Nanny for the Neighbors - Lily Gold - E-Book

Nanny for the Neighbors E-Book

Lily Gold

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Beschreibung

Eine Nanny und ihre drei umwerfenden Nachbarn, die sich unerwartet um ein Baby kümmern müssen Beth ist arbeitslos. Niemand braucht mehr eine Nanny, seid alle im Home Office sind. Sie kann ihren Augen nicht trauen, als ihre Nachbarn bei ihr anklopfen und sie um Hilfe bitten. Denn bei den drei Bewohnern der großzügigen Wohnung nebenan wurde ein Baby abgegeben. Sie haben keine Ahnung, was sie mit dem Winzling anfangen sollen. Aber eines ist sicher. Einer der drei ist der Vater. Beth schwärmt schon seit Jahren heimlich für die Bewohner in 5A. Tagsüber kümmert sie sich um das Baby und ihre Nächte gehören den Nachbarn … NANNY FOR THE NEIGHBORS ist eine extra spicy Reverse-Harem-Romance.  Mit Bonus-Epilog! Noch mehr Bücher von Lily Gold:  Three Swedish Mountain Men Triple Duty Bodyguards Faking With Benefits

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Seitenzahl: 650

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Nanny for the Neighbors

Lily Gold lebt in London, England, und schreibt zeitgenössische Liebesromane. Sie hat eine Schwäche für starke Männer mit großen Herzen und denkt, dass das Einzige, was besser ist als ein book boyfriend, sind zwei book boyfriends... oder vielleicht drei. Wenn sie nicht schreibt, liest sie normalerweise, tötet aus Versehen ihre Topfpflanzen oder sucht sich ein Haustier zum Kuscheln.

Eine Nanny und ihre drei umwerfenden Nachbarn, die sich unerwartet um ein Baby kümmern müssen

Beth ist arbeitslos. Niemand braucht mehr eine Nanny, seid alle im Home Office sind. Sie kann ihren Augen nicht trauen, als ihre Nachbarn bei ihr anklopfen und sie um Hilfe bitten. Denn bei den drei Bewohnern der großzügigen Wohnung nebenan wurde ein Baby abgegeben. Sie haben keine Ahnung, was sie mit dem Winzling anfangen sollen. Aber eines ist sicher. Einer der drei ist der Vater. Beth schwärmt schon seit Jahren heimlich für die Bewohner in 5A. Tagsüber kümmert sie sich um das Baby und ihre Nächte gehören den Nachbarn …

NANNY FOR THE NEIGHBORS ist eine extra spicy Why-Choose-Romance, voller Liebe und Herz. 

Mit Bonus-Epilog!

Noch mehr spicy Why-Choose von Lily Gold:

Three Swedish Mountain Men

Triple Duty Bodyguards

Faking With Benefits

Lily Gold

Nanny for the Neighbors

Roman

Aus dem Englischen von Maya Lloyd

Forever by Ullsteinforever.ullstein.de

Deutsche Erstausgabe bei ForeverForever ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, BerlinMärz 2024© für die deutsche Ausgabe Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2024© Lily Gold 2021Die englische Originalausgabe erschien 2021 unter dem Titel: Nanny for the Neighbors.Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.Umschlaggestaltung: zero-media.net, München,nach einer Vorlage von © Yummy Book CoversE-Book powered by pepyrus

ISBN 978-3-95818-782-5

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Inhalt

Das Buch

Titelseite

Impressum

Beth

Beth

Beth

Jack

Jack

Jack

Beth

Beth

Cyrus

Beth

Beth

Sebastian

Jack

Beth

Beth

Jack

Beth

Sebastian

Beth

Beth

Cyrus

Beth

Beth

Beth

Beth

Beth

Beth

Beth

Cyrus

Beth

Beth

Beth

Cyrus

Beth

Beth

Beth

Sebastian

Beth

Beth

Beth

Beth

Beth

Sebastian

Sebastian

Beth

Sebastian

Beth

Cyrus

Jack

Jack

Beth

Beth

Jack

Beth

Beth

Beth

Sebastian

Beth

Cyrus

Beth

Beth

Cyrus

Beth

Jack

Jack

Beth

Beth

Beth

Beth

Beth

Epilog

Bonus-Epilog

Leseprobe: Triple Duty Bodyguards

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Beth

Beth

»WILLST DU MICH VERDAMMT NOCH MAL VERARSCHEN?!« Der Schrei hallt durch die Straße vor meinem Fenster. »SIE HÄTTE STERBEN KÖNNEN!«

Ich werfe einen Blick hinaus und sehe meinen Nachbarn, der vor unserem Apartmenthaus auf und ab marschiert und wild gestikulierend in sein Handy brüllt. Er rauft sich die Haare, und sein großer Bizeps spannt sich unter seinem Shirt. Er sieht aus, als bekäme er gleich einen Nervenzusammenbruch.

Mein bester Freund Benny lehnt sich zu mir rüber, um besser sehen zu können. »Was ist denn bei dem los?«

»Ich weiß nicht«, murmle ich und kneife wegen der Sonne die Augen zusammen. »So habe ich ihn noch nie erlebt.«

Benny schnaubt spöttisch. »Ja, weil du ihn ja auch so gut kennst. Hast du schon mal mit dem Kerl gesprochen? Weißt du überhaupt, wie er heißt?«

»Ja«, sage ich trotzig. »Er heißt Jack.« Ich wohne im vierten Stock, deshalb sehen wir gerade von oben auf ihn herab, aber Jacks breite Schultern und sein hellblondes Haar würde ich überall sofort wiedererkennen. »Und ich kenne ihn ziemlich gut«, füge ich etwas störrisch hinzu. Benny prustet los vor Lachen.

Er hat ja recht. Genau genommen habe ich bisher nur ein einziges Mal mit Jack gesprochen. Aber trotzdem weiß ich eine ganze Menge über ihn.

Ich weiß, dass er im fünften Stock wohnt, in der Wohnung direkt über meiner. Ich weiß, dass er zwei außergewöhnlich attraktive Mitbewohner hat. Und jedes Mal, wenn wir uns bisher über den Weg gelaufen sind, wirkte er nett und ein wenig schüchtern. Jedenfalls habe ich ihn noch nie so wütend gesehen.

»WARUM HAST DU UNS DAS NICHT ERZÄHLT?« Jacks Gebrüll dröhnt durch die nachmittägliche Hitze. Ein paar Tauben, die auf der Straße herumtippeln, flattern vor Schreck davon. »WAS ZUM TEUFEL SOLLEN WIR JETZT TUN? KEINER VON UNS WEIẞ, WIE MAN SICH UM SIE KÜMMERT! Ich … Hallo? Hallo?« Er starrt kurz auf das Handy in seiner Hand, dann lässt er sich niedergeschlagen auf die Stufen zum Hauseingang sinken.

Besorgt verschränke ich meine Finger und löse sie gleich wieder. »Klingt, als ob wirklich etwas nicht in Ordnung ist. Vielleicht braucht er Hilfe.«

»Perfekt.« Benny beugt sich über mich und greift nach dem Fenstergriff. »Jetzt hast du endlich einen Vorwand, um ihn anzusprechen.« Er stößt das Fenster auf, aber ich packe ihn am Arm und ziehe ihn zurück.

»Was machst du da?!«, zische ich entsetzt. »Ich kann doch nicht von hier oben zu ihm runterbrüllen! Das wäre doch total schräg!«

»Stimmt. Ihn schweigend aus der Ferne zu beobachten ist ja so viel besser.« Benny sieht genervt aus. »Um Himmels willen, du schleichst diesem Kerl schon seit zwei Jahren hinterher. Sprich einfach mal mit ihm, Beth. Das ist doch nicht so schwer.«

Ich verziehe das Gesicht. Er hat leicht reden. Benny sieht umwerfend aus: groß und dunkelhäutig, mit einem Kopf voller wilder Locken und muskulösen Armen voller bunter Tattoos. Kein Mann und keine Frau können ihm widerstehen, und das weiß er auch.

Ich dagegen bin winzig, so blass, dass ich das Sonnenlicht reflektiere, und mit jeder Menge Sommersprossen übersät. Wenn ich neben Benny stehe, sehe ich aus wie ein blutarmer, rothaariger Kobold. Auf keinen Fall werde ich jetzt die Treppe hinabmarschieren, um meinen absurd heißen Nachbarn anzubaggern. Ich bin vollauf zufrieden damit, ihn auch weiterhin aus sicherer Entfernung zu bewundern.

Plötzlich klingelt Bennys Handy, er schaut auf das Display und seufzt. »Shit. Ich muss los.«

»Schon wieder ein Date?«

Er schüttelt den Kopf. »Ich treffe mich mit Mum und Dad. Familienessen.« Er verdreht die Augen. »Eines der Pflegekinder hat wohl sein Geigenvorspiel bestanden oder so.«

Ich lächle und versuche, mir meinen Schmerz nicht ansehen zu lassen. »Okay. Grüß Jane und Paul von mir.«

Benny sieht mich mitfühlend an.

Jane und Paul waren auch mal meine Pflegeeltern, und sie sind Bennys Adoptiveltern. Benny und ich haben uns als Teenager bei ihnen kennengelernt. Fast ein Jahr lang haben wir zusammen in Janes und Pauls Obhut gelebt, bevor sie mich zurück ins Heim gebracht und ihn adoptiert haben.

Normalerweise halte ich keinen Kontakt zu Leuten aus meinen alten Pflegefamilien – das tut viel zu sehr weh –, aber Benny ließ sich partout nicht abwimmeln. Jetzt, zehn Jahre später, ist er für mich nicht mehr ein Ex-Pflegebruder, sondern mein bester Freund. Er ist für mich das, was einer Familie am nächsten kommt.

»Ich sag dir was.« Benny legt mir kurz den Arm um die Schultern und greift nach seinen Schlüsseln. »Die nächste Pizza geht auf mich, wenn du dir ein paar Eier wachsen lässt und mit Jake redest.«

»Jack. Und ich will nicht mit ihm reden.« Ich wende mich wieder meinem aufgeklappten Laptop zu. »Ich muss noch arbeiten.«

Benny ignoriert meine Ausrede einfach. »Komm schon. Du stehst auf ihn, seit du hier eingezogen bist.«

»Stimmt gar nicht. Und du weißt, dass ich keine Beziehung will.«

»Das heißt aber nicht, dass du nicht auf den Kerl stehst.« Er hält sein Handy hoch. »Ich habe Nachrichten von einer betrunkenen Beth auf dem Handy, die das beweisen. Soll ich sie dir vorlesen? Sie sind ziemlich peinlich.« Er fängt an, durch unseren Thread zu scrollen. »Habe einen blonden Gott gesehen, als ich heute Abend den Müll rausgebracht habe«, liest er laut vor. »Er ist so süß. Herz-Emoji.«

Mir bleibt der Mund offen stehen. »Das habe ich nicht geschrieben.«

»Oh doch, hast du. Ich glaube, das war an dem Abend, wo du sechs Tequila-Shots getrunken und den ganzen Teppich mit Hummus eingesaut hast.« Er scrollt weiter. »Und weiter: Ich schwöre, seine Kieferpartie ist so kantig und stark und OMG, er sieht absolut makellos aus.« Ich versuche Benny eins überzuziehen, aber er weicht mir aus. »Na ja, beinahe makellos. Er hat ein wirklich süßes Muttermal in Form eines Fisches im Nacken. Gott, ich will gar nicht wissen, wie du so nah an ihn rangekommen bist, dass du sein Muttermal erkennen konntest. Hast du hier irgendwo ein Fernglas versteckt?«

Ich schubse Benny vom Schreibtisch weg. »Hast du nicht gesagt, dass du losmusst? Tu dir keinen Zwang an. Gerne jetzt sofort.«

Er lacht und schnappt sich seinen Mantel. »Ja, ja. Ruf mich später an, okay? Viel Glück bei der Jobsuche. Hab dich lieb.«

»Tschüs«, rufe ich, und er wirft mir einen Kuss zu, bevor er aus der Wohnung stürmt. Während Bennys Schritte im Gang verhallen, lasse ich mich auf den Schreibtischstuhl zurückfallen und drehe mich ein wenig, um wieder aus dem Fenster zu schauen. Jack sitzt immer noch zusammengekauert auf der Treppe, den Kopf in den Händen vergraben. Jetzt mache ich mir wirklich langsam Sorgen.

Bedauerlicherweise hat Benny recht. Seit ich hier eingezogen bin, stehe ich heimlich auf Jack. Das Traurige daran ist, dass ich seitdem nur ein einziges Mal mit ihm gesprochen habe, nämlich an dem Tag, an dem ich eingezogen bin. Ich war dabei, zwei riesige Koffer in den Aufzug zu schleppen, und Jack hat gesehen, wie ich mich abmühte. Er nahm beide hoch, als wären sie federleicht, und sah mich mit seinen blauen Augen schüchtern durch seine Hipster-Brille an. Ich war sofort hin und weg.

Seitdem hat er mich ein paarmal angelächelt, wenn wir zusammen auf den Fahrstuhl gewartet oder zur gleichen Zeit unsere Briefkästen gecheckt haben, aber das war es dann auch schon mit unserer Bekanntschaft. Ich glaube, er kennt nicht einmal meinen Namen.

Während ich ihn beobachte, steht Jack mit hängendem Kopf auf und steigt die Treppe zum Hauseingang hoch. Ich warte, bis er verschwunden ist, dann seufze ich und wende meine Aufmerksamkeit wieder der Website mit den Stellenangeboten zu, die ich in den letzten drei Stunden durchstöbert habe. Ich muss mich auf mich konzentrieren.

Ich bin jetzt seit fast einem Jahr arbeitslos, seit meine frühere Nanny-Agentur letzten Sommer pleitegegangen ist. Zuerst habe ich mir keine großen Sorgen gemacht, ich war mir sicher, dass meine Rücklagen ausreichen würden, bis ich wieder einen Job gefunden hätte. London ist voll von berufstätigen, viel beschäftigten Eltern. Wie schwer kann es da sein, eine Stelle als Nanny zu finden?

Wie sich herausstellte, sehr schwer. Seither habe ich mich auf über hundert Stellen beworben, ohne Erfolg. Meine Ersparnisse sind aufgebraucht, und auch mein Dispokredit ist längst überzogen. Ich bin gerade noch zwei Wochen davon entfernt, aus der Wohnung zu fliegen. Mein Blick fällt auf den Stapel unbezahlter Rechnungen in einer Ecke meines Schreibtisches. Er weist eine bedrohliche Höhe auf.

Angst verkrampft mir den Magen. Ich atme tief durch, öffne ein neues Browser-Fenster und gebe den Namen einer anderen Jobbörse ein, um die Suche auszuweiten. Im Moment würde ich alles annehmen. Beseitigung gefährlicher Abfälle. Toilettenreinigung. An Online-Umfragen teilnehmen. Ich brauche dringend irgendeinen Job.

Ich scrolle etwa eine Viertelstunde durch die Inserate, dann unterbricht mich ein Klopfen an der Tür. Ich runzle die Stirn und schaue vom Computer auf.

Es klopft nie jemand an meiner Tür. Ich bleibe gern für mich. Benny ist so ziemlich mein einziger Freund, und er hat sich einen eigenen Schlüssel machen lassen, sodass er normalerweise einfach hereinplatzt.

»Bethany«, ruft eine tiefe Stimme gedämpft durch das Holz. Dann räuspert sich jemand. »Bethany Ellis? Bist du da? Ich bin’s, Jack. Ich wohne über dir, in Apartment 5A.«

Ich erstarre.

»Du, äh, weißt vielleicht nicht, wer ich bin«, fährt er fort, »aber ich und meine Mitbewohner haben ein kleines Problem. Wir könnten wirklich Hilfe gebrauchen, falls du da bist.«

Beth

Einen Moment lang bin ich wie gelähmt, mein Herz klopft wild in meiner Brust. Dann setze ich mich in Bewegung, springe vom Stuhl auf und stürme rüber zum Spiegel. Himmel, ich sehe furchtbar aus. In meinem T-Shirt ist ein Loch, mein Make-up ist verschmiert, und meine roten Locken sind ungekämmt und zerzaust. Ich versuche, sie mit den Fingern zu bändigen, aber jetzt stehen sie nur noch mehr ab und umrahmen völlig wirr mein blasses Gesicht. Leise fluchend schaue ich mich panisch nach einem Haargummi um und entdecke schließlich eins auf dem Boden unter meinem Schreibtisch. Ich stürze mich darauf wie ein Baseballspieler auf seine Base und binde mir die Haare zu einem lockeren Bun, dann ziehe ich hektisch ein gestreiftes Sommerkleid aus einem unaufgeräumten Stapel sauberer Wäsche neben meinem Bett und schlüpfe hinein.

Es klopft noch einmal an der Tür, diesmal aber schon etwas halbherzig, dann höre ich einen leisen Fluch. Mist, er geht wieder. Ich schnappe meine Schlüssel, springe zur Wohnungstür und öffne sie. Jack hat schon wieder umgedreht und ist ein Stück den Flur hinuntergegangen.

»Hi, Entschuldigung!«, rufe ich. »Ich dachte, ich hätte es klopfen gehört. Wolltest du etwas?«

Er dreht sich um, sein Gesicht hellt sich auf, und in meinem Bauch steigen Schmetterlinge auf.

Aus dieser Entfernung ist Jack Insley noch atemberaubender, als ich ihn in Erinnerung habe. Hohe Wangenknochen, ein kantiges Kinn und stahlblaue Augen, die mich durch eine dunkel gerahmte Brille hindurch anstrahlen. Das viele Raufen hat sein blondes Haar total verwuschelt. Er trägt Chucks mit einem Pacman an der Seite, was ihm einen echten geek vibe gibt.

Außerdem trägt er kein Shirt. Ich meine, natürlich trägt er eins. Aber er könnte genauso gut keins tragen. Es liegt an ihm wie eine zweite Haut. Oder die erste. Man sieht alles.

Heilige Scheiße, sein Körper ist der Hammer. Braun gebrannte und muskulöse Arme, breite Schultern und ein Waschbrettbauch. Mein Blick gleitet von seinen prallen Brustmuskeln zu den Konturen seiner Bauchmuskeln hinab und ich sehe es förmlich vor mir, dieses V, das von seinen Hüften ausgehend in seiner Jeans verschwindet …

»Bethany Ellis, richtig?« Schlagartig werde ich aus meinem Tagtraum in die Realität zurückkatapultiert. Mein Blick huscht hoch. Jack lächelt nervös. »Ich habe deinen Flyer am Eingang gesehen.«

Ich brauche ein paar Sekunden, um zu begreifen, wovon er spricht, dann sinkt mir das Herz in die Hose. Er hat sich gar nicht an meinen Namen erinnert, er hat nur den Zettel gesehen, den ich unten ans Schwarze Brett geheftet habe. In einem letzten Akt der Verzweiflung habe ich meine Kontaktdaten daran gepinnt, nur für den Fall, dass jemand im Haus eine Kinderbetreuung sucht.

Dann bin ich wohl doch die Einzige, die aus der Ferne stalkt, schätze ich.

»Einfach nur Beth«, sage ich, noch etwas außer Atem. »Du bist Jack.«

»Ja«, lächelt er. »Das hört sich jetzt vielleicht komisch an, aber weißt du, wie man es schafft, dass Babys aufhören zu weinen?«

Ich blinzle verblüfft. »Äh. Ja?«

Er atmet erleichtert auf. »Gott sei Dank, Seb hat gesagt, dass du das kannst. Würdest du vielleicht kurz mit in unsere Wohnung kommen?«

»Hm. Klar. Brauchst du …« Ich deute mit einer Hand auf seine nackte Brust. »Hm. Etwas anderes zum Anziehen? Ich habe ein paar viel zu große T-Shirts, die dir passen könnten …«

Warum schlage ich ihm vor, sich umzuziehen? Was stimmt bloß nicht mit mir?

Jack sieht an sich herunter, und seine Wangen werden rot. »Entschuldige, das ist mir eingelaufen.« Verlegen lächelt er mich an. »Ich weiß, das sieht nach einer billigen Anmache aus, aber ich schwöre, das ist es nicht. Ich brauche wirklich deine Hilfe.«

Schade. »Klar«, sage ich sofort und nicke etwas zu begeistert. »Aber natürlich. Alles.«

»Danke.« Als befürchtete er, dass ich meine Meinung ändern könnte, wenn er allzu lange wartet, nimmt er meine Hand, zieht mich aus der Wohnung und den Hausflur entlang. Ich starre auf seine kräftigen Finger um mein Handgelenk.

»Ein Tag«, murmelt er leise vor sich hin. »Wir haben sie erst seit einem Tag, und wir verlieren jetzt schon den Verstand.« Im Treppenhaus nimmt er gleich zwei Stufen auf einmal.

Ich folge ihm, so gut ich kann. »Ihr habt wen erst seit einem Tag?«, frage ich und schnaufe leicht. »Ein Baby?«

Er wirft mir einen finsteren Blick zu und führt mich den Gang runter. »Es ist besser, wenn ich es dir einfach zeige.« Wir bleiben vor einer Tür stehen, die genauso aussieht wie meine, nur dass hier 5A eingraviert ist. Jack reißt sie auf. Sofort dringt das schrille Kreischen eines Babys an meine Ohren.

»Ich habe sie!«, ruft Jack. Das Heulen wird noch lauter.

»Gott sei Dank«, murmelt jemand. »Ich wollte mir schon die Ohren abschneiden.«

Jack schiebt mich durch die Tür, und ich sehe mich um.

Das Erste, was mir auffällt, ist, wie viel schöner die Wohnung ist. Ich habe das günstigste Apartment: eine winzige Ein-Zimmer-Wohnung mit abblätternden Tapeten und nur wenigen Fenstern. Ich war noch nie in einem der Luxusapartments, und dieses hier ist wunderschön, mit freigelegten Backsteinwänden und rustikalen Metallakzenten überall. Eine Fensterfront zieht sich über eine gesamte Seite des Wohnzimmers und bietet einen herrlichen Blick auf die Stadt. Der Raum ist voller Bücherregale und Sessel, und an einer Wand hängt ein Breitbildfernseher mit einer langen schwarzen Ledercouch gegenüber. Darauf sitzen zwei Männer: ein braun gebrannter Kerl mit tiefschwarzem Haar und ein Anzugträger mit kupferbraunem Haarschopf. Ich erkenne sie auf Anhieb als Jacks unglaublich heiße Mitbewohner. Keiner von ihnen sieht zu mir auf, sondern beide starren wie gebannt auf den Couchtisch. Ich folge ihren Blicken und entdecke die Quelle des Lärms.

Da liegt, eingekuschelt in einen grauen Autokindersitz, ein Baby. Es ist klein, vielleicht fünf oder sechs Monate alt, und trägt einen rosa Strampler. Und die Kleine schreit aus vollem Halse.

Unwillkürlich setzen sich meine Füße in Bewegung und durchqueren den Raum. Oh, sie ist einfach bezaubernd. Braune Haut, dichtes schwarzes Haar und große braune Augen mit langen Wimpern. Ihre Bäckchen sind ganz rund vom Babyspeck und vom Schreien erhitzt.

»Oh, hallo, meine Süße«, flüstere ich. »Darf ich sie anfassen?«

»Bitte«, sagt einer der Männer. »Mach, dass sie aufhört.«

Ich greife in den Kindersitz und hebe sie hoch. Es ist über ein Jahr her, dass ich ein Baby im Arm gehalten habe. Sie ist so weich und winzig in meinen Armen, dass ich weinen könnte. »Ach, meine Kleine. Du bist gerade gar nicht glücklich, oder?« Ich lege meine Wange an ihre. Sie glüht förmlich. »Was ist denn los, Süße?«

Ängstlich sieht sie zu mir auf und verbirgt dann ihr Gesicht in ihren kleinen Händchen.

»Ich bin nicht sicher, ob sie dir antworten wird«, brummt der dunkelhaarige Kerl. »Bisher war sie nicht sehr gesprächig.«

Ich drehe mich zu ihm um und versuche, nicht rot zu werden. Ich habe noch nie einen Mann gesehen, der so viel Sex-Appeal ausstrahlt. Er fläzt auf dem Ledersofa, trägt Jeans und ein seidenes Hemd, das zuzuknöpfen er sich nicht die Mühe gemacht hat. Seine Augen und das zerzauste Haar sind beide verblüffend schwarz, und an seinen Fingern glitzern mehrere silberne Ringe.

»Hallo, Nachbarin«, sagt er leise und lächelt. Seine Stimme ist tief und voll, wie schmelzende Schokolade. »Nett, dich endlich kennenzulernen. Ich bin Cyrus.« Er deutet mit einem Kopfnicken auf den Mann im Anzug, der neben ihm sitzt. »Das ist Sebastian.«

»Beth«, bringe ich mühsam heraus.

Cyrus’ Grinsen wird noch eine Spur breiter. »Oh, ich weiß, wie du heißt«, murmelt er, und sein Blick wandert von meinem Gesicht lässig hinab zu meiner Taille.

Heilige Scheiße. Checkt der mich etwa gerade ab?

Das Baby heult wieder los, ich räuspere mich und sehe wieder zu ihr hinunter. »Alles okay, Süße«, flüstere ich und streichle ihren Arm. »Wie heißt du denn eigentlich, hm?«

»Camilla«, sagt Jack. Er steht noch immer in seinem viel zu engen weißen Baumwollshirt hinter mir, und der Anblick brennt sich endgültig in meine Retina ein. »Wir nennen sie Cami.«

»Cami. Ein sehr hübscher Name.« Ich küsse Cami auf die Wange. »Sehr, sehr hübsch. Genau wie du.«

Sie schüttelt den Kopf und brüllt wütend. Ich taste über ihren Hintern und fühle ihre Windel. Sie sitzt ein bisschen zu locker, ist aber zum Glück leer. »Deine Windel scheint in Ordnung zu sein. Hast du Hunger, Süße?«

»Wir haben sie erst vor zehn Minuten gefüttert«, sagt Jack.

»Hat sie Bäuerchen gemacht?«

»Sie hat Jack den ganzen Rücken vollgekotzt«, sagt Cyrus und schaut mir aufmerksam zu. »Das könnte natürlich auch an seinem Hemd gelegen haben. Das war wirklich zum Kotzen.«

Cami erschaudert kurz und schlägt mit ihren kleinen Fäustchen auf mich ein. Mir blutet das Herz. »Oh, Baby. Ist ja gut, ist ja gut. Shh, shh.« Ich halte sie weiter im Arm, kuschle mein Gesicht an ihres und streichle ihr über den Rücken. »Ist ja gut.« Ich flüstere ihr beruhigend zu, bis ihr Geschrei langsam zu einem kleinen Schluchzen wird. »Na also«, sage ich leise. »Alles gar nicht so schlimm, oder? Es ist alles in Ordnung.« Ich wische ihr die Wangen trocken. Mit einem Schluckauf schmiegt sie sich erschöpft an meine Brust. »Es geht ihr gut«, sage ich den Jungs. »Sie musste nur geknuddelt werden.«

Keiner sagt etwas. Ich schaue auf. Alle drei Männer starren mich mit großen Augen an.

Ich blinzle. »Was?«

»Sie ist eine Hexe«, sagt Cyrus matt. »Was zum Teufel. Sie hat über sechs Stunden lang ununterbrochen geweint. Und du meinst, wir hätten sie einfach nur in den Arm nehmen müssen?«

Ich runzle die Stirn. »Habt ihr das nicht ausprobiert? Ihr habt sie einfach weinend in diesem Autositz liegen lassen?«

Jack schaut wieder verlegen drein. »Sie ist ein Baby«, sagt er. »Wir dachten, die schreien nur, wenn sie etwas zu essen brauchen oder Schlaf oder eine neue Windel. Das haben wir alles versucht, aber es nichts hat funktioniert.«

»Babys sind keine Tamagotchis«, erkläre ich ihnen mit einem leicht vorwurfsvollen Unterton. »Man kann sie nicht einfach füttern und ihre Kacke wegmachen und sie dann beiseitelegen, bis sie aus Versehen sterben.« Cami schmollt, und ich drücke ihr einen Kuss ins Haar. »Armes Ding. Haben dich die schrecklichen Männer alle einfach ignoriert?« Ich starre auf den Kindersitz hinunter.

Es ist ein Kombimodell fürs Auto, mit einem Griff, den man hochschieben kann, um die Schale auch als Trage benutzen zu können. Die Innenpolsterung sieht billig und schlecht aus. »Vermutlich hat sie geweint, weil es unbequem war. Warum war sie überhaupt da drin?«

»So hat man sie uns heute Morgen überreicht«, sagt Jack und ringt die Hände. »Wir haben ihr schon ein paar Sachen gekauft, aber wir hatten überhaupt keine Ahnung, wo wir anfangen sollten. Wir haben ja noch nicht mal ein Kinderbett oder so.«

Ich sehe mich erneut im Zimmer um und registriere die Details, die ich auf den ersten Blick übersehen habe. Überall liegen nagelneue Babysachen herum. Babyfeuchttücher. Ein ganzer Stapel Strampler. Ein ungeöffnetes Päckchen Schnuller. In der Küche steht ein Topf mit Babynahrung neben der Spüle, ein kleiner Plastiklöffel liegt auf dem Tresen daneben.

Ich beruhige mich wieder ein wenig. Offensichtlich hatte jemand einen Notfall und hat das Baby kurzerhand bei den Jungs abgeladen. Ist ja nicht ihre Schuld, dass sie auf so was nicht vorbereitet waren. »Wer auch immer euch zum Babysitten verdonnert hat, muss wohl ziemlich verzweifelt gewesen sein, hm?« Ich drücke Cami noch einen Kuss auf den Kopf. Sie strampelt mit ihren kleinen Füßchen gegen meinen Bauch und sieht mit großen Augen zu mir auf. »Wer war es? Eine Schwester? Ein Freund der Familie?«

Jack sieht bedrückt aus. »Nicht wirklich.«

»Nein?« Ich wiege Cami in meinen Armen hin und her. »Wo ist die Mama?«

»Sie ist … nicht länger involviert«, sagt Cyrus nach kurzem Zögern.

»Oh. Und der Vater? Er hätte zumindest ein paar Windeln mitbringen sollen.« Ich tätschle Camis kleinen Hintern. »Die hier passt ihr nicht mal richtig.« Ein paar Takte lang herrscht Schweigen, und ich blicke zu ihnen auf. »Leute? Der Vater?«

Keiner antwortet.

Ich runzle die Stirn. »Entschuldigt, aber ist diese Frage irgendwie schwer zu beantworten?«

Jack und Cyrus sehen sich eindringlich an. Auch Sebastian weicht meinem Blick aus. Ich betrachte ihre schuldbewussten Mienen, und mir läuft es eiskalt den Rücken herunter. Irgendetwas stimmt hier nicht. Ich richte mich auf, meine Stimme wird schärfer. »Wessen Kind ist das?«

Mit einem Seufzen fährt Jack sich durch die Haare. »Um ehrlich zu sein, sind wir uns da nicht ganz sicher, Beth.«

Beth

Völlig erschüttert drücke ich Cami reflexartig wieder näher an mich und mache einen Schritt in Richtung Wohnungstür. »Wie bitte?« Meine Stimme ist eine Oktave höher als gewöhnlich. »Ihr seid euch nicht sicher?«

»Nein«, brummt Cyrus. »Wir haben echt keinen Schimmer.«

Ich starre ihn an, meine Gedanken rasen wie wild, doch er setzt nur sein grübchenbewehrtes Lächeln auf.

Das ist mal wieder typisch. Da lerne ich endlich meine umwerfenden Nachbarn kennen, und sie entpuppen sich als Babys entführende Psychos.

»Ihr habt dieses Kind gestohlen?«, frage ich fassungslos. Sofort verschwindet das Lächeln aus Cyrus’ Gesicht.

Jack reißt die Augen auf und wiegelt ab. »Nein! Nein! Sie gehört definitiv zu einem von uns. Wir wissen nur nicht, zu wem.«

Die anderen beiden nicken zustimmend, ganz so, als wäre das eine absolut vernünftige Erklärung und nicht völlig verrückt.

»Aha. Ja. Okay.« Ich weiche langsam ein paar Schritte zurück und wende mich um zur Tür. »Ich rufe die Polizei.«

»Scheiße«, flucht Cyrus.

Jack stellt sich mir mit ausgebreiteten Armen in den Weg. »Bitte, nein! Mist. Ich weiß, das hört sich verdächtig an, aber ich schwöre, wir sagen die Wahrheit.«

»Geh mir aus dem Weg«, sage ich mit zitternder Stimme. »Sofort.«

Er tut es widerstrebend und fährt sich erneut mit der Hand durch sein kurzes blondes Haar. »So habe ich mir das nicht gedacht.«

»Und was hast du dir gedacht?!«, frage ich. »Dass ich reinkomme, euch alle hier mit diesem Baby sehe und sage Okay, ja, das ist völlig in Ordnung, behaltet es einfach?«

»Wir lügen nicht«, beharrt Jack. »Sie ist definitiv die Tochter von einem von uns.«

»Na ja, fast sicher«, fügt Cyrus hinzu. »Zeitlich würde es passen.« Er rückt ein Stück auf der Couch auf und klopft auf das Kissen neben sich. »Würdest du dich bitte einfach hinsetzen und uns erklären lassen?«

Ich schließe die Augen und atme tief ein. »Ich werde mich nicht hinsetzen«, presse ich hervor. »Ihr habt genau fünf Sekunden, um mir zu erklären, wo zum Teufel dieses Baby herkommt.«

Cyrus und Jack tauschen einen hilflosen Blick aus. »Aber das ist eine lange Geschichte«, sagt Jack.

»Gib mir einfach die Kurzfassung«, sagt ich schroff.

So bin ich eigentlich nicht. Normalerweise bin ich ein ziemlich schüchterner Mensch. Ich glaube nicht, dass ich je zuvor in meinem Leben so ruppig zu fremden Leuten gewesen bin, aber wenn es um die Sicherheit von Kindern geht, mache ich keine halben Sachen.

Der dritte Typ steht auf. Sebastian. Mein Herz schlägt schneller, als er sich zu mir umdreht und meinem Blick begegnet.

Er wirkt ein wenig … bedrohlich. Alles an ihm ist scharf und kantig. Sein Anzug ist taubengrau, sein weißes Hemd makellos glatt, und seine schmale Krawatte ist akkurat gebunden. Sein Haar ist sorgfältig frisiert, seine blassgrauen Augen sind kalt und stählern, und sein hartes, markantes Gesicht sieht aus, als sei es aus Stein gemeißelt. Das Einzige, was diesen Anblick etwas abmildert, ist sein Mund. Seine Lippen sind voll und rosa. Seb geht auf den Couchtisch zu und legt eine Hand auf den Kindersitz.

»Heute Morgen hat uns der Portier aus der Lobby angerufen«, sagt er. Seine Aussprache ist glasklar und prägnant, wie die eines BBC-Nachrichtensprechers. »Er war außer sich. Hat uns am Telefon angeschrien und beschimpft. Wir konnten uns nicht erklären, was los war, also sind wir runter zur Rezeption gegangen.« Er dreht den Kindersitz um, und da fällt mir plötzlich das goldene Kärtchen auf, das am Griff befestigt ist. App. 5A steht da mit Filzstift gekritzelt. Mir dreht sich der Magen um. »Jemand hat den Sitz vor der Haustür abgestellt«, sagt er grimmig. »Darin befanden sich Camilla, eine Packung Windeln und ihre Geburtsurkunde.«

Entsetzt drücke ich Cami noch fester an mich. Sie fängt an, an meinem Kleid zu nuckeln. »Bitte, bitte sag mir, dass das ein Scherz ist.«

»Nein.« Er nimmt ein zusammengefaltetes Blatt Papier in die Hand und hält es mir hin. »Das war auch dabei.«

Ich starre den Zettel an, als würde er jeden Moment in Flammen aufgehen. Langsam setze ich Cami auf meiner Hüfte ab, greife nach dem Blatt und falte es auf.

Es ist ein Brief, geschrieben mit Kugelschreiber in zittriger, kindlicher Handschrift.

An die Jungs in Appartment 5AHerzlichen Glückwunsch. Ihr habt ein Kind. Das ist Camilla (Cami). Sie ist sechs Monate alt. Bitte kümmert euch um sie. Einer von euch ist der Vater. Ich wollte sie behalten, aber das geht jetzt nicht mehr, weil ich wegen Besitz und Handel mit Drogen in Schwierigkeiten bin und meine Familie mich in den Entzug steckt.

Ich bin keine gute Mama. Sie gehört jetzt euch. Ich weiß, ihr werdet so gut zu ihr sein, wie ihr es zu mir wart.

Tut mir leid, dass ich euch nichts gesagt habe.Anisha

Ganz langsam lege ich den Zettel weg. »Und ihr kennt diese Frau? Anisha?«

»Im biblischen Sinne, natürlich«, sagt Cyrus lässig. »Aber logischerweise nicht gut genug, um damit zu rechnen, dass sie einen auf Dumbledore macht und ein wehrloses Baby auf unserer Türschwelle aussetzt, anstatt zu klingeln und es uns persönlich zu übergeben. Aber ja, wir kennen sie ziemlich gut.«

»Wir hatten keine Ahnung, dass sie abhängig ist«, schiebt Jack hinterher. »Vielleicht hat sie erst damit angefangen, als wir uns nicht mehr gesehen haben. Oder vielleicht hat sie es wirklich gut verheimlicht. Aber die Schwangerschaft hat sie eindeutig aus der Bahn geworfen.«

Meine Augenbrauen sind wahrscheinlich schon unter meinem Haaransatz verschwunden. »Ihr wollt mir also erzählen, dass ihr, drei WG-Kumpels, alle nacheinander mit der gleichen Frau geschlafen habt, und das innerhalb eines Monats? Ein paar Wochen? War das eine Art Wettkampf oder so? Ist das nicht irgendwie peinlich?«

»Ah«, sagt Cyrus, und seine Miene entspannt sich. »Ich verstehe, was dich so verwirrt. Wir haben alle gleichzeitig mit ihr geschlafen.« Er hält inne. »Viele, viele Male.«

»Im Ernst?« Alle drei Männer nicken. Jacks Gesicht wird feuerrot.

»Das machen wir so«, gibt er zu. »Ab und zu.«

»Oh.« Ich überlege. »Das … ergibt deutlich mehr Sinn. Ja.«

»Denk mal drüber nach«, sagt Sebastian. »Wenn wir tatsächlich ein Kind entführt hätten, dann würden wir doch nicht ausgerechnet an die Tür der einzigen Nanny hier im Gebäude klopfen, oder?«

Cami regt sich und schmiegt ihr Gesicht an meinen Hals. Ihre warmen Lippen streifen meine Haut. Ich streichle ihren kleinen Hinterkopf, und vor Rührung schnürt sich mir die Kehle zu. »Sonst ist nichts im Kindersitz?«, flüstere ich. »Kein Spielzeug, keine Andenken, nichts?«

»Nicht einmal eine Decke«, sagt Sebastian eisig. »Heute Morgen waren es draußen fünf Grad. Sie ist einfach da abgestellt worden und hat geweint, bis der Pförtner sie gefunden hat.«

Mein Gott. Ich fahre mit dem Daumen über das goldene Armband, das an meinem Handgelenk hängt, und Tränen brennen mir in den Augen.

»Geht es dir gut?«, fragt Jack leise. »Tut mir leid. Ich weiß, das ist eine Menge, was wir dir da auf einen Schlag zumuten.«

Ich trete zu den bodentiefen Fenstern und schaue hinab auf die Straße, um mich wieder zu sammeln. Ein Trupp Bauarbeiter lehnt an einer Mauer und raucht. Ein Motorradfahrer braust vorbei. Cami krallt ihre kleine Faust in mein Haar.

Sie muss solche Angst gehabt haben.

»Wisst ihr, wie lange sie dort lag?«, frage ich schließlich.

»Nicht allzu lange«, antwortet Cyrus. »Vielleicht eine Viertelstunde.«

Ich schließe die Augen. »Und was wollt ihr von mir?«, presse ich hervor.

»Wir lassen morgen einen DNA-Analyse machen«, sagt Sebastian. »Wir …« Zum ersten Mal gerät seine selbstbewusste, klare Stimme ins Stocken. »Wir wissen nicht, was wir mit ihr machen sollen. Keiner von uns weiß, wie man sich um ein Baby kümmert. Wir brauchen Hilfe.«

»Ich verstehe.« Ich atme tief ein und überlege fieberhaft. »Wann wird das Testergebnis vorliegen?«

Jack wird munter. »Es gibt in der Stadt Labore, die sogar noch am selben Tag fertig sind. Wenn wir morgen früh einen Abstrich von ihr machen lassen können, sollten wir es bis zum Abend wissen.«

Ich nicke. »Und ihr wollt dieses Baby? Wenn sich herausstellt, dass es von einem von euch ist, werdet ihr euch dann um sie kümmern?« Mein Blick wandert zwischen den Gesichtern der drei Männer hin und her.

Alle nicken ernst.

»Bitte nimm sie uns nicht weg«, sagt Jack leise.

Ich schniefe und wische mir hastig mit dem Handrücken über die Augen. Cami nimmt ein wenig den Kopf zurück und beobachtet mein Gesicht, ihr kleiner Mund öffnet und schließt sich dann wieder. Meine Brust fühlt sich an, als würde sie gleich bersten.

»Okay«, sage ich. »Wir werden Folgendes tun.«

Jack

Zuallererst ruft Beth den Portier an und verlangt, die Aufnahmen der Überwachungskameras des Gebäudes von heute Morgen zu sehen. Sie zeigen, wie Anisha die Straße entlangeilt, den Kindersitz vor der Tür abstellt und davonrennt. Sie gibt Cami keinen Abschiedskuss. Sie weint nicht. Es scheint ihr schlicht nichts auszumachen, ihr eigenes Kind auszusetzen.

Wie ich mir das Video ansehe, möchte ich mich am liebsten übergeben. Aber zum Glück können wir auf diese Weise Beth davon überzeugen, dass wir keine Kindesentführer sind. Wir gehen zusammen wieder nach oben, und den Rest des Nachmittags verbringt sie damit, uns einen Intensivkurs in Sachen Babypflege zu geben.

Es ist ein Fiasko. Wir sind vollkommen unfähig. Keiner von uns weiß, wie man ein Baby richtig hält, geschweige denn eine Windel wechselt oder ein Fläschchen zubereitet. Zum Glück haben wir eine sehr geduldige, motivierte Lehrerin. Egal, wie dämlich wir uns anstellen oder wie viele dumme Fragen wir stellen, Beth verliert nie die Geduld oder wird sauer.

Nach und nach bekommen wir den Dreh raus. Beth zeigt uns, wie man Babys in den Schlaf wiegt. Sie klärt uns über Einschlafrituale, Essens- und Schlafenszeiten und über Erste Hilfe bei Säuglingen auf. Es ist eine schier unglaubliche Menge an Informationen. Als Cyrus es dann endlich geschafft hat, Cami in ihr Nachmittagsschläfchen zu wiegen, sinken wir alle erschöpft um den Couchtisch herum aufs Sofa.

Wie zum Teufel schaffen Eltern das nur? Wir passen erst seit ein paar Stunden auf ein Kind auf, und schon sind wir alle drei fix und fertig. Ich schaue die beiden anderen Jungs an. Cyrus reibt sich ächzend die Augen, und Seb hat den Kopf auf die Hände gestützt.

Beth ist dagegen ist ganz in ihrem Element. Sie macht es sich auf unserem Sofa gemütlich, zieht die nackten Füße unter ihren Körper und erstellt eine Liste mit Babyartikeln, die wir besorgen müssen.

Ich kann immer noch nicht so recht glauben, dass sie tatsächlich hier in unserer Wohnung ist. Heute war der wohl stressigste Tag meines Lebens. Ich schätze, seit ich das winzige Kind zum ersten Mal im Kindersitz auf dem Tresen des Pförtners gesehen habe, habe ich jedes nur erdenkliche Gefühl empfunden. Und zu allem Überfluss sitzt jetzt auch noch Bethany Ellis auf meinem Sofa, trinkt Kaffee aus einem meiner Becher und kritzelt in eines meiner Notizbücher. Das ist nicht leicht zu verdauen.

Um ehrlich zu sein: Seit ich Beth zum ersten Mal getroffen habe, bin ich in sie verknallt. Ich erinnere mich noch ganz genau: Sie stand in der Lobby und mühte sich ab beim Versuch, ihre Koffer in den Aufzug zu schleppen, scheiterte aber kläglich. Sie trug ein weißes, mit kleinen roten Herzen übersätes Kleid. Ihr Haar war zerzaust, und ihre Wangen waren gerötet. Sie war die schönste Frau, die ich je gesehen hatte.

Seitdem habe ich allerlei Wissenswertes über sie aufgeschnappt. Ich weiß, dass sie im Lidl um die Ecke einkauft. Ich weiß, dass sie es nicht auf die Reihe bekommt, ihre Wäsche rechtzeitig aus dem Gemeinschaftstrockner zu holen. Ich weiß, dass sie mehr Rechnungen in den Briefkasten gestopft bekommt als wir alle drei zusammen.

Es ist nicht so, dass ich ihr nachspioniert hätte. Ich … nehme sie einfach wahr. Verdammt, wer täte das nicht? Jedes Mal, wenn ich ihr in der Lobby oder im Aufzug begegne oder sie mit dem Pförtner plaudern sehe, ist es, als stünde mein Körper plötzlich unter Strom.

Das ist so erbärmlich. Ich bin neunundzwanzig, verdammt noch mal. Ich bin zu alt für so eine leidenschaftliche Schwärmerei. Zumal ich mir ziemlich sicher bin, dass sie einen Freund hat. Ich habe schon an die hundertmal einen großen, gut aussehenden schwarzen Typ in ihre Wohnung huschen sehen.

Und trotzdem kann ich das nervöse Kribbeln in meinem Bauch nicht unterdrücken, während ich sie jetzt dabei beobachte, wie sie stirnrunzelnd auf ihre handgeschriebene Liste blickt und auf ihrer Unterlippe herumkaut. Die Abendsonne fällt schräg durch die Fenster, streicht über ihr zartes Gesicht und lässt ihre roten Locken wie Feuer aufflammen. Sie ist einfach umwerfend.

Abrupt schrecke ich aus meinem Tagtraum auf, als Cami plötzlich in ihrem Kindersitz zu schreien anfängt und in Tränen ausbricht.

Beth klatscht in die Hände und springt auf. »Perfekt! Zeit zum Wickeln!« Sie strahlt mich an. »Du bist dran, Jack.«

Allein schon, wie sie meinen Namen sagt mit ihrer süßen, sanften Stimme, überkommt mich ein wohliger Schauer. Ich versuche ihn nicht zu beachten und hebe Cami unbeholfen hoch. Ihr Strampler ist nass und ganz fleckig.

»Sieht aus, als wäre sie ein bisschen ausgelaufen«, murmelt Beth. »Diese Windeln sind zu groß. Ihr habt wirklich Glück gehabt, dass ihr bisher noch keine Missgeschicke hattet.«

»Doch, hatten wir«, sagt Cyrus und sieht dabei so mitgenommen aus, dass ich mir ein Lachen nicht verkneifen kann. »Da, wo du gerade stehst, war früher mal ein cremefarbener Teppich.«

»Na ja, das war ein bisschen dumm von euch«, murmelt sie und klopft auf das Handtuch, das sie auf einem Beistelltisch ausgebreitet hat. »Komm schon, Jack. Zeig mir, was du draufhast.«

Vorsichtig lege ich Cami auf das Handtuch, und Beth erklärt mir mit einer Engelsgeduld, wie ich sie reinigen und wickeln muss.

»So ist gut«, sagt sie, als ich beide Laschen anhebe, die Windel entferne und Cami behutsam sauber wische. Cami starrt schmollend an die Decke. »Du musst nicht so sanft sein. Du tust ihr nicht weh. Wirf das Tuch hier rein.« Sie hält mir eine Plastiktüte hin. »Dann schnapp dir eine neue Windel. Heb sie hoch und schieb sie unter sie … perfekt. Einfach die Laschen befestigen … Und das war’s! Jetzt müssen wir uns nur noch die Hände waschen.« Sie wirft einen Blick über ihre Schulter. Sebastian drückt sich hinter uns herum und schaut uns aufmerksam zu. »Willst du es auch mal ausprobieren, wenn sie schon da liegt? Ich glaube, Jack und Cy haben den Dreh inzwischen raus.«

»Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist«, sagt Seb und tritt einen Schritt zurück.

Beth zieht eine Augenbraue hoch. »Und wenn sie von dir ist? Dann musst du wissen, wie man sie wickelt.«

Entschieden schüttelt er den Kopf. »Sie ist entweder von Cyrus oder von Jack. Nicht von mir.«

Ich rolle mit den Augen und gehe mir die Hände waschen.

»Oh.« Sie streichelt Cami übers Haar. »Du hast beim Gruppensex also nicht mitgemacht?«

Er zupft an seiner Krawatte herum. »Doch, ich habe mitgemacht.«

»Ziemlich begeistert, wenn ich mich recht erinnere«, murmelt Cyrus.

Beth runzelt die Stirn. »Nun, dann …«

»Sie ist nicht von mir«, sagt Seb knapp. »Ich habe ein Kondom benutzt.«

»Das haben wir alle«, sage ich und trockne mir die Hände ab. »Wir sind keine fünfzehn mehr.«

»Vielleicht hast du es ja vergessen«, entgegnet Sebastian. »Ich aber bestimmt nicht.«

»Ich auch nicht«, murmelt Cy.

Beth schaut zwischen uns hin und her, dann wieder hinunter zu Cami. »Sie sieht dir aber irgendwie ähnlich«, sagt sie zu Cyrus. Ein Anflug von irrationaler Eifersucht durchzuckt mich. »Zumindest hat sie deinen Teint.« Sie streichelt über Camis hellbraune Wange, dann zupft sie an einer ihrer glänzenden schwarzen Löckchen.

Cy zuckt mit den Schultern. »Ich bin zur Hälfte Bengale, ihre Mutter ganz. Ich weiß nicht, wie ein Kind, das zur Hälfte bengalische Wurzeln hat, im Vergleich zu einem Kind aussehen würde, das zu drei Viertel bengalischen Ursprungs ist.«

»Ja.« Sie küsst Camis Wange. »Du bist ein kleines Mysterium, hm? Du bringst alle durcheinander.«

Cami brabbelt zu ihr hoch und zappelt verschlafen in ihrer sauberen Windel herum. Beth kitzelt sie an den Füßen, dann schaut sie auf ihr Handy. »Ich muss gleich mal telefonieren. Kriegt ihr es hin, euch so lange um sie zu kümmern?«

Ich nicke. »Das schaffen wir schon. Danke dir vielmals.«

Sie lächelt, und ihre braunen Augen leuchten förmlich. »Es war mir ein Vergnügen. Ich habe schon ewig nicht mehr mit einem Baby gespielt.« Sie geht zur Tür und schnappt sich ihre Schlüssel. »Wenn es in Ordnung ist, komme ich morgen früh wieder hoch, um zu sehen, wie es ihr geht. Ich kann euch auch helfen, ein Kinderbettchen auszusuchen, wenn ihr wollt. Den Autositz müsst ihr unbedingt entsorgen.«

Vorsichtig hebe ich Cami hoch und gehe mit ihr zur Tür. »Danke, Beth. Wirklich.« Ich werfe einen Blick über die Schulter zu Cy und Seb. Sie sind beide in einen leisen, heftigen Streit vertieft. Ich glaube nicht, dass sie mich hören können, trotzdem senke ich die Stimme. »Darf ich dich etwas fragen?«

Nachdem sie ihre Schuhe gebunden hat, richtet sie sich wieder auf. »Natürlich!«

»Warum tust du das? Warum hast du uns nicht einfach angezeigt?«

Beth zögert und fummelt an ihrem Schlüsselbund herum. Sie starrt aus dem Fenster, scheint aber nichts wirklich zu sehen. »Wenn sie erst mal in einem Heim untergebracht ist, wird es schwierig für euch, sie zurückzubekommen«, sagt sie schließlich. »Jedenfalls geht das nicht sofort. Ich wollte ihr das nicht antun, wenn es sich vermeiden lässt.«

Mir läuft es kalt den Rücken hinunter. Instinktiv drücke ich Cami fester an mich. »Was? Warum? Morgen haben wir die DNA-Ergebnisse. Wie sollen sie sie uns dann noch wegnehmen?«

»So einfach ist das nicht.« Beth blickt im Raum umher. »Ihr seid nicht auf ein Baby vorbereitet. Ihr habt nichts von alledem, was ein Baby so braucht. Überhaupt nichts. Wenn sie in Pflege genommen würde, müsstet ihr wahrscheinlich erst mal nachweisen, dass ihr in der Lage seid, euch um sie zu kümmern, und das seid ihr im Moment nicht.«

Entsetzt starre ich Beth an, aber sie schenkt mir ein aufmunterndes Lächeln und tätschelt meinen Arm. »Alles wird gut, Jack. Das wird schon nicht passieren.« Sie beugt sich vor und küsst Cami auf die Wange. »Bye bye, mein Bärchen. Hab einen schönen Abend. Ich bin sicher, wir sehen uns bald wieder.«

Cami streckt die Hand aus und zupft an ihrem Haar. Beth schaut wieder zu mir hoch, und mir wird ganz flau im Magen. »Tschüs«, sagt sie schüchtern. Dann dreht sie sich um und verschwindet aus der Wohnung, wobei ein Hauch von ihrem nach Apfel duftenden Shampoo hinter ihr herweht.

Die Tür fällt zu. Einen Moment lang sagt niemand ein Wort. Cami gluckst traurig und zittert in meinen Armen.

Cyrus ist der Erste, der das Wort ergreift und mich vorwurfsvoll ansieht. »Wusstest du, dass unsere Nachbarin so scharf ist?«

Jack

»Ist das wirklich alles, was dich momentan beschäftigt?«, fragt Sebastian und lässt sich zurück aufs Sofa fallen. »Wir haben ein Baby.« Er starrt auf Camis Kindersitz, und sein Gesichtsausdruck lässt nicht erkennen, was er gerade denkt.

»Ja«, stimmt Cy zu. »Wir haben ein Baby, und unsere Nachbarin ist heiß.« Er zeigt mit einem Finger auf mich. »Und er wusste es und hat es mir nicht gesagt. Was zur Hölle, Alter?«

Meine Wangen werden heiß. »Ich weiß nicht, wovon du redest.«

»Ich habe mich eh schon gewundert, warum du immer an deinen Haaren rumfummelst, bevor du in der Lobby an ihr vorbeigehst. Ich habe sie vorher nie so richtig wahrgenommen. Jetzt ergibt das alles einen Sinn.«

Cami gähnt in meinen Armen, ihre Augen fallen halb zu. Sie ist gerade von ihrem Nickerchen aufgewacht, aber sie sieht aus, als ob sie gleich wieder einschlafen wollte. Vielleicht hat sie nicht lange genug geschlafen? Ich zögere, dann durchquere ich das Zimmer und lege sie zurück in ihren Kindersitz.

Wir haben sowieso kein Spielzeug, mit dem sie spielen könnte. Da kann sie genauso gut auch noch den Rest dieses beschissenen Tages verschlafen. Sie dreht den Kopf zur Seite und kuschelt sich an das Polster.

Sebastian reibt sich die Schläfen. »Ich kann nicht fassen, dass Anisha das getan hat«, murmelt er.

Cy lümmelt auf dem Sofa herum. »Nicht? Warum nicht? Wir kannten sie doch kaum. Und zwischen all den Vierern hatten wir nicht viel Zeit, sie auf ihre geistige Gesundheit hin zu untersuchen.«

»Sie kam mir ganz vernünftig vor und normal«, sagt Seb. »Eine vernünftige Frau hätte uns gesagt, dass sie schwanger ist. Oder uns nach der Entbindung angerufen. Sie hätte uns Cami überreicht, anstatt sie vor der Tür liegen zu lassen.«

Cyrus’ Gesicht verfinstert sich. »Sie ist wahrscheinlich wirklich durchgeknallt«, sagt er langsam. »Vollkommen daneben.«

Wir schweigen, weil uns plötzlich die Tragweite des Ganzen bewusst wird. Was hat Cami schon alles durchmachen müssen? Hat man sich in den letzten Monaten überhaupt um sie gekümmert? Beth meinte, sie wirke ganz gesund. Sie hatte saubere Kleidung und gepflegtes Haar, und ihrem Babyspeck nach zu urteilen, musste sie definitiv nicht Hunger leiden. Aber sauber und wohlgenährt zu sein ist ein ziemlich mieses Mindestmaß für angemessene Kinderfürsorge.

Ich schaue wieder runter in den Kindersitz. Camis kleine Füße strampeln leicht im Schlaf, die winzige Hand hat sie an ihrer Wange zur Faust zusammengerollt. Auf einmal möchte ich sie einfach nur noch hochheben und in den Arm nehmen.

Sebastian holt sein Handy heraus. »Wir müssen noch einmal mit Anisha sprechen. Ich rufe in der Entzugsklinik an. Die müssen doch irgendeine Art von Unterkunft für die Kinder von Süchtigen haben.«

Meine Augen weiten sich. »Nein!«, sagen Cyrus und ich gleichzeitig.

»Sie kann doch nicht einfach ihr Kind bei uns vor der Tür absetzen und dann abhauen!«, protestiert Seb.

»Unser Kind«, betont Cyrus. »Sie ist die Tochter von einem von uns. Sie könnte mein Kind sein.« Er fährt hoch, und Wut verhärtet seine sonst so entspannte Miene. »Und ich werde es nicht zulassen, dass du meine Tochter der Frau zurückgibst, die sie draußen in der Kälte zurückgelassen hat, wie bei Harry-verdammt-noch-mal-Potter. Die Frau hat bewiesen, dass sie keine gute Mutter ist.«

»Und du bist ein guter Vater?«, kontert Seb mit geballten Fäusten.

»Zumindest habe ich sie nicht mitten in London dem Hungertod überlassen. Deshalb glaube ich, dass ich es derzeit besser mache als sie, ja. So wie wir alle.«

Seb wirft genervt die Hände in die Luft. »Wir konnten dem Kind nicht einmal die Windel wechseln! Was ist, wenn sie krank wird? Oder sie wieder weint und wir sie wieder nicht beruhigen können? Wenn irgendetwas mit ihr nicht stimmt, dann haben wir doch keine Ahnung, was wir tun müssen! Wir haben keinen blassen Schimmer, wie man sich um ein Kind kümmert!«

Einen Moment lang herrscht Schweigen, dann zuckt Cyrus mit den Schultern. »Ganz einfach. Wir stellen die heiße Nanny ein.«

Seb lässt nicht locker. »Wir wissen doch noch nicht einmal, ob sie überhaupt qualifiziert ist …«

Cy stöhnt auf. »Meine Güte, warum musst du alles immer so kompliziert machen? Beth ist arbeitslos. Sie wohnt nur sechzig Sekunden entfernt. Cami mag sie bereits. Jack steht auf sie. Wie viele Zeichen muss dir das Universum noch geben?«

»Ich stehe nicht auf sie«, protestiere ich.

»Sag ihren Namen, ohne rot zu werden.«

Ich öffne den Mund, nur um ihn dann gleich wieder zu schließen.

Cyrus seufzt und fährt sich mit einer Hand über die Augen. »Hört mal, ich weiß nicht, was zum Teufel wir hier tun. Ich weiß nur, dass heute ein Baby von seiner Mutter ausgesetzt wurde. Dieses winzig kleine Mädchen.« Er deutet auf Cami. »Sie ist ein Säugling und hat schon jetzt alles verloren. Wir müssen wenigstens versuchen, uns um sie zu kümmern. Sie verdient jemanden, der genau das tut.«

Wir alle sehen Cami an. Sie seufzt im Schlaf, ihre weichen Locken flattern leicht, und sie bewegt ihre winzigen Finger. Sie sieht so zerbrechlich aus wie eine Porzellanpuppe.

Cyrus schüttelt den Kopf und lässt die Schultern sinken. »Ich gehe zur Arbeit«, murmelt er und beugt sich über Cami, um ihr einen Kuss auf die Wange zu drücken. »Warte nicht auf mich, Süße«, sagt er zu ihr. »Es wird spät.«

Er schnappt sich seine Schlüssel und zieht die Tür leise hinter sich ins Schloss. Sofort zuckt Cami zusammen, wimmert und fängt dann wieder an zu weinen.

Ich stürze zu ihr und hebe sie hoch. Zuerst schreit sie noch lauter und schlägt mit ihren kleinen Fäusten auf mich ein, daher wiege ich sie ein wenig hin und her, so wie Beth es getan hat. Schließlich beruhigt sie sich mit einem Schluchzen und vergräbt ihr Gesicht an meiner Brust. Wärme durchflutet mich, so stark und unvermittelt, dass mir fast schwindlig wird. Sie ist so klein. Ich neige den Kopf und küsse ihr Haar, atme ihren süßen Geruch ein.

Über Kinder habe ich schon lange nicht mehr nachgedacht. Nicht seit vor ein paar Jahren eine unserer Ex-Freundinnen Angst hatte, schwanger zu sein. Damals wollte ich unbedingt ein Kind haben.

Und jetzt bin ich hier, mit einem Baby im Arm. Es fühlt sich fast unwirklich an. Ich wippe mit ihr auf und ab, bis sie aufhört zu greinen, dann setze ich sie vorsichtig zurück in den Sitz und wische ihr die nassen Bäckchen trocken. »So ist es gut«, sage ich leise. »Dir geht es gut, Baby. Du kannst ruhig weiterschlafen.«

Sie schnieft und rollt sich zusammen zu einem traurigen Knäuel. Ich streiche ihr weiter über die Wange, bis sie sich beruhigt und wieder fest eingeschlafen ist. Ich gehe vor ihr in die Hocke und schaue sie an.

»Du kannst gut mit ihr umgehen«, sagt Seb über mir.

Ich schaue zu ihm auf. Er steht ganz steif neben dem Sofa, sein Gesicht ist blass. »Geht es dir gut?«, frage ich. »Du siehst beschissen aus.«

»Alles gut«, murmelt er. Sein Handy klingelt. Er sieht nach und verzieht den Mund. »Scheiße. Ich habe jetzt eine Telefonkonferenz.«

Ich nicke. »Ich bleibe hier bei ihr.«

Er legt die Stirn in Falten. »Du musst noch einen Fehlerbericht durchgehen«, erinnert er mich, und ich schlucke ein Stöhnen herunter.

»Ich werde hier arbeiten. Das ist schon in Ordnung. Cami kann mir helfen.«

Seb nickt knapp und verschwindet in sein Zimmer, ich hole mein Notebook und lasse mich neben Cami nieder. Sobald der Laptop hochgefahren ist, fängt mein Mail-Programm an, wie wild zu bimmeln. Ich zucke zusammen.

Ich glaube nicht, dass es einen guten Zeitpunkt gibt, um ein Überraschungskind vor die Tür gestellt zu bekommen, aber jetzt ist es wirklich besonders ungünstig. Ich habe wahnsinnig viel zu tun. Mein neues Handy-Game soll in weniger als zwei Monaten auf den Markt kommen, und das stresst mich höllisch.

Seb und ich haben Trinity Games letztes Jahr gegründet, nachdem ein Fantasy-Spiel, das ich als Hobby nebenbei entwickelt hatte, online durch die Decke gegangen war. Das ist unsere zweite Veröffentlichung, und ich habe Tausende Stunden damit verbracht, es zu entwickeln und zu programmieren. Es muss einfach perfekt sein.

Ich überfliege die Mails. Es sind alles Berichte über Programmierfehler, die unser Beta-Team gefunden hat. Morgen steht eine neue Testrunde an, und bis dahin muss ich noch so viele Bugs wie möglich beheben. Ich seufze und mache mich an die Arbeit.

Nach etwa zehn Minuten fängt Cami an zu murren. Ich wiege sie ein wenig, tippe mit einer Hand weiter, und sie beruhigt sich wieder für ein oder zwei Minuten, aber ihre Schreie werden mit der Zeit immer lauter. Ich schaue auf, als mir der Geruch in die Nase steigt. Ziemlich offensichtlich, warum sie so wütend ist.

»Okay«, sage ich und lege meinen Laptop weg. »Mal sehen, ob wir das auch ohne Beth schaffen, oder?«

Ich hebe Cami hoch und trage sie zu Beths provisorischer Wickelkommode, wo ich sie vorsichtig auf die Handtücher lege. Cami quengelt, als ich die Windel aufmache. »Ist schon gut«, sage ich mit hoffentlich beruhigender Stimme zu ihr. »Ich weiß, dass du einen wirklich schlimmen Tag hinter dir hast. Aber jetzt bist du in Sicherheit. Wir werden uns um dich kümmern. Okay?« Ich drehe mich um und greife nach der Packung Windeln, die Cy vorhin gekauft hat. Auf der Vorderseite sind jeweils verschiedene Tiere aufgedruckt. »Welche willst du?« Ich halte sie hoch, damit sie sie sehen kann. »Löwe oder Koala?«

Cami brüllt.

»Also Löwe.« Ich lege die frische Windel zur Seite, ziehe die Laschen der vollen auf und schiebe sie vorsichtig weg. Als ich einen Blick auf den Inhalt erhasche, erstarre ich. Panik steigt in mir auf.

Oh nein.

»Seb«, rufe ich mit zittriger Stimme. »Komm mal kurz her.«

»Einen Moment«, murmelt er nebenan.

»Sofort. Ich glaube, mit Cami stimmt was nicht.«

Jack

Sofort kommt Seb aus seinem Zimmer gestürmt und schaut mir über die Schulter. Ich zeige ihm die Windel. »Das sollte doch nicht sein, oder?«

Camis Kacka ist grün. Heute Morgen hatte es noch eine normale Farbe. Ich verstehe das nicht. Das Mädchen ist noch nicht einmal einen Tag bei uns, und schon ist sie krank. Haben wir ihr etwas Falsches zu essen gegeben?

Während wir sie besorgt mustern, fängt Cami noch lauter an zu schreien, ihre Fäustchen fliegen durch die Luft.

Sebastian nickt energisch. »Ich denke nicht, nein.« Er zückt sein Handy. »Ich rufe einen Arzt.«

»Es ist mitten in der Nacht«, erinnere ich ihn, schnappe mir die Feuchttücher und mache Cami sauber, so wie Beth es uns beigebracht hat. »Shhh, shhh. Schon gut, Baby. Ich weiß, dass du dich nicht wohlfühlst. Bald geht’s dir wieder besser.« Ich versuche, ihren kleinen Fuß zu streicheln. Ihre Unterlippe zittert, und sie schluchzt laut auf. Scheiße. Warum sind wir so unfähig?

»Ich bringe sie in die Notaufnahme«, erklärt Seb.

Ich klebe Camis frische Windel zu. »Das geht nicht. Was glaubst du, was passiert, wenn die herausfinden, dass du nicht in ihrer Geburtsurkunde stehst? Oder dass du ihre Krankengeschichte nicht kennst?«

Er flucht. Ich hebe Cami hoch und will sie in den Armen schaukeln, wie Beth es getan hat. Ihr Gesicht wird knallrot, als sie losbrüllt. »Oje.« Ich streiche ihr über die Wange. »Sie weint so viel. Glaubst du, sie hat Schmerzen?«

Seb wird blass. »Hol Bethany. Sag ihr, sie muss zurückkommen. Sie kennt sich mit Babys aus, sie wird wissen, was zu tun ist.«

Ich nicke. »Stimmt. Ja. Bin schon dabei.« Ich gebe Cami einen Kuss, setze sie behutsam in den Sitz und stürze aus der Wohnung.

Ich komme mir vor wie ein Vollidiot, als ich an Beths Tür klopfe. Der Hausflur ist dunkel und still, alle anderen Mieter sind offensichtlich schon zu Bett gegangen.

»Beth?«, rufe ich leise und klopfe noch lauter. »Bist du da? Ich bin’s noch mal.« Ich zucke zusammen. Ein leises Poltern ist zu hören.

»Mist. Verdammt. Ich komme!«, ruft sie, ihre Stimme ist heiser. Ich höre leichte Schritte und dann das Klicken des Schlosses. Meine kleine vorbereitete Rede bleibt mir im Halse stecken, als sie die Tür öffnet.

Gott, sie sieht umwerfend aus. Ihre roten Locken fallen ihr zerzaust ins Gesicht, sie trägt eine Pyjamahose mit Kirschmuster und ein weißes Tanktop. Ohne BH. Ich zwinge mich, den Blick fest auf ihr Gesicht gerichtet zu halten, aber ich kann nicht umhin zu bemerken, wie sich der dünne, elastische Stoff um die weichen Kurven ihrer Brüste schmiegt.

Jeder andere wäre sauer, wenn er mitten in der Nacht geweckt würde, aber Beth lächelt nur und lehnt sich gegen den Türrahmen. »Hi. Schön, dich zu sehen.« Sie unterdrückt ein Gähnen.

»Tut mir leid, dass ich dich immer so überfalle«, sage ich. »Aber Cami ist krank.«

Sie runzelt die Stirn und wirkt mit einem Mal hellwach. »Wirklich? Als ich gegangen bin, schien es ihr doch noch gut zu gehen. Was ist los mit ihr?«

»Ihre Kacke ist grün. Und sie hört nicht auf zu weinen.«

Ihre Schultern entspannen sich. »Oh, das ist nur die Milchnahrung, Schätzchen. Ihr habt vermutlich die Marke gewechselt, sie verdaut das wohl anders. Das ist alles.« Sie reibt sich die Augen. Vorhin war sie noch geschminkt, und jetzt, wo sie sich das Gesicht gereinigt hat, kann ich einen zarten Hauch von Sommersprossen auf ihrer Nase erkennen. Ihre Augenbrauen und Wimpern sind nahezu durchsichtig und ihre Lippen blassrosa.

Sie ist hinreißend.

Von oben kommt ein gedämpfter Schrei, und beide schauen wir hoch an die Decke. Beth lächelt. »Klingt, als wäre sie nicht ganz zufrieden«, sagt sie. »Vielleicht ist es Zeit für eine weitere Mahlzeit, wenn sie so viel weint.«

Ich stöhne auf beim Gedanken an den Fehlerbericht, der oben auf mich wartet. Das ist zu viel. Es ist unmöglich, die Bugs bis morgen früh zu beheben, wenn ich mich die ganze Nacht um Cami kümmern muss.

»Hör mal«, sage ich und ein schlechtes Gewissen überkommt mich, »was verlangst du für Sitten in der Nacht? Ich zahle das Dreifache, wenn du mit nach oben kommst und dich bis morgen früh um sie kümmerst. Wir haben zwar kein Gästezimmer, aber unser Sofa ist sehr bequem. Ich muss nur …« Ich seufze. »Ich muss heute Abend wirklich arbeiten.«

Sie lächelt zuckersüß. »Ist schon gut. Ich helfe euch. Ihr braucht mich nicht zu bezahlen.«

»Natürlich werden wir dich bezahlen …«

Sie schüttelt den Kopf. »Ihr seid offensichtlich überfordert, und ich bin eure Nachbarin. Es macht mir nichts aus, euch zu helfen. Und so habe ich bei euch einen Gefallen offen, den ich irgendwann mal einfordern kann.« Sie schnappt sich ihr Handy und schlüpft in ein Paar Hausschuhe. Sie haben kleine Hasenohren. Total süß. »Vielleicht kann ich mir die nächste Staffel von Love Island auf eurem riesigen Breitbildfernseher ansehen, wenn sie rauskommt, oder so.«

»Beth, wenn du uns mit diesem Kind hilfst, kannst du unseren Fernseher benutzen, wann immer du willst.«

Ihre Augen funkeln. »Du weißt, dass das sechsmal die Woche läuft, oder? Zwei Monate lang?«

»Ist mir egal«, sage ich in vollem Ernst.

Sie wirft mir ein kleines Lächeln zu und schließt die Tür hinter sich. »Geh du voraus.«

Als wir wieder oben in unserem Wohnzimmer sind, wärmt Beth schnell ein Fläschchen auf und gibt Cami zu trinken. Sobald sie den Sauger im Mund hat, ist sie auch schon still und nuckelt zufrieden vor sich hin, während ihre großen braunen Augen sich im Zimmer umsehen. Sie ist das Musterbeispiel eines gesunden Babys, und ich komme mir vor wie ein Vollidiot. Ich lasse Beth und Cami in Ruhe und gehe sauberes Bettzeug holen.

Beth

Cami nimmt das Fläschchen wirklich gut an, und als sie fertig ist, macht sie dieses träge, müde Gesicht, das Babys machen, wenn sie gerade gegessen haben. Sie tut mir so leid. Es ist ja schon schlimm genug, dass sie den ganzen Tag in diesem Autositz verbringen musste, und jetzt soll sie auch noch darin schlafen. Kein Wunder, dass das arme Ding so schlechte Laune hat.

Auch wenn der Sitz wohl das geringste ihrer Probleme ist.

Ich schaue Cami zu, wie sie im Schlaf zappelt, ihre kleinen Hände zu Fäusten ballt, und es tut mir im Herzen weh.

Ihre Mutter hat sie gerade im Stich gelassen. Nach sechs Monaten hat sie beschlossen, dass sie genug hat. Was war der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen und sie dazu gebracht hat, ihr eigenes Kind zu verlassen? Nicht nur zu verlassen –, sondern auf einer eiskalten Türschwelle auszusetzen.