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Er wirkte arrogant. Die ganze Party lang sah er sie an, abschätzend grinsend. Am nächsten Wochenende tauchte er wieder auf. Und wieder wirkte er arrogant, uninteressiert, abweisen. Dies ging über Wochen so. Immer war er da, aber immer mit Abstand, keinen Kontakt suchend und sie ständig beobachtend. Als sie sich wieder einmal mit zuviel Alkohol betäubt hatte und ihr Magen sich im Gebüsch von all dem Wodka und Whisky entledigen musste, wer plötzlich nahe, an ihrer Seite. Half ihr, stützte sie, aber blieb doch distanziert. Doch von nun an redete er mit ihr. Auch nach mehreren Dates blieb er kühl, reserviert. All ihre Verführungskünste liefen ins Leere. Es war zum aus der Haut fahren. Was war mit ihm los? War er schwul? War er impotent? Doch warum traf er sich mit ihr? Warum war er zuvorkommen und charmant, aber doch immer zu weit weg?
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Inhaltsverzeichnis
Nicht einer von Vielen
So kühl
Nichts weiter
Heute?
Ich gehe
Erregt?
Der Zweifel
Keiner von Vielen
Anna Glück
Copyright: 2024 by Anna Glück
Bildrechte: StockSnap auf Pixabay
(Der gesamte Text und das Cover sind ohne KI erschaffen worden)
Impressum
Ein letzter prüfender Blick in den Spiegel, ich verwische mit dem angefeuchteten Zeigefinger den dunklen Kajal auf meinen unteren Lidrändern, ignoriere die albernen Sommersprossen auf meiner Nase und die vor kurzem erst entdeckten zarten Linien in meinen Augenwinkeln, schüttele ich den Kopf, wuschele mit beiden Händen perfekte Unordnung in mein überschulterlanges, blondes Haar, horche kurz auf meinen aufgeregt hämmernden Herzschlag und verlasse meine Wohnung.
Auf dem Parkplatz vor dem Haus steige ich in meinen rostfleckigen Polo und fahre die wenigen Kilometer, für die ich, quer durch die Stadt, eine unglaubliche halbe Ewigkeit brauche. Es sind nicht die vielen roten Ampeln, die mich nervös an meiner Unterlippe nagen lassen, auch nicht der sich nur zögerlich auflösende Stau vor einem banalen Blechunfall, es ist die freudige Erwartung, dass es heute passieren wird, dass heute der Tag sein wird, an dem er endlich seine kühle Distanz aufgibt und sich mir so nähert, wie ich es mir schon so lange wünsche und erträume. Ich sehe sein Gesicht vor mir, stelle mir vor, wie es sein wird, von ihm geküsst zu werden, wie es sein wird, ihn zu berühren und von ihm berührt zu werden. Heute wird es passieren, heute, hoffe ich, wird es endlich so weit sein.
Seit unserem ersten Treffen sind zweieinhalb, fast drei Monate vergangen und er ist nach wie vor sehr aufmerksam und sehr freundlich, beinahe höflich. Er bringt mir zu fast jeder Begegnung nette Kleinigkeiten mit, mal einen Strauß Blumen, mal einen Seidenschal, der dem ähnelt, den ich auf einem gemeinsamen Ausflug verloren habe, mal eine glänzende, duftende Kastanie. Er behandelt mich wie die Art Dame, die ich manchmal gerne wäre, aber niemals sein werde, und gleichzeitig bringt er mich immer wieder zum Lachen und oft genug widerspricht er mir und verwickelt mich in hitzige Diskussionen, in denen er mir nicht erlaubt, mir eine Meinung zwischen den Stühlen offen zu halten und in denen er mich manches Mal hat auflaufen lassen, so dass ich ihm am liebsten, vor Zorn bebend, den Hals umgedreht hätte.
Er ist zuvorkommend und liebenswürdig, feingeistig, intelligent, mit einer kräftigen Prise Humor von der Art, wie ich sie liebe, aber nicht einmal, nicht ein einziges Mal ist er mir nahe gekommen, nicht ein einziges Mal hat er versucht, mich zu küssen, mich zu berühren und schon gar nicht, mich zu verführen. Und jedes Mal, wenn ich ihm auf die Sprünge helfen wollte, hat er jede meiner Bemühungen einfach ignoriert.
Zum ersten Mal trafen wir im Sommer auf einer Gartenparty aufeinander. Ich war mit meiner engsten Freundin dort, er mit einem Freund. Anfangs habe ich ihn nicht ausstehen können, seine kühle, ruhige, zurückhaltende Art, mit der er das bunte Treiben verfolgte und sein spöttisches Grinsen, mit dem er mich bedacht hat, als ich mich mit schweißnasser Haut zwischen den anderen schwitzenden Leibern barfüßig zu lauter Musik auf dem feuchten Rasen bewegte, wirkte auf mich überheblich und unsympathisch.