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Die zweitürigen Mercedes W111 und W112 Modelle gehören zu den elegantesten Nachkriegs-Fahrzeugen, die jemals die Produktionshallen Stuttgarts verlassen haben. Dieses e-Buch, dass in gedruckter Form über Amazon erhältlich ist, erzählt seine Story. Es führt Sie durch die Entwicklung und Geschichte der einzelnen Wagen und erklärt Fahrgestellnummer und Datenkarte. Eine Kaufberatung kann Ihnen helfen, das für Sie richtige Modelle zu finden. Wie bei allen Büchern des Verfassers kommt auch dieses mit vielen aktuelle Farbfotos der einzelnen Modelle; dazu gehören Bilder des Fahrwerks. Dies sind einige der behandelten Themen: • Entwicklung des 220SE Coupé • Technische Aspekte • 300SE Coupé und Cabriolet • 250SE Coupé und Cabriolet • 280SE Coupé und Cabriolet • 280SE 3.5 Coupé und Cabriolet • Ein Blick in ausgewählte Prospekte • Kaufberatung • Fahrgestellnummer und Datenkarte erklärt • Optionen für Lackierung und Innenausstattung • Technische Daten Ein separates Kapitel ist Rudolf Uhlenhaut gewidmet. Er war einer der Manager in den 1950er und 1960er Jahren, die maßgeblich für den Erfolg von Daimler-Benz verantwortlich waren. Sollten Sie Interesse an diesen Autos haben, dann gehört dieses Buch in Ihre Sammlung. Viel Spaß beim Lesen!
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MERCEDES - BENZ
Der W111, W112 Zweitürer
Vom 220SE Coupé zum 280SE 3.5 Cabriolet
1961 – 1971
Bernd S. Koehling
Copyright 2024 Bernd S. Koehling
Alle Rechte vorbehalten
INHALT
Vorwort
220SE, 300SE, 250SE, 280SE, 3.5 Coupé / Cabriolet (1961 – 1971)
Entwicklung des 220SE Coupé
Sicherheitsausstattung
Technische Aspekte
220SE Coupé und Cabriolet
Auszug aus der 220SEC Broschüre
300SE Coupé und Cabriolet
Auszug aus der 300SEC Broschüre
250SE Coupé and Cabriolet
280SE Coupé und Cabriolet
280SE 3.5 Coupé und Cabriolet
Auszug aus der 280SE 3.5 Broschüre
Absatzentwicklung
Radio versus Radio mit Kassettendeck
Das 280SE 3.5 Coupé erleben
TECHNISCHE SPEZIFIKATIONEN
Erklärung der Fahrgestellnummer
Erklärung der Datenkarte
W111 und W112 Kaufberatung
Auf den Punkt gebracht
Originalität
Korrosion
Aufhängung usw
Bremsen
Motoren
Getriebe
Innenausstattung
Datenkarte
Farboptionen
Zweiton-Farboptionen
Codes der Lederausstattung
Technische Daten
Leistung versus Drehmoment
Jährliche Produktionszahlen
Rudolf Uhlenhaut
Über den Verfasser
Weitere Bücher des Verfassers
Kostenloses e-Buch Angebot
Zunächst möchte ich Ihnen dafür danken, dass Sie dieses Buch gekauft haben, und ich hoffe, dass Sie es genauso gerne lesen, wie ich es geschrieben habe. Es ist Teil einer Buchreihe, die sich mit von Daimler-Benz produzierten Fahrzeugen beschäftigt, die von den 1930er bis zu den 1970er Jahren produziert wurden. Zuerst wurde dieses Buch auf Englisch veröffentlicht.
Daimler-Benz hatte es nicht eilig, die Ponton-Coupé/Cabriolet-Baureihe zu ersetzen, die auf einem verkürzten Ponton-Fahrgestell aufgebaut war. Es handelte sich um Luxuswagen mit einem hohen Anteil an Handarbeit, die auf Grund ihres Preises nur in homöopathischen Dosen verkauft wurden. Auf diese Weise war nicht viel Geld zu verdienen, und es ist zu bezweifeln, dass Daimler-Benz mit diesen Fahrzeugen überhaupt einen größeren Gewinn erzielen konnte. Dennoch waren sie zusammen mit den größeren und noch teureren zweitürigen 300S-Modellen wichtig, um das Image von Mercedes-Benz als Luxuswagenhersteller wieder zu festigen. Wie Wilhelm Haspel, der damalige Vorstandsvorsitzende von Daimler-Benz, in den späten 1940er Jahren sagte, brauchte das Unternehmen Autos wie diese, um den Mercedes-Stern wieder zu vergolden.
Mit den neuen zweitürigen W111-Modellen sollte das anders werden. Chefingenieur und Vorstandsmitglied Fritz Nallinger wies seine Ingenieure an, das gleiche Fahrgestell wie bei der W111 Limousine zu verwenden und nur den Motor der Einspritzversion zu berücksichtigen. Unter den Designern, damals nannte man sie noch Stylisten, herrschte oder herrscht noch heute die Überzeugung, dass ein Coupé am besten aussieht, wenn es auf der unveränderten Plattform der Limousine basiert. Mit seinen zwei Türen und rahmenlosen Fenstern wirkt die Form gestreckter und eleganter. Allen am Projekt Beteiligten war klar, dass die Heckflossen der W111-Limousine ein Fehler waren, die neuen Zweitürer würden ohne sie auskommen. Am Ende stellte sich heraus, dass außer den Scheinwerfern und dem Kühlergrill kein einziges Karosserieteil von der Limousine übernommen wurde.
Die W111 Coupé/Cabriolet-Modelle wurden von dem Team um Friedrich Geiger entworfen, der als Direktor in der von Karl Wilfert geleiteten Styling-Abteilung tätig war. Paul Bracq und Bruno Sacco, die um 1956/57 bei Daimler-Benz angefangen hatten, arbeiteten unter Friedrich Geiger, Bracq als Leiter der Abteilung für Vorentwicklung. Als das 220SE Coupé auf den Markt kam, wurde es von der internationalen Presse als ein wahres Meisterwerk von ausgewogener und zeitloser Schönheit gefeiert.
Daran hat sich bis heute nichts geändert, denn Coupé und Cabriolet zählen auch heute noch, rund sechzig Jahre nach ihrer Markteinführung, zu den besten Entwürfen, die jemals in Stuttgart vom Band liefen.
Dieses Buch wurde im Herbst 2023 mit der Übersetzung aus dem Englischen vollständig überarbeitet. Neben der kompletten Geschichte der zweitürigen W111 und W112 Modelle werden auch Fahrgestellnummer und Datenkarte erklärt. Die Motoren werden ausführlich beschrieben und der technische Teil bietet unter anderem Farbfotos des Fahrwerks. Und sollten Sie eines dieser bemerkenswerten Automobile kaufen wollen, kann Ihnen eine Kaufberatung helfen, mögliche Problemstellen auszusortieren.
Einige von Ihnen haben mich gefragt, ob es möglich ist, mehr Informationen über die Männer zu erhalten, die für all diese wunderbaren Autos verantwortlich waren. In diesem Buch finden Sie daher am Ende ein Kapitel, das den Werdegang von Rudolf Uhlenhaut behandelt. Er war einer von wenigen Managern in den 1950er und 1960er Jahren, die maßgeblich für den Erfolg von Daimler-Benz verantwortlich waren. Man mag es heute kaum glauben, aber diese Männer arbeiteten fast den gesamten Teil ihrer Karriere bei Daimler-Benz zusammen, was für die meisten von ihnen fast vierzig Jahre bedeutete. Einer von ihnen, Fritz Nallinger als Vorstandsmitglied, die anderen vier bis fünf waren Leiter verschiedener Abteilungen.
Juni 2024
Bernd Schulze Köhling
Erste Skizzen zur Form des neuen Wagens tauchten bereits 1957 auf, wobei sich das Design eng an das der Limousine anlehnte. Das lag nahe, da der Wagen das Fahrgestell und den Radstand mit der Limousine W111 teilen sollte. Daimler-Benz musste weg von der teuren Kleinserienfertigung, die meist in Handarbeit erfolgte. Autos wie der 300S und die Ponton-Coupés und Cabriolets hatten nur noch wenig mit ihren Limousinen-Pendants gemein. Außerdem sollte der Innenraum der neuen Autos größer werden, um vier bis fünf Passagieren Platz zu bieten. Dies, so die richtige Annahme, würde das Verkaufspotenzial des Wagens erhöhen.
Anfang 1957 hatte Fritz Nallinger, Vorstands-mitglied und Leiter der Abteilung Personen-wagen, den Plan, neben der W112 Limousine eine Coupé/Cabriolet-Version anzubieten, die zusammen mit der W111 Baureihe eingeführt werden sollte. Der 300SE W112 sollte den 300 Adenauer als Luxuswagen ablösen, und die zweitürigen Versionen waren dementsprechend als Ersatz für den 300Sc gedacht, der 1958 wegen sehr geringer Nachfrage eingestellt wurde. Diese Pläne mussten jedoch geändert werden, als klar wurde, dass die W112-Limousine aufgrund von Produktionsbeschränkungen erst 1961 auf den Markt kommen konnte, zwei Jahre nach der 220b W111 Baureihe. Da das Ponton-Coupé und das Cabriolet bereits etwas veraltet aussahen, wurde auf einer Sitzung im Jahr 1958 beschlossen, ein zweitüriges W111 Modell nicht für einen 300Sc-Ersatz zu verwenden, sondern für einen Nachfolger sowohl des 300Sc als auch des Ponton-Coupé/Cabriolet.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Konkurrenz den Weg, den die Mercedes-Designer einschlagen wollten, bereits vorgezeichnet hatte. BMW hatte 1955 ein zweitüriges, säulenloses Coupé von Graf Goertz vorgestellt, den 503, der alle Tugenden aufwies, die sich Daimler-Benz für seine neuen Coupés wünschte.
Die beiden Designer Paul Bracq und Bruno Sacco hatten während des Designprozesses eine SL-ähnliche Frontpartie favorisiert, doch Vertrieb und Marketing entschieden sich für eine traditionelle Frontmaske. Auch ihr direkter Vorgesetzter Friedrich Geiger unterstützte diesen Weg. Immerhin wurden die viel diskutierten Finnen, die Designchef Karl Wilfert bei der Limousine W111 zu spät zu reduzieren versucht hatte, in akzeptablere Proportionen gebracht.
Eine Zeichnung von Bracq aus dem Jahr 1957, die sich eng an die Grundlinien des W112 anlehnt, jedoch eine niedrigere Front aufweist
Der BMW 503 hatte 1955 einen 3.2 L V8 Motor mit 140 PS
Er war nicht nur elegant und geräumig, sondern verfügte sogar über elektrische Fensterheber,
ein Extra, das Daimler-Benz erst in den 1960er Jahren einführte
Zuvor hatte Bracq das neue Hardtop für den Roadster 300SL entworfen, das konsequenter-weise auch für den 190SL übernommen wurde. Da beide sehr gut aussahen, war es nur folgerichtig, dass er auch für das neue Coupé eine ähnliche Heckscheibe entwarf.
1959 präsentierte das Team um Friedrich Geiger ein Coupé mit besonders klaren Linien. Mit seiner säulenlosen Seitenverglasung und den umlaufenden Front- und Heckscheiben war der Wagen ein Statement von erlesenem Geschmack und zeitloser Schönheit. Auf Nachfrage bestritt Bracq, dass er allein für den Entwurf des Wagens verantwortlich gewesen sei. Es sei, wie immer bei Daimler-Benz, eine Teamleistung gewesen. Entwürfe entstünden in der Regel nach langen Diskussionen im Team, und es komme häufig vor, dass er und Geiger am Ende ähnliche Vorschläge zu einer bestimmten Idee machten. Interessanter-weise wiederholte er dies auch in einem Interview über seine Verantwortung für das Design der Pagode SL im Frühjahr 2013 für das Mercedes-Benz Classic Magazin 01/2013.
Paul Bracq in den frühen 1960ern
Ein ähnliches Heckfenster-Design konnte man schon 1956 beim Pininfarina 300Sc sehen
Dennoch gibt es mindestens drei Merkmale, die Bracq, wenn er gewollt hätte, am zweitürigen W111 für sich beanspruchen könnte: das Dach mit den umlaufenden Front- und Heckscheiben und die Mittellinie, die die Karosserie in zwei Hälften teilt und damit streckte.
Obwohl Limousine und Coupé das gleiche Chassis hatten, musste es an den Seiten verstärkt werden, um das Design des Coupés ohne B-Säule zu ermöglichen. Auch die A- und C-Säulen erhielten ein verstärktes Profil. Außerdem wurde die Aufhängung so verändert, dass die Karosserie etwa 2,5 cm tiefer lag. Limousine und Coupé waren etwa gleich lang, aber das Coupé war 5 cm breiter und seine Dachlinie 8,5 cm niedriger. Neben dem Fahrgestell und dem Motor waren die einzigen Teile, die mit der Limousine identisch waren, die Scheinwerfer und der Kühlergrill. Alles andere war geändert.
Die verlängerten Türen waren schwer und das Hardtop-Profil versprach Solidität und Stil. Der Kofferraum war lang, aber nicht so hoch wie bei der Limousine. Mit 530 Litern war er groß, aber weniger geräumig als der des viertürigen Pendants mit 640 Litern. Dennoch boten Coupé und Cabriolet im Vergleich zu ihren Vorgängern großzügige Platzverhältnisse für Passagiere und Gepäck.
Ein hölzernes Modell aus dem Jahr 1958, das noch Heckflossen besitzt
Mit geänderten Scheinwerfern und Blinkern versuchte Bracq dem amerikanischen Zeitgeschmack Rechnung zu tragen
Bracq mit einigen seiner Entwürfe. Nach der Markteinführung des zweitürigen W111 begannen Geiger und Bracq mit neuen Konzepten für die Nachfolgemodelle (die nächsten vier Bilder zeigen Bracq-Entwürfe von Anfang bis Mitte der 1960er Jahre)
Dieser recht interessante Vorschlag aus dem Jahr 1963 sah als Basis für einen möglichen Nachfolger die W113 Pagode vor, die jedoch - aus welchen Gründen auch immer - wieder verworfen wurde
(Entschuldigung, daß ein paar dieser Fotos etwas pixelig sein können)
Mitte 1958 wurden die ersten Modelle des Wagens im Maßstab 1:1 vorgestellt, Anfang 1960 waren Prototypen des Wagens zu sehen. Acht Monate vor der Markteinführung ließen die Daimler-Benz-Verantwortlichen die Fahrzeuge in den Schweizer Alpen testen. Diesmal gingen sie vorsichtiger vor als im Januar 1958, als drei Versuchsfahrzeuge der W111 Limousine versehentlich vor einer Gruppe von überraschten (und erfreuten) Motorjournalisten geparkt wurden, die zufällig im selben Hotel wie das Testteam übernachteten.
Die gemeinsame Nutzung des Fahrwerks mit der Limousine hatte den Vorteil, dass die fortschrittliche Sicherheitsstruktur mit Knautsch-zonen vorne und hinten übernommen werden konnte. Sie war von Béla Barényi entwickelt und patentiert worden und basierte auf seiner Idee, dass die bei einem Unfall entstehende kinetische Energie durch Verformung absorbiert werden sollte, um die Insassen zu schützen. Die unterschiedliche Steifigkeit der Karosserie wurde vor allem durch die Konstruktion der tragenden Struktur des Fahrgestells erreicht. Während die Längsprofile in der Fahrzeugmitte gerade waren und dort mit den Karosserieteilen einen starren Sicherheitskäfig bildeten, waren die Träger vorne und hinten gekrümmt. Dadurch konnten sie sich bei einem Unfall verformen, einen Teil der Aufprallenergie absorbieren und die Insassen vor der vollen Wucht des Aufpralls schützen. Natürlich musste diese Theorie in der Praxis getestet werden, und so wurden unzählige Coupés in verschiedenen Stadien der Montage in genau definierten Winkeln und mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten gecrasht.
Dieses und das nachfolgende Foto zeigt deutlich die Struktur der Karosserie des W111C
Die zweitürigen Versionen profitierten von den Knautschzonen der Limousinenplattform
Die bevorzugte Methode war eine Seilwindentechnik, die einem System nachempfunden war, das von Segelfliegern verwendet wird. Leider war diese Methode nicht sehr genau, da die Wagen gelegentlich vom Kurs abkamen, mit anderen stehenden Wagen kollidierten oder sogar in einem nahe gelegenen kleineren Bach landeten.
1962 entwickelte Ernst Fiala (der spätere Volkswagen-Vorstand für Forschung und Entwicklung) eine Heißwasserrakete, die es ermöglichte, das Versuchsfahrzeug seilfrei zu beschleunigen. Die Rakete war auf einem einachsigen Anhänger montiert und am Heck des Versuchsfahrzeugs befestigt.
Um Schub zu erzeugen, wurde der Tank der Rakete zu drei Vierteln mit Wasser gefüllt, das dann auf etwa 260 Grad Celsius erhitzt wurde. Darauf öffnete sich ein Ventil und der Überdruck in der Rakete beschleunigte das Auto je nach Größe und Gewicht auf über 100 km/h. Damit die Fahrzeuge nicht von der Strecke abkamen und im Wasser landeten, wurde auf der Strecke ein Schienensystem installiert.
Aber auch das Raketensystem war nicht immer fehlerfrei, denn es erzeugte gelegentlich einen ungewollten Schubüberschuss, der zu einem ungewollten Heckaufprall des Testfahrzeugs führte - zusätzlich zum beabsichtigten Frontalaufprall.
Überschlagtests wurden mit ca. 80 km/h gefahren
Das Sicherheitskonzept wurde auch für die Fahrgäste sichtbar, denn harte, scharfkantige Innenausstattungen waren nahezu verschwunden. Der Nachteil war, dass das schöne Holzfurnier, mit dem das Armaturenbrett und die Türen des Ponton-Coupé/Cabriolet verkleidet war, weitestgehend der Vergangenheit angehörte.