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Kann nicht sein, dass ich dich nicht wieder sehen soll. Das lasse ich nicht zu.
Burma, im Herbst 2004: Ein Mann hetzt durch das Land. In der so faszinierenden wie bedrohlichen Welt des abgeschotteten Militärstaates sucht er die Frau, die ihn soeben verlassen hat. Je tiefer aber der Deutsche in das Innere von Burma vordringt, desto mehr verliert er nicht nur ihre Fährte, sondern auch: sich selbst. Was wie eine traumhafte Abenteuerreise begann, wird zu einer verschlungenen Irrfahrt in das eigene Ich – und in die Untiefen der Vergangenheit. Denn in einem Land, das so vieles verbirgt, kann man sich auf nichts verlassen – schon gar nicht auf sich selbst.
Eigentlich sind sie doch ein gutes Team, die Dänin Sine und der namenlose Rucksacktourist aus Deutschland. Er wird von ihr aus einer vermeintlich bedrohlichen Situation befreit, in die er gleich zu Beginn seines Burma-Aufenthaltes geriet. Sie wiederum ist fasziniert von seiner DDR-Vergangenheit, die ihn doch in die Lage versetzen müsste, den Einheimischen Mut zu machen, ja sie vielleicht sogar darin anzuleiten: wie man sich von einem totalitären Regime befreit. Sie kommen sich näher, verlieben sich. Doch bald muss Sine erkennen, wie sehr sie sich in ihm getäuscht hat und trennt sich von ihm. Getrieben von dem Wunsch nach Wiedergutmachung, getrieben aber auch von den Dämonen einer alten Liebesschuld, beginnt er sie zu suchen und verstrickt sich immer tiefer in das nur scheinbar malerische Land, dessen touristische Fassade bald zu bröckeln beginnt.
„Nirgendwo sonst“ ist eine Reise ins Herz der Finsternis, eine spannende, dichte Expedition in die Abgründe einer bedrohlichen Diktatur und einer verloren gegangenen Identität.
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Seitenzahl: 349
Eigentlich sind sie doch ein gutes Team, die Dänin Sine und der namenlose Rucksacktourist aus Deutschland. Er wird von ihr aus einer vermeintlich bedrohlichen Situation befreit, in die er gleich zu Beginn seines Burma-Aufenthaltes geriet. Sie wiederum ist fasziniert von seiner DDR-Vergangenheit, die ihn doch in die Lage versetzen müsste, den Einheimischen Mut zu machen, ja sie vielleicht sogar darin anzuleiten: wie man sich von einem totalitären Regime befreit. Sie kommen sich näher, verlieben sich. Doch bald muss Sine erkennen, wie sehr sie sich in ihm getäuscht hat und trennt sich von ihm. Getrieben von dem Wunsch nach Wiedergutmachung, getrieben aber auch von den Dämonen einer alten Liebesschuld, beginnt er sie zu suchen und verstrickt sich immer tiefer in das nur scheinbar malerische Land, dessen touristische Fassade bald zu bröckeln beginnt. »Nirgendwo sonst« ist eine Reise ins Herz der Finsternis, eine spannende, dichte Expedition in die Abgründe einer bedrohlichen Diktatur und einer verloren gegangenen Identität.
CHRISTIANE NEUDECKER, geb. 1974, studierte Theaterregie an der renommierten »Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin« und ist heute Regisseurin bei phase7 performing.arts (www.phase7.de). 2005 erschien bei Luchterhand ihr Erzähldebüt »In der Stille ein Klang«, 2010 »Das siamesische Klavier. Unheimliche Geschichten«. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den August-Grafvon-Platen-Förderpreis und den Wolfram-von-Eschenbach-Förderpreis.
Ich bin zwei,und beide halten Abstand – siamesische Zwillinge,die nicht miteinander verwachsen sind.
Fernando Pessoa, Buch der Unruhe
Etwas zerfällt. Mit noch geschlossenen Augen kann er es schon sehen. Der Raum um ihn hat sich über Nacht verschoben, sich ausgetauscht, während er schlief. Nichts ist verortbar in diesem Zimmer, das er gestern erstmals betreten hat. Er hatte die Tür geöffnet und etwas war verloren gegangen. War ersetzt worden durch etwas anderes. Durch ein Abbröckeln von Dingen, von Gedanken vielleicht. Wie schnell, fragt er sich, beginnt das Vergessen.
Er hat, daran erinnert er sich, das Licht nicht eingeschaltet, als er ankam. Hat die Wände nicht nach Halterungen für sein Moskitonetz überprüft. Er hat den Rucksack abgestreift und sich im Dunkeln zum Bett vorgetastet. Ist unter die Laken gekrochen, ohne sich umzusehen. Hat das Gesicht in die Kissen gepresst. Als könnte man sich so in den Schlaf stürzen. Als würde das helfen.
Hoch über seinem Kopf hört er den Ventilator. Das Geräusch schält sich in sein Bewusstsein. Träge rotierende Blätter in dickflüssiger Luft, angeschoben vom Dröhnen des Generators im Hinterhof. Manchmal ein Klacken. Ein Innehalten, wenn sich die staatliche Stromversorgung zuschaltet und der hoteleigene Generator verstummt. Ein Stocken in der auslaufenden, sich dann gegenstemmenden Bewegung. Bis zum nächsten Umsprung.
Er weiß, wo das Fenster sein müsste. Wo die Tür, der Schrank, das Bett, in dem er liegt. Die Anordnung der Möbel im Zimmer. Der Lageplan des Hotels, der Ort. Es lässt sich einkreisen. In Burma muss er sein, immer noch. Aber dann.
Kann nicht sein, dass ich Dich nie wieder sehen soll. Das lasse ich nicht zu.
Vor ihm ein Bild. Von jemandem. Von ihr womöglich. Schon jetzt ist es überlagert, beginnt sich zu verfälschen. Was wird bleiben. Die Farbe ihrer Augen etwa. Die gezackte Narbe auf ihrem linken Handrücken. Oder die Krümmung ihres Rückens, als sie sich von ihm wegdrehte.
Diese Schwere in seinen Gliedern. Er versucht, sich zu bewegen. Seine Füße, seine Finger: alles bleibt reglos. Selbst sein Atem scheint ihm nicht zu gehorchen. Sein Brustkorb ist fest, er hebt sich nicht, senkt sich nicht.
Luft will er holen, einfach anatmen gegen die Starre. Hat aber vergessen wie. Das ist ihm als Kind einmal passiert. Er hatte die Eltern gefragt, wann man schluckt. Beim Einatmen oder beim Ausatmen, ob davor, danach, währenddessen. Sie konnten ihm damals nicht antworten, verstanden nicht, dass es ihm Ernst war. Lächelten über die Frage. Und er saß auf dem Teppichboden im Wohnzimmer und starrte sie an. Wie sie schmunzelnd vom Sofa auf ihn herunterblickten, während sein Mund sich mit Speichel füllte und er versuchte, sich an den Vorgang zu erinnern. An die Mechanik, das Ein, das Aus, das Zusammenziehen der Brustmuskulatur, das Ausdehnen der Lunge, den Unterdruck. Bis ihm die Spucke über das Kinn auf den Boden troff, sein Gesicht blau anlief, bis sein Vater ihn hochnahm, ihn schüttelte und anschrie, ihm auf den Rücken trommelte, ihm schließlich ins Gesicht schlug und er erschrocken Augen und Mund aufriss und scharf nach Luft schnappte.
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