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Dies ist die Story eines Songwriters, der seine Epoche in Liedern von seltener Kraft und archaischer Schönheit beschrieb. Er führte ein Leben am Rande der Gesellschaft. Einem Phantom gleich. Ein von vielen bewunderter Mythos, dessen ursprünglichen Namen kein Lebender kannte. Einzig sein Nickname, Micky Cola, war jenen vertraut, die Musik hörten und sich in den Bars und Spelunken der die Erdoberfläche bedeckenden Metropolis herumtrieben. All das war in einer Zeit, die der Zukunft zugerechnet wird.
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Seitenzahl: 232
Gerhard Loibelsberger
Micky Cola
Gerhard Loibelsberger, geboren 1957 in Wien, startete 2009 mit den »Naschmarkt-Morden« eine Serie historischer Kriminalromane rund um den schwergewichtigen Inspector Joseph Maria Nechyba. 2010 wurden »Die Naschmarkt-Morde« für den Leo-Perutz-Preis nominiert. Auszeichnung der Nechyba Romanserie mit dem silbernen sowie goldenen HOMER Literaturpreis. 2017 veröffentlichte Loibelsberger den Italien-Thriller »Im Namen des Paten« – als Fortsetzung des Venedig-Thrillers »Quadriga« – sowie den Nechyba-Comic »Der Bankert vom Naschmarkt«. 2018 folgten »Schönbrunner Finale“, der sechste und letzte Roman der Nechyba-Serie, sowie das E-Book „Young Dummies – Jugendliche Crashtests“ mit Kurzprosa und Lyrik. 2019 und 2020 erschienen der Kurzgeschichtenband »Morphium, Mokka, Mördergeschichten« sowie der historische Wirtschaftskrimi »Alles Geld der Welt«.
Infos unter: www.loibelsberger.at
Personen und Handlung sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen
sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
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© 2021 – Gmeiner-Verlag GmbH
Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
Telefon 0 75 75 / 20 95 - 0
Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt
Herstellung: Julia Franze
Umschlaggestaltung: Jörg Vogeltanz, Graz
Illustrationen: Jörg Vogeltanz
ISBN 978-3-8392-6936-7
Dieses Buch widme ich meinem alten Freund Mike Lynn, mit dem ich gemeinsam vor vielen Jahren die Figur des Micky Cola erfand.
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Alle Passagen, die Sie schockieren, widme ich meiner Ex-Frau.
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Songs von Micky Cola finden Sie auf www.mickycola.com
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Sie können den jeweiligen Song im Text sofort mittels QR Code anhören: QR Code scannen, Song-Titel antippen, Audiosymbol anklicken & listen to the music!
Regen ergoss sich über das Antlitz der Erde. Wolken verbargen die Weite des Himmels. Durch globale Erwärmung entstanden, hüllten sie, Schleiern gleich, die Erde in Grautöne und Finsternis. Im fortwährenden Zwielicht aus nebelig trüber Sonne, Regen und Neongeflacker lebten in analogen und virtuellen Kommunen Milliarden Organoide, Mechanical Creatures und Avatare. Zwei Dinge nur gab es, die die meisten Geschöpfe verband: jenes schwarzbräunliche Einheitsgetränk, das man Cola nannte, und der gemeinsame Slang, der, zusammengemixt aus unterschiedlichen Sprachen, City Rap hieß.
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Dampfend trieben die Därme der Metropolis Abgaswolken gegen den bleiernen Himmel. Diese vermischten sich in luftiger Höhe mit Staub, Sauerstoff, Stickstoff, Pollen und Kleinlebewesen zu chemischen Verbindungen wie Kohlensäure, schwefeliger Säure, Schwefelsäure oder Salpetersäure. All das fiel gemeinsam mit dem Regen auf die Erde nieder.
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Dies ist die Story eines Songwriters, der seine Epoche in Liedern von seltener Kraft und archaischer Schönheit beschrieb.
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Er führte ein Leben am Rande der Gesellschaft. Einem Phantom gleich. Ein von vielen bewunderter Mythos, dessen ursprünglichen Namen kein Lebender kannte. Einzig sein Nickname war jenen vertraut und bekannt, die Musik hörten und die sich in den unzähligen Bars und Spelunken der die Erdoberfläche bedeckenden Metropolis herumtrieben.
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MC, so riefen sie ihn – eine Kurzform, die für Micky Cola stand. So wie das Einheitsgetränk und wie der Hero längst vergangener Zeiten: die alle Menschen erheiternde Maus mit den gewaltigen Ohren.
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Er lag auf dem Dach eines Wolkenkratzers im Regen. Auf einem Campingbett träumte er von längst vergangenen Zeiten.
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Es war in einer Zeit, die der Zukunft zugerechnet wird. An die Jahrtausende christlicher Zeitrechnung, auch Christozän genannt, erinnerte einzig die Tatsache, dass das schwarzbraune Einheitsgetränk immer noch getrunken wurde. Alles andere war anders.
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Die Oberfläche des Planeten war – außer an den Polen, in No-go-Areas und in den nuklear verstrahlten Steppen – von einem urbanen Netzwerk überzogen. Ein wuchernder Dschungel menschlichen Bauwillens. Es gab keine Jahreszeiten. Unter den dicken Wolken, die das globale Ballungsgebiet bedeckten, war selten ein Sonnenstrahl zu sehen. Die urbane Zone dampfte, die Dämpfe stiegen auf und kamen in Form eines schwarzen samtigen Regens auf die Erde nieder. Die Farbe des Regens erinnerte an Cola. Es war nie sonderlich kalt oder sonderlich warm. Wettervorhersagen erübrigten sich.
*
black velvelt rain
forever again.
like an endless chain.
im regen gehen
im regen sehn.
toujours la pluie
pour elle, pour lui.
black velvet rain
forever again
like an endless chain.
im regen sich regen
im regen leben.
toujours la pluie
pour elle, pour lui.
black velvet rain
forever again.
like an endless chain.
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Erinnerungscluster des Zentralspeichers der
Church of Knowledge
1. janier / 42. année après l’ère chrétienne:
Die Generalversammlung der Wiedervereinten Nationen fasste folgenden Beschluss:
Da die Versorgung organoider Lebensformen mit lebenswichtigem Vitamin D aufgrund des fehlenden Sonnenlichts nicht gegeben ist, wurde folgender Beschluss gefasst: Mit sofortiger Wirkung sind alle Getränkehersteller sowie alle Einrichtungen der Metropolitan Area, die für die Trinkwasserversorgung zuständig sind, per Gesetz verpflichtet, den Getränken und dem Trinkwasser Vitamin D zuzusetzen. Weiters werden die Distributoren des Einheitsgetränks verpflichtet, dieses in Cafés, Restaurants und Bars kostenfrei bereitzustellen, um die Gesundheit humanoider Normverbraucher zu gewährleisten. Die Kosten dafür werden den Distributoren ersetzt. Richtlinien zur Durchführung und Anwendung dieser Verordnung werden gesondert verlautbart.
*
»Baise-moi …«, flüsterte sie und drängte ihren Körper an den seinen. So viel Nähe mit einer Unbekannten war MC unangenehm. Sie trug einen Ledermantel, hatte knallgelb gefärbtes Haar, schwarzen Lidschatten und schwarze Lippen. Unter dem Mantel sah MC nackte bleiche Haut, die in ein rotes Korsett gezwängt war. Not so bad. Mike Lefevre, der Manager des Clubs, drängte sich zwischen die beiden:
»Come on! Let’s start the show.«
»See you later. Nach dem Gig in meiner Garderobe«, murmelte MC und stapfte hinter Lefevre die Stufen zur Bühne hinauf.
*
Er saß auf einem Barhocker. Auf der Bühne des Café de la gare und blinzelte durch seine Shades ins Publikum. Während der Beifall verebbte, programmierte er auf seinem tragbaren Multifunktions-Keyboard, das er wie eine Gitarre umgeschnallt hatte, eine Uptempo-Nummer mit hämmerndem Bass und Schlagzeug. Der monotone Rhythmus veranlasste das überwiegend junge Publikum ekstatisch zu tanzen. Sogar die Lemuren, die einige der Zuhörer auf ihren Schultern sitzen hatten oder die aus Citybags hervorlugten, begannen, sich im Rhythmus des Songs zu bewegen. MC programmierte weiter, Bläser sowie der Klang eines klassischen Konzertflügels setzten ein. Und dann – Ladies and Gentlemen– ertönte Nina, die weibliche Gesangsstimme, die er abgespeichert hatte. Das wunderbare Organ eines weiblichen Avatars. Dies alles nötigte ihm nur ein paar routinierte Handgriffe ab, sodass er mit seinen Gedanken bei den Lemuren verweilen konnte, die ihm leidtaten. Er hasste es, dass humanoide Normverbraucher diese Kreaturen in riesigen Farmen züchteten und gentechnisch manipulierten, sodass sie bis zu 500 Worte nicht nur dem Klang, sondern auch der Bedeutung nach verstanden. Einige der Lemuren lernten sogar sprechen. Ein zusätzlicher genetischer Eingriff ermöglichte den Händen der Halbaffen eine Geschicklichkeit, wie sie sonst nur humanoiden Händen eigen war. Damit konnten die Lemuren auch kurze Sätze schreiben, Multifunktions-Keyboards, Touchscreens, Tasten, Hebel, Laschen et cetera handhaben. Lemuren dienten nicht nur als Kuscheltiere, sondern auch als Arbeitssklaven. An den Kassen der Supermärkte sowie in den Shops der Einkaufszentren gab es nur mehr Lemuren, die tagaus, tagein dort saßen und scannten beziehungsweise tippten. Ein Auflehnen der geschundenen Kreaturen war nicht zu befürchten, da das Lemurenfutter mit sedierenden Psychopharmaka versetzt war. Lemuren arbeiteten 24 Stunden täglich. Ein Raubbau am Körper der Tiere, der sich je nach Inanspruchnahme durch plötzliche Zusammenbrüche bemerkbar machte. Wenn dies der Fall war, wurden die kollabierten Lemuren ausgetauscht, in künstlichen Tiefschlaf versetzt und mit Langzeitaufputschmitteln neu aufgeladen. Das funktionierte laut Hersteller bis zu zehn Mal. Dann warf man die Lemuren auf den Müll. Da es strikt vorgeschrieben war, keinerlei Rohstoffe zu vernichten, wurden die Lemuren in eigens für sie aufgestellten Biomasse-Behältern entsorgt. So gelangten die toten Tiere in einen speziellen Entsorgungskreislauf, der garantierte, dass die Kadaver nicht einfach verbrannt, sondern wiederverwertet wurden. Aus ihren Pelzen wurden modische Accessoires, aus den Knochen Tierfutter und aus ihrem Fleisch die Patties der Monkey Burger hergestellt. Einer plötzlichen Eingebung zufolge reduzierte MC die Musik auf Bass und Schlagzeug. Dazu improvisierte er aus dem Gedächtnis – mit Instrumenten eines antiken Streichorchesters – die Kantate eines gewissen Johann Sebastian Bach, dessen Noten er in den Archiven der Church of Knowledge gefunden hatte. Schließlich stoppte er die Rhythmusgruppe und ließ den Song mit einem flirrenden Streichersound ausklingen. Das Publikum erwachte aus seiner Trance. Stille zuerst, dann frenetischer Applaus. MC reichte es. Wortlos stand er von seinem Barhocker auf, machte eine knappe Verbeugung und verschwand von der Bühne.
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Erinnerungscluster des Zentralspeichers der
Church of Knowledge:
1. janvier / 132. année après l’ère chrétienne:
Inkrafttreten des Gesetzes zur Modifizierung von Geschlecht und Charakter.
Die Generalversammlung der Wiedervereinten Nationen fasste folgenden Beschluss: Mit dem Stichtag 1. Januarwirddie Definition des Geschlechts einer real existierenden Lebensform abgeschafft. Begründung: Die Population der Erde besteht aus organoiden, mechanischen und virtuellen Lebensformen. Da bei mechanischen und virtuellen Lebensformen die Zuordnung eines Geschlechts nicht nach objektiv messbaren Kriterien erfolgen kann, wird die Kategorisierung nach Geschlechtern für verfallen erklärt. Sie wird durch den für alle Lebensformen gültigen Terminus Normverbraucher ersetzt. Das Gendern in jeglicher Art von Texten sowie in der sprachlichen Kommunikation ist ab dem oben erwähnten Stichtag untersagt.
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Die Population der Erde umfasste drei Kategorien:
Organoide
Mecs (MechanicalCreatures)
Avatare
Die Gruppe der Organoiden gliederte sich in folgende Untergruppen:
humanoide Normverbraucher, animalische Normverbraucher (originale und genetisch veränderte), pflanzliche Normverbraucher.
Bei humanoiden Normverbrauchern wurde in registrierte Wähler, in nicht registrierte Normverbraucher sowie in Depersonalized People unterschieden. Diese dritte Gruppe bestand aus Asozialen, Kriminellen sowie Disabled People. Ihnen wurden mittels Depersonalization geistige Fähigkeiten, Charakter und Seele entzogen. Depersonalizationwar ein von der Church of Knowledge eingeführtes Reinigungs- und Bußritual, das den betroffenen Normverbraucher seines alten Egos entkleidet. Danach bekam er oder sie ein zentral gesteuertes, sozial genormtes und dem globalen 96-Stunden-Schichtbetrieb angepasstes neues Ego.
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Die Gruppe der Mecs unterteilte sich in:
Preliminary Model
Real Lifestyle Model
Model 3.0
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Avatare waren Geschöpfe künstlicher Intelligenz. Komplexe digitale Wesenseinheiten, die entsprechend ihrer Programmierung agierten und reagierten. Sie konnten sich materialisieren und dematerialisieren. Und sie hatten Fähigkeiten, die mit selbstständigem Denken zu vergleichen waren. Einige wenige entwickelten sogar die Gabe, sich von ihrer ursprünglichen Programmierung zu befreien und von Liberté, Egalité und Fraternité zu träumen.
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And there was Scum. Nobody knew nothing about Scum. But there were rumors. Scum waren organoide Lebewesen, die im großen tausendtägigen Nuklearkrieg verstrahlt oder verunstaltet worden waren und mutierten. In der Metropolis gab es keinen Scum. Es existierten aber No-go-Areas wie Hell’s Kitchen. Dort, so raunten die Legendenerzähler, lebte Scum. But who believes in legends?
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Erinnerungscluster des Zentralspeichers der
Church of Knowledge:
2. mai / 133. année après l’ère chrétienne:
Am 1. Mai des 133. Jahres nach der christlichen Zeitrechnung einigte sich der weltweite Gewerkschaftsverband, der die Interessen der humanoiden Normverbraucher vertrat, mit dem Executive Board der in den Wiedervereinten Nationen vertretenen Unternehmerverbänden auf eine Beendigung des sieben Jahre dauernden revolutionären Arbeitskampfes. Mit dem Segen der Church of Knowledge versehen, wurde ein Kollektivvertrag unterzeichnet, nach dem in Zukunft alle humanoiden Normverbraucher, die einer Erwerbstätigkeit nachgingen, in einer 96-Stunden-Schicht arbeiten würden. Die getroffene Vereinbarung war von der Vollversammlung der Wiedervereinten Nationen am 2. Mai des 133. Jahres nach der christlichen Zeitrechnung mit einer Mehrheit von 98 Prozent Ja-Stimmen zu einem Prozent Nein-Stimmen bei einem Prozent ungültiger Stimmen angenommen worden. Die Umsetzung des Kollektivvertrags wurde mit 3. Mai des 133. année après l’ère chrétienne global in allen Unternehmen in Angriff genommen. Ende der gesetzlichen Umstellungsfrist: 1. Juli des 133. Jahres nach der christlichen Zeitrechnung.
Basis des globalen Kollektivvertrags ist eine Klassifizierung aller humanoiden Normverbraucher in Manager, Employees und Useless. Manager sind jene humanoiden Normverbraucher, deren Arbeitsleistung zu Steuerung und Systemerhalt der globalen Ökonomie beiträgt. Ihre Tätigkeit unterliegt nicht dem globalen 96-Stunden-Schicht-Profil, sondern wird in Form von Betriebsvereinbarungen zwischen dem jeweiligen humanoiden Normverbraucher und dem ihn beschäftigenden Unternehmen geregelt. Humanoide Normverbraucher der Klasse Employees sind den Regeln der 96-Stunden-Schicht unterworfen. Humanoide Normverbraucher, deren Arbeitsleistung nicht systemrelevant ist und deren Beschäftigung ausschließlich dem sozialen Frieden, der Befriedigung des Grundbedürfnisses nach Beschäftigung, der Bestätigung des Selbstwertgefühls sowie der Absicherung des sozialen Status dient, werden als Klasse der Useless definiert. Sie sind ausnahmslos den Regeln der 96-Stunden-Schicht unterworfen.
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Schichtprofil:
Total: 96 Stunden
Arbeitszeit:36 Stunden
Freizeit:60 Stunden
Frequenz:12 Stunden Arbeit
12 Stunden Freizeit
12 Stunden Arbeit
12 Stunden Freizeit
12 Stunden Arbeit
12 Stunden Freizeit
24 Stunden Freizeit
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MC betrat die Künstlergarderobe und wunderte sich – er hatte doch das Licht brennen lassen. In dem engen Raum roch es merkwürdig. Ein wenig metallisch sowie nach Scheiße. Er erinnerte sich, dass sich am Schminktisch ein Lichtschalter befunden hatte, und steuerte auf diesen zu. Im Dunkeln sich langsam vorwärts tastend, trat er in eine glibberige Flüssigkeit, die beim Hineinsteigen schmatzende Geräusche verursachte. Endlich stieß er an den Schminktisch. Seine Hand, die tastend über den Tisch fuhr, zuckte zurück. Auch hier befand sich dieses sirupartige Etwas. Es fühlte sich warm an. MC begann zu schwitzen, konzentrierte sich kurz und tastete dann an die Stelle, wo sich der Lichtschalter befinden musste. Auch dort war alles feucht und klebrig, er griff in etwas Weiches, das ihm aus den Fingern glitt. Schließlich fand er den Schalter. Die Glühbirnen rund um den Schminkspiegel flammten auf. Was er sah, ließ ihn erstarren. Ein abgehackter Kopf mit knallgelb gefärbtem Haar und schwarzem Lidschatten stierte ihn an. Auf dem Schminktisch lagen Leber, Nieren, Herz und Lunge. Darmschlingen, von denen Blut und Scheiße auf den Boden tropften, hingen über die Kante des Schminktisches. Dégueulasse! Als er sich umdrehte, packte ihn vollends das Grauen. Auf dem einzigen Stuhl im Raum saß das enthauptete nackte Mädchen, dessen Bauch und Brust aufgeschnitten und dessen Inneres gähnend leer war. Mit unvermittelter Heftigkeit überkam ihn das Kotzen. Ein Schwall von halbverdauten Speiseresten vermischt mit Beaujolais und Gin ergoss sich über die Leiche. Er richtete sich auf, und ohne dass er es bemerkte, fiel seine Sonnenbrille zu Boden. MC stolperte aus der Kammer und taumelte an ihn fragend anblickenden Gesichtern vorbei in Richtung Ausgang. Plötzlich drehte er sich um und rannte durch die Menge der Gaffer zum Büro des Managers. Er trat die Tür ein, stürzte auf Mike Lefevre zu und würgte dessen fetten Hals. Gleichzeitig schmierte er das klebrige, intensiv riechende Blut, das sich auf seiner rechten Hand befand, in dessen Gesicht. Lefevre wusste nicht, wie ihm geschah. Aber er wusste, wie er diesen Verrückten loswerden konnte: Nach Luft ringend, griff er in die Schublade seines Schreibtischs, wo sich ein antiker 45er Colt befand. Er spürte die kalte Ruhe des Metalls, versuchte, die Waffe aus der Lade zu ziehen, und hatte im nächsten Augenblick eine gebrochene Hand. Lefevre verlor vor Schmerz das Bewusstsein, MC durchwühlte den Schreibtisch, fand ein Bündel Geldscheine und war so plötzlich aus dem Büro draußen, wie er drinnen gewesen war. Er rannte und rannte.Schwarzer samtiger Regen umfing ihn. Eine Erlösung.
*
la mort, miss death,
die todesfratze
schleicht lauernd schwarz wie eine katze
um uns menschen all around,
dass tous les jours man nur so
staunt.
wie eine katze springt sie vor
und reißt dich nieder miss la mort.
miss death hat eine barsche art
und einen zarten damenbart.
er ist sehr hart, ohne komfort -
der todeskuss von miss la mort.
sie nimmt dir alles, gibt dir nichts
sie killt dich lachenden gesichts.
vernichten, das ist ihr geschäft
die glocke schlägt, ein hund, der kläfft.
la mort, miss death,
die todesfratze
schleicht lauernd schwarz wie eine katze
um uns menschen all around,
dass tous les jours man nur so
staunt.
wie eine katze springt sie vor
und reißt dich nieder miss la mort.
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Wer als humanoider Normverbraucher von seinem in der Verfassung der Wiedervereinten Nationen festgeschriebenen aktiven und/oder passiven Wahlrecht Gebrauch machen wollte, musste sich als Wähler registrieren lassen. Das Prozedere der Registrierung war der Church of Knowledge übertragen worden. Sieben Jahre, nachdem diese auf ihrem XII. Konzil die Brainsteered Microtechnology (bmt) präsentiert hatte. Die bmt-Technologie funktionierte verblüffend einfach: Plasmaartige Mikrochips wurden humanoiden Normverbrauchern hinter dem Ohr implantiert. Auf diesem Mikrochip waren alle persönlichen Daten des jeweiligen Normverbrauchers gespeichert, sodass dieser ab dem Zeitpunkt der Implantation mittels eines simplen Gedankenbefehls Daten an elektronische Systeme übermitteln konnte: an Geldausgabeautomaten, Kassen, öffentliche Transportmittel sowie Zutrittskontrollsysteme in Fabriken, Büros, Kinos, Theatern, Sportplätzen.
Weiters konnte der humanoide Normverbraucher mit dem bmt telefonieren, Messages jeglicher Art versenden, bargeldlos bezahlen, fernsehen, elektronische Spiele spielen und Musik hören. All diese Entertainment-Angebote waren kostenlos. Sie wurden allerdings regelmäßig von Commercials unterbrochen. Werbespots, die individuell auf jeden einzelnen Normverbraucher zugeschnitten waren. Dies war nicht schwierig, da die bmt-Verbraucherdaten von Unternehmen, Banken, Versicherungen et cetera käuflich erworben werden konnten. Schließlich gab es von jedem Normverbraucher ein Consumer Profile, das dessen Gewohnheiten und Vorlieben exakt beschrieb. Was, wo und wie viel der Normverbraucher einkaufte, welches Entertainmenter bevorzugte, ob er ein Fußballfan oder ein Theaterfreak war, oder ob er des Öfteren in den Puff ging. Natürlich enthielt jedes Consumer Profile auch ein soziales Profil. Freundschaften, Feindschaften, Streitereien, zwischenmenschliche Beziehungen jeglicher Art, Suchtverhalten, Konflikte, Verstöße, Gesetzesübertretungen und natürlich auch kriminelle Handlungen wurden aufgezeichnet, gespeichert, analysiert und gegebenenfalls verfolgt und geahndet. Dies alles konnte aus den Telefonaten und Messages, die gesendet beziehungsweise empfangen wurden, abgeleitet werden. Regelmäßig erhielt man per bmt die neueste Ausgabe von Mon Dieu! Dies war der Hirtenbrief der Church of Knowledge, der an Milliarden von humanoiden Normverbrauchern versandt wurde. Auch Mitteilungen der Regierung der Wiedervereinten Nationen gelangten per bmt direkt in die Gehirne der humanoiden Normverbraucher. Mittels bmt wurde auch die Wahlbeteiligung kontrolliert. Wer nicht an den alle vier Jahre stattfindenden Wahlen teilnahm, bekam einen Minuspunkt in seinem Consumer Profile eingetragen. Dieser Minuspunkt erschwerte es zum Beispiel, einen Überziehungsrahmen beim Girokonto zu bekommen, oder man erfuhr Nachteile beim Mieten einer Wohnung. Der potenzielle Vermieter musste nur das Consumer Profileabrufen undden Minuspunkt bemerken. In so einem Fall war die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die Wohnung an einen anderen humanoiden Normverbraucher mit makellosem Consumer Profilevermietet wurde.
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Voraussetzung, einen bmt zu bekommen, war, dass der Normverbraucher vor der Implantation eine Ermächtigungserklärung unterschrieb, aufgrund der der Zentralspeicher der Church of Knowledge seine vergangenen und zukünftigen persönlichen Daten sowie seine finanziellen Angelegenheiten verwalten durfte. Da der Zentralspeicher der Church of Knowledge mit allen Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen der Welt verknüpft war, konnte der humanoide Normverbraucher global reisen, einkaufen, sich vergnügen und Dienstleistungen jeglicher Art in Anspruch nehmen. Dank dieser Technologie war humanoiden Normverbrauchern ein sorgenfreies und behütetes sowie perfekt verwaltetes Leben garantiert. Lief ein Normverbraucher zum Beispiel Gefahr, das Limit seines persönlichen Kreditrahmens zu überschreiten, wurde diese Transaktion automatisch unterbunden. Weiters wurde ihm binnen Sekundenbruchteilen sein derzeitiger Kontostand übermittelt. Als Special Service erhielt der humanoide Normverbraucher nach einer unterbundenen Transaktion kostengünstigere Konsumvarianten beziehungsweise ein leistbares Finanzierungsangebot, das bereits die monatlichen Ratenzahlungen sowie den Tilgungsplan enthielt. Per Gedankenbefehl konnte er sich sodann für die eine oder andere Variante entscheiden oder den gesamten Vorgang abbrechen. All diese Features waren der Beginn von bmt. Sieben Jahre später wurde das globale Wählerverzeichnis dem Zentralspeicher der Church of Knowledge übertragen. Diese hatte sich im Dienste der Demokratie bereit erklärt, das gewaltige Archiv kostenlos zu verwalten sowie die alle vier Jahre stattfindenden globalen Wahlen und die damit verbundene Registrierung der Wähler kostenlos durchzuführen. Dadurch konnte eine Redimensionierung des aufgeblähten Verwaltungsapparates der Wiedervereinten Nationen erreicht werden. So war bmt eine weltweit dominierende Technologie geworden, die nach und nach für immer neue Bereiche adaptiert und ausgebaut wurde. Da die Lizenzen bei der Church of Knowledge lagen, bedeutete jede neue Anwendung der Brainsteered Microtechnology zusätzliche Einnahmen für sie. Mittel, die die Church of Knowledge für karitative Zwecke sowie für die ständige Erweiterung der Kapazitäten ihres Zentralspeichers einsetzte.
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Der Regen hatte seinen Trenchcoat durchnässt. Ein Kakadu aus Neon spiegelte sich am Asphalt der Straße. Eine Bar. Er brauchte einen Drink, um den Horror, den er im Café de la gare erlebt hatte, hinunterzuspülen. Und auch um sich zu trösten. Er hatte seine Shades verloren, seine antike Sonnenbrille. Ein unersetzlicher Verlust. Sonnenbrillen wurden seit Jahrhunderten nicht mehr gefertigt. In einer Welt, in der es ständig regnete, waren sie sinnlos. Seine Shades hatte er vor Jahren vom Meister mit den Worten überreicht bekommen: »Für deine Auftritte. Mögen Bühnenscheinwerfer dich niemals blenden!« Im Inneren der Bar befanden sich eine lange Theke sowie einige mit Kunstleder tapezierte Sitznischen. Am Tresen lehnten einige männliche Betrunkene sowie weibliche Mechanical Creatures der letzten und vorletzten Generation, die sich mit Energie abfüllen ließen. Je mehr so ein weiblicher Mec an Energie zugeführt bekam, desto geilerwurde er. Die Energiezufuhr erfolgte – in Erinnerung an längst vergangene Zeiten – mittels Babysektflaschen. MC lehnte sich an die Bar und bestellte ein Glas Beaujolais. Die Bardame verlangte, bevor sie einen Handgriff tat, seine bmt-Kreditnummer. Statt eine Nummer zu nennen, legte MC Geldscheine auf den Tresen. Die Bardame grinste und schenkte einen großzügig bemessenen Drink des rötlich gefärbten Alkohols in sein Glas ein. Sie schien mit »nicht für Wahlen registrierten Normverbrauchern« zu sympathisieren. MC gehörte zu jenen, die noch mit Bargeld zahlten, die sich mit den Mühen des Alltags herumschlagen mussten und die bei Kassen immer in langen Schlangen standen. All das nahm MC in Kauf. Besser das, als von dem Ding im Kopf ständig Botschaften eingeflüstert zu bekommen. Messages, die für MC straight from Hell kamen – aus dem Zentralrechner der Church of Knowledge.
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trink, trink
never think, gib mir ’nen drink.
ohne drink ist alles link.
micky schicky drinky drink
blue note seven oder pink?
du brauchst ’nen drink.
alors voulez vous
quelque chose avec grand goût?
und chic dazu?
du tricky micky du!
du brauchst ’nen drink!
just stop to think!
ganz ohne schmäh.
you’ll be okay with beaujolais.
that’s what i say.
micky cola abgefuckt
you know ich bin total versackt.
pourquoi pas?
tricky micky total en bas.
oh so la la.
ce tout, ce ça.
ich trink auf dich, das ist doch klar.
never think, trink, trink!
du tricky micky du!
du brauchst ’nen drink!
just stop to think!
ganz ohne schmäh.
you’ll be okay with beaujolais.
that’s what i say.
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Ständig war MC auf der Jagd nach Jobs. Er nahm, was kam. Nicht nur als Musiker, sondern überhaupt. Jeden schmutzigen Job im Gewühl der Metropolis. Ständig auf der Jagd. Als Sisyphos des Futurs streunte er, in einen Trenchcoat gehüllt, durch den ewigen Regen. Immer und immer wieder rollte er den Stein seiner unerfüllten Sehnsüchte bergauf. Ohne Erfolg. Jedes Mal entglitt ihm der Brocken und prasselte als Lawine der Frustration auf ihn nieder. Deshalb trank er. Nicht das Einheitsgetränk, sondern Beaujolais, eine rote alkoholische Flüssigkeit, die synthetisch erzeugt wurde und nach vergorenem Traubensaft schmeckte. Er trank in Bars, wo er mit wildfremden Normverbrauchern nichtssagende Phrasen austauschte. Ein Schicksal wie Milliarden andere Schicksale. Und doch: Er gab seine Sehnsüchte nicht auf. Als Troubadour der Melancholie irrlichterte er über die Oberfläche des Planeten.
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In der Green Cockatoo Bar fühlte er sich mehr denn je als Sisyphos. Gehetzt. Gejagt. War ihm der Corps de la Sécurité bereits auf den Fersen? Waren seine Fingerabdrücke und seine DNA bereits in die globale Fahndungsdatenbank eingespeichert? Er orderte einen Whisky, ließ einen Schluck am Gaumen hin und her rollen, empfand ein wohliges Brennen sowie ein pelziges Kribbeln auf der Zunge. Als die kostbare Spirituose seinen Schlund hinuntersickerte und ein zarter Fireball in seinem Magen aufging, hatte er eine Idee. Er würde in einen Tempel der Church of Knowledge einbrechen. Jetzt sofort. Seit der Reform der globalen Polizei- und Sicherheitskräfte unterstanden die Knights of Knowledge (= Schutzstaffel der Church of Knowledge) und der Corps de la Sécurité einem gemeinsamen Oberkommando. Wenn er in die Fahndungsdatenbank eingespeichert war, würde er dies über den Zentralspeicher der Church of Knowledge herausfinden.
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Erinnerungscluster des Zentralspeichers der
Church of Knowledge:
3. février / 352. année après l’ère chrétienne:
Humanoider Normverbraucher drang in einen Tempel der Church of Knowledge im Gebiet MetropolitanTown North 22nd Street ein. Er knackte den Sicherheitscode der Fahndungsdatenbank. Wurde von einem kybernetischen Hund gestellt. Es erfolgte jedoch keine Attacke. Als eine Patrouille der Knights of Knowledge am Tatort eintraf, gelang dem Normverbraucher die Flucht. Der kybernetische Hund folgte ihm. Abgängigkeitsmeldung und Suchbefehl wurden an die kybernetische Hundestaffel weitergeleitet. Suchoperation verlief negativ. Weder Normverbraucher noch kybernetischer Hund auffindbar.
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MC kauerte sich in die schmucklose Schlafkoje eines Container-Motels. Er nahm einen Schluck Gin aus dem Flachmann und ließ die letzte Nacht vor seinem geistigen Auge Revue passieren. Ein Lächeln des Triumphs umspielte seine Lippen. Nein, die Bastards der Church of Knowledge hatten ihn nicht geschnappt! Trotz maximum sécurité. Mit Hilfe des Meisters hatte er den Code geknackt und war in einem abseits gelegenen Tempel in das dort befindliche Rechnerterminal eingestiegen. Er hatte sich als Wähler getarnt, und als die Großrechner der Church of Knowledge in den Wissensspeicher seines Gehirns eindringen wollten, hatte er den Leitstrom der Daten umgedreht. In der Schaltzentrale des Metropolitan Police Departments hatte er Einblick in die Fahndungsdatenbank genommen. Plötzlich war da ein kybernetischer Wachhund, der ihn anknurrte. MC behielt die Nerven und fütterte die Bestie mit Kostproben seines Wissens, worauf das Tier zutraulich wurde und sich streicheln ließ. Sie – es war eine Bitch – wedelte mit dem Schwanz, und als er ihr die Ohren kraulte, legte sie sich auf den Rücken. Er streichelte ihren Bauch, was behagliches Grunzen und Brummen evozierte. Sein Personal Detector schlug Alarm. Knights of Knowledge waren im Anmarsch. Er machte sich aus dem Staub. Die Hündin folgte ihm auf dem Datenstrom. Nun lag sie neben ihm, schnarchte und bewegte im Schlaf zeitweise die Füße. Leises, jaulendes Bellen begleitete diese Bewegungen. MC fühlte sich nicht mehr lonesome. Was ihm durch den Kopf ging und vorerst nicht einschlafen ließ, war die Tatsache, dass er im Zentralspeicher der Church of Knowledge keinerlei Eintragung zu seiner Person gefunden hatte. Er war also nicht – noch nicht – auf der Fahndungsliste.
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MC spielte eine Late Night Session in einem Club und lernte nach dem Gig a Strange Kind of Woman kennen. Optisch sehr gelungen. Er war sich nicht sicher, ob sie ein humanoider Normverbraucher oder Mec war. In den Wee wee hours, der Klub war mittlerweile geschlossen, spazierten sie Arm in Arm durch den Regen. A touch of romance. Sie erzählte 1000 und eine Geschichte, während seine Schuhe nass und nässer wurden. Sie setzte ihm diesen Floh mit der Church of Knowledge ins Ohr. Diese Frauwar süchtig nach antikem Wissen und den Geheimnissen des Christozäns. Und das, obwohl sie selbst kein Memberder Church of Knowledge war. Mitglied dieser Organisation wurde man nicht so einfach. Um Member-Status zu erlangen, musste man Freiwilligendienste verrichten und sich diversen Reinigungs- und Bußritualen unterziehen. Er streichelte sie hinter den Ohren, konnte aber keine bmt-Operationsnarbe entdecken. Merkwürdig. Sie wollte mit zu ihm nach Hause. Doch irgendetwas stimmte mit ihr nicht. Und so verabschiedete er sich abrupt und verschwand im Dauerregen. In seinem Kopf hatte er ein dickes fettes »Je ne sais pas«.
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Der Meister wohnte in einem antiken Industrieareal, das er einst pas cher gekauft hatte und das er im Laufe der Jahre verfallen ließ. Auf den Mauern wucherten Unkraut, Flechten und Moos, während in den Höfen und Freiräumen riesige Farne in den regenfeuchten Himmel wuchsen. Eine grüne Oase inmitten des Asphalt-Dschungels der Metropolis. Alle Türen und Tore waren versperrt und/oder zugemauert. Dies hinderte asoziale Elemente jedoch nicht, über die Mauern zu klettern, sich Schlupflöcher zu suchen und in dem riesigen Areal unterzutauchen. In diesem Habitat aus Anarchie, Elend und Verbrechen hatte sich der Meister wie die Made im Speck eingerichtet. Er nannte die Asozialen seine Prätorianergarde, die unerwünschte Besucher fernhielt. Merkwürdigerweise unternahmen weder der Corps de la sécurité noch das Metropolitan Police Department etwas gegen dieses strange Biotop. Man munkelte, dass der Meister beste Beziehungen zum Kardinalskollegium der Church of Knowledge hatte und solchermaßen die strafrechtliche Verfolgung seiner Prätorianergarde unterbunden hatte. Gerüchte besagten, dass er der technische Mastermind der Brainsteered Microtechnology war. Da ihn aber fast kein lebendes Wesen je zu Gesicht bekommen, geschweige denn mit ihm gesprochen hatte, konnte dies von niemandem verifiziert werden.
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Vor vielen Jahren wurde MC vom Meister in die Schar jener Auserwählten aufgenommen, die persönlich Zugang zu seinem Refugium erhielten. Dies geschah, als der Meister das erste Mal Black Velvet Rain