Parker rührt die Knacker durch - Günter Dönges - E-Book

Parker rührt die Knacker durch E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! Josuah Parker räusperte sich diskret, um die Aufmerksamkeit der Lady Agatha Simpson zu erregen. Sie hatte gerade ihre Gäste verabschiedet und musterte durch ihre Stielbrille die Reste des kleinen Festmahls, das sie an diesem Abend notgedrungen hatte geben müssen. Geschäftsfreunde waren bei ihr zu Gast gewesen, und Lady Agatha, berüchtigt geradezu für ihre Sparsamkeit, war über ihren Schatten gesprungen. Sie hatte sich ein kaltes Büfett ins Haus bringen lassen, das nach ihrer Einschätzung selbstverständlich viel zu teuer war. Parker räusperte sich erneut, während im Hintergrund erregte Stimmen zu vernehmen waren. In der großen Wohnhalle schienen sich noch oder wieder die Gäste zu befinden, die sich eben erst von der älteren Dame verabschiedet hatten. »Sehen sie sich das an, Mr. Parker«, sagte Lady Agatha anklagend und deutete mit ihrer Lorgnette auf eine Platte, auf der nur noch traurige Reste eines Bratens auszumachen waren, »die Leute haben sich ja direkt schamlos die Bäuche vollgeschlagen.« »Myladys Gäste kehrten ins Haus zurück«, meldete Parker höflich und diskret, »es haben sich Dinge ereignet, die man nur als ausgesprochen peinlich bezeichnen kann und sogar muß.« »Wollen sie sich etwa noch mal über das Büfett hermachen?« grollte die passionierte Detektivin. »Zwei von Myladys Gästen wurden ihrer Wagen beraubt«, erklärte der Butler gemessen, »es handelt sich um einen Bentley und um einen Rolls Royce.« »Wie war das?« Sie konzentrierte sich endlich auf ihren Butler. »Man vermißt zwei Wagen, Mylady, die man nicht gerade als billig bezeichnen kann.« »Sie sind gestohlen worden?« »So kann man es selbstverständlich auch ausdrücken, Mylady.«

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Leseprobe: Butler Parker Gold Edition

5 unveröffentlichte Titel:

Parker legt die "Römer" rein

Parker handelt mit Zitronen

Parker holt die Reiter aus dem Sattel

Parker lässt die "Blitzer" stolpern

Parker löscht den heißen Abriss

Butler Parker – 178 –

Parker rührt die Knacker durch

Günter Dönges

Josuah Parker räusperte sich diskret, um die Aufmerksamkeit der Lady Agatha Simpson zu erregen. Sie hatte gerade ihre Gäste verabschiedet und musterte durch ihre Stielbrille die Reste des kleinen Festmahls, das sie an diesem Abend notgedrungen hatte geben müssen. Geschäftsfreunde waren bei ihr zu Gast gewesen, und Lady Agatha, berüchtigt geradezu für ihre Sparsamkeit, war über ihren Schatten gesprungen. Sie hatte sich ein kaltes Büfett ins Haus bringen lassen, das nach ihrer Einschätzung selbstverständlich viel zu teuer war.

Parker räusperte sich erneut, während im Hintergrund erregte Stimmen zu vernehmen waren. In der großen Wohnhalle schienen sich noch oder wieder die Gäste zu befinden, die sich eben erst von der älteren Dame verabschiedet hatten.

»Sehen sie sich das an, Mr. Parker«, sagte Lady Agatha anklagend und deutete mit ihrer Lorgnette auf eine Platte, auf der nur noch traurige Reste eines Bratens auszumachen waren, »die Leute haben sich ja direkt schamlos die Bäuche vollgeschlagen.«

»Myladys Gäste kehrten ins Haus zurück«, meldete Parker höflich und diskret, »es haben sich Dinge ereignet, die man nur als ausgesprochen peinlich bezeichnen kann und sogar muß.«

»Wollen sie sich etwa noch mal über das Büfett hermachen?« grollte die passionierte Detektivin.

»Zwei von Myladys Gästen wurden ihrer Wagen beraubt«, erklärte der Butler gemessen, »es handelt sich um einen Bentley und um einen Rolls Royce.«

»Wie war das?« Sie konzentrierte sich endlich auf ihren Butler.

»Man vermißt zwei Wagen, Mylady, die man nicht gerade als billig bezeichnen kann.«

»Sie sind gestohlen worden?«

»So kann man es selbstverständlich auch ausdrücken, Mylady.« Parker deutete eine knappe, zustimmende Verbeugung an.

»Das darf doch wohl nicht wahr sein.« Sie runzelte die Stirn. »Will man mich etwa für den Schaden haftbar machen, Mr. Parker?«

»Ansprüche dieser oder ähnlicher Art wurden bisher noch nicht angemeldet, Mylady.« Parker trat zur Seite, als seine Herrin ihre majestätische Fülle in die große Wohnhalle bewegte. Sie war eine Dame, die das sechzigste Lebensjahr überschritten hatte, doch sie strahlte noch eine unbändige Energie aus. Lady Agatha war eine vermögende Frau, die sich jedes noch so verrückte Steckenpferd leisten konnte. Sie hielt sich unter anderem für eine geborene Kriminalistin und war gefürchtet wegen ihrer Direktheit.

Agatha Simpson war groß, von stattlicher Fülle und hatte dunkle, schnelle Augen, denen nichts entging. Ihre Gesten erinnerten an die einer exaltierten Schauspielerin, ihre Stimme war mehr als nur baritonal gefärbt.

Als sie die Wohnhalle betrat, stand sie ihren Gästen gegenüber, die plötzlich ihre Luxuswagen vermißten. Es waren Frauen und Männer, die solch einen Verlust durchaus verschmerzen konnten. Deshalb dachten sie auch im Traum nicht daran, Mylady Vorwürfe zu machen.

»Ich fasse diesen Diebstahl selbstverständlich als eine persönliche Beleidigung auf«, stellte Lady Agatha kurz und bündig fest, »ich werde diese Subjekte finden und zur Rechenschaft ziehen. Ist es nicht so, Mr. Parker?«

»Mylady pflegen jeden Kriminalfall zu lösen«, kommentierte der Butler diese Frage. Er war etwas über mittelgroß, fast schlank und das Urbild eines hochherrschaftlichen Butlers bester englischer Schule. Parker hatte das glatte, fast ausdruckslose Gesicht eines professionellen Spielers und war die würdevolle Höflichkeit in Person. Sein Alter war nicht zu bestimmen.

»Es ging natürlich nicht um diese beiden Wagen«, redete die ältere Dame weiter und wandte sich wieder ihren Gästen zu, »man wollte selbstverständlich mich treffen.«

»Eine Herausforderung, die Mylady annehmen werden«, meinte Josuah Parker.

»Bringen Sie sich nicht in Schwierigkeiten«, sagte einer der beiden männlichen Gäste warnend, »wir haben ja schließlich noch gleichwertige Ersatzwagen in unseren Garagen.«

Agatha Simpson musterte die beiden Ehepaare und schüttelte dann energisch den Kopf.

»Sie werden Ihre Wagen zurückbekommen«, prophezeite sie nachdrücklich, »Mr. Parker wird sich dabei um die unwichtigen Details kümmern.«

»Wie Mylady zu wünschen belieben.« Parker deutete eine knappe Verbeugung an.

»Möglicherweise habe ich bereits schon eine Spur«, hoffte sie, »aber zur Zeit möchte ich darüber noch nicht reden. Das Überraschungsmoment muß auf meiner Seite bleiben.«

»Sollte man nicht vielleicht die Polizei verständigen?« fragte der zweite männliche Gast leichtsinnigerweise. Dafür handelte er sich einen fast vernichtenden Blick der älteren Dame ein.

»Was versprechen Sie sich davon, mein Bester?« fragte sie grollend, »man wird die Anzeige aufnehmen und anschließend die Hände in den Schoß legen.«

Während Parker Kognak servierte, um die Nerven der noch betroffenen Gäste ein wenig zu dämpfen, entwickelte die Detektivin ihren Plan, wie sie sich ihre kommende Auseinandersetzung mit den Autodieben vorstellte. Sie kündigte an, umgehend in die kriminelle Szene zu steigen und erste Ermittlungen aufzunehmen.

»Noch einmal, meine Lieben«, machte sie klar, »es geht nur um mich. Man wollte mich treffen oder sogar verhöhnen. Und so etwas läßt sine Lady Simpson nicht auf sich sitzen. Rechnen Sie bereits in den kommenden Stunden mit ersten Resultaten. Aus Erfahrung weiß ich nur zu gut, wie man solch einen Fall anpackt. Ist es nicht so Mr. Parker?«

»Mylady pflegen sich niemals zu irren«, lautete Parkers höflich-gemessene Antwort. Er war durch keine noch so kühne Behauptung seiner Herrin auch nur andeutungsweise zu erschüttern.

*

Agatha Simpson saß im Fond von Parkers hochbeinigem Monstrum. Dabei handelte es sich um ein ehemaliges Londoner Taxi, das einen Ehrenplatz in einem Automuseum verdient hätte, was das eckige Aussehen betraf. Doch der erste Eindruck täuschte ungemein. Unter dem schwarzen Blechkleid verbarg sich modernste Technik. Dieser Wagen war nach den Vorstellungen des Butlers aufwendig umgebaut worden md stellte fast so etwas wie eine Trickkiste auf Rädern dar.

Myladys Gäste hatten sich längst von Taxis in ihre luxuriösen Stadtetagen bringen lassen. Agatha Simpson befand sich auf dem Weg in die kriminelle Szene der Millionenstadt London, obwohl es bereits auf Mitternacht zuging. Sie war eine ungeduldige Frau, die immer viele Dinge auf einmal erledigen wollte. Zudem reizte es sie, in dieser Nacht noch tätig zu werden, da die Nachtprogramme der Fernsehstationen ohnehin nichts boten, was sie interessiert hätte.

»Und zu wem fahre ich jetzt?« erkundigte sie sich in Richtung Parker, der steif und würdevoll am Steuer saß.

»Falls meine Wenigkeit Mylady richtig verstand, wollen Mylady einen privaten Nachtclub besuchen«, antwortete der Butler, »in diesem Nachtclub pflegen sich besonders interessante Mitglieder der Unterwelt einzufinden.«

»Das hört sich aber sehr gut an«, fand die ältere Dame und nickte wohlwollend, »und wo befindet sich dieser Nachtclub?«

»Im Stadtteil Chelsea, Mylady. Der Betreiber des Clubs ist ein gewisser Bernie Craine, der dafür bekannt ist, daß er besonders interessante kriminelle Aktionen finanziert.«

»Er wird es bald nicht mehr tun«, prophezeite sie unternehmungslustig, »ich werde dieses Subjekt zur Ordnung rufen.«

»Mr. Bernie Craine läßt sich von äußerst handfesten Männern betreuen, Mylady«, warnte Josuah Parker, »in Kreisen der Unterwelt hat er engagierte Gegner.«

»Warum will man ihm an den Kragen, Mr. Parker?«

»Mr. Bernie Craine pflegt seine Klienten gern zu betrügen und zu übervorteilen.«

»Natürlich hat er diese Autodiebe zu mir nach Shepherd’s Market geschickt«, wußte die ältere Dame wieder mal genau.

»Mr. Bernie Craine könnte zumindest wissen, wer diese Diebe geschickt hat.«

»Sie haben mich neugierig gemacht, Parker.« Sie ließ sich wieder in die Rückpolster sinken und hing ihren Gedanken nach. Dann kam ihr plötzlich eine Idee.

»Wird in diesem Nachtclub gespielt?« erkundigte sie sich.

»Mylady denken sicher an Glücksspiele diverser Art?«

»Natürlich«, meinte sie, »ich könnte ja vielleicht die Unkosten wieder hereinholen, die ich mit dem Abendessen hatte.«

»Solch eine Möglichkeit wird sich wahrscheinlich ergeben, Mylady.« Parker wußte nur zu genau, daß seine Herrin diese Ausgaben noch längst nicht verschmerzt hatte.

»Erinnern Sie mich an ein nettes Spielchen«, sagte sie nachdrücklich, »eine Frau wie ich muß jede Möglichkeit nutzen, um ein paar Pennies zu verdienen.«

Parker verzichtete auf eine Antwort und konzentrierte sich auf die Fahrbahn. Auch er dachte an den Diebstahl der beiden Luxuswagen und konnte sich kaum vorstellen, daß es sich dabei um eine Gelegenheitsarbeit gehandelt hatte. Seiner Ansicht nach waren die beiden Wagen gezielt gestohlen worden. Und das konnten nur Kriminelle getan haben, die solche Wagen auch wieder abzusetzen vermochten.

»Der Privatclub«, meldete Parker nach einer kleinen Weile. Er fuhr mit dem hochbeinigen Monstrum an einem Baldachin vorüber, der von einer normalen Haustür bis an den Bordstein führte. Rechts von der völlig glatten und schmucklosen Tür war ein kleines Bronzeschild angebracht, das den Namen des Clubinhabers zeigte. Sonst deutete nichts auf einen privaten Nachtclub hin.

»Kein Parkplatz, keine Autos?« fragte Lady Agatha enttäuscht.

»Die Wagen dürften in einer Sackgasse links der Häuserzeile stehen«, erwiderte der Butler, »sie werden wahrscheinlich diskret und gut bewacht.«

»Diesen Parkplatz werde ich mir später ansehen«, erwiderte Agatha Simpson.

»Möglicherweise umgehend, Mylady?« fragte Josuah Parker, »man könnte und sollte den Privatclub vielleicht durch einen Seiteneingang betreten. Mylady hätten dann den Vorzug, überraschend in Erscheinung treten zu können.«

»Genau das wollte ich natürlich gerade vorschlagen«, lautete ihre Antwort, obwohl sie von der Sackgasse und einem Seiteneingang nichts gewußt hatte. Aber um nichts in der Welt hätte sie so etwas zugegeben.

Parker bremste leicht seinen Wagen und fuhr in die Sackgasse. Nach wenigen Metern hielt er vor einem Schlagbaum, hinter dem ein großer, breitschultriger Mann stand, der einen fußlangen Mantel und eine Art Militärmütze trug.

Als das hochbeinige Monstrum stand, kam der Mann um den Schlagbaum herum, salutierte und beugte sich zu dem Wagenfenster hinab.

»Man erlaubt sich, einen wunderschönen Abend zu wünschen«, grüßte Josuah Parker gemessen und höflich, nachdem er das Seitenfenster herabgelassen hatte, »würden Sie freundlicherweise einen prüfenden Blick auf diesen Gegenstand in meiner Hand werfen?«

Der Mann nickte und beugte sich noch weiter vor. Er hätte es besser nicht getan!

*

Parker drückte auf den Knopf der kleinen Sprayflasche in seiner Hand. Worauf der Mann zurückfuhr und hustete. Dann langte er in die rechte Tasche seines fußlangen Mantels und schniefte. Mit der linken Hand wischte er sich durch das feucht gewordene Gesicht, vergaß darüber, was er aus seiner Manteltasche hervorziehen wollte, lachte unvermittelt entspannt und heiter, wischte erneut durchs Gesicht und rieb sich so, ohne es zu wollen, den Spray noch intensiver in die Augen, die bereits nachdrücklich tränten.

»Hatten Sie eventuell die Absicht, eine Schußwaffe zu ziehen?« fragte der Butler, während er ausstieg. Er stand dicht vor dem Schrankenwärter und langte mit der rechten Hand in die bewuße Manteltasche.

Diese Hand, die von einem schwarzen Lederhandschuh umgeben war, bewegte sich dabei recht geschmeidig. Die Finger fanden tatsächlich eine Schußwaffe, die Sekunden später in Parkers Manteltasche verschwand.

»Mr. Craine hat Besuch?« erkundigte sich Parker.

»Eben gekommen«, antwortete der Mann lächelnd und machte dabei einen etwas versonnenen Eindruck, »zwei tolle Typen sind da bei ihm, aber die kenn’ ich nicht.«

»Sie sollten sich jetzt ein wenig der Ruhe hingeben«, schlug Parker dem Mann vor, »die Nacht ist noch sehr lang, wie ich bemerken möchte.«

»Ich hau’ mich in meinen Glaskasten«, meinte der Schrankenwärter und deutete auf einen Verschlag, der hinter einem Mauervorsprung in Teilen auszumachen war. Dann setzte er sich in Bewegung und war bald darauf verschwunden.

»Sie haben wieder mal Zeit verschwendet, Mr. Parker«, ließ Agatha Simpson sich vernehmen, nachdem der Butler ihr die hintere Wagentür geöffnet hatte, »ich hätte so etwas anders und schneller erledigt.«

Sie ließ ihren perlenbestickten Pompadour pendeln, einen Handbeutel an langen Schnüren, wie ihn die Damen um die Jahrhundertwende trugen. Sie meinte allerdings eindeutig ihren sogenannten Glücksbringer im Pompadour, nämlich ein echtes, großes Pferdehufeisen, das nur oberflächlich in dünnen Schaumstoff gewickelt war.

»Mylady werden mit einiger Sicherheit noch sehr nachdrücklich werden müssen«, entgegnete der Butler, »wenn es gestattet ist, wird meine Wenigkeit vorausgehen.«

Er wartete die Erlaubnis allerdings nicht ab, sondern setzte sich in Bewegung. Parker kannte sich hier in etwa aus. Vor Jahresfrist war er schon mal in diesem Club gewesen und hatte dabei Ortskenntnisse gesammelt. Lady Agatha folgte energisch. Man sah es ihr deutlich an, daß sie darauf brannte, sich endlich mal wieder betätigen zu können.

Parker hatte einen Seiteneingang erreicht, der selbstverständlich geschlossen war. Für ihn war das jedoch kein Hinderungsgrund. Mit seinem Spezialbesteck, das oberflächlich an das eines passionierten Pfeifenrauchers erinnerte, brachte Parker das Yale-Schloß dazu, sich umgehend zu öffnen. Parker drückte die Tür auf und betrat einen schmalen Korridor, der mit einem Teppichläufer ausgelegt war. Man hörte leise Musik aus der Tiefe des Hauses, wenig später das Klirren von Gläsern und Geschirr. Parker und Lady Agatha passierten eine nur angelehnte Tür, die den Blick in die Küche des Privatclubs gestattete. Nachdem sie eine vierstufige Treppe hinter sich gebracht hatten, erreichten sie eine Art Lichthof, auf den einige Türen mündeten. Die Musik war jetzt besser zu hören.

Josuah Parker hielt auf eine der Türen zu und zuckte mit keiner Wimper, als sie plötzlich geöffnet wurde. Ein drahtiger Mann, vielleicht dreißig Jahre alt in tadellos geschnittenem Smoking blieb überrascht stehen und musterte Parker und Lady Agatha.

»Wo kommen Sie denn her?« fragte er.

»Kann man davon ausgehen, daß Sie schweigen können?« stellte Parker die Gegenfrage, während er höflich die schwarze Melone lüftete.

»Natürlich kann ich schweigen«, reagierte der junge Mann verblüfft.

»Meine Wenigkeit ebenfalls«, betonte Josuah Parker und ... setzte dann die Wölbung seiner Kopfbedeckung auf die Stirn des Mannes. Da die Melone mit Stahlblech gefüttert war, rutschte der Getroffene wieder gegen die Tür, öffnete sie ungewollt und war dann nicht mehr in der Lage, weitere Fragen zu stellen.

*

Die drei beleibten Männer in einem komfortabel eingerichteten Büro nahmen erst mit einiger Verspätung wahr, daß sich Besuch eingestellt hatte. Bernie Craine, dick, groß und mit einer Halbglatze versehen, stemmte sich aus seinem Ledersessel und blickte Parker völlig irritiert an. Die beiden anderen Männer, gut und gern einen Kopf kleiner, waren nur neugierig. Sie hatten eindeutig keine Ahnung, wer Josuah Parker war. Auch der Butler hatte die glatten, geröteten Gesichter vorher noch nie gesehen.

»Parker?« fragte Bernie Craine.

»Meine bescheidene Wenigkeit erlaubt sich, Sie, Mr. Craine, Lady Simpson vorzustellen.«

»Lady Simpson?« Bernie Craine hüstelte nervös. Dieser Name schien ihm einiges zu sagen. Die beiden anderen Männer hingegen glaubten wohl an einen Scherz.

»Woher hast du denn diese Ulknummern, Bernie?« fragte der kleinere der beiden Männer.

»Die sind ja direkt variétereif«, urteilte der zweite Gast und lachte schallend.

»Meinen Sie mich?« erkundigte sich die ältere Dame. Ihr perlenbestickter Pompadour geriet in leichte Schwingung.

»Klar doch, altes Mädchen«, erwiderte der Kleinere und lachte ebenfalls hemmungslos. Lady Agatha nickte erfreut ob dieser Antwort, schob ihre majestätische Fülle vor und ... verabreichte dem Lachenden eine ihrer gefürchteten Ohrfeigen.

Der so Behandelte flog fast aus dem Ledersessel und lachte nicht mehr.

»Sagten Sie altes Mädchen zu mir?« fragte Agatha Simpson den zweiten Gast.

»Ich ... ich hab’ kein Wort gesagt«, behauptete der Mann und hob abwehrend die Hände, dabei zog er unwillkürlich den Kopf ein. Doch dann jaulte er gequält auf. Lady Agatha hatte die Spitze ihres linken Schuhs gegen das rechte Schienbein des Mannes gesetzt.

»Wagen Sie es nicht noch mal, eine wehrlose Frau zu beleidigen«, warnte Agatha Simpson die beiden Männer, »ich könnte sonst nämlich ärgerlich werden.«

»Guter Gott, was haben Sie da getan?« Bernie Craine war kreidebleich und rang die Hände, »das sind... Äh... Also wissen Sie, Lady, es sind meine Gäste.«

»Wer sind die beiden Subjekte?« wollte die Detektivin umgehend wissen.

»Eine baldige Antwort wäre angebracht«, schaltete Josuah Parker sich höflich ein.

»Zwei Besucher aus den Staaten«, erwiderte Bernie Craine hastig, »ich kenne ihre Namen noch nicht und ...«

»Sie haben die Stirn, mich belügen zu wollen?« Agatha Simpson klatschte ihren Pompadour auf die Brust des Nachtclubbetreibers. Bernie Craine atmete daraufhin zischend aus und wurde in den Sessel zurückgeworfen. Dann schnappte er nach Luft und fingerte nach seiner Brustpartie. Er hatte das Gefühl, von einem auskeilenden Pferd getroffen worden zu sein.

»Hale Brady und Lefty Sonteff«, stöhnte Craine, »sie wollen hier in London einen Club aufmachen.«

»Sie wollen nicht zufällig gestohlene Autos aufkaufen?« fragte die ältere Dame ungewöhnlich freundlich. Sie verzichtete wieder mal auf jede Einleitung und kam sofort zur Sache.

»Gestohlene Autos?« Craine zwinkerte nervös. »Wie kommen Sie denn darauf?«

»Mr. Parker wird Ihnen die Einzelheiten mitteilen, mein Bester.« Die ältere Dame hatte Flaschen und Gläser auf einem Beistelltisch entdeckt und bediente sich umgehend. Sie entschied sich für einen doppelten Brandy. Die Besucher aus den Staaten blickten völlig konsterniert auf die Gäste. Sonteff, der kleinere der beiden Männer, strich vorsichtig über seine brennende Wange, Brady massierte sein schmerzendes Schienbein. Bernie Craine tastete sich mit der linken Hand vorsichtig an eine auf dem Schreibtisch angebrachte Klingel heran.

»Mylady würde es mit Sicherheit als einen unfreundlichen Akt betrachten, Mr. Craine, falls Sie die Klingel betätigen sollten«, erklärte Josuah Parker höflich, worauf Craine hastig seine Hand zurückzog und sich zum Ausgleich mit seiner leicht geprellten Brustpartie befaßte.

»Sie also lassen Luxuswagen stehlen«, schaltete die Detektivin sich ein, die nachhaltig ihren Kreislauf gestützt hatte. Ihre Wangen färbten sich rosig. Sie blickte streng auf Craine.

»Ich habe keinen blassen Schimmer, wovon Sie eigentlich reden«, antwortete der Betreiber des Nachtclubs schnell.