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Der Tod lauert unter Deck … Der Kriminalroman »Mord im Trockendock« von Bestseller-Autor Ole Hansen jetzt als eBook bei dotbooks. Warum setzen internationale Geschäftsleute alles daran, dieses Verbrechen zu vertuschen? Der »Stern von Afrika«, einer der wertvollsten Diamanten aller Zeiten, wurde in Kapstadt gestohlen – und es gibt Hinweise darauf, dass das Juwel nach Hamburg gebracht wurde. Genau der richtige Auftrag für die Privatdetektive Arne Claasen und Dr. Marten Hendriksen, denn niemand kennt die Hansestadt besser als der Ex-BND-Agent und der Pathologe. Als jedoch bei der Einweihungsfeier von Europas größtem Trockendock eine Leiche gefunden wird, die mit dem Diamantenraub in Verbindung zu stehen scheint, wird der Fall brenzlig: Wie weit werden die Verbrecher noch gehen, um ihre Beute zu sichern? Für Claasen und Hendriksen beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit – in einer düsteren Halbwelt aus Korruption und Habgier, in der ein einziger Fehltritt schnell mit dem Leben bezahlt wird … Jetzt als eBook kaufen und genießen: »Mord im Trockendock« von Ole Hansen ist der zweite Band der packenden Spannungsreihe um Hamburgs Top-Ermittler Claasen & Hendriksen, deren Einzelbände unabhängig voneinander gelesen werden können. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 337
Über dieses Buch:
Warum setzen internationale Geschäftsleute alles daran, dieses Verbrechen zu vertuschen? Der »Stern von Afrika«, einer der wertvollsten Diamanten aller Zeiten, wurde in Kapstadt gestohlen – und es gibt Hinweise darauf, dass das Juwel nach Hamburg gebracht wurde. Genau der richtige Auftrag für die Privatdetektive Arne Claasen und Dr. Marten Hendriksen, denn niemand kennt die Hansestadt besser als der Ex-BND-Agent und der Pathologe. Als jedoch bei der Einweihungsfeier von Europas größtem Trockendock eine Leiche gefunden wird, die mit dem Diamantenraub in Verbindung zu stehen scheint, wird der Fall brenzlig: Wie weit werden die Verbrecher noch gehen, um ihre Beute zu sichern? Für Claasen und Hendriksen beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit – in einer düsteren Halbwelt aus Korruption und Habgier, in der ein einziger Fehltritt schnell mit dem Leben bezahlt wird …
Über den Autor:
Ole Hansen, geboren in Wedel, ist das Pseudonym des Autors Dr. Dr. (COU) Herbert W. Rhein. Er trat nach einer Ausbildung zum Feinmechaniker in die Bundeswehr ein. Dort diente er 30 Jahre als Luftwaffenoffizier und arbeitete unter anderem als Lehrer und Vertreter des Verteidigungsministers in den USA. Neben seiner Tätigkeit als Soldat studierte er Chinesisch, Arabisch und das Schreiben. Nachdem er aus dem aktiven Dienst als Oberstleutnant ausschied, widmete er sich ganz seiner Tätigkeit als Autor. Dabei faszinierte ihn vor allem die Forensik – ein Themengebiet, in dem er durch intensive Studien zum ausgewiesenen Experten wurde. Heute wohnt der Autor in Oldenburg an der Ostsee.
Von Ole Hansen sind bei dotbooks bereits die folgenden eBooks erschienen:
Die Jeremias-Voss-Reihe:
»Jeremias Voss und die Tote vom Fischmarkt. Der erste Fall«
»Jeremias Voss und der tote Hengst. Der zweite Fall«
»Jeremias Voss und die Spur ins Nichts. Der dritte Fall«
»Jeremias Voss und die unschuldige Hure. Der vierte Fall«
»Jeremias Voss und der Wettlauf mit dem Tod. Der fünfte Fall«
»Jeremias Voss und der Tote in der Wand. Der sechste Fall«
»Jeremias Voss und der Mörder im Schatten. Der siebte Fall«
»Jeremias Voss und die schwarze Spur. Der achte Fall«
»Jeremias Voss und die Leichen im Eiskeller. Der neunte Fall«
»Jeremias Voss und der Tote im Fleet. Der zehnte Fall«
Die Marten-Hendriksen-Reihe:
»Hendriksen und der mörderische Zufall. Der erste Fall«
»Hendriksen und der Tote aus der Elbe. Der zweite Fall«
»Hendriksen und der falsche Mönch. Der dritte Fall«
»Hendriksen und der Tote auf hoher See. Der vierte Fall«
»Hendriksen und der falsche Erbe. Der fünfte Fall«
Die Arne Claasen-Reihe:
»Arne Claasen und die vergessenen Toten. Der erste Fall«
»Arne Claasen und die tödliche Fracht. Der zweite Fall«
»Arne Claasen und die Tote am Elbufer. Der dritte Fall«
Die Claasen & Hendriksen-Reihe:
»Die Tote von Pier 17 – Der erste Fall für Claasen & Hendriksen«
»Mord im Trockendock – Der zweite Fall für Claasen & Hendriksen«
Weitere Bände sind in Vorbereitung.
Einige seiner Kriminalromane sind auch in Sammelbänden erschienen:
»Die dunklen Tage von Hamburg«
»Das kalte Licht von Hamburg«
»Die Schatten von Hamburg«
»Die Morde von Hamburg«
»Die Toten von Hamburg«
Unter seinem Klarnamen Herbert Rhein veröffentlichte der Autor bei dotbooks auch die folgenden eBooks:
»Todesart: Nicht natürlich. Gerichtsmediziner im Kampf gegen das Verbrechen.«
»Todesart: Nicht natürlich. Mit Mikroskop und Skalpell auf Verbrecherjagd.«
Als Hörbuch ist außerdem verfügbar:
»Jeremias Voss und die Tote vom Fischmarkt. Der erste Fall«
Folgende Bücher von Ole Hansen sind auch als PoD erhältlich:
»Jeremias Voss und die Tote vom Fischmarkt. Der erste Fall«
»Jeremias Voss und der tote Hengst. Der zweite Fall«
»Hendriksen und der mörderische Zufall. Der erste Fall«
»Hendriksen und der Tote aus der Elbe. Der zweite Fall«
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Originalausgabe Dezember 2022
Copyright © der Originalausgabe 2022 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Redaktion: Ralf Reiter
Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von Shutterstock/Sinisa Botras, Janson.art
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ah)
ISBN 978-3-98690-422-7
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Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags
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Ole Hansen
Mord im Trockendock
Der zweite Fall für Claasen & Hendriksen
dotbooks.
Der fünfzehnte September versprach ein schöner Spätsommertag zu werden. Bereits um acht Uhr morgens hatten sich die Nebelfelder über Hamburgs großer Insel Finkenwerder aufgelöst. Alles deutete darauf hin, dass die Taufe des größten Trockendocks Europas ein heiteres Fest werden würde. Ein Bläserensemble der Elbphilharmonie spielte zur Unterhaltung, und ein Sektfrühstück sorgte für eine entspannte Atmosphäre.
Wer in Hamburg Rang und Namen hatte und zu denen gehörte, die eine Einladungskarte erhalten hatten, war zu dem spektakulären Ereignis auf dem Werftgelände der Hugo Bossmann AG gekommen.
Nach dem Frühstück trat Hugo Bossmann ans Rednerpult und begrüßte den Ersten Bürgermeister und die Gäste. In seiner Begrüßungsrede hob er die Bedeutung des Trockendocks für die Rohstoffgewinnung von Stahl und Edelmetallen hervor. Im Recyceln von Schiffen sah er großes Rohstoffpotenzial, und mit seiner Initiative habe er den Grundstein gelegt, Hamburg zum Zentrum für die Verwertung von Altmetallen in Europa zu machen. Ein neuer Wirtschaftszweig sei für die Hansestadt geboren. Am Schluss seiner Ansprache entschuldigte er sich dafür, dass er den Damen und Herren zugemutet habe, zu so früher Stunde zur Taufe zu kommen. Verantwortlich dafür sei jedoch nicht er, sondern derjenige, der festgelegt hatte, dass die Gezeiten heute um zehn Uhr zweiunddreißig Höchststand hatten. Dieser Wasserstand sei erforderlich, um den Frachter Alster der Reederei Mommsen-Martinez in das Trockendock zu ziehen.
Einige Gästen lachten, alle klatschten.
Danach sprach der Erste Bürgermeister der Hansestadt ein Grußwort, bei dem er den unternehmerischen Weitblick Hugo Bossmanns lobte. Seine Vision von Hamburg als europäisches Zentrum für Metallverwertung verglich er augenzwinkernd mit dem Weitblick Albert Ballins, der einst als Generaldirektor die Hamburg-Amerikanische Paketfahrt-Aktien-Gesellschaft, die Hapag, zur größten Schifffahrtslinie der Welt gemacht hatte.
Nach diesen schmeichelnden Worten taufte die Gattin des Ersten Bürgermeisters das Trockendock auf den Namen Elbe 1. Die Flasche Champagner, die bei solchen Anlässen gegen die Bordwand des Täuflings geschleudert wurde, zersplitterte hier an einer eigens für diesen Zweck errichteten Stahlplatte. Die Schlepper, die in Kürze die Alster ins Trockendock bugsieren sollten, ließen ihre Signalhörner ertönen. Andere Schiffe fielen in das Signal ein. Die Gäste klatschten.
Pünktlich um zehn Uhr zweiunddreißig kündigte ein Hornsignal den Beginn des Eindockens an. Die Gäste versammelten sich auf der eigens für diesen Anlass erbauten Tribüne, von der sie den Vorgang ungehindert beobachten konnten.
Ein Schlepper zog den Zehntausendtonner in das mit Elbwasser gefüllte Trockendockbecken, während ein zweiter Schlepper am Heck jedes Abdriften verhinderte. Sobald der Frachter die richtige Position im Trockendock erreicht hatte, wurden die Trossen gelöst und eingeholt. Der Schlepper, der den Frachter gezogen hatte, fuhr aus dem Dock, die gewaltigen Schleusentore an der Vorder- und Rückseite schlossen sich, und vier Pumpen beförderten die Wassermassen aus dem Trockendock nach außen. Es dauerte nicht lange und der Frachter lag mit dem Rumpf auf dem Boden des Docks.
Die Blaskapelle spielte die Hamburger Hymne, es folgten einige zum Anlass passende Musikstücke. Als die Kapelle aufgehört hatte zu musizieren, begannen die ersten Gäste die Tribüne zu verlassen. Da ließ der unvermittelte Schrei eines Mannes sie alle zusammenfahren. Alle Augen richteten sich wieder auf den Frachter.
Am Niedergang zur Brücke stand ein Mann in Arbeitermontur. Er hatte die Hände zu einem Trichter geformt und brüllte zur Brücke hoch: »Käpt’n, Käpt’n, wir haben einen Toten an Bord.«
Der Kapitän trat auf die Backbordnock und sah erst zu den Besuchern und dann zu dem Arbeiter hinunter.
»Mensch, Kerl, schrei nicht so, ganz Hamburg kann dich hören. Was für ein Toter? Wo ist er?«
»Im Maschinenraum.«
»Ist er wirklich tot? Hast du den Puls gefühlt?«
»Mausetot«, rief der Mann nun etwas leiser, aber immer noch so laut, dass die Besucher auf der Tribüne ihn verstehen konnten. »Der ist schon ganz steif. Da ist aber noch einer, schwer verletzt. Sind wohl beide die Stufen runtergestürzt. Liegen am Fuß des Niedergangs.«
Der Kapitän, der seine beste Uniform trug, wollte dem Arbeiter gerade Befehle geben, als ihm einfiel, dass er gar nicht mehr Kapitän des Frachters war, den er zehn Jahre über die Weltmeere gesteuert hatte. Er war nur an Bord, weil er die Reederin darum gebeten hatte, »sein Schiff« auf seiner letzten Fahrt zu begleiten.
Er zog sein Handy aus der Tasche und meldete den Fund der anwesenden Reederin, die die Nachricht durch das Geschrei des Arbeiters aber schon vernommen hatte.
Hugo Bossmann trat an Paola Mommsen-Martinez heran und zog sie außer Hörweite der Gäste.
»Das ist eine verdammte Scheiße. Entschuldigen Sie den Ausdruck. Diese Meldung hat die ganze Veranstaltung zunichte gemacht. Was tun wir jetzt?«
Paola wirkte gelassen. »Wir melden den Fund der Polizei. Uns bleibt gar nichts anderes übrig. Ich habe gesehen, wie der Polizeipräsident telefoniert hat. Er dürfte seine Dienststelle bereits informiert haben.«
Hugo Bossmann nickte, griff zum Handy, wählte die 110 und gab seine Meldung durch.
Die Gäste, die in kleinen Gruppen zusammengestanden hatten, eilten zu ihren Autos. Offensichtlich wollte niemand etwas mit der Polizei zu tun haben.
Paola löste sich von Hugo Bossmann und ging zu ihrem Lebensgefährten Dr. med. Marten Hendriksen. Der stand mit seinem Geschäftspartner Arne Claasen und dem Ehepaar Voss-Malakow zusammen. Hendriksen und Claasen betrieben die Hamburger Agentur für vertrauliche Ermittlungen, einst gegründet von Jeremias Voss, nun Ehemann von Charlotte Malakow, der reichsten Frau Hamburgs. Sie leitete das weltweit operierende Malakow-Imperium. Wie Paola hatte auch Frau Malakow Hugo Bossmanns Projekt finanziell unterstützt.
»Wie wird es jetzt weitergehen?«, fragte Paola, als sie zu der Gruppe trat und sich bei ihrem Lebensgefährten einhakte.
„Ich sehe mir die Sache mal an«, sagte Hendriksen, Er drehte sich um, eilte zur Alster, griff sich den Mann, der die Verunglückten gemeldet hatte, und ließ sich von ihm den Weg zum Maschinenraum zeigen.
Claasen beantwortete derweil Paolas Frage. »Der gute Bossmann wird wohl mit dem Abwracken der Alster noch warten müssen. Solange die Polizei ermittelt, ist das Schiff tabu. Wie lange die Polizei für ihre Ermittlungen braucht, hängt von den Ergebnissen ab. Wenn die Toten durch einen Unfall ums Leben gekommen sind, können die Arbeiten in ein paar Tagen beginnen. Kommt man jedoch zu dem Schluss, dass ein Verbrechen vorliegt, dann werdet ihr euch auf eine längere Wartezeit einstellen müssen.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier ein Verbrechen vorliegt«, sagte Paola. »Warum sollte jemand auf einem schrottreifen Frachter einen Mord begehen?«
Jeremias Voss war mit ihrer Beurteilung nicht ganz einverstanden. »Ich denke, bevor wir nach dem Motiv fragen, sollten wir uns zunächst fragen, wer die Toten sind und was sie auf dem Schiff verloren hatten. Dass der Kapitän an Bord war und den Frachter, auf dem er einen großen Teil seines beruflichen Lebens verbracht hatte, auf seiner letzten Fahrt begleiten wollte, kann ich verstehen. Das war ja auch, wenn ich richtig informiert bin, von dir und Bossmann genehmigt.«
»Richtig. Was die beiden anderen an Bord zu suchen hatten, da habe ich keine Ahnung. Von mir hatten sie jedenfalls keine Genehmigung.«
Charlotte Malakow ergriff das Wort. »Mal abgesehen von den polizeilichen Maßnahmen hat der Vorfall einen unangenehmen Nebeneffekt. Wenn die Presse davon hört, wird sie es breitwalzen und die Leser mit allen möglichen Verschwörungstheorien unterhalten. Da wir an Bossmanns Unternehmen beteiligt sind, wird man auch über uns herfallen, und es stört mich enorm, wenn unser guter Ruf angekratzt wird.«
»Das sehe ich genauso«, stimmte Paola zu.
»Ich war noch nicht ganz fertig mit meinen Gedanken.«
»Entschuldige, ich wollte dich nicht unterbrechen«, sagte Paola.
»Ich habe einen Vorschlag. Warum beauftragen wir nicht die Agentur für vertrauliche Ermittlungen mit der Aufklärung des Falls? Wenn du einverstanden bist, teilen wir uns die Kosten, Paola.«
»Sehr guter Vorschlag. Sollen unsere Männer doch mal etwas für uns tun. Was sagst du, Arne, nimmst du den Auftrag an?«
Claasen grinste übers ganze Gesicht. »Da Paola unzählige Möglichkeiten hat, Marten und mir das Leben schwer zu machen, bleibt mir gar nichts anderes übrig, als Ja zu sagen. Aber mein Partner muss auch zustimmen. Und ich gehe davon aus, dass du ablehnst, oder irre ich mich?«, wandte er sich an Hendriksen, der gerade eben von der Alster zurückgekehrt war.
»Ich werde den Teufel tun und zwei Frauen gegen mich aufbringen. Natürlich nehmen wir den Auftrag an«, sagte Hendriksen.
»Was ist passiert?«, fragte Paola.
„Ein Mann ist tot, und der andere ist bewusstlos. Ich habe, so gut ich konnte, Erste Hilfe geleistet und den Notarzt alarmiert. Mehr konnte ich ohne ärztliche Hilfsmittel nicht tun.«
Inzwischen war auch der Kapitän zur Gruppe gestoßen. Paola fragte ihn, was er von dem Zwischenfall hielt.
»Ich kann dazu nichts sagen, Frau Mommsen-Martinez. Ich wusste noch nicht einmal, dass Personen an Bord waren. Obwohl ich die letzte Nacht auf meinem Schiff verbracht habe, ist mir nichts Ungewöhnliches aufgefallen. Um ehrlich zu sein, habe ich auch nicht darauf geachtet. Ich hatte mich ganz auf die vertrauten Geräusche konzentriert, die mich so viele Jahre begleitet haben. Ein letztes Mal noch.«
Auch Hugo Bossmann gesellte sich zu der Gruppe. In der Hand hielt er ein Tablett mit gefüllten Sektkelchen und einer noch ungeöffneten Flasche Champagner.
»Auch wenn wir mit einer Tragödie konfrontiert sind, sollten wir den Champagner nicht umkommen lassen.« Er reichte jedem einen Kelch. »Trinken wir darauf, dass die Arbeiten bald anlaufen können.« Er zeigte auf das Frühstücksbüfett. »Herr Kapitän, Sie haben sicherlich noch nichts Ordentliches im Magen. Bedienen Sie sich. Wäre schade, wenn wir alles umkommen lassen müssten. Bier finden Sie in der Bar nebenan, falls Ihnen der Champagner nicht kräftig genug ist.«
Der Kapitän bedankte sich und stapfte in Richtung Büfett davon.
Auch die beiden Damen schlenderten zum Pavillon, in dem sie erst vor einer guten Stunde das Sektfrühstück genossen hatten. Die Männer blieben am Fuß der Tribüne stehen.
Jeremias Voss sah seine beiden Freunde an.
»Ich würde euch gerne bei euren Ermittlungen unterstützen. Leider muss ich morgen nach Indien fliegen. Es gibt ein Sicherheitsleck in unserem Chip-Werk. Ihr könnt jedoch, wann immer ihr es für nötig haltet, unser Forschungslabor benutzen. Ich werde dafür sorgen, dass eure Anfragen mit Priorität bearbeitet werden. Unterrichtet bitte Charlotte von Zeit zu Zeit vom Fortschritt der Ermittlungen. Ihr wisst ja, auch sie hat in Bossmanns Unternehmen investiert.«
»Wir kommen schon klar, Jeremias. Danke für das Laborangebot. Das könnte sehr hilfreich sein«, sagte Hendriksen
Die Männer diskutierten noch eine Zeitlang die Lage, dann schlug Hendriksen vor, wieder zu den Damen zu gehen.
»Tut das«, sagte Claasen, »ich bleibe hier. Vielleicht erfahre ich etwas Nützliches.«
Auf dem Podium packten die Musiker gerade ihre Instrumente ein. Offenbar fühlten sie sich durch den plötzlichen Aufbruch der Gäste in ihrer künstlerischen Ehre gekränkt, schließlich waren sie Mitglieder des Elbphilharmonie-Orchesters.
Sirenengeheul kündigte das Nahen der Polizei an. Claasen kam ein Gedanke. Er stieß Hendriksen am Ellenbogen an und gab ihm ein Zeichen, ihm zu folgen.
»Was gibt es?«, fragte dieser, als sie außer Hörweite waren.
»Ich habe mir überlegt, den Kapitän für unsere Zwecke einzuspannen. Bist du damit einverstanden?«
»Was hast du vor?«
»Gleich. Ich benötigte deine Autorität, falls er sich sträuben sollte.«
»Die hast du natürlich.«
Sie traten ans Büfett, an dem sich der Kapitän eine Portion für drei auf den Teller gehäuft hatte.
»Ich wünsche guten Appetit«, sagte Claasen.
»Danke. Bei der Fülle lacht ein Seemannsherz.«
»Herr Kapitän, wir haben eine Bitte an Sie. Die Polizei wird in Kürze hier sein. Wären Sie so freundlich, die Beamten an den Unglücksort zu führen?«
»Selbstverständlich, wenn die Beamten das zulassen –«
»Davon gehe ich aus. Die Polizei wird sich mit den Gegebenheiten an Bord nicht auskennen. Ich habe aber noch einen anderen Grund für meine Bitte. Wenn Sie vor Ort sind, schauen Sie sich bitte eingehend um und prüfen Sie, ob es sich hierbei wirklich um einen Unfall handelt.«
Der Kapitän lächelte. »Ich kann mir schon denken, was Sie wissen wollen. Ich werde mich gründlich umsehen.«
»Vielen Dank. Und ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie Ihre Erkenntnisse für sich behalten würden.«
»Ich bin keine Plaudertasche.«
»Besten Dank.«
Claasen und Hendriksen gingen zu ihrer Gruppe zurück.
»Guter Gedanke, Arne.«
Zwei Streifenwagen, ein PKW und ein Van, bogen auf das Gelände der Hugo Bossmann AG, steuerten auf die Gruppe der Reeder zu und hielten kurz vor ihnen an. Aus dem PKW stieg eine uniformierte Polizistin. Claasen erkannte an der Anzahl der Sterne auf ihren Schulterklappen eine Hauptwachtmeisterin. Die anderen Polizisten, allesamt Männer, blieben in den Fahrzeugen sitzen. Die Frau trat auf die Gruppe zu und grüßte.
»Ich bin Hauptwachtmeisterin Sylvia Brandmeister. Haben Sie uns benachrichtigt, dass in dem Schiff eine Leiche und ein Verletzter liegen?«
»Haben wir«, antwortete Hugo Bossmann. »Um ganz korrekt zu sein, es war Kapitän Brooderson, der uns über den Fund informierte. Einer meiner Männer, der während des Eindockens als Feuerwache an Bord war, hat sie entdeckt.«
»Wo befinden sich der Tote und der Verletzte jetzt?«
»Dort, wo sie gefunden wurden«, sagte Hendriksen. »Ich bin Arzt und habe Erste Hilfe geleistet. Ich habe nichts verändert. Den Notarzt habe ich bereits verständigt. Er müsste jede Minute eintreffen.«
»Danke, das war sehr umsichtig von Ihnen. Wir werden uns den Unfallort ansehen. Wie kommen wir an Bord?«
»Ich habe Kapitän Brooderson gebeten, Sie zu führen. Er hat die Alster die letzten zehn Jahre befehligt und kann jede Ihrer Fragen beantworten.«
»Ich nehme das Angebot sehr gerne an.«
Sylvia Brandmeister wandte sich an den Kapitän, stellte sich mit Namen und Amtsbezeichnung vor und reichte Brooderson die Hand.
»Danke, dass Sie uns führen wollen. Ich befürchtete, dass wir etwas verloren durch das Schiff irren würden. Jetzt ist mir wohler zumute. Wenn Sie bereit sind, lassen Sie uns loslegen.«
»Ich bin bereit«, sagte Brooderson schmunzelnd. »Bevor wir jedoch auf die Alster gehen, sollten Sie sich mit starken Lampen ausrüsten, denn auf dem Schiff ist der Strom ausgeschaltet, so dass es im Inneren stockfinster ist.«
»Ich werde meine Männer informieren.«
Sie gab die Anweisung an ihr Einsatzteam weiter, dann wies sie die Gruppe um Hugo Bossmann an, das Werftgelände nicht zu verlassen, bevor sie nicht mit ihnen gesprochen hatte. »Polizeiwachtmeister Zwickel wird inzwischen Ihre Aussagen zu Protokoll nehmen. Er befindet sich im VW-Bus.« Sie drehte sich zum Kapitän um. »Können wir?«
»Sofort.«
Gefolgt von ihren Beamten ging sie mit Brooderson an der Seite zur Gangway, die vom Trockendock auf den Frachter führte. Sie mündete an der Eingangstür zum mehrstöckigen Deckhaus. Der Arbeiter, der die beiden Verunglückten gemeldet hatte, lungerte vor der Tür herum.
»Das ist der Mann, der die beiden entdeckt hat«, sagte Brooderson.
Die Polizistin musterte den Mann. Der nahm automatisch Haltung an.
»Wie heißen Sie?«
»Hannes Siedloff«
»Gehören Sie zur Besatzung?«
»Nein, ich arbeite für die Hugo Bossmann AG.«
»Warum hielten Sie sich auf dem Schiff auf?«
»Ich hatte Feuerwache.«
Die Wachtmeisterin wandte sich an den Kapitän. »Ist es üblich, auf einem Schiff, das abgewrackt werden soll, eine Feuerwache einzuteilen?«
»Das ist sinnvoll und notwendig. Doch ich bin hier nicht zuständig. Um Genaueres zu erfahren, müssen Sie sich an Herrn Bossmann wenden.«
»Erzählen Sie mal, wie Sie den Toten gefunden haben«, forderte sie Siedloff auf.
»Ich machte wie üblich einen Rundgang durchs Schiff, um zu sehen, ob sich nicht irgendwo ein Feuer von selbst entzündet hat. Mein erster Gang geht immer zum Maschinenraum, weil dort am ehesten Feuer entsteht. Mit meinem LED-Strahler leuchtete ich den Maschinenraum ab. Dabei sah ich am Fuß des Niedergangs zwei Menschen liegen. Ich stieg hinunter, um zu sehen, ob sie noch lebten. Ich musste dabei sehr vorsichtig sein, denn einige Stufen waren mit Öl verschmiert. Einer der Männer war tot, der andere ohne Bewusstsein.«
»Wieso nahmen Sie an, dass er tot war?«
»Ich konnte keinen Puls fühlen.«
»Kennen Sie die beiden Männer?«
»Nein.«
»Wussten Sie, dass sie an Bord waren?«
»Nee, wusste ich nicht. Man hatte mir gesagt, dass nur der Kapitän an Bord ist.«
»Gut, lassen wir es erst einmal dabei bewenden. Kommen Sie«, forderte sie Siedloff auf.
Der Kapitän sah Sylvia Brandmeister an. »Warten Sie hier einen Augenblick. Ich hole nur schnell meine Stablampe von der Brücke. Bin in drei Minuten wieder zurück.«
Ohne eine Antwort abzuwarten, öffnete er die Tür zum Deckhaus und verschwand dahinter. Wie angekündigt, stand er drei Minuten später wieder bei den Beamten.
»Jetzt kann es losgehen. Bitte bleiben Sie dicht hinter mir. Auf einem Schiff wie diesem kann man schnell die Orientierung verlieren. Vergessen Sie nicht, das Schiff ist außer Dienst gestellt. Demontagearbeiten wurden bereits durchgeführt. Dementsprechend unaufgeräumt ist es. Also achten Sie darauf, wo Sie hintreten.«
Es war ein gespenstisches Unternehmen. In einer finsteren Umgebung, nur von den Lampen erhellt, durch ein eiskaltes Labyrinth zu gehen, ließ die Polizisten erschauern. Schon nach wenigen Minuten hatten sie die Orientierung verloren.
Nach einer Ewigkeit und mehrere Treppen später blieb Kapitän Brooderson unvermittelt stehen.
»Wir sind angekommen«, sagte er und ließ den Strahl seiner Stablampe einen Niedergang, der mehr einer Leiter als einer Treppe glich, hinuntergleiten. Der Leuchtkegel erfasste die beiden Männer, die etwa einen Meter vom Ende des Niedergangs entfernt lagen.
Die Hauptwachtmeisterin trat auf den Niedergang zu und machte Anstalten, die Stufen hinabzusteigen. Der Kapitän ergriff ihren Arm und zog sie zurück.
»Sind Sie lebensmüde?«, rief er. »Lassen Sie mich zunächst die Stufen untersuchen, oder wollen Sie so enden wie die beiden da unten? Keiner benutzt den Niedergang, bevor ich ihn nicht untersucht habe.«
Brooderson ging in die Knie, beleuchtete die Stufen und fuhr mit den Fingern über die erste. Er spürte eine dünne Ölschicht. Auf der zweiten Stufe sah er – wenn er den Strahl der Lampe schräg auf die Trittfläche fallen ließ –, dass der Ölfilm verschmiert war.
»Kommen Sie, sehen Sie sich das an«, sagte er zur Einsatzleiterin.
Sylvia Brandmeister kniete neben ihm nieder.
»Drücken Sie mal einen Finger auf die Stufe.«
Die Beamtin tat wie geheißen.
»Fühlen Sie etwas?«, fragte der Kapitän.
»Öl.«
»Richtig. Wenn Sie darauf getreten wären, dann wären Sie mit einiger Wahrscheinlichkeit ausgerutscht und den Niedergang hinuntergestürzt, genau wie die armen Teufel da unten. Ich habe noch etwas, das für Sie von Interesse sein dürfte.« Er hielt den Strahl seiner Lampe auf die zweite Stufe. »Sehen Sie, wie hier der Ölfilm verschmiert ist? Ich denke, dass die Männer hier ausgerutscht sind.«
Er leuchtete die Stufen weiter hinunter und blieb mit dem Strahl der Taschenlampe auf der fünften Stufe hängen.
»Oder es waren die anderen, die hier schon runter zu den Männern gegangen sind. Die Feuerwache und dieser Doktor.«
Brooderson nickte abwesend. »Hier scheint es einen Blutfleck zu geben.«
Die Hauptwachtmeisterin richtete den Blick auf die bezeichnete Stufe. »Danke für Ihre Vorsicht«, sagte sie zum Kapitän und richtete sich auf. »Kurt, fotografieren Sie die besagten Stellen. Ich beleuchte sie.«
Ein Oberwachtmeister stellte seine Umhängetasche auf den Boden, entnahm eine Spiegelreflexkamera und nahm die bezeichneten Stellen aus verschiedenen Blickwinkeln auf.
»Gibt es noch einen anderen Weg nach unten?«, fragte die Einsatzleiterin den Kapitän.
»Nein, es gibt nur diesen Niedergang zum Maschinenraum.«
»Wir müssen aber runter. Haben Sie einen Vorschlag, wie wir zu den Männern kommen, ohne uns selbst das Genick zu brechen?«
»Wir werden rückwärts gehen und uns mit beiden Händen an den Handläufen festhalten. Wir stecken unsere Lampen in die Hosen- oder Jackentaschen, und Sie lassen einen Beamten oben, der den Niedergang beleuchtet, während wir nach unten steigen.«
»So machen wir es.«
Die Einsatzleiterin bestimmte den Beamten, der als Beleuchter fungieren sollte, dann verstauten die anderen ihre Lampen und begannen mit dem Abstieg. Brooderson ging voran, es folgte Brandmeister, danach der Fotograf. Der Beleuchter und sein Kollege blieben oben.
Sie kamen sicher unten an. Der Kapitän hatte als Erster seine Stablampe herausgezogen und beleuchtete die Männer.
»Mein Gott!«, rief er entsetzt.
»Sie kennen sie?«, fragte die Hauptwachtmeisterin.
Der Kapitän sagte im ersten Moment nichts, sondern starrte nur auf die beiden Männer. Die Polizistin wartete, bis er sich wieder gefangen hatte. Dann fragte sie noch einmal.
»Ja, ich kenne sie. Der Mann, der auf dem Rücken liegt, ist mein langjähriger Maschineningenieur Jens Pawlow. Der Mann, der halb auf ihm liegt, ist Südafrikaner und hat auf unserer letzten Reise in Kapstadt angeheuert. Er heißt Tony Tyler.«
Sylvia Brandmeister legte ihm tröstend die Hand auf den Arm.
»Das tut mir leid«, sagte sie.
»Danke.«
Die Beamtin löste sich vom Kapitän und beugte sich zu dem Toten nieder.
Inzwischen waren auch Notarzt und Krankenwagen eingetroffen. Die Rechtsmedizinerin folgte nur wenig später. Hannes Siedloff, der von seinem Chef den Auftrag erhalten hatte, die Polizei zu unterstützen, führte die Ärzte und die Rettungssanitäter zum Maschinenraum. Die Sanitäter hatten neben ihrem Notgerätekoffer auch eine Trage mitgebracht. Als sie den Niedergang zum Maschinenraum erreicht hatten, sorgte Kapitän Brooderson für einen sicheren Abstieg.
Claasen hatte sich ihnen unaufgefordert angeschlossen. Der Notarzt kümmerte sich sofort um den bewusstlosen Südafrikaner, während die Rechtsmedizinerin den Toten untersuchte.
Der Zustand von Tony Tyler war kritisch. Seine Vitalfunktionen waren nur noch schwach. Wenn er eine Chance haben sollte, musste er unverzüglich ins Krankenhaus. Der Notarzt war davon überzeugt, dass er den Sturz nur überlebt hatte, weil er mit dem Kopf und den Schultern auf den Ingenieur gefallen war. Die Rechtsmedizinerin stimmte seiner Beurteilung zu. Der Ingenieur war bereits tot, bevor er auf dem Boden des Maschinenraums aufgeschlagen war. Die tödliche Verletzung war, nach Beurteilung der Rechtsmedizinerin, durch den Aufprall auf der fünften Stufe verursacht worden.
Die beiden Ärzte und die Polizei kamen einstimmig zu dem Schluss, dass der Tod des einen und die Verletzungen des anderen Mannes ein Unfall waren, verursacht durch den Sturz entlang des Niedergangs, der wiederum durch den Ölfilm auf den oberen Stufen ausgelöst worden war. Ein Fremdverschulden war nicht erkennbar.
Besonders schwierig gestaltete sich der Abtransport des Schwerverletzten. Jede Erschütterung musste vermieden werden. Da es keinen elektrischen Strom mehr auf dem Frachter gab, konnte der Lastenaufzug nicht benutzt werden. Somit führte der einzige Weg an Deck über die verschiedenen Niedergänge. Nachdem der Kapitän sich kurze Zeit die Diskussion über die beste Möglichkeit, den Schwerverletzten an Deck zu transportieren, angehört hatte, übernahm er die Führung. Als erstes befahl er Siedloff, die Treppen abzuwischen, damit die Träger einen festen Stand hatten. Er zeigte dem Arbeiter, wo die Maschinencrew die Putzlappen aufbewahrte, dann besorgte er Seile.
Der Schwerverletzte wurde auf die Bahre gelegt und angeschnallt. Am Kopfende brachte man auf jeder Seite ein Seil an. Die beiden Rettungssanitäter griffen nach den Seilen, und ein Polizist und Claasen hoben die Bahre hoch und legten die Trageholme auf ihre Schultern. Die Rettungssanitäter waren mit den Seilen in den Händen bereits ein paar Stufen hochgestiegen und sorgten dafür, dass die Bahre immer waagerecht lag. Brooderson ging als Führer voran. So bewältigten sie die Niedergänge, bis sie an Deck waren. Sobald der Südafrikaner im Rettungswagen untergebracht war, fuhr der Wagen mit Blaulicht und Martinshorn ab. Der Notarzt folgte in seinem Auto.
Der Transport des Toten ging wesentlich einfacher vonstatten. Ihm wurden die Füße zusammengebunden, am anderen Ende wurde ein Seil unter seinen Armen über den Brustkorb gebunden, so dass er von zwei Mann an den Seilen mit dem Oberkörper voran die Niedergänge heraufgezogen werden konnte. An Deck übernahmen die Mitarbeiter eines Bestattungsunternehmens den Leichnam.
Als Letzte verließ die Polizei das Werftgelände. Zuvor hatte Hauptwachtmeisterin Brandmeister Hugo Bossmann über die Ergebnisse ihrer Ermittlungen informiert. Als dieser hörte, dass es sich bei der Tragödie um einen Unfall handelte, eilte er sofort zu Paola und teilte es ihr mit. Einem Rückbau des Frachters stand somit nichts mehr im Wege. Er holte eine Flasche Champagner und schenkte jedem ein Glas ein.
»Trinken wir auf das Erreichen unserer Ziele«, sagte er und hob sein Glas.
»Einen Augenblick«, stoppte ihn Paola. Sie hatte inzwischen gehört, wer der Tote war. »Der erste Schluck sollte in Gedenken an Jens Pawlow, einen hervorragenden Ingenieur meiner Reederei, getrunken werden. Mit dem zweiten Schluck wollen wir Tony Tyler eine baldige Genesung wünschen, und den dritten Schluck trinken wir auf den Erfolg unseres Unternehmens.«
»So machen wir es«, stimmte Charlotte Malakow zu.
Danach verabschiedeten sich Charlotte und Jeremias.
»Die Pflicht ruft«, sagte Voss.
»Das ist das Stichwort zum Aufbruch.«
Paola, Hendriksen und Claasen bedankten sich bei Hugo Bossmann für die Einladung und gingen zum Parkplatz. An ihrem Auto blieb Paola stehen.
»Ich möchte, dass wir uns noch einmal in meinem Büro zusammensetzen und uns über die Konsequenzen, die sich aus dieser Tragödie ergeben, unterhalten. Ich würde zu der Besprechung gerne Kapitän Brooderson hinzuziehen. Arne, kannst du ihn mitbringen?«
»Selbstverständlich. Wann wollen wir uns treffen?«
»Wir beginnen, wenn du mit dem Kapitän kommst.«
»Okay, bis später. Dann werde ich ihn mal suchen.«
Claasen drehte sich um und ging zum Frachter. Er sah Brooderson auf der Tribüne stehen, wo er sich mit Bossmann unterhielt. Zu seinen Füßen stand ein prall gefüllter Seesack. Claasen kletterte die Stufen zur Tribüne hoch und gesellte sich zu den beiden Männern. Bossmann sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Offenbar war er über Claasens Störung verärgert.
»Entschuldigen Sie«, sagte Claasen. »Ich will Kapitän Brooderson entführen. Seine Chefin wünscht ihn zu sprechen. Es scheint dringend zu sein. Ich warte unten auf Sie.«
Claasen drehte sich um und ging zur Treppe.
»Einen Augenblick, Herr Claasen, ich komme mit.«
Der Kapitän verabschiedete sich von Hugo Bossmann, nahm seinen Seesack auf und folgte Claasen.
»Ich hoffe, ich habe Sie nicht bei einer wichtigen Besprechung gestört.«
»Haben Sie nicht, Herr Claasen, mir ist aus Bossmanns Worten nicht klar geworden, was er von mir will. Wissen Sie denn, was Frau Mommsen-Martinez von mir will?«
»Nichts, was Sie beunruhigen könnte. Sie möchte mit Ihnen, Dr. Hendriksen und mir über den Unfall sprechen. Ich habe den Eindruck, irgendetwas stört sie an dem, was die Polizei ihr mitgeteilt hat.«
Sie stiegen in Claasens Golf und fuhren zum Stammsitz der Reederei. Claasen parkte auf dem Parkplatz, der für Hendriksen reserviert war. Vom dort gingen sie zum Haupteingang. Schon von außen strahlte das Gebäude eine unaufdringliche Gediegenheit aus, die sich in der Eingangshalle fortsetzte. Der Boden war in dezenten Brauntönen gefliest, die hohen Wände waren getäfelt. Im Laufe der Jahrzehnte hatte das Holz sich schwarz verfärbt. An den Wänden standen Glasvitrinen, in denen Modelle der Schiffe der Reederei ausgestellt waren.
Der Pförtner legte grüßend seine Hand an die Mütze, als sie an der Pförtnerloge vorbeigingen. Der Kapitän erwiderte den Gruß auf die gleiche Weise, Claasen nickte dem Pförtner freundlich zu. Beide Männer gingen zielstrebig auf die beiden Fahrstühle zu. Der linke war für die Belegschaft, der rechte brachte sie direkt zur Chefetage hoch. Die lag in einem nachträglich aufgebauten Penthouse und bot einen fantastischen Blick auf den Hafen, die Werften und einen Großteil von Hamburg.
Sie betraten den Empfangsraum, in dem zwei junge Sekretärinnen arbeiteten. Eine Gruppe von Ledersesseln diente als Wartebereich für nicht angekündigte Gäste.
»Sie können gleich durchgehen«, sagte eine der Sekretärinnen und zeigte auf eine offene Tür an der rechten Seite. Paolas Chefsekretärin, deren Reich sie nun betraten, begrüßte die Herren. Sie kannte beide.
»Gehen Sie gleich durch. Frau Mommsen-Martinez erwartet Sie.«
Claasen klopfte an die Tür, öffnete sie und ließ dem Kapitän den Vortritt.
Paola deutete auf eine Gruppe von Klubsesseln, die um einen großen runden Tisch standen.
»Setz dich, Arne, und Sie natürlich auch, Kapitän Brooderson. Ich komme sofort dazu.«
Hendriksen bedurfte keiner Aufforderung, sich zu setzen. Er nahm wie selbstverständlich Platz.
»Möchte jemand eine Erfrischung?«
Alle lehnten dankend ab.
Paola unterschrieb einige Papiere, brachte die Unterschriftsmappe zur Chefsekretärin, gab ihr einige Anweisungen und setzte sich dann zu den Männern.
»Der Grund, warum ich dich, Arne, und Sie, Herr Kapitän, hergebeten habe, ist, dass ich wissen möchte, wie unsere Lage ist. Mit der Feststellung der Polizei, dass der Tod von Jens Pawlow ein Unfall war, kann ich mich nicht anfreunden. Ich habe Pawlow als einen sehr erfahrenen und umsichtigen Ingenieur kennengelernt. Er dürfte den Niedergang schon x-mal rauf- und runtergegangen sein. Dass so ein Mann nicht erkennt, dass ein Ölfilm auf den Stufen liegt, kann ich mir nicht vorstellen. Oder wie sehen Sie das, Herr Kapitän?«
»Ich stimme Ihnen zu hundert Prozent zu. Ich habe mich gefragt, wie das Öl überhaupt auf die Stufen kam. Ich habe eine Probe davon genommen.«
Der Kapitän griff in die Jackentasche seiner Uniform und zog einen farbigen Beutel hervor. Ein Hundekopf war darauf abgebildet. Als er die erstaunten Blicke der anderen sah, sagte er mit einem Lächeln: »Es ist ein Kotbeutel für meinen Hund. Ich hatte nichts anderes. Ist ja auch egal. Interessant ist der Inhalt. Die Ölprobe. Mir kam es verdammt dünnflüssig vor. Ich wüsste nicht, wo wir solches Öl im Maschinenraum verwenden. Es wäre interessant, es zu untersuchen.«
»Sehr umsichtig, Herr Kapitän. Ich bedaure, dass Sie sich entschlossen haben, in Rente zu gehen«, sagte Paola.
Hendriksen griff nach dem Beutel. »Ich kümmere mich darum«, sagte er.
»Haben Sie über Ihren Verdacht mit der Polizei gesprochen?«, fragte Claasen.
»Nein, habe ich nicht. Ich war mir meiner Sache nicht sicher. Außerdem hatten sie sich schnell auf einen Unfall geeinigt. Ich glaube, ohne eindeutige Fakten hätte ich sie nicht von ihrer einmal gefassten Meinung abbringen können.«
»Das bringt mich zur nächsten Frage. Haben Sie eine Idee, was der Ingenieur im Maschinenraum wollte? Schließlich war die Alster bereits im Besitz der Bossmann AG.«
Der Kapitän schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung.«
»Können Sie uns etwas zu dem anderen Mann sagen? Ich glaube, er heißt Tony Tyler. Kennen Sie ihn?«
»Kennen ist zu viel gesagt. Er hat in Kapstadt bei uns angeheuert. Er war kein Seemann, das sah man auf den ersten Blick, aber da wir durch Krankheit unterbesetzt waren, haben wir ihn für die letzte Reise der Alster eingestellt. Wenn Sie mich fragen, was er im Maschinenraum zu suchen hatte und warum er mit Jens Pawlow zusammen war, dann habe ich nicht die geringste Ahnung. Auf See hatte er mit dem Maschinenpersonal nichts zu tun. Er war ausschließlich als Hilfskraft in der Kombüse eingesetzt.«
Eine Weile herrschte Stille. Niemand schien mehr Fragen an den Kapitän zu haben. Es war Paola, die das Schweigen brach.
»Herr Brooderson, ich danke Ihnen für die Informationen. Ich glaube, wir alle sind davon überzeugt, dass es zum Tod von Herrn Pawlow noch viele Fragen gibt und wir es ihm schuldig sind, das alles aufzuklären. Nochmals vielen Dank, Herr Kapitän. Ich gehe davon aus, dass wir uns an Sie wenden dürfen, wenn wir noch Fragen haben.«
»Selbstverständlich, Frau Mommsen-Martinez. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mich über das Ergebnis Ihrer Nachforschungen informieren würden. Schließlich war Jens seit Jahren mein Freund.«
Paola sah Hendriksen und Claasen fragend an. Beide nickten zustimmend.
»Herr Kapitän, das werden wir gerne tun.«
Brooderson erhob sich, salutierte und verließ den Raum.
Noch eine Weile diskutierten sie über den Fall, dann wurden sie von der Chefsekretärin unterbrochen, die Paola darauf hinwies, dass sie in fünf Minuten einen Besucher erwartete.
Claasen und Hendriksen erhoben sich, winkten Paola zu und verließen das Büro. Claasen bot seinem Freund an, ihn zur Agentur mitzunehmen, doch Hendriksen lehnte ab. Er verließ Claasen in der Empfangshalle und ging zur Pförtnerloge. Nur ein paar Minuten später überholte er Claasen auf dem Weg zum Parkplatz.
»Wollen wir wetten, wer zuerst in der Agentur ist?«, rief Hendriksen ihm zu.
»Ich gehe keine sicheren Wetten ein«, rief Claasen zurück. »Aber ich fahre sowieso erst mal nach Hause, um mich umzuziehen.«
»Sehen wir uns heute noch?«
»Natürlich, ich bin am Nachmittag wieder im Büro.«
»Das ist gut, denn ich will heute noch mit der Rentnergang sprechen.«
»Wann?«
»Ich denke, so um fünfzehn Uhr.«
»Bis dahin bin ich längst wieder da.«
»Bis dann.« Hendriksen rauschte auf seinem Mountainbike davon. Biki, wie er das Rad liebevoll nannte, hütete er wie seinen Augapfel und nahm es überall hin mit, egal, ob es sich um ein Restaurant oder ein Geschäft handelte. Nur Paola hatte ihm klar gemacht, dass das Mountainbike nichts in der Chefetage zu suchen hatte. Ganz im Gegensatz zu seinem sonstigen Verhalten hatte er sich ihrem Diktat gebeugt. Er stellte Biki also in der Pförtnerloge unter.
Das Büro der Hamburger Agentur für vertrauliche Ermittlungen befand sich in einer Jugendstilvilla am Mittelweg 85. Im Erdgeschoss lag das Büro, und im ersten gab es ein geräumiges Apartment. Die Räume darüber dienten als Abstellflächen.
Die Villa am Mittelweg gehört Jeremias Voss, der die Agentur gegründet hatte. Nach seiner Heirat mit Charlotte Malakow hatte er sie an Hendriksen als Geschäftsführer übergeben. Hendriksen war zuvor als blutiger Laie bei Voss eingestiegen. Von Hause aus war er Arzt und Rechtsmediziner, der eine Leichenallergie entwickelt hatte und den Beruf nicht mehr ausüben konnte. Da er etwas tun wollte, das völlig außerhalb seiner medizinischen Ausbildung lag, ergriff er die Chance, bei Voss anzufangen, der einen Mitarbeiter suchte. Zu seiner Verblüffung stellte er fest, dass er ein geborener Ermittler war. Er baute den guten Ruf der Agentur weiter aus, bis sie sich schließlich vor Aufträgen kaum noch retten konnten. Er kaufte Voss die Agentur ab und warb Claasen, der als Kriminaldirektor und Leiter der Abteilung Cold Cases im LKA Hamburg tätig gewesen war, ab und bot ihm eine Partnerschaft an.
Vor der Villa stieg er ab, hob das Mountainbike auf die Schulter und betrat den Empfangsraum, in dem Dörte Hauser ihren Arbeitsplatz hatte, gleich neben dem Wartebereich mit futuristisch anmutenden Möbeln.
»Moin, Chef«, begrüßte sie ihn. »Kannst du mir nicht mal eine Nachricht hinterlassen, wo ich dich erreichen kann? Eine Frau hat angerufen und wollte dich unbedingt sprechen.«
Dörte war die Sekretärin der Agentur, das Mädchen für alles und darüber hinaus auch noch Spezialistin fürs Internet. Sie war seit der Gründung in der Agentur und hatte sich angewöhnt, mit den Chefs tacheles zu sprechen, denn mit allzu höflichen Formulierungen wurde sie leicht überhört.
Die Frau neben ihrem Schreibtisch, mit der sie sich gerade unterhalten hatte, zuckte bei ihren resoluten Worten zusammen. Xue Xing war das jüngste Mitglied der Agentur, sowohl was das Alter als auch die Zugehörigkeit betraf. Auf Deutsch nannte sie sich Sue, weil das ähnlich klang, doch sie liebte es, mit ihrem chinesischen Namen Xue angeredet zu werden. Sie wohnte mit ihren Eltern im Apartment über der Agentur. Ursprünglich hatte Claasen darin gewohnt, doch als er von den Wohnverhältnissen der Familie Xing gehört hatte, war er ausgezogen und wohnte jetzt in Hendriksens umgebautem Alsterdampfer, der an einem privaten Anleger an der Bille lag.
Hendriksen nahm Biki von der Schulter und lehnte es gegen Dörtes Schreibtisch.
»Hat sie gesagt, was sie wollte?«
»Sie wollte nur mit dir sprechen. Sie will noch mal anrufen.«
»Weißt du, woher sie angerufen hat? Von einer Firma oder privat?«
»Soweit ich sie verstanden habe, vertritt sie eine Versicherungsgesellschaft aus Südafrika. Welche, weiß ich nicht.«
»Okay, warten wir, ob sie noch mal anruft. Nun habe ich etwas für dich. Ruf bitte Hermann an. Ich möchte die Rentnergang um fünfzehn Uhr sprechen. Und dann kannst du einen Vertrag vorbereiten. Auftraggeber ist Paola Mommsen-Martinez. Der Auftrag lautet: Untersuchung des Todes des Chefingenieurs Jens Pawlow und Untersuchung der Unfallursache des Südafrikaners Tony Tyler.«
Dörte sah ihren Chef verblüfft an. »Meinst du das mit dem Auftraggeber im Ernst? Frau Mommsen-Martinez ist doch deine Lebensgefährtin.«
Hendriksen grinste. »Das eine schließt das andere nicht aus. Heute bei der Taufe wurden in dem ehemaligen Frachter der Reederei Mommsen-Martinez eine Leiche und ein Schwerverletzter gefunden, und wir sollen die Umstände dieses Unglücks untersuchen. Also setz einen Vertrag auf.«
»Chef, ich glaub es nicht, aber wenn du es sagst. Was ist denn geschehen? Ich dachte, du genießt nur ein Sektfrühstück und hörst dir langweilige Reden an.«
»Das auch.«
Hendriksen berichtete in Kurzform von den Ereignissen des Vormittags.