Lust und Leid am Nil - Peter Kleine - E-Book

Lust und Leid am Nil E-Book

Peter Kleine

0,0

Beschreibung

Ägypten in den Jahren nach der Ermordung Julius Cäsars (44 v. Chr.). Der römische Feldherr Marcus Antonius weilt seit geraumer Zeit in Alexandria bei seiner Geliebten, der ägyptischen Königin Cleopatra, zum Ärger von Octavius, dem späteren Kaiser Augustus. Die Nachricht vom Tod seiner Frau Fulvia zwingt Antonius zur Rückkehr nach Rom, wo er sich verpflichtet, mit seinem Verbündeten Octavius in den Kampf gegen den rebellischen Feldherrn Pompeius zu ziehen. Das Bündnis wird durch die Heirat Antonius mit Octavia, der Schwester des Octavius, bekräftigt. Die Harmonie zwischen den beiden Männern währt aber nur kurz. Die Alleingänge Octavius will Antonius nicht länger hinnehmen. Mit Cleopatra zieht er in den entschiedenen Kampf gegen Octavius. Doch Cleopatra flieht, als ersichtlich wird, dass die Seeschlacht bei Actium gegen Octavius Flotten nicht zu gewinnen ist. Sie lässt sich aus Scham ob des Verrates an dem Geliebten für tot erklären. Antonius verkraftet die Todesnachricht Cleopatras nicht und stürzt sich in sein Schwert ...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 149

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



CHEFREN-PYRAMIDE BEI GISEH

Inhaltsverzeichnis

PERSONENREGISTER

VORWORT

William Shakespeares Schauspiel Antonius und Cleopatra wurde erstmals im Jahre 1606/07 veröffentlicht. Der Dichter griff dabei auf die Textgrundlage des griechischen Schriftstellers Plutarch in der englischen Übersetzung von Thomas North (1579) zurück. In dieser Darstellung werden große historische Ereignisse auf die Bühne gebracht, die einen Zeitraum von etwa zehn Jahren (40 bis 30 v. Chr.) umfassen.

Das Römische Imperium war eine lange Zeit vom Bürgerkrieg heimgesucht, der durch die Ermordung Gaius Julius Cäsars (44 v. Chr.) in seine Endphase getreten war. Shakespeare hatte bereits Jahre zuvor mit „Julius Caesar“ (1599) dem römischen Diktator ein Denkmal geschaffen und knüpfte in „Antonius und Cleopatra“ an das frühere Werk an.

Primär geht es in dem Drama um das Verhältnis zwischen dem mächtigen Feldherrn Markus Antonius und der ägyptischen Königin Cleopatra VII., die als letzte Herrscherin ihrer Dynastie den Thron in Alexandria innehatte. Beeinträchtigt wurde das Liebesverhältnis der beiden durch die Auseinandersetzung mit auswärtigen Gegnern (Parther) sowie innenpolitische Machtkämpfe.

William Shakespeare räumt den politischen Fragen relativ großen Platz ein, stellt jedoch die persönliche Ebene zwischen den beiden Protagonisten stets in den Vordergrund. Gestört wird diese immer wieder durch die Intervention des Octavius, des späteren Kaisers Augustus, der Antonius und seine Geliebte Cleopatra schließlich auf dem Schlachtfeld besiegt.

Die Adaption versucht daher nicht, einen neuen Handlungsrahmen zu setzen, sondern Zeit und Raum der dramatischen Grundlage zu bewahren. Es scheint geboten, bei Inhalten von weltpolitischer Bedeutung in dieser Weise zu verfahren. Das heißt, die Hauptakteure, die im Shakespeare-Text aufgelistet und am Geschehen aktiv beteiligt sind, werden in der Bearbeitung bei gleichem Namen, zur selben Zeit und am selben Ort geführt. Es gilt auch das Bemühen, Charakteristika und Personenbeschreibungen möglichst eng am dramatischen Original zu halten.

Dabei sollten die spezifischen Eigenschaften der beiden Protagonisten zum Tragen kommen. Auch der große Gegenspieler Octavius mag in der Adaption von ähnlichen Gedanken und Gefühlen geleitet werden wie bei William Shakespeare.

Der ständige Wechsel des Schauplatzes dürfte für den Leser nicht immer sofort eingängig sein. Daher soll die Erwähnung der verschiedenen Orte eine Lesehilfe bedeuten, die der Orientierung in einem komplizierten Handlungsablauf dient. Zu Beginn wird wie in einem Theatermanuskript eine Auflistung der beteiligten Personen vorgenommen, gegliedert nach Gruppenzugehörigkeit und Freundeskreis.

Die komprimierte Zusammenfassung der gesamten Tragödie am Ende der Adaption eröffnet die Möglichkeit, noch einmal auf die ursprüngliche Gestaltung des Dramas durch den Autor einzugehen. Dabei werden beteiligte Personen und Orte des Geschehens, eng angelehnt an die dramatische Vorlage, aufgeführt.

Etwaige Abweichungen vom tatsächlichen Geschehen – also der Historizität der Ereignisse – dürfen geflissentlich übersehen werden, da die Adaption nicht den Versuch unternimmt, die historischen Abläufe des römischen Bürgerkriegs authentisch wiederzugeben. Die vorliegende Bearbeitung ist vornehmlich darum bemüht, dem Kerngehalt der literarischen Verarbeitung durch William Shakespeare Rechnung zu tragen und das Drama durch eine zeitgemäße Sprache in Prosagestalt wiederzugeben.

AUF DEM NIL

ZUSAMMENFASSUNG

Im Mittelpunkt der Erzählung steht das Verhältnis zwischen der ägyptischen Königin Cleopatra und dem römischen Feldherrn Antonius. Wir schreiben das Jahr 44 vor Christus. Gaius Julius Cäsar ist gerade im römischen Senat ermordet worden. Das römische Weltreich wird nun von drei Männern im so genannten Triumvirat regiert: Marcus Antonius, Octavius, dem späteren Kaiser Augustus, und General Lepidus.

Marcus Antonius hat sich unsterblich in die ägyptische Königin Cleopatra verliebt und lebt daher mehr in Alexandria als in Rom, wo seine Frau Fulvia wohnt. Als Fulvia stirbt und der charismatische Feldherr Sextus Pompeius gegen die Herrschaft der Triumvirn rebelliert, bricht Antonius mit seinem Freund Enobarbus wieder nach Italien auf.

Als sich Octavius und Antonius in Rom begegnen, kommt es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden, die schließlich durch die Heirat zwischen Antonius und Octavia, der Schwester des Octavius, zu einem versöhnlichen Ende geführt werden sollen. Außerdem ist mit dem rebellischen Pompeius ein Weg des friedlichen Miteinanders gefunden worden.

Cleopatra erfährt von Antonius’ Hochzeit mit Octavia und verliert ihre Fassung.

Sie ist wütend vor Eifersucht, erkennt aber bald, dass Octavia für sie keine echte Rivalin ist. Nach Antonius’ und Octavias Ankunft in Athen erfahren sie, dass Octavius den Fehdehandschuh gegenüber Pompeius wieder aufgegriffen hat und den dritten Mann im Triumvirat, Lepidus, verhaften ließ.

Antonius ist entrüstet über die Alleingänge seines ehemaligen Verbündeten und entschließt sich, gemeinsam mit Cleopatra den Kampf gegen Octavius aufzunehmen. Wider besseren Rat suchen sie die Entscheidung bei Actium zur See. Cleopatra flieht vor der römischen Flotte, Antonius folgt ihr hinterher.

Antonius will sich mit der Niederlage nicht abfinden und sucht gegen den Rat seines treuesten Gefolgsmannes Enobarbus erneut den Kampf zu Lande gegen Octavius. Als auch diese Schlacht verloren geht, wechselt Enobarbus in das gegnerische Lager, begeht wenig später aber aus Verzweiflung Selbstmord.

Cleopatra sucht derweil Schutz in ihrem Mausoleum. Da sie vermutet, dass Antonius verstimmt ist über ihr Verhalten, lässt sie durch ihre Leute verkünden, sie sei tot. Antonius ist über diese Nachricht schockiert und fügt sich aus Verzweiflung mit seinem Schwert lebensgefährliche Wunden zu. Schließlich wird er in das Mausoleum zu Cleopatra gebracht, wo er in ihren Armen stirbt.

Nach dem Tod seines Rivalen verspricht Octavius Cleopatra zwar freies Geleit, besteht aber darauf, sie bei einem Triumphzug in Rom als Opfer der Auseinandersetzungen präsentieren zu können. Cleopatra lehnt dieses Angebot entschieden ab und entschließt sich zusammen mit ihren beiden engsten Vertrauten zum Freitod.

AKT I

ÄGYPTEN (ALEXANDRIA)

PHILO (zu DEMETRIUS):

Dies Geschmachte unsres Feldherrn

Schwillt über alles Maß: sein klares Auge,

Das über Kriegsschlachtreihn und Heere stählern

Wie Mars hinweggeblitzt hat sonst, das schaut, das schielt

In demutsvollem Äugeldienst nur noch

Aufs Stückchen braune Haut: sein Feldherrnherz,

Das sonst im dicksten Schlachtgefühl die Spangen

Ihm von der Brust gesprengt hat, leugnet ’s Naturell

Und wurd zum Blasbalg und zum Fächer, ’ner

Zigeunerin die Brust zu kühlen.

Gib nur Acht, wirst ihn als dritte Säule von

Roms Weltenreich gleich umgewandelt sehn

Zum Gimpel einer Hur: schau hin und sieh.

(William Shakespeare, Antonius und Kleopatra, 1. Akt, 1. Szene)

„Das geht überhaupt nicht mehr. Der Mann ruiniert uns alle mit seinen Eskapaden. Lümmelt sich mit dieser Schlange die ganze Nacht bis Mittag im Bett herum und kümmert sich nur noch ums Vergnügen. Wir sehen aus wie dumme Jungs und wissen nicht mehr aus noch ein.“

Obwohl er sich im Gefolge des Antonius befand, hatte Philo sich förmlich in Rage geredet, als er wieder einmal den Boten aus Rom vor die Tür setzen musste, der zu Antonius mit der Bitte um Rat und Hilfe gekommen war. „Marcus Antonius ist im Augenblick unpässlich, kommen Sie morgen wieder“, beschied er den Bittsteller, der sich in den letzten Tagen bereits dreimal im Palast von Alexandria gemeldet hatte, um auszurichten, in Rom brenne die Hütte, Antonius müsse umgehend kommen, um den Zugriff zur Macht vor seinen Rivalen schützen zu können.

Man kannte den Feldherrn eigentlich ganz anders, wenn er sich seine innenpolitischen Gegner zur Brust nahm und entweder kurzen Prozess mit diesen machte oder ganze Heerscharen aufbot, um zu demonstrieren, wer Herr im Imperium Romanum war und wer sich unterzuordnen habe.

Demetrius konnte seinem Freund Philo nur beipflichten, denn nicht erst seit kurzer Zeit waren sie im Sold und Dienste des großen Feldherrn. Schon seit Jahren standen sie an seiner Seite, wenn Antonius schlachterprobt alle Kraft daransetzte, sich gegen Pompeius, seine Feldherren und Freunde durchzusetzen. Gemeinsam mit seinen Kollegen Octavius und Lepidus hatten sie alles darangesetzt, die Mörder Cäsars und seiner Anhänger aufzuspüren.

Der Dreimännerbund, das Triumvirat, war eigentlich nur eine Zweckgemeinschaft. Man hatte sich darauf verständigt, mit Hilfe der so genannten Proskriptionen, d. h. der geheimdienstlichen Spitzelagenten, all diejenigen zur Strecke zu bringen und zu töten, die als Sympathisanten oder Parteigänger der Cäsarmörder in Frage kamen. Das Verhältnis von Antonius zu Octavius war nicht ohne Spannungen, denn immer wieder wurde der Verdacht genährt, dass Letzterer das Bündnis nur aus taktischen Gründen eingegangen war, um sich bei passender Gelegenheit abzusetzen und seine eigene Karriere zu verfolgen. Lepidus, der die Truppen in Gallien kommandierte, wurde im Prinzip nicht ernst genommen und im Dreimännerbund nur als Platzhalter angesehen.

Demetrius nahm die wütende Ansprache seines Freunds und Kollegen Philo beifällig zur Kenntnis:

„Unser Chef hat ganz offensichtlich den Verstand verloren. Wenn er nur noch Zeit für sein Betthäschen hat, sollte er seine öffentlichen Ämter abgeben und sich ins Privatleben zurückziehen. Die bezeichnen sich als Triumvirat, sehen sich als rettende Hand im Bürgerkrieg und wollen das Reich retten. Die drei regieren die ganze Welt, doch der eine wurde eh nie ernst genommen. Dem Zweiten ist der Verstand inzwischen in die Hose gerutscht, und der Dritte spielt sich inzwischen auf zum großen Imperator mit wichtigtuerischen Staatsallüren.“

Philo hatte seine Augen und Ohren wieder einmal auf Empfang gestellt und hörte schon von weitem, dass die feine Gesellschaft um Cleopatra mit ihrem Hofstaat nahte. Drei Damen und ein Eunuch traten durch die große Palasttür in den Saal, Cleopatra folgte mit gebührendem Abstand, bis schließlich auch Antonius mit bemüht würdevollen Schritten die kleine Gesellschaft abschloss.

Cleopatra trug ein grünes Kleid, das ihr rechtes Knie bedeckte, während das linke Knie frei blieb. Sie war eine zierliche Frau von etwa dreißig Jahren, von mittlerer Größe. Sie trug die dunkelhaarige Perücke der ägyptischen Göttin Isis mit einem prachtvollen Diadem. Die goldene Schlangenkette, Ohrringe und die goldenen Wickelstrumpfbänder verliehen ihr einen ungewöhnlich würdigen Glanz und bildeten im Rahmen ihrer Gefolgschaft ein beeindruckendes Bild. Durch ihre Bewegung und Mimik hinterließ sie eine Aura, mit der sie ihre Umgebung eindrucksvoll in den Bann ziehen konnte.

In würdevollen Schritten betrat sie die Audienzhalle, in der sie von Philo und Demetrius ehrerbietig begrüßt wurde.

Antonius nahm Haltung an, als er den Saal betrat, und grüßte anfangs ein wenig hilflos und unbeholfen die umstehenden Herrschaften. Er trug die rote Toga Picta, die mit Gold verziert war und raffinierte Stickereien in verschiedenen Farben aufwies. Zur Entlastung des offenkundigen Gewichts der schweren Toga trug Antonius das Kleidungsstück über seinem linken Arm. Der Faltenwurf verlieh ihm eine eindrucksvolle Würde, mit der er seine Unsicherheit gut ausgleichen konnte. An den Füßen trug er sandalenähnliche Stiefel, deren Gamaschen bis zu den Kniegelenken reichten. Er hatte keine Kopfbedeckung, sondern krause Haare, die kurz geschnitten waren. Sein Kinn war glattrasiert, Bartträger waren für ihn unkultivierte Barbaren, die keine Anstalten machten, sich der gepflegten Zivilisation der Römer anzupassen. An der rechten Wange zeigten sich noch die Narben einer Verletzung, die er sich im Kampf gegen die Mörder Cäsars zugezogen hatte. Die Mundwinkel blieben fest ohne erkennbare Bewegung. Sein Blick wirkte anfänglich unruhig, wurde aber schnell sicherer, als er die wohlwollende Reaktion der Umstehenden vernahm.

Er richtete sich majestätisch auf und stellte mit Genugtuung fest, dass er von allen höflich und respektvoll gegrüßt wurde.

Ähnlich wie Cleopatra verbreitete er einen wohltuenden Duft, der ihn umgab und bald große Teile des Raumes erfasste hatte.

Taktvoll und diskret blickte er auf seine Partnerin, die er wie selbstverständlich aufwerten und in ihrer herausgehobenen Stellung demonstrativ unterstützen wollte.

Kaum hatte die Gesellschaft Position in der Halle bezogen, als ein Diener eintrat und Antonius mitteilte, er müsse ihn unbedingt sprechen.

Der Römer erweckte den Eindruck, dass er jegliche Unterbrechung seines Tagesplans als störend und nervig ansah, zumal er ahnte, dass es wahrscheinlich wieder einmal um das lästige Rom ging, das ihn ohnehin nicht mehr interessierte. Seine Gedanken und Gefühle kreisten vielmehr um seine Geliebte, deren Gesellschaft er um keinen Preis mehr missen wollte. Es war für ihn mittlerweile unvorstellbar, sich einen Kopf als Feldherr und Politiker machen zu müssen angesichts der zauberhaften Nächte, die er mit der Ägypterin verbracht hatte.

„Was willst du von mir?“, herrschte er den Lakaien an. Unbeirrt durch die Tonlage seines Herrn teilte dieser mit, dass Antonius umgehend in Rom erwartet werde. Seine Frau Fulvia habe die Rückkehr ihres Gatten als dringlich erachtet und nachdrücklich um ein Lebenszeichen gebeten.

„Ich habe es mir schon gedacht“, entfuhr es Antonius. „Die Herrschaften beharken sich dort wieder einmal um Belanglosigkeiten und sind nicht in der Lage, ihren eigenen Laden in den Griff zu bekommen.“

Cleopatra hatte das Gespräch mit einem Ohr verfolgt, ging auf den Boten zu und zischte laut, dass es doch wohl wieder nur um den schnöseligen Octavius und Antonius’ Frau Fulvia gehen könne, die sich in Rom aufspielten und von niemandem ernst genommen würden.

„Ich glaube, Antonius, da musst du wohl hin“, flüsterte sie ihrem Geliebten zu. „Du musst unbedingt die Herrschaften zur Raison bringen und dort Ordnung schaffen.“

„Ich denke nicht daran“, entgegnete Antonius. „Mein Platz ist hier in Ägypten. Das dumme Geschwätz der Römer interessiert mich nicht. Und Frau Fulvia kann mir mal gestohlen bleiben.“

Der Bogen war gespannt und entlud sich sofort in heftigem Zorn, als Cleopatra den Namen Fulvia hörte. Sie nahm eine drohende Haltung an, indem sie die Hände hob und die Finger spreizte. Ihr Gesicht nahm äußerst grimmige Züge an, als sie mit galliger Stimme auf Antonius zuging: „So redest du von deiner Frau? Das ist deine Art, mit der dir Angetrauten umzugehen? Du bist doch wohl nicht gescheit.“

Cleopatras Stimme nahm einen aggressiven Ton an und überschlug sich fast. Mit Antonius’ Ehefrau Fulvia verband sie einerseits eine abgrundtiefe Feindschaft, die sich vordergründig aber in einer angeblichen Fürsorge zeigte. Denn andererseits übertrug sie die abfälligen Bemerkungen über die Römerin, mit der sie sich auch innerlich verbunden sah, immer wieder auf sich selbst.

Sie bemühte sich daher, wieder Fassung zu erlangen, und wandte sich in gedämpfter Form an Antonius: „Wie magst du dann über mich reden, wenn ich nicht da bin? Sind das auch deine Worte über mich?“

Sie legte eine kleine Kunstpause ein, um mit stechender Stimme fortzufahren: „Warum hast du überhaupt geheiratet, wenn du solch verletzende Bemerkungen machst?“

Antonius war im Moment völlig irritiert. Anstatt ein Lob und Anerkennung von der Ägypterin zu bekommen, fuhr sie ihm wieder einmal in grober Weise über das Maul und machte ihm Vorhaltungen, die er niemals verdient hatte. Ihre verbalen Attacken waren ihm äußerst peinlich, denn das Wortgefecht des Herrscherpaares vollzog sich inmitten der feixenden Umgebung von Bediensteten, die zwar höflich in ihrer Position verharrten, durch den Blickkontakt untereinander aber deutlich machten, dass man das Geplänkel mit großem Amüsement verfolgte.

Um schließlich den Schein zu wahren, ging Antonius auf Cleopatra zu und umarmte sie demonstrativ. Sie löste diesen gespielten Liebesbeweis jedoch recht unsanft auf und fuhr Antonius an: „Du fährst jetzt nach Rom und sorgst dort für Ordnung! Sieh zu, dass du die Wichtigtuer dort in die Schranken weist! Zeig diesem Milchbubi Octavius, dass er ein kleines Licht ist und bleiben wird. Und deiner Fulvia kannst du ausrichten, dass sie sich um ihren eigenen Kram kümmern soll.“

Antonius wollte das Schauspiel in der Audienzhalle nicht auf die Spitze treiben und suchte nach einem Ende des peinlichen Disputs. So nahm er Cleopatra fest in seinen Blick und erklärte ihr, er werde sich noch einmal beraten und in Ruhe das weitere Vorgehen besprechen. Dem Boten aus Rom, der der gesamten Szene beigewohnt hatte, wurde beschieden, er möge ein paar Stunden warten, bis er die Antwort aus Alexandria erhalte.

Sichtlich erheitert über diesen Vorgang warteten die Bediensteten wie auch die Mitarbeiter des Palasts sehnlichst darauf, dass die hohen Herrschaften samt Hofstaat die Bühne verlassen hatten, als Alexas, der Vertraute von Cleopatra, ganz verstohlen seine Kollegen und Kolleginnen bat, ihm in den kleineren Nebenraum der Empfangshalle zu folgen.

Dort hatte sich bereits ein Wahrsager eingefunden in Erwartung seiner Kunden, die sowohl aus dem Hause Antonius’ wie auch dem Cleopatras stammten. Der Wahrsager kam aus der nubischen Wüste und war als Nomade unterwegs, um in vornehmen Häusern gegen eine ansehnliche Bezahlung die Zukunft seiner neugierigen Kundschaft zu deuten. Er formulierte seine Prognosen dabei so allgemein, dass die zukünftige Entwicklung ihm immer recht gab. Konkrete oder authentische Angaben schloss er kategorisch aus, so dass er im Prinzip nie einen Fehler machen konnte.

Cleopatras Kämmerer Seleucus hatte die Verpflichtung des Wahrsagers genehmigt und finanziert – letztlich schon deshalb, weil er dringend daran interessiert war zu erfahren, wie sich die Geschicke in Ägypten wie auch in Rom weiterentwickeln würden.

Alexas eröffnete die Prozedur, indem er den weisen Mann vorstellte. Er erklärte, man sei froh, einen Menschen begrüßen zu können, der selten den Weg nach Alexandria gefunden habe. Wahrsager seien nun einmal rar gesät in Ägypten, und auch dieser Mann sei nur wenige Tage im Land, um in seine Heimat nach Nubien zurückzukehren. Er besitze die besondere Fähigkeit, Prognosen für die Zukunft in allmöglichen Feldern abzugeben. Die Anwesenden sollten den Mann aber nicht überfordern und mit Fragen belästigen, die er nicht beantworten könne.

So stellten sich die aufgeregten Anwesenden in einer Reihe auf und machten die Hand frei, die man dem Wahrsager anbieten wollte.