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Kommunikation ist ein komplexer Vorgang. Es gibt viele Fallen, in die man dabei tappen kann, sei es unbewusst, oder, weil uns jemand hineinlaufen hat lassen. Dieser TaschenGuide hilft Ihnen, diese Fallen zu entdecken. Er zeigt Ihnen Wege und Strategien, sie zu umgehen oder unwirksam zu machen. Ziel aller Empfehlungen ist dabei, Kommunikation möglichst klar, verständlich, verantwortungs- und wirkungsvoll zu gestalten. Inhalte: - Direkt und authentisch kommunizieren: Wie Sie klare Ansagen stimmig rüberbringen - Destruktiven Taktiken standhalten: Wie Sie souverän auf Provokationen und Angriffe reagieren - Die Lieblingsfallen von Frauen und Männern: Welche Kommunikationsmuster zu Nachteilen führen können - Ihr Anti-Fallen-Plan: eigene Defizite erkennen und beseitigen
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Seitenzahl: 119
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Anja von Kanitz
Kommunikationsfallen erkennen und vermeiden
3. Auflage 2022
© 2022, Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg
www.haufe.de
Redaktion: Jürgen Fischer
Bildnachweis (Cover): stellalevi / iStock by Getty Images
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Fallen sind gewöhnlich versteckt. Es gibt sie, aber sie sind eben nicht offensichtlich. Sieht und erkennt man sie, sind sie wirkungslos. Man kann sie einfach umgehen. Diese Technik können wir uns auch in der Kommunikation zunutze machen.
Kommunikation ist ein komplexer Vorgang. Vieles, was wir tun, wenn wir kommunizieren, ist uns nicht bewusst und wirkt versteckt. Es gibt zahlreiche Fallen, in die man tappen kann – Fallen, die man sich versehentlich selbst gestellt hat, oder solche, in die andere einen hineinlaufen lassen. Kommunikationsfallen können dazu führen, dass man nicht ernst genommen wird, sich aufregt, sich verzettelt, nicht verstanden wird, andere abschreckt, über den Tisch gezogen wird, das Ziel eines Gesprächs nicht erreicht etc. Es gibt viele Formen des Scheiterns in der Kommunikation.
Dieser TaschenGuide hilft Ihnen, diese Fallen zu entdecken. Er zeigt Ihnen Wege und Strategien auf, sie zu umgehen oder unwirksam zu machen. Ziel aller Empfehlungen ist dabei, Kommunikation möglichst klar, verständlich, verantwortungs- und wirkungsvoll zu gestalten.
Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Ihnen
Anja von Kanitz
Wie kann es sein, dass wir immer wieder in schwierige und unbefriedigende Gesprächssituationen geraten, selbst dann, wenn wir uns aufrichtig bemühen, gut zu kommunizieren?
In diesem Kapitel erfahren Sie u. a.,
wie komplex das tägliche Kommunizieren ist, welche kommunikativen Fallstricke uns ins Straucheln bringen können, warum Frauen und Männer mal mehr und mal weniger unterschiedlich kommunizieren und welchen Einfluss das Umfeld auf Ihren Kommunikationserfolg hat.Nichts hat die Entwicklung der Menschheit so rasant befördert wie die Fähigkeit, über die sog. Lautsprache zu kommunizieren, also in Form von bedeutungstragenden Worten und Sätzen miteinander zu reden. Mittels dieser Sprache können wir Informationen differenzierter vermitteln. Wir können damit mehr bewirken, als wir es mit Gesten, Grunzlauten oder Bellen je könnten. Die Sprache hat es uns Menschen ermöglicht, komplexes Wissen fassbar und anderen zugänglich zu machen – über Generationen, Zeiten und Kontinente hinweg.
Ohne Sprache und Kommunikation wäre das meiste, was unser Menschsein und Leben heute ausmacht, nicht denkbar.
Die Facetten der Kommunikation sind so vielfältig und faszinierend, dass es falsch wäre, sie auf die mit ihr verbundenen Risiken und Fallen zu reduzieren. Schließlich beruht so manches, das uns das Leben schöner und reicher macht und über schwierige Zeiten hinweghilft, auch auf Kommunikation: Freundschaften, Trost, Ermutigung, Lernen und Wissen. Und trotzdem vergeht kaum ein Tag, an dem man neben der nützlichen und beglückenden Seite nicht auch mit der verstörenden und irritierenden, öfters auch frustrierenden oder ärgerlichen Seite von Kommunikation in Berührung käme.
Mit diesem TaschenGuide richten wir unser Augenmerk genau darauf: auf die eher heiklen Aspekte der menschlichen Kom[7]munikation, dahin, wo Risiken lauern, wo Kommunikation störanfällig ist, unbefriedigend, weniger oder nicht erfolgreich.
Auch gut gemeinte Kommunikation kann scheitern. So führt ein als Aufmunterung gedachter Witz nicht zu Lachern, sondern zu betretenem Schweigen. Ein Kompliment wird als »plumpe Anmache« verstanden, ein Verhandlungsangebot als Frechheit ausgelegt.
Kommunikation ist per se störanfällig. Die Möglichkeit, dass das, was wir ausdrücken wollen, anders verstanden wird, ist in jeder Kommunikationssituation gegeben. Genauso real und allgegenwärtig ist die Gefahr, dass wir die Worte anderer nicht so verstehen, wie sie sie gemeint haben.
Ist schon wohlwollende Kommunikation störanfällig, gilt dies erst recht für destruktive, so z. B. in Situationen, in denen eine Person eine andere bewusst verletzen will, über den Tisch zieht, austrickst. In solchen Fällen ist ihr ohnehin nicht an einer gelingenden Verständigung gelegen, sondern daran, die eigenen Interessen durchzusetzen – auch auf Kosten von anderen. Wir begeben uns in der Kommunikation mit anderen immer potenziell auf Glatteis. Verständigung ist nicht selbstverständlich, sondern das Ergebnis gemeinsamen Bemühens. Wenn eine Person nur ihre eigenen Interessen im Auge hat und dem Ge[8]genüber und dessen Anliegen wenig Respekt entgegenbringt, wird es schwierig, eine gute Form der Verständigung zu finden. Aber auch wenn sich beide Seiten redlich um Verständigung bemühen, führt dies nicht selbstverständlich zu einem befriedigenden Ergebnis. Dafür gibt es Gründe, die im Kommunikationssystem selbst angelegt sind.
Die menschliche Kommunikation birgt ein paar grundlegende Risiken, die Verständigung verkomplizieren und manchmal auch scheitern lassen. Sie können sich diese Risiken wie Fallstricke vorstellen, die überall wie selbstverständlich herumliegen und über die man zwangsläufig öfters einmal stolpert und das ein oder andere Mal auch stürzt.
Kommunizieren lernen wir in unserem spezifischen Umfeld von uns nahestehenden Menschen. Es gibt dafür keinen Lehrplan und keine besonderen Übungen. Was man lernt, wie man es lernt, welche Vorbilder man hat, wie erfolgreich man das Gelernte letztlich einsetzt, das alles ist, vor allem in der Kindheit, zunächst einmal Zufall und auch Schicksal. Sprache und Sprechen sowie Kommunikationsstrategien nehmen wir weitgehend unbewusst auf, von Tag 1 der Geburt an. Millionen dafür notwendige Neuronenverbindungen im Gehirn bilden sich und werden zu Netzwerken, die unsere Sprache und die ganz eigenen Erfahrungen damit miteinander verknüpfen. Dieses Sprache steuernde Netzwerk korrespondiert wiederum mit anderen [9]Neuronennetzwerken im Gehirn, z. B. mit den Bereichen, die für Bewegungssteuerung, Wahrnehmung, Emotionen zuständig sind.
Die neuronalen Netzwerke sind in jedem Gehirn anders verknüpft. Und alle diese Verbindungen verändern sich lebenslang, je nachdem, welche neuen Informationen und Erfahrungen in dieses System eingespeist werden. Entsprechend hat jeder Mensch, mit dem Sie kommunizieren, ein anderes Sprachnetzwerk im Gehirn als Sie. Jeder Ihrer Gesprächspartner, mit denen Sie je zu tun haben werden, versteht, empfindet und gebraucht Sprache anders als Sie selbst. Was darf man sagen, was nicht? Was ist normal, was nicht? Was gebietet die Höflichkeit? Was gilt als lustig, was als ungehörig? Wie geht man vor, wenn man etwas erreichen will? Ist Brüllen eine gute Strategie? Drohen? Bitten? Argumentieren? Viele Menschen, mit denen Sie täglich zu tun haben, werden zu diesen Fragen unterschiedliche Vorstellungen und Gewohnheiten haben, ohne auch nur einmal darüber nachgedacht zu haben.
Wir alle haben Kommunikation unterschiedlich erlernt und verfügen daher über unterschiedliche kommunikative Kompetenzen und Muster. Reibungslose Verständigung ist daher nicht selbstverständlich. Kommunikationsprobleme, Missverständnisse und Störungen sind normal. Wenn wir das akzeptieren, können wir in schwierigen Kommunikationssituationen gelassener bleiben und gezielter nach Lösungen suchen.
Als Mittel der mündlichen Kommunikation haben wir drei Ausdrucksformen, die immer gleichzeitig miteinander wirken.
Die dreiAusdrucksformenVerbalWelche Worte wähle ich? Welche Sätze bilde ich? Welchen Sprachstil habe ich?ParaverbalBetrifft alles, was zusammen mit den Worten hörbar ist, z. B. Stimme, Betonung, Satzmelodie, Artikulation etc.ExtraverbalAlles, was losgelöst vom Wort wirkt, z. B. Mimik, Gestik, Haltung, Blick etc.Allein auf der verbalen Ebene gibt es zig verschiedene Möglichkeiten, ein und denselben Sachverhalt auszudrücken – hier im Beispiel die Kritik an einem Textentwurf.
BEISPIEL1.»Der Entwurf ist einfach Mist.«2.»Frau Müller, ich habe mir den Entwurf angesehen. So können wir den nicht rausschicken. Die Struktur finde ich passend. Auch die Inhalte finde ich gut gewählt, aber insgesamt ist er zu lang und einige Fehler sind auch noch drin.«3.»Sie glauben doch nicht im Ernst, dass man so einen fehlerhaften Text rausschicken kann?!«4.»Der Entwurf muss noch mal überarbeitet werden: Sie müssen ihn kürzen, vor allem das Kapitel 3. Und eine gründliche Rechtschreibkontrolle ist auch wichtig.«5.»Schon wieder so ein lausiger Text! Lernen Sie’s denn nie?«[11]Alle fünf Aussagen sind als Kritik an einem Text zu verstehen. Trotzdem wirkt jede Aussage anders. Wenn Sie sich vorstellen, Sie hätten den kritisierten Text geschrieben, können Sie vermutlich sehr genau nachvollziehen und spüren, wie entscheidend die Wortwahl für die Wirkung ist.
Zu den vielen verschiedenen Möglichkeiten, einen Sachverhalt in Worte zu fassen, kommen noch die zahlreichen Mittel des para- und extraverbalen Ausdrucks hinzu: Wie klingt die Stimme? Was wird betont? Ist der Tonfall versöhnlich, schnippisch, ironisch, sachlich? Klingt die Sprechmelodie nüchtern, befehlend, zweifelnd, erheitert? War der Blick während des Sprechens wohlwollend, skeptisch, gelangweilt? Legte sie die Stirn in Falten und/oder den Kopf schräg? Atmet er auf einen Vorschlag hin vernehmbar aus? Ist seine Handbewegung abfällig oder resigniert? Deutet sie ein Lächeln an? Wenn ja, ist es wohlwollend oder hämisch?
BEISPIELJe nachdem, wie Sie diesen Satz betonen, verändert sich seine Bedeutung:1.Findest du ihn sympathisch? (Ist das Gefühl Sympathie, das du für ihn empfindest?)2.Den findest du sympathisch? (Kann ich nicht verstehen. ICH finde ihn furchtbar.)3.Den findest du sympathisch? (Zum Beispiel in Kombination mit einer Zeigegeste auf eine bestimmte Person: Ist es dieser Typ, den du sympathisch findest?)Verbunden mit unterschiedlichen Gesichtsausdrücken verändert sich die Bedeutung wieder: Satz 1 verbunden mit einem Lächeln könnte eine ver[12]trauliche Frage sein (à la »Mir kannst du’s doch sagen«). Verbunden mit einem kritischen Blick und entsprechendem Tonfall könnte auch mitschwingen: »Das darf doch nicht wahr sein!« Baut sich jemand wütend auf und spricht er mit lauter Stimme, könnte diese Frage auch eine Drohung sein im Sinne von: »Das ist doch das Allerletzte. Der hat uns das Ganze eingebrockt und du sagst, er ist sympathisch?«Die Wahl unserer Worte (verbale Ebene) kombiniert mit der Art, wie wir sie sprechen und betonen (paraverbale Ebene), wiederum kombiniert mit der Art, wie wir sie körpersprachlich unter anderem durch Mimik und Gestik begleiten (extraverbale Ebene), eröffnet uns eine unbegrenzte Zahl an Kombinations- und Ausdrucksmöglichkeiten. So zahlreich diese sind, sind auf der anderen Seite auch die Deutungsmöglichkeiten von denjenigen, die hören und sehen, was wir sagen und wie wir etwas sagen. Nicht immer wird das, was wir ausdrücken wollen, in unserem Sinne gedeutet. In jeder Kommunikation muss unser Gegenüber das von uns Gesagte entschlüsseln und mit seinem Verständnis erfassen. Beim Entschlüsseln so vieler gleichzeitiger, manchmal mehrdeutiger Signale geht häufiger etwas schief.
Oft sind es körpersprachliche Signale, die zu Irritation führen. Da wird ein Blick als kühl erlebt, ein Lächeln als Einladung, eine Geste als abfällig, auch wenn diese Wirkung gar nicht beabsichtigt war. Wenn der Inhalt des Gesagten und die nonverbalen Signale nicht zusammenpassen, bezeichnet man das im Fachjargon der Kommunikationsforscher auch als inkongruente [13]Botschaften oder Double Bind. In diesen Fällen wird meistens der körpersprachlichen Aussage mehr Bedeutung zugemessen.
BEISPIELSagt jemand zu Ihnen: »Ich freue mich sehr, dass Sie gekommen sind«, schaut er dabei aber gleichgültig und teilnahmslos, werden Sie Zweifel haben, ob Sie wirklich willkommen sind, trotz anderslautender Behauptung.Minimale Veränderungen in Betonung, Stimmklang, Augenaufschlag oder Bewegungsmuster, können einer Aussage einen völlig anderen Charakter oder auch Bedeutung geben.
Wenn wir sprechen, transportieren unsere Aussagen potenziell Botschaften auf mehreren Ebenen. Der Kommunikationswissenschaftler Friedemann Schulz von Thun hat dies die »Vier Seiten einer Nachricht« genannt. In jeder Kommunikation geben oder empfangen wir – ob wir es wollen oder nicht – Informationen auf vier Ebenen.
Die vier Seiten einer NachrichtSachebeneWorum geht es in dieser Aussage? Welcher Sachverhalt wird angesprochen?BeziehungsebeneWie stehen wir zueinander? Wie darf ich mit dir umgehen? – Hinweise zur Beziehung werden häufig körpersprachlich vermittelt, z. B. mit Blick, Tonfall, Stimmklang, Gesten etc.[14]SelbstoffenbarungsebeneWas zeige ich von mir? Was sagt das, was und wie ich etwas sage, über mich aus? Wie geht es mir mit dem Sachverhalt/der Gesprächssituation/dem Gegenüber? Auch hier sind neben verbalen Aussagen häufig die Sprechweise und die Körpersprache wichtige Informationsquellen.AppellebeneWas will ich mit dem Gesagten erreichen? Zumeist will man etwas bewirken mit dem, was man sagt. Nicht immer ist dieser Appell eindeutig formuliert. Viele erwarten, dass die andere Person heraushört, was man eigentlich möchte. Dies nennt man dann versteckter Appell.Die vier Ebenen lassen sich gut an Loriots bekanntem Dialog über ein Ei erläutern.
BEISPIEL»Berta, das Ei ist hart.«Sachebene: Fakt ist, dieses Ei ist hart gekocht.Beziehungsebene: Je nachdem, kann hier ein Vorwurf herausgehört werden. »Wie kommst du dazu, mir ein hartes Ei zu servieren?«, oder: »Bist du zu doof, ein weiches Frühstücksei zu kochen?«Selbstoffenbarungsebene: Je nach Betonung und Körpersprache könnte die Botschaft sein: »Ich mag keine harten Eier«, oder: »Ich bin genervt. Schon wieder ein hartes Ei zum Frühstück!«, oder (enttäuscht): »Ich habe mich so auf ein weiches Ei gefreut!«Appellebene: »Bitte serviere mir (jetzt und/oder in Zukunft) ein weiches Ei!«[15]Bei Loriot geht der Streit auf der Sachebene weiter, nämlich mit der Frage, ob das Ei tatsächlich hart sei. Das ist vor allem deshalb komisch, weil der folgende Konflikt gar nicht auf der Sachebene liegt, sondern auf der Beziehungsebene: Ist Berta dafür zuständig, ihm weiche Eier zu kochen? Darf er sich, wenn das Eierkochen misslingt, bei ihr beschweren, und wenn ja, in welchem Ton? Sein Appell und vermutlich sein eigentliches Anliegen (»Ich hätte gern ein weiches Ei.«) gehen im Streit völlig unter.