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Gay Romance – Kurzgeschichte Es ist Rosenmontag, als Ingo und Simon sich zufällig begegnen. Schon einmal haben sich an diesem Tag ihre Wege gekreuzt. Lang ist es her … Ca. 7000 Wörter Im normalen Taschenbuchformat hätte diese Geschichte ungefähr 35 Seiten.
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Es ist Rosenmontag, als Ingo und Simon sich zufällig begegnen. Schon einmal haben sich an diesem Tag ihre Wege gekreuzt. Lang ist es her …
Ca. 7000 Wörter
Im normalen Taschenbuchformat hätte diese Geschichte ungefähr 35 Seiten.
von
Sandra Gernt
Ingo schlenderte die Straße entlang. Er hatte es nicht eilig. Seine Begleitung hatte es noch viel weniger eilig als er – Boarder Collie-Dame Roxanna war schon vierzehn Jahre alt und ließ sich nicht mehr hetzen, wenn es keinen expliziten Grund dafür gab. Sie trabten also gemeinsam gemütlich dahin. Die Straße war gepflastert von Müll, aufgerissenen Süßigkeitenpackungen und verschmähten Kamellen. Der Rosenmontagsumzug war gerade erst gut vor einer Stunde durchgekommen. Wie üblich hatte Ingo bloß vom Fenster seiner Wohnung aus zugesehen, das war ihm genug Aufregung.
Als Kind hatte er natürlich stets am Straßenrand gestanden und als Cowboy, Pirat oder Geist verkleidet gejubelt und wie ein Wilder Bonbons und Schokoriegel und Lutscher gesammelt. Da musste man extrem schnell und auch standfest sein, denn sowohl betrunkene Jugendliche als auch einige äußerst unangenehme Erwachsene hatten kein Problem damit, kleinen Kindern die Beute aus den Händen zu reißen. Besonders dann, wenn man es geschafft hatte, Chipstüten zu ergattern, die besonders begehrt waren, oder ganze Schokoladentafeln. Zum Glück waren seine Eltern immer dabei gewesen und hatten ihn verteidigt, wenn die Erwachsenen gar zu zudringlich wurden. Die waren tatsächlich oft skrupelloser als die betrunkenen Jugendlichen, zudem stand- und reflexsicherer.
Irgendwann hatte der Straßenkarneval seinen Reiz verloren, für Ingo jedenfalls. Seine Süßigkeiten konnte er sich selbst kaufen und wenn er feiern gehen wollte, traf er sich lieber mit ausgewählten Freunden, statt mit tausenden Fremden in einem Zelt zu stehen und viel zu viel Geld für Alkohol zu zahlen, der ihm sowieso nicht schmeckte.
Als Introvertierter hatte man schnell den Stempel „Sozial gehemmter Langweiler“ auf der Stirn. Was Unfug war. Er hatte gerne Gesellschaft, er hatte gerne Spaß. Er suchte sich bloß sehr genau aus, mit wem er seine Zeit teilte. Zum Glück waren mit zweiunddreißig Partys nicht mehr der Riesenfaktor wie damals als Jugendlicher. Und zum Glück verurteilte Roxanna ihn nicht, sondern begrüßte es vielmehr, dass er die ruhigen Seiten des Lebens zu schätzen wusste. Leider besaß er keine Freunde mehr, die in der Nähe wohnten, sondern hielt über das Internet Kontakt … Na ja, irgendwas war ja immer.
Als sie sich der Straßenecke näherten, wo sie für gewöhnlich umdrehten und wieder nach Hause zurückkehrten, stutzte Roxanna plötzlich. Für einen Moment lauschte sie intensiv. Dann begann sie an der Leine zu zerren. Ingo beschleunigte, um mit ihr Schritt zu halten. Er wusste, es wäre grundlegend falsch, sie aufhalten zu wollen. Boarder Collies waren Hüte- und Beschützerhunde. Irgendjemand brauchte gerade Hilfe. Oft schon hatte Roxanna aus dem Nest gefallene Küken, Eichhörnchenbabys und andere verletzte Wildtiere gefunden, die Ingo dann zu geeigneten Rettungsstellen gebracht hatte. Auch eine angefahrene Katze konnte er retten und in eine Tierarztklinik bringen, wo sie operiert und danach ihren Besitzern zurückgegeben wurde. Einmal war es ein alter Herr gewesen, der mit Kreislaufproblemen Hilfe benötigte. Roxanna und ihr untrügliches Feingespür für das, was wichtig war, waren eben großartig.
Als sie um die Ecke gebogen waren und sich mit großen, eiligen Schritten dem Parkplatz eines Supermarktes näherten, hörte Ingo aufgeregte Stimmen. Eine Gruppe männlicher Jugendlicher bedrängte ein junges Mädchen. Die Jungs waren verkleidet und sichtlich betrunken, obwohl sie garantiert noch ein Stück vom sechzehnten Geburtstag entfernt waren. Das Mädchen sah aus, als wäre sie höchstens zwölf. Auch sie war verkleidet, wie die meisten Leute, die sich an diesem Rosenmontag im weiten Umfeld von Köln auf der Straße befanden. Was genau ihre knallbunten Klamotten, die schwarze Perücke und der auffällige Schmuck darstellten sollten, wusste Ingo nicht. Es spielte auch keine Rolle. Die Kerle bedrängten sie und ihr ging es definitiv nicht gut dabei. Sie weinte und wiederholte immer und immer weiter: „Geht weg, ich will nach Hause!