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Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! »Das war doch Absicht, Mister Parker«, empörte sich Lady Agatha, als die Lederkugel haarscharf an ihr vorbeizischte und irgendwo im leeren Zuschauerraum einschlug. Die ältere Dame und Josuah Parker standen am Spielfeldrand eines Fußballstadions, das dem FC Sporting London gehörte. Es war kurz vor Mittag, und die Profis des Vereins vergossen auf dem Rasen ihren Trainingsschweiß. Einer von ihnen, ein gewisser Tom Sullivan und seines Zeichens der Goalgetter des Clubs, war so leichtsinnig gewesen, einen Torschuß zu verziehen und ungewollt Agatha Simpson zu gefährden. Mylady nahm nur zu ungern diese »Herausforderung« an, sah sich kurz um und angelte einen in der Nähe liegenden Ersatzball. Sie legte ihn zurecht und holte weit aus. Da sie über eine beachtliche Schuhgröße verfügte, gelang es ihr auf Anhieb den Ball zu treffen und auf seine Flugbahn zu katapultieren. Die trainierenden Profis, die Lady Agathas Einsatz belustigt kommentierten, spritzten plötzlich auseinander oder ließen sich der Einfachheit halber zu Boden fallen. Der abgefeuerte Ball näherte sich nämlich in rasanter Fahrt und schien die Absicht zu haben, sie kollektiv niederzumähen. Torjäger Tom Sullivan reagierte einen Sekundenbruchteil zu spät, was sich als folgenschwer herausstellte. Die Lederkugel traf ihn am Kopf, zog den Scheitel kräftig nach und vermittelte dem Mann das Gefühl, von einem fliegenden Hammer erwischt worden zu sein. Sullivan beschloß daraufhin, in Ruhe darüber nachzudenken und legte sich zu diesem Zweck flach auf den Rasen, um sich einer kleinen Unpäßlichkeit hinzugeben. Lady Agatha zeigte sich äußerst angetan von ihrer Treffsicherheit. »Na, war das ein Schuß, Mister Parker? Ich hoffe, Sie haben gut aufgepaßt«, strahlte sie. »In der Tat, Mylady, eine bemerkenswerte sportliche Leistung. Allerdings dürfte sich der Spieler eine leichte Gehirnerschütterung zugezogen haben, wenn meiner bescheidenen Wenigkeit dieser Hinweis gestattet ist.«
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»Das war doch Absicht, Mister Parker«, empörte sich Lady Agatha, als die Lederkugel haarscharf an ihr vorbeizischte und irgendwo im leeren Zuschauerraum einschlug.
Die ältere Dame und Josuah Parker standen am Spielfeldrand eines Fußballstadions, das dem FC Sporting London gehörte. Es war kurz vor Mittag, und die Profis des Vereins vergossen auf dem Rasen ihren Trainingsschweiß. Einer von ihnen, ein gewisser Tom Sullivan und seines Zeichens der Goalgetter des Clubs, war so leichtsinnig gewesen, einen Torschuß zu verziehen und ungewollt Agatha Simpson zu gefährden.
Mylady nahm nur zu ungern diese »Herausforderung« an, sah sich kurz um und angelte einen in der Nähe liegenden Ersatzball. Sie legte ihn zurecht und holte weit aus. Da sie über eine beachtliche Schuhgröße verfügte, gelang es ihr auf Anhieb den Ball zu treffen und auf seine Flugbahn zu katapultieren. Die trainierenden Profis, die Lady Agathas Einsatz belustigt kommentierten, spritzten plötzlich auseinander oder ließen sich der Einfachheit halber zu Boden fallen.
Der abgefeuerte Ball näherte sich nämlich in rasanter Fahrt und schien die Absicht zu haben, sie kollektiv niederzumähen. Torjäger Tom Sullivan reagierte einen Sekundenbruchteil zu spät, was sich als folgenschwer herausstellte.
Die Lederkugel traf ihn am Kopf, zog den Scheitel kräftig nach und vermittelte dem Mann das Gefühl, von einem fliegenden Hammer erwischt worden zu sein. Sullivan beschloß daraufhin, in Ruhe darüber nachzudenken und legte sich zu diesem Zweck flach auf den Rasen, um sich einer kleinen Unpäßlichkeit hinzugeben.
Lady Agatha zeigte sich äußerst angetan von ihrer Treffsicherheit. »Na, war das ein Schuß, Mister Parker? Ich hoffe, Sie haben gut aufgepaßt«, strahlte sie.
»In der Tat, Mylady, eine bemerkenswerte sportliche Leistung. Allerdings dürfte sich der Spieler eine leichte Gehirnerschütterung zugezogen haben, wenn meiner bescheidenen Wenigkeit dieser Hinweis gestattet ist.«
Josuah Parker stand seitlich hinter seiner Herrin und war das Urbild des hochherrschaftlichen englischen Butlers. Zu einem schwarzen Zweireiher trug er ein blütenweißes Hemd mit Eckkragen und schwarzem Binder, darüber einen ebenfalls schwarzen Covercoat und auf dem Kopf die Melone gleicher Farbe.
Am linken Unterarm baumelte ein korrekt gerollter Schirm, der jedoch mehr war als nur gewöhnlicher Regenschutz. Parker hatte ihn zu einer Waffe umfunktioniert, die einige Überraschungen barg.
Mancher Gangster hatte dies in der Vergangenheit schon festgestellt.
Parker hielt sich meist steif und aufrecht, als habe er einen Ladestock verschluckt. Sein glattes, unbewegtes Gesicht zeigte keinerlei Regung, während er mit Lady Agatha sprach.
»Also wirklich, so was nennt sich nun Profisportler«, beschwerte sich die passionierte Detektivin und schaute mißbilligend auf den Stürmer, um den sich inzwischen einige Betreuer bemühten. »Es ist wirklich nicht zu glauben, wie verweichlicht unsere Jugend ist, Mister Parker.«
»Eine gewisse Wehleidigkeit müßte möglicherweise eingeräumt werden, Mylady«, bestätigte Parker und beobachtete, wie der Stürmerstar auf eine Trage gelegt und weggebracht wurde.
»War das nötig, Mylady?« erkundigte sich ein etwa sechzigjähriger, korpulenter Mann und musterte sie aus zusammengekniffenen Augen vorwurfsvoll. »Tom Sullivan ist ein ungemein wichtiger Spieler für uns, ich hoffe, er fällt uns nicht für die nächste Begegnung aus.«
Bei dem Sprecher handelte es sich um Lord Arthur Finton, Präsident und Mäzen des FC Sporting London, der Mylady hergebeten hatte, weil er sich Problemen gegenüber sah, mit denen er nicht fertig wurde.
»Ihr Stürmer scheint mir etwas schwächlich zu sein, mein lieber Arthur«, gab die Lady kopfschüttelnd zurück. »So ein harmloser Schuß kann doch keine solche Wirkung haben.«
»Sprechen wir nicht mehr darüber, war schließlich nur ein Versehen«, winkte Finton ab. »Ich habe andere Sorgen, deshalb habe ich Sie nämlich eingeladen.«
»Das war kein Versehen, sondern ganz einfach ein Meisterschuß«, belehrte ihn Agatha Simpson und hieb ihm herzhaft auf den Rücken. Der Lord zuckte zusammen und starrte sie indigniert an.
»Nun aber zu Ihrem kleinen Problem, wenn ich bitten darf«, fuhr Mylady mit grollender Stimme fort. »Ich will nicht hoffen, daß Sie mich wegen einer Lappalie hergebeten haben, Arthur. Ich bin eine vielbeschäftigte Frau und befasse mich nur mit außergewöhnlichen Fällen. Mister Parker wird Ihnen das bestätigen.«
»Mylady hat sich in dieser Hinsicht einen unübertrefflichen Ruf erworben«, gab Josuah Parker gemessen zu.
»Gehen wir doch in mein Büro, da kann ich Ihnen auch einen anständigen Drink anbieten«, schlug Arthur Finton vor und deutete in Richtung Clubhaus.
»Eine ausgezeichnete Idee«, fand die Detektivin und setzte sich in Bewegung. Eine Einladung schlug sie nie aus, gleich von wem.
*
Der Raum strahlte gediegene Eleganz und Wohlhabenheit aus. Es gab massive Mahagonimöbel, dazu passende rotbraune Ledersessel und einen farblich darauf abgestimmten, dicken Perserteppich, in dem die Füße versanken. Lord Finton geleitete Lady Agatha zur Sitzgruppe in der Ecke und wandte sich dann der Bar zu, die neben seinem Schreibtisch in der Wand eingebaut war. Inzwischen musterte die ältere Dame interessiert die vielen, in einer Vitrine ausgestellten Pokale, die vom Erfolg des Vereins zeugten.
»Haben Sie eine Ahnung vom Fußball, Mylady?« begann Finton, während er ihr ein Glas reichte.
Lady Agatha musterte wohlwollend ihren Gastgeber.
»Grundsätzlich habe ich von allem eine Ahnung, mein lieber Arthur«, verkündete sie, »vom Fußball jedoch ganz besonders. Mein verblichener Gatte pflegte mich zu wichtigen Spielen mitzunehmen. Sie sehen also, Ihre Sorgen sind bereits so gut wie behoben.«
Sie nahm einen tiefen Zug aus ihrem Glas und nickte dem Lord zufrieden zu. Sie glaubte genau das, was sie sagte. Für sie gab es kein Problem, das eine Lady Simpson nicht im Handumdrehen löste.
Finton atmete sichtlich auf und straffte sich. »Das freut mich zu hören, Mylady. Dann können Sie sicher auch etwas mit dem Begriff ›Ablösesumme‹ anfangen?«
»Aber natürlich, Arthur! Was soll die Frage?« gab Lady Agatha prompt zurück und runzelte mißbilligend die Stirn. »Mister Parker, sagen Sie dem Lord, was mir zu diesem Begriff einfällt«, wandte sie sich an ihren Butler und sah in gespannt an.
»Mylady wissen natürlich, daß damit jener Betrag gemeint ist, der beim Vereinswechsel eines Spielers an den bisherigen Club zu zahlen ist«, reagierte Parker prompt. »Dabei kann es sich um ansehnliche Summen handeln, die der neue Verein an den alten zu entrichten hat.«
»Ach, tatsächlich?« staunte Agatha Simpson, die das natürlich nicht gewußt hatte. »Ist das nicht eigentlich eine Art Menschenhandel?«
»Manche sehen es in der Tat so, Mylady«, gab ihr Parker recht.
»Aber auf gar keinen Fall, meine liebe Agatha«, ereiferte sich daraufhin der Lord. »Das ist eine uralte und in den Statuten ausdrücklich festgeschriebene Praxis. Ohne Ablösegelder, die die Vereine für den Wechsel ihrer Spieler zu einem anderen Club erhalten, gäbe es schon längst keinen Profifußball mehr, weil die Clubs ohne solche Einnahmen gar nicht existieren könnten.«
»Trotzdem ist es Menschenhandel«, blieb Lady Agatha hartnäckig. »Die Vereine müssen eben besser wirtschaften, um nicht finanziell ins Schleudern zu geraten. Habe ich nicht recht, Mister Parker?«
»In der Tat, Mylady. Zumal die Vereine die vereinnahmten Ablösegelder dazu verwenden, um wieder selbst neue Spieler zu verpflichten – wiederum gegen hohe Ablösesummen. Ein System, das man sehr treffend als Teufelskreis bezeichnen darf«, gab Parker würdevoll zurück.
»Da hören Sie’s, Arthur, Mister Parker hat genau das ausgedrückt, was ich über die Sache denke«, freute sich die ältere Dame und nickte gedankenverloren, während sie ihr Glas leerte.
»Nun ja, wir wollen nicht darüber streiten, Mylady.« Arthur Finton räusperte sich und ging zur Bar, um Myladys Glas zu füllen. Dann nahm er gegenüber in einem schweren Sessel Platz und sah sie verzweifelt an. »Ich hoffe, Sie können mir und meinen Kollegen helfen, Mylady, sonst wissen wir nicht mehr weiter. Man erpreßt uns«, gestand er und wischte sich mit einem Tuch über die nasse Stirn.
»Sehr schön«, freute sich Agatha Simpson, »das hört man gern.«
»Wie bitte?« Der Lord verstand nicht ganz und sah sie konsterniert an.
»Mylady meinen, daß sich Mylady gerne dieses Falles annimmt und ihn kurzfristig zu lösen gedenkt«, übersetzte Parker die Äußerung seiner Herrin, ohne eine Miene zu verziehen.
Erst jetzt schien der Lord den Butler richtig wahrzunehmen. Er räusperte sich und sah mißbilligend in Parkers Richtung, dann wieder auf Lady Agatha.
»Eigentlich hätte ich Sie lieber unter vier Augen gesprochen, Agatha«, bemerkte er und blickte erneut und unmißverständlich auf Parker.
»Falls Sie Mister Parker meinen, Arthur, der bleibt selbstverständlich hier. Er genießt mein vollstes Vertrauen und geht mir bei der Lösung meiner Fälle zur Hand. Er wird Ihnen jetzt in meinem Auftrag einige Fragen stellen, und ich erwarte, daß Sie ihm deutlich und wahrheitsgemäß antworten. Wagen Sie nicht, ihn zu belügen, ich würde es sofort merken«, gab Lady Agatha genüßlich zurück. Sie liebte es, Angehörige des Adels vor den Kopf zu stoßen und deren Standesdünkel gehörig zuzusetzen.
Arthur Finton zuckte zusammen und sah Parker resigniert an. »Na schön, fragen Sie, wenn es denn sein muß«, murmelte er und machte dabei einen ausgesprochen unglücklichen Eindruck. Es ging ihm ganz eindeutig gegen den Strich, sich als waschechter Lord von einem Butler befragen zu lassen, aber er hatte keine Wahl.
Agatha Simpson, die das natürlich bemerkte, lächelte zufrieden vor sich hin und widmete sich ganz ihrem Cognac. Sie vertraute auf ihren Butler und darauf, daß er die richtigen Fragen stellte – ihr selbst wären sie nämlich nicht eingefallen. Später natürlich würde sie Parker lediglich als ihr Sprachrohr bezeichnen. Eine Lady Simpson wußte schließlich um ihren Wert und pflegte ihr Licht nicht unter den Scheffel zu stellen.
*
Man war wieder in Shepherd’s Market. In der großen Wohnhalle hatten sich außer der Lady und Josuah Parker noch Kathy Porter, Myladys Sekretärin und Gesellschafterin, sowie Mike Rander, ihr Anwalt und Vermögensverwalter, eingefunden.
Mike Rander, ein stets etwas lässig wirkender, schlanker Mann um die Vierzig und an einen bekannten James Bond-Darsteller erinnernd, faßte noch mal zusammen.
»Lord Finton und einige seiner Präsidenten-Kollegen werden also von einer Gangsterbande erpreßt, die Spieler, die zur neuen Saison den Verein wechseln wollen, gesundheitlich so zu schädigen droht, daß aus dem geplanten Wechsel nichts mehr wird, weil der neue Club natürlich Wert auf gesunde und voll einsetzbare Profis legen muß. Dadurch entgeht dem alten Club des wechselwilligen Spielers aber auch die Ablösesumme, die von Fall zu Fall zwar schwankt, jedoch immer von beträchtlicher Höhe ist. Dieser Bedrohung können die Vereine entgehen, indem sie einmalige Beträge zwischen hundert- und dreihunderttausend Pfund bezahlen. Richtig so?«
»Sir, Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen. Ein ebenso einträgliches wie neues und verachtenswertes Geschäft«, gab Josuah Parker würdevoll zurück.
»Wissen Sie eigentlich, wie hoch die sogenannten Ablösesummen sind, mein Junge? Da geht’s um Millionen von Pfund, das muß man sich mal vorstellen! Ich erwäge ernsthaft, mir auch einen oder zwei Fußballclubs zuzulegen. Sie sollten schon mal die Rechtslage für mich prüfen«, ließ sich Agatha Simpson vernehmen.
»Klingt wie Menschenhandel«, warf Kathy Porter ein und wiederholte damit genau das, was die ältere Dame bereits in Lord Fintons Büro dazu geäußert hatte.
»Unsinn, Kindchen, das ist in dieser Branche halt üblich«, bemerkte Mylady. »Warum also soll ich mir ein solches Geschäft entgehen lassen? Ich muß schließlich auch mal an mich denken, meine Mittel sind nicht grenzenlos.«
»Myladys Mittel dürften noch für einige Jährchen reichen, wenn auch geradeso eben«, lächelte Mike Rander, der als ihr Vermögensverwalter über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse Bescheid wußte. Die Lady galt nicht umsonst als eine der reichsten Frauen der Insel.
»Hat man Lord Finton gegenüber bereits konkrete Drohungen ausgesprochen oder ist man bisher in mehr allgemeiner Form an ihn herangetreten?« wollte Kathy Porter wissen.
»Man ist sehr konkret geworden, Miß Porter«, erläuterte Parker gemessen.
»Zum Saisonwechsel möchte Mister Tom Sullivan, der beste Stürmer des Vereins, ein Engagement in Glasgow annehmen. Die Ablösesumme dürfte zwei Millionen Pfund betragen. Für den Fall, daß Lord Fintons Club nicht eine sogenannte Versicherungsprämie in Höhe von zweihunderttausend Pfund bezahlt, droht man, Mister Sullivans Laufbahn durch einen tragischen Unglücksfall zu beenden.«
»Wozu es natürlich nicht kommen wird«, warf Lady Agatha ein. »Zu seinem Glück war der Lord so vernünftig, mich um Hilfe zu bitten. Ich denke, ich werde den Fall innerhalb weniger Tage lösen, einfach genug ist er ja.«
Sie lehnte sich zufrieden zurück und sah entschlossen in die Gesprächsrunde.
»Mylady haben bereits gewisse Pläne, wie der vorliegende Fall behandelt werden sollte?« erkundigte sich Josuah Parker höflich.
»Selbstverständlich, Mister Parker, Sie kennen mich doch! Aber keine Angst, Sie dürfen sich auch Ihre Gedanken dazu machen, ich gebe Ihnen die Chance, eigene Vorschläge zu unterbreiten. Ich bin gespannt, was dabei herauskommt.«
»Mylady sind zu gütig und von nicht zu übertreffender Großzügigkeit«, bedankte sich Parker und verbeugte sich gemessen. »Meine bescheidene Wenigkeit wird sich bemühen, Mylady nicht zu enttäuschen.«
»Sie wollen uns also noch nichts über Ihr Vorgehen verraten, Mylady?« vergewisserte sich Mike Rander lächelnd.
Er wußte nur zu gut, daß die passionierte Detektivin gar keine Pläne hatte und nur darauf wartete, daß Parker entsprechende Vorschläge machte.
»Auf keinen Fall, mein Junge, ich habe Mister Parker versprochen, ihm eine Chance zu geben, und daran halte ich mich auch. Ich bin wirklich gespannt, was er beizutragen hat. Wir erwarten natürlich keine Wunder von Ihnen, Mister Parker«, fügte sie abschließend hinzu und erhob sich.
»Mylady wollen jetzt meditieren?« fragte Kathy Porter, während die Lady bereits auf dem Weg zur Freitreppe war.
»Allerdings, Kindchen. Ich beabsichtige ein wenig über den Fall nachzudenken und darüber, ob ich ihn als Stoff für ein Drehbuch verwenden kann. Er scheint mir einige interessante und vielversprechende Elemente zu enthalten, glaube ich.«
Mylady verfügte im ersten Stock ihres Hauses über ein nach modernsten Erkenntnissen der Bürotechnik eingerichtetes Studio, in dem sie irgendwann einen Superbestseller zu schreiben gedachte, der für bis dahin nie gekannte Einschaltquoten sorgen würde. Seit Jahren war sie mit der Stoffsammlung und den Recherchen beschäftigt.
»Haben Sie ihr wieder neue Streifen besorgt, Parker?« fragte Mike Rander grinsend, der natürlich Myladys Schwäche nur zu gut kannte.
»In der Tat, Sir, man offerierte mir einen günstigen Posten von fünfzig Videobändern zu einem außergewöhnlichen Preis. Die besagten Bänder zeichnen sich durch besonderen Aktionsreichtum aus.«
»Und wie viele von den Dingern hat Mylady sich bereits angesehen?« wollte Kathy Porter wissen.
»Mit Verlaub – innerhalb von drei Tagen etwa zwanzig, Miß Porter. Man wird bald wieder für Nachschub sorgen müssen.«
»Mylady sollte ein eigenes Filmstudio aufmachen, das käme sie auf die Dauer billiger«, überlegte Mike Rander. »Sie könnte dann alle Drehbücher verwenden, die sie noch schreiben will, aber nie schreiben wird.«
*
Nachdem Kathy Porter und Mike Rander gegangen waren, um in der Anwaltspraxis in der nahen Curzon Street einiges aufzuarbeiten, klingelte das Telefon. Gemessen schritt Parker zur Anrichte, um abzunehmen.
»Ich bin mit dem Anschluß der Lady Simpson verbunden?« erkundigte sich eine dunkle, nicht unsympathisch klingende Männerstimme.
»In der Tat, Sir. Was kann man für Sie tun?«, gab Parker höflich zurück.
»Sie sind sicher der seltsame Butler, nicht wahr?« fuhr der Anrufer fort und lachte leise.
»Meine bescheidene Wenigkeit hat tatsächlich die Ehre und das Vergnügen, Lady Simpson als Butler dienen zu dürfen«, bestätigte Josuah Parker gemessen. »Darf man sich erkundigen, Sir, wen man Mylady melden darf?«
»Ich muß nicht unbedingt mit Ihrer Chefin sprechen, es reicht völlig, wenn ich Ihnen sage, worum es mir geht. Und was meinen Namen betrifft nun, Namen sind Schall und Rauch, wie man so schön sagt. Es reicht für Sie zu wissen, daß ich eine gewisse Sportversicherungsgesellschaft vertrete.«
»Die sich speziell mit der Versicherung von Fußballspielern befaßt, die ihren Verein gegen eine hohe Ablösesumme zu wechseln gedenken?« ergänzte Parker, der natürlich sofort wußte, worum es ging.
»Sie schalten schnell, Parker, mein Kompliment.« Der unbekannte Anrufer lachte erneut amüsiert. Das Gespräch schien ihm aus irgendwelchem Grund großen Spaß zu bereiten.
»Sie kennen meinen bescheidenen Namen, Sir?«
»Sicher, Parker, ich pflege mich immer sehr eingehend über meine Gegner zu informieren, das verschafft einem manchmal die alles entscheidenden Vorteile. Wenngleich ich auch noch nicht weiß, ob wir tatsächlich Feinde sind. Ich hoffe nämlich noch immer, daß Ihre Lady und Sie so vernünftig sein werden, mir nicht in die Quere zu kommen.« Die Stimme des Anrufers klang bei diesen Worten nicht, mehr so sympathisch wie zu Beginn des Gespräches, sondern hatte einen drohenden Unterton angenommen.
»Könnten Sie möglicherweise etwas konkreter werden, Sir?« erkundigte sich Parker unruhig.
»Sie wissen doch ganz genau, wovon ich spreche, Parker«, gab der Anrufer gereizt zurück. »Ich will, daß Sie die Finger von der Geschichte lassen, deretwegen Sie Lord Finton dummerweise konsultiert hat. Ist das klar? Sie interessieren sich doch keineswegs für Fußball, und Ihre Chefin erst recht nicht. Also, amüsieren Sie sich beide doch anderweitig, das ist Ihrer Gesundheit auch viel zuträglicher. Ich hoffe, ich habe mich damit klar und unmißverständlich ausgedrückt?«
»Man hat durchaus verstanden, Sir. Allerdings sollte nicht verschwiegen werden, daß sich Mylady persönlich sehr für diesen Fall interessiert. Und Mylady kann eine gewisse Hartnäckigkeit entwickeln, wenn man sich diese doch etwas despektierliche Bemerkung erlauben darf.« Josuah Parker war wie gewohnt nicht aus der Ruhe zu bringen, auch nicht von einer mehr oder weniger unverhüllten Drohung, wie sie der unbekannte Anrufer ausgesprochen hatte.
Oben an der Balustrade erschien Lady Agatha und spähte in die Halle hinunter. Sie hatte geklingelt, um sich einen Cognac bringen zu lassen und wollte nachsehen, wo Parker blieb. Sie fand, ihr angegriffener Zustand vertrug keine weitere Wartezeit mehr und war ungehalten darüber, daß der Butler noch immer nicht erschien, um ihr den gewünschten Kreislaufbeschleuniger zu bringen.
»Mister Parker«, rief sie nach unten in die Halle, »mein Kreislauf ist zusammengebrochen. Wo bleiben Sie denn?«