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Warum müssen Sie beim Arzt immer warten? Was macht ein Schweinekopf in der Spüle? Warum ist es nicht immer einfach die richtige Körperflüssigkeit an die richtige Stelle zu befördern? Und was hat das alles mit Medizin zu tun? Finden Sie die Antworten auf diese und viele andere Fragen in pointierten, humorvollen und von realen Fällen inspirierten Episoden aus dem Leben eines Arztes. Hier bleibt kein Auge trocken - rezeptfrei und ohne Nebenwirkungen.
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Veröffentlichungsjahr: 2022
Stefan S. Kassner
Let’s Talk
about Medicine
Die Motte aus der Vagina
Shorties
Dieser Titel ist auch als preisgünstiges eBook erschienen.
In dieser Reihe bereits erschienen:
Let’s Talk – Alisha Bionda, Shorties
Let’s Talk about Medicine – Die Motte aus der Vagina
– Stefan S. Kassner, Shorties
Die Handlung und alle handelnden Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder realen Personen wären rein zufällig.
Erste Auflage im März 2022
Copyright © 2022 dieser Ausgabe by Ashera Verlag
Hauptstr. 9
55592 Desloch
www.ashera-verlag.de
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder andere Verwertungen – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des Verlags.
Covergrafik: iStock
Innengrafiken: iStock
Coverlayout: Atelier Bonzai
Redaktion: Alisha Bionda
(www.agentur-ashera.net)
Inhaltsverzeichnis
Teil 1
1 – Vorwort
2 – Prolog
3 – Das Bonbon und der Mundschutz
4 – Böse Schwester oder ein Tee mit besonderer Note
5 – Baby und Opa
6 – Nacktheit und Genitalien
7 – Umzug und das WG-Leben 1
8 – Das WG-Leben 2 – Schweineköpfe und viel Urin
9 – Vorlesungserfahrungen 1 – Köpfe und ein großer Hammer
10 – Anatomie 1 – Präparierte Leichen und messerwetzende Professoren
11 – Anatomie 2– Die Mysterien des Penis
12 – Das WG-Leben 3 – noch mehr Urin und Kochen als Abenteuer
13 – Vorlesungserfahrungen 2 – Das Häschen und die Schwerkraft
14 – Vorklinik – Hellsichtige Psychologen
15 - Das WG-Leben 4 – anspruchsvolle Wohnsituationen
16 – Arbeitsmedizin – Quecksilberbeißer
17 – Gynäkologie 1 – Die Motte aus der Vagina
18 – Gynäkologie 2 – Reale Geburten, Strohhalme und Räder
19 – Gynäkologie 3 – Giotto, eine Vagina und das Untergeschoss
20 – Gynäkologie 4 – Fruchtblasen und Fortissimo
21 – Gynäkologie 5 – Finger in den Po, macht nicht froh
22 – Urologie und schweißnasse Hände
23 – Serbische Medizin und der brasilianische Ring
24 – Auf der Pfanne und nackte Tatsachen
25 – Rumänische Medizin und blöde Kühe
26 – Studiumsnachtreffen – der Kreis schließt sich oder alles wird eingefasst von rostbraunen Locken
Teil 2
27 – Zweckentfremdete Haushaltsgegenstände
28 – Der Fasan und das Mädchen
29 – Köterlore
30 – Keimfreie Privatpatienten
31 – Einfach ein großer Kopf
32 – Papier im Gehirn
33 – Schlaflabor, Kameras und was eher ins Schlafzimmer gehört
34 - Wenn die Nase blutet
35 – Nicht deine Nase
36 – Resozialisierung in der Klinik
37 – Der war schon immer so
38 – Namen machen Leute und zwischenmenschliche Beziehungen
39 – Körperschmuck mit Aussage
40 – Anspruchsvolle Patienten
41 – Tierunfälle und der Angriff der Killerfliegen
42 – Hammer Geschichte
43 – Hälse, Nase und Öhre
44 – Mit klösterlichem Geiste schlummert es sich am besten
45 – Barbarossa
Teil 3
46 – Diese Situationen oder Dinge, die auch ein Arzt nicht unbedingt wissen will
47 – Hier war ich noch nie
48 – Noch mehr blutende Nasen
49 – Nix sprechen, nix hören
50 – Die richtige Zeitplanung
51 - Kommunikation – die richtigen Worte und der richtige Tonfall zur rechten Zeit
52 – Was Arzt sieht und was nicht
53 – Arbeit unter schwierigen Umständen
54 – Die ewige Frage nach dem Ursprung der Dinge
55 – Ortsunstete Ohren und Nasen
56 – Bin ich ein Anderer und sonstige Missverständnisse
57 – Besondere Briefe
58 – Wenn der Doktor ‚etwas schreiben‘ soll und dieser Eid, den alle Ärzte schwören
Der Autor
Für mein Praxisteam, dem es mit viel Humor und Zusammenhalt immer wieder gelingt, die tosenden Wellen des Praxisalltags zu glätten.
Das Studium
Liebe Leserin, lieber Leser,
schön, dass Sie es bis hierher ‚geschafft‘ haben, aber was, um Himmels willen, halten Sie eigentlich in der Hand? Dass es kein medizinischer Ratgeber ist, sagen Ihnen schon Titel und Klappentext, aber auch die Bezeichnungen Roman oder Autobiografie wären nicht zutreffend. Was also ist das für ein Buch, und wie kam ich als Arzt dazu, es zu schreiben? Lassen Sie es mich so erklären: Die ‚Arztwerdung‘ ist ein langjähriger Prozess, wobei dem Studium eine Schlüsselrolle zukommt. Junge Menschen werden innerhalb weniger Jahre zu Wissensdatenbanken mit einer gewissen Entfremdung von urmenschlichen Emotionen wie Ekel und Schamgefühl transformiert. Irgendwie scheint sich sowohl an medizinischen Hochschulen als auch in Kliniken hartnäckig der Glaube zu halten, dass sich nur durch eine gewisse Entmenschlichung die pure und direkte Konfrontation mit urmenschlichen Bedürfnissen und Leid aushalten ließe. Der weiße Kittel ist eine Art Schutzpanzer, den wir Ärzte überziehen, um unsere eigenen Emotionen einzusperren und die Erlebnisse nicht an uns heranzulassen. Dabei ist es genau das, was ein ausgewogenes Arzt-Patientenverhältnis ausmacht: Sich stets zu vergegenwärtigen, dass es letztlich zwei Menschen sind, die miteinander interagieren. Manchmal ist das mit Schwierigkeiten, öfter noch mit bloßer Verwunderung, Kuriosität und (unfreiwillig) komischen Erlebnissen verbunden. Zwar bilden diese Situationen die Grundlage für dieses Buch, wurden aber von mir, dem Erzähler, publikumswirksam zugespitzt und auf den Punkt gebracht und somit in dichterischer Freiheit abgewandelt. Das ‚Erzähler-Ich‘ ist ebenso wenig mit mir gleichzusetzen wie Patienten mit real existierenden Personen. Zusammenfassend könnte man sagen: Es handelt sich bei dem Buch, das Sie in der Hand halten, um eine humoristische Auseinandersetzung mit Situationen, die im Umgang von Arzt und Patient auftreten können. Denn, Lachen ist bekanntlich die beste Medizin.
Golftaschen und Terminschwierigkeiten
Bestimmt kennen Sie das. Sie haben ein gesundheitliches Problem und suchen nach Hilfe. Sie versuchen, eine Arztpraxis zu erreichen, aber dort geht entweder niemand ans Telefon, oder Sie verbringen Stunden in einer Warteschleife. Endlich haben Sie dann eine entnervte Arzthelferin am Apparat, die Ihnen einen Termin anbietet, der mit dem Einschulungstermin ihres gerade neugeborenen Kindes zusammenfällt, und, wenn der große Tag gekommen ist, warten Sie nochmals Stunden in der Praxis. Am Ende dieser Odyssee nimmt sich der Weißbekittelte gerade mal Minuten Zeit, um ihr Anliegen zu hören. Wo sind die Ärzte, die wir aus Fernsehserien kennen? Die ihre Patienten mit viel Herzblut durch alle Lebenslagen begleiten? Auf dem Weg in die Praxis drei Kinder entbinden, einen Ehestreit schlichten und ein entlaufenes Lämmchen aus dem Straßengraben bergen? Sollte es die tatsächlich nicht mehr geben? Oder passen hier Realität und Vorstellung nicht zueinander? Was passiert da, wenn Sie im Wartezimmer sitzen, obwohl Sie doch einen Termin haben? Haben Sie es nicht schon immer geahnt? Dass diese Ärzte nämlich nur ein Problem haben: Den passenden Porsche zu finden, in den ihre Golftasche passt. Wahrscheinlich ist das der Grund für die ständige Warterei auf alles, dass diese Götter in Weiß zu viel Zeit auf dem Golfplatz und mit Reisen verbringen.
Eines kann ich Ihnen gleich sagen: Sie werden sich wundern. Denn häufig entstehen Wartezeiten, Missverständnisse oder Ähnliches nicht aus medizinischen Gründen, sondern aus dem zwischenmenschlichen Umgang. Das bezieht sich sowohl auf die Umgangsformen als auch auf sprachliche Differenzen. Seien es reklametafelgroße Praxisschilder, die übersehen werden und zum Nichterreichen der Praxis führen, der Besuch der Praxis mit der zehnköpfigen Großfamilie, von der nur ein Mitglied einen Termin hat oder das Führen eines Handygespräches in Kampfgeschwaderlautstärke mit Lauten, die an brünstige Auerochsen erinnern – nicht selten gleicht eine Praxis einem Tollhaus.
Folgen Sie mir und schauen mir über die Schulter, während ich meine Sprechstunde abhalte. Ich glaube, Sie werden erstaunt sein, so manches Mal Schmunzeln und lachen.
Selbstverständlich stehen die genannten Fälle exemplarisch für Erlebtes. Namen und Charaktere sind frei erfunden und Ähnlichkeiten zu real existierenden Personen rein zufällig.
Ein Hauch Süße und eine Idee von Himbeere. Mehr hat dieser besonders beherzte Zungenschlag nicht gebracht. Und dabei habe ich den Mund so weit offen, dass ich schon fürchtete, das Bonbon würde direkt in den eröffneten Bauch vor mir fallen. Das würde sicherlich für ein großes Hallo im OP-Saal sorgen! Ich merke, dass mir der Schweiß ausbricht. Sturzbäche unter den Armen und am Rücken. Ein reißender Bach, der literweise Flüssigkeit in meine Unterhose fließen lässt. Das Bonbon liegt immer noch in der unteren Umschlagsfalte meines Mundschutzes. Eigentlich ist das ja Evas Schuld. Eva, die ständig gut gelaunt ist. Eva, die immer das Gute sieht. Die sauberen Schuhe, wenn einen ein Patient von oben bis unten vollgekotzt hat, was mir erst vor wenigen Tagen passiert ist. „Aber deine Schuhe sind doch sauber geblieben.“ Das habe ich zu hören bekommen.
Vor Kotze triefend.
Für Eva war man eben nicht voller Göbelexsudat, sondern die Schuhe waren kotzfrei. Und dabei war diese die furchtbarste aller Körperflüssigkeiten, die jemand von sich geben konnte. Außer ...
„... betonen. Verdammt nochmal!“
Ich hebe verdutzt den Kopf. Doch bevor ich realisiere, was los ist, trifft mich schon etwas hart am Finger. „Au!“, rufe ich, und da passiert es. Wie in einem Film in Slo-Mo. Mein Kopf zuckt nach vorne, während meine Hand, die der Operateur Prof. Dr. Dr. Klick mit seiner Pinzette malträtiert hat, unter Schmerzen zurückschnellt. Das Bonbon, das begonnen hat, eine adhäsive Klebeverbindung mit meinem Kinn und den wenigen Barthaaren, auch mit sechsundzwanzig Jahren bin ich noch weit von einem vorzeigbaren Bartwuchs entfernt, einzugehen, entwindet sich der Umklammerung des Mundschutzes. In meiner vernebelten Wahrnehmung der Situation höre ich mich ein: „NEIIIN!“, schreien. Wobei der Laut mehr dem Paarungsruf eines Neandertalers bei der Mammutjagd gleicht. Kein Laut ist hingegen vom restlichen OP-Team zu hören, nur das stetige: Piep, piep des EKG-Monitors. Unter dem gequält angespannten Blick meiner Wenigkeit und dem angewiderten Erschrecken der übrigen Entourage tritt das speichelglänzende Himbeerbonbon seine letzte Reise an.
Wie kann das sein? Wie bin ich hier gelandet? Während sich die Welt um mich herum weiterhin im Zeitlupentempo dreht, unaufhaltsam der Katastrophe entgegen, durchforstet mein Bewusstsein mit zitternden Händen das Archiv meiner Erinnerungen. In der Hoffnung, hier die Antwort auf die zuvor formulierten Fragen zu finden.
Meinen Zivildienst leistete ich in einer Kinderklinik, setzte also schon früh meine Füße auf blankgebohnerten Linoleumboden und schnüffelte Desinfektionsmittel geschwängerte Luft. Irgendwie war ich der Meinung, das Versorgen von Kindern sei einfacher als das von Erwachsenen. Erleichternd wirkt sich hier auf jeden Fall die natürliche Autorität des Alters aus. Auch Sie werden sicherlich schon Erfahrungen damit gemacht haben, dass sich Kinder, ohne zu murren, einer Autoritätsperson unterordnen. Und sollte das mal nicht der Fall sein, gibt es ja Wege, sich durchzusetzen. Pädagogisch korrekt, natürlich. Denn, wo kämen wir hin, wenn wir uns auf der Nase herumtanzen ließen?
Von der Schule nur leidlich auf ein Berufsleben vorbereitet, hatte ich etwas Schwierigkeiten, im Klinikalltag mit Schichtdienst und den vielen neuen Aufgaben Fuß zu fassen. Bei den Krankenschwestern war ich, spätestens, nachdem ich offenbart hatte, Arzt werden zu wollen, unten durch.