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Wie aus Opfern Täter werden, in welcher Weise dieser unaufhaltsame, alle Grenzen der Grausamkeit sprengende Prozess abläuft – dies erzählt Friedrich Ani, der Meister des Noir, hochspannend, überraschend und einfühlsam.
Im Alter von vierzehn Jahren flieht ein Junge aus dem süddeutschen Dorf Heiligsheim. Vierzig Jahre später kehrt er als Ludwig »Luggi« Dragomir zurück: Alkohol, Drogen und alle gegen sich und die anderen ausgefochtenen Kriege in Berlin konnten die Erinnerungen an den Missbrauch seiner Spielkameraden und seiner selbst durch die Honoratioren von Heiligsheim nicht verdrängen. Die Schuldgefühle, seine Freunde nicht beschützt zu haben, treiben ihn an.
Seit seiner Anwesenheit verschwinden gleich mehrere ältere Herren, einige werden tot aufgefunden – ob durch Unfall oder Mord, das versucht Kommissarin Anna Darko herauszufinden. Dabei gerät auch Ludwig ins Visier, weil er ein Verhältnis mit der Ehefrau eines der Vermissten hat – den er als Gefangenen im eigenen Haus malträtiert. Denn in Ludwig Dragomir hat Wut die Oberhand erlangt, und nun »durfte sie brennen« …
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Im Alter von vierzehn Jahren flieht ein Junge aus dem süddeutschen Dorf Heiligsheim. Vierzig Jahre später kehrt er als Ludwig »Luggi« Dragomir zurück: Alkohol, Drogen und alle gegen sich und die anderen ausgefochtenen Kriege in Berlin verhinderten nicht das ständige Nacherleben des Missbrauchs seiner Spielkameraden und seiner selbst durch die Honoratioren von Heiligsheim. Die Schuldgefühle, diese Jungen nicht beschützt zu haben, treiben ihn an: »Je mehr Zeit ich im Dorf verbrachte, desto mehr Kinder kamen zurück und scharten sich in meinem Kopf ums schwarze Brot der Erinnerung.«
Seit seiner Anwesenheit verschwinden gleich mehrere ältere Herren, einige werden tot aufgefunden – ob durch Unfall oder Mord, das versucht Kommissarin Anna Darko herauszufinden. Dabei gerät auch Ludwig ins Visier, da er ein Verhältnis hat mit der Ehefrau eines der Vermissten, den er als Gefangenen im eigenen Haus malträtiert. Denn in Ludwig Dragomir hatte Wut die Oberhand erlangt, und nun »durfte sie brennen«: »Da stand ich, am Rand der Nacht, zum Morden geboren, zum Sterben bereit und starb nicht und mordete noch lang nicht genug.«
Wie aus Opfern Täter werden, in welcher Weise dieser unaufhaltsame, alle Grenzen der Grausamkeit sprengende Prozess abläuft – dies erzählt Friedrich Ani, der Meister des Noir, einfühlsam, überraschend und bis ins kleinste Detail und auf eine Weise, die ihresgleichen nicht hat.
Friedrich Ani, geboren 1959, lebt in München. Er schreibt Romane, Gedichte, Jugendbücher, Hörspiele und Drehbücher. Sein Werk wurde mehrfach übersetzt und vielfach prämiert, u.a. mit dem Deutschen Krimi Preis, dem Adolf-Grimme-Preis und dem Bayerischen Fernsehpreis. Sein erster Roman im Suhrkamp Verlag, Der namenlose Tag, wurde mit dem Deutschen Krimi Preis und dem Stuttgarter Krimipreis ausgezeichnet und belegte Platz 1 der Zeit-Krimi-Bestenliste.
FRIEDRICH ANI
NACKTER MANN, DER BRENNT
Roman
Suhrkamp
eBook Suhrkamp Verlag 2016
Der vorliegende Text folgt der Erstausgabe, 2016
© Suhrkamp Verlag Berlin 2016
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Umschlagfoto: James Wragg / Trevillion Images
Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München
eISBN 978-3-518-74798-8
www.suhrkamp.de
Gelobt sei Jesus Christus, dachte ich, bekreuzigte mich und öffnete die Tür zur Abstellkammer, in der mein Gast geduldig seine Angst ausbrütete. Er starrte mich an, und ich schloss die Tür wieder. Der Tag versprach mir zu gefallen.
Als ich das Haus verließ, läuteten – zu Ehren des verstorbenen Apothekers Eduard Rupp – die Glocken der SanktMichael-Kirche. Das bedeutete, ich hatte mich verspätet. Niemand im Dorf erwartete mich bei der Zeremonie, aber wegen der alten Zeiten und der Sache im Wald fühlte ich mich verpflichtet hinzugehen.
Ich hatte meinen einzigen schwarzen Anzug und ein dunkles Hemd angezogen und eine schmale schwarze Krawatte umgebunden. Ich schaute in den Spiegel und kam mir vor wie ein Rockstar der sechziger Jahre. In einem Anfall kindischen Übermuts lief ich ins Wohnzimmer und holte meine marode Fender. Ich hängte mir die Gitarre um, posierte vor dem Spiegel, schlug mit dem Zeigefinger auf die Saiten, minutenlang, E-Dur, G-Dur, D-Dur, F-Dur – als probte ich einen Song, strumpfsockig, stumpfsinnig, stumm und mit verzerrtem Gesicht. Einer meiner Anfälle von gut geübter Lächerlichkeit.
Tatsächlich hatte Regina mich gefragt, ob ich nicht ein Stück auf der Beerdigung spielen wolle. Ich zierte mich eine Weile, um glaubwürdiger zu erscheinen. Dann verneinte ich und erklärte, der Respekt vor den Toten verbiete dilettantisches Klampfen am offenen Grab. Vermutlich war Regina die Einzige, die mich in der Kirche vermisste.
Den Kopf gesenkt, die Hände vor dem Bauch gefaltet, schloss ich mich der Trauergemeinde beim Verlassen des Gotteshauses an, nachdem ich eine halbe Stunde durch die Gräberreihen geschlendert war, in Erinnerungen schwelgend.
Von all den Gesichtern, dem Gebrüll der Stimmen, den Ausdünstungen der Körper, den peitschenden Händen und zutretenden Füßen, den triefenden Augen und sabbernden Mündern waren nur noch Namen übrig, teilweise verwaschen und verblasst, auf einem grauen, schwarzen, weißen oder braunen Stein, durchweg gepflegt, genau wie die unkrautlosen, gleichförmigen Vergissmeinnicht-Rabatten – ein Paradies der Menschenlosigkeit.
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