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Was zur Hölle ist denn in diesem Herbst am Hollersee los? Das ganze Hollercamp ist voll von nervigen Schatzsuchern, die das ganze Gelände umpflügen. Ehe wir uns versehen, stecken Emily, Jakub und ich auch schon mitten drin. Dabei wollen wir doch nur eines: Dafür sorgen, dass schnell wieder Ruhe einkehrt. Was soll ich sagen? Wir waren schon erfolgreicher ... Erfolgsautorin Lena Hach erzählt im dritten Band der "Mission Hollercamp" von gierigen Schatzsuchern und genialen Freunden.
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Seitenzahl: 115
Veröffentlichungsjahr: 2021
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In der Reihe bisher erschienen:
Mission Hollercamp. Der unheimliche Fremde (Bd. 1)
Mission Hollercamp. Das verlassene Boot (Bd. 2)
Mission Hollercamp. Der rätselhafte Schatz (Bd. 3)
Für Oscar, der die besten Einfälle hat!
1. Kapitel
Im Sommer campen kann jeder. Da muss ja nicht mal das Zelt dicht sein. Echte Camper sind aber auch auf dem Platz, wenn es langsam ungemütlich wird. Wenn es zwischendurch schüttet wie aus Eimern, ein heftiger Sturm am Vordach rüttelt und die Nächte immer kälter werden.
Zugegeben, ich schlafe nicht im Zelt – sondern mit meinen Eltern in unserem alten Wohnmobil. Ein echter Camper bin ich trotzdem, genau wie meine besten Freunde Emily und Jakub.
Leider wohnen wir so weit voneinander entfernt, dass wir uns nur in den Ferien sehen. Glücklicherweise haben die gestern begonnen. Und nach einer ewig langen Fahrt heißt es jetzt endlich: Hallo, Hollercamp!
Als meine Mutter den Camper durch das Tor steuert, bin ich längst abgeschnallt. Aufgeregt hüpfe ich auf meinem Sitz herum. Meine Schwester Mia verdreht genervt die Augen.
Wir halten direkt neben Bertas Büro. Bevor man auch nur daran denkt, auf einen Stellplatz zu tuckern, muss man sich anmelden – es sei denn, man ist scharf auf einen Anpfiff von der Campingplatz-Chefin höchstpersönlich. Mein Vater springt aus dem Camper, um den Anmeldekram zu erledigen. Es dauert lange, bis er zurück ist. Viel länger als sonst.
Als er irgendwann wieder in die Fahrerkabine klettert, rutscht meine Mutter auf den Beifahrersitz.
„Die letzten Meter darfst du fahren“, sagt sie großzügig.
Mein Vater nickt nur. Dann schaut er in den Rückspiegel und als sich unsere Blicke treffen, seufzt er.
„Leon, du musst jetzt stark sein.“
„Hä?“, mache ich.
Mein Vater seufzt noch einmal. Wortlos hält er den Lageplan in die Luft. Obwohl wir Stammgäste sind, bekommen wir jedes Mal wieder dieses Papier, auf dem Berta fein säuberlich unseren Stellplatz markiert. Doch heute ist irgendwas an dem Plan falsch. Das sehe ich sofort.
„Moment“, sage ich. „Wir haben nicht die 282?“
„Wir haben nicht die 282“, wiederholt mein Vater. Dabei klingt er schrecklich müde.
Mia reißt sich die Kopfhörer von den Ohren.
„Was gibt’s?“, ruft sie nach vorne.
„Wir haben Leons Lieblingsplatz nicht bekommen“, erklärt meine Mutter.
„Uh“, macht Mia ungerührt und setzt sich schnell die Kopfhörer wieder auf. „Dann wird hier wohl gleich einer anfangen zu heulen.“
Natürlich fange ich nicht an zu heulen. Auch wenn ich das vor ein paar Jahren vielleicht noch getan hätte. Meinetwegen auch noch im letzten Jahr. Denn es stimmt schon: Ich habe die Dinge gern so, wie sie immer sind. Veränderungen sind einfach nicht meins. Davon mal abgesehen, ist Stellplatz 282 einfach der beste. Ganz objektiv. Aber wie gesagt, ich heule nicht. Ich mache etwas Besseres: meinen Eltern Vorwürfe.
„Warum habt ihr denn nicht reserviert?“, motze ich.
„Haben wir in den Herbstferien noch nie“, verteidigt sich meine Mutter. „Da war immer so viel frei …“
Frei. Das ist das Stichwort.
Meine Mutter bricht ab und schaut aus der riesigen Windschutzscheibe. Als ich ihrem Blick folge, bleibt mir der Mund offen stehen. Auf dem Campingplatz herrscht ein einziges Gewimmel und Gewusel. Vor dem Lädchen hat sich eine Wahnsinnsschlange gebildet. Und auch der Spielplatz ist total überfüllt. Dabei ist die Saison doch längst vorbei. Man kann es nicht anders sagen: Auf unserem Campingplatz ist die Hölle los – wie im Hochsommer! Aber … warum?
2. Kapitel
Im Schneckentempo tuckern wir über das Gelände zu dem Stellplatz, den Berta uns zugewiesen hat. Es geht nur langsam voran, weil der Kiesweg voller Menschen ist. Auch die Zelte stehen dichter als sonst – oder kommt mir das nur so vor?
„Leute, was ist denn das da?“, ruft Mia. „Hat hier eine Maulwurf-Invasion stattgefunden?“
Maulwurf-Invasion? Ich verstehe nicht gleich, worauf Mia hinauswill. Erst, als sie auf die Liegewiese deutet, sehe ich, was sie meint. Erdhügel. Viele braune Erdhügel. Die gesamte Wiese ist damit übersät. Von Maulwürfen stammen diese Hügel allerdings nicht. Denn auf der Liegewiese wird gebuddelt!
Und wie! Nicht mit Babyspielzeug für den Sandkasten. Nein, mit richtigen GERÄTSCHAFTEN. Da rammt ein Mann gerade einen beeindruckenden Spaten in die Erde. Dort sind zwei Frauen mit Spitzhacke zugange. Was hat das zu bedeuten?
Das scheinen sich auch meine Eltern zu fragen. Mein Vater ist so abgelenkt, dass er beinahe einen rundlichen Mann mit Schippe über den Haufen fährt.
„Tschuldigung!“, ruft mein Vater aus dem Seitenfenster.
Er ist ziemlich zerknirscht – denn das war echt knapp. Doch der Mann, der fast auf unserer Windschutzscheibe geklebt hätte, lächelt.
„Nix passiert!“
Er trägt eine Fleeceweste und darunter ein blassrosa T-Shirt, auf dem STELLPLATZ-KÖNIG steht. Solche Sprüche tragen meistens Dauercamper auf ihren Klamotten. Aber eines weiß ich sicher: Diesen Typen mit seinem Stoppelbart und der kleinen silbernen Brille habe ich hier noch nie gesehen. Er kommt näher, um sich vorzustellen.
„Ich bin der Frieder“, sagt er fröhlich zwinkernd. „Helfe meinem Kumpel hier, seinen Wohnwagen zu renovieren.“
„Lass mich raten!“, ruft mein Vater. „Dein Kumpel ist Knorke?“ Darauf hätte ich jetzt auch getippt. Knorkes Wohnwagen ist so was wie eine Dauerbaustelle und das nicht erst seit dem großen Unwetter diesen Sommer.
„Mein Kumpel heißt Knorke und der ist knorke“, erwidert Frieder lachend. Mein Vater lacht auch. Dann geht er dazu über, unsere gesamte Familie vorzustellen. Mein Vater liebt neue Bekanntschaften. Ich hingegen hätte große Lust, mich so langsam mal um meine alten Bekanntschaften zu kümmern.
Nachdem mein Vater und Frieder sich zum Abendbierchen verabredet haben, setzen wir uns endlich wieder in Bewegung. Weiter geht es durch die merkwürdig umgepflügte Hügellandschaft. Bis zum Stellplatz mit der unglückseligen Nummer 527. Und dann auch noch ohne Seeblick. Ich muss sagen: Unsere Ferien haben schon deutlich besser angefangen.
3. Kapitel
Meine schlechte Laune verfliegt sofort, als ich Emily und Jakub entdecke. Wie nicht anders zu erwarten, sitzen sie unten am See. Ihre Beine baumeln im Wasser, zwischen ihnen steht eine Tüte Chips. Wenigstens hier ist alles wie immer. Mir fällt wieder auf, wie sehr ich den Campingplatz gerade im Herbst mag. Das Licht ist so besonders und lässt die Blätter an den Bäumen beinahe golden funkeln. Wenn ich ein Handy hätte, würde ich ein Foto machen. Von Emily, die eine ihrer geliebten Latzhosen trägt, und von Jakub, der kurz vor der Abreise offenbar wieder unter den Haarschneider seiner Mutter geraten ist.
Ich stehe nicht weit entfernt am Hang und will ihnen am liebsten zurufen, dass ich endlich da bin. Aber das kommt mir dann doch etwas zu dramatisch vor. Also begnüge ich mich damit, so schnell wie möglich durch das raschelnde Laub zu ihnen zu laufen. Blöderweise komme ich dabei ins Rutschen, ich stolpere, fliege über einen Stein und lande – Bämmm! – auf der Nase.
„Verdammter Mist!“
Ich habe den leisen Verdacht, dass der falsche Stellplatz mit der ungeraden Zahl an meinem Sturz nicht ganz unschuldig ist. Bestimmte Dinge bringen einfach Unglück.
Immer noch fluchend rapple ich mich wieder auf. Das bekommt auch Emily mit. Einigermaßen verdutzt dreht sie sich um. Und als Emily sich umdreht, blickt auch Jakub über seine Schulter. Sobald er mich sieht, beginnt er zu strahlen. Jakub ist schwerhörig, weshalb er mein Gefluche wahrscheinlich nicht mitgekriegt hat. Da hat er ehrlich gesagt auch nicht viel verpasst. Denn eine freundliche Begrüßung sieht anders aus.
„Hallo, Leon, altes Haus!“, ruft Jakub.
Zum Beispiel so.
„Hallo!“, rufen jetzt auch Emily und ich.
Dann grinsen wir wie blöd, vor lauter Wiedersehensfreude, und umarmen uns. Jakub kann das richtig gut. Leute fest drücken, meine ich. Ich weiß dann nie, wohin mit meinen Armen. Als hätte ich ein paar zu viel.
„Geht’s?“, fragt Emily mit Blick auf meine Knie.
Ich nicke. Schwürfwunden gehören zum Campen dazu. Genauso wie Mückenstiche.
„Ich hätte ja eher erwartet, in eines der riesigen Buddellöcher da oben zu fallen“, sage ich und deute Richtung Liegewiese. „Was ist da eigentlich los? Hat Berta Dinosaurierknochen gefunden oder was?“
Es soll ein lustiger Spruch sein. Doch Emily und Jakub lachen nicht. Sie wechseln bloß einen merkwürdigen Blick. In dem Moment werden mir zwei Dinge klar: Erstens, meine Freunde wissen mehr als ich. Zweitens, die Angelegenheit ist ernst. Ernster, als ich dachte.
4. Kapitel
Ehrensache, dass Emily und Jakub mich einweihen. Wie man das unter Freunden eben so macht. Was sie erzählen, ist allerdings mehr als unglaublich …
Das Hollercamp gehört Berta in der dritten Generation. Sie ist hier quasi aufgewachsen. Und obwohl sie einiges anders macht als ihre Mutter und deren Mutter, pflegt Berta doch gewisse Traditionen. Eine dieser Traditionen ist das Pfingstfeuer, das in diesem Jahr wegen den fiesen Vier leider ausgefallen ist. Die haben das mit literweise Wasser sabotiert! Eine andere Gewohnheit von Berta ist das Erzählen von bestimmten Geschichten. Zum Beispiel über den Riesenwels, der angeblich im See lebt und vor dem ich früher eine Wahnsinnsangst hatte. Und dann ist da noch die Sache mit dem Schatz.
Emily, Jakub und ich kennen die Geschichte auswendig. So oft hat Berta sie schon erzählt, wenn alle am Lagerfeuer zusammensaßen. Weil wir Stammgäste die Geschichte immer wieder einfordern. Sie ist aber auch wirklich gut. Die Kurzfassung geht ungefähr so:
Bertas Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Großmutter Dora war eine Piratin. Sie hat das allerdings nicht nur gespielt, so wie wir früher am Ufer des Hollersees. Nein, Dora ist unerschrocken – und garantiert auch ohne Sonnencreme – echt über die Weltenmeere gesegelt. Dabei ist sie regelmäßig gekentert. Einmal ist sie auf einer einsamen Insel gestrandet. Nachdem ihr erst eine Kokosnuss auf den Kopf gefallen und sie dann in einen Seeigel getreten ist, hat sie auf der Suche nach einer Wasserquelle schließlich einen Schatz gefunden. Eine alte Kiste, vollgepackt mit Goldmünzen, Juwelen und Diamanten. Ein Diadem war auch dabei. Das hat sie sich angeblich direkt aufgesetzt. Wie auch immer, irgendwie hat es Dora von dieser Insel auch wieder runtergeschafft. Samt Schatz. Wie ihr das gelungen ist, variiert in Bertas Erzählungen. Mal hat sie sich einen Heißluftballon gehäkelt. Mal wurde sie von einem Wal gerettet. Fest steht, dass sie irgendwann wieder auf dem Festland angekommen ist. Seitdem ist der Schatz von Generation zu Generation weitergegeben worden. Bis Bertas Oma schließlich ein paar Goldmünzen eingetauscht hat – gegen den Campingplatz. Beziehungsweise gegen eine freie Fläche am See. Und – jetzt kommt der wichtigste Teil der Geschichte – hier, irgendwo auf der von Kiefern gesäumten Liegewiese hat Bertas Oma den Rest des Schatzes vergraben.
Die Geschichte ist ohne Zweifel grandios. Sie ist genauso grandios wie erstunken und erlogen. Doch Letzteres scheint all die Leute, die plötzlich auf dem Campingplatz aufgetaucht sind, nicht zu stören. Denn laut Emily und Jakub sind sie hier, um den Schatz zu finden. Den Schatz, den es gar nicht gibt.
5. Kapitel
„Das glaubt ihr ja wohl selbst nicht!“
Ehrlich gesagt, bin ich ein bisschen beleidigt, dass Emily und Jakub mich für so blöd halten.
„Ich wollte es zuerst auch nicht glauben“, meint Emily.
Jakub nickt. „Am besten, du überzeugst dich selbst.“
Und genau das habe ich vor!
Ohne ein weiteres Wort stapfe ich den Hang hoch. Den Blick fest auf den Boden vor mir gerichtet, damit ich mich nicht noch mal auf die Fresse lege. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Emily und Jakub mir folgen.
„Sag mal, wir haben doch keinen Streit, oder?“, fragt Jakub, als wir an der Liegewiese ankommen.
Noch nicht, denke ich. Aber das könnte sich gleich ändern. Es ist einfach blöd, dass ich mit meiner Lahmarsch-Familie immer als Letzter auf dem Platz ankommen muss. Dann habe ich schon so viel verpasst.
„Hey, das ist mein Bereich!“
Als ich aufsehe, blicke ich in die blitzenden Augen einer großen blonden Frau in zerrissenen Jeans. Sie hält einen gigantischen Spaten in der Hand. Doch noch beeindruckender als der Spaten sind ihre Muckis.
„Das ist mein Bereich!“, zischt sie noch einmal und zieht mit dem Spaten einen großzügigen Halbkreis um sich herum.
„Ich, äh, ich w-wollte nur mal gucken, was ihr hier macht“, stammle ich.
„Was wir hier machen?“ Die Frau stellt einen Fuß auf den Spaten und sieht mich beinahe spöttisch an. „Gegenfrage: Was machst du hier?“
Ich zucke mit den Schultern. „Herbstferien.“
Die Frau lacht auf. „Hey, Amadou“, ruft sie. „Hast du das gehört? Das Kerlchen ist tatsächlich zum Campen hier!“
Ein Typ mit kurzem Afro und knallgelben Shorts sieht kurz auf.
„Beneidenswert“, murmelt er und konzentriert sich schon wieder auf den Lageplan in seinen Händen.
„Nichts für ungut“, sagt die Frau, die auf einmal weniger Furcht einflößend wirkt. „Ich dachte, ihr wärt Konkurrenz.“
„Sind wir nicht“, stellt Emily noch einmal klar. „Und es wäre toll, wenn Sie meinem Freund Leon verraten könnten, was Sie hier tun. Was hier jeder tut.“ Emily macht eine ausladende Bewegung mit den Armen. „Er glaubt uns nämlich nicht. Ich verspreche auch hoch und heilig, dass wir nicht anfangen zu buddeln.“
„Wir haben nämlich Besseres zu tun“, fügt Jakub leise hinzu. Doch den Kommentar überhört die Frau. Sie legt den Kopf schief und denkt eine Weile nach.
„Okay“, sagt sie schließlich mit gesenkter Stimme. „Wir –“
„Ja?“
Amadou nickt ihr bestärkend zu.
Da räuspert sich die Frau und kommt noch einen Schritt näher. „Wir … wir suchen einen Schatz.“
Ich fasse es nicht. Hat sie das wirklich gerade gesagt?
„Aber: Es gibt hier keinen Schatz!“, rufe ich laut.
„Pscht“, machen die Frau und Amadou gleichzeitig. Und alle anderen Leute, die in dem Moment die Liegewiese umpflügen. Zumindest kommt es mir so vor. Ich schwöre: So viele böse Blicke auf einmal habe ich noch nie abgekriegt.
6. Kapitel
„Im Ernst“, sage ich noch einmal leiser. „Das mit dem Schatz hat sich Berta doch nur ausgedacht.“
Ich finde, die beiden sollten ihre Zeit nicht mit sinnlosem Rumstochern verschwenden. Auch, wenn sie mich gerade so angemotzt haben.
„Wer ist Berta?“, fragt Amadou, der sich nun doch für uns zu interessieren scheint. Den Lageplan hat er jedenfalls weggesteckt.
„Berta ist hier die Chefin“, erklärt Jakub.