Ad Astra – Chet Morrows Weg zu den Sternen, Neue Abenteuer 16: Gefangen auf Sodor - Michael Edelbrock - E-Book

Ad Astra – Chet Morrows Weg zu den Sternen, Neue Abenteuer 16: Gefangen auf Sodor E-Book

Michael Edelbrock

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Beschreibung

Sechs Menschen an Bord eines Dynas sind im System der Geierköpfe unterwegs, als Vorhut ihres Schiffes Aurora. Sie sollen zur Raumstation über Aarknar. Was die Menschen nicht wissen: Im System manövriert das zweite Schiff der Großen mit sodoranischen Kriegern an Bord. Deren Kommandant hat den Auftrag erhalten, die Geierköpfe zu vernichten, als Strafe für ihren Verrat. Anders als die Sodoraner, die versuchten, die Erde anzugreifen, gehen diese Krieger vorsichtiger vor. Als sie im System etliche Patrouillenschiffe bemerken, ziehen sie sich zurück in die Außenbereiche des Systems. Dort gelingt ihnen eine Attacke auf den Dyna, sie können das Schiff beschädigen, nehmen die Mannschaft gefangen. Die Menschen werden nach Sodor zurückgebracht, diese sollen dann in der Arena um ihr Leben kämpfen.

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Seitenzahl: 336

Veröffentlichungsjahr: 2025

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In dieser Reihe bisher erschienen

e601  Thomas T. C. Franke Ad Astra 01: Franke Schatten über dem Mars

e602  Thomas T. C. Franke Ad Astra 02: Die Kometenfalle

e603  A.N. O’Murtagh Ad Astra 03: Söldner der Galaxis

e604  Melanie Brosowski Ad Astra 04: Gestrandet in der weissen Hölle

e605  Thomas T. C. Franke Ad Astra 05: Jagt den Milan!

e606  Melanie Brosowski Ad Astra 06: Das Maki-Komplott

e607  Melanie Brosowski & Margret Schwekendiek Ad Astra 07: Hölle auf Eden

e608  Thomas T. C. Franke Ad Astra 08: Entscheidung auf Ceres

e609  Melanie Brosowski & Udo Mörsch Ad Astra 09: Die Aurora-Mission

e610  Melanie Brosowski & Udo Mörsch Ad Astra 10: Im Bann der Geierköpfe

e611  Thomas T. C. Franke Ad Astra 11: Geheimwaffe Dakota

e612  Thomas T. C. Franke Ad Astra 12: Der Malivia-Effekt

e613  Michael Edelbrock & Oliver Müller Ad Astra 13: Sodors Ultimatum

e614  Thomas T. C. Franke Ad Astra 14: Stunden der Angst

e615  Melanie Brosowski Ad Astra 15: Das Schiff der Großen

e616  Michael Edelbrock & Oliver Müller Ad Astra 16: Gefangen auf Sodor

e617  Thomas T. C. Franke Ad Astra 16: Schmuggler für Terra

GEFANGEN AUF SODOR

AD ASTRA – CHET MORROWS WEG ZU DEN STERNEN, NEUE ABENTEUER

BUCH 16

MICHAEL EDELBROCK

OLIVER MÜLLER

Copyright © 2025 Blitz Verlag, eine Marke der Silberscore Beteiligungs GmbH, Mühlsteig 10, A-6633 Biberwier 

In Zusammenarbeit mit

Heinz Mohlberg Verlag GmbH, Pfarrer-Evers-Ring 13, 50126 Bergheim

Redaktion: Danny Winter

Titelbild: Mario Heyer unter Verwendung der KI Software Midjourney

Umschlaggestaltung: Mario Heyer

Logo: Mario Heyer

Satz: Gero Reimer

Alle Rechte vorbehalten

Die Printausgabe des Buches ist 2019 im Mohlberg-Verlag erschienen.

ISBN: 978-3-945416-63-1

www.Blitz-Verlag.de

ISBN: 978-3-68984-389-2

e616 vom 27.03.2025

INHALT

Vorwort

Was bei Ad Astra zuletzt geschah:

Ein verwegener Plan

Besondere Rückkehr

Raumschiff Dolchspitze, vor einem Monat

Zwischenspiel auf dem Mars

Ungeplante Begegnung

Auf der Jagd

Zwischenspiel auf dem Mars

Der Plan des Kommandanten

Barnys Herausforderung

Mission unter Zeitdruck

Barnys Mission, der Abschluss

Epilog

Michael Edelbrock

Oliver Müller

VORWORT

Es begann mit „Sodors Ultimatum“, mit dem hier vorliegenden Band „Gefangen auf Sodor“ endet unser vierbändiger Kurzzyklus um die Wesen mit den unheimlichen Geisteskräften. Wieder einmal steht es bis zum Ende Spitz auf Knopf, ich will nicht zu viel verraten. Michael und Oliver präsentieren uns jedenfalls eine actionreiche und harte Geschichte, die unerbittlich auf den letzten Showdown zuläuft. Ich freue mich, dass alles so prima gelaufen ist, es wird zudem mit dem Trio Michael, Oliver und mir auch weitergehen. Bei Autorentreffen in Haltern am See haben wir eine Trilogie konzipiert, bis es so weit ist, kommt noch ein AA-Urgestein in neuer Rolle zu seinen Abenteuern: Barny Owl wird reaktiviert. Darauf können sich die Leser bereits freuen.

Thomas T. C. Franke

Was bei Ad Astra zuletzt geschah:

Im System Alpha Centauri wurde ein Wrack gefunden: Es gehörte zu den Schiffen der Großen und die Hülle ist weitgehend intakt. Die Menschen schickten eine Expedition von Dyna-Piloten und Infanteristen los, um das Großkampfschiff zu untersuchen und mehr über die Technik der Großen zu lernen. Das Schiff wurde vor Jahren in der Schlacht, bei der rebellierende Geierköpfe versucht hatten, das Kommando zu übernehmen, schwer beschädigt. Weil das Schiff in der Nähe Neu-Roms treibt, erhob der römische Senat Ansprüche. Die UNO gab teilweise nach, so wurde Lucrezia Cornelius, Tochter von Tiberius Cornelius maior, die inzwischen Dyna-Pilotin ist, offiziell Leiterin der Expedition.

Was niemand ahnte: An Bord befanden sich einige Besatzungsmitglieder in Stasis, diese Geierköpfe wussten natürlich nichts vom Waffenstillstand mit den Menschen. Die Geierköpfe wurden geweckt, es kam zu Gefechten. Zudem setzte sich das Schiff in Bewegung, erst im letzten Moment gelang es den Menschen, mit einigen Überlebenden zu einer Übereinkunft zu kommen, das Wrack wurde gerettet.

Auf der Erde hatten der Sodoraner-Nachfahre John Sheffield und einige wenige verbliebene Mitstreiter es geschafft, den Prototypen einer Maschine zu finden, mit der ihre Geisteskräfte verstärkt werden könnten. So wollte Sheffield Rache nehmen, in einem Bunker kam es zum Showdown zwischen den Kontrahenten, aber Cayden Vaughan schaffte es, die Maschine zu zerstören, dabei starb auch sein alter Feind.

Ein verwegener Plan

Sodor, vor drei Monaten: Karam Molaar war schon zuvor im Palast des Obersten Herrschers gewesen. So etwas kam vor, wenn Ehrungen oder Verkündungen anstanden. Unter dem Vorgänger Ketan war das häufiger der Fall gewesen. Während Jalif Hansars Herrschaft war es seltener geworden. Bronin, einer von Jalifs Gefolgsleuten, lief der Delegation voraus, die außer ihnen nur aus ein paar Palastwachen bestand. Der Alte war einst auch ein Ewenasi gewesen, bevor Hordenführer Jalif die gesamte Schule dem Erdboden gleichgemacht und beinahe alle hingeschlachtet hatte. Karam unterdrückte die Wut über das Ende seiner Kampfschule. Es war besser, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Bloß warum hatte der Oberste Herrscher speziell ihn gerufen?

Der Gang zeigte deutlich die Folgen eines Kampfes. Spuren von Energiegeschossen an den Wänden, Blut auf dem Boden. Das seltsame außerirdische Objekt war noch von hier zu sehen, ein schwarzer Kubus. Karam war bei dessen Ankunft vor ein paar Tagen in Dikanja zu einem Turnier der Metaga-Kampfschule gewesen. Als er zurückkam, herrschte Ausgangssperre und dieses Objekt schwebte in einen der Innenhöfe der Palaststadt. Es hatte einen kleinen Aufstand gegeben. Aber wenn nur noch so wenig Volk verblieben war, waren auch kleine Aufstände gefährlich. Jalif Hansar war ein Narr, er hatte die Leute immer schlecht behandelt. Er war bereits in der Ewenasi-Schule zerbrochen und hatte sich dem Hass hingegeben. Er machte ihn stark, zugegeben, aber auch unberechenbar und launisch. Daran scheiterten viele.

Sie gingen an einer Öffnung vorbei, die ein Ausgang in einen Innenhof sein sollte. Das schwarze Objekt aus dem Weltall war hier gelandet und verschloss den Durchgang. Aus der Nähe sah es beunruhigender aus. Die Oberfläche schien aus Stein zu bestehen, so schwarz war es. Die verschlungenen Linien der Reliefs wirkten fremdartig. Es blieb unklar, ob sie nicht doch aus der Ferne ein Muster ergaben. Karam dachte an die Tempel, die aus der Zeit vor den Altvorderen stammten. Einer Ära, als die Sodoraner noch Götter verehrten. Bloß, wer baute Raumschiffe aus Stein?

„Wir haben Besuch von den Sternen erhalten“, sagte Bronin und blieb zögerlich stehen. Der Alte hielt sich krampfhaft gerade, Karam vermutete, dass er eine Verletzung kaschierte.

„Ich hörte davon. Man kann es kaum übersehen. Dies ist also das schwarze Schiff, um das soviel Aufhebens gemacht wird.“

„Aus gutem Grund. Es wurde von einem Volk gesandt, das sich die Großen nennt. Es hat dem Obersten Herrscher ein Angebot unterbreitet.“

„Recht eitler Name, die Großen.“

Der Alte zuckte mit den Schultern. „Sie können es sich wohl leisten, wenn sie eine Sonde so schnell über unvorstellbare Distanzen schicken. Noch dazu, wenn es ein Bild in Echtzeit überträgt.“

Karam schnaubte. „Entweder das, oder dieses Ding hat schon länger in der Nähe gewartet. Und die vermeintliche Echtzeitübertragung ist nicht mehr als eine geschickte Aufzeichnung.“

Bronin verzog unwillig das Gesicht. Er war der klügste unter Jalifs Gefolgsleuten, vermutlich hatte er seinem Anführer dasselbe gesagt und dafür einen Rüffel kassiert.

„Das Angebot konnten wir nur schwer ausschlagen. Sie machen uns zu ihrer Horde. Geben uns gentechnisch verändertes Saatgut und Raumschiffe. Karam, du bist ein Ewenasi, mehr als jeder andere. Es ist zum Wohl der Sodoraner.“

Er schürzte abfällig die Lippen. „Wenn das wahr ist, war es weise. Aber wir wissen beide, dass mein einstiger Waffenbruder Jalif nicht von Weisheit geführt war.“

Bronin senkte den Blick und murmelte zustimmend.

„Warum bin ich dann hier? Seit er die Schule zerstört hat, habe ich nicht mehr mit ihm gesprochen. Für mich ist er tot und es wäre besser, wenn es umgedreht auch so wäre.“

„Aber du kommst, sobald der Oberste Herrscher ruft!“

„Das gebietet mir die Ehre. Vermutlich lässt er mich aber nur rufen, um mir seine Macht zu zeigen.“

Jetzt lächelte Bronin und winkte ihn weiter. Sie betraten den Thronsaal. Jahrtausende hatten die Pracht der Altvorderen zwar nicht vernichtet, jedoch gemindert. Der rote Stein der Säulen war von Staub überdeckt, der die Farbe aufzusaugen schien. Die Statuen der Helden waren von Netzen der kleinen Weberlinge überzogen. Die Seidenvorhänge hatte der hereinwehende Wüstensand so vergilbt, dass man ihre Muster nicht mehr erahnen konnte. Einundzwanzig Stufen führten zum Thron empor, eine Verbeugung vor den einundzwanzig Kampfschulen der Sodoraner. Jalif saß darauf und blickte ihm neugierig entgegen.

Karam fand, dass der Fürst sich seit ihrem letzten Zusammentreffen zum Nachteil verändert hatte. Die Augen lagen tief in den Höhlen. Die scharfe Nase, die das Kennzeichen der Hansars war, ragte wie eine Finne aus dem Gesicht. Der Oberste Herrscher hatte sich den Bart abrasiert. Karam war froh darüber, denn es unterschied sie beide sehr deutlich. Er selbst kultivierte, vielleicht in unbewusstem Kontrast, einen Vollbart und langes Haar. Auch wenn es zugegebenermaßen auf der Stirn etwas zurückwich.

Jalif trug die Ehrenrüstung aus Hornplatten und das Oberschenkelmesser. Es handelte sich um eine Variante mit molekülverdichteter Klinge aus gewöhnlichem blauem Sakaar, das sich überall auf Sodor abbauen ließ. Die Hansars legten keinen Wert auf das Heldenmesser der Familie. Vermutlich ruhte es in irgendeiner vergessenen Truhe.

Er selbst trug es natürlich als ältester Sohn der Molaars. Einst eine Auszeichnung für Helden, gab es heute nur noch wenige davon. Häufig war es nicht an jemanden gebunden, weil niemand mehr wusste, was es damit auf sich hatte.

Auf den Stufen zum Thron hatte Jalif zwei Getreue versammelt. Karam erkannte sie. Sie mussten bei der Zerstörung der Schule dabeigewesen sein. Kreaturen wie dieser Holnan Berou auf der zweitobersten Stufe. Und der Speichellecker Raflas mit der Narbe im Gesicht. Passenderweise stand der auf der untersten.

„Waffenbruder!“, rief Jalif. „Es ist lange her.“

„Oberster Herrscher!“, erwiderte Karam kühl.

Der wirkte erstaunt. „Karam, du tust mir weh. Begrüßt du mich nicht als Waffenbruder?“

„Hat mein einstiger Waffenbruder eingeladen, werde ich wieder gehen. Hat der Oberste Herrscher mich gerufen, muss ich verweilen.“

„Respektloser Wurm“, zischte Raflas und stürzte sich auf ihn, das Oberschenkelmesser in der Hand. Karam wich einen Schritt zurück, zog das Heldenmesser. Sofort spürte er die Gedanken der schlanken Klinge, das Gefühl von Schärfe und Ausgewogenheit.

Der Angreifer kam ihm hinterher. Auf der linken Seite war eine Schwäche erkennbar, wo die Schulter zu niedrig hing. Zudem trug er eine Narbe im Gesicht. Vermutlich hatte Jalif diese Schwäche ausgenutzt, als er seinem eigenen Gefolgsmann das Gesicht zerschnitt.

Der Vernarbte war heran, die Klinge schnitt durch die Luft. Karam ging in den Angriff hinein, unterlief ihn. Er setzte die Waffe unter der Achsel an, wo der Lederpanzer offen war, drehte sich mit dem Körpergewicht auf der Stelle und ließ sich mit dem überraschten Raflas fallen. Er hielt ihn umschlungen auf dem Boden fest. Den Griff des Heldenmessers drückte er in das empfindliche Fleisch unter dem Arm.

Der Überwältigte wurde blass und verkrampfte sich. Er wehrte sich verzweifelt, aber sein Blick trübte sich bereits. Karam verstärkte den Druck. Er würde die Klinge nicht mit dem unwürdigen Blut benetzen, aber dieser Abschaum hatte den unerträglichen Schmerz verdient.

„Du Kriecher bist eine Schande für die Ewenasi“, sagte er. „Wenn du noch einmal die Waffe gegen mich erhebst, werde ich dir mehr zerschneiden als nur das Gesicht.“

In einer fließenden Bewegung erhob er sich. Raflas blieb keuchend liegen. Klatschen erklang vom Thron, wo Jalif unverändert saß. „Bravo, Waffenbruder! Du warst immer ein ausgezeichneter Kämpfer! Doch was nützt uns das? Die sodoranische Zivilisation ist dem Untergang geweiht. Unsere Vorgänger wussten schon, warum sie von hier fliehen wollten.“

„Sie waren Feiglinge.“

„Geh nicht so hart mit ihnen ins Gericht. Sie saßen auf einer sterbenden Welt.“

Karam schrie wütend auf. „Unsinn! Warum lassen wir das Volk keine Bewässerungsgräben bauen? Das wird die Versteppung aufhalten. Sollen sie Landwirtschaft und Viehzucht betreiben, damit wir genug zu essen haben. Es kann …“

„Du bist ein Träumer“, fiel Jalif ihm ins Wort. „Das hat schon vor zehn Jahren nicht mehr funktioniert, als die Ketaner noch an der Macht waren. Seitdem ist der Niedergang fortgeschritten.“

„Vorsicht, Jalif! Du magst den letzten Ketaner ermordet haben. Aber was willst du besser machen als er?“

„Alles! Die Großen haben sich mir zugewandt und mir ein Angebot gemacht. Ich trage ihren Zorn zu den Sternen!“

„Als ihr Werkzeug“, sagte Karam abfällig. Sah dieser Narr denn nicht, dass er sich nur instrumentalisieren ließ?

„Du achtest mich nicht, Waffenbruder. Das weiß ich. Aber du achtest den Obersten Herrscher. Wenn du mir nicht verzeihen kannst, wirst du trotzdem den Befehlen des sodoranischen Oberhaupts folgen. Und das bin immer noch ich!“

„Solange, bis jemand fähigeres deinen Platz einnimmt.“

Jalif sprang auf, die Hände zu Fäusten geballt. „Vorsicht, sonst zählt irgendwann nicht mehr, dass wir aus derselben Schule stammen. Ich bin ein Krieger und als solcher haben die Großen mich ausgesucht. Du hast ihre Sonde draußen gesehen. Sie gaben mir zwei Schiffe, jedes halb so groß wie die Palaststadt, und den Auftrag, eines ihrer schwachen Dienervölker zu bestrafen.“

„Dienervölker wie wir eines geworden sind?“

Jalif trat ein paar Stufen herab, die Hand auf das Oberschenkelmesser gelegt. „Reize mich nicht weiter. Wenn du die Macht der Großen sehen würdest … Ich werde eines ihrer Schiffe bemannen und die Abtrünnigen im Sternbild der Blutigen Schlacht bestrafen, diese Menschen. Du wirst das zweite Schiff nehmen und zu einem anderen Dienervolk aufbrechen, den Jägern, dem Schwarzen Volk. Sie sind nur Unwürdige.“

„So unwürdig, dass die Großen sie vor uns erwählten?“

Der Oberste Herrscher zog das Messer. Seine Finger waren weiß, so fest schloss er sie um den Griff. Die Spannung verflog, als der alte Bronin, der bisher unbeteiligt am Fuß der Stufen gestanden hatte, lachte. „Karam Molaar hält sich für besonders klug, indem er alles in Frage stellt, was Jalif Hansar erreicht hat.“ Er schien zu niemandem speziell zu sprechen. „Nur was hat er selbst vollbracht? Er ist auf dem Weg zum Meister aller Schulen. Aber hat ein einziger Sodoraner davon mehr zu essen? Bringt es uns ein einziges Raumschiff für den interstellaren Flug? Nein, wohl nicht.“

Karam verneigte sich in Gedanken vor Bronin, dem gewitzten Hund. Hätte er den einstigen Waffenbruder weiter gereizt, wäre ein Kampf unvermeidlich gewesen. Und er würde in so einem Duell siegen. Der Alte hatte seinem Obersten Herrscher gerade das Leben gerettet. Hoffentlich wusste Jalif, was er an dem Gefolgsmann hatte.

„Warum ich, Jalif?“, fragte er. „Du kennst meine Meinung über deine Person. Schließt mich das nicht aus?“

„Ganz und gar nicht. Verrückterweise scheinst du sogar der Einzige, dem ich vertrauen kann. Du bist der Letzte, der sich noch wirklich durch Ehre gebunden fühlt. Oh, ich bin nicht dumm. Irgendwann rammst du mir vielleicht deinen Dolch in den Leib, dieses Heldenmesser, auf das du so stolz bist. Aber dann wird es wenigstens zum Wohl der Sodoraner sein, nicht wahr?“ Betont langsam steckte der Oberste Herrscher die Waffe zurück in die Oberschenkelscheide.

„Was ist mit deinem kleinen Bruder Jeral? Ihm vertraust du weniger als mir?“

„Oh, ihm vertraue ich mehr als dir. Deshalb verleihe ich ihm den Titel des Fürsten der Palaststadt, womit er mein Stellvertreter wird. Er ist informiert und bereitet sich auf die Machtübernahme vor. Doch er ist kein Krieger und ein solcher muss es schon sein, der auf die Strafexpedition zu den Jägern geht. Karam, sieh zu, dass sie sich davon niemals erholen.“

Besondere Rückkehr

Auf dem Mars, Gegenwart. „Leutnant Paul Graven meldet sich zum Dienst, Sir!“

Verdammt, dachte Paul, das klingt gut!

Dennoch gingen die Worte im Trubel der Halle 4 des UNO-Stützpunkts unter. Überall rannten die Techniker der Space Navy herum. Sie befüllten und warteten die Dynas, riefen sich genauso oft Anweisungen und Befehle wie raue Scherze zu. Paul genoss ein solches Gewusel, wenn ein Rad in das andere griff und alles funktionierte. Zugegeben, er hatte mehr Augen für diesen Ameisenhaufen, als für den Offizier, bei dem er sich meldete. Als dieser sich ihm zuwandte, war es … eine Frau, sommersprossig, was sie keineswegs unattraktiv machte.

„Äh, Ma‘am“, lieferte er nach. Sie lachte, es klang sympathisch, wobei ihr Pferdeschwanz aus braunen Haaren wippte. „Warum so förmlich?“, fragte sie. „Willkommen beim Team der Aurora.“

„Ja, Oberleutnant, natürlich, bin da etwas eingerostet, Ma’am.“

„Um Himmels willen!“, stieß sie hervor. „Ich bin Alexandra Lyle, alle sagen Sandy zu mir.“

„Hm“, überlegte er angestrengt, „habe ich nicht schon von Ihnen gehört? Waren Sie nicht Ausbilderin in Port Dyna?“

„Tatsächlich“, sagte sie. „Man hat mich aus der Reserve eingezogen. Wir sind Kollegen, Paul. Ich fliege Dyna V, oder eigentlich Dyna New V, aber das New sparen wir uns meistens. Die sind jetzt alle New.“

„Sind sie allerdings“, murmelte er und musterte einen der Gleiter in der Nähe. Es waren wunderschöne Maschinen in der Form eines flachen Deltas. „Zu meiner Zeit sahen die noch anders aus“, überlegte er laut. „Etwas klobiger, nicht so gut für den Atmosphärenflug geeignet. Zudem war die Thermobeschichtung nicht so ausgereift. Was nimmt man heutzutage dafür? Osmium? Daher der blaue Schimmer, nicht wahr? Vom Innenleben wollen wir gar nicht erst reden.“

Der Oberleutnant … Sandy verbesserte er sich in Gedanken, trat neben ihn und betrachtete den Gleiter, als sehe sie ihn zum ersten Mal. „Sie kennen sich ja gut aus damit. Wann war denn Ihre aktive Zeit?“

„Sie meinen mit dem Fliegen? Das ist schon etwas her. Ich war auf der Horizont-Mission dabei. Als wir zurückkehrten und die Erde in Trümmern lag, brauchte man viele Piloten nicht mehr. Ich habe zwar eine Raumlizenz, aber ich bin eben auch Ingenieur, und davon konnte man gar nicht genug haben.“

„Ah“, machte sie und lächelte. „Klar, nur ein Ingenieur kann einem Dyna einen so sehnsüchtigen Blick zuwerfen. Oder vielleicht noch eine Amazone.“

„Richtig“, sagte er und betrachtete sie genauer. „Sie gehören zu General Anduris legendären Amazonen.“

„Legendär sind wir?“, fragte sie unschuldig.

„Nun, ich bin zwar weg vom Raumkommando und zur Entwicklungshilfe der UNO gegangen, das ist eine verdammt große Abteilung dieser Tage. Aber ich habe noch genug Bekannte im Kommando. Miss Cruz‘ Raketenritt ist berühmt!“

„Oh, Gott“, prustete Sandy los, dass Paul schon seine roten Ohren spürte. „Nennen Sie sie niemals Miss Cruz, wenn sie dabei ist. Sie müssen deutlich weniger steif werden. Ich habe gestern einen Haufen neuer Infanteristen transportiert. Aber heute warte ich nur auf Sie. Wir können meinen Dyna nehmen und zur Aurora fliegen. Machen Sie den Co?“

„Gerne!“

Die Abflugprozedur zog sich hin. Ein paar letzte Tests wurden durchgeführt. Paul war froh, dass er sie alle noch einmal en detail durchgegangen war, bevor er sich hier meldete. In all den Jahren ohne das Fliegen war er natürlich etwas eingerostet. Kaum hatte er sie bei Flight Control abgemeldet, flog seine neue Bekannte Sandy den Dyna schon zur Luftschleuse, wo der Atmosphärendruck dem geringeren des Mars angeglichen wurde. Als sich das Schott öffnete, beschleunigte sie spürbar. Dabei achtete sie so wenig, - oder so viel? - auf die Abmessungen, dass sie nur haarscharf einem Zusammenstoß mit der Einfassung entgingen. Für einen Moment blieb ihm die Luft weg. Damals hätte er sich für solch eine Aktion garantiert eine lange Standpauke von der Flugsicherheit anhören dürfen. Amazonen war so etwas offensichtlich erlaubt.

Kaum ließen sie die unteren Luftschichten hinter sich, beschleunigte sie mit vollen Werten. Die Kräfte pressten ihn kurz in den Co-Sitz, ehe der Gravoregler es ausglich. Wollte die Frau sich vor ihm beweisen? Er sah zu ihr hinüber, erwartete einen verkniffenen, vielleicht ehrgeizigen Ausdruck. Doch im Gegenteil: Sie saß dort seelenruhig am Steuer. Offensichtlich war sie zufrieden mit der Welt, solange sie einen Dyna steuerte. Nein, sagte er sich, diese Pilotin wollte sich nicht beweisen, die flog immer so.

„Was hast du denn sonst seit der Horizont-Mission gemacht?“, fragte sie ihn überraschend.

Er räusperte sich, damit seine Stimme nicht allzu belegt klang. „Die UNO hat mich in den letzten Jahren von einem Bauprojekt zum nächsten geschickt. Große Sachen auf der Erde. Staudämme absichern und erneuern. Den Suez-Kanal freilegen. Bergung von Gerät aus überschwemmten Küstengebieten wie Amsterdam, New York Bay. Ich habe einige Jahre im chinesischen Guangdong verbracht. Leider hatte ich da kaum Gelegenheit zum Fliegen, sodass ich ehrlich gesagt etwas Nachholbedarf hatte.“

„Dann übernimm“, sagte sie und lehnte sich zurück.

Er übernahm die Steuerung. Ein bisschen enttäuscht war er schon, dass es sich so gar nicht anders anfühlte als der Simulator.

„Ich zeige dir das neueste Gimmick“, meinte Sandy, „damit wir nicht eine halbe Stunde bis zur Aurora brauchen. Halte den Kurs und mach die Warp-Blase einsatzbereit.“

Paul hatte dieses Manöver im Simulator geübt. Wie dort fühlte er nichts. Er war schon ein bisschen enttäuscht, als das Schiff nach weniger als einer Sekunde zurück aus der Blase wieder im Normalraum erschien.

„Schalte auf die Heck-Kamera“, sagte Sandy betont neutral.

Er tat es und stöhnte auf, als er auf den Schirm sah. Der Mars fiel mit atemberaubender Geschwindigkeit hinter ihnen zurück, sie waren bereits eine halbe Million Kilometer entfernt, nach dem ersten Sprung.

„Okay, Paul, aktiviere die Grav-Bremsung. Wir sind in weniger als fünf Minuten an der Aurora und Phil mag es sicher nicht, wenn wir in sein schönes Schiff krachen.“

Phil? Sie meinte Kommandant Phil Dickens. Ja, Paul schmunzelte, der würde dann wütend sein. Während sie verzögerten, funkte er den Carrier an, der auf dem Schirm nur als grauer Punkt im Orbit zu sehen war. Doch weniger als vier Minuten später dockten sie am Sporn an. Als die Anzeige auf grün wechselte, öffnete er die Dyna-Schleuse. Dann schwebten sie in den Bereich des Dorns, hier herrschte immer Schwerelosigkeit.

Von hier war es nicht weit, bis zum Hangar, als er durch das Schott in die luftgeflutete Halle trat, traf es ihn mit voller Wucht. Von überall eilten Menschen herein, sie schoben sich zwischen die Dynas, brachten Zuleitungen an, riefen sich Sachen zu, dazu kam die chemisch gereinigte und aufbereitete Luft.

An der Außenhülle des Carriers war lediglich Platz für vier Dynas, ganz im Gegensatz zur alten Horizont, die einst alle zehn Dynas an der Außenhülle mitgeführt hatte. Im Hangar drängten sich weitere zwei Dynas und ein TOS. Paul hörte das allgegenwärtige Brummen der warmlaufenden Staustrahltriebwerke, die man für den Orbit- oder Inner-System-Flug nutzte. Dahinter, so redete er sich gerne ein, konnte man das geheimnisvollere Ziehen des Hyperraumtriebwerks spüren. Seine Kollegen Barny Owl, Letta Huo und Sir Hektor Rivas hatten es vor fast zehn Jahren zufällig entdeckt und es dann zur Perfektion entwickelt.

Er war wieder auf einem Raumschiff. Nicht dem größten der Menschen, aber schon auf einem großen. Der alte chinesische Carrier Mao Zedong, der wohl gut dreimal komplett umgebaut und entrümpelt worden war. Dies war also die Aurora. Er genoss es für einen Moment, Teil der Maschine zu sein, wenn ein Rad ins andere griff, alles sich bewegte und doch miteinander harmonierte, das liebte er.

„Nun komm schon!“, rief Sandy, die vorausgegangen war. Sie hielt an einem Dyna mit der Aufschrift IV. „Luc, hallo!“, rief sie. Eine junge Frau mit abgetragenem Overall schaute aus der Schleuse und kam herüber. Sandy deutete in seine Richtung und sagte: „Der Neue von Dyna III. Wobei ich nicht der Neue sagen sollte. Er ist schon mit der Horizont geflogen, als du noch in Neu-Rom Latein büffeln musstest.“

„Also in etwa zu der Zeit, als du auf dem Mars deine Amazonenausbildung abgeschlossen hast?“, fragte Luc zurück.

„Touché, Kleine“, meinte Sandy und lachte.

„Äh, Miss Luc“, grüßte Paul.

„Nicht Miss, nur Luc. Außerdem bin ich auch nur Leutnant wie Sie.“

„Tja, wenn du mehr nicht werden willst?“, kam es von ihrer Freundin. Offensichtlich traf sie damit einen Nerv, denn Lucs Gesicht verfinsterte sich.

„Ich bringe unseren Kollegen zum Captain“, sagte Sandy. Paul vermutete, dass es sich um einen taktischen Rückzug handelte. Sie betraten die Brücke nach Anmeldung. Dies war eines der beiden Herzen des Schiffs, das andere war natürlich der Maschinenraum.

Wegen der Umbauten wirkte alles ein wenig improvisiert. Aber die Stationen befanden sich an der richtigen Stelle, wie Paul es aus den Übungssimulationen kannte. In der Ausbildung zum Dyna-Piloten verbrachte man einen kurzen Abschnitt auf der Brücke eines Carriers. Vermutlich sollten die angehenden Flieger-Asse erkennen, wie schwer die zentrale Koordination der Delta-Gleiter war. Hauptsache die Brückencrew wusste auch, wie schwer es draußen im Dyna war.

Momentan war nur die Rumpf-Crew anwesend und betrachtete die Steuerholos. Jemand Großes erhob sich im hinteren Teil der Brücke aus dem Sitz des Captains.

„Paul, willkommen an Bord“, sagte der Kommandant.

„Phil, schön dich zu sehen!“

Sandy stand für einen Moment erstaunt zwischen ihnen, dann schien ihr ein Licht aufzugehen. „Klar, ich muss euch ja nicht vorstellen, ihr kennt euch von der Horizont-Mission.“

„Wir haben nie direkt zusammengearbeitet“, sagte Paul, „aber man läuft sich über den Weg. Phil war mein Vorbild, der Pilot von Dyna II und der Mann mit dem besten Flieger-Abschluss auf der Horizont.“

„He“, wiegelte der ab. „Erinnere die Leute nicht an so alten Kram. Du siehst gut aus, Paul.“

Er sah zu dem weit größeren Afroamerikaner hoch. Er lächelte noch immer so sympathisch wie damals. „Du hast dich auch gut gehalten und Karriere gemacht!“

„Vor allem habe ich wohl ein paar Kilos zugelegt“, meinte der Kommandant, lachte kurz. „He, Tom, schau wer da ist!“

Vorher war nur ein Rücken vor der Konsole zu sehen gewesen. Jetzt schaute Tom Atkins auf und kam herüber. Sein Grinsen wurde immer breiter, als er Paul kurz umarmte. „Altes Haus, wenn wir noch ein paar andere ausgraben, haben wir die Truppe wieder zusammen.“

Auch Paul lächelte. „Ich bin dafür, aber den Stress mit den Hoppern muss ich nicht wiederholen.“

„Die Hopper! Mann, ich erinnere mich, nach wem sie so benannt wurden“, sagte er und schielte verschwörerisch zu Phil Dickens herüber.

„Fang nicht damit an“, seufzte der. „Paul, Lieutenant-Commander Tom Atkins ist mein Co.“

Paul salutierte zackig und Tom grüßte zurück, grinste dann. „Man hört ja tolle Sachen von deinen Taten auf der Erde.“

„Es gab schrecklich viel zu tun“, bestätigte er. „Ich habe es Sandy schon erzählt. Ich könnte so viel mehr bauen und entwerfen. Versteh mich nicht falsch, ich bin gerne hier. Aber es ist verwunderlich, dass man jemanden wie mich für einen Dyna heranzieht. Ich musste sogar die Fluglizenz erneuern, solange war ich nicht in der Luft.“

„Du bist bereits Dynas geflogen, als dieser Kasten noch ein chinesischer Seelenverkäufer war“, feixte Tom.

„Pass auf, wie du von meinem Schiff sprichst“, gab Phil zurück.

„Ach, Phil, du weißt, wie das gemeint war. Wir haben jetzt einen schönen, ruhigen Flug vor uns. Und du, Paul, kannst erst einmal alles wiederfinden und dich einleben.“

Er sah wohl so zweifelnd aus, dass Phil sich zu einer Bestätigung hingerissen sah. „Diesmal ist es kein Himmelfahrtskommando wie damals. Wir fliegen nur zu ein paar Verbündeten und transportieren Truppen. Wirst schon sehen. Das wird eine gemächliche Eingewöhnung.“ Damit klopfte ihm der Kommandant auf die Schulter und ging zurück zu seinem Sessel. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass Paul und Sandy entlassen waren.

„Ich lass euch mal allein spielen, Jungs“, sagte Sandy und verschwand ebenfalls.

„Tom, wenn du mir jetzt vorschlägst, Nächte durchzumachen, ich bin nicht mehr so jung.“

„Schon gut“, winkte der ab. „Ich bin seriöser geworden. Die schneidige Amazone, die da gerade die Brücke verlässt. Das ist meine.“

„Tom!“, rief Paul aus. „Nicht schlecht, du wirst wohl tatsächlich mal sesshaft.“

„Ja, wer hätte das gedacht?“

Raumschiff Dolchspitze, vor einem Monat

Krieger Karam Molaar machte sich morgens in seiner Kammer fertig. Wieder fiel ihm auf, dass es hier so geräumig war, wie in den Gemächern eines wohlhabenden Waffenhändlers. Das Schiff war riesig. Wenn es über der Palaststadt schweben würde, hätte es den kompletten inneren Bereich verschattet. Er legte die Ehrenrüstung der Ewenasi an. Jalif trug sie mehr aus Hohn. Ganz anders bei Karam, der das gelbliche Horn mit einer langen Tradition von Kriegern und Jagden verband.

Als er auf den Flur hinaustrat, stockte er für einen Moment. Was für ein Unterschied. In dem Großschiff gab es Vorrichtungen, mit denen die Kammern auf ihre Maße und Vorstellungen umgestellt worden waren. Die Gänge aber waren noch nicht angepasst.

Alles hier bestand aus dem gleichen dunklen Metall, wie die Sonde im Palast. Es gab zahlreiche Vorsprünge, stellenweise überzogen mit den verwirrenden Reliefs. So konnte man Tempel oder Mausoleen einrichten, aber nicht Raumschiffe! Doch wer wusste schon, was die Schiffe für die Großen darstellten?

Der Oberste Herrscher hatte ihn zu einem schnellen Aufbruch gedrängt und war selbst unmittelbar mit dem anderen Schiff, Sodors Vergeltung genannt, gestartet. Karam war von ihm enttäuscht gewesen. Seine Leute übernahmen die Steuerung eines Schiffes, dessen Feuerkraft genügte, eine Planetenoberfläche in flüssiges Gestein zu verwandeln, und sie sollten sich damit sofort auskennen? Das war dumm. Jalif war ein Großmaul, und dessen kleiner Bruder Jeral war verschlagen. Beides stand Kriegern nicht gut zu Gesicht.

Er erreichte die Wache, die er vor der Brücke aufgestellt hatte. Sie benötigten sie nicht auf einem Schiff, das vollkommen in ihrer Hand war. Doch dies war nicht irgendein Schiff.

Sie hatten die ersten Tage damit verbracht, es komplett zu durchsuchen. In einer der Hallen fanden sie Container voller technischer Geräte. Es mochten Ersatzteile sein, aber niemand wusste, wohin sie gehörten. Der Rest war leer und unheimlich. Die Gänge bogen sich mit der Krümmung des Rumpfes, dazu gab es verschiedene Gänge, die voneinander abzweigten, so dass man niemals weit sehen konnte. Das Licht war in den unteren Decks nur ein schwacher roter Schein, der mehr Schatten warf, als möglich schien. An manchen Stellen stieg gar Dampf aus Maschinen, es war heiß wie in einem Schwarzsumpf. Es tropfte überall, ein stinkender weißer Pilz wuchs in Rillen der Wandverzierungen.

Was sich die Wesen, die zuvor dieses Schiff genutzt hatten, wohl dabei gedacht hatten?

Die Wache bewachte also ebenso sehr die Brücke, wie sie den Leuten ein gutes Gefühl geben sollte. Er nickte dem Waffenbruder kurz zu. Das Herzstück des Schiffes lag fast unverändert vor ihm. Hier hatten sie nur Sprache der Bedienelemente und die Sitze umgestellt. Das Halbrund sah immer noch aus wie eine der Opferkammern aus der Zeit vor den Altvorderen. Die Crew saß vor ihren Altären, über denen Bildschirme leuchteten. Ein Schirm stand im Zentrum und stellte die einzige wirkliche Lichtquelle dar. Die Wände waren so dunkel, dass es wirkte, als würde das alles im Nichts des Weltraums schweben. Die Mannschaft erhob sich und begrüßte ihn.

„Neue Meldungen?“, fragte er.

„Keine, Kommandant“, sagte Horgur und lehnte sich mit seinem verbliebenen rechten Arm auf das Pult. Den anderen hatte er bei einem Kampf gegen ein Eritu verloren. Er hatte sich selbst den Stumpf abgebunden und war zurück zur Stadt geritten, um sich versorgen zu lassen. Karam hielt ihn für den zähesten Waffenbruder, den er kannte.

„Bist du mit der Konsole so weit vertraut, dass wir die nächste Übung machen können?“, fragte er ihn.

„Es ist alles ungewohnt“, sagte der andere, es klang unwillig. Er bezog sich auf die Aufbauten, in denen sämtliche Krieger ausgebildet wurden. „Aber es ist logisch aufgebaut und ich finde mittlerweile alles.“

„Kommandant“, meldete sich Semnok gedehnt. Der schlanke, riesige Kämpfer setzte sich. „Die Sodors Vergeltung ist schon vor über einem Zehnttag aufgebrochen.“

Karam dachte an das Schwesterschiff. „Jalif Hansar hält eine Ausbildung nicht für notwendig. Er fliegt direkt ins Sternbild der Blutigen Schlacht und konfrontiert die Menschen. Sie sind ein erbärmliches Volk, dem die Ketaner mehrfach begegnet sind. Wenn wir von der Mission zurückkehren, hören wir Lobeshymnen über seine Erfolge. Wir aber ziehen nicht gegen Primitive in eine Schlacht, sondern gegen die Jäger. Sie nutzen die Technik der Großen schon viele Jahre lang, vielleicht sogar seit Generationen. Ihr System könnte voll davon sein und sie kennen sich damit aus. Es wäre töricht, die Mission zu unterschätzen. Und ein Krieger ist nicht töricht.“

Alle schlugen sich mit der Faust auf die Brustseite, wo die Sodoraner das Herz trugen.

„Also gut, Katassus, kannst du uns ein Übungsobjekt bieten?“, sprach er den Waffenbruder an. Dessen Fingerprothesen flogen über die Konsole. Seit er vor Jahren zahlreiche Finger der linken Hand bei einem Messerkampf verlor, hatte er sie durch metallene Dornen ersetzt. Man hatte sie tief in Fleisch und Knochen verankert, sodass das Handgelenk versteifte. Er aber war so selbst zu einer Waffe geworden.

„Ich kann uns aus dem Hyperraumflug nehmen, Kommandant. Wir erreichen gleich ein paar Asteroiden, die Horgur anvisieren kann.“

„Sehr gut, nur wähle nichts aus, was uns vom Kurs abbringt. Ich will die grobe Richtung Aarknar halten, zum Planeten der Jäger. Wir brauchen bloß noch ein bisschen Zeit und Übung.“

* * *

„Kaum sind wir eine Woche unterwegs, schmeckt der Fraß schon wie Barnys Schmiermittel im Maschinenraum“, sagte Aki Kawabata, setzte sich an den Tisch. Lucrezia schaute auf, zu missgestimmt, um aus Höflichkeit über den Spruch der Freundin zu lachen. Die Messe war voll, ohne überfüllt zu sein. Die Schichteinteilung sorgte dafür, dass hier selbst zu den Stoßzeiten nur ein Drittel der Crew einkehrte.

„Barny ist nicht länger im Maschinenraum“, erwiderte sie. „Der schmiert gar nichts mehr.“

„Immerhin widersprichst du mir nicht, was den Geschmack angeht.“

Jetzt musste Luc doch lächeln. „Unsere neuen Verbündeten würden dazu Kraaknabrei sagen.“

„Dann hätte ich gerne Chibeeren“, konterte Aki. „Na siehst du, deine Stimmung ist nicht so schlecht.“

Luc sah auf, als jemand vorbeiging, sie dabei grüßte. Carina Gerkan, eine der Infanteristen, die für die Raumstation Aarknars Stolz ausgewählt worden waren. Sie hatten sich kurz unterhalten, aber die Neue war anscheinend zu schüchtern, um sich zu ihnen an den Tisch zu setzen.

„Warum sollte ich schlechte Laune haben?“, fragte sie Aki.

„Weil du seit unserem Sturm auf den Dreadnought ein Gesicht machst, als hättest du das Abenteuer nicht überlebt. Das haben wir aber.“ Aki sprach das Wort Sturm extra gedehnt aus. Sie hatten das Schiff nicht gestürmt, es war wegen einiger aufgetauter Jäger alias Geierköpfe aber ein unheimliches Abenteuer gewesen.

Luc schüttelte den Kopf. „War nicht mein Verdienst.“

Aki seufzte. „Es war auch nicht dein Verdienst, der uns in die Lage gebracht hatte.“

Luc verzog keine Miene. „Versuchst du, mich aufzubauen? Wenn ja, bist du nicht besonders gut darin.“

„Du machst es mir nicht leicht. Okay, es gab Verletzte. Es war sogar ziemlich knapp zwischendurch. Aber wir haben es alle rausgeschafft und einen diplomatischen Erfolgskurs mit den Jägern eingeschlagen. Und der Commodore hat jede Menge Spielzeug erhalten.“

„Wenn du es so sagst, klingt es nicht so schlecht.“

„Na also, da zählt es schon gar nicht mehr, dass du vor deinem Kommando in Neu-Rom weggelaufen bist.“

„Aki!“, rief Luc so empört, dass sich die halbe Messe nach ihnen umdrehte, sie lief rot an, stockte ein paar Sekunden. „Vielen Dank. Wer braucht denn solche Freundinnen wie dich?“

„Das muss eine Amazone aushalten“, kam die lakonische Antwort.

„Was müssen wir aushalten?“, fragte Sandy und setzte sich mit ihrem Tablett an den Tisch. Diesen Fraß hier?“

Aki lachte kurz. „Nein, ich ziehe sie damit auf, dass sie das Kommando in Neu-Rom ausgeschlagen hat.“

„Oh, das schicke Wrack. Ja, das ganze Schiff spricht davon.“

„Sandy!“ Entsetzt blickte Luc sich um.

„War nur ein Scherz“, sagte die Freundin, lächelte dann. „Lass dich von uns alten Schachteln nicht ärgern. Deine Entscheidung war vollkommen akzeptabel. Wir sähen es nur gern, wenn eine von uns Amazonen so hoch aufsteigt.“

„Megan hat es geschafft“, wandte Luc ein, damit sie endlich auf ein anderes Thema kämen. Sie hatte sich vor nicht allzu langer Zeit ins Sonnensystem versetzen lassen. Nun dachte sie ständig darüber nach, ob das Ausschlagen des Kommandos ein Fehler gewesen war.

„Megan hat es geschafft. Ja, aber sie hat es auch nicht leicht. Letztens hat Anna-Maria mir erzählt, dass Megan ihr einen Vortrag über ihre neue Rolle als Vorgesetzte gehalten hat. Ihr wisst ja, wie offenherzig Anna bei so etwas ist. Sie hat wohl eine Standpauke erhalten.“

„Also Luc“, sagte Aki, „diesen Problemen bist du jedenfalls aus dem Weg gegangen.“

„Was erzählt Anna sonst noch so?“, fragte Luc.

„Ach, wir schwelgen in Erinnerungen. Nicht alles sind gute Erinnerungen, wohlgemerkt. An den Mars, an den Milan, aber das war vor deiner Zeit.“

„Du meinst den Undercover-Einsatz, als ihr Chet Morrow kennengelernt habt?“

„Ach“, sagte Aki, „in dieser Spelunke, wie hieß sie?“

„Das Fass. Was für ein Schrottladen“, meinte Sandy. „Also wenn du mich fragst, Kleine, kannst du jedes Kommando ablehnen. Es wird auch so schwer genug. Sei erst einmal ein paar Jahre Dyna-Pilotin auf diesem wunderschönen Schiff, dann werden sich weitere Möglichkeiten für dich ergeben.“

„Danke“, sagte Luc. Die beiden waren einfach unnachahmlich darin, sie auf andere Gedanken zu bringen. Aber sie hatte sich verquatscht und noch viel zu tun. Beim Hinausgehen winkte sie Carina Gerkan zu.

Diese winkte kurz zurück, als die junge Pilotin vorbeiging. Sie hatten sich auf Anhieb verstanden, als sie im Hangar beinahe zusammengestoßen waren. Sie selbst hatte sich gerade staunend umgesehen, während die Dyna-Pilotin Filter durch die Gegend schleppte. Natürlich bot sie sofort ihre Hilfe an und die beiden kamen ins Gespräch. Sie hätte sich gerne zu den Frauen gesetzt, aber dort schien man über Wichtiges zu sprechen, zumindest schaute Luc die meiste Zeit recht ernst.

Naja, sie hatte ohnehin nur eine Kleinigkeit essen wollen, denn jetzt stand für sie Sport auf dem Programm. Es gab hier kaum anderes zu tun. Manche Infanteristen nannten die Raumflüge auch Konservenzeit. Die Flugzeit war verschwendet, noch dazu lebte man zusammengepfercht wie in einer Konserve.

Carina verließ die Messe, dankbar dafür, dass dort genug Platz war und daneben ein kleiner Sportraum passte. Der Carrier hatte zuvor anders ausgesehen, hatte den Chinesen gehört oder einer marsianischen Verbrecherbande. Genau wusste sie das nicht. Manche interessierten sich für die Geschichten dieser Schiffe, zumal die Space Navy nur drei davon besaß. Aber Carina war neu hier und zudem war die Aurora auch nur ein Transportmittel. In der letzten Woche hatte sie jedenfalls viel Sport gemacht und endlich das Buch durchgelesen, das ihr Ex ihr hinterlassen hatte. Die Übungshalle war eigentlich keine Halle, sondern nur ein großer Raum. Das mit ihrem Ex war unter Infanteristen auch so eine Sache. Meistens hielten die Beziehungen nicht lange, dafür war sie zu oft auf Reisen. Einige von den Infanteristen pflegten deshalb wechselnde Beziehungen untereinander, das war irgendwie auch eine Form von Sport.

Sie zog sich in einer winzigen Kabine um. Andere standen schon an, als sie herauskam. Sie band das schulterlange blonde Haar zum Zopf, damit es weniger störte. An den ersten Tagen hatte sie extra etwas längere Kleidung getragen, um nicht aufzufallen. Es war ärgerlich, wenn den Kerlen die Augen ausfielen. Aber hier liefen alle leichtbekleidet herum, die Klimaanlage kam nicht nach, sodass sich niemand wärmer als nötig anzog. Zumindest funktionierten die Filter halbwegs und der Geruch hielt sich in Grenzen.

„Oldrich, hallo“, grüßte sie ihren Kameraden und bezog das Rad neben ihm, um sich warumzustrampeln.

„Oh, schöne Carina“, sagte der Tscheche mit seinem unwiderstehlichen Akzent. Er flirtete immer auf diese halb direkte, halb naive Art mit ihr. Manchmal war ihr nicht klar, wie ernst er es meinte. Sie hatten bereits die verkürzte Infanteristenausbildung gemeinsam durchgestanden.

„Bist du schon lange hier?“, fragte sie.

„Oh, eine Stunde, vor dem Mittagessen, ist gut für meine Muskeln.“ Er war nicht muskulös, eher schlank veranlagt. In der Ausbildung war es für ihn am schlimmsten gewesen, wenn er während der Märsche schweres Gepäck abbekam. Sofern er das nicht trug, lief er viel länger und ausdauernder als alle anderen. Er war Computerspezialist gewesen, bevor er sich einziehen ließ. Einmal zeigte er ihr ein altes Bild von sich und meinte, dass er auch die richtige Brille für einen Nerd gehabt hätte. Seit einer kleinen Operation benötigte er die Sehhilfe nicht mehr. Jetzt sah er wie ein Adler und zeigte seine blauen Augen.

„Wenn du Kraft aufbauen willst, mein Freund, solltest du nicht radeln, sondern Gewichte stemmen.“

„Oh, schöne Carina hat wie immer Recht. Aber ist so anstrengend und ich habe nicht gefrühstückt.“ Er zwinkerte ihr zu.

Sie lachte kurz. „So wirst du nicht der nächste Dima.“

„Auch er hat mal klein angefangen.“

Sie schürzte die Lippen. „Ja, vor tausend Jahren oder so.“

„Guten Morgen“, sagte jemand auf ihrer anderen Seite, „ich habe wohl das Rad neben der schönsten Frau im Raum ergattert.“

Sie sah sich irritiert um. Da stand ein gut gebauter Mann, der mit leicht französischem Akzent sprach. Das dunkelblonde Haar war recht lang, sogar aufwendig frisiert, tatsächlich trug er dazu einen gestutzten Schnäuzer. Diese Mode kam jedes Jahrzehnt durch, aber jetzt war sie gerade so etwas von passé.

„Perré, Arnauld Perré“, stellte er sich vor und reichte ihr überflüssigerweise die Hand. Als sie ihm ihre gab, ohne auf dem Rad innezuhalten, wanderte sein Blick unanständig lange über ihre Figur.

„Gerkan, Carina Gerkan“, imitierte sie seine Vorstellung.

„Jetzt, wo es so voll ist, komme ich selten hierher. Wenn ich gewusst hätte, dass es hier so schöne Frauen gibt, würde ich häufiger Sport machen.“

Sie unterdrückte gerade noch den Impuls, die Augen zu verdrehen. „Benötigt ihr hier immer einen Ansporn, damit ihr was gebacken kriegt?“ Oldrich prustete leicht bei ihrer Antwort.

Arnauld blickte konsterniert. „Das nicht. Aber wir sind auf einem wichtigen Flug. Da haben wir Piloten viel zu tun und besondere Verantwortung.“