Niemandsland - Edgar A. Wenzel - E-Book

Niemandsland E-Book

Edgar A. Wenzel

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Beschreibung

Der Tod eines geliebten Menschen ist fraglos immer eine Tragödie und kann einen schon durchaus mal an den Rand der Kapazität, der Lebenslust, des Lebenswillens bringen. Den Tod zu verarbeiten, braucht es ja oftmals ohnehin ein Leben lang, doch für mich ist die schlimmste Zeit immer die Zeit des Wartens gewesen. Also, die Zeit zwischen Todestag und Begräbnis. Es ist nicht mehr leben und irgendwie auch noch nicht tot. Es ist wie eine Tiefkühlpizza in einer Einkaufstasche: Nicht mehr im Tiefkühlfach, noch nicht im Backofen. Nicht mehr tiefgefroren, noch nicht gebacken. Es wie ein Niemandsland. Ein imaginäres Land zwischen Leben und Tod. Schon weg vom einen, noch nicht angekommen am anderen Ort.

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Inhaltsverzeichnis

Venedig

Donnerstag

Freitag

Samstag

Sonntag

Montag

Dienstag

Villach

Wien

Mittwoch

Impressum

Venedig

Das Licht hab´ ich vergessen, wie einst es mich vergaß. Von Dunkelheit besessen, die seither mich besaß.

Wie Engel einst gesungen den himmlischen Gesang, ist nun im Tal erklungen der Totenglocken Klang.

Donnerstag

Der alte Löwe

Manchmal vermisse ich ihn schon, den alten, steinernen Löwen, der mich immer an Venedig erinnerte. Ich erinnere mich noch genau an den Moment, in dem ich als kleines Kind auf dem Arm meines Vaters aufgewacht war, und mein erster Blick auf ebendiesem steinernen Löwen fiel. Wir waren damals auf dem Weg nach Venedig und tatsächlich war ich nur einen Augenblick in der Straßenbahn eingeschlafen gewesen, hatte aber geglaubt, schon in Venedig zu sein.

Dementsprechend groß war natürlich auch die kindliche Enttäuschung, als ich erfahren hatte, gerade erst mal am Südbahnhof angekommen zu sein. Mein Vater aber hatte solange meinen Kopf gestreichelt, dass ich wohl bald wieder eingeschlafen sein musste und tatsächlich nun erst wieder in Venedig aufgewachte. Ich werde das Gesicht meiner Eltern nie vergessen, als sie mir voller Stolz den Markusplatz, die Kanäle, die Rialtobrücke und die unzähligen Gassen Venedigs zeigten.

Sie hatten sichtlich mehr Freude daran als ich, damals vielleicht sieben- oder achtjähriger Junge. Ich ließ ihnen aber natürlich ihre Freude und ihren Glauben, mich damit zu beglücken.

Ich hatte mir Venedig immer irgendwie anders vorgestellt. Man kennt natürlich all die Bilder in Büchern, auf Postkarten, heutzutage natürlich im Internet, aber wie konnte ich auch nur erahnen, dass es sich hierbei nicht um irgendwelche Fotomontagen oder dergleichen handelte!? Wann schließlich gleicht ein Abbild auch nur annähernd den gegebenen Tatsachen? Venedig musste demnach also auch irgendwie anders aussehen. Vielleicht ein bisschen mehr von diesem oder etwas weniger von jenem...anders auf jeden Fall, soviel war klar.

Venedig, die sinkende und stinkende Stadt, hatte und hat aber offenbar andere Probleme, als die wunderbaren Gegebenheiten zu schmälern oder in falschem Stolz zu ertränken. Wo wir wieder beim eigentlichen Problem dieser Stadt wären, von dem ein Junge im zarten Alter unter zehn Jahren natürlich nichts wissen kann – und dies sei ihm vergeben – auch nichts wissen will.

Das beste Foto des gesamten Urlaubs war meinem Vater jedenfalls in der Ankunftshalle des Wiener Südbahnhofs, nach unserem Urlaub gelungen. Diese Aufnahme klebt heute noch voller Stolz in meinem Fotoalbum. Es zeigt meine Mutter, die, hinter mir gekniet, mich umarmt. Neben uns ist mein Vater zu sehen, der die Kamera umgedreht hatte und auf uns drei gerichtet hat. Ihm ist auf diese Weise ein gutes „Auf-Gut-Glück-Foto“ gelungen, worauf er immer sehr stolz war. In Selfie-Zeiten natürlich keine große Sache. Das Abholen der Urlaubsfotos war jedoch immer ein sehr aufregender Moment, den ich immer wieder sehr vermisse, weshalb ich mich auch dazu entschloss, Fotos wieder ausschließlich mit meinem analogen Fotoapparat zu schießen und zudem auch bis heute noch kein Handy besitze. Fotos, Gespräche, alle Formen des Kontakts werden wieder auf das Wesentliche reduziert. Fotos werden in überschaubarem Rahmen und mit Bedacht gemacht. Freunde werden nicht aus Langeweile angerufen oder angeschrieben, sondern aus reinem Interesse.

Ich habe gelesen, dass der steinerne Löwe wieder aufgestellt wurde im Südbahnhof, der ja nun Hauptbahnhof genannt wird, was den Südlöwen schlagartig zum Hauptlöwen beförderte. Ich hatte ihn bis vor kurzem nie wieder besucht, den Löwen, weil ich Angst hatte, dass er sich vielleicht gar nicht mehr an mich erinnere. Er hat ja selbst schon genug Umstellungen, Veränderungen zu verkraften, ist also vielleicht selbst gar nicht auf der Höhe, wie es heißt. Was schert ihn da vielleicht ein kleiner, auch schon in die Jahre gekommener, Junge?! Und heute wie damals frage ich mich, warum er nicht einfach abhebt und fliegend über den Dächern Wiens den Weg nach Italien einschlägt um gleichsam in die Freiheit zu entfliegen. Wozu hat er schließlich Flügel? Ob er sich am Flughafen wohler fühlen würde?

Zeitverschoben

Heute, ja, viele Jahre später, Jahre, in denen ich immer wieder an den alten Löwen dachte und auch an meinen einzigen Venedig-Urlaub, der inzwischen an die dreißig Jahre zurückliegen muss, von dem mein Vater aber immer noch gerne berichtet, als hätte es sich gestern zugetragen, erzähle ich von meiner zweiten Reise nach Venedig, die in diesem Moment noch nicht zu Ende ist.

Momentan befinde ich mich in einem kleinen Hotel, inmitten der Lagunenstadt. Alleine. Einsam. Ich hätte diese Reise so gerne gemeinsam mit meinem Vater unternommen, aber er wollte den, auch für ihn bisher einzigen, Venedig-Urlaub im Kopf behalten und die Bilder an diesen nicht durch einen neuerlichen Besuch zerstören. Mein Vater wollte nicht das farbenfrohe Bild schwärzen mit seiner Trauer, mit seiner Depression, mit der schwarzen Tinte, mit der er vor ein paar Tagen erst die handgeschriebenen Traueranzeigen zur Post getragen hatte, wie er auch in neun Tagen seine geliebte Frau, meine Mutter, zu Grabe tragen wird. Tatsächlich will er es sich nicht nehmen lassen, den Sarg zum Grabe mitzutragen.

Ihn auf diesem Wege, auf dem Wege, der mit dem Tode meiner Mutter beginnt und bei ihrem Begräbnis endet, zu begleiten, hatte ich natürlich im Sinne und meinen Vater auch wissen lassen.

Mein alter Herr jedoch hatte klar zum Ausdruck gebracht, die Zeit bis zum Begräbnis alleine - an der Seite meiner Mutter und doch aber alleine sein zu wollen. Er schätzte freilich meine Fürsorge, meine Angst, meine Gedanken, doch aber wollte er, und das hatte er immer wieder mit Nachdruck betont, alleine sein. Wenn nicht mit seiner geliebten Frau, meiner geliebten Mutter, dann alleine. Zudem bräuchte er diese Zeit, um auch innerlich Abschied nehmen zu können, wie er seinen Entschluss untermauerte.

Schließlich und endlich würde er meine Mutter nie wiedersehen. Nicht hier, nicht anderswo, denn ein Anderswo existiere schlichtweg nicht, so er.

Mein Vater ist kein gläubiger Mensch. An eine Auferstehung, ein Weiterleben in einer anderen Welt, an deren Türe das Wort Paradies zu lesen sein sollte, glaubt er nicht. Wie könne Vergangenes wieder sein? Wie könne ein verdorbener Apfel plötzlich wieder saftig und grün oder rot werden? Wie könne eine, vom Auto überfahrene, tote Katze plötzlich wieder aufstehen und sich bester Gesundheit erfreuen?! Zu sehr hat er noch das Bild jener toten Katze am Straßenrand irgendwo auf Korsika im Kopfe und also vor Augen, als dass er sich mit einer derartigen Vision zufriedengeben würde.

Die Katze war niedergefahren worden, und bis auf den Kopf war nicht mehr viel zu erkennen gewesen. Ihre Eingeweide waren meterweit am Beton verteilt gewesen, Fliegen hatten sich zu einem Festmahl am toten Katzenkörper verabredet und nichts sah eigentlich mehr einer Katze ähnlich, wäre da nicht noch, an ein paar Fäden hängend, der schwarze von Fellfetzen umringte Katzenkopf zu sehen gewesen.

Wie also, in Gottes Namen, könne diese Katze, dieses arme Katzentier, sich wieder lebendig von der heißen Nachmittagssommerbetonstraße erheben? Leben ende, so mein Vater, mit dem Tode, wie der Tag mit der Nacht ende. Für Glauben, für Geschichten aus dem Sie-Lebt-Wieder-Wald ist kein Platz in meines Vaters Kopf.

Von meinem Einwand, dass aber jede Nacht wiederum mit einem neuen Tag ende, will er nichts hören. Auch nichts davon, dass sehr wohl Tag und Nacht am selben Tag bestehen, denkt man an Europa und Amerika. Vielleicht sitzen mein Vater und ich eben unter der Mittagssonne in Europa, während meine Mutter nur ein Schläfchen irgendwo im nächtlichen Amerika genießt. Zeitverschoben ist nicht aufgehoben…

Gemeinsam

Mein Vater hatte wohl nie damit gerechnet, meine Mutter zu überleben, denn viel zu unorganisiert hat er auf mich gewirkt, als ich - auch auf sein Drängen hin - die Stadt verließ, um erst zum Begräbnis wiederzukehren.

Er war und ist offensichtlich überfordert mit dem doch plötzlichen Tod seiner Frau, war aber natürlich stets darum bemüht, sich nichts anmerken zu lassen. Hierbei ging es aber keineswegs um organisatorische Wege, denn diese waren alle bereits im Vorfeld abgeklärt worden - beiderseits - sodass man sich sorgenfrei hinlegen konnte und sterben. Nein, ganz andere Steine trafen meinen Vater ganz plötzlich am Kopf. Das Leben, das Weiterleben, ja, schlussendlich das Noch-Bisschen-Leben, das Alleine-Sein!

Das gemeinsame Aufwachen, das gemeinsame Kaffee-Trinken, das Hand-In-Hand-Spazieren-Gehen und schließlich das Wichtigste: das Miteinander-Reden. Was bleibt sind bekanntlich nicht die äußerlichen Reize eines geliebten Menschen, sondern allein das Wesen, der Dialog, das Interesse, der Humor, ja, das Zusammenspiel all dieser Elemente. Was bleibt ist der gemeinsame Nenner.

Silberne Hochzeit

Weggeschickt hat er mich. Mein Vater wollte tatsächlich alleine sein. Alleine nicht nur in Gegenwart meiner Mutter, seiner Frau, nein, er wollte überhaupt alleine sein. Wollte niemanden sehen. Darum schickte er mich, wie auch seinen ältesten Freund, beinhart hinaus. Hinaus aus der Stadt, ja, sogar aus dem Land. Auch seinen ältesten, und ich nenne ihn bewusst nicht den besten Freund, denn dieser ist vor einem halben Jahr etwa gestorben. Seither ist beiderseits der älteste wortlos nachgerückt und gleichsam zum besten Freund geworden, obgleich beide sich freilich der Zweckfreundschaft bewusst sind. Dass mein Vater seine geliebte nun tote Frau einmal betrogen hatte, wissen nur er selbst, sein nun toter bester Freund und ich. Mit dieser Art des Vertrauens konnte ich nie gut umgehen und fühlte mich auch keineswegs geehrt, sondern viel mehr gestraft, von diesem schwerwiegenden Betrug erfahren haben zu dürfen uns also zu müssen. Mein Vater und sein bester Freund hatten eines betrunkenen Abends mir gegenüber plötzlich die Tore der freundschaftlichen Verschwiegenheit geöffnet und mich sogleich überfahren, als wäre eine auf Hochtouren laufende Straßenwalze losgestartet um mich regelrecht plattzumachen.

Mein Vater also stellte mich ungewollt zwischen zwei unsichtbare Fronten. Meiner Mutter gegenüber hatte ich freilich kein Wort in dieser Sache zu erwähnen.

Wer aber war diese andere Frau überhaupt? Kennengelernt hatte er sie, eine Schmuckverkäuferin, als er auf der Suche nach einem Hochzeitsgeschenk für seine Frau, meine Mutter, war. Immerhin war es der 25. Hochzeitstag, vor weniger als einem halben Jahr erst.

Nun, mein Vater war also auf der Suche nach einem passenden Hochzeitsgeschenk für seine Frau gewesen, als er diese sehr attraktive und offensive Dame mittleren Alters kennenlernte. Besagte Dame war zugleich die Geschäftsinhaberin und als solche noch mehr bemüht um die Zufriedenheit des Kunden. Tatsächlich aber hatte sie sich sehr bemüht und meinen Vater auch zufriedengestellt.

Meine Mutter hatte zum 25. Jubiläumstag übrigens einen Blumenstrauß mit nur 22 roten und drei rosafarbenen Rosen bekommen. Mein Vater hatte spontan nicht ausreichend rote Rosen bekommen. Gold und Silber hatten zudem ihren Glanz längst verloren.

Blick von oben

Eigentlich sollte es zu dieser Jahreszeit in Venedig warm oder gar heiß sein...dennoch friert mich leicht. Ich habe hier einen sehr kleinen Balkon, doch für eine Person - für mich also - reicht er. Ich habe genug Platz, mich noch vor dem Schlafengehen über das Gelände zu beugen und mir zu denken: Wo ist Eure Welt eigentlich?

All Ihr Menschen da unten, die Ihr durch die enge Gasse hier und durch die ganze Stadt schwirrt, die Ihr niemals müde werdet und dadurch dem müde gewordenen Venedig auch keine Ruhe gönnt - was sucht Ihr denn zu dieser späten Stunde? Was habt Ihr verloren, dass Ihr es ausgerechnet hier zu finden glaubt?! Ich habe meine Mutter verloren. Könnt Ihr bitte Ausschau halten nach ihr. Vielleicht findet Ihr sogar meinen kleinen, blaugrauen Teddybären, den ich damals als kleiner Junge nahe der Rialtobrücke verloren habe. Doch ich habe gelernt, ohne meinen geliebten Bären zu leben, wie ich nun lernen muss, ohne meine geliebte Mutter weiterzuleben, in der Welt zu stehen - zu bestehen. Was bleibt mir denn auch anderes übrig? Wir werden nicht gefragt, wie es uns geht, ob wir zurechtkommen, ob wir dagegen sind. Unsere Lieben und Liebsten werden uns entrissen, ohne jede Gefühlsregung aus unseren sie umklammernden Armen gezerrt und wir haben nicht die Kraft, sie an uns zu binden, festzuhalten, hierzubehalten.

Wir werden nicht gefragt und uns wird nichts gesagt. Wir müssen uns damit abfinden, verloren zu haben. Unsere Liebsten ebenso verloren zu haben, wie Kinder manchmal ihre Plüschtiere und jeder Mensch den von Anfang an unfairen Kampf gegen Gott.

Venedig ist also immer noch nicht untergegangen, ja, aber die Menschheit ertrinkt nach und nach im Leben. Venedig wird uns alle überleben. Von wegen untergehen.

Dieses Schicksal bleibt schon noch uns armseligen Menschen ganz alleine vorbehalten. Venedig steht das Wasser vielleicht schon bis zu den Knöcheln, dem Menschen aber steht es bis zum Kinn.

Und immer noch suchen sie, die Menschen. Immer noch schwirren sie aufgeregt und nervös umher auf toten Steinen, die nur darauf warten, dass sie endlich über sie stolpern und sich ihre Köpfe an ihnen zerschlagen.

Wir sternen da oben am Himmel dahin, so ganz ohne Sinn, wer soll uns hier loben?

Wir monden vergebens in finsterer Nacht, die über uns lacht, oh, Stimme des Lebens.

Wir leben und doch nicht – verstummt und verstimmt. Was Leben uns nimmt, schenkt Tod uns als Licht.

Freitag

Gerechte Strafe

Ein neuer Morgen, ein neuer Tag, der mich wieder weiter entfernt von meiner Mutter, der meine Mutter wieder einen Tag mehr tot sein lässt.

Ich habe soeben versucht, an der Rezeption meinen Vater telefonisch zu erreichen. Immer wieder habe ich angerufen, immer wieder habe ich es minutenlang läuten lassen. Immer wieder hoffte ich vergebens. Mein Vater hob schließlich ab, nur aber, um den Hörer scheinbar neben das Telefon zu legen, um nicht weiter gestört zu werden vom minutenlangen Geläute. Auch mein Vater vermied und vermeidet die neue Technik und aus eben diesem Grunde gibt es auch immer noch ein Festnetztelefon anstatt eines Mobiltelefons. Es ist noch dazu ein sehr altes, aus den Siebziger-Jahren stammendes Gerät. Zwar besitzt er neuerdings einen geschenkten CD-Player, verwendet aber dennoch nur den alten Plattenspieler. Deutlich, wenn auch sehr leise, konnte ich nun Beethovens Mondscheinsonate durch das Telefon vernehmen. Mein Vater hatte also offensichtlich Mutters Schallplattensammlung herausgekramt und ihren Lieblingskomponisten angehört. Er selbst liebt und liebte zwar auch schon immer klassische Musik, bevorzugte jedoch den, seiner Meinung nach viel ruhigeren und nicht so aufbrausenden Frühromantiker Schubert. Die Mondscheinsonate jedoch hatte auch mein Vater immer geliebt und, meiner Mutter zuliebe, wollte er diese auch eines Tages bei seiner eigenen Beerdigung spielen lassen.

Ich legte schließlich – viel zu spät eigentlich – ab, denn ich fühlte mich momentan sehr schlecht und indirekt aufdringlich. Dabei wollte ich doch nur meinen alten Herrn einen Moment sprechen. Insgeheim hatte ich sogar gehofft, mein Vater würde mich bitten, wieder zurück nach Wien zu kommen, ihm beiseite zu stehen. Mit dem Tagzug hätte ich es geschafft, am Abend bei ihm zu sein.