Nur fünf Tage - Mimi J. Poppersen - E-Book

Nur fünf Tage E-Book

Mimi J. Poppersen

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Beschreibung

Renate und Hans Koller führen ein gut bürgerliches Leben in einem Frankfurter Vorort ohne besondere Vorkommnisse. Die Kinder sind ihr ganzer Stolz und mittlerweile alle aus dem Haus, um zielstrebig ihren Karrieren nachzugehen. So hätten sie unbedarft weiterleben können, wenn nicht eines Tages der völlig unerwartete Anruf eines Anwaltsbüros bei Renate Koller eingehen würde. Was sie da zu hören bekommt, verschlägt ihr fast die Sprache! Wohl oder übel muss Renate Koller nun ein paar Nachforschungen zu ihrem Ehemann anstellen, die große Überraschungen ans Tageslicht bringen. Schweren Herzens trifft sie hierauf eine Entscheidung. Ihre Suche nach der Wahrheit führt Renate Koller nach Las Vegas und Hawaii und wird das Leben aller Familienmitglieder von Grund auf verändern. Das Leben von Familie Koller wird in nur fünf Tagen auf die Probe gestellt. Nichts ist danach wie vorher …

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Inhaltsverzeichnis

Tag eins

Familie Koller

Der Anruf

Der Plan

Tag zwei

Der Aufbruch

Ankunft in Las Vegas

Clara Koller

Die Show

Tag drei

Weitere Pläne

Ankunft auf Hawaii

Wiedersehen

Andreas Koller

Wahres Glück

Tag vier

Frankfurt, 8.15 Uhr

Benjamin Koller

Hawaii, 8.15 Uhr

Reisevorbereitungen

Tag fünf

Gestrandet

Ein besonderer Tag auf Hawaii

Weiterreise

Besser spät als nie

Hans Koller

Die ganze Wahrheit

Drei Jahre später

Familie Koller II

Prolog

- 24. Dezember -

1

- Zehn Wochen zuvor -

2

3

Impressum

Nur fünf Tage

von

Mimi J. Poppersen

Text Copyright © Mimi J. Poppersen

Cover Image © Fotolia.com

Cover Design: Mimi J. Poppersen

Lektorat: Media-Agentur Gaby Hoffmann

Alle Rechte vorbehalten

Impressum:

Mimi J. Poppersen

[email protected]

Mimi J. Poppersen auf Instagram

“Three things cannot be long hidden: The sun, the moon and the truth”

Buddha

Zusammenfassung des Inhalts:

In nur fünf Tagen stellt sich das Leben einer Familie völlig auf den Kopf!

Eine Geschichte über die Suche nach der Wahrheit. Einer Wahrheit, die wir oft aus Liebe nicht preisgeben wollen.

Renate und Hans Koller führen ein gut bürgerliches Leben in einem Frankfurter Vorort ohne besondere Vorkommnisse. Die Kinder sind ihr ganzer Stolz und mittlerweile alle aus dem Haus, um zielstrebig ihren Karrieren nachzugehen.

So hätten sie unbedarft weiterleben können, wenn nicht eines Tages der völlig unerwartete Anruf eines Anwaltsbüros bei Renate Koller eingehen würde. Was sie da zu hören bekommt, verschlägt ihr fast die Sprache!

Wohl oder übel muss Renate Koller nun ein paar Nachforschungen zu ihrem Ehemann anstellen, die große Überraschungen ans Tageslicht bringen. Schweren Herzens trifft sie hierauf eine Entscheidung.

Ihre Suche nach der Wahrheit führt Renate Koller nach Las Vegas und Hawaii und wird das Leben aller Familienmitglieder von Grund auf verändern. Das Leben von Familie Koller wird in nur fünf Tagen auf die Probe gestellt. Nichts ist danach wie vorher …

Tag eins

Familie Koller

„Eine gut bürgerliche, nette Familie“, so hätte wahrscheinlich jeder Nachbar Familie Koller aus dem Frankfurter Vorort beschrieben. Im Grunde war jeder in der etwas in die Jahre gekommenen Neubausiedlung „gut bürgerlich“. Hätte man weiter gefragt, wäre man schnell darauf gekommen, dass eigentlich niemand näher mit Familie Koller befreundet war. Kaum jemand kannte hier wirklich den anderen, obwohl sie alle so nah beieinander wohnten. Haus an Haus, Wand an Wand, Garten an Garten in der Reihenhaussiedlung aus den siebziger Jahren.

Vor fast vierzig Jahren war Familie Koller in diese Gegend gezogen, die sie damals ganz entzückend gefunden hatte.

Mächtig stolz waren Renate und Hans Koller auf ihr gerade erworbenes Eigenheim, bei dem der Mörtel noch feucht war, als ihnen der Schlüssel übergeben wurde.

Ihr erster Sohn Andreas war gerade acht Monate alt und krabbelte fröhlich durch den etwa drei Quadratmeter großen Garten, in den immerhin eine Essgarnitur und ein winzig kleines Planschbecken passten. Die Häuser hatten alle das Format eines Schuhkartons und sahen komplett identisch aus. Noch im Alter von sechs Jahren lief Andreas manchmal zum falschen Haus, um dort schnell auf die Toilette zu gehen und dann auf seinem Fahrrad weiter seine Runden zu drehen. Oft merkte er gar nicht, dass er im falschen Haus gewesen war.

Damals herrschte noch reges Leben in der Siedlung, da die meisten Familien, die hier ein Eigenheim erworben hatten, kleine Kinder hatten. Diese hatten natürlich mittlerweile das Weite gesucht, was der Gegend nun schon seit einigen Jahren eine gewisse traurige Stille gab. Eine Stille, die nur durch das Dröhnen der startenden und landenden Flugzeuge am Frankfurter Flughafen unterbrochen wurde, der zum Greifen nahe war. Aber man gewöhnte sich ja bekanntlich an alles oder zumindest an vieles.

Der Bau der Startbahn West trübte ihr glückliches Familiendasein damals sehr. Renate Koller ging sogar soweit, dass sie sagte, deshalb habe sich die Geburt ihres nächsten Kindes um fünf Jahre hinausgezögert. Der ganze Stress, die ständigen Demonstrationen, direkt vor der Haustür in ihrem kleinen Örtchen Mörfelden, waren mehr als sie damals ertragen konnte.

Eine ganze Schar Kinder wollte das streng gläubige Ehepaar haben, genug winzig kleine Räume gab es ja in dem Haus. Renate Koller hatte immer den Traum gehabt, ihren Kindern dem Alphabet folgend Namen zu geben, was mit „Andreas“ ja gut angefangen hatte. Bereits bei dem zweiten Kind, ihrer Tochter, machte ihr dieses Vorhaben allerdings Schwierigkeiten. Ihr wollte einfach kein Mädchenname mit dem Buchstaben „B“ so recht gefallen. Also wurde das B kurzerhand übersprungen, und das Mädchen bekam den schönen Namen Clara. Nochmal acht Jahre später konnte sie das versäumte „B“ dann mit der Geburt ihres Sohnes Benjamin nachholen. Es konnte also doch nicht nur an der Startbahn West gelegen haben …

Mittlerweile waren ihre Kinder nun schon 38, 33 und 25 Jahre alt und die Eltern mächtig stolz auf jeden einzelnen. Sie alle hatten tolle Karrieren gemacht, wie Frau Koller immer wieder gerne erzählte, ob es die Leute hören wollten oder nicht.

Andreas hatte es mittlerweile als Leiter eines renommierten First-Class-Hotels in den traumhaften Ort Kona auf Hawaii verschlagen, wie seine Eltern anhand von zahlreichen Bildern verfolgen konnten.

Clara war erfolgreiche Immobilienmaklerin und das nicht irgendwo, sondern in Las Vegas, wo das Geschäft geradezu boomte. Auch sie mailte immer wieder Fotos von den imposanten Gebäuden, die sie in Millionenhöhe verkaufte.

Benjamin studierte Jura und sah wohl auch einer rosigen Zukunft entgegen. Ben war gerade erst vor ein paar Monaten in eine Studentenbude in der Frankfurter Innenstadt gezogen, und nun war das Ehepaar Koller zum ersten Mal seit sehr langer Zeit wieder ganz alleine.

Aber sie blickten glücklichen Zeiten entgegen: In zwei Monaten sollte Hans Koller endlich pensioniert werden. Sie konnten dies kaum abwarten, hatten schon ein großes Fest mit ihrem Kegelclub geplant.

Renate Koller hatte sich Zeit ihres Lebens nur um die Familie gekümmert, Hans schon immer bei einer Versicherung gearbeitet. Hierbei hatte er sogar vor ein paar Jahren noch einmal den Arbeitgeber gewechselt, was ihn damals mit großem Stolz erfüllte. In so hohem Alter noch so gefragt zu sein, war schon etwas Besonderes.

Im Grunde hätte das Ehepaar Koller ihr zwar unspektakuläres, aber glückliches Leben so weiterführen können, wenn nicht jener verhängnisvolle Anruf gewesen wäre, der alles veränderte …

Der Anruf

Es war Mittwochnachmittag, etwa 14 Uhr, und Renate Koller war gerade dabei, einen leckeren Eintopf für das Abendessen vorzubereiten, als das Telefon klingelte. Ihr Mann mochte es gerne deftig, was das Essen anging zumindest. Einem Bier war er auch nie abgeneigt, was mittlerweile seinem Umfang durchaus anzusehen war.

Wobei er in letzter Zeit gar nicht mehr so viel isst, dachte Renate gerade, während sie in das Wohnzimmer lief, wo sich der Telefonapparat befand. Dieser stand fein säuberlich auf einem kleinen Holztischchen mit einem selbstgehäkelten Deckchen, wie es sich gehörte. Eigentlich hätte Frau Koller schon auffallen müssen, dass sich das Klingeln bereits verdächtig anhörte. Dumpf irgendwie, dröhnend und bedrohlich.

„Renate Koller“, meldete sie sich gut gelaunt und vernahm eine etwas piepsige Frauenstimme, die sofort aufgeregt zu sprechen begann.

„Frau Koller, hier spricht die Anwaltskanzlei Weber. Haben Sie einen Moment Zeit?“

„Ja. Worum geht es?“, wollte sie wissen, setzte sich auf den Sessel neben dem Telefontisch und wunderte sich selbst, wie ruhig sie blieb. Warum rief sie ein Anwaltsbüro an?

„Es geht um die Trennung von Ihrem Mann. Uns fehlen noch Unterlagen…“, in diesem Moment hörte Renate Koller einen furchtbaren Tumult im Hintergrund. Ein Mann schimpfte: „Was machen Sie denn da? Sind Sie noch zu retten?“

Augenblicklich wurde der Piepsstimme der Telefonhörer aus der Hand gerissen, und der wütende Mann, wahrscheinlich der Anwalt selbst, übernahm das Gespräch.

„Frau Koller, entschuldigen Sie bitte die Störung, da liegt eine Verwechselung unsererseits vor“, sprach er so selbstbewusst, dass man ihm fast hätte glauben können.

„Worum geht es denn?“, wiederholte Frau Koller nun schon etwas misstrauischer als zu Beginn.

„Meine Kollegin arbeitet heute den ersten Tag hier und hat einfach ein paar Telefonnummern durcheinander geschmissen. Das soll nicht wieder vorkommen. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag. Auf Wiederhören.“

„Auf Wiederhören“, echote Renate, hielt noch lange den Telefonhörer in der Hand und starrte einfach so vor sich hin.

Warum hat diese Anwaltskanzlei meinen Namen und unsere Telefonnummer?

‚Trennung von Ihrem Mann‘, hatte die Frau gesagt.

Will Hans die Scheidung einreichen? Nach fast vierzig Jahren Ehe?

Mit einem Mal war Renate oder Reni, wie sie ihr Ehemann seit neununddreißig Jahren liebevoll nannte, schlecht. Speiübel war ihr.

Zugegebenermaßen war ihr Zusammensein schon einmal aufregender gewesen, aber dass sich Hans gleich trennen wollte, hätte sie niemals gedacht.

Wie angewurzelt blieb sie sitzen, bis sie den Geruch ihres verschmorten Eintopfes aus der Küche wahrnahm. Als sie in die Küche stürmte, sah sie, dass es mittlerweile fast halb vier war. Sie musste also fast anderthalb Stunden in dem Sessel vor sich hin gestarrt haben. Dementsprechend sah ihr Eintopf nun auch aus: Er war eins mit dem Topf geworden. Kurzerhand schmiss sie den ganzen Topf in die Mülltonne und machte sich einen starken Kaffee.

Sie musste nachdenken.

Was hatte das alles zu bedeuten?

„Nichts Gutes, das steht fest“, sagte sie halblaut zu sich selbst und beschloss, noch ein paar Nachforschungen anzustellen. Zum ersten Mal in ihrem Leben misstraute sie ihrem Mann, was ja nun wirklich nicht verwunderlich war nach einem Anruf von einem Anwalt, dessen hirnverbrannte Sekretärin ausgeplappert hatte, dass Hans sich von ihr scheiden lassen wollte.

Anders konnte es doch gar nicht sein.

Nach fast vierzig Jahren Ehe!, dachte sie kopfschüttelnd und wischte abwesend den Herd ab. So kurz vor ihrer Rubinhochzeit, die sie im Geiste schon geplant hatte. Mal wieder in den Schwarzwald hatte sie mit Hans fahren wollen. Früher waren sie einmal im Jahr dorthin zum Wandern gefahren, nun aber schon seit ein paar Jahren nicht mehr. Dies wäre der richtige Anlass gewesen, um mal wieder ein paar Tage wegzufahren.

Heute würde Hans später aus dem Büro kommen, hatte er ihr an diesem Morgen verkündet. Erst nach 19 Uhr, anstatt wie sonst gegen 17 Uhr. Morgen würde er zum monatlichen Meeting nach Bonn fahren mit Übernachtung. Diese Sachen würde sie doch mit Leichtigkeit überprüfen können.

Nach dem starken Kaffee war die Übelkeit einem gewissen Tatendrang gewichen. Reni ging in das obere Stockwerk und betrat das winzige Büro ihres Mannes. Hier hatte er sich sein eigenes Reich geschaffen. Nichts Spektakuläres, nur sein Angelzeug war fein säuberlich aufgestellt, und auf dem Schreibtisch stand sein Laptop. Auf den hatte es Frau Koller nun abgesehen. Sonst betrat sie diesen Raum nur, um Staub zu wischen.

Sie hatte noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen, als sie das Gerät öffnete, und auch Hans Koller schien sich seiner sicher zu sein, denn er verfügte über kein Passwort oder irgendwelche Sicherheitsvorkehrungen.

Als sie den Laptop geöffnet hatte, erschien sofort sein E-Mailprogramm.

Einfacher geht es ja gar nicht, dachte Reni zufrieden und überflog die eingegangenen, privaten E-Mails. Auch hier wurde sie gleich fündig. Direkt unter den ersten Nachrichten befand sich eine mit dem Betreff „Salsa Nacht 3. Oktober“.

Das ist heute, fuhr es ihr durch den Kopf, während sie mit flauem Gefühl im Bauch die Nachricht öffnete.

Lieber Hans,

freue mich schon auf die Salsa Nacht heute Abend um 17.30.

Deine Irene

Darunter die Antwort von ihrem Mann:

Liebe Irene,

ich mich auch. Ich hole dich ab.

Dein Hans.

Renate Koller schaffte es gerade noch bis zur Toilette, um sich zu übergeben. Ansonsten wären die Spuren auf dem Laptop ihres Mannes doch recht auffällig gewesen.

Anschließend handelte sie wie in Trance. Wischte mit einem Lappen ihre Fingerspuren von dem Gerät, als hätte sie gerade einen Mord begangen und suchte die Telefonnummer von dem Hotel in Bonn raus, wo seine Firma wie jeden Monat die nächsten zwei Tage ihr Meeting haben sollte.

Auch hier erfuhr sie verwunderliche Neuigkeiten: Die Versicherung halte schon seit fast einem halben Jahr keine Seminare mehr bei ihnen ab, teilte ihr eine freundliche Dame mit.

Renate Koller war nun um ein paar Dinge schlauer. Sie war sich zwar nicht sicher, ob sie diese wirklich hatte wissen wollen und hätte wohl am liebsten die Uhr zurückgedreht, aber einiges stand nun für sie fest.

- Erstens, dass ihr Mann sie angelogen hatte und das nicht zu knapp.

- Zweitens würde ihr Mann mit einer gewissen Irene in genau zwanzig Minuten auf eine Salsa Nacht gehen. Und das, obwohl er Tanzen immer verabscheut hatte!

- Drittens, auch die Übernachtung bei dem Firmenseminar war erfunden. Ihr Mann fuhr nicht zu einem Seminar über Nacht. Schon seit Monaten nicht mehr. Wohin fuhr er dann also immer?

- Viertens, dass ihr Mann wohl oder übel eine andere hatte. Eine andere Frau, die sehr wahrscheinlich Irene hieß.

- Fünftens machte der Anruf des Anwaltsbüros nun durchaus Sinn, und Hans wollte sich von ihr scheiden lassen.

- Sechstens, dass sie hier so schnell wie möglich weg musste!

Der Plan

Einen „Plan“ konnte man es eigentlich nicht nennen, was Renate Koller in den nächsten Stunden bewerkstelligte. Eher handelte sie wie in Trance, etwas weggetreten, dann aber immer bestimmter, und langsam zeichnete sich ab, wie sie die nächsten Tage verbringen würde.

Auch Renate Koller verfügte über einen Laptop, den ihr ihre Kinder vor ein paar Jahren geschenkt hatten. Diesen benutzte sie zugegebenermaßen nicht allzu oft. Immer wenn ihre Kinder zu Besuch waren, zwangen sie sie regelrecht, sich vor das Gerät zu setzen und verschiedene Sachen auszuprobieren: E-Mails verschicken, Sachen auf Google nachschauen, den Wetterbericht verfolgen oder das Fernsehprogramm studieren. Skype wurde installiert, und Andreas brachte eine besonders gute Kamera an.

„Du musst mit solchen Dingen Bescheid wissen, Mama. Sonst wirst du irgendwann von deiner Außenwelt völlig abgeschnitten“, prophezeite ihr Sohn.

Und wenn schon!, hatte sie gedacht, sich aber brav alles erklären lassen.

Hans Koller benutzte seinen Computer zu Hause hauptsächlich, um die Flugpläne des Frankfurter Flughafens zu studieren, die er mittlerweile auswendig kannte. Oft hörte man ihn dann etwas vor sich hin murmeln, wenn das ganze Haus bei dem Start eines Airbusses A380 bebte, wie: „Heute ist der Flug nach Hongkong aber spät dran“ Oder: „Die Maschine nach New York startet jetzt zwanzig Minuten früher.“

Nun saß Reni vor ihrem Laptop, den zuletzt ihre Tochter benutzt hatte, und klickte sich durch die noch geöffneten Webseiten. Clara hatte ihre Eltern vor zwei Wochen für ein paar Tage besucht und sich dann von diesem Laptop aus einen Rückflug nach Las Vegas gebucht.

Dies war nun Renate Kollers Glück, denn sie fand die Homepage von Expedia auf Anhieb. Sogar die Flugroute war noch eingegeben: Von Frankfurt nach Las Vegas, Direktflug, ohne Zwischenstopp.

Aufgeregt setzte sich Frau Koller die Lesebrille auf die Nase und gab das morgige Datum für den Hinflug ein. Wann sollte sie zurückfliegen? Sie wollte ihrer Tochter ja nicht zu lange auf die Nerven fallen. Ihre insgeheime Hoffnung war, dass diese vielleicht etwas über die Beweggründe ihres Vaters wusste.

Clara hatte ihre Eltern schon oft gebeten, einmal zu Besuch nach Las Vegas zu kommen, aber da ihre Mutter noch nie geflogen war, wusste sie, dass dies wohl kaum passieren würde.

Nicht bis zu dem heutigen Tag!

Kurzerhand buchte Frau Koller nur einen Hinflug, dann konnte sie vor Ort entscheiden, wann sie zurückfliegen wollte. Ihr Flug ging am nächsten Morgen, um 9.30 Uhr. Das war die perfekte Zeit. Sie würde direkt zum Flughafen aufbrechen, nachdem Hans das Haus verlassen hatte, um angeblich zum Firmenseminar zu fahren.

Eigentlich könnte sie mit ihrem kleinen Rollköfferchen ja direkt zur Startbahn West rüber laufen. Dieser Gedanke erheiterte Reni kurz, und sie plante weiter. Ein Taxi würde sie am nächsten Morgen um kurz nach sieben Uhr abholen. Nun musste sie nur noch unauffällig ihre Sachen packen. Fein säuberlich legte sie in ihrer Kommode alles bereit, sodass sie es am nächsten Tag nur noch in den Koffer schmeißen musste. Langsam fing Renate Koller an, sich fast zu freuen. Hans würde Augen machen. Vielleicht war es ihm aber auch gerade recht? Dann konnte er mit seiner Irene tun und lassen, was er wollte.

Renate schob diesen unliebsamen Gedanken wieder beiseite und betrachtete eines der vielen Fotos auf ihrem Laptop, das ihr Clara geschickt hatte. Darauf abgelichtet war Claras edle Unterkunft in Las Vegas, in der sie nun auch bald nächtigen würde.

Ob sie Bettwäsche mitnehmen musste? Und noch viel wichtiger: Sollte sie ihrer Tochter erzählen, was passiert war?

Das kann ich immer noch entscheiden, beschloss sie überraschend spontan und machte sich daran, ihre Waschsachen einzupacken.

---ENDE DER LESEPROBE---