und gereut Ihn nicht, denn Er ist nicht ein Mensch, dass Ihn etwas gereuen sollte.“ 1 Sam 15, 29. Ebenso David: „Des Herrn Wort ist wahrhaftig, und was Er zusagt, das hält Er gewiss.“ Psalm 33.

4. Ebenso Moses: „Er ist ein Fels ewiglich; wohl allen, die auf Ihn trauen!“ 5 Mose 32, 4.

Gott ist allgütig. „Herr, Deine Güte reicht so weit der Himmel ist, und Deine Wahrheit so weit die Wolken gehen. Herr, Du hilfst beiden, Menschen und Vieh. Wie teuer ist Deine Güte, Gott, dass Menschenkinder unter dem Schatten Deiner Flügel Zuflucht haben!“ Ps 36, 6 - 8. „Herr, wie sind Deine Werke so groß und viel; Du hast sie alle weislich geordnet, und die Erde ist voll Deiner Güter.“ Ps 104, 24. Als Gott ansah alles, was Er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut, da war im paradiesischen Stande die Natur und alles, was in ihr vorging, ein ungetrübter Spiegel der Güte Gottes. Auch jetzt noch sind wir umgeben mit unzähligen Beweisen Seiner Fürsorge für die lebenden Geschöpfe Seiner Hand. Doch ist seit dem tiefen Fall des Menschen die Natur nicht mehr, was sie sein soll, was sie war, was sie sein wird. Sie ist um des Menschen willen dem Dienst des vergänglichen Wesens verfallen. Röm 8, 20. 21. Das Heer der Übel hat sich ausgebreitet. Aber diesem Stande, in dem sich uns die Güte Gottes teilweise verbirgt, ist die Kreatur unterworfen worden nicht auf immer, sondern auf Hoffnung. Auch sie wird Anteil bekommen an der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. Röm 8, 22. Dann wird Gottes Güte aus den Kreaturen in reinem Glanze wiederstrahlen.

„Gott ist die Liebe.“ 1 Joh 4, 16. Die Liebe steht noch höher als die Güte; diese ist auch den niederen Geschöpfen zugewandt; die Liebe Gottes hat den Menschen, den Er nach Seinem Bilde gemacht hat, zum Gegenstand. Die wahre Liebe sucht ihre Seligkeit in der Seligkeit eines andern. So ist es mit der göttlichen Liebe, die uns in der Sendung und der Dahingabe des Sohnes erschienen ist. Es ist des Herrn Freude, Sein Volk zu segnen und es der Seligkeit und Herrlichkeit, die Er besitzt, teilhaftig zu machen. „Daran ist erschienen die Liebe Gottes gegen uns, dass Gott Seinen eingeborenen Sohn gesandt hat in die Welt, dass wir durch Ihn leben sollen.“ 1 Joh 4, 9. Gegen die Leidenden offenbart sich die Liebe Gottes als Barmherzigkeit; gegen die Sünder, die sich zu Ihm bekehren, als Gnade. „Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte. Er wird nicht immer hadern noch ewiglich Zorn halten. Er handelt nicht mit uns nach unsern Sünden und vergilt uns nicht nach unsrer Missetat. Denn so hoch der Himmel über der Erde ist, lässt Er Seine Gnade walten über die, so Ihn fürchten. So fern der Morgen ist vom Abend, lässt Er unsre Übertretung von uns sein. Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich der Herr über die, so Ihn fürchten. Denn Er kennt, was für ein Gemecht wir sind, Er gedenkt daran, dass wir Staub sind.“ Psalm 103, 8 – 14 Moses hörte, als der Herr vor seinem Angesicht vorüberging, den Ruf der himmlischen Heerscharen: „Herr, Herr Gott, barmherzig und gnädig, und geduldig und von großer Gnade und Treue, der Du beweist Gnade an Tausenden und vergibst Missetat, Übertretung und Sünde, und vor welchem niemand unschuldig ist; der du die Missetat der Väter heimsuchst auf Kinder und Kindeskinder bis ins dritte und vierte Glied.“ 2 Mose 34, 6. 7. Und der Prophet Micha ruft aus: „Wo ist solch ein Gott, wie Du bist? Der die Sünde vergibt und erlässt die Missetat den Übrigen Seines Erbteils, Er wird sich unser wieder erbarmen, unsere Missetat dämpfen und alle unsere Sünden in die Tiefe des Meeres werfen. Du wirst dem Jakob die Treue, und Abraham die Gnade halten, die du unseren Vätern vorlängst geschworen hast.“ Micha 7, 18—20.

Gott ist gerecht. Er hasst das Arge. Er richtet das Böse und belohnt das Gute. Er kann sich in alle Ewigkeit nicht mit der Sünde befreunden. „Du bist nicht ein Gott, dem gottlos Wesen gefällt; wer böse ist, bleibt nicht vor Dir. Die Ruhmredigen bestehen nicht vor Deinen Augen; du bist feind allen Übeltätern. Du bringst die Lügner um; dem Herrn sind ein Gräuel die Blutgierigen und Falschen.“ Psalm 5, 5 - 7. Seine Gesetze sind unverbrüchlich die Gerichte, die Er androht, sind gewiss. Seine Gerechtigkeit tut sich kund in der Stimme des Gewissens; auf vollkommenere Weise in dem Worte der Wahrheit. Seine strafende Gerechtigkeit tritt ans Licht in schrecklichen Ereignissen der heiligen Geschichte, in der Sintflut, in der Zerstörung von Sodom und Gomorrha. Auch im neuen Bunde ist Er derselbe. „Unser Gott ist ein verzehrend Feuer.“ Heb 12, 29. Seine Gerechtigkeit offenbart sich auch in den Gerichten der jetzigen, der letzten Zeit.

Seine strafende Gerechtigkeit wird von den Sündern empfunden als Zorn. Sein Zorn, den Er den Sündern droht, ist unerträglich. Er unterscheidet sich von des Menschen Zorn, denn der Mensch übereilt sich und begeht Ungerechtigkeiten, die er bereuen muss. Nicht so bei Gott.

Diese göttliche Eigenschaft, die Gerechtigkeit, ist den Menschen in dieser Zeit des Abfalls verdunkelt und in Vergessenheit geraten. Dies kann geschehen, weil Gott langmütig ist und Seine Strafen zeitweise zurückhält. So spricht der Herr zu dem Gottlosen: „Das tust du, und ich schweige. Da meinst du, Ich werde sein wie du. Aber ich will dich strafen und dir‘s vor Augen stellen. Merket doch das, die ihr Gottes vergeßt, damit ich nicht einmal hinraffe, und sei kein Retter mehr da.“ Psalm 50, 21. 22. Alles hat seine Zeit, die Offenbarung der Geduld und die Offenbarung des Zorns. Wenn nun die Geduld lange waltet, werden die Menschen frech und fragen: Wo ist der Gott des Gerichts? Er ist geduldig, weil Er ewig ist, und Ihm die Ewigkeit noch zu Gebote steht, um die Verächter zu strafen.

Gott ist heilig. Dies ist das höchste, das wir zu Seinem Preise sagen können. Wir dürfen in den Lobgesang der Seraphim einstimmen: „Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth; alle Lande sind Seiner Ehre voll.“ Jes 6, 3. Wäre Er nur gerecht, wäre Er nur gütig, so würde dieser Lobgesang nicht ertönen. Aber Er ist gerecht, indem Er die Sünde richtet, und Er ist die Liebe, indem Er den Menschen, Sein Geschöpf, rettet und selig macht. Darin steht das Geheimnis der Erlösung. Das Erlösungswerk ist die Offenbarung der Heiligkeit Gottes.

Wir glauben an Einen Gott. Wir bekennen die Einheit und Einzigkeit des höchsten Wesens, dem kein anderes an die Seite gesetzt werden kann (Monotheismus). Wir unterscheiden uns dadurch von den Heiden, welche in die Vielgötterei (Polytheismus) verfielen.

Der eine, wahre und lebendige Gott war den Patriarchen kund, und sie wandelten in Seinem Lichte; sie riefen Seinen Namen an; Seth und Enos, Henoch und Noah, Melchisedek und Abraham. Zu Abraham sprach der Herr: „Ich bin der allmächtige Gott, wand-le vor mir und sei fromm.“ 1 Mose 17, 1. Den Abraham hat Er erwählt und ausgesondert, um durch ihn und seinen Samen die Erkenntnis des einen wahren Gottes zu erhalten, während die Heiden dahingegeben wurden, auf ihren eigenen Wegen in die Irre zu gehen. Während nun der Verfall der heidnischen Religionen zunahm, hatte die göttliche Sendung Moses und die Gesetzgebung auf dem Sinai diesen Hauptzweck, Israel vor den verführerischen Einflüssen der Heidenwelt zu schützen, eine reine Stätte auf Erden zu schaffen und zu erhalten, an welcher der Glaube an den einigen Gott und die Ihm gebührende Anbetung bewahrt bleiben sollte, und erhalten blieb, bis die Fülle der Zeit kam, da durch Christus und Seine Gemeinde alle Völker der Erde gesegnet werden sollen. Darum wird uns im Alten Testament die Einheit Gottes und der Abscheu vor aller Kreaturvergötterung mit solchem Ernste eingeschärft und für Ihn, den Ewigen, allein die Hingebung, Huldigung und Anbetung des Menschen in Anspruch genommen. „Höre Israel, der Herr, unser Gott, ist ein einiger Herr; und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieb haben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und allem Vermögen.“ 5 Mose 6, 4-5.

Diese geoffenbarte Wahrheit, dass das höchste Wesen, die erste Ursache alles dessen, was da ist, der Urheber aller Dinge nur einer sein kann, ist zugleich eine Aussage der Vernunft. Das vollkommenste Wesen, das sich in der Schöpfung und im Geiste des Menschen bezeugt, kann nur eines sein, denn ein zweites selbständiges Urwesen neben Ihm würde es beschränken und Seine Vollkommenheit aufheben. Die Erinnerung an den ursprünglichen Monotheismus ist denn auch bei den Heiden niemals ganz erloschen, sie ist den Weltweisen des griechischen Altertums zum klaren Bewusstsein gekommen und von ihnen ausgesprochen worden.

Was aber kein Verstand der Verständigen sah, was in keines Menschen Herz kam, ist das Geheimnis der Dreieinigkeit Gottes. Einzelne Lichtstrahlen in der Offenbarung des alten Bundes ließen dasselbe ahnen; endlich wurde es uns durch die Erscheinung des Sohnes auf Erden und die Sendung des Heiligen Geistes offenbar. In dem einen göttlichen Wesen sind, ohne Aufhebung der Einheit, drei unterschiedene Personen. Der einige Gott ist der dreieinige, auf den wir getauft sind: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Hierauf weist uns die folgende Frage des Katechismus.

6. Frage: Was lernst du hauptsächlich aus diesem Glaubensbekenntnis?

Antwort: Ich lerne glauben: erstlich an Gott den Vater, der mich und die ganze Welt geschaffen hat; zweitens an Gott, den Sohn, der mich und alle Menschen erlöst hat; drittens an Gott, den Heiligen Geist, der mich und alle Auserwählten Gottes heiliget.“

Wir bekennen also: Der Vater ist Gott - der Sohn ist Gott - der Heilige Geist ist Gott. Hier sind drei unterschiedene Personen; einer jeden von ihnen geben wir den göttlichen Namen und die göttliche Ehre; und doch bekennen wir nicht drei Götter, sondern einen Gott, geoffenbart als Vater und Sohn und Heiliger Geist. Vergegenwärtigen wir uns noch einmal die Fülle der göttlichen Eigenschaften. Wem gehören sie? Nicht dem Vater allein, sondern auch dem Sohne und dem Heiligen Geist; diese drei sind gleich; nicht wie etwa drei Männer einander gleich sein können an Macht oder an Weisheit; denn solche drei menschlichen Personen bestehen nebeneinander und getrennt voneinander. So ist es hier nicht. Wir sagen nicht etwa nur so viel: die Allmacht des Sohnes ist so groß wie die Allmacht des Vaters; sondern: die Allmacht des Vaters ist auch die Allmacht des Sohnes und des Heiligen Geistes; die Liebe des Vaters ist auch die Liebe des Sohnes und des Heiligen Geistes -die eine göttliche Liebe. So mit der Heiligkeit und mit allen göttlichen Vollkommenheiten. Die Fülle der Eigenschaften Gottes nennen wir Sein Wesen, und wir bekennen, dass die drei Personen eines Wesens sind und ein Wesen in den drei göttlichen Personen. Sie sind von einander nicht verschieden, doch unterschieden. Der einzige Unterschied, der zwischen ihnen besteht, ist dieser, dass der Sohn vom Vater geboren ist und der Heilige Geist ausgeht vom Vater und vom Sohne. Der Sohn hat alles vom Vater, der Heilige Geist empfängt alles vom Vater und vom Sohne; aber allen drei Personen gebührt die gleiche göttliche Ehre und Anbetung.

Dies Geheimnis des Glaubens ist schon in der Taufformel und im apostolischen Symbol enthalten. Es wurde aufs neue kraftvoll und lichtvoll ausgesprochen im nicänischen und im athanasianischen Symbol. Wir sprechen diese Glaubensbekenntnisse im Gottesdienste, im Geiste des Gebets, Gott zu ehren, und wir bekennen uns zu ihrem Inhalt vor den Menschen.

Dieser Glaube ist tief begründet in der Heiligen Schrift (wie es bei Betrachtung des zweiten und dritten Artikels nachgewiesen werden soll); er beruht auf der echten apostolischen Überlieferung; diese und nur diese, nicht eine neue Lehre, wurde in den drei Symbolen ausgesprochen; wir vernehmen in denselben das Zeugnis der einen noch ungeteilten Kirche. Auch sind in der Gegenwart, ungeachtet der eingetretenen Spaltungen, die großen Abteilungen der Christenheit einig im Festhalten an den drei ökumenischen, d. h. in der ganzen Kirche auf Erden gültigen Symbolen.

Die Juden glauben an einen Gott, aber das Geheimnis der Dreieinigkeit ist ihnen verborgen, da sie den Sohn verworfen und den Heiligen Geist nicht empfangen haben. Dadurch haben sie auch viel von dem Lichte, das ihren Vätern vor der Erscheinung Christi leuchtete, verloren.

Unwissende, mangelhaft unterrichtete und irregeführte Christen sind es, welche die Gottheit des Sohnes und des Heiligen Geistes leugnen. Das Überhandnehmen solcher Irrlehre ist ein furchtbares Zeichen dieser Zeit, denn es beruht darauf, dass der Heilige Geist, der in der Christenheit betrübt und gedämpft worden ist, sich zurückzieht. Nur in Seinem Lichte können wir das Geheimnis der Dreieinigkeit erkennen, nur durch Seinen Beistand können wir es festhalten. Der natürliche Mensch, der fleischliche Verstand, vernimmt es nicht.

Von der Schöpfung.

Wir bekennen im nicänischen Symbolum: „Ich glaube an Gott den Vater, allmächtigen Schöpfer Himmels und der Erden, aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge,“ und wir sagen mit den Worten des Katechismus: „Ich glaube an Gott, den Vater, der mich und die ganze Welt geschaffen hat.“

Der Himmel und was darinnen ist, die Erde und alles, was auf Erden ist, das Meer und was darinnen ist, sind aus dem Nichts hervorgebracht, aus dem Nichtsein ins Dasein gerufen, durch den Willen und das Wort des allmächtigen Vaters. „Gott sprach: es werde Licht, und es ward Licht.“ 1 Mose 1, 3. „Wenn Er spricht, so geschieht‘s, und wenn Er gebeut, so steht es da.“ Psalm 33, 9. „Er ruft dem, das nicht ist, dass es sei.“ Röm 4, 17. Dies nennen wir schaffen. Aus freiem Willen, nicht durch Notwendigkeit gedrungen; durch majestätisches Wort, nicht mühsam und im Kampf mit Hindernissen hat Gott alles gemacht und sich dadurch als den Allmächtigen kundgetan. Er hat es getan, um Seine Herrlichkeit zu offenbaren und an Seinen Geschöpfen Seine Heiligkeit und Liebe zu erweisen. Er hat es getan als der rechte Vater, von dem alle Vaterschaft im Himmel und auf Erden den Namen hat. Die unsichtbare Welt, in der die Engel, die sichtbare, in der die Menschen die vornehmsten Geschöpfe sind, haben ein und denselben Urheber.

Die einzige Urkunde, die uns über das Schöpfungswerk gewissen Bericht gibt, ist die mosaische. 1 Mose Kap. 1 und 2. Sie beruht nicht auf Menschenweisheit, sondern auf Offenbarung. Sie ist von dem Sohne, der allein den Vater kennt, feierlich bestätigt. Mt 5, 18; 19, 4. Sie dient uns zur Erleuchtung und zur Bewahrung vor Irrlehren. Sie enthält den einzigen Gottes würdigen Schöpfungsbegriff. Sie schützt uns vor den Irrwegen der Heiden, die sich in zwei Hauptrichtungen verliefen, indem die einen annahmen, die Kreaturen seien aus einem ewigen und selbständigen Urstoff, der Materie, von Gott gestaltet, wie ein Baumeister aus dem Material, das er nicht selber schafft, sondern vorfindet, ein Haus baut (Dualismus); die andern meinten, aus dem göttlichen Wesen seien alle Dinge her geflossen; der Mensch und das Weltall seien göttlicher Natur (Pantheismus). Die letztere Irrlehre ist es, die sich zu dieser Zeit aufs Neue erhebt und verbreitet; sie hebt den Unterschied zwischen Gott, dem Hochgelobten, und Seinen Geschöpfen auf, sie verfinstert das Licht der Wahrheit, fördert den Abfall und bereitet den Weg für den Antichrist.

Dem entgegen bekennen wir: „Der Himmel ist durch das Wort des Herrn gemacht und all sein Heer durch den Geist Seines Mundes.“ Psalm 33, 6. „Herr, Du bist würdig, zu nehmen Preis und Ehre und Kraft, denn Du hast alle Dinge geschaffen, und durch Deinen Willen haben sie das Wesen und sind geschaffen.“ Offb 4, 11.

Die Schöpfung ist das Werk des Vaters, doch nicht mit Ausschließung des Sohnes und des Heiligen Geistes; denn Gottes Wort belehrt uns, dass der Vater alle Dinge gemacht hat durch den Sohn, und die ewige Weisheit spricht: „Da Er den Himmel bereitete, war ich daselbst - da Er den Grund der Erde legte, da war ich der Werkmeister bei Ihm und spielte auf Seinem Erdboden, und meine Lust ist an den Menschenkindern.“ Sprüche Sal. 8, 22 - 31.

Auch die Vernunft lehrt uns, dass nur durch eine freie göttliche Willenstat der Anfang aller Dinge gesetzt sein kann. Die Heilige Schrift führt uns einen Schritt weiter, indem sie uns kundmacht, dass nicht nur eine einzelne Schöpfungstat, sondern eine Reihe von Schöpfungstaten stattgefunden hat in dem Werk der sechs Tage. Durch die letzte dieser Seiner Taten hat Gott die edelste unter den sichtbaren Kreaturen, den Menschen, nach Seinem Bilde geschaffen.

Die Erhaltung aller Dinge ist wie die Schöpfung ein Werk der göttlichen Allmacht. Der Sohn trägt alle Dinge mit dem Worte Seiner Kraft (Heb 1, 3), sonst würden sie in das Nichts zurücksinken. Wir sagen nicht, dass eine beständig neue Erschaffung stattfinde, denn das Schöpfungswerk ist ein für allemal vollendet; am siebten Tage ruhte Gott von allen Seinen Werken. 1 Mose 2, 2. 3. Wohl aber werden alle Dinge im Dasein erhalten durch ein gegenwärtiges Walten, Tragen und Bewegen des Allmächtigen. Sein Schöpfungswort: Es werde! ist nicht verschollen, sondern es tönt fort und wirkt bis auf diese Stunde. Weil Er gesagt hat: Es werde Licht, leuchtet die Sonne noch heute. Weil Er gesprochen hat: Die Erde bringe hervor - wachsen heute noch die Bäume, und die lebendigen Wesen werden geboren. Kraft Seines Schöpferwortes sind auch wir ins Dasein getreten. „Ich glaube an Gott, der mich samt allen Kreaturen geschaffen hat.“

Es besteht alles durch Ihn, auch die Bösen, die sich Ihm widersetzen. Sie sündigen durch Missbrauch ihrer Freiheit und in selbstverschuldeter Verkehrtheit ihres Willens; aber sie werden dabei ganz eigentlich von Gott getragen. In jedem Augenblick ist Er es, der sie im Dasein erhält und ihnen die Kräfte gibt, die sie gegen Seinen heiligen Willen anwenden. Erkenne, o Mensch, die Langmut Gottes, und entsetze dich über die tiefe Verschuldung des Sünders! Was kann schwärzer sein als die Undankbarkeit, was kann strafbarer sein als die Empörung des Sünders gegen den Schöpfer, den Erhalter seines Lebens, den Spender aller Wohltaten!

Gottes Vorsehung waltet über uns, sie ordnet und leitet alles, was geschieht. Gottes Weisheit und Güte hatte alles für den Menschen vorbereitet und im voraus für ihn gesorgt, ehe Er ihn ins Dasein rief, wie eine Mutter für ihr Kind sorgt, ehe es geboren wird. So war es am Anfang, und so ist es noch. Er umgibt uns mit unzähligen Wohltaten. „Euer himmlischer Vater weiß, dass ihr des alles bedürft.“ Mt 6, 32. „Er sorgt für euch.“ 1 Petrus 5, 7.

Alle Ereignisse, die größten und die kleinsten, stehen unter Seiner Leitung. „Es kann mir nichts geschehen, als was Er hat ersehen, und was mir nützlich ist.“ Hiob hatte durch Satans Nachstellung, durch Naturereignisse und durch böse Menschen alles verloren; da ereiferte er sich nicht über die Bösen, er blickte tiefer , er sah auf Gott und gab Ihm die Ehre: „Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen, der Name des Herrn sei gelobet.“ Hiob 1, 21. Dies ist Glaube an das göttliche Walten. Die Bösen üben zwar ihren Mutwillen und führen verbrecherische Anschläge aus, aber über dem allen steht das Walten Gottes, Der ihnen eine Grenze setzt, und ohne Dessen Willen kein Haar von unserem Haupte fällt. Er gestattet den Bösen ein gewisses Maß von freier Bewegung, und führt dennoch, ja gerade durch ihr Tun und Treiben, Seinen Ratschluss hinaus. So konnte Joseph zu seinen Brüdern sagen: „Ihr gedachtet es böse zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen, zu erhalten viel Volks, wie es jetzt am Tage ist.“ 1 Mose 50, 20. Kaiphas, Judas und Pilatus haben durch ihre Übeltat, ohne es zu wissen, Gottes Vorsatz und die Weissagungen der Propheten erfüllt. Apg 3, 17. 18; 13,27.

Erleuchtet durch diesen ersten Artikel unseres Glaubens sind wir Christen bewahrt vor den Irrtümern der Heiden. Jene nahmen wohl einen blinden Zufall an; wir wissen: es gibt keinen Zufall, denn der Herr sagt uns: „Es fällt kein Sperling auf die Erde“ (aus seinem Nest) „ohne euren Vater.“ Mt 10, 29. Die Heiden sprechen von einem unerbittlichen Schicksal, das diesen und jenen verfolge, und von einem ehernen Gesetz der Notwendigkeit, das alles beherrsche und unabänderlich bestimme - eine Irrlehre, die jetzt aufs neue ihr stolzes Haupt erhebt. Wir sind von diesen Truggebilden befreit; auch im tiefsten Leid wissen wir: wir sind in den Händen eines barmherzigen Vaters. Wir kennen Ihn, der das Gebet Seiner Kinder hört und erhört.

So fassen wir denn den Inhalt dieses ersten Artikels zusammen in der Erklärung, die manchem von uns von Jugend auf vertraut und teuer ist:

„Ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat, samt allen Kreaturen, mir Leib und Seele, Augen, Ohren und alle Glieder, Vernunft und alle Sinne gegeben hat und noch erhält; dazu Kleider, Schuhe, Essen, Trinken, Haus und Hof, Weib und Kind, Acker, Vieh und alle Güter, mit aller Notdurft und Nahrung des Leibes und Lebens reichlich und täglich versorgt, wider alle Fährlichkeit beschirmt und vor allem Übel behütet und bewahrt: und das alles aus lauter väterlicher, göttlicher Güte und Barmherzigkeit, ohne all mein Verdienst und Würdigkeit. Des alles ich Ihm zu danken und zu loben, zu dienen und gehorsam zu sein schuldig bin. Das ist gewisslich wahr.“ (Luthers Katechismus.)

Wir bekennen Gott, den allmächtigen Vater, den Schöpfer aller Dinge, der sichtbaren und der unsichtbaren. Es gibt eine für unser leibliches Auge unsichtbare Welt, der wir selbst dem Geiste nach angehören, während wir dem Leibe nach Glieder der sichtbaren Welt sind. Es gibt eine Engelwelt, eine unzählbare Schar reiner Geister, für unsere Sinne nicht wahrnehmbar, es sei denn, dass jene nach Gottes Willen eine Gestalt annehmen, oder dass unsere Augen für ihren Blick geöffnet werden. 2 Kön 6, 17. Es sind die himmlischen Heerscharen. Die Engel sind starke Helden (Psalm 103, 20); heilige und majestätische Wesen, bei deren Anblick der sündige Mensch fühlt, dass er des Todes würdig ist. Richter 6, 22. 23; 13, 22. Unter ihnen bestehen Ordnungen, die wir nicht kennen. Die Sternenwelt ist ein Bild der Engelwelt. Die Engel wurden, so viel wir wissen, am Anfang aller Dinge geschaffen. Ihre Erschaffung ist in den Worten enthalten: „Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.“ 1 Mose 1, 1.

Aus dem Worte Gottes vernehmen wir, dass ihr Tun ein zweifaches ist: Anbetung Gottes und Ausrichtung Seiner Befehle. „Sind sie nicht allzumal dienstbare“ (liturgische) „Geister, ausgesandt zum Dienst“ (zur Diakonie) „um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit.“ Heb 1, 14. So kann ihre Tätigkeit teils eine priesterliche, teils eine diakonische genannt werden.

Aus dem Munde der Engel hat die Kirche Gottes auf Erden ihre erhabensten Lobgesänge gelernt: Sanctus - und Gloria in excelsis. Jes 6, 3. Lk 2, 14. Auf ihren himmlischen Gottesdienst weisen die Worte des Herrn an Hiob: „Wo warest du, da ich die Erde gründet - da mich die Morgensterne miteinander lobten und jauchzten alle Kinder Gottes?“ Hiob 38, 4. 7. Dieser Lobgesang erscholl, als der Mensch nach dem Bilde Gottes ins Dasein getreten und das Schöpfungswerk vollendet war.

Sie dienen Gott als Werkzeuge Seiner Offenbarung, denn das Gesetz wurde durch Engel gegeben. Apg 7, 53. Heb 2, 2. Sie sind den Gerechten zu Beschützern gegeben. „Der Engel des Herrn lagert sich um die her, so Ihn fürchten, und hilft ihnen aus.“ Psalm 34, 8. Die Geschichte des alten und des neuen Bundes ist reich an Beispielen. Die Erfahrung bestätigt es, was der Herr andeutet, dass es Schutzengel für die Kinder gibt. Mt 18, 10.

Mit reiner heiliger Freude nehmen sie das Erlösungswerk wahr, wiewohl es nicht ihnen, sondern uns Menschen gilt. Lk 2, 9 - 14. 1 Petrus 1, 12. Sie freuen sich mit dem Erlöser über einen Sünder, der Buße tut. Lk 15, 10. Sie tragen die Seelen der Gerechten, die von hier abscheiden, an den Ort der Ruhe. Lk 16, 22.

Die Gemeinde Jesu Christi steht mit den heiligen Engeln in Gemeinschaft; sie gehören mit zu dem himmlischen Jerusalem. Heb 12, 22. Sie sind nicht ferne von unsern Gottesdiensten, und wenn wir wahrhaft im Geiste wandeln, so werden wir von Zeit zu Zeit einen Blick in die Engelwelt bekommen wie die Heiligen der Vorzeit.

Wir feiern jährlich ein Fest der Engel (29. September), nicht um sie selbst anzurufen, aber um Gott zu preisen für diese Seine edlen Geschöpfe, um Ihm zu danken für die Dienste, die sie im Himmel und auf Erden tun.

So halten wir uns frei von dem Irrtum der alten und der neuen Sadduzäer, welche vorgeben, es seien keine Engel. Apg 23, 8. Ihnen sagte der Herr selbst: „Ihr irret und wisset nicht die Schrift noch die Kraft Gottes.“ Mt 22, 29.

In jener lichten Engelwelt hat in uralter Zeit ein Abfall stattgefunden. Wir stehen hier vor einem dunkeln Geheimnis. Wir müssen fühlen und bekennen, dass unser Wissen Stückwerk ist. Wir müssen uns an das Wenige halten, das uns im Worte Gottes hierüber geoffenbart wird. „Die Engel, die ihr Fürstentum nicht behielten, sondern verließen ihre Behausung, hat Er behalten zum Gericht des großen Tages mit ewigen Banden in Finsternis.“ Judas 6. Ihr Oberster wird Satan, d. h. Widersacher - Teufel, d. h. Verleumder genannt; er ist ein Mörder von Anfang (Joh 8, 44) , denn durch ihn ist der Tod in die Welt gekommen. Die Verführung der ersten Eltern, die Versuchung Christi, alle Anfeindungen, welche die Gemeinde Gottes auf Erden erleiden muss, sind Taten Satans. Er ist der Fürst der Finsternis, der sein Werk hat in den Kindern des Unglaubens. Eph 2, 2. Hoffart, Empörung und Lästerung gegen Gott, Feindschaft und Neid gegen den Menschen sind seine schrecklichsten Eigenschaften. So tief ist sein Fall, dass keine Erlösung möglich ist. Die bösen Engel sind unverbesserlich in ihrer Bosheit; die heiligen Engel, welche die Prüfungen bestanden haben, sind befestigt im Guten und stehen in keiner Gefahr des Abfalls.