1,99 €
"Willkommen an Bord der USS Nimitz. Mein Name ist Dak'kar."
Doch wer ist dieser Dak'kar? Wo kommt er her, was treibt ihn an, wir lauten seine Pläne? Mit welchem Ziel hat seine Mannschaft das Wrack der USS Nimitz in Beschlag genommen?
Frage, die die nächsten zwei Bände der Saga klären werden: Wir begleiten Dak'kar auf seinem Lebensweg und erfahren so manche Hintergründe, die das Geschehen im Amraka der Jetztzeit in einem neuen Licht erscheinen lassen!
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 156
Cover
Was bisher geschah...
Dak'kar
Leserseite
Vorschau
Impressum
Am 8. Februar 2012 trifft ein gewaltiger Komet die Erde – und die Druckwelle drei Beobachtungs-Jets. Der Commander der Staffel, US-Pilot Matthew Drax, kann in den Alpen notlanden und wird von Barbaren gefunden, die ihn »Maddrax« nennen. Statt einer verwüsteten Erde findet er fremdartige Lebewesen und Pflanzen in einer veränderten Geografie. Die Jets wurden durch einen Zeitstrahl um 520 Jahre in die Zukunft geschleudert! Dieser Strahl, der vom Mars zur Erde reicht, ermöglichte einst den Marsbewohnern, den Hydree, eine Übersiedelung. Der vermeintliche Komet war eine Wesenheit namens »Wandler«. Deren Dienerrasse, die Daa'muren, will sich die Erde untertan machen, indem sie Fauna und Flora mutieren und die Menschen verdummen lässt.
Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula beginnt Matt seinen Feldzug. Er findet Freunde – unter anderem die Hydriten, die sich aus den Hydree entwickelt haben –, kämpft gegen die Daa'muren und stößt auf Parallelwelt-Areale, die überall auf der Erde aufbrechen – das Ergebnis von Zeitreisen von Menschen einer fernen Zukunft. Matt und seine Verbündeten können alle schließen, wobei ihnen GRÜN, eine Art Pflanzenbewusstsein der Erde, zur Seite steht.
Auch Colonel Aran Kormak stammt aus einer Parallelwelt – zumindest will er Matt dies weismachen. In Wahrheit ist er sein skrupelloser Zwilling aus dieser Welt, von dem Matt glaubt, er wäre tot. Doch Kormak, Befehlshaber einer Elitetruppe namens Dark Force, verbündet sich mit Matt, als eine neue Bedrohung auftaucht. Denn kaum ist das letzte Areal in Afrika versiegelt, wobei GRÜN beinahe vernichtet wird, sehen sich die Gefährten einer kosmischen Bedrohung namens »Streiter« gegenüber, die noch immer den Wandler auf der Erde vermutet, obwohl der längst weitergezogen ist. In einem furiosen Endkampf gelingt es Matt, den Streiter zu versteinern.
Doch dann verschwindet Aruula mit dem Gleiter RIVERSIDE. Matt und ein Dark-Force-Trupp folgen ihr bis nach Südamerika. Über Peru stürzen sie wegen plötzlichem Energieverlust ab und finden den havarierten Gleiter. Von Aruula keine Spur! Dafür entdeckt Matt das Wrack eines Flugzeugträgers mitten im Dschungel – und eine blinde Passagierin, die mit nach Amraka kam: Haaley, die verrückte Freundin seines toten Erzfeindes Jacob Smythe.
Auf der USS Nimitz trifft Matt auf eine feindlich gesinnte Mannschaft, während sein Trupp dezimiert wird. Die letzte Dark-Force-Soldatin stirbt beim Kampf gegen einen mutierten Jaguar, kann ihn aber erlegen – ein heiliges Tier, wie Matt und Haaley erfahren, als sie von Eingeborenen überwältigt werden. Zusammen mit einer Frau von der Nimitz warten sie auf den Tod, denn auch die Fremden sind Feinde der Indios, seit sie deren Heiligtümer, zwei rote Diamanten, raubten.
Matt und Haaley müssen eine Götterprobe bestehen: den »Spiegel von Pachacámac«, mit dem sich weitere Diamanten herstellen lassen, aus einer Todeszone zu bergen – was ihnen auch gelingt. Sie werden freigelassen und beobachten den Angriff eines Ameisenvolks auf die Nimitz. Ein Indiostamm soll den Schwarm kontrollieren, aber das Gegenteil ist der Fall: Mabuta, der »vielbeinige Gott«, nimmt sie gefangen. Er wird von einem Pilzgeflecht bedroht, und Matt soll ein Mittel dagegen finden. Ein Abenteurer namens Tschoosch, der früher als Chemiker bei einem Drogenbaron gearbeitet hat, hilft ihm, in Med'liin eine Ladung Fungizid zu stehlen. Mit dem Amphibienpanzer PROTO und einem Lkw schaffen sie das Gift in Mabutas Dorf, wo sie es mit dem Regen verteilen, was den Pilz abtötet. Zum Dank bringt der »Ameisengott« Matt und Haaley auf die Nimitz, wo sie als Aants vergeblich nach Aruula suchen, aber von einem bevorstehenden Angriff der Soldaten auf Mabuta erfahren... bevor sie in verschiedenen Tieren fliehen müssen, um in ihre Originalkörper zurückzukehren. Doch die befinden sich inzwischen in der Gewalt Dak'kars!
Dak'kar
von Michael Edelbrock
Jahr 2498, Sub'Sisco
Nolat schob den Rollkanister durch das Hydrosseum und stellte ihn im Trakt der Heiler vor dem großen Tank ab. Die Organismen darin zogen voller Vorfreude eilig ihre Bahnen.
Er griff mit der Schaufel in den Kanister, holte das braune Substrat hervor und verteilte es im Wasser. Die Dornenwelse waren wie immer die schnellsten, verschlangen gierig ihr Futter.
Nolats Blick fiel aus dem großen Fenster auf die korallenfarbenen Gebäude. Das Sonnenlicht wurde durch die Wasseroberfläche gefiltert und floss wie Gold über die bevölkerten Straßen von Sub'Sisco.
Er ließ den Blick über die Stadt schweifen. Manche Gebäude waren Korallenbänken nachempfunden, andere eher gewohnt quadratisch. Die meisten bestanden aus bionetischem Material.
So wie auch die Kuppel über ihm. Sie war so groß, dass eine ganze Stadt unter ihr Platz fand. Ihre Wölbung ragte sogar ein Stück weit aus dem Wasser der Bucht.
»Nolat?«, rief jemand von der Tür her. »Wo ist Na'tir?«
Er wandte sich um. Ein Mann stand am Eingang, atemlos und mit gerötetem Gesicht.
»Die Heilerin ist unterwegs«, antwortete Nolat. »Was ist los?«
»Ein Unfall auf der Kuppelbaustelle! Jemand ist im trockenen Teil in eine Schlucht -«
»Ich komme schon!«, unterbrach Nolat ihn und packte bereits einige Utensilien in seine Tasche. »Beordere eine Transportqualle dorthin! Ich laufe!«
Schnell ließ er die ehrwürdigen Hallen des Hydrosseums hinter sich und schlug den Weg zur Südkuppel ein. Auf der Straße wichen ihm die Fußgänger aus.
Während er lief, dachte er unwillkürlich an die Zeit in Mont Reyy vor dreizehn Jahren zurück.* Auch damals war er gerannt. Die Bedrohung durch die Steppenreiter hatte wie ein Damoklesschwert über ihnen gehangen – bis sie eines Tages kamen, um die ganze Siedlung auszuradieren.
Die Bewohner hatten das Weite gesucht. Nolat war in einem der Segler gelandet. Sie waren bis zu den Türmen von Sisco gesegelt, wo sie sich einnisteten.
Er überquerte eine Kreuzung im Laufschritt. Die Fahrzeuge hielten für ihn. Viele der Bewohner erkannten ihn sicher als Assistenten Na'tirs.
Sein Blick fiel auf die Türme von Sisco, die man vom Grund der Bucht aufragen sah. Im dunklen Wasser schienen sie wie geheimnisvolle, schattenhafte Strukturen in der Ferne. Über dem Wasserspiegel ähnelten sie zyklopischen Säulen, verwittert und rau. Der Wind hatte Sand und Samen hinübergetragen und ihnen einen grünen Anstrich verpasst. Das machte sie zu Symbolen einer geheimnisvollen, untergegangenen Kultur.
Nolat erreichte den Rand der Kuppel, legte einen bionetischen Tauchanzug an, der sich automatisch seiner Körperform anpasste, und schleuste aus. Das trübe Wasser der Bucht umfing ihn. Nolat orientierte sich an Felsen und wuchernden Seegras-Feldern. Es dauerte nicht lange, bis die im Bau befindliche Südkuppel vor ihm auftauchte.
Die Bionetik der Hydriten war wie ein Wunder. Aus ihr ließ sich alles konstruieren, von kleinsten bis zum größten Element. Die Kuppel wuchs, als sei sie etwas Organisches. Noch maß sie nur ein Viertel der anderen Konstruktion, aber unter dem fertiggestellten Teil lagen bereits Felsen und Seegras-Wälder im Trockenen. Durch die Kuppelwand sah Nolat die geräumte Schlucht.
Er schleuste ein, legte nur den Helm ab und eilte weiter. Die Luftfeuchtigkeit war hier höher als in der anderen Kuppel, damit sich die Hydriten wohlfühlten. Für Nolat bedeutete es eine zusätzliche Anstrengung, obwohl er fit war für einen Fünfzigjährigen.
Am Eingang zur Schlucht erwartete ihn eine Frau in der korallenroten Kleidung der Baumeister. Sie führte ihn hinab und berichtete dabei vom Zustand des Verletzten. Er erfuhr seinen Namen: Honessy. Ein Mensch wie er.
Als sie ihn erreichten, verscheuchte Nolat die Umstehenden. Bruch des Unterschenkels, Gehirnerschütterung, innere Verletzungen nicht ausgeschlossen, analysierte er. Honessy wirkte erstaunlich gefasst.
Er gab dem Mann eine Mixtur zu trinken, die er selbst gefertigt hatte. Die Mischung bestand aus einem hydritischen Blutgerinnungsmittel, traditionellem Sonnenhut gegen Bakterien und Entzündungen, abgerundet mit Goldbeifuß zur Beruhigung.
»Wie kommt es, dass du in die Schlucht gestürzt bist?«, fragte er den jungen Mann, mehr zur Ablenkung denn aus Interesse.
»Weiß nicht«, sagte dieser matt. »Ein Fehltritt. Hab' nicht aufgepasst, als ich mit dem Seegras beschäftigt war.«
Nolat nickte und legte die bionetische Schiene an. Sie hielt das Bein vorerst in Position und musste später noch genauer angepasst werden.
»Vier kräftige Leute schaffen ihn zur Schleuse!«, ordnete Nolat an. »Ist die Qualle da?«
Als das bestätigt wurde, brachen sie auf. Der Verletzte ließ sich widerstandslos von seinen Kollegen tragen. Mit einem Atemgerät gelangte er durch die Schleuse bis in die halb bionetische, halb organische Qualle. Ein Hydrit steuerte sie mit Gedankenkraft, nachdem Nolat das Ziel genannt hatte.
Auf ihrer Fahrt überquerten sie die Baustelle. Nolat sah die Kraken im Hintergrund, die die größten Brocken bewegten. Damals, vor dreizehn Jahren, hatte er sie im Kampfeinsatz gesehen.
Seine Gruppe von Flüchtlingen glaubte sich in den Türmen von Sisco in Sicherheit. Doch die Steppenreiter fanden sie und kreisten sie ein wie Haie einen verirrten Thunfisch. Die Stämme waren mit einer wahren Streitmacht angerückt.
Nolat hatte schon nicht mehr mit einer Rettung gerechnet, als das Meer plötzlich Rochen und Wassergetier ausgespien hatte. Hydriten tauchten auf und schossen mit ihren Schockstäben auf die Angreifer.
Riesigen Kraken zogen sich mit ihren Tentakeln an den Türmen von Sisco hoch, pflückten die Frekkeuscher* der Feinde aus der Luft und zerschmetterten oder zerquetschten sie. Der Anblick der weißlichen, saugnapfbesetzten Tentakel hatte wohl so manchem Steppenreiter für den Rest seines Lebens Albträume beschert.
Der junge Clay hatte während der Kämpfe die Hydritin Ul'ia gerettet und damit den Grundstein für die Freundschaft ihrer Völker gelegt – den Grundstein für Sub'Sisco, das seither wuchs und gedieh.
Nolat konzentrierte sich auf das Hier und Jetzt, als sie ihr Ziel erreichten und Honessy in die Kuppel schafften, wo sie ihn mit einem Gefährt zum Hydrosseum brachten. Sein Zustand war stabil; er schien sich keine inneren Verletzungen zugezogen zu haben.
In den Räumen der Heilung legten sie ihn in eine der Wannen. Nolat öffnete die Schleuse zum Gehege der Dornenwelse und der grünen Spenderfische. Sofort huschten ein paar Exemplare zu dem Mann, der dank der verabreichten Mixtur ruhig blieb. Nolat setzte ihm einige Schmerzegel an die Hüfte und beobachtete die Spenderfische genau.
Deren Schuppen blieben grün; die sensiblen Tiere hatten also keine inneren Verletzungen wahrgenommen. Die Welse und Schmerzegel taten ihr Werk.
»Wie geht es dir?«, fragte Nolat den Patienten.
»Schon viel besser, Meister Heiler«, gab Honessy zurück. »Wie lange muss ich denn hierbleiben?«
»Hoho, immer langsam mit den jungen Seepferdchen!« Nolat hob die Hände. »Erst wird die Schiene angepasst. Danach kannst du an Krücken gehen. Aber du wirst noch einige Zeit Kopfschmerzen haben wegen der Gehirnerschütterung.«
Der junge Mann bewegte sich unruhig. »Aber die Schiene sitzt doch schon.«
Nolat seufzte. »Geduld! Die Heilschienen sind nun einmal bionetisch und müssen von Hydriten richtig angepasst werden.«
»Aber –«
»Hör mal«, unterbrach ihn Nolat ungehalten. »Ich kann dir auch ein Provisorium aus Stöckchen zusammenbasteln und mit Klebeband fixieren. Dann dauert deine Genesung aber einige Wochen länger. Keine Schiene wird so gut sitzen wie eine, die ein Hydrit mit Gedankenkraft an dein Bein angepasst hat.«
Ob der andere ein Einsehen hatte oder Nolats Ton aggressiv genug gewesen war – der Patient schwieg jedenfalls.
Später kam Na'tir herein. Die Haut der Hydritin glänzte, als sei sie gerade dem Wasser entstiegen. An ihre Nacktheit hatte Nolat sich schon lange gewöhnt. Ihre Spezies wirkte auf ihn selbst mit dem farbigen Kopfkamm und dem mandelförmigen Gesicht nicht mehr fremd. Einzig, dass dieses drahtige kleine Wesen gut dreimal so alt war wie er, irritierte ihn. Und dass Na'tir mehr über die Körper und Heilung von Menschen wusste als er selbst.
Sie begrüßte den Patienten, scherzte sogar auf ihre gutmütige Art mit ihm. Ihre telepathischen Kräfte verformten derweil die Schiene, die Nolat angelegt hatte, bis sie den Unterschenkel perfekt stützte.
»Du bist unglücklich«, stellte Na'tir fest, nachdem sie Honessy entlassen hatten. »Fast schon wütend.«
Sie las seine Gedanken nicht; das gehörte sich nicht. Aber seine Stimmungslage spiegelte sich vermutlich deutlich in seinem Gesicht wider.
»Ach«, sagte er. »Ich wollte, ich könnte die Schiene selbst... Eure Bionetik ist so...« Er brach ab.
»Unsere Bionetik ist ein Instrument und ein Baustoff. Was soll damit sein?«
»Ich verstehe sie nicht«, murmelte er. »Ach, lass nur. Ist schon gut.«
Als sie gegangen war, setzte er noch eine neue Mixtur an.
Wenige Wochen später in Sub'Sisco
Nolat ließ das Wasser aus dem großen Tank ab und füllte die Reinigungsflüssigkeit hinein. Wieder einmal wanderten seine Gedanken zurück zum Patienten Honessy. Der Mann hatte es nicht böse gemeint. Und doch hatte er Nolat vor Augen geführt, in was für einer wunderlichen, zugleich aber auch unzugänglichen Welt er lebte.
»Hier sind wir unter uns«, sagte jemand vorne bei den Wannen. War das die Heilerin Na'tir? Zwar hatte er die Klacksprache der Hydriten erlernt, tat sich aber noch schwer, die Sprecher auseinanderzuhalten.
»Die Tiere sind sehr unruhig«, bemerkte eine weibliche Stimme.
Nolat ging bis zum Rand der Fischtanks und lugte um die Ecke. Tatsächlich, Heilerin Na'tir. Bei ihr war Ul'ia, die Oberste der Hydriten. Daneben stand ein Mensch, Clay, der Zweite und ihr Gemahl. Jener Mann, dem alle Menschen hier ihr Überleben verdankten, weil er sich vor Jahren mit dem Unterwasser-Volk angefreundet hatte.
Etwas hielt Nolat ab, zwischen den Tanks hervorzutreten und die Ankömmlinge zu begrüßen. Clay und Ul'ia sahen angespannt aus. Er mit verkniffenem Gesicht und sie mit steil aufgestelltem Flossenkamm.
»Heilerin, wir haben ein besonderes Anliegen«, klackte die Oberste.
Nolat wollte sich hinter die Tanks zurückziehen; dies hier ging sicher niemanden etwas an – aber er zögerte.
»Das Zusammenwachsen unserer Völker war für uns immer von größter Bedeutung«, fuhr Ul'ia fort. »Clay und ich stehen für Gemeinsamkeit und Zusammenhalt. Und wir finden, dass es ein weiteres Zeichen dafür geben darf. Der HydRat hat ein neues Projekt beschlossen. Eine wissenschaftliche Studie belegt, dass die Idee vielversprechend ist. – Wir werden ein neues Wesen erschaffen!«
Für einen Moment herrschte Schweigen, während Nolat das Gehörte verdaute. Die Hydriten waren der menschlichen Technik so weit überlegen, dass ihnen die größten Wunder in einfachen Sätzen wie diesen von den Lippen gingen.
»An was dachtet ihr?«, fragte Na'tir scheinbar unbeeindruckt.
»Ul'ia und ich sind nicht das einzige Paar, das aus zwei Völkern besteht«, sagte Clay. »Aber eine Verbindung ist... schwierig.«
»Ich weiß«, sagte die Heilerin. »Wir sprachen bereits darüber.«
»Ihr...« Clay klang ein wenig indigniert. Nolat musste ihn nicht sehen, um sich den Blick zu seiner Partnerin vorzustellen.
»Nun. Wenn eine Verbindung gelingen würde – eine Verbindung aus Mensch und Hydrit – würde das eine weit stabilere Brücke zwischen unseren Spezies schlagen. Die Gentechniker bestätigen, dass es biologisch machbar ist.«
»Aber sie haben dennoch Bedenken«, sagte Ul'ia. »Das menschliche Genom soll möglichst erhalten bleiben. Sie sehen Probleme beim Austragen. Sie befürchten, dass es zu Inkompatibilitäten kommt.«
»Verstehe«, sagte Na'tir. »Und deshalb wendet ihr euch an eine Heilerin, die sowohl Hydriten als auch Menschen behandelt. Der Organismus der Gebärenden müsste an diese Aufgabe angepasst werden. Wie weit sind die Genetiker?«
»Oh, sie haben gerade erst begonnen, brüten noch über ihren Tabellen und setzen die ersten Basen an. Wir sprechen über einen Zeitraum von etlichen Jahren.«
»Und ihr seid darauf eingestellt, dass es nicht zwangsläufig zum Erfolg führen muss?«
»Natürlich«, sagte Ul'ia. »Aber wir tun das nicht nur für uns, sondern auch für kommende Generationen.«
»Deshalb müssen wir darüber reden«, sagte Na'tir. »Mit ganz Sub'Sisco.«
»Nein«, widersprach die Oberste sofort. »Die Hydriten würden es verstehen, sogar gutheißen. Aber für die Menschen wäre es... problematisch. Daraus könnte offene Abneigung erwachsen. Wir werden das als geheime Forschung betreiben, so hat der HydRat es beschlossen.«
»Das gefällt mir nicht«, klackte Na'tir unzufrieden. »Ich brauche zumindest meine beiden Assistenten Ir'von und Nolat, Hydrit und Mensch. Wir versuchen hier etwas völlig Neues. Was wäre besser, als es gemeinsam anzugehen?«
Die Oberste zögerte kurz. »Einverstanden. Die Genetiker werden dir einen Organismus-Plan zukommen lassen und für alle Fragen zur Verfügung stehen.«
Sie verabschiedeten sich. Nolat blieb allein in dem Raum zurück. Er betrachtete die Dornenwelse in ihren Tanks. Es waren ebenso künstlich erzeugte Lebewesen, einst tankgeboren, bevor sie einen natürlichen Geburtszyklus erreichten.
In dieser Nacht schlief er nicht.
Am nächsten Morgen stellte sich Na'tir vor ihn und seinen Kollegen Ir'von. Sie sprach offen über den Besuch aus dem HydRat und das Ziel, die Schwangerschaft und Geburt einer neuen Art zu begleiten, einem Mischwesen aus Mensch und Hydrit. Die Heilerin hatte bereits Pläne der Genetiker erhalten. Das Forschungsobjekt nannte man »Mendriten«.
Ir'von war von der Idee angetan – was auch sonst bei einem Hydriten? Nolat war übermüdet und in seinen Eingeweiden schienen schwere Steine zu liegen.
Paare beider Spezies konnten bisher keine Kinder empfangen. War das nicht gut so? Benötigten sie dieses neue Leben, um die Verbundenheit ihrer Völker zu zeigen?
Er fürchtete, dass es ging um etwas anderes hier. Die Mendriten wären besser angepasst an beide Welten und könnten auf lange Sicht die Menschen ersetzen.
»Nolat? Ist alles in Ordnung?«
»Was? Ja!« Er fuhr auf und erkannte, dass sie ihn schon zum wiederholten Male angesprochen hatte.
»Was hältst du von dem Forschungsauftrag?«
»Ich... habe Bedenken«, drückte er es zurückhaltend aus.
»Ja«, räumte sie ein. »Das wird ein hartes Stück Arbeit. Wir müssen eine Abstoßung verhindern. Aber wir werden das schaffen! Am besten schauen wir uns als erstes die Immunsysteme an.«
Richtig, dachte er. Sie werden es schaffen, mit oder ohne mich. Deshalb wäre er lieber dabei.
»Ich bin dabei«, sagte er nach einem Moment des Zögerns. »Wann fangen wir an?«
Es ging sofort los.
Die Pläne der Genetiker wurden studiert. Nolat schien es, als hätten sie die Karte eines fremden Landes erhalten und sollten ihren Weg finden. Es ging vorbei an Klippen und tiefen Schluchten, die ihre Arbeit zunichtemachen konnten.
In den folgenden Monaten fanden sie unüberwindbare Berge, die sie umgehen mussten. Irgendwann schienen sie einen Fluss zu erreichen, der sie ein Stück des Weges trug, wo die Ideen klar vor ihnen lagen und sie schnell vorankamen.
Irgendwann wurde Nolat auch nicht mehr auf seine permanent angespannte Laune angesprochen. Die Hydriten waren zu höflich, seine Gedanken in der Tiefe zu lesen. Aber sie spürten seine Vorbehalte. Dass er ahnte, mit seiner Arbeit dazu beizutragen, die Menschen in Sub'Sisco abzuschaffen.
Lange versuchten sie, das Immunsystem der Austragenden an die veränderte Physis der Mendriten anzupassen. Die Probleme waren enorm. Erst als sie umschwenkten und sich nur noch auf hydritische Frauen konzentrierten, kamen sie voran.
Das erste echte Ergebnis konnten sie nach anderthalb Jahren vorweisen: eine bionetische Maschine, die künstliche Lymphozyten herstellte. Nolat hatte längst erkannt, dass es sich dabei um Bestandteile eines synthetischen Immunsystems handelte. Sie halfen bei der Herstellung von Antigenen, trainierten also den Körper.
»Der Ansatz ist genial«, sagte Ul'ia, die Oberste, als sie ihr die Maschine vorstellten.
Na'tir, Ir'von und Nolat warteten in den Räumen der Heilung vor ihren Labortischen. Die Oberste und ihr Gemahl Clay standen auf der anderen Seite und betrachteten die Maschine.
Sie hatte die Form eines Nautilus und bestand aus schwarzschimmerndem bionetischen Material. Obwohl sie einen Durchmesser von Unterarmlänge besaß, war sie sehr leicht. Auf Nolats Anregung hin war sie so konstruiert worden, dass die wesentlichen Einstellungen auch von Menschen vorgenommen werden konnten.