Parker sorgt für kalte Duschen - Günter Dönges - E-Book

Parker sorgt für kalte Duschen E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! »Könnten Sie Ihr Angebot freundlicherweise wiederholen?« fragte Josuah Parker höflich. »Vermutlich hat sich hier ein kleines Mißverständnis eingeschlichen.« Butler Parker sah sich zwei jungen Männern gegenüber, die einen durchaus seriösen Eindruck machten. Sie waren vielleicht so um die fünfundzwanzig, mittelgroß und schlank. Einer von ihnen trug einen flachen Aktenkoffer, den er gerade öffnete. »Wir versichern Fensterscheiben«, erklärte dieser Mann und legte eine Art Prospekt heraus, »aber Sie können sich bei uns auch gegen Brand, Diebstahl und sonstige Schäden versichern.« »Das Leben ist voller Überraschungen«, fügte sein Kollege hinzu und blickte sich in der großen Wohnhalle um, »Sie haben hier etliche Werte. Stellen sie sich nur mal vor, das alles hier würde in Flammen aufgehen.« »In der Tat, das könnte man nur als bestürzend bezeichnen«, antwortete der Butler, »leider ist die Kompetenz meiner Wenigkeit nicht ausreichend, um Abschlüsse zu tätigen. Wie Sie sehen, bin ich nur der Butler dieses Hauses.« »Das sieht man ganz deutlich«, bestätigte der junge Mann, »sowas wie Sie gibt's eigentlich nur noch im Fernsehen oder im Kino.« Diese Feststellung war keineswegs übertrieben. Josuah Parker, ein Mann unbestimmbaren Alters, war die Verkörperung des hochherrschaftlichen englischen Butlers. Er trug einen schwarzen Zweireiher, einen weißen Eckkragen und einen schwarzen Binder. Sein Gesicht war glatt und ausdruckslos.

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Butler Parker – 182 –

Parker sorgt für kalte Duschen

Günter Dönges

»Könnten Sie Ihr Angebot freundlicherweise wiederholen?« fragte Josuah Parker höflich. »Vermutlich hat sich hier ein kleines Mißverständnis eingeschlichen.«

Butler Parker sah sich zwei jungen Männern gegenüber, die einen durchaus seriösen Eindruck machten.

Sie waren vielleicht so um die fünfundzwanzig, mittelgroß und schlank. Einer von ihnen trug einen flachen Aktenkoffer, den er gerade öffnete.

»Wir versichern Fensterscheiben«, erklärte dieser Mann und legte eine Art Prospekt heraus, »aber Sie können sich bei uns auch gegen Brand, Diebstahl und sonstige Schäden versichern.«

»Das Leben ist voller Überraschungen«, fügte sein Kollege hinzu und blickte sich in der großen Wohnhalle um, »Sie haben hier etliche Werte. Stellen sie sich nur mal vor, das alles hier würde in Flammen aufgehen.«

»In der Tat, das könnte man nur als bestürzend bezeichnen«, antwortete der Butler, »leider ist die Kompetenz meiner Wenigkeit nicht ausreichend, um Abschlüsse zu tätigen. Wie Sie sehen, bin ich nur der Butler dieses Hauses.«

»Das sieht man ganz deutlich«, bestätigte der junge Mann, »sowas wie Sie gibt’s eigentlich nur noch im Fernsehen oder im Kino.«

Diese Feststellung war keineswegs übertrieben. Josuah Parker, ein Mann unbestimmbaren Alters, war die Verkörperung des hochherrschaftlichen englischen Butlers. Er trug einen schwarzen Zweireiher, einen weißen Eckkragen und einen schwarzen Binder. Sein Gesicht war glatt und ausdruckslos.

»Welche Versicherung vertreten die Herren?« erkundigte sich Parker gemessen.

»Wir sind ’ne Privatversicherung«, schaltete der zweite Besucher sich ein, ich würde Ihnen raten, erst mal ’ne Scheibenversicherung abzuschließen. Auf dem Gebiet tut sich momentan eine ganze Menge.«

»Man wird Lady Simpson entsprechend informieren.«

»Wer ist Lady Simpson?« fragte der junge Mann, der seinen flachen Aktenkoffer schloß.

»Die Hausherrin«, erläuterte Josuah Parker, »meine Wenigkeit sollte Ihnen nicht verhehlen, daß man hier in Shepherd’s Market ungemein sicher lebt.«

»Wir hätten nie gedacht, daß es so was noch gibt«, räumte der zweite Besucher ein, »so viele alte Fachwerkbauten auf einem Fleck habe ich hier in London noch nie gesehen.«

»Fachwerk brennt wie Zunder«, warnte sein Kollege eindringlich, »Sie sollten sich schnell entscheiden.«

»Wie hoch wäre der monatliche Beitrag für eine Scheibenversicherung?« wollte der Butler wissen.

»Na ja, in diesem Fall hier gut und gern fünfzig Pfund pro Monat.«

»Würden Sie das freundlicherweise wiederholen?«

»Fünfzig Pfund«, lautete die Antwort, »und denken Sie auch an ’ne hübsche kleine Brandversicherung. Sie haben doch bestimmt in den Zeitungen gelesen, daß eine Street-Gang unterwegs ist, die alles zusammenschlägt, was ihr unter die Finger kommt.«

»Und die auch Brände legt und Wagen demoliert«, fügte der zweite Vertreter hinzu.

»Mylady kommt erst gegen Abend wieder zurück.«

»Okay, dann lassen wir uns noch mal sehen«, kam der Bescheid, »wir können nur hoffen, daß bis dahin nichts passiert.«

»Wir drücken Ihnen sogar die Daumen«, meinte der erste Mann, »wie sieht das mit den Leuten hier am Platz aus?«

»Sie sprechen von den Bewohnern der benachbarten Fachwerkhäuser?«

»Richtig. Die sind doch ebenfalls gefährdet.«

»Diese Herrschaften sind auf dem Land«, erklärte Parker.

»Scheint ’ne ziemlich finanzstarke Ecke zu sein.«

»Dies möchte meine Wenigkeit nicht ausschließen.«

»Gut, also bis gegen Abend.« Die beiden jungen Versicherungsvertreter gingen auf den verglasten Vorflur zu. »Drücken Sie die Daumen, damit bis dahin nichts passiert.«

»Meine Wenigkeit wird sich erlauben, Ihrer Anregung Folge zu leisten«, antwortete der Butler und öffnete die schwere Haustür. Die beiden Männer verließen das altehrwürdige Fachwerkhaus und gingen zu ihrem Morris, den sie neben Parkers hochbeinigem Monstrum abgestellt hatten.

Der Butler merkte sich selbstverständlich das Kennzeichen und deutete eine knappe Verbeugung an, als der Wagen wenig später den säulengetragenen Vorbau des Hauses passierte. Bald darauf war der Morris auf der nahen belebten Durchgangsstraße verschwunden.

Josuah Parker, der die beiden Vertreter nicht ohne Grund eingelassen hatte, öffnete einen Wandschrank neben dem verglasten Vorflur und betätigte dort einen der vielen Schalthebel. Daraufhin senkten sich engmaschige Rollgitter und sicherten die bleiverglasten Scheiben im Erd- und Obergeschoß des Hauses.

Parker rechnete fest mit Glasbruch.

*

»Und Sie haben diese Lümmel nicht sofort an die frische Luft gesetzt?« wunderte sich Lady Agatha Simpson. Sie war eine majestätische Erscheinung, hatte das sechzigste Lebensjahr mit Sicherheit überschritten und machte dennoch einen energischen Eindruck. Mit dem Blut- und Geldadel der Insel eng verschwistert und verschwägert, galt die passionierte Detektivin in ihren Kreisen als eine Art Paradiesvogel, der allerdings ein wenig füllig ausgefallen war. Sie war sehr reich, pfiff auf alle Konventionen, konnte höchst drastisch werden und betätigte sich als Kriminalistin. Agatha Simpson bekämpfte das Verbrechen auf ihre spezielle Art. Begriffe wie Logik oder Vorsicht waren ihr fremd. Sie sagte stets ungeniert das, was sie gerade dachte. Vielleicht verunsicherte gerade das ihre Gegner immer wieder. Hinzu aber kam Josuah Parker, der diskret seine schützende Hand über die ältere Dame hielt und sie vor Schaden bewahrte.

»Die beiden jungen Vertreter dürften mit Sicherheit bald erneut in Erscheinung treten, Mylady«, prophezeite Josuah Parker, »mit einem Anschlag auf die Fensterscheiben von Myladys Haus ist fest zu rechnen.«

»Aha, man will mich also unter Druck setzen, nicht wahr?«

»In der Tat, Mylady«, sagte der Butler, »Mylady haben es mit einer neuen Form der Erpressung von Schutzgeldern zu tun.«

»So etwas werde ich selbstverständlich nicht dulden, Mr. Parker. Was werde ich dagegen unternehmen?«

»Mylady werden die Steinwerfer zur Rechenschaft ziehen.«

»Darauf können Sie sich verlassen, Mr. Parker.« Sie nickte nachdrücklich, »treffen Sie alle Vorbereitungen. Sie wissen hoffentlich, worauf es mir ankommt.«

»Auf Effizienz, Mylady.«

»Aha.« Sie sah ihn ein wenig irritiert an. »Ich lasse Ihnen freie Hand, Details interessieren mich nicht.«

»Darf man Mylady jetzt einen kleinen Imbiß servieren?«

»Aber ja doch, Mr. Parker.« Sie nickte huldvoll: »aber nur ein paar Kleinigkeiten.«

Sie begab sich in den kleinen Salon neben der großen Wohnhalle und hatte ihn noch nicht ganz erreicht, als plötzlich das aufreizende Knattern von schweren Motorrädern zu vernehmen war. Lady Agatha wechselte die Richtung und baute sich vor einem der Fenster eines kleinen Erkers auf. Sie machte zwei Maschinen aus, auf deren Rücksitzen Beifahrer saßen. Mit großer Geschwindigkeit jagten die beiden Motorräder auf die Frontseite des Hauses zu. Dann holten die Mitfahrer weit aus und warfen pflastersteingroße Würfel auf die Fenster.

Mylady fuhr unwillkürlich zurück und nahm schützend die Arme hoch.

Parker, der neben seiner Herrin erschien, zuckte mit keiner Wimper. Er setzte fest auf das feine, engmaschige Schutzgitter, das die Wurfgegenstände auffing und federnd zurückwarf.

»Eine Unverschämtheit«, grollte die ältere Dame, »Mr. Parker, ich warte auf Ihre Reaktion.«

»Die beiden Motorräder kehren noch mal zurück, Mylady«, meldete Josuah Parker. Er beobachtete weiter die Maschinen, deren Benutzer tiefschwarze Jet-Schutzhelme trugen. Die Soziusfahrer holten erneut aus und warfen zum zweiten Mal. Und wieder ließ das Schutzgitter die Wurfgegenstände zurückfedern.

Danach kurvten die Fahrer mit ihren Maschinen ein und jagten zurück zur nahen Durchgangsstraße. Dazu mußten sie aber das hohe Tor aus Schmiedeeisen passieren, das den weiten Vorplatz vor dem Haus zur Straße hin begrenzte und abschloß.

Dieses Tor schloß sich bereits erstaunlich schnell.

Bei der Einfahrt hatten die Fahrer eine Lichtschranke passiert und den Mechanismus zur Schließung ausgelöst. Wenige Augenblicke später mußten sie eine gewagte Notbremsung vornehmen. Sie schafften es nicht mehr, den weiten Innenhof mit seinen gepflegten Blumenrabatten zu verlassen, kamen aus dem Gleichgewicht, verloren die Balance und flogen von den Maschinen, die haltlos über das Pflaster glitten und krachend an der Tormauer landeten.

Die Motorradfahrer hatten sich ihren Maschinen nach und konnten von Glück sagen, daß sie Lederkleidung trugen. Sie blieben benommen liegen und begriffen erst mit einiger Verspätung, was passiert war.

»Sehr schön«, lobte die ältere Dame, die alles beobachtet hatte, »das wird diesen Lümmeln eine erste Lehre sein. Sorgen Sie dafür, Mr. Parker, das ich die Kerle verhören kann.«

»Die Motorradfahrer hatten sich hochgerappelt und standen vor dem geschlossenen Gittertor. Dann blickten sie zum Fachwerkhaus hinüber, kletterten am Gitter hoch und mühten sich ab, auf die Durchgangsstraße zu kommen. Verständlicherweise kümmerten sie sich nicht weiter um ihre Maschinen. Parker sah deutlich, daß die vier jungen Leute in ihren Bewegungen mehr als nur leicht gehemmt waren. Die Rutschpartie über das Kopfsteinpflaster des Vorhofes schien sie doch mitgenommen zu haben.

»Mylady brauchen sich nicht zu sorgen«, sagte Josuah Parker, »man wird versuchen, die beiden Maschinen zu bergen. Dann wird Gelegenheit sein, sich mit den Werfern näher zu befassen.«

»Ich habe es natürlich mit einer Bande zu tun«, stellte Agatha Simpson fest und nickte nachdrücklich, »und ihr werde ich das Handwerk legen, Mr. Parker. Schließlich wollte man mir die Fensterscheiben einwerfen.«

»Die von Mylady angesprochene Bande wird versuchen, die Scharte auszuwetzen«, versicherte Parker, »die bald zu erwartende Dunkelheit dürfte die Täter animieren, aktiv zu werden.«

»Hoffentlich«, entgegnete die Detektivin, »im Fernsehen läuft ohnehin nichts, was mich interessieren könnte. Sie wissen, Mr. Parker, ich hasse Langeweile.«

Parker wußte es nur zu gut.

*

»Natürlich hat sich bisher nichts getan«, meinte Anwalt Rander, der sich mit Kathy Porter im Haus der Lady Simpson eingefunden hatte, »diese Knaben dürften inzwischen wissen, mit wem sie sich anlegen wollten.«

Mr. Mike Rander, um die vierzig, erinnerte – was sein Äußeres betraf – an einen bekannten James-Bond-Darsteller. Er war Anwalt, hatte in der nahen Curzon Street seine Kanzlei, über der er auch wohnte, und verwaltete neben seiner Tätigkeit als Verteidiger das Vermögen der Agatha Simpson.

Vor Jahren war er zusammen mit Butler Parker in den Staaten gewesen und hatte dort mit ihm eine Serie von Abenteuern erlebt. Seinerzeit hatte Parker noch als Butler für Mike Rander gearbeitet.

Kathy Porter war die Sekretärin und Gesellschafterin der Lady Agatha. Sie war eine sehr attraktive Erscheinung, hatte rotbraunes Haar und den mandelförmigen Augenschnitt einer Exotin. Sie wirkte vielleicht auf den ersten Blick hin wie ein scheues Reh, doch wenn es darauf ankam, konnte sie sich blitzschnell in eine Pantherkatze verwandeln. Kathy Porter wußte sich durchaus ihrer Haut zu wehren und war in fast allen Künsten fernöstlicher Selbstverteidigung beschlagen.

Zwischen ihr und Mike Rander herrschte ein mehr als nur freundschaftliches Verhältnis. Lady Simpson wartete nämlich darauf, endlich für die beiden die Hochzeit ausrichten zu können. Sie tat alles, um diesen Vorgang zu beschleunigen und sah es mehr als gern, daß Kathy inzwischen für Mike Rander drüben in der nahen Kanzlei arbeitete.

»Sie haben das Kennzeichen dieses Morris«, warf Kathy Porter ein und blickte Parker an, »könnte man über diesen Wagen nicht an die beiden Vertreter herankommen?«

»Genau das, meine Liebe, wollte auch ich gerade sagen«, lobte Lady Simpson wohlwollend, »ich denke nicht daran, die Hände in den Schoß zu legen, Mr. Parker.«

»Man wird sicher versuchen, Mylady, im Schutz der Nacht die beiden Motorräder zu bergen«, antwortete Josuah Parker. Nach dem Dinner reichte der Butler vorn in der großen Wohnhalle den Mokka.

»Wie ich Sie kenne, haben Sie die Motorräder natürlich besonders gesichert, wie?« erkundigte sich der Anwalt.

»Mittels einer soliden Stahlkette, Sir«, bestätigte Parker.

»Das Tor ist einladend weit geöffnet«, sagte Kathy Porter.

»Wenn die Burschen klug sind, werden sie auf die beiden Maschinen verzichten«, erklärte der Anwalt, »tun sie es, dann dürfte erwiesen sein, daß sie von einem Profi geführt werden««

»Eine Ansicht, Sir, die mit Ihnen zu teilen ich mir erlaube«, ließ Josuah Parker sich vernehmen. »Falls man sich mit dem Besitzer des Morris beschäftigt, könnte man eine erste Klärung der Dinge bewirken.«

»Das denke ich auch, Mr. Parker.« Lady Agatha nickte. »Und was werde ich damit abklären?«

»Ob man es mit einer sogenannten Street-Gang zu tun hat, Mylady, oder aber mit einer profihaft geführten Gang.«

»Und worin besteht der Unterschied? Ich weiß es natürlich, aber wissen auch Sie es?«

»In einer Street-Gang, Mylady, schließen sich junge Leute zusammen, die im Sinn der Gesetze erst noch kriminell werden können. Man könnte sie auf den sprichwörtlichen Pfad der Tugend zurückgeleiten. Bei einer Profi-Gang dürfte man tauben Ohren predigen, um es mal so auszudrücken.«

»Sollte man sich nicht mal mit Chief-Superintendent McWarden in Verbindung setzen, Mylady?« fragte Kathy Porter. »Vielleicht weiß er bereits etwas von diesen Pflastersteinwerfern.«

»Er wird dann nur wieder meine Kreise stören«, wehrte die ältere Dame umgehend ab, »Sie wissen doch, Kindchen, wie ungeschickt der gute McWarden ist.«

»Also warten wir erst mal ab«, faßte Mike Rander zusammen.

»Aber keineswegs, mein Junge«, lautete Lady Simpsons Antwort, und die Detektivin reagierte genau so, wie Mike Rander es gewünscht hatte, »selbstverständlich werde ich die Initiative ergreifen. Mr. Parker, verschaffen Sie mir die Adresse der beiden Lümmel, die im Morris gekommen sind. Ich bin es gewöhnt, den Dingen stets auf den Grund zu gehen. Daher rühren ja schließlich auch meine Erfolge.«

Parker, Kathy Porter und Mike Rander tauschten schnell einen Blick. An Unbescheidenheit hatte Lady Agatha noch nie gelitten.

*

»Natürlich fahre ich einen Morris«, sagte Ken Kogan, ein dicklicher Mann von etwa fünfzig Jahren und starrte Agatha Simpson respektvoll an, »das habe ich ja gar nicht abgestritten.«»

Ken Kogan stand in der Haustür zu seinem schmalbrüstigen Eigenheim im Stadtteil Clerkenwell und fuhr sich nervös über das schüttere Haar. Er sah sich Lady Agatha gegenüber, hinter der Butler Parker Aufstellung genommen hatte.

»Leugnen wäre auch sinnlos gewesen, junger Mann«, meinte die ältere Dame mit ihrer baritonal gefärbten Stimme, »und an wen haben Sie Ihren Wagen ausgeliehen?«

»Ausgeliehen?« Der Mann, der Ken Kogan hieß, schluckte vor Aufregung.

»Ich habe meinen Wagen nicht ausgeliehen.«

»Sie sollten Mylady vielleicht ins Haus bitten«, schlug Josuah Parker höflich vor.

»Mylady? Guter Gott, eine echte Lady! Natürlich, treten Sie näher. Warum interessieren Sie sich für meinen Morris?«

»Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet, junger Mann«, erinnerte die ältere Dame und schob ihre majestätische Fülle durch die schmale Haustür. Ken Kogan ging voraus und führte sie in ein kleines Wohnzimmer, in dem ein Fernsehgerät lief. Die Einrichtung bestand aus Plüsch. »Ich habe meinen Wagen nicht ausgeliehen«, wiederholte Kogan, »auf solch einen Gedanken würde ich nie kommen. Wer verleiht schon seinen Wagen?«

»Sie, um nur ein Beispiel zu nennen, junger Mann«, grollte Lady Agatha, »Ihr Wagen ist in der Nähe von Hyde Park unangenehm aufgefallen. War es nicht so, Mr. Parker?«

»In der Tat«, bestätigte der Butler und korrigierte ein wenig die Wahrheit, »Ihr erwähnter Morris soll an einem kleinen Verkehrsunfall beteiligt gewesen sein.«

»Das ist ausgeschlossen«, sagte Ken Kogan, »ich bin seit gestern überhaupt nicht mit dem Wagen unterwegs gewesen. Auch vorgestern nicht. Ich fahre eigentlich nur samstags oder sonntags.«

»Haben Sie etwa einen entsprechenden Schwur geleistet?« erkundigte sich die ältere Dame.

»Nein, aber ich denke schließlich an die Kosten. Verstehen Sie? Ich verdiene einfach nicht genug, um jeden Tag zur Arbeit zu fahren. Ich habe es ohnehin nicht weit, ich gehe zu Fuß.«

»Darf man sich nach Ihrem Beruf erkundigen?« fragte Josuah Parker.

»Ich bin in einer Autowaschanstalt beschäftigt«, lautete prompt die Antwort, »ich erledige da die Buchung. Besonders viel verdiene ich nicht, aber ich bin ja allein. Junggeselle, verstehen Sie?«

»Und wo befindet sich Ihr Wagen zur Zeit?« erkundigte sich der Butler höflich weiter, während die Detektivin Bilder und Fotos links und rechts des kleinen Kamins betrachtete. In dem vorgetäuschten Kamin gab es eine Gasheizung, die trotz der warmen Außentemperaturen eingeschaltet war.

»Ich möchte jetzt endlich wissen, wer Sie, sind und warum Sie diese Fragen stellen?« Ken Kogan hatte sich aufgerafft und wollte energisch wirken, fiel aber nach seiner Frage wieder förmlich in sich zusammen. Er hüstelte nervös.

»Meine Wenigkeit war so frei, Mylady bereits vorzustellen«, gab Josuah Parker zurück, »würden Sie sich freundlicherweise zu Ihrem Wagen äußern?«

»Mein Morris steht in einer Sammelgarage hinter dem Block«, erwiderte Ken Kogan, »und wenn Sie wollen, können Sie sich den Wagen ja mal ansehen.«

»Und ob ich will, junger Mann!« Agatha Simpson setzte sich in Bewegung. Ken Kogan drückte sich an ihrer Fülle vorüber und übernahm die Führung. Es ging durch eine kleine Küche, dann über eine Hintertreppe hinaus in einen winzigen Garten. Hier öffnete Kogan eine ebenfalls schmale Tür in der Mauer und führte seine Besucher dann zur Sammelgarage. Unter einem Wellblechdach standen etwa acht bis zehn Wagen, die voneinander nur durch Maschendraht getrennt wurden. Ken Kogan deutete auf einen Wagen und ... stutzte.

»Mein Morris«, sagte er dann mit heiserer Stimme, die immer schriller wurde, »mein Morris ... mein Morris ist weg ... Er ist gestohlen worden! Mein Morris ist weg!«

»Sie sagten es bereits mehrfach und geradezu überdeutlich«, gab Josuah Parker zurück, »wann sahen Sie ihn zum letzten Mal?«

»Heute nachmittag. Vor ein paar Stunden erst. Ich hatte die Polster abgesaugt und die Scheiben gewaschen.«

»Sie sollten sich wegen des bedauerlichen Verlustes an die zuständige Behörde wenden«, schlug Parker vor, »man wird Ihren Wagen mit einiger Sicherheit finden.«

»Aber in welchem Zustand?« Kogan war zutiefst erschüttert und den Tränen nahe. Er nahm kaum wahr, daß Lady Simpson und Butler Parker den schmalen Fußweg hinter den Reihenhäusern benutzten, um zum hochbeinigen Monstrum des Butlers zurückzugehen.

»Schuldig, Mr. Parker, oder nicht schuldig?« fragte die Detektivin, »ich bin doch.sehr gespannt, was Sie dazu sagen.«

»Meine Wenigkeit möchte Mylady den Vortritt überlassen«, gab Josuah Parker zurück. »Und bei dieser Gelegenheit sollte man darauf verweisen, daß Mylady wahrscheinlich mit einem Zwischenfall zu rechnen haben.«

»Zwischenfall?« Sie runzelte die Stirn.

»Meine Wenigkeit möchte auf die Gruppe Jugendlicher verweisen, die sich augenscheinlich zusammengerottet hat, um Mylady den Weg zu versperren.«

Parkers Stimme klang höflich-diszipliniert wie stets.

*

Es waren vier junge Schläger, die Lady Simpson und Butler Parker eindeutig im Weg standen. Sie hatten sich nebeneinander aufgebaut und führten erstaunlicherweise Hockeyschläger mit sich, die in ihren Händen sehr gefährlich aussahen.