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Beschreibung

Die»Once she Dreamed«-Reihe der Spiegel-Bestseller-Autorin in einem Band: Prickelnd, Romantisch und bitter-süß! »Was macht man, wenn man glaubt, dass man sich verliebt hat, aber die Situation aussichtslos ist?« »Wenn es wirklich Liebe ist, Sammy Jo, dann gibt es auch einen Weg. Du musst nur abwarten, und die Zeit wird es zeigen.« In der Kleinstadt, in der Sammy Jo zu Hause ist, hat alles seine Ordnung: Niemand geht weg, geheiratet wird untereinander, man bekommt Kinder, zieht in Häuser, die alle gleich aussehen - was zwar hübsch aussieht, aber stinklangweilig ist. Zumindest für Sammy Jo. Seit sie denken kann, möchte sie hinaus in die Welt, mehr sehen, mehr erleben. Nur hat sie keine Ahnung, wie sie das anstellen soll, denn sie arbeitet Tag für Tag in einer kleinen Bäckerei und ihre Mutter ist der Meinung, dass Heiraten und Kinderkriegen ganz genau ihre Aufgabe sein sollte.  Alles ändert sich, als Hale Christopher Jude durch die Tür spaziert: Er verkörpert alles, von dem sie träumt - doch Sammy Jo übersieht, dass Dinge manchmal anders sind, als sie scheinen... Diese Gesamtausgabe enthält die beiden Novellas »Once She Dreamed - In Sehnsucht vereint« und »Once She Dreamed - Für immer verliebt«. Beide Bände sind auch einzeln als E-Book erhältlich.

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Seitenzahl: 329

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ISBN: 978-3-492-98430-0© 2018 Piper Verlag GmbH, München Übersetzung: Lene KubisRedaktion: Bettina TraubCovergestaltung: Favoritbüro, MünchenCovermotiv: Maridav/Shutterstock.com

 

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich der Piper Verlag die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

Inhalt

Cover & Impressum

Once she Dreamed

In Sehnsucht vereint

 

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

Once she Dreamed

Für immer verliebt

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

Epilog

Once she Dreamed

In Sehnsucht vereint

 

Für Jack Britton Sullivan

Du bist in mein Leben getreten, als ich sicher war, dass ich niemanden brauche. Schon gar keinen Mann. Du hast mir gezeigt, dass ich sehr wohl jemanden brauche – jemanden, bei dem ich ganz ich selbst sein kann. Danke dafür.

1. Kapitel

»Die Eier sammeln sich nicht von allein ein!«, hörte ich meine Mutter um fünf Uhr morgens den altvertrauten Satz rufen, als sie unsere Zimmertür aufstieß. Ich teilte mir mein Zimmer mit meinen drei Schwestern. Immer schon. Unser Haus hatte nun mal nur fünf Räume, und zwei davon dienten als Schlafzimmer.

Gähnend fragte ich mich, ob ich wohl je in den Genuss des Ausschlafens kommen würde. Ob ich ein einziges Mal in meinem Leben länger als bis sieben Uhr morgens schlummern dürfte. Heiliger Bimbam, wäre das schön!

»Hör schon mit der Tagträumerei auf und kümmere dich um die Eier. Sammy Jo, hast du mich gehört? Momma kriegt doch die Krise, wenn die nicht in ein paar Minuten in der Küche liegen. Muss ich denn wirklich immer alles selbst machen?« Milly war die Älteste von uns vier. Letzten September war sie neunzehn geworden. Eigentlich dachten wir, dass sie diesen Typ namens Garner heiraten würde, aber dann war er den Marines beigetreten. Das hatte niemand erwartet, ganz besonders Milly nicht. Trotzdem glaube ich, dass es Momma noch mehr getroffen hat. Die hatte nämlich gehofft, dass es künftig ein Maul weniger zu stopfen gäbe.

»Hast du mich gehört?« Jetzt schrie meine Schwester bereits.

Seufzend hielt ich mir die Hand vor den Mund, um ein weiteres Gähnen zu unterdrücken, und funkelte Milly wütend an. Sie benahm sich immer ziemlich herrisch, dabei war ich nur elf Monate jünger als sie. Im August würde ich ebenfalls neunzehn werden. »Jaja, ich habe dich gehört. Um Himmels willen, hör bloß mit dem Gezeter auf!«, knurrte ich und hustete leise.

Hazel kicherte hinter mir. Ich drehte mich um und zwinkerte meiner Schwester zu, mit der ich das Bett teilte. Mit ihren zehn Jahren war Hazel die Jüngste, und ich war mir sicher, dass sie für immer unser Baby bleiben würde. Seit Daddy an Hautkrebs gestorben war, schien die Zeit irgendwie stehen geblieben zu sein. Deswegen hatte ich das Gefühl, dass auch Hazel nie erwachsen werden würde. Vor drei Jahren hatte sich Momma auf einen Mann eingelassen, der auf der Durchreise in unserer Stadt war und sie mit nichts als einem dicken Bauch zurückgelassen hatte. Heute aber wussten wir, dass es trotzdem gut war, dass es so gekommen war. Wir liebten unseren kleinen Bruder Henry sehr.

»Ich werde die verdammte Kuh nicht melken«, sagte Bessy, stampfte auf und stemmte dramatisch die Hände in die Hüften. »Ich war letzte Woche an der Reihe, und jetzt ist jemand anderes dran.« Bessy war fünfzehn und ganz schön anstrengend. Ich hoffte sehr, dass sie später am Theater landen würde. Bei ihrem Naturtalent für Dramatik wäre sie im Nu ein Superstar.

»Aber vor den Hühnern fürchtest du dich«, erinnerte Milly sie. »Also melke die Kuh oder füttere die Schweine, die ja stinken, wie du letzte Woche gemeint hast. Also, entscheide dich und hör auf so herumzufluchen.«

Als ich die Eier eingesammelt hatte, ging ich zurück zum Haus. Unglaublich, die beiden stritten sich immer noch wegen der Kuh! Wenn Momma wieder nach uns rief, wollte ich auf keinen Fall Ärger bekommen.

»Komm und hilf der kleinen Diva beim Melken«, raunte mir Milly zu. Aber ich ignorierte sie einfach. Sie war schließlich nicht mein Boss!

Ich öffnete die Tür mit dem Fliegengitter und trat in die Küche. Momma hatte mir den Rücken zugewandt, während sie das Backfett und die Butter in den Keksteig schnippelte.

»Willst du, dass ich den Schmorbraten in den Schongarer packe?«, wollte ich mich nützlich machen.

»Ich schätze mal, das sollten wir machen. Vilma hat nicht gesagt, wie alt er ist, und ich will nicht, dass der Braten verdirbt. War nett von ihr, dass sie ihn vorbeigebracht hat. Schön, dass wir so liebe Nachbarn haben.«

Liebe Nachbarn hin oder her, aber ich hatte von dieser Stadt hier ganz schön die Schnauze voll. Ich wollte raus aus Moulton. Raus aus Alabama. Alles wäre mir lieber gewesen, als hier zu wohnen! Draußen wartete die große weite Welt auf mich, und ich träumte davon, mir all die Länder anzusehen. Na ja, zumindest so viele wie möglich. Ich band mir mein Haar mit dem Gummi zusammen, dass ich immer an meinem Handgelenk trug. Von der Morgenbrise war mein Haar ganz verfilzt, aber das war mir egal. Ich würde die Knötchen später rauskämmen. Jetzt musste ich mich erst mal ein bisschen bei Momma einschmeicheln, damit ich später mit Ben und Jamie zum Konzert gehen durfte. Heute fand in Cullman, Alabama, das Rock-The-South-Festival statt, und meine Freunde hatten noch ein Ticket übrig. Ich war noch nie auf einem Konzert gewesen.

»Momma, wann musst du heute zur Arbeit?«, fragte ich und zog den Schongarer heraus. Gleich darauf sah ich mich nach weiteren Dingen um, die erledigt werden mussten. Momma erwartete nun mal von uns, dass wir mithalfen.

»Ich muss um acht in der Bäckerei sein. Sara ist schon seit fünf Uhr heute Morgen da, um sich um Brötchen und Sandwiches zu kümmern. Ich bin heute für die Cupcakes und Kekse zuständig. Vielleicht probiere ich auch ein neues Bananenbrot aus. Das verkauft sich immer gut.«

Diesen Monat arbeitete Momma schon zwölf Jahre in der Sweethouse Bakery. Wenn sie die Morgenschicht übernehmen musste, wurden wir von Milly geweckt. Das waren nicht gerade meine Lieblingstage.

»Du arbeitest heute von neun bis vier an der Theke. Sei ja pünktlich, Sammy Jo! Ich habe Hazel und Bessy eine Liste mit Dingen dagelassen, die hier im Haus zu erledigen sind. Bessy sollte dringend den Braten im Auge behalten. Die Liste liegt auf dem Tisch, schreib das bitte dazu.«

»Ja, Ma’am.« Ich notierte, was tun war. Während ich mit Momma in der Bäckerei arbeitete, ging Milly zur Kosmetikschule. Sie hatte ihren Abschluss schon gemacht und hatte jetzt einen Job beim einzigen Friseurladen der Stadt. Sie musste zwar erst um zehn Uhr anfangen, hatte dafür aber oft erst um neunzehn Uhr Feierabend – manchmal sogar noch später. Keine Ahnung, woher überhaupt die ganzen Kunden kamen, die so dringend einen Schnitt, ein Styling oder eine neue Haarfarbe brauchten. In Moulton wohnten gerademal um die dreitausend Leute. Mir war völlig schleierhaft, wieso beim Friseur stets Hochbetrieb herrschte. Okay, die Bäckerei lag direkt an der Hauptstraße, die von Florence nach Cullman führte. Daher gab’s immer eine Menge Laufkundschaft. Aber es erschien mir vollkommen bekloppt, in einer Stadt wie Cullman einen Friseursalon zu eröffnen. Hier machten die Leute ja sowieso nichts anderes, als einander anzustarren – entweder auf der Straße, zu Hause oder in der Kirche. Wäre genau dasselbe, wenn einfach alle eine Glatze hätten.

»Momma! Momma! Ich habe meinen Frosch verloren«, schrie Henry, als er mit dreckverschmiertem Gesicht und bebender Unterlippe zur Tür hereingestürmt kam.

»Wasch dich, und dann komm zum Frühstück. Das war bestimmt nicht der einzige Frosch hier! Du kannst später noch welche fangen.« Sie klang abgelenkt, und ich nahm mir fest vor, Henry nach dem Frühstück bei der Froschsuche zu helfen.

Er nickte, die Unterlippe immer noch zitternd. Dann verzog er sich Richtung Bad. Momma hatte ihn nie so richtig verwöhnt, aber darum kümmerten wir Schwestern uns dafür umso mehr!

»Passen heute Bessy und Hazel auf Henry auf, oder nehmen wir ihn mit in die Bäckerei?«, fragte ich, während ich den Sellerie für den Braten klein hackte und ab und zu ein Stückchen davon naschte.

»Bessy kann auf ihn aufpassen. Er ist nicht gern in der Bäckerei, weil ihn die Frauen so oft in die Wange kneifen. Außerdem nascht er zu viel.«

Henry stopfte immer massenhaft Kekse in sich hinein, und das passte Momma gar nicht. Aber es gab in der Bäckerei, in der er auch zur Welt gekommen war, für Henry einfach nicht viel zu tun. Momma hatte sich damals am Ende ihrer Schwangerschaft keinen Urlaub nehmen können, weil wir das Geld so dringend gebraucht hatten. Als ihre Fruchtblase schließlich platzte, reichte die Zeit nicht mehr aus, um sie ins Krankenhaus zu bringen. Also kam Henry mit Saras und Vilmas Hilfe in der Bäckerei auf dem Fußboden zur Welt.

Mama tat mir leid. Die ganze Situation war wirklich vertrackt. Da hatte sie schon so viele Kinder, und dann kam noch eines dazu – und das Ganze ohne Mann! Nachdem mein Vater gestorben war, war ich mir sicher, dass es für ihn sowieso niemals einen echten Ersatz geben konnte. Aber manchmal fragte ich mich schon, ob meine Momma auch Angst davor hatte, sich wieder auf jemanden einzulassen. Eigentlich machte sie nicht den Eindruck.

An jenem Tag gab ich mir selbst ein Versprechen. Ich schwor mir, dass ich niemals allein ein Kind auf dem Fußboden auf die Welt bringen würde, ohne dass der Vater dabei war. Ich würde einen Mann heiraten, der mich liebte und mir die Welt zu Füßen legte. Und bei der Geburt würde er meine Hand halten, und ich wäre irgendwo, wo ich gut aufgehoben war. In einem Krankenhaus in New York zum Beispiel. Oder in Chicago, Boston oder meinetwegen auch in Seattle. Auf jeden Fall nicht in Cullman.

2. Kapitel

Der Duft der Erdbeer-Cupcakes in der Bäckerei ließ meinen Magen knurren. Leider durfte ich nicht mal dran denken sie zu probieren … Momma würde mir sofort auf die Pfoten hauen. Wahrscheinlich konnte sie wirklich Gedanken lesen, wenn es um Gebäck ging! In den Cupcakes waren frische Erdbeeren und die Glasur bestand aus Frischkäse. Und sogar der war selbstgemacht! Ich hatte Momma schon oft dabei zugesehen, wie sie ihn herstellte. Jedes Mal hätte ich liebend gern den Löffel abgeleckt, aber sie ließ mich nicht.

Jetzt war es schon nach vierzehn Uhr, und ich hatte immer noch nicht den Mumm gehabt, sie wegen des Konzerts zu fragen. Ich wollte eigentlich einen Moment abpassen, in dem sie nicht so beschäftigt war – sie hatte quasi den ganzen Tag durchgearbeitet, hatte schwitzend in der Küche geschuftet und sogar die Mittagspause ausgelassen. Es hatte keine gute Gelegenheit gegeben, sie zu fragen.

Das Glöckchen über der Tür läutete und riss mich aus meiner Cupcake-Trance. Rasch erhob ich mich von meinem Stuhl und setzte mein Kundenlächeln auf. Als ich den Mann sah, der vor der Theke stand, stockte mir kurz der Atem. Er war groß und gut aussehend, und seine Kleidung sah verdammt exquisit aus. Herrje, er roch sogar elegant. Das konnte ich trotz des Cupcake-Dufts feststellen, und das hieß schon eine Menge. Normalerweise kamen solche Männer nicht mal eben so in unsere Bäckerei spaziert.

»Hallo!«, sagte ich fröhlich. »Wir haben heute Erdbeer-Cupcakes frisch aus dem Ofen. Außerdem gibt es noch warme Apfeltarte und Blaubeermuffins, deren Beeren direkt von Mable Richards Feld kommen.« Auch wenn ich den Kunden immer erzählte, was wir gerade im Angebot hatten, kam ich mir dabei heute richtig dumm vor. Er sah einfach nicht aus wie jemand, der solche Sachen aß. Zu ihm passten Kaviar und Champagner viel besser.

»Oh, und dann haben wir auch noch Bananenbrot mit Nüssen. Es ist ganz frisch, und ich habe es noch nicht probiert, aber was Momma bäckt, schmeckt einfach immer köstlich.« Jetzt fühlte ich mich noch dämlicher.

Er ließ seinen Blick über die Törtchen wandern und ließ ihn schließlich auf mir ruhen. Seine Augen waren grün wie sonnenbeschienenes Gras. Am liebsten hätte ich mich für immer in diesen Augen verloren.

»Was würdest du mir denn empfehlen?« Seine tiefe Stimme war gehaltvoll wie der Whiskey, den ich mal mit Ben probiert hatte. Er hatte ihn von seinem Vater stibitzt.

»Hm?« Mehr brachte ich leider gerade nicht heraus, weil ich von der Stimme dieses Mannes regelrecht hypnotisiert war. Ganz ehrlich, ich fand, dass er sogar teuer klang. Bis zu diesem Moment hatte ich gar nicht gewusst, dass das überhaupt möglich war. Es kam mir fast so vor, als hätte er Gold in seinem Magen oder so.

Ein leichtes Lächeln huschte über seine Lippen und auch ich musste plötzlich grinsen. »Was für ein Gebäckstück soll ich deiner Meinung nach denn kosten?«, formulierte er die Frage neu. Herrje, der Mann versuchte, etwas zu bestellen! Ich schüttelte den Kopf, um wieder etwas klarer denken zu können, und sah dann auf die Cupcakes. »Die Erdbeer-Cupcakes sind irre gut. Also, sie riechen so lecker – und weil sie mit frischen Erdbeeren gemacht wurden, finde ich, dass sie toll schmecken.«

»Gut, dann hätte ich gern drei davon.«

Ich strahlte ihn an. Bestimmt würde er begeistert sein!

»Okay«, sagte ich, griff nach einer Schachtel und streifte mir dann die Plastikhandschuhe über. Die mussten wir tragen, ehe wir das Essen berührten.

»Gibt es hier auch Kaffee?«, erkundigte er sich.

Ich nickte. »Klar! Ich habe eben eine frische Kanne gemacht. Möchten Sie einen großen?«

»Gern.«

Ich wollte ihn am liebsten sofort wieder ansehen, zwang mich dann aber, mich auf meine Aufgabe zu konzentrieren. Ich wollte jetzt auf keinen Fall etwas fallen lassen! »Gehört der Laden Ihrer Mutter?«, wollte er dann wissen und mir rutschten beinahe die Cupcakes aus der Hand.

»Meiner Momma?«, wiederholte ich und lachte leise. »Nein, sie arbeitet nur hier. Wäre toll, wenn sie eine eigene Bäckerei hätte. Sie würde ihre Sache sicher sehr gut machen.«

Ich stellte die Cupcakes und den Kaffeebecher aus Pappe vor ihn auf den Tresen.

»Das macht dann sieben Dollar und zweiundfünfzig Cent.« Ich faltete eine Serviette, legte sie auf die Schachtel und lächelte ein wenig dümmlich, als er einen Zehn-Dollar-Schein aus einem faustdicken Geldbündel zog. »Stimmt so«, sagte er.

Das bedeutete, dass er mir zwei Dollar und achtundvierzig Cent Trinkgeld gab! Warum sollte er das tun? Ich wollte gerade etwas sagen, da öffnete er die Schachtel und atmete den Duft der Törtchen tief ein. Als der Geruch auch mir in die Nase stieg, holte ich tief Luft. Er nahm einen Cupcake aus der Schachtel und griff nach Serviette und Kaffeebecher.

»Wenn die Dinger wirklich so gut sind, wie Sie sagen, dann bin ich bestimmt bald wieder hier«, meinte er und ging langsam Richtung Tür. Aber in der Schachtel auf dem Tresen waren doch noch die zwei anderen Cupcakes! »Entschuldigung!«, rief ich. »Sie haben die anderen Törtchen vergessen!«

Er blieb stehen und drehte sich grinsend zu mir um. »Die habe ich für Sie gekauft.« Dann verschwand er. Einfach so. Ich hatte nicht mal mehr die Chance, mich zu bedanken.

Als ich die Cupcakes betrachtete, lief mir das Wasser im Mund zusammen, aber ich würde nicht beide essen. Einer davon war für Henry. Momma würde nicht begeistert sein, aber der Mann hatte die Cupcakes für mich gekauft. Henry würde sich irre freuen und mehr interessierte mich gerade nicht.

Ich schnappte mir ein Törtchen, biss hinein und spürte, wie sich seine köstliche Süße in meinem Mund ausbreitete. Wow. Von dem Geschmack bekam ich Gänsehaut!

»Sammy Jo, was treibst du da?« Mommas Stimme ließ mich zusammenzucken. Dann sah sie mich mit ihrem ganz speziellen Blick an. So, als hätte sie ein freches Kind auf frischer Tat ertappt.

»Er gehört mir, ein Mann hat gerade drei Stück gekauft«, nuschelte ich mit vollem Mund. Als ich fertig gekaut hatte, wünschte ich mir wirklich, ich könnte den herrlichen Geschmack irgendwie in meinem Mund konservieren.

»Ein Mann hat was?!«, schnaubte sie, die Hände in die Hüften gestemmt.

»Er war gerade noch hier.« Ich zeigte auf die Tür. »Er hat gefragt, was ich empfehlen würde, und dann habe ich ihm die Erdbeer-Cupcakes ans Herz gelegt. Also hat er drei Stück genommen und dazu noch einen Kaffee. Er hat ein Törtchen aus der Schachtel geholt, gemeint, dass die anderen für mich wären, und ist davonmarschiert.«

Momma seufzte und schüttelte dann vor sich hin murmelnd den Kopf. Klar, das gefiel ihr überhaupt nicht. Aber der Cupcake war so lecker, dass ich das gern in Kauf nahm.

»Du solltest fremden Männern nicht erlauben, dir Sachen zu schenken. Das machen sie nur, wenn sie auf Sex aus sind und dich hübsch finden.« Sie hob drohend den Zeigefinger. »Wenn du in den Spiegel guckst, dann weißt du, was ich meine. Der liebe Gott hat dich nun mal zu einer hübschen jungen Frau werden lassen, und das fällt den Männern auf. Mit dir als Person hat das leider wenig zu tun. Also sei bloß vorsichtig!«

Diese Predigt hatte ich schon mal gehört. Es ging immer wieder darum, dass Männer mich ausnutzen wollten und ich mich davor schützen musste. Daddy hatte mich davor gewarnt, als ich auf die Junior High gekommen war. »Du bist einfach zu hübsch für diese Welt, Sammy Jo. Und ich würde wirklich ungern einen Kerl abknallen, nur weil er vergessen hat, dass du meine Tochter bist.«

»Er war schon weg, ehe ich ihn davon abhalten konnte. Momma, er war ziemlich reich. Hat sogar teuer gerochen! Bestimmt kommt er nie wieder hier vorbei. Solche Leute wohnen nun mal nicht hier.«

Momma runzelte die Stirn und blickte auf die Tür. »Klar kommt er wieder. Jetzt, wo er dich erst mal gesehen hat, wird er sich nicht davon abhalten lassen.« Mit diesen Worten verschwand sie wieder in der Küche.

Ich wiederum war mir nicht sicher, wie ich es finden sollte, dass meine Momma so fest davon überzeugt war, dass alle Männer hinter mir her waren. So wahnsinnig attraktiv fand ich selbst mich eigentlich nicht. Besonders nicht in Gegenwart eines solchen Traummanns.

3. Kapitel

Mir war klar, dass Momma nach der Sache mit den Cupcakes Nein zu dem Konzert sagen würde. Aber ganz kampflos wollte ich trotzdem nicht aufgeben, also fasste ich mir ein Herz. Jepp, wie vermutet. Sie wollte, dass ich zu Hause Erbsen pflückte und sie danach einmachte. Im Juni gab es in unserem Garten schon einiges zu ernten, und so ging das die nächsten Monate über dann weiter. Wir konnten uns quasi den ganzen Winter von dem ernähren, was der Garten uns so beschert hatte. Nächsten Monat waren dann die Tomaten mit dem Einmachen dran. Das hasste ich. Erbsen zu pulen allerdings auch.

Milly hatte an diesem Abend ein Date. Der Typ hieß Robbie Longman, und da Momma Milly immer noch so bald wie möglich unter die Haube bringen wollte, erlaubte sie ihr das Treffen. Sie hoffte wohl, dass er ihr einen Antrag machte. Und der Rest von uns kümmerte sich eben daheim plaudernderweise um die Erbsen. Sogar Henry half mit.

Theoretisch hätte ich mit Ben heute Abend auch eine Art Date gehabt. Klar, wir kannten uns schon seit Ewigkeiten und hatten wirklich nicht vor zu heiraten, aber es kam mir trotzdem unfair vor! Ich durfte nie Verabredungen haben. Stattdessen wurden meine Finger von den Schalen schon ganz rau, und ehe wir schlafen gehen konnten, hatten wir noch einiges vor uns.

Und auch jetzt musste ich ehrlich zugeben, dass der Cupcake die Sache wert gewesen war. Henry würde mir da sicherlich zustimmen! Ein Großteil der Glasur landete auf seinem Gesicht, wodurch er nur noch niedlicher aussah. Wenn das überhaupt möglich war.

»Erzähl die Geschichte von dem Cupcake-Mann noch mal«, flehte mich Bessy an, die von der Sache total fasziniert war. »Bitte!«

»Da gibt es nichts zu erzählen«, antwortete Momma knurrend und schnalzte mit den Fingern. Bessy guckte enttäuscht aus der Wäsche. Sie wusste nur zu gut, dass es nichts brachte, weiter zu insistieren, wenn Momma erst diesen Ton angeschlagen hatte.

»Ich will noch’n Cupkeks«, murmelte Henry lächelnd.

»An deinem Geburtstag kriegst du einen«, meinte Momma, woraufhin Henry sofort in ein schier endloses Geburtstagsständchen ausbrach.

»Wann kann ich in der Bäckerei arbeiten?«, wollte Bessy wissen, obwohl sie die Antwort sowieso kannte. So schnell würde sie nicht in den Genuss kommen, weil sie in den Sommermonaten auf Henry aufpassen musste. Aber das sagte ich nicht. Mich hatte sie schließlich nicht gefragt.

»Wenn Sammy Jo heiratet und keine Zeit mehr dafür hat«, erwiderte Momma da auch schon.

Sobald ich über einen Ehemann in spe nachdachte und darüber, was sich dann alles für mich ändern würde, huschte ein Lächeln über meine Lippen. Das Problem war nur, dass es keinen einzigen Kandidaten gab. Niemand würde mich vom Fleck weg heiraten und Moulton mit mir verlassen. Die würden alle hier sterben, da war ich mir sicher. Sie würden ihr Leben lang kaum etwas von der Welt sehen. Und wenn es mit mir so weiterging, dann erwartete mich dasselbe Schicksal.

»Sie ist so furchtbar wählerisch. Es gibt immer wieder Männer, die sie um eine Verabredung bitten, aber sie geht nie hin.« Bessy sah mich stirnrunzelnd an. »Sie ist das hübscheste Mädchen der Stadt, hat aber nie ein Date.«

Ich hatte das schon oft genug gehört und hatte es langsam satt, mich deswegen immer wieder zu rechtfertigen.

»Die Jungs aus dieser Stadt würden mich doch auch nicht aus diesem Kaff rausbringen. Aber ich möchte so viel entdecken! Und nichts will ich weniger, als hier in Moulton versauern und ein Kind nach dem anderen in die Welt setzen.«

Bessy verdrehte die Augen. »Dagegen ist ja auch überhaupt nichts einzuwenden. Aber es ist echt unfair, dass du wegen deines Aussehens so hochnäsig geworden bist. Du denkst einfach, du hättest was Besseres verdient als ich. Wenn ich deine blauen Augen, deine blonden Haare, deine großen Brüste und deine schlanken Beine hätte, dann hätte ich mir längst einen Mann mit eigenem Haus angelacht.«

Schade, dass meine Schwester nicht etwas höhere Ansprüche an ihren Zukünftigen hatte. Aber da ließ sich wohl nichts machen.

»Ich will nicht einfach irgendeinen Mann. Ich will eine filmreife Romanze!«

Bessy lachte und warf angewidert eine leere Hülse in den Mülleimer. »Du hast eindeutig zu viele Bücher gelesen.«

»Das reicht jetzt«, setzte Momma der ganzen Diskussion ein Ende. »Ich kann das langsam nicht mehr hören.« Sie überreichte mir einen großen Eimer mit Erbsen, die sie schon ausgepult hatte. »Geh mit denen mal rein. Vilma hat mir ihren schicken Schnellkochtopf geliehen, sie meint, der wäre sicherer als der alte. Schau mal, wie er funktioniert, und bring ihn in Gang. Sie hat die Gebrauchsanweisung dazugelegt.«

Das war Mommas Art, mich loszuwerden. Über das Thema Ehe wollte sie jetzt eindeutig nicht reden. Sie hatte mich auch noch nie dafür zurechtgewiesen, dass ich aus Moulton weg wollte – scheinbar konnte sie mich in diesem Punkt verstehen. Und sie glaubte daran, dass ich es schaffen würde. Und das würde ich! Jawohl.

»Ich will auch reingehen«, meinte Henry und rannte lächelnd auf mich zu.

»Nee, du hältst dich mal lieber von dem Schnellkochtopf fern. Du könntest dir wehtun!«, bremste Momma ihn ein.

Ich grinste Henry an. »Du kannst mir später dabei helfen, die Gläser mit den Erbsen zu füllen.«

Er klatschte fröhlich in die Hände, als wäre das die aufregendste Sache der Welt. Für ihn war es das ja vielleicht auch. Das Problem war nur leider, dass ich Erbsen wirklich hasste. Und jedes Glas, das wir füllten, bedeutete eine Portion Erbsen mehr, die ich irgendwann im Winter würde essen müssen. Da würde ich wirklich lieber Obst einmachen. Am liebsten Erdbeeren. Da wäre ich gleich viel motivierter!

Als ich ins Haus kam, klingelte gerade das Telefon. Ich stellte den Topf mit den Erbsen auf den Tisch und eilte zum Apparat.

»Hallo?«

»Hi Sam, Jamie hat gesagt, dass du heute nicht mitkannst. Da dachte ich, ich ruf mal an und gucke, ob ich dich nicht noch umstimmen kann. Ich habe doch das Ticket für dich und würde es nur furchtbar ungern jemand anderem geben.«

Ben war wirklich der süßeste Typ, den ich kannte. Er war nach Moulton zu seinem Dad gezogen, als er in der vierten Klasse war. Jamie und ich waren seit dem Kindergarten beste Freundinnen. Als damals der schüchterne Junge mit den dicken Brillengläsern auftauchte, nahmen wir ihn sofort unter unsere Fittiche. Seitdem waren wir drei unzertrennlich. Leider hatte ich aber in letzter Zeit den Eindruck, dass Ben mehr wollen könnte als Freundschaft, weil er mich irgendwie anders behandelte als Jamie. Sie hatte mich auch schon darauf angesprochen, aber ich hatte so schnell wie möglich das Thema gewechselt. Aber sie war nicht die Einzige, der auffiel, dass Ben interessiert an mir wirkte. So, als hätte er seine Scheinwerfer plötzlich auf mich gerichtet.

»Momma will, dass wir heute Abend Erbsen einmachen. Du weißt ja, wie sehr ich das liebe.« Ich gab meiner Stimme einen sarkastischen Unterton, damit er merkte, wie gern ich mit auf das Konzert gegangen wäre.

»Das ist ja blöd. Soll ich versuchen, sie zu überreden, damit sie dich doch gehen lässt?«, fragte er hoffnungsvoll.

Lieber nicht! Wenn er das machte, dann steckte mich Momma vielleicht direkt selbst in den Schnellkochtopf. »Ähm, nee. Ich stecke schon mitten drin. Milly May hat ein Date und auf mehr helfende Hände kann Momma heute nicht verzichten. Sie braucht mich, auch wenn ich echt gern mitgekommen wäre. Danke für die Einladung!«

Vielleicht war es auch gut, dass ich nicht mitkonnte. Ich wollte nicht, dass Ben sich falsche Hoffnungen machte. Er war immer nur ein Kumpel gewesen – und zwar einer meiner besten. Und das war doch auch eine Menge wert.

»Okay, ich verstehe. Jerry wollte auch mit, also kann er dein Ticket haben. Aber du wirst mir fehlen.«

Wenn er doch wenigstens gesagt hätte: »Du wirst uns fehlen.« Würg. Ich musste unbedingt dafür sorgen, dass zwischen uns alles wieder wurde wie früher. Vielleicht würde es helfen, wenn ich Ben mit irgendeinem Mädchen aus der Stadt verkuppelte?

»Das ist eine gute Idee. Jerry wird sich sicher freuen und ihr werdet eine Menge Spaß haben«, sagte ich betont munter.

»Tschüss Sam.« Er klang ein wenig traurig. Und das machte mir Angst.

»Bye«, sagte ich und legte schnell auf. Ich sollte unbedingt mit Jamie darüber sprechen. Wir mussten Ben schleunigst wieder auf Spur bringen! Ich wollte wirklich nicht, dass unsere Freundschaft in die Brüche ging – nur weil er sich falsche Hoffnungen machte. Er war mein Kumpel – basta. Und er würde es nie raus aus Moulton schaffen. Ich aber hatte Träume. Und die würden sich hier nicht verwirklichen lassen.

4. Kapitel

Ich war ziemlich überrascht, als ich am nächsten Tag Jamie und Ben zur Tür der Bäckerei hereinspazieren sah. Auch wenn es beinahe Mittag war, kam es mir trotzdem noch ziemlich früh vor. Sie gestern bestimmt erst spät ins Bett gekommen! Natürlich wollte ich unbedingt hören, wie das Konzert gewesen war, aber nicht, solange Momma dabei war.

»Hey Leute«, sagte ich fröhlich.

Jamie schnupperte sofort genießerisch. »Gott, es riecht wirklich himmlisch hier. Wenn ich hier arbeiten würde, wäre ich im Nu kugelrund! Es ist ja so schon schwer genug, mein Gewicht im Griff zu haben. Ich finde es echt unfair, dass du trotz deines Jobs gar nicht zunimmst.« Jamie war immer sehr mit ihrer Figur beschäftigt. Dabei war sie gar nicht dick, bloß kurvig. Sie versuchte, die ganze Zeit abzunehmen, aber ich fand, dass sie gut aussah, wie sie war.

»Wenn du meine Momma hättest, würdest du auch nicht zunehmen«, versicherte ich ihr flüsternd.

Ben runzelte die Stirn und sah auf die Zitronen-Cupcakes und die Blaubeermuffins. »Wie gemein, dass sie dich nicht probieren lässt.«

»Nein, das ist nicht gemein, sondern ein echter Liebesdienst. Wenn sie die ganze Zeit naschen dürfte, wäre sie doch längst fett geworden«, sagte Jamie und gab ihm einen Klaps. Irgendwie wirkte der nicht besonders liebevoll. Eher so, als würde es ihr gar nicht passen, dass er sich so auf mich konzentrierte. Diese Beobachtung fand ich ziemlich interessant.

»Sam isst einfach nicht genug, um dick zu werden. Und sie ist ja auch immer in Bewegung.« Ben legte sich richtig ins Zeug, um mein Gewicht zu verteidigen. Dann sah er mich blitzschnell an, ganz so, als wollte er sichergehen, dass ich ihn auch wirklich gehört hatte.

Jamie verdrehte zwar die Augen, aber sie wirkte tatsächlich ein wenig verletzt, wenn nicht sogar sauer. Vielleicht interpretierte ich auch zu viel in die Situation hinein, aber irgendetwas ließ mich stutzig werden. Etwas, das Ben entging. Und was auch ich lang nicht bemerkt hatte.

»Eines Tages werde ich meine eigenen Cupcakes backen. Und die stopfe ich dann so lange in mich hinein, bis ich mich kaum noch bewegen kann«, scherzte ich, um die Stimmung ein wenig aufzulockern.

Jamie lachte. »Na klar. Du heiratest irgendeinen Kerl von auswärts und dann jettest du um die Welt. Hübsch genug bist du ja. Jetzt muss dein Traumprinz dich nur noch entdecken.« Sie sah sich seufzend um. »Ob er dich hier finden wird, weiß ich allerdings nicht.«

»Warum sollte sie denn wegziehen?«, fragte Ben säuerlich.

»Weil sie davon redet, seit sie klein ist. Sie will nun mal nicht mit fünf Kids in einem zweistöckigen Haus in Moulton versauern und mit irgendeinem Bauern verheiratet sein. Sie ist auf ein Abenteuer aus!« Tja, Jamie kannte mich eben gut. Wie oft hatten wir auf dem Grashügel hinter meinem Haus in der Sonne gelegen und über unsere Wünsche und Träume gesprochen. Wir waren Mädchen, die am liebsten schon Frauen gewesen wären, auch wenn wir noch keine Ahnung davon hatten, wie kompliziert das Leben als Erwachsene war. Lustigerweise träumte Jamie genau von dem Szenario, von dem sie gerade gesagt hatte, dass es mich kein bisschen glücklich machen würde. Ob Ben das wohl ahnte?

»Gegen Alabama oder Moulton ist doch nichts einzuwenden«, protestierte Ben.

»Ben, ich stelle mir mein Leben einfach anders vor. Gleichzeitig bin ich sicher, dass andere Menschen hier sehr zufrieden sind. Wie dem auch sei – ich würde euch die Begegnung von gestern ja liebend gern ausführlicher erzählen, aber dann killt mich meine Mutter wahrscheinlich.«

»Hast du denn keine Mittagspause?«, fragte Ben.

Jamie prustete los. »O Mann, du hast Sams Mutter scheinbar noch nicht kennengelernt! Sonst wüsstest du, dass Marjaline Knox ihr nicht mal eine Pinkelpause gönnt!«

Jamie hatte recht. Normalerweise brachte mir Momma mittags einen Thunfisch-Sandwich oder irgendetwas in der Art mit, das ich dann im Laden in mich hineinmampfte. Es gab nun mal keine zweite Angestellte, die mich vertreten konnte, also konnte ich auch nicht vor die Tür.

»Okay, aber kannst du wenigstens nach der Arbeit mal raus? Eis essen gehen oder so? Jerry meinte, dass später ein paar Leute zum Schwimmen an den See gehen wollen. Da könnten wir mit, wenn wir Lust haben.«

Da ich gestern Abend zu Hause bleiben musste, standen meine Chancen heute vielleicht ein wenig besser. »Ich frage mal. Denke schon, dass das klappt«, meinte ich. »Kommt doch einfach um vier wieder vorbei, ja? Kannst du mir einen Badeanzug mitbringen?«, frage ich Jamie, denn ich hatte in ihrem Haus einen deponiert.

Die Türglocke klingelte und Jamie griff nach Bens Arm, um ihn vom Tresen wegzuziehen.

»Hallo, Kinder«, meinte Mrs. Peabody, die jetzt in die Bäckerei schlurfte. Ihr weißes Haar hatte sie ordentlich gekämmt, und sie trug ein gelbes, mit Sonnenblumen bedrucktes Kleid.

»Hat Marjaline denn heute wieder Blaubeerpastete gemacht? Elroy war so begeistert davon, da wollte ich ihm welche holen.«

»Heute leider nicht, Ma’am. Wir haben Apfeltarte. Aber wenn Momma die Zutaten da hat, könnte sie Ihnen vielleicht trotzdem eine machen, und Sie könnten sie dann später abholen.«

Sie nickte begeistert. »Ach, das wäre toll. Elroy arbeitet heute auf dem Feld, da hat er sich eine süße Belohnung verdient! Wir haben noch selbst gemachtes Vanilleeis zu Hause, und die Kombination wäre einfach perfekt.«

»Ich frag sie mal.« Lächelnd sah ich hinüber zu meinen Freunden und wünschte mir, sie würde gehen, damit Momma sie nicht entdeckte. Sie mochte es nicht, wenn meine Freunde zu Besuch kamen, schon gar nicht während der Schicht. Aber wenn ich ihnen das jetzt sagte, klang das bestimmt ziemlich gemein und hochnäsig. Ach, das war wirklich eine unangenehme Situation!

Ich eilte in die Küche, wo Momma gerade ein paar dampfende Zimt-Rosinen-Brote aus dem Ofen zog. Hoffentlich konnten wir eins davon mit nach Hause nehmen. Hazel liebte die Dinger.

»Momma, Mrs. Peabody ist gerade da und möchte eine Blaubeerpastete, weil ihr Mann letztes Mal total begeistert davon war. Schätze mal, du könntest ihr eine backen? Sie würde dann später wiederkommen und sie abholen.«

Momma stellte die Brote ab und sah sich gründlich in der Küche um.

»Ich denke, ich habe alle Zutaten da, und die Blaubeeren müssen sowieso dringend verarbeitet werden. Sag ihr, dass sie um drei Uhr fertig ist.«