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Kluge Menschen empfinden inzwischen oftmals die zwischenmenschliche Kommunikation als sehr belastend. Auch wenn man sich selber einer konkreten Ausdrucksweise, gezielter Wortwahl, präziser Artikulation bedient, wird man heutzutage nicht mehr verstanden. Mancher von denen weigert sich auch schon oft, sich ständig zu wiederholen oder immer noch neue Simultanübersetzungen zu bereits vollkommen konkret Formuliertem abzugeben. Man fragt sich als Denkender immer häufiger: Was bitte war daran jetzt bitte nicht auf Anhieb zu verstehen?! Die Autorin beleuchtet die von Paul Watzlawik entwickelten -Fünf Axiome der Kommunikation- unter heutigen Maßgaben und beleuchtet, warum Internet-Kommunikation oft nicht funktioniert.
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Seitenzahl: 88
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Kommunikation der Moderne
Virtuelles Chaos
Kluge Menschen empfinden inzwischen oftmals die zwischenmenschliche Kommunikation als sehr belastend. Auch wenn man sich selber einer konkreten Ausdrucksweise, gezielter Wortwahl, präziser Artikulation bedient, wird man heutzutage nicht mehr verstanden. Mancher von denen weigert sich auch schon oft, sich ständig zu wiederholen oder immer noch neue Simultan-Übersetzungen zu bereits vollkommen konkret Formuliertem abzugeben. Man fragt sich als Denkender immer häufiger: „Was bitte war daran jetzt bitte nicht auf Anhieb zu verstehen?!“ Das Problem liegt meiner Meinung nach daran, das - gerade die neuen Leute - aber auch viele alte - alle gefickt sind von Google und Alexa. Die haben alle irgendwie ein neues Gen: „Selber denken - warum noch mal?!“ Alles, was sich nicht beim einmaligen, spontanen Hindenken und geistigen drüber hinweg schrapen sofort einwandfrei entbietet, wird mit ??? zurück gebombt: „Annahme verweigert!“
Auch Witze werden heute nicht mehr verstanden, und wenn man selber Charme, Hintersinn und Mutterwitz besitzt, muss man erkennen, dass dies den meisten Leuten heutzutage, und insbesondere den jungen, in erschreckender Weise völlig abgeht. Witze oder Hintersinnigkeiten laufen komplett ins Leere oder werden sogar als Angriffe erlebt. Jugendliche verstehen heute keine verbalen Abwege, Wortwitze oder Doppelsinnigkeiten mehr, denn das würde ja auch bedeuten, dass sie das Gesagte decodieren müssten - etwas sie, warum auch immer, jedoch heute nicht mehr können. Einen Witz zu verstehen heißt: frei zu sein im Kopf, Platz zu haben einen Gedanken sich bewegen zu lassen, zu sehen, wie der zur Tür raus will, es nicht schafft, und dann voll auf den Rücken fällt: Ha, ha, ha! Das verstehen die modernen Menschen nicht mehr, denn dann müssten sie ja selber denken. Das habe ich auch daran erkannt, dass Echo zum Beispiel als Witz des Tages immer wieder „Klein Fritzchen“-Witze erzählt. Die gehören in eine Altersklasse, da waren die Siebziger-Kinder fünf bis zehn – und ehrlicherweise waren die schon damals nicht besonders komisch, sondern eher platt. Genausowenig komisch wie die Pest der Häschenwitze: Kommt ein Häschen zum Schlachter: „Hattu kalte Platte?“ „Ja, klar“ „Muttu Mütze anziehen!“ Nicht witzig. Darüber lacht man heute wieder, weil es zu mehr anscheinend nicht mehr reicht ...
Es ist nicht nur eine andere Art zu kommunizieren, es ist eine völlig andere Art leben zu müssen. Und ich sage „zu müssen“, weil niemand, der aktiv an der Gesellschaft teilnehmen will, sich diesem Fortschritt entziehen kann. Er muss die neuen Medien nutzen, und er wird in ihren unguten Sog hineingezogen werden, egal wie ehrgeizig, altmodisch und funktional er selber auch noch kommunizieren mag!
Damals haben wir uns einfach gegenseitig angerufen, uns hoffentlich dann auch irgendwann erreicht, haben sorgsam alles vereinbart, sind zusammen die möglichen störenden Eventualitäten durchgegangen, und dann war das fest ausgemacht. Wir haben uns an einem bestimmten Ort, zu einer bestimmten Zeit verabredet, und da war Pünktlichkeit dann nicht nur ein Muss, sondern als Bestandteil unser aller Erziehung somit jedem auch ein wichtiges persönliches Anliegen. Ein gelungenes Treffen war immer mit einer gewissen Überwindung, Anstrengung, und auch manchmal tatsächlich etwas Glück verbunden. Trotzdem haben 95% aller Verabredungen damals auf Anhieb geklappt! Wir hatten noch Respekt vor Lebenszeit, Zusagen und Zuverlässigkeit. Das ist heute hingegen vollkommen verschwunden! In aller Regel erhalten Wartende zwei Minuten nach dem Treffen die Nachricht: „Verspäte mich um fünf Minuten!“ Und nach wieder fünf Minuten, poppt schon die nächste Verspätungs- Meldung auf ... Weil, wenn man schon zu spät kommt, ist es auch schon völlig egal, wie lange – soweit der gültige Duktus heute. Warum soll man sich auch bitte bemühen den Bus zu kriegen, wenn man sich mit einer einzigen Whatsapp die ganzen lästigen Anstrengungen auch ersparen kann …?! Und es klappt, denn alle spielen mit!
Unterwegs überhaupt erreichbar zu sein oder mal telefonieren zu können, war damals ein Luxus, den man sich nur in, hoffentlich nicht demolierten, hoffentlich gehenden, hoffentlich nicht nur mit Karte funktionierenden, hoffentlich nicht besetzten, stinkenden Telefonzellen gönnen konnte, in denen sich, innerhalb von nur drei Minuten, komplett die Scheiben beschlugen. Darum stand wahrscheinlich auch draußen in einer Sprechblase dran: „Fasse Dich kurz!“ Ging ja auch gar nicht anders … Und wenn man dann die zuhause sorgsam auf den Zettel gekrickelte Nummer nicht wiederfinden oder korrekt lesen konnte, war man in aller Regel völlig verloren. Denn irgendein liebender Mitbürger hatte die entsprechende Seite sicherlich schon für sich selber aus dem Telefonbuch herausgerissen – falls das keimige Ding nicht sowieso schon abgebrannt, ersäuft oder anderweitig völlig zerstört worden war …
Der Eintritt der neuen Kommunikation in unser aller Leben hat die gesamte Art wie wir kommunizieren verändert, indem seine Benutzer die Regeln kurzerhand auf das gesamte Leben ausgedehnt haben. Die Sprache ist schon heute, nur zwanzig Jahre nach dem Beginn der virtuellen Realität, völlig verflacht und verarmt. Einige Menschen kommunizieren schon digital nur noch mit Emoticons, und machen damit dann im echten Leben gleich mal weiter, indem sie eine Äußerung mit „grins“ kommentieren. Sie haben uns also ein Emoticon spendiert … wie süß.
Und der Tod der Kommunikation, ist meiner Meinung nach auch die herrschende Schnelligkeit. Man muss dazu allerdings konstatieren: „Erleichtertes Antworten erschwert das Antworten!“ Und zwar, weil wir wegen der trügerischen Geschwindigkeit entweder zu kurz, zu schnell oder gar nicht mehr antworten! Diese Bedienungsfehler machen nicht nur die Geschwindigkeitsvorteile hinfällig, sondern stören oder zerstören sogar die Kommunikation teilweise auch ganz. Die mögliche Geschwindigkeit lässt uns viel unbedachter antworten, als noch bis vor einiger Zeit. Außerdem stehen wir alle unter dem namenlosen Echtzeit-Druck, insbesondere, wenn unser „online“-Status ständig sichtbar ist. Wieso liest der das jetzt nicht?! Wieso sagt der dazu jetzt nichts?! Wir können uns das in Messenger-Zeiten heute nicht mehr erlauben eine Nachricht noch nicht gelesen oder gar nicht erst gekriegt zu haben!
Ich denke, darüber besteht für niemanden mehr ein Zweifel: Wir leben heute in einer völlig anderen Welt, als noch vor 20 Jahren! Der moderne Mensch hat sich rückhaltlos dem Internet anheim gegeben, und sich ihm bereits völlig versklavt, doch er begreift oder beherrscht diese neue Welt überhaupt nicht! Und so, wie er es heute benutzt, funktioniert es nicht, weil es nur die Qualität einer Illusion hat. Denn weder versteht er die Gesetzmäßigkeiten, noch die Gefahren, die insbesondere durch die Verzerrung ins Irreale drohen. Unser ganzes Leben hat sich mit dem Internet ins Unwirkliche und Abstrakte verschoben, und es kommunizieren dort keine Menschen mehr miteinander, sondern nur noch virtuelle Entitäten. Und die behandeln sich gegenseitig auch so, als seien sie keine fühlenden Wesen, sondern seelenlose Nicknames, die nur spielerisch im Internet agieren, in dem Anliegen sich einen Nutzen zu generieren. Da sie es nicht mit „Menschen“ zu tun haben, ist auch das Bewusstsein, dass ein anderer Mensch zahlen wird müssen, gelöscht. Die meisten Menschen verstehen und akzeptieren die Realität des Internets nicht, und halten es für einen rechtsfreien Raum, in dem mitmenschliche Werte wie Respekt, Ehrlichkeit, Authentizität, Anstand und Moral nichts mehr gelten. Sie haben auch von sich aus nicht das Bedürfnis diese Werte zu etablieren. Sie müssen es ja auch nicht tun, also nutzen sie diese Nische weidlich aus! Jeder spielt dort sein Spiel, und stellt sich dort so gut dar, wie es nur irgend möglich ist. Dazu verschleiert er sowohl seine eigene Realität, als auch seine echten Anliegen, um andere für sich einzunehmen. Die Regel lautet: „Hey, nimm Dich nicht so ernst! Sag halt was Lustiges und dann guck mal, ob es Spaß wird – es geht doch um nichts!“
Respekt ist der Beginn von allem, was mit Menschen, und damit auch mit Kommunikation zu tun hat. Respekt heißt eigentlich nur: Jemanden vollkommen sehen. Es gibt vertikalen, also hierarchischen, und horizontalen, also gleichwertigen Respekt. Im Lateinischen heißt Respekt: Rückschau, Einschätzung, Betrachtung im Sinne von Beurteilung. Respekt bezeichnet eine Form der Wertschätzung, Aufmerksamkeit und Ehrerbietung gegenüber einem anderen Lebewesen, einer Auffassung oder Institution. Antonyme sind: Respektlosigkeit, Missachtung, Ressentiment, Verachtung, Geringschätzung, Herablassung, Demütigung, Kränkung oder Misshandlung. Respekt beinhaltet folgende Aspekte: Achtung, Anerkennung, Autorität, Furcht, Toleranz, Vorsicht. In der Kommunikation und in Beziehungen bedeutet Respekt, dass man Personen mit einer förmlichen Achtung, Rücksichtnahme, und einer eher demütigen Haltung begegnet.
Doch unsere modernen Unterhaltungsmedien zerstören in erster Linie absichtlich den Respekt, um so etwas wie „Spaß“ und seichte Unterhaltung zu erzeugen. Respektlosigkeit wird heutzutage gefeiert und beklatscht, nicht mehr beweint und mit Fremdschämen bedacht. Alleine schon Leute wie Harald Schmidt und Dieter Bohlen haben eine Armee von Trollen, die ihnen den ganzen Tag respektlose Kommentare schreiben, die dann die Moderatoren begierig anzubringen versuchen. Ziel ist es, sich über den Gesprächspartner zu erheben, und ihn genüsslich zu demütigen, zu verletzen, und auch gerne psychisch zu zerstören ... Nur für einen Saalwälzer, aber das vor aller Augen. Mit einem solchen Lacher kann man heute das psychische Gleichgewicht eines Menschen zerstören, der dabei nicht mal besonders ungefestigt sein muss. Es ist im Endeffekt nichts, als ein hemmungsloses Mobbing. Und sowas wird heute beklatscht, belacht, hundertfach vervielfältigt und geliked … Mancher „Gast“ von Talk- oder Talentshows landet hinterher beim Psychiater! Es gibt schon ein Phänomen, das man „Camera Nakening“ nennen könnte, das ist das, was mit ungeprägten Leuten vor einer Kamera passiert, die in die Fänge eines geschickten, und amoralischen Interviewers geraten! Natürlich wiederholt sich so ein Verhalten dann auch im Internet, denn gerade dort wird in der Anonymität cyber-gemobbt, bis sich die Kriminalpolizei irgendwann einschaltet oder sich das Opfer endlich doch noch umgebracht hat – was dann aber auch nur beklatscht wird. Gerade die jüngere Generation wächst völlig frei von gesellschaftlichen Werten auf, und imitiert das, was ihnen ihre „Stars“ da vorleben völlig unreflektiert, und von jeder Ethik und Moral unangekrankelt.
Schon in der echten Kommunikation und im echten Leben gibt es ja immer auch Asymmetrien. Diese entstehen durch schlichte Missverständnisse oder weil der Eine jetzt etwas erwartet oder braucht, das der andere aber nicht versteht, nicht liefern kann oder will. Diese Weigerung das für den Einen „ja nun ganz natürliche“ gerne darzustellen, wird von einigen Menschen nun bereits als Respektlosigkeit empfunden. Dabei ist es einfach nur eine klassische Asymmetrie, und in aller Regel völlig wertneutral – zumeist sogar auch noch unbewusst. Die meisten Asymmetrien in der Kommunikation entstehen übrigens immer dann, wenn Menschen mit emotionalen Anliegen hantieren! Eigentlich ist es ganz einfach: Menschen mit emotionalen Anliegen haben immer einen Konflikt! Konflikte machen Stress! Über Stress möchte man reden, um ihn aufzulösen! Dafür braucht man vom angepeilten Gesprächspartner zwei Dinge: Raum und Empathie! Und hier fangen die Probleme an! Noch bis zur Jahrtausendwende waren Menschen oft bereit zumindest Raum anzubieten, indem der Geplagte sich mal ausformulieren konnte. Und das alleine half ja nun auch schon mal: Jemanden zu haben, der einem wenigstens zuhörte, das Gesagte abnickte, und ihm so Realität gab, tat ja schon unglaublich gut. Das gibt es heute aber nicht mehr ... Alle Leute sind randvoll gestopft mit ihren eigenen Angelegenheiten, und haben keinen Raum mehr, sich um die Dinge, die andere belagern, zu kümmern. Eine fatale Gegenbewegung hingegen ist die Jagd nach Raum für sich selber. Denn die Übervollen brauchen ihrerseits dringend jemanden, der etwas aufnimmt von ihrer Last! Das führt zu äußerst asymmetrischen Beziehungen, in denen der Volle sich rücksichtslos ablädt, dann aber verdunstet, bevor der andere auch mal was losgeworden ist. Ein völlig respektloser Mißbrauch, das einen der Beteiligten empfindlich energetisch schädigt.
Das nächste Problem ist die Empathie