1,99 €
Matt wischte sich den Schweiß von der Stirn. Kaum dass er das gekühlte Innere von PROTO verlassen hatte, wehte ihm das Tropenklima wie mit heißem Atem ins Gesicht. Der Anblick aber war es wert.
"Ich denke mal, das stammt von den Mayaa", sagte Dak'kar und blickte die Straße entlang.
Der schmutzigweiße Streifen zog sich schnurgerade von West nach Ost. Wo die Kalkschicht auf dem Grund zu dünn geworden war, zeigte sich festgefügtes Erdreich, darunter verdichtetes Geröll. Zu beiden Seiten standen niedrige Mauern, überwuchert von Ranken und Unterholz.
"Wohin die Straße wohl führte?", überlegte Matt.
"Na, hoffentlich direkt zurück nach Macapá!", entgegnete Dak'kar mit einem Grinsen.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 153
Cover
Was bisher geschah...
Die Gestade der Zeit
Leserseite
Vorschau
Impressum
Am 8. Februar 2012 hält ein gewaltiger Komet Kurs auf die Erde! Man beschießt ihn mit Atomraketen. Drei Stratosphärenjets sollen die Auswirkung beobachten. Commander der Staffel ist der US-Pilot Matthew Drax. Doch die Raketen verpuffen auf dem Himmelskörper, von dem eine unbekannte Strahlung ausgeht. »Christopher-Floyd« schlägt in Asien ein. Die Druckwelle trifft auch die drei Jets und fegt sie davon...
Als Matthew und sein Copilot Professor Dr. Jacob Smythe aus einer Ohnmacht erwachen, trudelt ihr Jet auf die Alpen zu! Smythe steigt per Schleudersitz aus, Matt kann die Maschine notlanden. Er wird von Barbaren gefunden, die ihn als Gott ansehen und »Maddrax« nennen. Statt einer verwüsteten Erde sieht er sich fremdartigen Lebewesen und Pflanzen in einer veränderten Geografie gegenüber: Die Druckwelle hat die Fliegerstaffel durch einen Zeitstrahl um 520 Jahre in die Zukunft geschleudert! Dieser Strahl, der seit Urzeiten vom Mars zur Erde reicht, sicherte vor 4,5 Mrd. Jahren den Marsbewohnern, den Hydree, das Überleben. Der vermeintliche Komet war die Arche einer Wesenheit namens »Wandler«, deren Dienerrasse, die Daa'muren, sich die Erde untertan machen will, indem sie Fauna und Fauna mutieren und die Menschen verdummen lässt. Nur die Bunkermenschen, sogenannte Technos, bewahren sich ihr Wissen, büßen dafür aber über die Jahrhunderte ihr Immunsystem ein.
Zusammen mit Aruula, einer telepathisch begabten Kriegerin, beginnt Matt Drax seinen Feldzug. Er findet Freunde – unter anderem die Hydriten, die sich aus den Hydree entwickelt haben und in den Meerestiefen leben –, kämpft gegen die Daa'muren und Mutanten wie die blutsaugenden Nosfera, und gerät an Schurken, allen voran Jacob Smythe, der wahnsinnig wurde und die Weltherrschaft anstrebt, bis Matt ihn endlich unschädlich macht. Auch Smythes Zwilling aus einer Parallelwelt stirbt, während seine verrückte Freundin Haaley entkommt. Diese Areale, die überall auf der Erde aufbrechen, sind das Ergebnis von Zeitreisen, die die Menschen einer fernen Zukunft unternahmen, um technische Artefakte zu sammeln. Matt und seine Verbündeten – zu denen sogar zwei Daa'muren zählen, Grao und Ira – können alle schließen, wobei ihnen GRÜN, eine Art Pflanzenbewusstsein, zur Seite steht.
Auch Colonel Aran Kormak stammt aus einer dieser Parallelwelten – zumindest will er Matt dies weismachen. In Wahrheit ist er sein skrupelloser Zwilling aus dieser Welt, von dem Matt glaubt, er wäre tot. Doch Kormak, Befehlshaber der Dark Force, die aus dem Weltrat in Waashton (Washington) hervorging, scheint sich zu besinnen und verbündet sich mit Matt, als eine neue Bedrohung auftaucht. Denn kaum ist das letzte Areal in Afrika versiegelt, wobei GRÜN beinahe vernichtet wird, sehen sich die Gefährten einer kosmischen Bedrohung namens »Streiter« gegenüber, die noch immer den Wandler auf der Erde vermutet. In einem furiosen Endkampf kann Matt sie versteinern.
Doch die Freude währt nur kurz, als Aruula mit dem Gleiter RIVERSIDE verschwindet. Matt und ein Dark-Force-Trupp folgen ihr bis nach Südamerika. Über Peru stürzen sie wegen plötzlichen Energieverlusts ab und finden die havarierte RIVERSIDE und das Wrack eines Flugzeugträgers mitten im Dschungel. Sowie eine blinde Passagierin, die mit nach Amraka kam: Haaley.
Auf der USS Nimitz trifft Matt auf eine feindlich gesinnte Mannschaft und einen gewaltigen roten Diamanten. In der Zwischenzeit wird sein Trupp dezimiert. Die letzte Dark-Force-Soldatin stirbt beim Kampf gegen einen mutierten Jaguar – ein heiliges Tier, wie Matt und Haaley erfahren, als sie von Eingeborenen überwältigt werden. Zusammen mit einer Frau von der Nimitz warten sie auf den Tod, denn auch die Fremden sind Feinde der Indios, seit sie deren Heiligtümer, zwei rote Diamanten, raubten.
Während die Soldatin entkommt, müssen Matt und Haaley eine Götterprobe bestehen: den »Spiegel von Pachacámac«, mit dem sich weitere Diamanten herstellen lassen, aus einer Todeszone zu bergen – was ihnen auch gelingt. Sie werden freigelassen und beobachten den Angriff eines Ameisenvolks auf die Nimitz. Bei der Kontaktaufnahme mit einem Indiostamm, der den Schwarm kontrollieren soll, stellen sie fest, dass das Gegenteil der Fall ist: Mabuta, der »vielbeinige Gott«, nimmt sie gefangen. Dabei stellt sich heraus, dass Haaley – wie Aruula – vom Volk der Dreizehn Inseln abstammt und latent telepathisch begabt ist, was die Kommunikation mit Mabuta erleichtert. Der wird von einem Pilzgeflecht bedroht, und Matt soll ein Mittel dagegen finden. Es gelingt ihm, eine Ladung Fungizid zu stehlen und das Gift mit dem Regen zu verteilen, was das Pilzgeflecht in dieser Region abtötet. Zum Dank bringt der »Ameisengott« Matt und Haaley auf die Nimitz, wo sie als Ameisen vergeblich nach Aruula suchen, aber von einem bevorstehenden Angriff auf Mabuta erfahren.
Der versetzt Matt und Haaley unter einer Bedingung zurück in ihre Körper, die sich inzwischen an Bord der Nimitz befinden: Sie sollen Dak'kar töten! Doch Matt verbündet sich mit ihm, um mit seiner Hilfe zu dem Pilz in der Todeszone vorzustoßen, den er für intelligent und telepathisch begabt hält und der mehr über Aruulas Verbleib wissen könnte. Im Gegenzug will er Dak'kar die Pachacámac-Formel beschaffen, mit der rote Diamanten hergestellt werden können. Denn die braucht Dak'kar, um seine heimatliche Community in Macapá, Brasilien, zu retten, in der künstliche Lymphozyten, die eigentlich die Immunschwäche der Ex-Technos heilen sollten, zu einer tödlichen Krankheit führten. Die Strahlung der Diamanten kann diese Lymphozyten abschalten, doch der einzige Splitter wurde von Dak'kars ehemaligem Freund Toma'bar gestohlen.
In der Zwischenzeit startete eine Rettungsmission der Dark Force, die aber aufgrund des riesigen Suchgebiets eingestellt werden musste. Nur die Daa'muren Grao und Ira versuchen weiter, eine Spur der beiden Freunde zu finden. Sie stoßen auf die Community in Macapá, geraten aber in die Gewalt von Nosfera, die dank der künstlichen Lymphozyten, die sie von Toma'bar erhielten, neue telepathische Kräfte entwickelt haben.
Um Mabuta zu täuschen, will Dak'kar seinen Tod vorgaukeln. Das geht schief, und die Gefährten retten sich vor Mabuta in die Todeszone. Dort aber brechen sie in das unterirdische Reich der Nocturno ein und baden – bis auf Dak'kar – in einem See, der ihre Körper langsam verholzen lässt. Auf ihrer Flucht nehmen sie die Nocturna Tautropfen mit, die Kontakt zu einer fernen Stimme hat, welche das Verderben aufhalten könnte. Doch die Gefährten verholzen zusehends, und so müssen Dak'kar und Tautropfen allein weiterfahren, während Matt, Haaley und All'ec in einem See ausharren.
Als Dak'kar die ferne Stimme lokalisiert hat und zu dem Gewässer zurückkehrt, sind die Gefährten verschwunden! Während Tautropfen zu ihrem Volk zurückkehrt, rettet er sie und bringt sie zu der fernen Stimme – die sich als Pflanzenentität GRÜN entpuppt, die Aruula zu ihrer Regeneration benötigte. Doch mit dem Giftangriff gegen den Pilz hat Matt auch GRÜN schwer geschädigt, was Aruula ihre telepathischen Kräfte, ihren Lauschsinn kostete. Entsprechend wütend ist sie auf Matt und weist ihn ab, um sich bei GRÜN weiter zu erholen. Haaley bleibt bei ihr, während Matt, Dak'kar und All'ec Kurs auf die Nimitz nehmen.
Dort schlägt Mabuta zu, als Matt und Dak'kar das Rezept für die Diamanten aus dem Dorf der Indios beschaffen. Die Nimitz-Besatzung droht zu unterliegen, da greift Haaley Mabuta direkt an und besiegt ihn! Mit der Abschrift der Formel und nachdem sie sich Trucks besorgt haben, können sie nun nach Macapá aufbrechen...
Die Gestade der Zeit
von Michael Edelbrock
Matt wischte sich den Schweiß von der Stirn. Kaum dass er das gekühlte Innere von PROTO verlassen hatte, wehte ihm das Tropenklima wie mit heißem Atem ins Gesicht. Der Anblick aber war es wert.
»Ich denke mal, das stammt von den Mayaa«, sagte Dak'kar und blickte die Straße entlang.
Der schmutzigweiße Streifen zog sich schnurgerade von West nach Ost. Wo die Kalkschicht auf dem Grund zu dünn geworden war, zeigte sich festgefügtes Erdreich, darunter verdichtetes Geröll. Zu beiden Seiten standen niedrige Mauern, überwuchert von Ranken und Unterholz.
»Wohin die Straße wohl führt?«, überlegte Matt.
»Na, hoffentlich direkt zurück nach Macapá!«, entgegnete Dak'kar mit einem Grinsen.
Jenno Moose stützte sich auf dem Armaturenbrett ab, als der Truck durch ein tiefes Schlagloch fuhr.
»Die Baumeister der Mayaa können mich mal am Ar-«, begann Joao, der Fahrer.
»Nur die Ruhe«, unterbrach Jenno.
Sie befuhren nun schon seit einer Woche die Straße Richtung Osten. Matt hatte erklärt, dass die Mayaa ihr Riesenreich zwischen 2050 und 2400 aufgebaut hatten. Wie dereinst ihre Vorfahren bedienten sie sich einer Infrastruktur aus langen Straßen und Rastplätzen. Die Sturheit, mit der sie den Wald gerodet, Hügel und Täler einfach durchschnitten hatten, war beeindruckend – genauso wie die Manpower, die dafür nötig gewesen war.
»Ist doch wahr«, murmelte Joao beim nächsten Schlagloch.
Jenno sah es dem Mann nach. Das Lenken erforderte permanente Konzentration. Etwas, das einem vermutlich nicht leichter fiel, wenn der zweite Befehlshaber des Trecks neben einem saß.
»Sieh es mal so«, sagte Jenno, »ohne diese Straße würden wir uns mit Schrittgeschwindigkeit durch den Dschungel quälen. Der Amphibienpanzer würde die kleineren Bäume umwalzen, die größeren müssten wir fällen.«
Joao schwieg dazu.
In den letzten Tagen hatten sie auch so schon mehrere Male gestoppt, um umgestürzte Bäume wegzuräumen. PROTO fuhr immer noch voraus und räumte den Weg frei. Sie kamen kaum über zwanzig Stundenkilometer, aber unter ihren Reifen schmolz Stunde für Stunde die Distanz dahin. Es war um Längen besser als auf ihrem Hinweg.
Jenno öffnete während der Fahrt die Tür und stieg auf das Trittbrett. »Da ist eine Lichtung oder ein Rastplatz«, sagte er laut genug, dass Joao ihn hören konnte. »Gib dem Panzer mal die Lichthupe; wir halten für die Nacht!«
Nicht alle Fahrzeuge passten auf den Platz. Sie mussten die beiden Tankwagen auf dem Mayaa-Highway stehenlassen, um sich das Rangieren zu ersparen. Jenno befahl den Besatzungen, abzusitzen. Ein Jagdtrupp brach sofort auf, um die eigenen Vorräte zu schonen. Erkunder stellten sicher, dass die Umgebung gefahrenfrei war. Trotzdem gäbe es eine Nachtwache.
Alles Routine inzwischen.
Jenno Moose versammelte die Fahrzeugführer und seine Corporals und ließ sich Besonderheiten von der Fahrt berichten. Es gab die üblichen Beobachtungen von Bewegungen im Unterholz, seltsamen Vögeln am Himmel und wenigen Ausfällen an den Fahrzeugen. Er hörte sich alles geduldig an und freute sich, dass nichts Schwerwiegendes passiert war.
Die Männer und Frauen scherzten, nannten sich gegenseitig Feiglinge oder »selber seltsamer Vogel«. Jenno hatte ein Gespür für die Stimmung in der Mannschaft – als Sergeant sollte man das haben. Und diese Leute hier waren voller freudiger Erwartung.
Die surreale Umgebung des gestrandeten Flugzeugträgers war nicht gut für sie gewesen, sowohl für die Soldaten als auch für die Zivilisten. Die ständige Bedrohung durch Mabutas Ameisenarmee hatte an ihren Nerven gezerrt. Sie hatten viele gute Leute an die Aants verloren, zuletzt in der Entscheidungsschlacht, die sie zwar letztlich gewonnen, aber mit einem hohen Blutzoll bezahlt hatten.1
Das alles lag jetzt hinter ihnen. Die Männer und Frauen trauerten um ihre Gefährten, aber sie sehnten sich so sehr danach, aufzuatmen, dass sie bereit waren, zu vergessen.
Jenno Moose fragte sich, ob er irgendwann vergessen könnte. Er hatte Leute zurückgelassen – Kranke und Verletzte. In den Nächten, wenn er deswegen wach wurde und nicht mehr einschlafen konnte, redete er sich ein, dass er dafür andere gerettet hatte. Es nutzte wenig.
Nun ging es heimwärts! Mehr noch: Die Expedition war ein Erfolg. Dank Matthew Drax hatten sie endlich die Formel zur Herstellung der roten Diamanten gefunden, mit der sie zu Hause die Lymphozytische Degeneration, die Geißel ihrer Community, besiegen konnten. Diese synthetischen Steine sogen alle Energien der Umgebung ein und legten so auch die quasi-bionetischen Lymphozyten lahm. Dak'kars Mutter hatte sie einst entworfen, damit sie den Bunker verlassen konnten. Die inaktive Phase während des ständigen EMPs aber hatte sie beschädigt, und seit Jahren schon machte diese Fehlfunktion die Leute krank.2
Jenno sah zum Rand des Rastplatzes. PROTO hatte sich wie ein übergroßer Wachhund dort platziert, hielt Straße und Dschungel im Blick. Dak'kar trat aus der Heckluke und sah das helle Band entlang gen Osten.
Wenn es nur nach ihm ginge, würden sie weiterfahren, durch Nächte und Regenschauer und über jede Grenze der Erschöpfung hinaus. Jenno sah es nicht gerne, dass ihr Expeditionsleiter sie so sehr antrieb, dass er kaum noch Rücksicht nahm. Doch wer könnte es ihm verdenken? Seine Frau Vera'nil und seine Tochter Akalani warteten am Ende des Wegs auf ihn.
Verdammt, meine eigene Frau und Tochter warten auf mich!, dachte Jenno inbrünstig. Dennoch werde ich die Sicherheit nicht außer acht lassen. Und wir haben noch einen langen Weg vor uns!
»Halt!«, sagte er zu Joao und stieß schon die Tür auf. Sie waren jetzt seit Tagen auf der Straße unterwegs, und es war ein geübtes Ritual, dass der vorausfahrende PROTO hielt, wenn er auf etwas Besonderes traf.
Jenno stieg aus und trat zu Dak'kar und Matt, die aus dem Amphibienpanzer kamen. Rechts der Straße lag eine größere Lichtung mit leichtem Buschwerk. Am entgegengesetzten Ende ragte ein massives Bauwerk auf. Die steinernen Wände waren nach innen geneigt, als nehme es Anleihen bei einer Pyramide. Ranken wucherten vom Boden empor und bedeckten das Gebäude wie natürliches Flecktarn.
»Das sollten wir uns ansehen«, meinte Matt und prüfte den Sitz seiner Pistole.
Dak'kar seufzte, folgte aber.
Jenno wandte sich um. »Joao, Camila, bleibt in der Nähe der Gefährte«, befahl er den Fahrzeugführern, die neugierig abgestiegen waren. »Tre'kko, All'ec, eure Trupps sichern in alle Richtungen. Montato, dein Trupp geht mit uns rein«, befahl er den Corporals.
Montato schien eifrig wie immer. Er ging mit seinen Soldaten voraus, sicherte Front und Flanken des Gebäudes. Selbst in der Nachmittagshitze atmete der schwarze Eingang eine gewisse Kühle aus. Jenno nahm das Gewehr von der Schulter und trug es locker in der Armbeuge. Außer ein paar Fledermäusen würde ihnen hier kaum etwas entgegenkommen.
Matt zog seine Pistole und trat ein. Danach folgte Dak'kar, Jenno machte den Abschluss.
Die Wände des langen Gangs neigten sich nach innen, wie die Mayaa häufig gebaut hatten. Die Fackelhalter waren schwarz von Ruß, verhangen von Spinnweben und Staub. Sonnenlicht drang vom Eingang herein. Als sie den ersten Quergang erreichten, sahen sie Kammern mit Fensteröffnungen.
Die Luft war kühl, roch nach Feuchtigkeit und den Exkrementen von Tieren. Der Boden war stellenweise von Guano bedeckt, doch die Fledermäuse hausten derzeit wohl anderswo.
»Nur ein alter Wegposten«, sagte Dak'kar. Er klang enttäuscht.
Jenno Moose trat neben ihn. »Besser als noch ein Tempel mit einem mutierten Jaguar, der unsere Männer frisst.«3
Dak'kar schnaufte zustimmend.
»Schaut mal hier!«, erklang Commander Drax' Stimme aus dem Nebenraum.
Jenno fasste das Gewehr fester, als sie hinübergingen. Der Raum war kreisrund mit einem Altar in der Mitte. Weitere Flure gingen davon ab, aber Drax ignorierte sie und deutete auf die Wände.
Jenno erkannte den Stil der Reliefs. Mayaa, die mit der typischen Steifheit dieser Darstellungen ihren Tätigkeiten nachgingen.
»Sie bauen die Straße«, sagte Dak'kar und drehte sich staunend im Kreis.
»Und dann zieht ein Heer darüber«, führte Matt fort und zeigte auf Reihen und Reihen von kleinen steifen Figuren.
»Ist das ein Indikator für die Truppengröße?«, fragte Jenno Moose und zählte die gestaffelten Männchen. Bedeuteten acht Figuren achtzig Mann? Oder achthundert?
»Was tragen sie da in der Mitte? Die Form ist...«
»Das ist ein großer Diamant«, sagte Matt. »Es muss aus der Expansionsphase des Reiches stammen. Die Heerführer zogen mit ihren Leuten und einem Diamanten aus. Sie eroberten die größten Dörfer, tauschten einen Teil der Bevölkerung aus und hinterließen den Diamanten, der sie vor den Schuppen der Schlange schützte.«
Jenno starrte den kleinen Knubbel im Relief an. Matthew hatte ihnen die verrücktesten Dinge erzählt. Schon seit Macapá funken konnte, hatte sich sein Weltbild Stück für Stück erweitert. Doch Matt hatte mit den Berichten von außerirdischen Invasoren, Speichereinheiten und CF-Strahlung alles getoppt.
Zu ihrem Unglück hatten sie die Diamanten, die sich in ihrem Besitz befunden hatten, an Bord der USS Nimitz zurücklassen müssen. Konnten sie auf ihrem Weg ein weiteres Exemplar aufsammeln?
»Das hier sieht komisch aus«, sagte Dak'kar, als er die nächste Wand betrachtete. »Das ist tiefer eingeschlagen. Ich glaube, hier war erst etwas anderes zu sehen, bevor es abgeschlagen und die Fläche neu bearbeitet wurde. Das ist klassisches Quechua, die hiesige Tieflandsprache. Aber ein wenig förmlich und veraltet. ›Keiner kehrte zurück, weder der stolze Chiquimange noch seine acht mal zehn Helden. Fürchtet das Verlorene Land. Es gibt keinen mehr frei.‹«
»Düsteres Zeug«, meinte Jenno. Es war gut, dass die Mannschaft nichts davon las. So ein Quatsch drückte immer auf die Stimmung. Truppen, die nicht heimkehrten, gaben ein schlechtes Vorbild ab.
»Wenigstens hat Chiquimange eine schöne Straße für uns gebaut«, sagte Matt.
»Scheint ihm auch nicht viel genutzt zu haben«, gab Dak'kar säuerlich zurück. »Machen wir uns lieber auf den Weg.«
Sie verließen den Tempel, und Jenno gab Montato ein Zeichen. »Nichts Besonderes«, beantwortete er den fragenden Blick des Corporals. »Aufsitzen, wir fahren weiter.«
Beim Volvo-Truck standen einige Leute zusammen.
»Du hättest nicht nach ihm treten sollen«, sagte Camila vorwurfsvoll und hielt etwas Kleines in den Händen.
»Ich habe das Ding gar nicht richtig erwischt!«, verteidigte sich Joao.
»Er ist ganz aufgeregt. Oh, sieh mal, er hält sich an meinem Finger fest!«
Die Umstehenden schauten. Jenno sah einen handlangen Gecko in intensiver gelber Farbe, der sich am ausgestreckten Zeigefinger der Fahrzeugführerin festhielt. Die Zunge schnellte hervor und leckte über die großen Glupschaugen.
Camila ließ die Hand sinken, als sie Jennos Blick bemerkte.
»Aufsitzen«, befahl er und öffnete seine Fahrzeugtür.
»Ich nehm' ihn mit. Man muss ihn doch nach dem Schreck ein wenig aufpäppeln«, sagte Camila zu Joao, der noch neben ihr stand.
»Solange er nicht nachts in meinen Schlafsack kriecht«, murmelte der.
»O bitte, nichts würde nachts in deinen Schlafsack kriechen!«
Jenno Moose unterdrückte ein Grinsen, als er einstieg.
Dak'kar sah vom Schreibblock auf, als Matt den Amphibienpanzer um die nächste Unebenheit lenkte. Es war schwer, sich zu konzentrieren, wenn man von der ständigen Bewegung seekrank wurde. Dak'kar hatte einmal eine ausgedehnte Bootstour gemacht und konnte gut auf diese Erfahrung verzichten. Er lehnte sich im Copilotensitz zurück und ließ den Blick über seine Notizen gleiten.
Er hatte einige der Zeichen, die er in Tecuuns Dorf auf eine Tierhaut hatte malen dürfen, auf Papier übertragen. Dass er die meisten Symbole der Bildsprache nicht entziffern konnte, beunruhigte ihn nicht. In der Community gab es fähige Linguisten, die das erledigen würden.
Die Methode der Herstellung eines roten Diamanten schien nach der ersten Draufsicht nicht allzu komplex zu sein. Man gab alle Ingredienzien zusammen, erhitzte es kräftig und rührte in dem Sud herum. Letztlich war es aber eine durchaus komplexe Synthese. Die Hitze vertrieb flüchtige Stoffe, schwere sanken an den Grund und vermengten sich durch das Rühren.