Parker legt den Feuerteufel flach - Günter Dönges - E-Book

Parker legt den Feuerteufel flach E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! »Ich komme wirklich nicht zufällig vorbei, Mylady«, bekannte Chief-Superintendent McWarden und holte tief Luft, »ich bin verzweifelt und am Ende, ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Es macht mir auch nichts aus, daß ich Sie beim Frühstück störe.« »Mir schon«, erwiderte Agatha Simpson. Während sie den bulligen und untersetzten Mann musterte, der sich ohne Einladung auf einem Stuhl niederließ und dann trübsinnig zu Boden starrte. »Darf man sich erlauben, Sir, Ihnen eine kleine Erfrischung anzubieten?« erkundigte Butler Parker sich höflich und gemessen. »Sie sehen doch, Mr. Parker, daß Mr. McWarden nichts wünscht«, sagte die ältere Dame scharf. Lady Agatha, die das sechzigste Lebensjahr mit Sicherheit überschritten hatte, saß in ihrem wallenden Hausmantel am Frühstückstisch im kleinen Salon ihres Hauses in Shepherd's Market und war wieder mal nicht bereit, unnötige Ausgaben zuzulassen. Sie war zwar eine immens vermögende Frau, doch sie war geradezu berüchtigt für ihre Sparsamkeit, die man allgemein als Geiz bezeichnete. »Ich könnte einen Kognak brauchen«, sagte McWarden. Er war der Chef eines Sonderdezernats im Yard und befaßte sich mit Bandenverbrechen. Er war dem Innenministerium direkt unterstellt und Mylady und Butler Parker seit Jahren freundschaftlich verbunden. Normalerweise sah er aus wie eine leicht gereizte Bulldogge, doch an diesem Morgen war er die fleischgewordene Resignation. »Sie sind doch hoffentlich nicht gekommen, um sich bei mir zu betrinken, McWarden, oder?«

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Butler Parker – 145 –

Parker legt den Feuerteufel flach

Günter Dönges

»Ich komme wirklich nicht zufällig vorbei, Mylady«, bekannte Chief-Superintendent McWarden und holte tief Luft, »ich bin verzweifelt und am Ende, ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Es macht mir auch nichts aus, daß ich Sie beim Frühstück störe.«

»Mir schon«, erwiderte Agatha Simpson. Während sie den bulligen und untersetzten Mann musterte, der sich ohne Einladung auf einem Stuhl niederließ und dann trübsinnig zu Boden starrte.

»Darf man sich erlauben, Sir, Ihnen eine kleine Erfrischung anzubieten?« erkundigte Butler Parker sich höflich und gemessen.

»Sie sehen doch, Mr. Parker, daß Mr. McWarden nichts wünscht«, sagte die ältere Dame scharf. Lady Agatha, die das sechzigste Lebensjahr mit Sicherheit überschritten hatte, saß in ihrem wallenden Hausmantel am Frühstückstisch im kleinen Salon ihres Hauses in Shepherd’s Market und war wieder mal nicht bereit, unnötige Ausgaben zuzulassen. Sie war zwar eine immens vermögende Frau, doch sie war geradezu berüchtigt für ihre Sparsamkeit, die man allgemein als Geiz bezeichnete.

»Ich könnte einen Kognak brauchen«, sagte McWarden. Er war der Chef eines Sonderdezernats im Yard und befaßte sich mit Bandenverbrechen. Er war dem Innenministerium direkt unterstellt und Mylady und Butler Parker seit Jahren freundschaftlich verbunden. Normalerweise sah er aus wie eine leicht gereizte Bulldogge, doch an diesem Morgen war er die fleischgewordene Resignation.

»Sie sind doch hoffentlich nicht gekommen, um sich bei mir zu betrinken, McWarden, oder?« Lady Agatha war nicht bereit, von ihrem kostbaren Kognak zu opfern.

»Betrinken würde ich mich wirklich am liebsten, Mylady«, gestand McWarden, »doch das bringt einen ja nicht weiter.«

»Eben«, erwiderte die passionierte Detektivin, »etwas Tee tut es auch.«

»Das Innenministerium nervt mich seit Tagen«, redete der Chief-Superintendent weiter, »man will endlich Erfolg sehen, doch ich komme einfach nicht weiter. Der Feuerteufel bringt mich noch zur Verzweiflung.«

»Feuerteufel?« Lady Agatha zeigte plötzlich Interesse. Sie nickte zögernd, als Josuah Parker einen Kognak servierte. Gedankenlos griff McWarden nach dem Schwenker und kippte den Inhalt. Lady Agatha schloß daraufhin erst mal indigniert die Augen.

»Zügeln Sie endlich Ihre Hemmungslosigkeit, sagte sie dann grollend in Richtung McWarden, »und reißen Sie sich zusammen! Kommen Sie endlich zur Sache, solange Sie noch einigermaßen nüchtern sind.«

»Ich bin seit Wochen hinter einer Bande her, die von einem Kerl geführt wird, der ›Fackel‹ genannt wird«, sagte der Chief-Superintendent und setzte den Schwenker ab, »es handelt sich um berufsmäßige Feuerteufel, wenn Sie wissen, was ich meine, Mylady.«

»Ich weiß überhaupt nichts. Aber es klingt gut, was Sie da gerade sagten, nicht wahr, Mr. Parker?«

»Möglicherweise deutet sich hier ein neuer Kriminalfall für Mylady an«, antwortete Parker. Der Butler, ein alterslos scheinender Mann, groß, fast schlank, gemessen in seinen Bewegungen und von einer Höflichkeit, die man nur als vollendet bezeichnen konnte, wußte sehr genau, wie man das Interesse der älteren Dame, seiner Herrin, wecken konnte.

Lady Agatha hielt sich für eine begnadete Kriminalistin und nutzte jede sich bietende Möglichkeit, das Verbrechen zu bekämpfen. In solchen Fällen war sie mehr als großzügig, was Geld betraf. Sie war inzwischen aufgestanden und präsentierte sich in ihrer ganzen majestätischen Erscheinung. Lady Simpson war füllig und verfügte über die weit ausholenden Gesten einer Tragödin. Ihre sehr baritonal gefärbte Stimme war selbst dann noch laut, wenn sie flüsterte. Die Ungeniertheit war gefürchtet. Lady Agatha sagte stets das, was sie gerade dachte.

»Ich werde Ihnen selbstverständlich helfen, wenn Sie Schwierigkeiten haben«, schickte sie voraus, » und die haben Sie ja immer, mein lieber McWarden, nicht wahr? Was wären Sie ohne mich? Nichts als ein normaler Yard-Beamter, der Akten wälzt.«

»Wurden bereits Brände gelegt, was die erwähnten Feuerteufel betrifft, Sir?« warf Josuah Parker ein, bevor »Sechs Brände«, bestätigte McWarden, »und in allen Fällen handelte es sich um Gebäude, die unter Denkmalschutz standen.«

»Das hört sich aber recht gut an, nicht wahr, Mr. Parker? Dies scheint etwas für mich zu sein.«

»Dieser Gedanke, Mylady, drängt sich förmlich auf«, reagierte der Butler in seiner höflichen Art.

»Millionenverluste sind zu verzeichnen«, redete McWarden fast monoton weiter, »die zuständige Behörde macht mir die Hölle heiß, wie Sie sich vorstellen können.«

»Es schadet Ihnen gar nichts, mein lieber McWarden, wenn man Sie etwas auf Trab bringt«, stellte die ältere Dame süffisant fest, »Sie neigen zur Trägheit, wenn eine gute Freundin Ihnen dies mal in aller Offenheit sagen darf.«

»Sagen Sie mir, was Sie wollen«, antwortete der Chief-Superintendent, aber schalten Sie sich ein!«

Während McWarden dies sagte, blicke er ausschließlich Josuah Parker an, auf den es schließlich ankam. Der Butler allein verfügte über die Fähigkeiten, die McWarden erwartete. Agatha Simpson hingegen, war für jedes Chaos gut.

»Ich werde diesen Fall lösen«, meinte die resolute Detektivin großzügig, nicht wahr, Mr. Parker?«

»Mylady dürften ihn bereits gelöst haben«, versicherte der Butler in seiner gewohnt höflichen Art, die aber keineswegs untertänig wirkte, »die Herren Gangster wissen dies nur noch nicht.«

*

»Nur keine Umstände, junger Mann«, sagte Lady Agatha bereits eine Stunde später und nickte huldvoll. Sie befand ich zusammen mit ihrem Butler im Amt für die britische Denkmalpflege und war nach kurzer Anmeldung sofort vom Sekretär der Vereinigung empfangen worden. Der Vierzigjährige hieß James Stokers, war mittelgroß, schlank und auffallend bemüht um Agatha Simpson, die dieses Amt jährlich mit einer ansehnlichen Summe unterstützte.

»Darf ich Ihnen wirklich nichts anbieten, Mylady?« erkundigte sich Stokers. Er verfügte über sehr gute, fast zu glatte Manieren. Er war die bemühte Aufmerksamkeit in Person.

»Nun gut, junger Mann«, erwiderte die ältere Dame, »ich hoffe, Sie haben einen recht guten Sherry.«

James Stokers stürzte auf einen Wandschrank zu, öffnete ihn und holte eine Karaffe hervor. Anschließend füllte er ein normales Sherryglas mit der angenehmen Flüssigkeit. Lady Agatha schaute mißtrauisch zu und räusperte sich explosionsartig, als Stokers mit dem Einfüllen aufhörte, nachdem das Glas halb gefüllt war.

»Genieren Sie sich nicht«, meinte sie grollend, »Sie wollen mich doch hoffentlich nicht verdursten lassen, wie?«

James Stokers goß hastig nach, reichte der Lady dann das Glas und trat erwartungsvoll zurück. Die ältere Dame schnupperte, setzte das Glas an ihre Lippen und... ließ den Sherry mit einem Schluck verschwinden.

Der Sekretär des Amtes für britische Denkmalpflege war tief beeindruckt.

»Ich kenne selbstverständlich besseren Sherry«, meinte die ältere Dame inzwischen, »aber zur Not tut es der hier auch, junger Mann. Sie dürfen nachgießen.«

»Mylady hegen ein gewisses Interesse an jenen denkmalgeschützten Bauten, Mr. Stokers, die ein Raub der Flammen wurden«, ließ Josuah Parker sich vernehmen, während Stokers hastig nachfüllte, »Mylady sind nicht geneigt, weitere Brände zuzulassen.«

»Ich verbitte mir sie sogar«, warf Agatha Simpson ein, »hoffentlich haben Sie eine Liste parat, auf der die Brände verzeichnet sind.«‚

»Selbstverständlich, Mylady.« Stokers nickte mehrmals, »nachdem Mr. Parker anrief, habe ich sofort eine zusätzliche und ausführliche Aufstellung vorgenommen. Sie wissen, daß die Polizei sich bereits um die Aufklärung der Verbrechen bemüht?«

»Papperlapapp, junger Mann, was besagt das schon?« Agatha Simpson sah James Stokers fast strafend an.

»Wurden die diversen Brände angekündigt, wenn man höflich fragen darf?« Parker nahm die Liste entgegen, die Stokers vom Schreibtisch genommen hatte.

»Die beiden letzten Brände«, beantwortete Stokers die Frage, »zur Verhütung sollte das Amt je fünfzigtausend Pfund zahlen.

»Welche Frist zur Zahlung räumte man dem Amt ein?« lautete die nächste Frage des Butlers.

»Jeweils eine Woche, Mr. Parker. Darf ich Ihnen übrigens auch einen Sherry anbieten?«

»Keineswegs«, wehrte Parker ab.

»Aber mir sollten Sie nachgießen«, brachte die Lady sich in Erinnerung, worauf Stokers dieser Aufforderung hastig nachkam und das Glas diesmal sofort bis an den Rand füllte.

»Nahm man in Ihrem Amt diese Warnungen nicht ernst?« fragte Josuah Parker gemessen.

»Als es zu spät war, Mr. Parker«, gestand James Stokers, »die Mitglieder des Verwaltungsrates haben diese Hinweise wohl auf die leichte Schulter genommen, obwohl ich dringend riet... Bitte, dies soll natürlich keine Kritik am Verwaltungsrat bedeuten. Die steht mir nicht zu.«

»Hat man nach dem ersten Brief wenigstens die Behörden verständigt?« fragte die Detektivin noch mal.

»Es wurden keine Briefe geschrieben, Mylady«, korrigierte James Stokers höflich, »es wurde angerufen. Die Gespräche waren jeweils nur kurz. Der Anrufer verwies auf die vier Brände, die bisher zu verzeichnen waren.«

»Wie finde ich denn das, Mr. Parker?« erkundigte sich die ältere Dame und schaute Parker abwartend an.

»Mylady sind sicher schockiert«, erwiderte Josuah Parker.

»Das kann man wohl sagen.« Sie nickte nachdrücklich. »Hier hat man doch ungewöhnlich leichtfertig reagiert. Dazu werde ich den Herren vom Verwaltungsrat noch einige passende Worte sagen. Erinnern Sie mich daran, Mr. Parker.«

»Mylady können sich auf meine bescheidene Wenigkeit fest verlassen«, gab Josuah Parker zurück, um sich dann wieder James Stokers zuzuwenden, »Mylady wünschen noch eine Liste jener Personen, die diesem eben erwähnten Verwaltungsrat angehören.«

»Genau danach wollte ich tatsächlich gerade fragen«, warf die Detektivin ein und nickte ihrem Butler wohlwollend zu, »sehr schön, Mr. Parker, ich sehe und höre, daß Sie mitarbeiten. Nur weiter so! Eines Tages werden Sie vielleicht noch ein recht guter Kriminalist werden. Man muß Ihnen nur Zeit geben.«

Parkers glattes Gesicht blieb ausdruckslos wie stets.

*

Josuah Parker hatte sein hochbeiniges Monstrum, wie sein Privatwagen gern bezeichnet wurde, auf einem Parkplatz hinter dem Backsteinhaus abgestellt, in dem die Büros des Amtes für den britischen Denkmalschutz untergebracht waren.

An diesem Wagen, der einst als Taxi in London gedient hatte, war im Grunde alles eckig. Der Aufbau war so hoch, daß man ohne weiteres mit einem aufgesetzten Zylinder auf den Rücksitz Platz nehmen konnte. Auch die Trennscheibe zwischen Fahrgastraum und dem Fahrer war noch vorhanden. Der Wagen sah durchaus museumsreif aus, was jedoch ungemein täuschte. Tatsächlich war dieses ehemalige Taxi nach Parkers recht eigenwilligen Vorstellungen technisch völlig umgestaltet worden. So war das Gefährt zu einer raffinierten Trickkiste auf Rädern geworden, ganz zu schweigen von dem Motor, der einem Rennwagen alle Ehre gemacht hätte. »Ich traue diesem Sekretär nicht über den Weg«, sagte die ältere Dame als man sich Parkers Wagen näherte, »er hat einen verschlagenen Blick. Ich hoffe, Mr. Parker, auch Sie haben das bemerkt.«

»Mr. James Stokers machte, wenn man so sagen darf, einen befangenen Eindruck«, schickte Parker voraus, »und dies dürfte eindeutig mit Myladys prägender Persönlichkeit Zusammenhängen. «

»Finden Sie?« Lady Agatha nickte wohlwollend.

»Mylady pflegen allem ihren eigenen unverwechselbaren Stempel aufzudrücken.«

»Das stimmt allerdings«, erklärte sie ohne jede falsche Bescheidenheit, »nun ja, man ist, was man ist, Mr. Parker. Wen verdächtige ich denn sonst noch?«

»Mylady werden sich mit Sicherheit auch mit den Mitgliedern des Verwaltungsrates befassen.«

»Diese Herren stehen ganz oben auf meiner Liste«, behauptete Agatha Simpson nachdrücklich, »prüfen Sie nach, Mr. Parker, wer diese Burschen sind. Irgendwie muß das Subjekt, das sich Fackel nennt, ja an die denkmalgeschützten Bauten herangekommen sein, nicht wahr? An diesem Punkt werde ich ansetzen. Kümmern Sie sich darum.«

»Sehr wohl, Mylady«, antwortete der Butler, »was nun die gerade erwähnte Liste betrifft, so kann man entsprechende Unterlagen im freien Buchhandel erwerben. Ganz zu schweigen von den Vierteljahresheften des Amtes, in denen zu den Baudenkmälern Stellung genommen wird.«

»So etwas gibt es? Verantwortungslos, finde ich.«

»Man hat die Absicht, die Öffentlichkeit stets umfassend zu informieren, Mylady.«

»Jeder kann solche Listen bekommen?« Sie schüttelte den Kopf.

»Jedermann, Mylady«, wiederholte Josuah Parker und löste den altväterlich gebundenen Regenschirm von seinem angewinkelten linken Unterarm. Er nahm die Spitze ein wenig hoch und drückte mit seinem schwarz behandschuhten Zeigefinger auf einen versteckt angebrachten Knopf am unteren Teil des Bambusgriffes.

Parker widmete seine Aufmerksamkeit einem Mann, der neben einem parkenden Fahrzeug stand und in einer Zeitung las. Dieser Mann mochte etwa fünfunddreißig Jahre zählen, war mittelgroß und machte einen muskulös-bulligen Eindruck.

Als Mylady und Butler Parker das hochbeinige Monstrum erreichten, faltete der Mann die Zeitung zusammen, warf sie auf die Motorhaube des Fahrzeuges, neben dem er stand, und kam dann mit schnellen, federnden Schritten auf Mylady und Josuah Parker zu. Er hielt plötzlich ein langes Stück Bleikabel in der Hand.

»Man scheint die Absicht zu hegen, Mylady überfallen zu wollen«, stellte der Butler gemessen fest.

»Wie schön«, antwortete Agatha Simpson, die keinerlei Erschrecken zeigte. Der perlenbestickte Pompadour an ihrem linken Handgelenk, geriet automatisch in leichte Schwingung. In diesem modischen Relikt einer vergangenen Zeit befand sich der sogenannte Glücksbringer der älteren Dame. Dabei handelte es sich um ein Pferdehufeisen, das nur recht oberflächlich in Schaumstoff gehüllt war.

»Das is’ hier nur ’ne kleine Botschaft von der Fackel«, sagte der untersetzte, der inzwischen das Duo erreicht hatte. Er fühlte sich völlig überlegen, grinste wie ein Filmschurke und hob das Bleikabel zum Schlag.

»Würden Sie sich möglicherweise noch einen Moment gedulden«, bat Josuah Parker und lüftete mit der linken Hand die schwarze Melone. »Gedulden?« Der Mann stutzte. Er hatte mit dieser überaus höflichen Frage nun keineswegs gerechnet.

»Sprechen Sie vielleicht von jener Fackel, die Brände legt?« wollte der Butler dann wissen.

»Keinen blassen Dunst«, gab der Schläger zurück, »ich soll nur ’nen Gruß von der Fackel bestellen. Und diesen Gruß werde ich jetzt servieren, is’ das klar?«

»Sie verfolgen tatsächlich die Absicht, Mylady und meiner Wenigkeit körperliche Schmerzen zuzufügen;«

»Mann, Sie machen es einem aber verdammt schwer«, beklagte sich der Schläger und wirkte plötzlich unentschlossen. »Haben Sie denn noch immer nicht kapiert? Das hier is’n Überfall, klar?«

»Das möchte ich mir aber auch ausgebeten haben«, schaltete die ältere Dame sich munter ein, um dann auf ihre sehr spezielle Art zu reagieren.

*

Agatha Simpson huldigte in ihrer reichlich bemessenen Freizeit dem Bogenschießen und spielte auch Golf. Sie pflegte die beiden Sportarten mit größter Energie, wenn sie auch nicht sonderlich erfolgreich war. Eines aber hatte sich im Lauf dieser Betätigungen entwickelt, nämlich ihre Muskulatur.

Dementsprechend fiel auch die Reaktion aus.

Sie hatte den Pompadour, der an langen Schnüren am Handgelenk hing, in Schwingungen versetzt und beförderte den an sich harmlos aussehenden Handbeutel zielsicher auf die linke Backe des Untersetzten, der daraufhin seelisch wie körperlich völlig aus dem Gleichgewicht geriet. Er knickte in der rechten Hüfte ein und fiel gegen den Kofferraum von Parkers Wagen. Seine Augen nahmen einen leicht glasigen Ausdruck an, sein Mund öffnete sich zu einem unhörbaren Schrei.

»Ich werde Sie lehren, eine hilflose und schwache Frau anzugreifen«, entrüstete sich die ältere Dame und holte zu einer zweiten Massage aus. Der Untersetzte hob abwehrend die Hände und ging dann in die Knie.

»Falls Mylady darauf bestehen, wird meine Wenigkeit den Angreifer in eine günstige Position bringen«, bot der Butler seine Hilfe an. Er trat hinter den Untersetzten und griff unter dessen Arme. Mühelos stellte Josuah Parker den Mann wieder auf die Beine.

»Bringen Sie den Schwächling wieder zu sich«, verlangte die ältere Dame grollend, »guter Gott, die Jugend von heute kann aber auch wirklich nichts mehr vertragen.«

Der Mann hüstelte und kam wieder zu sich. Entgeistert betrachtete er Lady Agatha und verstand eindeutig die Welt nicht mehr. Es war ihm in seiner Vergangenheit noch nicht passiert, daß ihn eine Frau außer Gefecht gesetzt hatte.

»Ich will endlich hören, was Sie von mir wollen«, raunzte Agatha Simpson den Schläger an.

»Nichts, überhaupt nichts«, behauptete der Mann hastig.

»Sie sollten sich möglicherweise eine plausiblere Erklärung einfallen lassen«, schlug der Butler vor, »Mylady liebt es überhaupt nicht, schamlos angelogen zu werden.«

Der Untersetzte, der sich erstaunlich schnell erholte und damit doch eine gewisse Kondition zeigte, wollte das Blatt zu seinen Gunsten wenden. Er löste sich aus Parkers Händen, baute sich auf, spielte recht ungeschickt den Hilflosen und hatte dann die Absicht, sich noch mal auf Agatha Simpson zu werfen. Wahrscheinlich wollte er sie als Geisel benutzen, um so auch Parker in den Griff zu bekommen.

Er hatte die Rechnung ohne die Lady gemacht.

Es war ihr eindeutig eine Wonne, auch diesen Angriff des Mannes zu stoppen. Sie trat auf ihre ungenierte Art mit dem rechten Fuß zu und setzte die Kappe ihres Schuhs auf das Schienbein des Untersetzten. Da Mylady auf recht großem Fuß lebte, was ihre Schuhmaße betraf, fiel der Fußtritt sehr nachdrücklich aus. Der Getroffene heulte auf wie ein vereinsamter Steppenwolf, stellte sich ausschließlich auf das gesunde Bein und absolvierte dann einen Tanz, den man insgesamt allerdings nur als verunglückt bezeichnen konnte.

Agatha Simpson war einen Schritt zurückgetreten und beobachtete die Tanzeinlage mit Interesse. Ihr Pompadour schwang nach wie vor erwartungsvoll wie ein Perpendikel. Er wartete nur darauf, noch mal gezielt eingesetzt zu werden.

»Werde ich dieses Subjekt noch eingehend verhören?« erkundigte sich Agatha Simpson dann bei ihrem Butler.

»Mylady wird sicher darauf verzichten«, antwortete Josuah Parker höflich, »der Erwähnte dürfte kaum in der Lage sein, Informationen weitergeben zu können. Es dürfte sich bei ihm um ein käufliches Individuum handeln, wie man es in gewissen obskuren Pubs engagieren kann.«