Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Achtung! Die Hollerbande kommt ... und macht Campingurlaub in Ihrer Buchhandlung! Reservieren Sie jetzt einen Platz! "Der Camping-Boom hält an: Urlaub mit Wohnmobil und Caravan war noch nie so beliebt und so vielfältig." (ADAC) "Camping liegt seit Jahren im Trend. Dieser Sommer sorgt (wegen der Corona-Pandemie aber) für einen neuen Rekord." (Die Welt) Ferienzeit heißt Hollercamp. Wie in jeden Ferien treffen sich Leon, Emily und Jakub auf dem Campingplatz. Vor ihnen liegen himmlische Wochen voller Sonne, Baden und Eis fernab der elterlichen Kontrolle. Doch dieses Mal wird die Ferienidylle von rätselhaften Ereignissen überschattet! Wer ist der seltsame Mann, der sich auf dem Campingplatz herumtreibt? Und welches Verbrechen hat sich auf dem verlassenen Hausboot abgespielt? Leon, Emily und Jakub nehmen die Fährte auf ... Zusammen draußen sein, Abenteuer erleben, Fälle lösen - "Mission Hollercamp" ist ein Garant für beste Unterhaltung für Kids, die Natur und Nervenkitzel lieben. Jeder Band ein Pageturner. Ferienzeit heißt Hollercamp. Wie in jeden Ferien treffen sich Leon, Emily und Jakub auf dem Campingplatz. Vor ihnen liegen himmlische Wochen voller Sonne, Baden und Eis fernab der elterlichen Kontrolle. Doch dieses Mal wird die Ferienidylle von rätselhaften Ereignissen überschattet! Wer ist der seltsame Mann, der sich auf dem Campingplatz herumtreibt? Und welches Verbrechen hat sich auf dem verlassenen Hausboot abgespielt? Leon, Emily und Jakub nehmen die Fährte auf ... Zusammen draußen sein, Abenteuer erleben, Fälle lösen - "Mission Hollercamp" ist ein Garant für beste Unterhaltung für Kids, die Natur und Nervenkitzel lieben. Jeder Band ein Pageturner. Mit witzigen handschriftlichen Notizen (handgelettert)
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 137
Veröffentlichungsjahr: 2021
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
In der Reihe bisher erschienen:
Mission Hollercamp. Der unheimliche Fremde (Bd. 1)
Mission Hollercamp. Das verlassene Boot (Bd. 2)
Für meinen Vater
NOTIZ DES VERFASSERS (also von mir)
Der Campingplatz am Hollersee ist mein Leben.
Hier kann ich tun und lassen, was ich will.
Und nur hier bin ich mit meinen besten Freunden zusammen – von morgens bis spät in die Nacht. Früher haben Jakub, Emily und ich in den Ferien Wasserball gespielt und Staudämme gebaut. Lauter harmloses Zeug eben. Aber diese Zeiten sind ein für alle Mal vorbei. Um zu verstehen, wie das passiert ist, habe ich alles aufgeschrieben. Am Schluss hat Emily noch mal drübergeguckt. Damit keiner behaupten kann, ich hätte mir das nur ausgedacht. Ich schwöre: Alles, was hier steht, ist genauso passiert. Emily Pratibha Evans ist meine Zeugin.
1. Kapitel
Einen Tag vor unserer Abfahrt zum Hollercamp bekomme ich eine Nachricht von Jakub. Er ist natürlich schon längst auf dem Campingplatz angekommen. Emily sowieso. Wie immer bin ich mit meiner lahmarschigen Familie der Letzte.
WO BLEIBST DU? WIR BRAUCHEN DICH!
Jakub meldet sich nur, wenn es wirklich wichtig ist. Das Problem ist: Ich habe kein Handy. Also muss Jakub in solchen Fällen meiner Schwester Mia schreiben. Die liest mir die Nachrichten dann vor. Wenn sie gut gelaunt ist, darf ich sogar antworten. Zum Glück ist das gerade der Fall. Wortlos legt sie mir das Handy auf den Küchentisch neben meinen Teller mit dem Marmeladenbrot. Ich wische mir die Hände ab und schreibe zurück:
WIR FAHREN MORGEN FRÜH LOS.
Jakubs Antwort kommt sofort. Der kann super schnell tippen.
WIRD AUCH ZEIT!
Das sehe ich genauso. Schließlich sind die Pfingstferien schneller vorbei, als man gucken kann. Allerdings geht es Jakub um etwas anderes. Das verrät seine nächste Nachricht.
WIR BRAUCHEN VERSTÄRKUNG. HIER TREIBT SICH EIN FREMDER RUM.
Ich verschlucke mich fast an meinem Brot. Ein Fremder? Das verstehe ich nicht: Der Campingplatz am Hollersee ist riesig. Da kann man gar nicht jeden kennen. Zwangsläufig sind hier jede Menge Fremde unterwegs. Die man im Übrigen auch Gäste nennt. Da muss es mit diesem speziellen Fremden schon etwas Besonderes auf sich haben. Ich will Jakub gerade fragen, worauf er hinauswill, da nimmt Mia mir das Handy auch schon wieder ab.
„Genug gedaddelt, Leon“, meint sie. „Such dir eine sinnvolle Beschäftigung. Lies ein Buch. Oder iss was Gesundes.“
„Du bist nicht meine Mutter!“, protestiere ich.
„Stimmt“, sagt Mia grinsend. „Ich bin deine große Schwester. Das ist viel schlimmer.“
Ich kann es nicht erwarten, endlich am Hollersee anzukommen. Im Urlaub muss ich mir keine Mini-Wohnung mit meiner bescheuerten Schwester teilen. Da schläft sie im Zelt und ich mit meinen Eltern in unserem Camper. Mein Platz ist der beste: unter dem Dach im Alkoven. Früher, als Mia noch nicht cool war, haben wir uns den Platz geteilt. Bis sie irgendwann verkündet hat, dass ich neuerdings stinke – da ist sie dann ausgezogen. Erst nur eine Etage tiefer, auf den Esstisch, den man in eine Schlafcouch verwandeln kann – und schließlich nach draußen, auf den Zeltplatz.
Seit ich denken kann, fahren wir ins Hollercamp. Ich kenne die gesamte Gegend – Wald und Kiesgrube eingeschlossen – besser als mein Viertel hier in der Stadt. Weil ich mit Jakub und Emily Jahr für Jahr alles aufs Neue erkunde. Wenn ich genau darüber nachdenke: Wahrscheinlich ist der See gar nicht so wichtig. Von mir aus könnte unser Camper auch vor einer Pfütze bei irgendeinem Supermarkt parken. Solange Jakubs Zelt auch dort steht. Und der gemütliche Wohnwagen von Emilys Oma.
An dem Abend schlafe ich nicht gleich ein. Das liegt zum einen an meiner Vorfreude, klar. Zum anderen an Jakubs merkwürdiger Nachricht. Hier treibt sich ein Fremder rum. Fremder. Schon das Wort klingt irgendwie bedrohlich. Was bescheuert ist. Eigentlich bedeutet „fremd“ doch nur „unbekannt“, oder? Mehr nicht. Merkwürdigerweise bin ich trotzdem aufgeregt, wenn ich an diesen Fremden denke. Vielleicht, weil das Wort auch vielversprechend klingt. Und zwar sehr. Denn Emily, Jakub und ich, wir sind schon lange scharf auf ein richtiges Abenteuer …
2. Kapitel
Sechzehn Stunden und 430 km später sind wir da. Endlich! Gekonnt manövriert meine Mutter den Camper auf unseren reservierten Stellplatz. Nummer 282 – das ist der beste. Der Boden ist fast gerade und nicht matschig, wir haben Abendsonne, eine tolle Aussicht auf den See und eine Stromsäule ganz in der Nähe. Die 282 ist so was wie unser zweites Zuhause. Letzten Sommer waren wir blöderweise zu spät dran, da mussten wir einen Stellplatz weiter vorn nehmen. Mit ungerader Nummer – eine Katastrophe! Dazu muss man wissen: Ich mag Zahlen, die man durch 2 teilen kann. Ich glaube, dass sie Glück bringen. Mia hält das natürlich für Schwachsinn. Aber wenn man mich fragt, war es kein Zufall, dass unsere Bordtoilette ausgerechnet in dem Jahr übergelaufen ist, als wir auf der verdammten 137 standen.
So schnell wie möglich springe ich aus dem Camper. Die Sache ist nämlich die: Wenn ich den Hollerseeboden als Erster betrete, ist das ein gutes Zeichen. Kaum bin ich draußen, nehme ich einen tiefen Atemzug. Am Hollersee riecht es immer gleich – und immer gut. Mein Vater meint, das komme vom Wald, den Kiefern und dem Moos. Dazu mischt sich der Geruch von Sand, Sonnencreme und Freiheit. Eine super Kombination. Plötzlich habe ich im Bauch ein riesiges Glücksgefühl. Ich muss mich unbedingt bewegen. Am liebsten würde ich gleich zum Ufer flitzen. Aber zuerst gibt es noch etwas zu erledigen. Etwas Schreckliches: Wir müssen das Vorzelt aufbauen. Dafür stecken wir unzählige fiese Stangen ineinander, um ganz am Schluss festzustellen, dass die allererste Stange die falsche war. Was bedeutet: noch mal von vorn. Es gibt nur ein Familienmitglied, dem die ganze Aktion Spaß macht. Meinem Vater. Wenn wir uns gemeinsam mit dem Zelt abkämpfen, wirkt er von Minute zu Minute glücklicher. Er genießt es, dass wir alle an einem Strang ziehen. Dass wir gemeinsam etwas erschaffen. Sobald das Zelt steht, macht nämlich jeder sein eigenes Ding. Er schnappt seinen Handstaubsauger, Mia ihr Handy, meine Mutter ihre Yogamatte – und ich begebe mich auf die Suche nach Jakub und Emily. Aber so weit sind wir noch nicht. Leider.
„Leon. Kannst du mal die Stangen hier halten?“
Ähhh … klar doch. Nichts lieber als das.
3. Kapitel
Eine gefühlte Ewigkeit später steht das Vorzelt. Etwas schief, aber egal. Ich mache mich vom Acker, bevor meine Eltern auf dumme Gedanken kommen und doch noch nachbessern wollen. Oder mich zum zehnten Mal fragen, ob ich mich schon mit Sonnenschutz eingecremt habe. In dem Punkt verstehen sie keinen Spaß. Es ist schon seltsam: Hier am Hollersee kann ich machen, was ich will – es interessiert sie echt nicht im Geringsten –, solange ich mit Lichtschutzfaktor 50 durch die Gegend renne.
Der Bereich für die Zelte, wo Jakub Jahr für Jahr sein Lager aufschlägt, liegt etwas tiefer, in der Nähe des Ufers. Als ich auf dem kleinen Hügel stehe, lasse ich meinen Blick über die vielen Zelte schweifen. Ich halte nach einem grünen Wurfzelt Ausschau, mit bunter Wimpelgirlande auf dem Dach. Die Girlande hat Emily genäht, quasi als Erkennungszeichen, weil wir oft Schwierigkeiten hatten, in dem Gewimmel das richtige Zelt zu finden. Emily ist ein richtiger DIY-Profi. Das steht für Do it yourself – mach’s selbst. Und genau das tut Emily. Sie kann nicht nur nähen, sondern auch basteln und schrauben und so. Sie hat auch die ganzen Vogelhäuser gebaut, die hier überall rumhängen.
Jakub und sein Vater sitzen vor ihrem Zweimannzelt und spielen Karten. Bei dem Wort beschwert sich Mia immer. Also, nicht über „Karten“. Sondern über „Zweimannzelt“. Sie findet, ich sollte „Zweipersonenzelt“ sagen. Weil auch Frauen zelten. Das stimmt schon. Allerdings sind es in dem Fall eben zwei Männer. Beziehungsweise ein Mann und ein Junge: nämlich Jakub und sein Vater Pawel. Der Rest der Familie – eine Mutter und ein Baby – hasst Camping. Deshalb bleiben sie meistens zu Hause. Jedes Mal staune ich darüber, wie ähnlich sich Vater und Sohn sehen. Jakub ist ein Mini-Pawel. Oder Pawel ein Maxi-Jakub. Sie haben beide eine Stupsnase und diese Augenbrauen, mit denen sie immer ein bisschen überrascht aussehen.
Jetzt ist Jakub aber wirklich überrascht. Offenbar hat er noch nicht mit mir gerechnet.
„Hallo, altes Haus!“, ruft er und springt sofort auf. Ehrlich gesagt, kenne ich keinen Zwölfjährigen, der einen anderen Zwölfjährigen altes Haus nennt. Aber ich mag es. Es ist, als würden wir uns schon ewig kennen. Und irgendwie tun wir das ja auch.
Jakub begrüßt mich nicht nur wie ein in die Jahre gekommenes Gebäude. Er umarmt mich auch. Ehe ich mich versehe, hat er die Arme um mich geschlungen. Ich zähle bis zwei. Zwei Sekunden sind die perfekte Dauer für eine Umarmung unter Kumpels. Alles andere wäre peinlich. Dank seiner kurzen Haare sehe ich sofort, dass Jakub neue Hörgeräte hat. In Eisblau.
„Schick, oder?“, sagt Jakub und lacht. „Die ersten, die nicht meine Haarfarbe haben.“ Früher fand Jakub seine Hörgeräte peinlich. Da war er überhaupt viel zurückhaltender. Das ist er jetzt nur noch, wenn wir viele neue Leute auf einmal treffen. Dann wird Jakub meist ziemlich still und lächelt und nickt viel. Ich mache Jakub ein Kompliment für das coole Blau seiner Hörgeräte – dann begrüße ich seinen Vater.
„Tach, Leon“, sagt Pawel lächelnd. „Seid ihr gut durchgekommen?“
Ich nicke. Das ist eine typische Erwachsenenfrage. Wen interessiert es schon, ob es hinter irgendeinem Kreuz stockenden Verkehr gab. Oder ob wir wegen Mia 50 oder doch nur 49 Pinkelpausen einlegen mussten. Wichtig ist doch nur, dass ich jetzt hier bin! Am liebsten würde ich Jakub direkt auf den Fremden ansprechen. Aber ich habe so eine Ahnung, dass das gerade kein passender Moment ist – mit Pawel in Hörweite. Also stelle ich Jakub stattdessen eine völlig unverfängliche Frage: „Ist Emily schon da?“
Jakub grinst bloß.
„Den Letzten frisst der Wels!“, ruft er und rennt los. Pawel ruft ihm etwas auf Polnisch hinterher, woraufhin Jakub sich noch einmal umdreht, um kurz zu winken. Ich mache, dass ich hinterherkomme. Eigentlich war meine Frage bescheuert. Denn Emily ist immer als Erste hier. Das liegt daran, dass ihre Oma Mabel Dauercamperin ist. Ihr Wohnwagen, ein hellgelber Oldtimer, steht das ganze Jahr über samt dem gestreiften Vorzelt auf dem Platz. Auch Mabels Garten ist beeindruckend, mit sechs verschiedenen Rosenarten und 17 identischen Gartenzwergen. Wegen denen wird Mabel von den anderen Stammgästen nur „Schneewittchen“ genannt. Das musste Emily ihr erst mal übersetzen. Denn ihre Oma, die aus England kommt, kannte nur „Snow White“. Emily spricht übrigens nicht nur Englisch, sondern auch Hindi. Und ich könnte schwören, dass sie auch Hunde versteht.
4. Kapitel
Wir kommen gerade rechtzeitig zur Tea Time. Mabel und Emily sitzen auf dem geblümten Sofa, vor ihnen steht ein üppig gedeckter Tisch. In der Mitte thront die dunkelgrüne Teekanne, umgeben von liebevoll angeordneten Gurkensandwiches und diesen süßen Brötchen, deren Namen ich mir einfach nicht merken kann.
„Lecker, Scones!“, ruft Jakub. „Darf ich?“
„Aber sicher, dear!“
Für Mabel sind fast alle dear. Sogar Berta, die Platzbetreiberin – und das will was heißen!
Emily begrüßt mich mit einem fetten Grinsen im Gesicht. „Hi Leon“, sagt sie und klemmt sich eine ihrer schwarzen Haarsträhnen hinters Ohr. „Ich hatte schon Angst, ihr kommt gar nicht mehr. Habt ihr euch verfahren, oder was?“
„Hä? Wie kommst du denn darauf?“, frage ich.
„Seit einiger Zeit macht sich hier irgendein Witzbold an den Wegweisern zu schaffen“, erklärt Emily, die sich gleich zwei Gurkensandwichs auf einmal genommen hat. „Manche werden übermalt, andere abgeschraubt und an falscher Stelle wieder aufgestellt.“
Ich zucke mit den Schultern. „Ich glaube, meine Eltern würden den Weg ins Hollercamp auch im Schlaf finden“, sage ich und lasse mich aufs Sofa fallen. Ich schnappe mir ein Sandwich und erkundige mich bei Mabel, was es sonst so Neues gibt. Mabel weiß immer alles. Bestimmt hat sie auch zu dem ominösen Fremden etwas zu sagen. Doch dann berichtet sie erst mal nur von einem neuen Dauercamper, der ihr total unsympathisch ist.
„Ein richtiger Bighead ist das“, sagt sie und schüttelt den Kopf. Dabei hält sie sich ganz vornehm und gerade, was ihren schneeweißen Dutt wie ein Krönchen wirken lässt. „Stellt euch vor: Er hat in seinem Garten einen Whirlpool aufgestellt. Da sitzt er jeden Abend drin, ohne Badehose, und trinkt eine Flasche Sekt.“
Emily muss lachen.
„Granny, was stört dich daran? Dass er nackt ist oder besoffen?“
„Beides!“, meint Mabel empört. „Der hat doch keine Manieren!“
„Anders als wir“, schmatzt Jakub mit vollem Mund.
„Hat der Neue schon einen Spitznamen?“, frage ich. Früher oder später bekommt jeder Dauercamper einen verpasst. Mabel schüttelt den Kopf.
„Angeblich ist er Polizist“, sagt Emily und schiebt sich noch ein Sandwich zwischen die Zähne. Ich kenne echt niemanden, der so viel essen kann wie sie. Und so oft. Emily braucht sechs Hauptmahlzeiten am Tag, mindestens.
„Echt wahr?“, frage ich nach. Das ist mal spannend! Die meisten Leute hier sind Normalos und haben ganz langweilige Berufe. Eben wie meine Eltern. Meine Mutter ist Erzieherin. Mein Vater Physiotherapeut. Schnarch.
„Auch wenn er furchtbar unsympathisch ist. Ich bin froh, dass er da ist“, meint Mabel und senkt ihre Stimme. „Wo dieser Fremde hier herumstrolcht.“
Ah! Endlich kommen wir zum eigentlichen Thema. Aber Emily winkt bloß ab und lässt die bunten Armreifen an ihrem Handgelenk klimpern.
„Ich weiß nicht, warum alle so ein Riesending daraus machen“, sagt sie. „Da wohnt halt ein Typ im Wald. Na und?“
„Der wohnt im Wald?“, frage ich.
„Genau das müssen wir unbedingt überprüfen“, meint Jakub. „Wir haben nur noch auf dich gewartet!“
Mabel greift nach meiner Hand. „Leon, dear“, sagt sie. „Du bist der Vernünftige von euch dreien. Versprich mir, dass ihr euch nicht allein dort herumtreibt. Ehe wir nicht wissen –“
„Granny, du liest zu viele Krimis“, unterbricht sie Emily und trinkt ihren letzten Schluck Tee.
„Maybe“, erwidert Mabel. „Aber besser Krimis lesen, als gar nichts lesen.“ Sie wirft Emily einen vielsagenden Blick zu.
„Aber ich lese doch“, sagt Emily unbeeindruckt. „Nachrichten und Statusmeldungen.“ Grinsend zieht sie ihr Handy aus der abgeschnittenen Latzhose, die gemeinsam mit den Armreifen so was wie ihr Erkennungszeichen ist. Bequem und praktisch – mit viel Platz für Werkzeug, Krimskrams – und eben das Handy. Das hat sie letztes Jahr bekommen, als ihre Eltern sich getrennt haben. Jakub hat auch eins, damit kann er sich im Notfall schriftlich verständigen, wenn er die Ersatzbatterien für seine Hörgeräte vergessen hat. Nur ich habe kein Handy. Ich bin eben echt zu bedauern mit meinen verliebten Eltern und meinen guten Ohren.
5. Kapitel
Die Zeit bis zum Abendessen verbringen wir am Ufer. Das machen wir immer, wenn alle auf dem Platz angekommen sind: Wir ziehen die Schuhe aus, setzen uns in den Sand und begrüßen den See.
„Hallooo“, ruft Emily über das Wasser. Von der Klippenwand am anderen Ufer schallt das Echo zurück: „Alooo!“
„Wir sind wieder da-aaa!“, rufe ich.
„Aaa“, antwortet der See.
„Wir freuen uns!“, ruft Emily.
„FRESSE!“
Hä? Ist das Echo kaputt?
„Wir freuen uns!“, versucht Emily es noch einmal lauter.
„HALT DIE FRESSE!“, schallt es zurück.
Jakub sieht mich irritiert an.
„Da schreit jemand, dass wir die Fresse halten sollen“, erkläre ich ihm. Jakub versteht einen am besten, wenn man ihn beim Sprechen direkt anguckt, dann kann er vom Mund absehen. Jakub runzelt die Stirn, auf einmal wirkt er verärgert. Langsam lässt er den Blick über den See schweifen.
„Da hinten ist jemand“, ruft er plötzlich ganz aufgeregt. „Da, auf der Klippe!“
Ich folge seinem ausgestreckten Zeigefinger mit den Augen, kann aber nichts erkennen.
„Hey du!“, brüllt Jakub über den See.
Ich kneife die Augen zusammen, kann aber immer noch nichts erkennen. Falls da am gegenüberliegenden Ufer wirklich jemand war, ist er jetzt weg. Dafür taucht jemand anderes auf. Direkt hier, bei uns: Berta. Ausgerechnet. Ich frage mich, wie ein Mensch, der so laut spricht, sich so leise anschleichen kann.
„Ihr seid hier nicht allein aufm Platz!“, motzt sie und stemmt die Hände in die runden Hüften. „Ich hab 1250 Plätze! Mit noch mehr Gästen! Und die wollen ihre Ruhe! Rumbrüllen könnt ihr zu Hause. Verstanden?“
Wir nicken brav. Auch wenn Berta samt ihrem Käppi höchstens 1,50 m ist – mit ihr legt man sich besser nicht an. Das macht auch die Rose auf ihrem Oberarm klar. Die hat mehr Stacheln als Blütenblätter.