Pädagogisches Begleitheft zum Heilpädagogischen Kurs - Gerhard Hallen - E-Book

Pädagogisches Begleitheft zum Heilpädagogischen Kurs E-Book

Hallen Gerhard

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Beschreibung

Das Begleitheft informiert über die pädagogisch relevanten Inhalte des Heilpädagogischen Kurses von R. Steiner und greift die darin enthaltenen Hinweise zur Methodik und Didaktik auf.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Zur Struktur des Kurses

Die Inhaltsangaben zu den 12 Vorträgen

Beiträge zu den ersten beiden Vorträgen - Begriffsklärungen, Grundlagen der anthroposophischen Menschenerkenntnis für die Heilpädagogik

Beiträge zum dritten Vortrag – das Konstitutionsbild des Epileptoiden

Beiträge zum vierten Vortrag – das Konstitutionsbild der Übersensibilität

Beiträge zum fünften Vortrag – die von der Resonanz geprägten Konstitutionsbilder

Beiträge zum sechsten und siebten Vortrag – Kinderbesprechungen

Beiträge zum achten und neunten Vortrag – Kinderbesprechungen

Beiträge zum zehnten Vortrag – Kinderbesprechungen und Meditationshinweise

Beiträge zum elften und zwölften Vortrag – Fragenbeantwortung und Meditationshinweise

Die Kinder des Heilpädagogischen Kurses im Überblick

Anhang:

Sprache als pädagogisches Instrument

Lebendige Bilder im Vierschritt

Vorwort

Gegenstand dieses Heftes sind jene pädagogischen und unterrichtstherapeutischen Optionen, die sich aus dem Studium des Heilpädagogischen Kurses ergeben. Außen vor bleiben die medizinische Interpretation der Konstitutionsbilder wie auch die daraus resultierende Diagnostik und Therapieplanung. Im Anhang wird eingehend auf eine Unterrichtsmethode Bezug genommen, die Gertrud Langen für Sandroe (6./7. Vortrag) entwickelte und im Folgenden als „Vierschritt“ bezeichnet wird.

Da die Beiträge in diesem Heft aus verschiedenen Quellen stammen, ist die Zitierweise nicht einheitlich gestaltet. In den Entwicklungsberichten wurden die Namen der betreffenden Schüler/innen geändert.

Der Verfasser dankt Frau C. Papke-Hesse und Herrn H. J. Bomholt für vielfältige und wertvolle Anregungen, Hilfen und Hinweise. Herr N. Gorrissen erstellte dankenswerterweise den Notensatz für die Lieder. Auch sind in dieses Heft die Ergebnisse einiger Seminararbeiten eingeflossen, deren Autoren/innen der Verfasser zu Dank verpflichtet ist. Schwerte, im Dezember 2023

Gerhard Hallen

Zur Struktur des Kurses

Die 12 Vorträge des Heilpädagogischen Kurses (25. Juni bis 7. Juli 1924 in Dornach) wurden für die drei Begründer des ersten anthroposophisch orientierten heilpädagogischen Heims auf dem „Lauenstein“ in Jena (die Herren Löffler, Pickert und Strohschein), den Lehrer der „Hilfsklasse“ an der Stuttgarter Waldorfschule, Karl Schubert, den damaligen Vorstand der anthroposophischen Gesellschaft, die Mediziner* innen vom Klinisch-Therapeutischen Institut in Arlesheim und für einige Begleitpersonen der dort untergebrachten Kinder gehalten.

Der Kurs war sowohl Initiation wie auch Inauguration. Zum einen wurden die Teilnehmer/innen in das Wesen der anthroposophischen Heilpädagogik eingeführt, zum anderen inaugurierte Steiner im letzten Vortrag die anthroposophische Heilpädagogik als ein neues Glied in der anthroposophischen Gesellschaft – und zwar unter Federführung der medizinischen Sektion. Die Eingliederung in diese Sektion wurde im Jahre 2024 aufgelöst, indem das Council für Heilpädagogik und Sozialtherapie eine eigene Sektion gründete.

Zur inneren Struktur

In den ersten beiden Vorträgen wurden jene menschenkundlichen Prinzipien vorgestellt, die einen vertieften Zugang zur Heilpädagogik ermöglichen.

Im dritten bis fünften Vortrag beschrieb Rudolf Steiner die Konstitutionsbilder. Dabei handelt es sich um Imaginationen, welche die Gesten einseitig verlaufender Inkarnationsakte beschreiben. Sie dienen uns dazu, die Beeinträchtigungen der betroffenen Kinder und Jugendlichen zu erkennen und daraus entsprechende pädagogische und psyshologische Maßnahmen abzuleiten.

Bei den Kindervorstellungen in den Vorträgen 6-11 fließen diese Konstitutionsbilder aber nur unterschwellig ein. Sie verwandeln sich in Inspirationen, die sich aus dem Umgang mit dem Wesen der betroffenen Kinder ergeben.

Insofern sind die Kinderbesprechungen eine Anleitung zum Lesen in jener geistigen Schrift, welche durch die Konstitutionsbilder gegeben ist. Erkennbar wird das an der Unterteilung der Besprechungen in jeweils zwei Blöcke. Im ersten Block erfolgte die Bildgestaltung in Form der Anamnese und Diagnose. Im zweiten Block, entweder nach einer Unterbrechung am gleichen oder am folgenden Tag, schaute Rudolf Steiner auf die Therapie bzw. auf die pädagogisch-psychologischen Maßnahmen.

Vom zehnten Vortrag an besprach Rudolf Steiner die Kinder vom Lauenstein, die er drei Wochen zuvor, und zwar am 18. Juni 1924, in Jena gesehen hatte. Diese Vorstellungen haben einen anderen Duktus, weil die Bildgestaltungen schon in Jena durchgeführt worden waren. Also konnte sich Rudolf Steiner nach einer kurzen Wiederholung von Anamnese und Diagnose auf die Therapieempfehlungen und die pädagogische Planung fokussieren.

Im Zusammenhang mit diesen Kindervorstellungen richtete der Vortragende mehrere Appelle an seine Zuhörer, insbesondere an die drei Heilpädagogen vom Lauenstein. U. a. legte er ihnen im zehnten Vortrag anhand der Punkt-Kreis-Meditation dar, dass sie beim Aufbau einer heilpädagogischen Bewegung am Konkreten, also am Kind, ansetzen sollten.

Am Ende des 12. Vortrages begründete Rudolf Steiner die anthroposophische Heilpädagogik – ein Akt, der keine Selbstverständlichkeit war, sondern eine Entscheidung mit weit reichenden Folgen.

Die Struktur im Überblick:

1.-2. Vortrag: Meditationsempfehlungen, die den Zugang zu den Konstitutionsbildern ermöglichen

3.-5. Vortrag: Beschreibung der Konstitutionsbilder

6.-11. Vortrag: Kindervorstellungen, ab dem 10. die Kinder vom Lauenstein (nicht in Dornach anwesend)

10.-12. Vortrag: Die Hauptmeditation (Punkt-Kreis im 10. Vortr.) und weitere Bedingungen für ein Gelingen des heilpädagogischen Impulses.

12. Vortrag: Die Begründung der anthroposophischen Heilpädagogik und ihre Einbettung in die anthroposophische Gesellschaft.

Frielingsdorf u. a.:Geschichte der anthroposophischen Heilpädagogik, Dornach 2013, S. 87-95. Hier finden sich detaillierte Darstellungen zur Vorgeschichte und zum zeitgeschichtlichen Kontext (ebda, S. 18-84).

Inhaltsangaben zu den Vorträgen

Hinweis. In den bisherigen Ausgaben des Heilpädagogischen Kurses sind die Zuordnungen der Farben zum Tafelbild 1 fehlerhaft. Sie wurden entsprechend korrigiert. Es ist eine Überarbeitung des Kurses für 2024 vorgesehen, die auf soliderem Quellenstudium basiert.

Der erste Vortrag:

1. Verweis auf jene Kinder, die in diesem Kurs vorgestellt werden

Vorab erklärt Rudolf Steiner den Kursteilnehmern*innen, dass die in Anwesenheit (ad oculos= durch Augenschein) vorzustellenden Kinder im Klinisch-Therapeutischen Institut (Arlesheim) untergebracht sind. Dagegen werden die Kinder vom Lauenstein (Jena) in Abwesenheit besprochen.

2. Das Wesen des Seelenpflege bedürftigen Kindes

a) Voraussetzungen für einen pädagogischen und therapeutischen Umgang

Die Kenntnis der Erziehungspraxis bei sogenannten normalen Kindern ist die Voraussetzung für den Einstieg in die Heilpädagogik. Auf diese Voraussetzungen geht Rudolf Steiner nicht weiter ein. Er verweist aber bei den Kindervorstellungen darauf, dass die Waldorfpädagogik allein schon ‚heilpädagogisch effektiv‘ ist.

b) Die Beobachtung von ‚Abnormitäten‘ im Seelenleben eines jeden Menschen

Beeinträchtigungen sind auch bei sogenannten normalen Menschen zu beobachten. So wird z. B. nicht selten zu hastig oder abgehackt gesprochen. Gleichermaßen treten im Willens- und Gefühlsleben Unregelmäßigkeiten auf, die sich im Verhalten der betreffenden Menschen abbilden.

Von der Beobachtung der Symptome zum Substantiellen des Leidens

Es ist zwischen den Symptomen einer Unregelmäßigkeit und ihren eigentlichen Ursachen, dem „Substantiellen“ zu unterscheiden.

Was R. Steiner damit meint, ergibt sich bei den Kinderbesprechungen. Hier strebt er weniger eine Beseitigung der Symptome, als die Behandlung von Unregelmäßigkeiten im Zusammenspiel der Wesensglieder an. Ziel dieser Bemühungen ist die positive Beeinflussung der Inkarnationsgeste u. a. durch eine positive Einflussnahme auf die Resonanz von Willens- und Vorstellungsleben. Vorweg finden wir in den Konstitutionsbildern des dritten bis fünften Vortrags jenes Substanzielle, das dem Unterricht eine therapeutische Qualität verleihen kann.

c) Biografische und vorgeburtliche Organisation

R. Steiner verweist darauf, dass bei den Kindern mit Förderbedarf das vom Wachbewusstsein getragene Seelenleben als unregelmäßig erscheint (Tafelzeichnung 1, gelbe, gestrichelte Linie). Dieser Unregelmäßigkeit liegt eine aus dem Vorgeburtlichen herrührende Wesensgliederorganisation zugrunde (rote Linie), die ein entsprechend unregelmäßig entwickeltes Seelenleben entfalte (blauer Balken). Das spiegelt sich u. a. in den Lebensprozessen (s. u.) und Lernprozessen wider. Von diesem Seelenleben müsse man ausgehen, um die Ressourcen eines Kindes zu erfassen und daraus ein pädagogisches und therapeutisches Konzept zu entwickeln.

Es folgt ein Exkurs darüber, dass in der öffentlichen Regelpädagogik und in der Psychiatrie die Definition von Normalität durch Konventionen, aber nicht durch die vorgeburtlichen Intentionen des betroffenen Individuums bestimmt werde. Das führe zu Intoleranz. So treibe die Pädagogik und Psychiatrie häufig das Geniale an ‚unkonventionellen‘ Menschen aus. Steiner erklärt nun, wie das wirkliche Seelenleben (des vorgeburtlichen Menschen) das Alltagsbewusstsein hervorbringt.

d) Die Auseinandersetzung mit dem Erbleib und die Entstehung von Krankheiten (Tafel 1 links)

„Dieses (…blaue) Seelenleben, das da heruntersteigt, das bemächtigt sich des Körpers, der vererbungsgemäß aufgebaut wird aus der Generationenfolge heraus. Wenn also dieses Seelenleben (blau) so geartet ist, dass es eine kranke Leber konstituiert (…) oder vererbungsgemäß im physischen und Ätherleib Krankhaftes findet und daher eine Krankheitsempfindung entsteht, dann liegt eben eine Erkrankung vor.

Ebenso kann jedes andere Organ oder jeder andere Organkomplex falsch eingeschaltet sein in dasjenige, was aus dem seelisch-geistigen Kosmos heruntersteigt (rot). (…) Erst wenn (…) dieses Seelisch-Körperliche (weißer Umkreis für rot und blau) sich gebildet hat, dann entsteht – mehr aber nur als Spiegelbild – dasjenige, was unser Seelenleben ist und was gewöhnlich beobachtet wird als Denken, Fühlen und Wollen (gelb). Dieses ist (…) nur da wie Spiegelbilder, (…) löscht aus, wenn wir einschlafen. Das eigentlich dauernde Seelenleben ist dahinter (rot, das blau generiert…), das geht durch die wiederholten Erdenleben und sitzt in der Organisation des Leibes darinnen.“

e) Analytisches und synthetisches System (Tafelbild 1, rechts)

Steiner beschreibt die beiden Gesten des aus dem Vorgeburtlichen stammenden und zeitlebens wirkenden Seelenlebens (blau), die sich durch das Kopfsystem (Synthese) und das Stoffwechsel-Gliedmaßensystem (Analyse) manifestieren:

Das Kopfsystem basiert seelisch auf dem Denken und physisch auf dem Nervensystem. Es fasst all das zusammen, was im Bereich des Stoffwechsel-Gliedmaßensystems überwiegend in den Organen vorgeht. Die Tätigkeit der Synthese im menschlichen Gehirn bewirkt auf der physisch-ätherischen Ebene Abbau. Dabei fällt Substanz heraus, wodurch die Nerven entstehen.

Das Stoffwechsel-Gliedmaßensystem bietet dem oberen Menschen die Möglichkeit, die in ihm sich abspielenden Prozesse widerzuspiegeln. Es steht seelisch im Willen, und beruht physisch auf der Stoffwechseltätigkeit und auf dem Blut.

f) Die beiden Denkfunktionen

Zur Tätigkeit der beiden Denkfunktionen – einerseits der im Vorgeburtlichen gegründeten Ich-Organisation (blau), andererseits des Alltagsbewusstseins, äußert sich R. Steiner wie folgt:

„Wir müssen unterscheiden zwischen derjenigen Denkfunktion, die hinter dem Wahrnehmbaren liegt, die das Gehirn aufbaut - die ist das Bleibende -, und der Denkfunktion, die gar nichts Wirkliches ist, die nur gespiegelt ist und fortwährend beim Einschlafen ausgelöscht wird und auch dann vergeht, wenn man nicht nachdenkt.“

Das rhythmische System wird als Vermittler zwischen den beiden Polen beschrieben.

g) Erbleib und Individualleib

Der Erbleib eines Kindes wird unter ‚normalen Umständen‘ innerhalb der ersten sieben Lebensjahre vom fortan als unterbewusst bezeichneten Seelenleben (blau) soweit „umgebaut“, dass von der ererbten physischen Substanz nichts mehr übrig ist. Das Kind hat seinen Individualleib bzw. seinen Persönlichkeitskörper ausgebildet. So erneuern sich auch in der Folge die Substanzen des physischen Leibes alle sieben Jahre.

Ist die Geistseele eines Kindes (rot) hinreichend befähigt, den Erbleib dem eigenen Karma gemäß umzuwandeln, ‚überwindet‘ sie die Erbkräfte. Ist sie daran gehindert bzw. nicht dazu in der Lage, bleiben die Erbkräfte dominant.

Was nach dem ersten Jahrsiebt an Talenten, Möglichkeiten, Krankheiten etc. auftritt, liegt außerhalb des eigentlichen Erbstroms:

h) Die Individualität des Kindes im zweiten Jahrsiebt

Steiner beschreibt, wie sich das Kind im zweiten Jahrsiebt gegenüber der Außenwelt noch verhältnismäßig desinteressiert verhält und auf Erwachsene als Vermittler des Welt-Erlebens angewiesen ist. Dabei kann man als Erzieher sehr gut die Individualkräfte des Kindes studieren – z. B. anhand der Sinnestätigkeit und der Lebens- bzw. Lernprozesse.

Erst im dritten Jahrsiebt wird durch die Erdenreife, die sich äußerlich als Sinnenreife, Atemreife und Geschlechtsreife manifestiert, ein unmittelbares Erfassen der Welt und seiner Gesetzmäßigkeiten ermöglicht. Darüber hinaus erklärt R. Steiner mit Blick auf die Organologie:

„Beim erwachsenen Menschen wird das Seelenleben, weil die Organe schon eine bestimmte Richtung haben, verhältnismäßig selbständig, und eine Organerkrankung wirkt nicht so stark auf das Seelenleben(…). Beim Kinde wirkt noch alles zusammen; ein krankes Organ wirkt noch hinein bis in das Seelenleben.“

i) Willensdefekte und Denkdefekte

Vorab verweist R. Steiner darauf, dass die von ihm angesprochenen Organdefekte medizinischhistologisch (z. B. durch mikroskopische Untersuchungen) nicht nachweisbar sind. Die Schulmedizin untersuche nämlich nur das Feste, aber nicht das Flüssige, Gasige und Wärmehafte am physischen Menschen.

Dann leitet Steiner zur Unterscheidung von Willens-und Denkdefekten über:

„Denn, wenn Sie zu schnell oder zu langsam denken, so können die Gedanken ganz richtig sein, es handelt sich nur darum, dass der Wille, der in der Ineinander-Setzung der Gedanken wirkt, einen Defekt hat. (…)

Einen Denkdefekt können Sie nur konstatieren, wenn unabhängig vom Willen Deformationen der Gedanken auftreten, Sinnestäuschungen. Bei der Einstellung zur äußeren Welt treten sie im ganz Unbewussten auf, da wird das Vorstellungsbild selber unregelmäßig. Oder aber wir haben etwas wie Zwangsvorstellungen, und dass sie Zwangsvorstellungen sind, hebt sie aus dem Willen heraus.“

j) Der Erbleib als Teil des Karmas

Es kam wohl in der Zuhörerschaft die Frage auf, wie organologische Defekte mit dem Schicksal eines Menschen vereinbar sind:

„(…)Das fällt uns (…) als karmische Notwendigkeit (zu…). Wir wählen den Körper aus, der nach der Generationsfolge defekt ist, aus unserer Unkenntnis heraus – allerdings in der geistigen Welt. Wo also defekte Vererbungskräfte vorliegen, da lag vor der Konzeption (bei der Geistseele des Kindes) eine Unkenntnis der menschlichen Organisation vor. Man muss nämlich, bevor man auf die Erde heruntersteigt, den menschlichen Organismus ganz genau kennen, sonst kann man nicht recht hineinsteigen in den ersten sieben Jahren und ihn nicht recht umwandeln.“

k) Die Ursache für den fehlerhaften Aufbau des physischen Leibes

„Das Wissen (um den Aufbau einer intakten Wesensgliederorganisation) wird beeinträchtigt, wenn wir im (vorherigen) Erdenleben für unsere Umgebung kein Interesse entwickeln konnten (…) Und wenn ein Mensch (…) durch den Tod geht und in die geistige Welt wenig Vorbedingung hineinbringt, um (dort, wo) alles enthalten ist, den menschlichen Organismus kennenzulernen, (…) so kommt ein solcher Mensch, wenn er heruntersteigt auf die Erde, mit einer geringeren Kenntnis herunter als einer, der sich einen freien Blick für seine Umgebung erworben hat. (…) Denn wenn Sie nur einen Tag durch die Welt gehen und sie genauer anschauen, so ist das schon die Vorbedingung für die Erkenntnis des Inneren des Menschen (in der geistigen Welt).“

Außenwelt im Erdenleben ist geistige Innenwelt im außerirdischen Leben.

In der Folge wird beschrieben, wie bestimmte Menschen ihr vorheriges Leben ohne Eindrücke aus der Natur verbracht haben und deshalb im nächsten Erdenleben Eltern suchen, die nur unvollständig entwickelte Erbleiber zur Verfügung stellen können. Dagegen braucht jeder Mensch Eindrücke aus der Natur, damit er sie in sein Unterbewusstsein einspeichern kann. Diese Eindrücke werden in der Zeit zwischen dem Tod und einer neuen Geburt in leibbildende Kräfte verwandelt und tragen damit zum Aufbau einer regelmäßigen oder auch unregelmäßigen Wesensgliederorganisation bei.

l) Das Beispiel eines Organschadens als karmische Vorbedingung und Kriterium für die Auswahl des Vaters

Am Ende des Vortrags beschreibt R. Steiner die Leberschwäche des Johannes Brentano. Der Junge war so impulsschwach, dass er nicht in eine Straßenbahn einsteigen konnte, die vor ihm anhielt.

Steiner führte dieses Defizit auf eine Leberschwäche zurück, die der Junge durch einen beeinträchtigten Erbleib erworben habe. Der Vater hatte als Philosoph die Seeleneigenschaft des Willens geleugnet, wodurch dieses Wegleugnen auf den Sohn als Leberschwäche übergegangen sei. Johannes habe sich aber vorgeburtlich diesen Vater ausgesucht, da er schon eine zu geringe Affinität zum Willen mitgebracht habe. Da die Leber das Organ des Willens bzw. der Courage sei, habe sich diese Leberschwäche im Erbleib abgebildet und sei auch bei der Individualisierung des physischen Leibes so geblieben.

Zum weiteren Verlauf vgl. Uhlenhoff, S. 253f.

Zur Leber: Holtzapfel, Im Kraftfeld der Organe, S. 23-43.

Der zweite Vortrag

1. Das Verkennen menschlicher Genialität

Rudolf Steiner verweist – wie schon im ersten Vortrag – darauf, dass die Charakterisierung eines Menschen aus den Symptomen seines beobachtbaren Verhaltens, Fühlens und Denkens allein nicht hinreicht, um daraus eine erfolgreiche Behandlung von vermeintlichen Abnormitäten zu generieren.

In der Folge bringt Steiner ein Beispiel für die Fehlinterpretation von Symptomen. Demnach setzte sich ein Staatsanwalt namens Wulffen mit der Frage auseinander, ob niedere Instinkte die Triebfeder für das literarische Schaffen Friedrich Schillers gewesen seien. Wenn diese Haltungen in Wissenschaft und Erziehung einflössen, würde vielen Menschen jene Genialität ausgetrieben, die sie der Welt schenken wollten. Was sich hinter dem Beispiel des Staatsanwaltes Wulffen verbirgt, ist das Pathologisieren jeglichen Verhaltens, das von einer gesellschaftlichen Norm abweicht.

2. Einblicke in das Seelenleben des Kindes

a) Vererbung und Ich-Kraft im karmischen Zusammenhang

„(…) Wenn die Individualität stärker ist als dasjenige, was in den Erbeigenschaften darinnen ist, so wird das Kind im Verlaufe des Zahnwechsels die Erbeigenschaft mehr oder weniger überwinden und (…) als Individualität auch äußerlich körperlich in seiner ganzen Seelenverfassung erscheinen. Ist aber die Individualität des Kindes schwach, so wird sie durch die Erbeigenschaften unterdrückt, sie betrachtet das Modell (Erbleib) so, dass ein sklavischer Abguss d(ies)es Modells sichtbar körperlich erscheint. Und man wird von vererbten Eigenschaften im eigentlichen Sinne reden können. (…) Der eigentliche Karmaimpuls erscheint übertönt von dem, was als vererbte Eigenschaften herauskommt.“

So werden häufig Gesichtszüge, seelische Äußerungen, auch Körperhaltungen und Gesten, die im ersten Jahrsiebt vom Kind im Zuge der Nachahmung von den Bezugspersonen übernommen wurden, als ‚vererbt‘ deklariert. Da diese durch Nachahmung erworbenen Eigenschaften verhältnismäßig lange erhalten bleiben, entsteht der Eindruck von einer Konstanz des vermeintlich durch „die Gene“ übertragenen Erbes. Gleiches gilt für die Interessen und Neigungen der Bezugspersonen, die häufig von Kindern übernommen werden. Auch das wird auch heute noch in der Regel wie folgt kommentiert: „Das ist bei uns so in den Genen.“

b) Das Milchtopfgleichnis (Tafel 2 rechts)

Nicht der Leib des Menschen bringt die Gedanken hervor, sondern der Weltenäther ist der Träger der Gedanken. Bevor der Mensch sich inkarniert, stellt er seinen Ätherleib aus dem Weltenäther zusammen. Dieser Ätherleib ist gemäß den karmischen Bedingungen mehr oder minder komplex aufgebaut.

„Alle Untersuchungen, (…) zu prüfen, woraus Gedanken entstehen könnten, die sind so (…), als wenn jemand täglich morgens von irgendwoher einen gefüllten Milchtopf gestellt bekäme und eines Tages (…) anfangen würde nachzudenken, in welcher Weise der Ton des Milchtopfes jeden Morgen die Milch aus sich hervorbringt (…). Die Wissenschaft kommt in Bezug auf das Denken zu dieser Hypothese. (…)“

c) Das Nerven-Sinnessystem als Abbauorgan

„(…) Die Gedanken, die wir (vor der Geburt) aus dem allgemeinen Weltenäther herausnehmen, die bilden uns vorzugsweise unser Gehirn (Tafel 1 violett) und im weiteren Sinne unser Nerven-Sinnessystem. (…)“

d) Das Gehirn kann die richtigen Gedanken falsch spiegeln

„Woher kann nun ein verrückter, ein querköpfiger Gedanke kommen? Dadurch, dass der Spiegel (…, das Gehirn, violett) nicht in Ordnung ist. Also handelt es sich darum, dass wir in richtiger Weise den Weg zurückfinden von den verzerrten Gedanken zu dem, was im menschlichen Gehirn beziehungsweise im Sinnes-Nervensystem eigentlich wirkt, was der Mensch sich aufgebaut hat aus dem wirklichen lebendigen Gedankenleben heraus.“

e) Das Vertrauen des Erziehers/der Erzieherin in die geistige Welt als kosmisch religiöser Akt

„Wir müssen nun alles versuchen, damit der Zögling, der uns (…) übergeben ist, in der richtigen Weise an diesen Weltenäther herankommen kann. Wir werden das nie tun, wenn wir nicht wirklich gefühlsmäßig als Erzieher durchdrungen sind davon, dass die allrichtig waltende Gedankenlebendigkeit im Weltenäther enthalten ist. (…)“

Diese Aussage korrespondiert mit dem Meditationshinweis am Ende dieses Vortrages, dass die Heilpädagogen/innen die Arbeit der Hierarchien ausführen.

f)Ätherleibsstörungen als Ursache für eine beeinträchtigte Resonanz

„Wenn ein Kind zum Beispiel so ankommt, dass es (…) das Stoffwechsel-Gliedmaßensystem nicht ordentlich durchdringen kann, so (…) hat es dann seinen Ätherleib in der Kopfgegend ordentlich ausgebildet, es hat ihn in der Unterleibs- und Gliedmaßengegend dagegen schlecht ausgebildet. (…) So dass wir bei zahlreichen Seelenpflege bedürftigen Kindern einen mangelhaft ausgebildeten Ätherleib vorliegen haben. Und fragen müssen wir uns: Was wirkt auf einen Ätherleib, der in den Entwicklungsjahren der Kinder vorhanden ist (…)?“

3. Das Pädagogische Gesetz

Als Vorschlag für den Umgang mit den Ätherleibs-Störungen bietet Steiner das Pädagogische Gesetz an:

Das Wesensglied des Erziehers – z. B. der Empfindungsleib – wirkt auf das nächstniedrigere des Kindes – in diesem Fall auf den Ätherleib – ein. So können auch die höheren, noch in der Anlage befindlichen Wesensglieder der Lehrperson, z. B. das Geistselbst, in diesem Fall auf die Ich-Organisation des Schülers einwirken. Das geschieht in der Regel unbewusst, kann aber auch, um die heilsame Wirkung zu verstärken, bewusst gegriffen werden:

Wesensglied

Wesensglied Kind/

Erzieher/in

Jugendliche/r

Ätherleib

Physischer Leib

Astralleib

Ätherleib

Ich

Astralleib

Geistselbst

Ich

„Nehmen wir an, es sei in der Lebergegend des Kindes der Ätherleib verkümmert. Dadurch wird in dem Kinde die Erscheinung hervorgebracht, dass es mit seinen Intentionen dasteht, immer will, aber dieses Wollen ihm immer vor der Tat stoppt. Wenn nun der Erzieher innerlich sich ganz hineinfühlen kann in diese Lage, dass man mit seinem Willen sich durchdrücken muss in die Tat, wenn man mitfühlen kann dieses Stoppen und zu gleicher Zeit entwickeln kann aus seiner eigenen Energie heraus ein tiefes Mitleid mit diesem so innerlich Erlebten, dann bildet man im eigenen Astralleib das Verständnis aus für diese Lage des Kindes, und man wird nach und nach dazu kommen, jede Spur von Sympathie oder Antipathie mit dieser Erscheinung bei dem Kinde in sich auszutilgen. Dadurch (…) wirkt er erzieherisch auf seinen eigenen Astralleib. (…)

Erst dann, wenn man es so weit gebracht hat, dass einem eine solche Erscheinung zum objektiven Bild wird, (…) mit einer gewissen Gelassenheit (…) und nichts anderes dafür empfindet als Mitleid, dann (…) wird er alles Übrige mehr oder weniger richtig besorgen. (… Sie glauben gar nicht, wie gleichgültig es im Grunde genommen ist, was man als Erzieher oberflächlich redet oder nicht redet, und wie stark es von Belang ist, wie man als Erzieher selbst ist (…) und ein größeres und immer größeres Interesse entwickelt für das Mysterium der menschlichen Organisation überhaupt.“

Es folgt ein Exkurs über das Unvermögen der Psychiatrie und der Gesetzgebung, sich auf diese Methode einzulassen. Deshalb solle die Heilpädagogik nicht missionieren, sondern in ihren Kreisen wirken, wenn sie nicht in Kraft raubende Auseinandersetzungen mit der Gesellschaft und der Jurisprudenz geraten wolle.

4. Das Uhrmachergleichnis

R. Steiner führt aus, dass ein Mensch, der es im vorletzten Erdenleben zu einer großen Genialität gebracht habe, im darauffolgenden, also dem letzten Erdenleben vor dem jetzigen, durch eine frühe Einkerkerung nicht die Gelegenheit gefunden habe, seine nächste Inkarnation durch das Aufnehmen von Außeneindrücken vorzubereiten.

Dieser Mensch baue sich für dieses Erdenleben eine physische und ätherische Organisation auf, in die sein Ich und sein Astralleib nicht hineinpassen. Er werde verrückt. Um ein Verständnis für diesen Vorgang zu ermöglichen, gibt R. Steiner ein Gleichnis:

Wir haben einen sehr, sehr gescheiten Menschen vor uns, der (…) kein Uhrmacher ist. Aber er ist genötigt, sich seine Uhr, die stehengeblieben ist, selber zu reparieren. Es passiert ihm, dass er die Uhr (…) total zugrunde richtet. (…) Es ist ihm (…) aus Mangel an Beherrschung der Möglichkeiten, nicht aus Mangel an Gescheitheit, seine Gescheitheit gescheitert. So scheitert unter Umständen beim Heruntersteigen aus dem vorirdischen Dasein in das irdische Dasein die Genialität (…), nur dass sich eben das Scheitern nicht in so kurzer Zeit abspielt, sondern im ganzen Erdenleben.

(…) Das aber fordert uns erst recht auf, (…) diese Verrücktheit (…) zu nehmen für ein verzerrtes Abbild der höchsten Weisheit, für ein Toröffnen von Seiten der geistigen Welt, die eben nur durch verzerrte Ausgangsmittel hereinkommt.“

5. Das Eingreifen ins Karma

In der Heilpädagogik führen wir jenes Werk aus, das die Hierarchien (Götter/Engelwesen) ansonsten in der Zeit zwischen diesem und dem nächstfolgenden Erdenleben an den betreffenden Schülern/innen vollbracht hätten:

„Denken Sie sich nur einmal, man muss sich des Folgenden bewusst sein: Wenn man Seelenpflege bedürftige Kinder erzieht, greift man in dasjenige ein, was sich im naturgemäßen Gang (…) erst vollzieht, wenn das Kind durch die Todespforte gegangen ist und im nächsten Leben wiedergeboren wird (…). Bei jedem Behandeln (…) wird in das Karma eingegriffen, und selbstverständlich muss eingegriffen werden.“

6. Der esoterische Mut und die damit verbundene Meditation

Es werden Bedenken vorgetragen, ob es sich beim Eingreifen ins Karma nicht um schwarze Magie handle. R. Steiner dazu:

„Der Unterschied zwischen weißer und schwarzer Magie besteht lediglich darin, dass man in der weißen Magie eingreift in moralischer Art, in selbstloser Art, bei der schwarzen Magie auf unmoralische, auf selbstische Art. Einen andern Unterschied gibt es nicht.

(…) Aber es darf nicht vergessen werden: Jeder Schritt, der getan wird aus der geistigen Welt heraus, der führt den Menschen dazu, nach links, nach rechts zu blicken und stets einen neuen Entscheid durch den inneren Mut des Lebens herbeizuführen. Das gewöhnliche Leben zwischen Geburt und Tod, das bewahrt den Menschen vor der Notwendigkeit dieses inneren Mutes. Da kann er fortwährend das tun, (…) woran er sich gewöhnt hat. (…)

Aber wenn man zum Wirken aus dem Geistigen kommt, muss man sich täglich, stündlich vor Entscheidungen gestellt fühlen, bei jeder Tat sich vor die Möglichkeit gestellt fühlen, sie tun oder unterlassen zu können oder sich völlig neutral zu verhalten. Und zu diesen Entscheidungen gehört eben Mut, innerer Mut. (…) Und der erwacht nur, wenn man sich die Größe der Dinge immer vor Augen stellt:

Du tust etwas, was die Götter sonst tun im Leben zwischen Tod und nächster Geburt.

Führt man sich das jeden Tag meditierend vor die Seele, dass es so ist, wie man ein Gebet jeden Tag betet, (…) dann erzeugt das in uns die Verfassung des astralischen Leibes, die wir brauchen, um uns in der richtigen Weise dem Seelenpflege bedürftigen Kinde gegenüberzustellen.“ (Tafel 3, unten)

Der dritte Vortrag

1. Das Auffinden einer individuellen Behandlungsmethode

Bei einer im Kindesalter auftretenden Epilepsie sind aus der anthroposophischen Menschenkunde heraus effektive Therapiemöglichkeiten gegeben. Man müsse aber wissen, wie sich Ich-Organisation und Astralleib im Wachzustand gegenüber den physischen und ätherischen Kräften der Welt wie auch der eigenen Leibesorganisation verhielten.

2. Die Epilepsie

I. Ich-Organisation und Astralleib ergreifen die Kräfte des Physischen und des Ätherischen

Die Ich-Organisation tritt in Beziehung

zur Schwerkraft des festen Elements/ Erde (Pfeil auf Tafel 4, Aufhebung der Schwerkraft)

zum Auftrieb des wässrigen Elements (Tafel 4, rechts, die Gewichtsangabe zum Auftrieb des Gehirns)

Zur Dispersion des Luftelements (Formulierung nach Nick Blitz)

zur Strahlung (Formulierung nach Nick Blitz) des Wärmeelements (hier nur ein Teil, vermutlich eigene Körperwärme).

Der Astralleib tritt in Beziehung - zum Lebensäther (fest)

zum chemischen bzw. Klangäther (flüssig) - zum Lichtäther (Luft und Licht)

zur Wärme (vgl. Tafel 4, hier offenbar jener Teil, der im Umkreis des Menschen ist). Siehe Tafel fünf, links.

Erde, Wasser, Luft und Wärme bestehen aus Kräften, in die sich das Stoffliche einlagert. Die Kräfte sind das Element, der Stoff das Materielle.

II. Das Ziel der Entwicklung in den ersten beiden Jahrsiebten

Der Mensch muss mit Astralleib und Ich-Organisation sein eigenes Wesen durchdringen und in die irdischen und kosmischen Agenzien der Außenwelt hineinreichen können.

Vgl. dazu: Blitz, N.: Rudolf Steiners Verständnis der Epilepsie, in: Seelenpflege, 1/ 2016, S. 6-17.

III. Eine Randbemerkung zum psychophysischen Parallelismus

Dazu wird das Beispiel der visuellen Wahrnehmung gegeben. Hier vollzieht sich der Wahrnehmungsakt so, wie es sich die Physik vorstellt. Doch die Wahrnehmungsverarbeitung im Menschen wird falsch interpretiert. Man stellt sich diesen Akt wie einen physischen Vorgang (elektrische Reizleitung) vor, von dem auch das Seelische betroffen ist. Durch biochemische Vorgänge entstehen in der Folge Vorstellungen. Dagegen geht die anthroposophische Menschenerkenntnis davon aus, dass die Wahrnehmungen durch den Astralleib und die Ich-Organisation bewusst oder unbewusst aufgenommen, dann aber abgetötet und als Engramme im Körper eingelagert werden. Von dort können sie wieder auf Veranlassung von Astralleib und Ich-Organisation durch den Ätherleib herausgelöst, verlebendigt und im Gehirn als Bild widergespiegelt werden. Begleitet wird dieser im Wachzustand sich fortlaufend wiederholende Vorgang von jenen biochemischen und elektrischen Phänomenen, die von der Wissenschaft als das eigentliche Geschehen interpretiert werden. Auch ist es plausibel, dass sich im Gehirn bestimmte Areale befinden, die z. B. für die Sprache, das abstrakte Denken usw. als Spiegelungsinstrument geeignet sind. (s. u. Besprechung von Sandroe im sechsten Vortrag)

IV. Erstes Konstitutionsbild: Das Krampfgeschehen

Astralleib und Ich-Organisation bedürfen bei jedem Akt der Wahrnehmungsverarbeitung des von feinen Vibrationen begleiteten Schweifens durch die physisch-ätherische Organisation des Stoffwechsel-Gliedmaßenpols. Stellt sich nun eines der vier Hauptorgane (Lunge, Leber, Nieren, Herz) durch eine Verdichtung seiner Substanzen/ Stoffe diesem Schweifen in den Weg, stauen sich Astralleib und Ich-Organisation im betreffenden Organ. Sie können keinen Anschluss an die Außenwelt finden. Es entsteht Bewusstlosigkeit oder ein herabgedämpftes Bewusstsein. (Tafel 5 rechts mit den durchbrechenden roten Pfeilen).

Der Chemismus des betroffenen Organs ändert sich durch den Überschuss an Astralität. Dadurch kommt es zu feinen Infiltrationen von Stoffen, die das Milieu des Organs verändern. Damit spielt Steiner auf die intimen Vergiftungen von Patienten vor dem eigentlichen Anfallsgeschehen an (vgl. Treichler, R.:

Die Entwicklung der Seele im Lebenslauf,

S. 234).

Ich-Organisation und Astralleib können bei einem Stau nicht an die Außenwelt zum Zwecke des Wahrnehmens vordringen. Sie schoppen sich stattdessen an der Innenwand des betreffenden Organs zusammen. Der Mensch wacht zwar auf, aber ohne das Bewusstsein erlangt zu haben. Das ergibt Krämpfe, die sich im Gehirn widerspiegeln, dieses aber auch ggf. schädigen.

V. Die Stauungen in den vier meteoritischen Organen und die entsprechenden Therapien

Steiner beschreibt in der Folge die Stauungen der Ich-Organisation an den Wänden der vier meteoritischen Organe (Lunge, Leber, Nieren, Herz) und leitet daraus folgende Therapiemöglichkeiten ab:

a) Die gestörte Beziehung zum Erdenelement bzw. zur Schwerkraft (Lunge) führt zur „Fallsucht“ und zum völligen Verlust des Wachbewusstseins.

b) Bei einer beeinträchtigten Beziehung zum wässrigen Element (Leber) leiden die betroffenen Kinder außerdem unter Schwindel und Übelkeit.

c) Die beeinträchtigte Beziehung zum Luftelement, bedingt durch den Stau in den Nieren, äußert sich durch Absencen eintreten.

d) Schließlich kann das betroffene Kind an der gestörten Beziehung zur Außenwärme leiden – bedingt durch einen Stau im Herzen. Es ist entweder schnell unterkühlt, oder einzelne Körperpartien, wie zum Beispiel der Nacken, sind überhitzt.

Therapeutisch wirken folgende Maßnahmen, und zwar bezogen auf das zweite Lebensjahrsiebt:

a) Das Verhältnis zur Schwerkraft

Hier helfen Gleichgewichtsübungen. Das Ziel ist folgendes: „Sie machen (…) solche Bewegungen, in denen das Kind genötigt ist, die äußere Gleichgewichtslage beherrschen zu lernen. (…)“

Offenbar stellt die Zeichnung auf Tafel 5 unten rechts eine Hantel dar. Anstelle von Hanteln können heute Manschetten an den Armen und Beinen angelegt werden, ggf. Beschwerungswesten am Körper.

b) Das Verhältnis zum Wässrigen

„Man hat es zu tun mit dem Nichteinfügen-Können ins Wasserelement. Dann wird man gut tun, (…) dem Kinde (…) die Speisen so vorzubereiten, dass es die Speisen stark spürt. Äußerlich könnte man etwas erreichen, wenn man es schwimmen lernen lassen könnte.“

c) Das Verhältnis zur Luft

„Für die eigentlichen Bewusstseinstrübungen (…) sind dann sorgfältig regulierte Atemübungen nicht schlecht, um die Verbindung mit der Luft herzustellen.“ Aus der Unterrichtspraxis ergeben sich folgende Ergänzungen:

Durch rhythmisches Sprechen in Verbindung mit eurythmischen Bewegungen sowie durch häufiges Singen wird die flache, unregelmäßige Atmung harmonisiert. Freudig beteiligen sich die Kinder an kleinen Schauspielen/ Singspielen, die von Humor getragen sind.

d Das Verhältnis zur Wärme

„Und für den richtigen Zusammenhang mit der Wärme ist es nötig, dass man besonders epileptische Kinder daran gewöhnt, dass sie die Wärme fühlen. (…) Epileptische Kinder sollte man so anziehen, dass sie immer etwas neigen zum Schwitzen.“

2. Die Beziehung des Astralleibes zu den Ätherarten

a) Einleitende Bildgestaltung

Bei jener Epilepsie, die den Astralleib in seiner Beziehung zu den Ätherarten betrifft, treten Blockaden des Willens, Gewaltausbrüche, seelische Verstimmungen, Zwänge und/oder moralische Defekte auf. Dabei können sich die betroffenen Kinder in der Regel nicht an ihr Verhalten/ihre Taten erinnern.

Gegen diese Störungen werden in erster Linie Medikamente, wie u.a. Schwefel und Belladonna empfohlen. Ersteres wirkt inkarnierend in Bezug auf den Astralleib, das andere ist ein Mittel zur Entkrampfung.

b) Die Moralblindheit – Dazu Ausführungen zum Willen

Im Gegensatz zum Denken, das aus dem Weltenäther ‚gespeist‘ wird, ist der Wille des Kindes noch nicht nach kosmischen Korrektiven ausgerichtet. Er muss durch die Erwachsenen geschult werden – im ersten Jahrsiebt durch Nachahmung, im zweiten Jahrsiebt durch die Nachfolge gegenüber einer geliebten Autorität. Dabei erziehen die Eltern den Willen ihrer Kinder weniger durch Unterweisungen als durch ihre innere Haltung, die von den Kindern übernommen wird und gleichzeitig leibbildend wirkt.

c) Die Ursache der Moralblindheit

Wenn ein Kind das erste Lebensjahrsiebt hinter sich gelassen hat und die Nachahmung moralischer Haltungen nachlässt, tritt die Moralblindheit deutlich zutage. Denn dann müsste das Kind die moralischen Ideale in sich empfinden können. Dazu ist es aber nicht in der Lage. Rudolf Steiner beschreibt mit Blick auf Richard (8./9. Vortrag) eine der Ursachen:

„(…) Nun denken Sie sich einmal, der Embryo lagert so im Organismus, dass er (an den Schläfenlappen) zusammengedrückt und das Gehirn zu schmal gebildet wird für die ganze übrige Organisation. (…) Durch das zu schmal entwickelte Gehirn haben Sie jene Strahlungen, die (vom Gehirn auf die Milz und in der Folge als Wärmestrom auf das Herz übergehen und für das Verstehen moralischer Ideale) wichtig sind, gestört und gestaut.“

Der Astralleib kann also nicht jene Impulse auf den Willen übertragen, die moralische Prinzipien enthalten. Das Kind vernimmt die moralischen Prinzipien zwar, es kann sie aber nicht umsetzen bzw. in den Willen bringen. Moral wird gehört, aber nicht antizipiert.

d) Ein Beispiel zur Phrenologie

Steiner beschreibt, wie bei dem Dichter Johann Peter Hebel durch einen Schädelkundler (Phrenologen) zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine Kleptomanie diagnostiziert wurde. Hebel bestätigte die Diagnose und erklärte dem Phrenologen, dass er seine Kleptomanie durch dichterische Betätigung kompensiert habe. Steiner räumt ein, dass auf diesem Gebiet die Schädelkunde sinnvoll, ansonsten aber eine überholte Wissenschaft sei. Vgl. dazu die wiederentdeckte Tafelzeichnung zum achten Vortrag, auf der u. a. der Schädelumriss von Richard dargestellt ist (Uhlenhoff, 3. Aufl., S. 117).

Dazu sei bemerkt, dass nicht jeder Mensch mit einem schmalen Schädel als kleptomanisch zu klassifizieren ist. Auch muss nicht jeder Mensch mit einer Kleptomanie einen eingedrückten Schläfenlappen aufweisen. Entscheidend ist, ob Hindernisse vorliegen, die den Astralleib daran hindern, in die mittlere Organisation (Milz und Herz) vorzudringen.

e) Zur Kleptomanie

Steiner verweist darauf, dass man beim Kind sehr gut beobachten könne, wann eine Sammelleidenschaft in Kleptomanie umschlage. Er stellt dazu das Bild des Tieres, bei dem das Vorstellungsleben vollends in das Aufnehmen von Nahrung, also in den Stoffwechsel-Gliedmaßenbereich, hinabgerutscht sei. Das müsse bei den Kindern verhindert werden.

f) Hinweise zur pädagogischen Behandlung

„Mit innerer Lebendigkeit erfindet man Geschichten, wodurch dasjenige, was das Kind tut, im Leben ad absurdum geführt (als schädlich und widersinnig dargestellt) wird. Man erzählt ihm einen Fall von Stehlen und macht das (…) immer wiederum. Das greift tatsächlich in das Karma ein.

Da wirkt man auf dem Wege des Heilpädagogischen, (…) wenn man wirklich ganz dabei ist, wenn man sich ganz individuell interessiert, wie die Dinge gemacht werden.

Jeder Kleptomane ist außerordentlich interessant. Es sind ihm die Vorstellungseigenschaften bis in die Zehenspitzen, bis in die Fingerspitzen hineingerutscht.“

(eine Meditationsempfehlung zu den Gesten)

„Man muss in die Erzählungen unter Umständen Gesten hineinflechten, die der Kleptomanische gern macht. Man versetzt sich ganz in diesen Fall hinein, erfindet Legenden, Märchen, in denen diese Dinge ad absurdum geführt werden. Denken Sie die Dinge (…) immer weiter durch, Sie werden sehen, gerade dadurch kommen Sie auf diesem Gebiet durch die Diagnostik in die Therapie hinein.“

Der vierte Vortrag

1. Eingriffe ins Karma

„Man kann nicht sagen: ‚Das Karma ist so, und deshalb können wir nichts machen. ‘ – Wehrlos ist man nur gegenüber den von außen auf uns zustoßenden karmischen Ereignissen (Unfälle, Naturkatastrophen etc.). Sie sind als gegeben hinzunehmen. Alles andere kann gestaltet werden.“

2. Die vorgeburtliche Erziehung

Einen Schritt weiter geht Steiner im folgenden Abschnitt, in dem er den Einfluss der Mutter auf das Ungeborene verweist: Die vorgeburtlichen Einflüsse gehen von der Mutter aus. Ansonsten handelt es sich im Vorgeburtlichen um das Werk der Götter. (vgl. dazu: Hallen (2022): Innenwelt und Außenwelt, in: Perspectives (4), S. 50-59)

3. Das Mischungsverhältnis der Wesensglieder untereinander (Tafel 6 oben)

Das Mischungsverhältnis von Physisch-Ätherischem sowie Astralischem und Ich- Organisation ist bei einer Epilepsie in einzelnen oder mehreren Organen nicht so geartet, dass die Stöchiometrie stimmt (das Mengenverhältnis von Substanzen in einer bestimmten Einheit, wie bei einem Molekül). Steiner setzt diese Tatsache mit dem Gegensatz von Schwefelsäure (H2SO4) und schwefliger Säure (H2SO3) ins Bild. Dort kommen bei gleichen Substanzen unterschiedliche Stoffe zustande (Tafel 6 oben).

Auch erklärt er noch einmal die Bewusstseinstrübung, die durch ein Zuviel an Astralität und Ich-Organisation (zu starke Verdichtung) in einzelnen Organen für den ganzen Menschen eintritt.

Schließlich unterscheidet er zwischen bewusstseinshemmenden und bewusstseins-zulassenden Organen. Offen bleibt, ob er mit den Organen, die ein Bewusstsein zulassen, die vier meteoritischen Organe (Lunge, Leber, Nieren, Herz) meint und diese den anderen Organen gegenüberstellt, in denen bei einem Stau des Astralleibes nicht eine Bewusstseinseintrübung, sondern Schmerz auftritt.

4. Imagination zum Konstitutionsbild der sogenannten kindlichen Übersensibilität (Tafel 6)

a) Die der Epilepsie entgegengesetzte Geste

Bei der sogenannten Übersensibilität lässt die Oberfläche der Organe zu viel Astralität und Ich-Organisation durch (Tafel 6, links). Diese rinnen aus. Das betroffene Organ behält demnach nicht genug für den eigenen Bedarf an Bewusstsein erzeugender Astralität und Ich-Organisation zurück.

Das entspricht dem physischen Korrelat der Sekretion, die bei jedem Organ unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Man soll insbesondere die Schwitzverhältnisse bei den betroffenen Kindern beobachten, um den Grad und die Qualität des Austretens einzuschätzen.

b) Erwachsenen-Übersensibilität – sogenannte kindliche Übersensibilität (heute: Übersensibilität)

Im Folgenden grenzt Steiner die damals gebräuchliche Definition der Erwachsenen-Übersensibilität als einem geschlechtlich begründeten Irre-Sein vom der kindlichen Übersensibilität ab, die keinen sexuellen Bezug hat.

c) Das übersensible Kind erlebt die Außenwelt zu stark.

Das Kind steckt mit Astralleib und Ich-Organisation in den Gegenständen seiner Wahrnehmungen drinnen und erlebt dieses Drinnenstecken in seiner Seele (Resonanz) als ein seelisches Wundsein (Vergleich mit der durch eine Schürfwunde verletzten Haut). Dadurch entstehen Vorstellungen, die seelischen Schmerz verursachen. Der Wille ist dadurch von einer fortlaufenden Schmerzerwartung gehemmt. Damit ist die gesamte Sinnesverarbeitung verzerrt. Dieser Vorgang wird in vier Schritten dargestellt:

Die

Zappeligkeit

des Kindes ist ein Versuch, die drohende Begegnung mit dem Wahrnehmungsinhalt abzuwehren. Und doch muss der Astralleib des Kindes ausrinnen und den schmerzhaften Eindruck aufnehmen.

Das

Zurückschrecken und die Angst

ergeben sich als zweiter Schritt. Die Eindrücke sind zu stark, um das seelische Gleichgewicht zu finden.

Resignation

schleicht sich ein. Das Kind muss sich nun mit denjenigen Eindrücken auseinandersetzen, die in es eingedrungen sind. Der Wille, den es eigentlich zurückhalten will, schwärmt aus.

Im Ausrinnen schlägt die Depression in

Euphorie

um. Das führt zu jenen irrationalen, von Übermut getragenen Handlungen, die uns oft so rätselhaft erscheinen.

Steiner fasst diesen Vorgang in folgendem Satz zusammen:

„Ich will etwas tun: ich kann es eigentlich nicht; ich muss es aber doch tun - deshalb wird es anders, als es sein soll.“ (Tafel 6, rechts)

d) Es werden weitere Symptome beschrieben:

Bettnässen

Schwitzen

Leichenartiger Geruch innerhalb der auf einen Schock folgenden drei Tage.

e) Hinweise auf Behandlungsmöglichkeiten:

Schockwirkungen vermeiden – insbesondere die Lehrerzappeligkeit

Tempowechsel (um das methodisch durchzuführen, braucht man die Zeitspanne eines täglich stattfindenden Hauptunterrichts)

„sorgfältig beobachten, wie die Zustände von Depression und Maniewirkungen einander abwechseln“

(s.o. die vier Stufen)

daraufhin das Kind innerlich seelisch streichelnd begleiten, indem wir seine Stimmungen aufnehmen und sie innerlich bei uns bewältigen.

bei allen Handlungen mitwirkend, aber nicht eingreifend begleiten (Umgehen mit dem Unterbewussten durch seelisches Streicheln)

Selbsterziehung der Lehrperson.

Der fünfte Vortrag

I. Die Totalorganisation: Der obere und der untere Mensch (Tafel 7):

Rudolf Steiner rückt den ‚bipolaren‘ Menschen und die Anordnung der Wesensglieder in den Fokus:

Oberer Mensch

- Kopfpol: Ich innenliegend, das Physische außen. Geistig: Wachen, Tafel 7, (Kreis oben links)

Rhythmisches System:

Wechsel zwischen Einatmen (Herz: Diastole/ Gliedmaßen/Sympathie) und Ausatmen (Herz: Systole/Kopf/Antipathie). Geistig: Träumen.

Unterer Mensch

- Stoffwechsel-Gliedmaßenpol: Die Ich- Organisation lebt hier in der Peripherie, das Physische innen – Geistig: Schlaf (Tafel 7, rechter Kreis).

Kopf: vom Physischen zum Ich hin zentripetal

Gliedmaßenpol: vom Physischen im Inneren zum Ich im Äußeren entsprechend zentrifugal.

„Sehen Sie, jetzt haben wir zwei polarisch (…) entgegengesetzte Wesenheiten. (…)“

Es wird mit Blick auf die bewegungsarmen Kinder der Aspekt eingeschoben, demgemäß die Ich-Organisation und der Astralleib des Kopfes nicht in der Lage sind, in den verkümmerten Gliedmaßen-Stoffwechselbereich des unteren Menschen vorzudringen (Tafel 7, unten links, der verkümmerte untere Mensch).

1. Das menschliche Gedächtnis -

Die Resonanz besteht darin, dass Sinneseindrücke, die Ich und/oder Astralleib über den Kopf aufnehmen, über ein feines Vibrieren im unteren Menschen durch die dort in umgekehrter Anordnung befindlichen Astralleib und Ich-Organisation aufgenommen und als Eindruck eingelagert werden. Das Ich kann die Eindrücke nämlich nicht lange in der Kopforganisation behalten, da es ansonsten identisch mit ihnen würde.

Wenn erinnert wird, müssen die im Stoffwechsel-Gliedmaßensystem befindlichen Eindrücke wieder hervorgeholt, über das Blut verlebendigt und im Gehirn gespiegelt werden. (s.o.)

Die beeinträchtigte Beziehung zur Erinnerung (schwefelarm und schwefelreich - Tafel 7 links)

a) Schwefelarm/ eisenreich

Sind Ich- Organisation und Astralleib des Stoffwechsel-Gliedmaßenpols zu schwach, prägen sich die Eindrücke, die der obere Mensch entgegennimmt, nicht ein. Sie werden wieder nach oben zurückgestoßen.

Das Symptom für diese Konstitution ist die Schwefelarmut des Körpereiweißes. In Verbindung damit steht in der Regel eine starke Eisen-Einlagerung. Diese Kinder drohen mit den Eindrücken identisch zu werden und ihr Alltagsbewusstsein darin zu verlieren. Steiner beschreibt ein Kind:

„Wir haben ein Kind, das so organisiert ist. Wir haben ihm (…) eine Uhr gezeigt. Die hat es interessiert. (…) Jetzt beschäftige ich mich mit dem Kinde, fortwährend sagt es: ‚Die Uhr ist schön. ‘ - Kaum bin ich ein paar Worte weitergegangen, so sagt es wieder: ‚Die Uhr ist schön. ‘ –

(…) Bringen wir es nicht zustande, die schwache Gliedmaßen-Stoffwechselorganisation zu stärken, dann wird das auch immer stärker, dieses Zurückschlagen, und im späteren Leben tritt jene paranoische Erkrankung auf, die mit Zwangsvorstellungen verknüpft ist. (…)

Der Mensch weiß, dass sie sich ganz unrichtig hineinstellen in sein Seelenleben, er kann sie aber nicht abweisen. Warum kann es sie nicht abweisen? Weil da oben das bewusste Seelenleben ist, aber das unbewusste unten ist unbeherrscht, es stößt zurück gewisse Vorstellungen, und es treten Zwangsvorstellungen auf.

(…) Ein zu schwach ausgebildetes Stoffwechsel-Gliedmaßensystem ist dasjenige, welches verhindert, dass die Eiweißsubstanz im menschlichen Organismus die richtige Menge des Schwefels enthält. (…).“

b) Schwefelreich

Ist der obere Mensch zu schwach gegenüber der unteren Organisation, werden die Eindrücke zu stark absorbiert, so dass sie nicht mehr oder nur schwer zu erinnern sind. Das Symptom für diese Konstitution ist ein schwefelreiches Eiweiß, in dem die Eindrücke ‚versacken‘. Die äußeren Merkmale der sulfurischen bzw. schwefelreichen Kinder sind blaue Augen, hellblonde Haare und helle Haut, bis hin zum Albinismus.

„Dieses Verschwinden der Eindrücke in die Schwefelhaltigkeit hinein bewirkt in der Tat einen höchst unbefriedigenden Seelenzustand, weil es innerlich aufregt. Fein, gelinde regt es auf, macht den ganzen Organismus innerlich fein erbeben.“

Der Umgang mit schwefelarmen/eisenreichen und schwefelreichen Kindern:

a) Zur äußeren Gestalt

Rudolf Steiner erklärt, wie man durch reine Beobachtung zu einer Diagnose gelangt:

„Zunächst sehe ich mir das Kind an (…) und nehme eines der oberflächlichsten Symptome: die Färbung der Haare. Hat das Kind schwarze Haare, so werde ich nicht viel danach suchen, ob es schwefelreich sein könnte; denn wenn es schwarze Haare hat, kann es höchstens schwefelarm sein. (…) Und wenn sich dann noch zeigen wiederkehrende Vorstellungen, so muss ich woanders suchen als im Schwefelreichtum (sondern in der Schwefelarmut).

Habe ich aber ein blondes oder ein rothaariges Kind, so werde ich in der Richtung des Schwefelreichtums der Eiweißsubstanz suchen. Blonde Haare kommen von zu reichlichem Schwefel, schwarze Haare von Eisenhaltigkeit des menschlichen Organismus. So können wir bis in die physische Substantialitat hinein die sogenannten geistig-seelischen Abnormitäten verfolgen.“

b) Der Unterricht beim schwefelreichen Kind

R. Steiner empfiehlt den Lehrkräften, der inneren Aufregung dieser Kinder mit einer eigenen, aber bewusst gesteuerten Aufgeregtheit zu begegnen. Diese Aufregung darf aber nicht nach außen dringen, sondern äußerlich durch Ausgeglichenheit verdeckt werden.

Zur Stärkung der Kopforganisation empfiehlt Steiner das Ersinnen von Sprüchen, die im vierwöchigen Rhythmus gewechselt werden sollen. Die Lehrkraft wird aufgefordert, sich auf diese Weise meditativ mit dem Kind zu verbinden und über die vierwöchig wechselnden Sprüche (Mantren) heilend auf den Ätherleib des Kindes einzuwirken. (vgl. Tafel 8)

Es folgt – offenbar für die Ärzte – ein Einschub zum Charakter anthroposophischer Heilmittel und deren Anwendung.)

c) Einschub: Die Fallbeschreibung eines sulfurischen Jungen

„So hatten wir (…) in der Klasse, die Herr Killian hat, einen (…) sehr sonderbaren Kauz. Er war aufgeregt und apathisch zugleich. Jetzt ist er schon besser geworden. Als er in der dritten Klasse war - jetzt ist er in der fünften -, (…) zeigte sich seine Apathie darin, dass man nicht leicht etwas an ihn heranbrachte. Er (…) lernte langsam und schwer.

Aber kaum ging Herr Killian von der hinteren Bank weg und beugte sich vorn zu einem andern, flugs war der Feuerstein da und gab dem Herrn Killian eins hintendrauf. Und so war er zu gleicher Zeit innerlich willensmäßig ein Quecksilber, intellektuell ein apathisches Kind.“

Die Andacht zum Kleinen – die Meditationsempfehlung zu den Nasenformen

R. Steiner empfiehlt, sich nicht mit dem Standartwissen über medizinische und pädagogische Angelegenheiten zu begnügen, sondern das Begriffsvermögen durch eindringliche Beobachtungen, z. B. die von Nasenformen, zu erweitern. Sich in Details zu vertiefen, die bisher unbeobachtet blieben, regt das Ich an, den Begriff des Beobachtungsgegenstandes zu erweitern. Das öffne die Pforten zu einer lebendigeren Wahrnehmung der Begriffe.

Sprachliche Impulse (Mantren) als Therapie für schwefelarme Kinder

R. Steiner beschreibt, wie jenem Kind, dessen Fixierung auf eine Uhr er beschrieben hatte, diese Stereotypie ausgeredet bzw. „ausgeraunt“ werden kann. Dieses solle wie beiläufig, auch leise und in regelmäßigen Abständen geschehen. Dann habe das betroffene Kind die Chance, sich von der Fixierung zu befreien. Es folgt ein kurzer Exkurs zu Lehrern, die auf derartige Erscheinungen mit Donnern reagieren – was nichts hilft.

Diätetischen Empfehlungen für schwefelreiche und schwefelarme Kinder

Die schwefelreichen Kinder sollen Salziges und Wurzeliges speisen, um den oberen Menschen zu stärken (der Mensch als ‚umgekehrte Pflanze‘). Die schwefelarmen Kinder sollten Fruchtiges und Aromatisches speisen, damit der untere Mensch gestärkt werde.

Das Gegensatzpaar Bewegungsarm und Überbeweglich

a) Symptomatik

Bewegungsarme Kinder

Steiner spricht bei den bewegungsarmen Kindern von einem mangelhaften Durchdringen der höheren Wesensglieder durch den verhärteten physischen Leib (auch als schwache Perzeption bezeichnet) Die Folge ist eine Impulsschwäche:

„Das Kind bekommt also einen Eindruck in den Astralleib, der Astralleib kann die entsprechende Astralität des Stoffwechselsystems zwar anregen, aber diese Anregung geht nun nicht in den Ätherleib und namentlich nicht in den physischen Leib über. (… So besteht) der Drang, selbst wenn alle Bedingungen dazu da sind, nichts zu tun, nicht überzugehen zur Arbeit.“

Die sich daraus ergebende Impulsschwäche lähmt auch das Weltinteresse und infolge dessen auch die Sinnesaktivität ab. Das Kind stumpft insgesamt ab und wird als bewegungsarm eingestuft.

Überbewegliche Kinder

Bei diesen Kindern ist der Kopfpol zu schwach, um den unteren Menschen zu steuern. Das Vorstellungsleben schweift in die Glieder aus, ohne dass eine Reflexion von Vorstellungsinhalten stattgefunden hat:

„Wenn die Beine gar nicht abwarten, ob irgendeine Aufforderung erfolgt, wenn sie stattdessen immer laufen wollen, dann haben wir im Kinde die Anlage zum Maniakalischen. (…) Ein Kind, das fortwährend seine Finger bewegt, das alles anfasst, überall mit den Füßen herumschlägt, hat die Anlage, stark maniakalisch (…), tobend eventuell zu werden.

Nur bei gewissen, mit Geistigem verknüpften Tätigkeiten tritt das Maniakalische schwächer, aber besonders charakteristisch hervor. Denken Sie nur einmal (…): Ein Kind (…) eignet sich die Möglichkeit an, ein Gesichtsprofil zu zeichnen. Es kann gar nicht mehr aufhören damit. Überall, wo es einen Menschen sieht, möchte es sein Gesichtsprofil zeichnen. Es wird ganz mechanisch. (…) Und es lässt sich gar nicht davon abbringen.“

a) Die Therapie für beide Konstitutionsbilder

„Wenn Sie ein schwachsinniges (heute: bewegungsarmes) Kind vor sich haben, so haben Sie die Notwendigkeit, sein Stoffwechsel-Gliedmaßensystem überzuführen in die Beweglichkeit. Dadurch wird angeregt sein Geistiges. Lassen Sie es R L S I machen, (Tafel 8, rechts) und Sie werden sehen, wie günstig Sie auf das Kind wirken.

Haben Sie es mit einem maniakalischen Kinde zu tun, wissen Sie, wie es zusammenhängt mit dem Gliedmaßen-Stoffwechselsystem, lassen Sie es MN BP AU (Tafel 8 rechts) machen.“

Hinzu tritt die in diesem Vortrag gegebene Empfehlung, die Eindrücke bzw. die im Unterricht gegebenen Bilder verstärkt zu vermitteln: die Berge bergiger, die Flüsse flüssiger zu machen. Weitere Hinweise werden bei den Kinderbesprechungen gegeben.

Die Kindervorstellungen der Vorträge 6-11

Uhlenhoff veröffentlichte schon eingehend die Kindervorstellungen, indem er auch die Biographien der betroffenen Kinder und Jugendlichen einbezog. So kann hier auf die Schwerpunkte der pädagogisch-psychologischen Maßnahmen Bezug genommen werden.

A Der Waldorfunterricht

Sandroe (6./7. Vortrag):

Die Behandlung der Bewegungsarmut:

Bei Sandroe, der im sechsten und siebten Vortrag des HPK vorgestellt wurde, wurde eine mangelhafte Durchdringung des Stoffwechsel-Gliedmaßenpols durch Ich und Astralleib festgestellt.

Da eine frühkindliche Förderung nicht stattgefunden hatte, prägte sich diese Schwäche körperlich wie folgt aus:

Durch das Überwiegen von Sauerstoff gegenüber dem Stickstoff bei der Atmung wurde zum einen die Vorstellungskraft des Kindes beeinträchtigt. Das Gehirn bildete Partien, die das Vorstellungsleben spiegeln, nicht hinreichend aus. Zum anderen bildete sich eine Prognathie des Oberkiefers aus, die einen fehlenden Mundschluss nach sich zog.

Durch die „Felsennatur“ des physischen Leibes konnte der Astralleib nicht in den Stoffwechsel-Gliedmaßenpol vordringen. Stattdessen wich der Astralleib nach außen aus und bildete für die Wahrnehmung des damals Neunjährigen Tierformen aus. So behauptete Sandroe, ein Löwe zu sein. Außerdem zog nach R. Steiners Wahrnehmung in den an einem Finger heraushängenden Astralleib in Elementarwesen ein, mit dem sich der Junge unterhielt. (Kummer, 2. Teil, S. 2f.)

Die Entwicklung einer Unterrichtsmethode für Sandroe

Gertrud Langen war seit der Aufnahme Sandroes im KTI am 6. September 1923 mit der Erziehung des Jungen betraut. Drei Jahre später berichtete sie in der Zeitschrift „Natura“ über ihre Unterrichtserfahrungen mit dem Jungen. (Publ. Uhlenhoff, S. 37-40) Darin stellte sie zwar fest, dass die von ihr praktizierte Methode ausschließlich für den bewegungsarmen Sandroe kreiert worden sei, doch hatte sie dabei nicht berücksichtigt, dass ihr Vorgehen nach der Entwicklung des Menschen in den ersten vier Lebensjahrsiebten ausgerichtet war und deshalb einen Anspruch auf Allgemeingültigkeit hatte. (Hallen, Vierschritt, S. 18-33)

Allgemeines zur Haltung der Unterrichtsperson

Abgesehen von denjenigen Grundhaltungen, die sich für die Heilpädagogen*innen u. a. aus dem pädagogischen Gesetz ergeben, sollten die Lehrpersonen beim Unterrichten Folgendes beachten:

Alle Handlungen der Schüler*innen sind mit Interesse zu begleiten.

Die Aufmerksamkeit soll mithilfe des Gespräches über die mit ihm gemeinsam ausgeführte Tätigkeit geschult werden.

Dabei werden die Ziele dieser Tätigkeit mit den Schülern*innen besprochen und nach deren Vorstellungen ausgereichtet. Das wiederum führt implizit zur Anlage eines Gedächtnisses.

Gleichermaßen wird durch das Gespräch über die Zielsetzung und Ausführung die Sprache der Schüler*innen beweglicher und ihr Ausdrucksvermögen erweitert. (Grimm, Aufmerksamkeit, S. 6-17)

Beim Unterrichten wie auch bei der Planung des Unterrichts, entfaltet die Lehrkraft Enthusiasmus und Temperament, um die Schüler*innen zum Mitwirken anzuregen. So wirkt das Erzieherinnentemperament auf die Beweglichkeit des physischen Leibes, der Enthusiasmus stärkend auf die Ich-Organisation, und damit auf die Impulssteuerung. (GA 317, S. 90ff.)

Anbahnung der Unterrichtsfähigkeit durch die Schulung der Leiberfahrung und Aufmerksamkeit

Die erste Verordnung im KTI bestand darin, die Konzentration und Aufmerksamkeit des Jungen soweit zu schulen, dass man, wie schon im 5.Vortrag für bewegungsarme Kinder empfohlen, wenige Eindrücke an ihn heranführte und diese klar und übersichtlich gestaltete. Auch sollte sich seine Lehrerin einer auf die Interessen des Jungen bezogenen Bildhaftigkeit bedienen. So griff G. Langen Sandroes Vorstellung, ein Löwe zu sein, in der Weise auf, dass beim Formenzeichnen die „Krumme“ als Wasserstrahl dargestellt wurde, der den Durst des Löwen löschte. (Uhlenhoff, S. 35) Außerdem erlernte Sandroe das Stricken, und er aquarellierte gemeinsam mit seiner Lehrerin. (Ebda., S. 31f. u. 40ff.)

Vier Schritte der Unterrichtsorganisation

Erst nach diesen Anbahnungsmaßnahmen konnte G. Langen mit dem eigentlichen Waldorfunterricht beginnen. Sie organisierte diesen in vier Schritten, die sich an die Entwicklung der Hüllen in den ersten vier Lebensjahrsiebten orientierten:

Der physische Leib sollte durch die Schulung der Aufmerksamkeit als Instrument für die Wahrnehmung und deren Verarbeitung tauglich gemacht werden.

Der Ätherleib sollte durch die aktive Einbindung Sandroes in die Auseinandersetzung mit den Unterrichtsgegenständen als Träger der Lebensprozesse gestärkt werden.

Der Astralleib sollte durch Perspektivwechsel auf die Unterrichtsgegenstände in den Stand versetzt werden, als Träger der Lernprozesse die dazu erforderliche seelische Dynamik zu generieren.

Die Ich-Organisation sollte als Initiator der Kreativität und Identität stiftenden Seelentätigkeiten agieren. (Straube, Trauma, S. 1-4)

Diese Zielsetzung wurde durch folgende Unterrichtsschritte realisiert:

1. Präsentation eines lebendigen Bildes

Als Beispiel führte G. Langen die mit Bildern illustrierte Fabel vom Fuchs und Storch an. Sandroe lernte, Eindrücke aufzunehmen, die als Grundlage für das implizite Erinnern dienten.

2. Das lebendige Bild in Bewegung (implizites Lernen)

Die Fabel wurde durch G. Langen in ein kleines Theaterstück mit Kulissen und Verkleidung umgearbeitet und von ihr wie auch von Sandroe schauspielerisch dargestellt. Sandroe spielte beide Rollen, sowohl den Fuchs, wie auch den Storch – zuerst mit Unterstützung, später nahezu eigenständig. Bei diesem Schritt musste der Junge seine Aufmerksamkeit und sein Erinnerungsvermögen schon soweit schulen, dass er mit der Lehrerin interagieren konnte. Auch wurde darauf geachtet, dass die Empfindungen von Storch und Fuchs deutlich herausgearbeitet wurden. Durch das nachahmende Erlernen der Texte wurde die erste Anlage zu einem Gedächtnis gebildet.

3. Reflexion des Bildes

Die Reflexion der vermittelten Unterrichtsgegenstände wurde in Form von Rätseln in den Fokus gestellt. Sandroe wurde durch die Rätsel angeregt, sich von dem Gegenstand, mit dem er sich verbunden hatte, wieder zu lösen und ihn aus der Distanz zu betrachten wie auch begrifflich einzuordnen. Das förderte die seelische Beweglichkeit.

4. Kreativität aus Eigenmotivation

Durch die Rätsel angeregt, die ihm G. Langen gab, entwickelte Sandroe aus Eigenmotivation Rätsel für seine Lehrerin. Es kostete den Jungen zwar größte Mühe, den Prozess des kreativen Erfassens und Verwandelns von Begriffen in Rätsel zu vollziehen. Doch gelang es ihm auf sprachlich anspruchsvolle Weise. (Hallen, Vierschritt, in: Seelenpflege, 4/ 2018, S. 1833)

Die Anbahnungsmaßnahmen wie auch die vier Schritte der Unterrichtsorganisation dienten u. a. dem Aufbau einer Frustrationstoleranz, die es Sandroe ermöglichte, die durch seine Konstitution gegebenen Hindernisse zu überwinden und seine Kreativität zu entfalten. (vgl. Bericht in Uhlenhoff, S. 32-40)

Evaluation

Sandroe war mit Unterstützung in der Lage, die beschriebenen vier Schritte mit- und nachzuvollziehen wie auch den letzten Schritt auf die Stufe der Kreativität eigenständig und eigenmotiviert zu leisten. In der Folge konnte der Junge seine Aufmerksamkeit gezielt richten und ein Interesse an seinen Mitmenschen entfalten. Dagegen trat das Wahrnehmen der Tierformen und des Elementarwesens am eigenen Leibe zurück. Sandroes Assistenzbedarf bestand jedoch zeitlebens fort. (Uhlenhoff, S. 48-67)

Lothar (10. Vortrag)

Rechnen nach der Waldorfmethode als unterrichtstherapeutische Maßnahme

Zur Konstitution

Lothar war mit 16 Jahren auf dem Lauenstein aufgenommen worden. Obwohl er ein reges Interesse an seiner Umwelt hatte, fiel es ihm schwer, aufgenommene Eindrücke in Handlungsimpulse zu verwandeln. Bei einer Subtraktionsaufgabe brauchte er über eine Stunde, um die richtige Lösung zu finden. Die geschwächte Perzeption wurde auf eine Verhärtung der physisch-ätherischen Organisation zurückgeführt.

Resonanzübungen und Rechnen nach der Waldorfmethode

Damit Lothars Astralleib besser durch diese physisch-ätherische Organisation dringen konnte, empfahl R. Steiner folgende Maßnahmen für den Unterricht:

Wie bei Sandroe sollten die Erzieher*innen auch bei Lothar an die Interessen des Jungen anknüpfen und sie in den Unterricht einbeziehen. (GA 317, S. 137-140)

Er sollte mit einem zwischen den Zehen geklemmten Stift bzw. Pinsel schreiben bzw. malen. Dabei wurde er angehalten, seine Aktionen intensiv zu beobachten, um ein Bewusstsein davon wie auch eine Freude daran zu entfalten. (GA 317, S. 139f.) Diese Maßnahme ist eine praktische Ausführung jenes Hinweises aus dem fünften Vortrag, der auf die Resonanz zwischen Kopf- und Gliedmaßenpol abzielte. (Ebda., S. 79)

Das Subtrahieren nach der Waldorfmethode (Auffinden des Minuenden bei Angabe des Ergebnisses und des Subtrahenden) zielte gleichermaßen auf eine Stärkung des Astralleibes ab, da das Auffinden des Minuenden die seelische Beweglichkeit stärker anregt als die Subtraktion des Minuenden vom Subtrahenden.

Evaluation

Lothar konnte später eine Ausbildung als Büroangestellter absolvieren. Auch war er zeitweilig beruflich tätig. Später traten epileptische Krampfanfälle auf, die ihn gesundheitlich wie auch seelisch stark beeinträchtigten. (Uhlenhoff, S. 179-86)

Karl (10. Vortrag)

Anfangsunterricht und altersentsprechende Behandlung

Zur Konstitution

Der damals sechzehnjährige Karl litt unter einer Anfallsepilepsie und war wegen seiner Unruhe und fehlenden Impulskontrolle noch vor der Umwandlung des Heims auf dem Lauenstein in eine anthroposophisch orientierte Einrichtung auf Betreiben seiner damaligen Lehrerin, Fr. Feuerstein, kastriert worden. Dadurch wurde seine ohnehin retardierte seelische Entwicklung noch mehr gehemmt. (Uhlenhoff, S. 187f.)

Pädagogisch- psychologische Hinweise

R. Steiner riet, den Jungen nach den Prinzipien des Anfangsunterrichts in den Waldorfschulen zu unterweisen, damit seine Förderung an jenem Punkt aufgegriffen und vorangetrieben werden könne, an dem er sich in seiner Entwicklung befinde. Dadurch sei die Möglichkeit gegeben, das Karl über die Nachreifung seines Ätherleibes das Autoritätsprinzip erleben und seine Aufmerksamkeit an der Umgebung wecken könne.

Andererseits sollte Karl, seinem Alter entsprechend, an die Begegnung mit der Außenwelt herangeführt werden, indem man ihn „fortdauernd“ beschäftigte (wahrscheinlich Arbeiten im Garten und im Haus). Diese Maßnahme diente der Stärkung der Eigenwahrnehmung und infolgedessen der Impulskontrolle.

Außerdem wurde eine Maltherapie empfohlen, damit er in diese Tätigkeit seine durch die Kastration erzeugte innere Erregbarkeit hineinlegen konnte (s.u.). (GA 317, S. 141f.)

Evaluation

Es gelang den Erziehern*innen vom Lauenstein nicht, Karl in eine sinnstiftende Tätigkeit einzubinden. Er zerstörte vieles in Haus und Garten, seine innere Erregbarkeit milderte sich aber soweit ab, dass er umgänglicher wurde. (Uhlenhoff, S. 191)

Erna (10. Vortrag)

Schauspiel und Waldorfunterricht zur Verbesserung der Perzeption

Zur Konstitution Ernas

Die leibbildenden Kräfte des Astralleibes der damals fünfzehnjährigen Erna hatte im vierten Lebensjahr infolge einer fiebrigen Erkrankung eine „Verkümmerung“ erlitten. Daraus resultierten körperliche Deformationen – u. a. die wulstartige Ausbildung der Lippen und die Unförmigkeit des Rumpfes wie auch der Gliedmaßen. Psychisch rief diese Verkümmerung eine erschwerte Wahrnehmungsverarbeitung und ein entsprechend beeinträchtigtes Vorstellungleben hervor. Da Erna infolgedessen kaum ein Interesse an der Außenwelt entfalten konnte, verfiel sie auf den Genuss von Süßspeisen. Sie hatte bis zum Frühjahr 1924 eine Förderschule (damals „Hilfsschule“) besucht und konnte lesen, schreiben sowie im Zahlenraum bis 1000 rechnen.

Pädagogisch-psychologische Maßnahmen

Im HPK wurde der marginale Hinweis gegeben, dass Ernas Interessen „beweglicher“ gemacht werden sollten. Dadurch werde der Astralleib aus seiner Verkrampfung und Verkümmerung gelöst und angeregt, stärker in die physisch-ätherische Organisation einzugreifen. (GA 317, S. 152)

Evaluation

Ein Foto aus dem Jahre 1928 belegt, dass die im HPK gegebene Anregung durch die schauspielerische Aufarbeitung von Unterrichtsinhalten aufgegriffen wurde. (Uhlenhoff, S. 197) Das entsprach dem Ansatz G. Langens, die der Vermittlung von Unterrichtsinhalten über eine phantasievolle Darstellung im zweiten Schritt die schauspielerische Darstellung dieser Inhalte durch die Schüler*innen selbst nachschaltete. (Hallen, Vierschritt, S. 21)

Erna arbeitete in verschiedenen sozialtherapeutischen Einrichtungen als betreute Hilfskraft im Küchen- und Haushaltungsbereich.

Kurt (11. Vortrag)

Die Behandlung von Kurts Wahrnehmungsverarbeitungs-Störung durch die Verlebendigung seiner Handschrift

Rudolf Steiner schrieb Kurt eine „KinderÜbersensibilität“ zu. (Frielingsdorf, S. 39-49) Doch beschränkte sich Kurts Leiden nicht allein auf das Ausströmen des Astralleibes aus den meteoritischen Organen, wie es im vierten Vortrag eingehend beschrieben wurde, sondern auch auf seine Kopforganisation. (Schöffler, S. 8-28) Das wirkte sich auf die visuelle Wahrnehmung dergestalt aus, dass Kurts Ich-Organisation beim Sehen von innen an den Astralleib stieß. Infolge dessen nahm er dieses Wesensglied in verschiedenen Farbspektren wahr. (Müller-Wiedemann, H., S. 16-24, Holtzapfel, W.: Kinder, Bd. II, S. 28-52, Dahlhaus, W. J., S. 322-334)

Was im HPK nicht ausgeführt wurde, ist zu vermuten: Dem zu starken Ausrinnen des Empfindungsleibes lag eine Schwäche des Lebenssinns zugrunde, denn Kurt verfügte nicht über die sensomotorischen Grundlagen, seine unregelmäßig verlaufenden visuellen Wahrnehmungen zu steuern bzw. zu unterdrücken. Das beeinträchtigte aber nicht allein die Wahrnehmung sondern auch die Wahrnehmungsverarbeitung und damit die Beweglichkeit des Vorstellungslebens. (Wispler, R.: In: Spektrum Autismus, S. 155-186.)

Astralleib und Ich-Organisation waren in diese Konstitution soweit eingebunden, dass eine regelmäßige seelische Entwicklung beeinträchtigt war. Kurt fixierte sich so intensiv auf das „Farbensehen“, dass er noch als Erwachsener dem Zwang unterlag, das Betrachten von farbigen Spektren herbeizuführen (s.u. Evaluation).

Pädagogische Maßnahmen:

Der Waldorfunterricht und die Verlebendigung der Handschrift

Zur Schulung der Wahrnehmung und Konzentration wurden die Lehrkräfte angewiesen, Kurt eine lebendigere und beweglichere Handschrift beizubringen. Kurt schrieb in der nach dem Graphologen „Sütterlin“ bezeichneten Form der deutschen Fraktur. Die Fraktur leitete aber zum mechanischen Schreiben an.

Kurt sollte aber seine Handschrift plastizieren bzw. modellieren. (GA 233a, S. 96f) Diese Anweisung korrespondiert mit Steiners Empfehlung, insbesondere bei der Einführung der Buchstaben durch eine bildgeleitete Darstellung jene Kräfte des Ätherleibes anzuregen, die zu einer Stärkung des Lebenssinns führen.

Bei Kurt sollten dadurch jene ätherischen Kräfte mobilisiert werden, die dem Astralleib ein Widerlager boten und sein zu starkes Hinausschnellen aus den körperlichen Grundlagen und damit ein Sich-vor-die-Ich-Organisation-Schieben verhinderten. (GA 293, S. 165f. u. Wispler, ebda., S. 162-176, Müller-Wiedemann, ebda., S. 84-95)

Evaluation:

Ein Brief des erwachsenen Kurt an seinen ehemaligen Lehrer Pickert belegt, dass er die lateinische Handschrift erlernt hatte. (Uhlenhoff, S. 245) Außerdem konnte Kurt – wenn auch eingeschränkt – seine Wahrnehmungen wie auch seine Impulse selbst steuern. Indes bestand weiterhin der Assistenzbedarf wie auch Kurt seine Fixierung auf das Beobachten on Farbspektren in Glasscherben beibehielt. (Uhlenhoff, S. 233-45)

Karlheinz (11. Vortrag) und Richard (8./9. Vortrag)

Der Unterricht für die unter Kleptomanie und Moralblindheit leidenden

Zur Konstitution der beiden Jungen

Bei Richard und Karlheinz verhinderte der Stau des Astralleibes im Kopfbereich dessen Vordringen in das rhythmische System und damit das Erfassen moralischer Impulse. Gleichermaßen verursachte dieser Stau auch Aufmerksamkeitsstörungen und eine reguläre Impulskontrolle. Die Folgen waren eine „Moralblindheit“ sowie eine damit verbundene Kleptomanie und Konzentrationsstörungen.

Bei Richard verwies R. Steiner darüber hinaus auf die Abhängigkeit des Astralleibes von einer aus dem Stoffwechsel-Gliedmaßenpol aufsteigenden Wunschnatur mit entsprechend negativen Zielsetzungen. Bei Karlheinz lag außerdem eine Ich-Schwäche mit geringer Eigenwahrnehmung vor. (Kummer, MPK 55 2010, S. 74)