Parker spielt mit alten Schwarten - Günter Dönges - E-Book

Parker spielt mit alten Schwarten E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! Butler Parker war konsterniert. Lady Simpson, die füllige und majestätische Erscheinung, hatte ihr Frühstück beendet und wandte sich plötzlich mit geradezu tragischer Geste an ihn und blickte ihn eindringlich an. Ihre sonst herben und strengen Gesichtszüge waren aus unerfindlichen Gründen weich geworden, hatten einen fast bittenden und beschwörenden Ausdruck angenommen. Dies allein reichte bereits, in Parker eine echte Überraschung auszulösen. Nun räusperte die ältere Dame sich ein wenig und reichte ihm die Hand. »Mylady hegen noch Wünsche?« erkundigte er sich in seiner höflichen Art. »Mein königlicher Herr«, antwortete Lady Agatha, »Ihr seid kein heitrer Wirt...« »Wie Mylady zu meinen belieben«, erwiderte der Butler gemessen und wußte nicht recht, ob er Myladys Hand ergreifen sollte. Vertraulichkeiten dieser Art waren ihm fremd. Er war das Urbild des hochherrschaftlichen Butlers, der schon von sich aus auf Distanz hielt. »Mein königlicher Herr«, wiederholte Agatha Simpson erneut, »Ihr seid kein heitrer Wirt. Das Fest ist feil, wird das Mahl in seinem Fortgang oft durch Willkomm' erst geschenkt. Man speist am besten daheim, doch auswärts macht die Höflichkeit den Wohlgeschmack der Speisen, nüchtern wäre Gesellschaft sonst.« »Mylady waren mit dem Frühstück nicht zufrieden; erkundigte sich Josuah Parker. »Ihr habt die Lust verscheucht und die Geselligkeit gestört durch höchst fremdart'ge Grillen.« Agatha Simpson räusperte sich erneut und blickte ihren Butler streng an.

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Butler Parker – 146 –

Parker spielt mit alten Schwarten

Günter Dönges

Butler Parker war konsterniert.

Lady Simpson, die füllige und majestätische Erscheinung, hatte ihr Frühstück beendet und wandte sich plötzlich mit geradezu tragischer Geste an ihn und blickte ihn eindringlich an. Ihre sonst herben und strengen Gesichtszüge waren aus unerfindlichen Gründen weich geworden, hatten einen fast bittenden und beschwörenden Ausdruck angenommen.

Dies allein reichte bereits, in Parker eine echte Überraschung auszulösen. Nun räusperte die ältere Dame sich ein wenig und reichte ihm die Hand.

»Mylady hegen noch Wünsche?« erkundigte er sich in seiner höflichen Art.

»Mein königlicher Herr«, antwortete Lady Agatha, »Ihr seid kein heitrer Wirt...«

»Wie Mylady zu meinen belieben«, erwiderte der Butler gemessen und wußte nicht recht, ob er Myladys Hand ergreifen sollte. Vertraulichkeiten dieser Art waren ihm fremd. Er war das Urbild des hochherrschaftlichen Butlers, der schon von sich aus auf Distanz hielt.

»Mein königlicher Herr«, wiederholte Agatha Simpson erneut, »Ihr seid kein heitrer Wirt. Das Fest ist feil, wird das Mahl in seinem Fortgang oft durch Willkomm’ erst geschenkt. Man speist am besten daheim, doch auswärts macht die Höflichkeit den Wohlgeschmack der Speisen, nüchtern wäre Gesellschaft sonst.«

»Mylady waren mit dem Frühstück nicht zufrieden; erkundigte sich Josuah Parker.

»Ihr habt die Lust verscheucht und die Geselligkeit gestört durch höchst fremdart’ge Grillen.«

Agatha Simpson räusperte sich erneut und blickte ihren Butler streng an. Parker fühlte sich unwohl, zeigte es jedoch nicht. Sein Gesicht blieb glatt und ausdruckslos wie das eines professionellen Pokerspielers. Solch eine Ausdrucksweise kannte er nicht, wie Lady Simpson sie gebrauchte. Normalerweise verzichtete sie auf alle sprachlichen Schnörkel und sagte rundheraus das, was sie dachte. Rücksichten waren ihr fremd.

»Sollte meine Wenigkeit Myladys Unwillen erregt haben?« erkundigte er sich sicherheitshalber.

»Ich bitt’ Euch, sprecht nicht! Es wird schlimm und schlimmer ...«

Lady Agatha hob ihren rechten Arm. legte die Außenseite ihrer Hand gegen die Stirn und schloß die Augen. Dann stieß sie einen tiefen Seufzer aus.

»Sollten Mylady sich nicht wohl fühlen?« fragte Parker ehrlich besorgt. »Unsinn«, raunzte sie sofort und nahm ihre Hand wieder von der Stirn, »haben Sie denn noch immer nicht begriffen, Mr. Parker?«

»Nicht unbedingt, Mylady«, gestand Josuah Parker erleichtert. Nun war der Tonfall wieder völlig normal.

»Ich habe zitiert, Mr. Parker«, redete die ältere Dame weiter, »es handelte sich um einen klassischen Text.«

»Mylady sehen meine bescheidene Wenigkeit ungemein erleichtert.«

»Sie haben den Text nicht erkannt, Mr. Parker? Ich muß mich doch sehr wundern!«

»Könnte es sich möglicherweise um Shakespeare handeln, Mylady.«

»Getroffen«, erwiderte sie und nickte beifällig, »aber Sie wissen natürlich nicht, um welches Drama es sich handelt, oder?«

»Mylady sehen meine bescheidene Person momentan ein wenig rat- und hilflos«, gestand der Butler.

»Macbeth«, sagte sie, »ich arbeite an der Rolle der Lady Macbeth, Mr. Parker. Und Sie müssen zugeben, daß ich die Rolle bereits beherrsche.«

»Mylady waren in der Tat überzeugend.« Parker hütete sich, auch nur die Andeutung einer Kritik laut werden zu lassen.

»Ich arbeite gerade an der Wahnsinnsszene, Mr. Parker«, verkündete sie und stand auf. Sie drapierte den weiten Morgenmantel um ihre Fülle, »und wissen Sie auch, warum ich mich mit dieser Rolle befasse?«

»Mylady dürften damit eindeutig eine bestimmte Absicht verfolgen«, antwortete Josuah Parker. Er ahnte schreckliche Dinge.

»Ich werde die Lady Macbeth spielen, Mr. Parker«, sagte sie stolz und präsentierte ihren üppigen Busen, »ich habe beschlossen, die Theaterwelt zu verblüffen.«

»Mylady werden keinerlei Schwierigkeiten haben«, wußte Josuah Parker bereits im voraus.

»Ich werde die Leute staunen lassen«, prophezeite Lady Agatha, »ich werde selbstverständlich neue Maßstäbe setzen.«

»Man wird Mylady möglicherweise zu Füßen liegen«, übertrieb der Butler.

»Natürlich«, wußte sie und nickte wohlwollend, »ich werde mir ein Theater mieten und einige Schauspieler engagieren. Ich werde Geschichte machen und demonstrieren, wie man die Lady Macbeth wirklich spielen muß.«

»Die Kritiker der Welt werden Mylady feiern«, sagte Parker, »Mylady beabsichtigen, sich in Zukunft nicht mehr der Aufklärung von Kriminalfällen zu widmen?«

»Natürlich«, entgegnete sie, »ich werde nur noch der großen Kunst leben, Mr. Parker. Ich habe meine wirkliche Berufung gefunden!«

»Myladys Erlaubnis voraussetzend, möchte meine Wenigkeit sich erkühnen, Mylady zu diesem Entschluß zu gratulieren.« Parker deutete eine knappe Verbeugung an und glaubte ihr kein Wort.

»Auch für Sie, Mr. Parker, wird ein völlig neues Leben beginnen«, sagte Agatha Simpson umgehend und lächelte.

»Mylady erwecken Neugier in meiner Person.«

»Sie werden mir beim Einstudieren der Rolle die Stichworte geben«, ordnete sie an, »besorgen Sie sich ein Textbuch, Mr. Parker. Und dann brauche ich noch zeitgenössische Schriften zur Rolle der Lady Macbeth. Ich sagte Ihnen ja bereits, ich werde eine völlig neue Auffassung präsentieren.« Sie schritt zur geschwungenen Treppe, die ins Obergeschoß des altehrwürdigen Fachwerkhauses führte, blieb unten an der ersten Stufe stehen und blickte den Butler plötzlich aus großen Augen an, die Tragik und Furcht ausdrücken sollte.

»Zu Bett«, erklärte sie dann, »daß selbstgeschaffenes Grauen mich quält, ist Furcht des Neulings, dem die Übung fehlt! Wir sind noch jung im Handeln.«

»Wie Mylady zu meinen belieben«, antwortete Josuah Parker, der den sicheren Eindruck hatte, daß seine Herrin gerade erneut zitierte.

*

»Gott, was war das?« erkundigte sich Mike Rander. Der Anwalt war zusammen mit Kathy Porter aus der Bibliothek des Hauses gekommen und verfolgte die ältere Dame mit erstauntem Blick. Lady Agatha hatte die Galerie erreicht und verschwand im Korridor.

»Das hörte sich nach Shakespeare an«, sagte Kathy Porter nachdenklich.

»Lady Macbeth«, antwortete der Butler, »Mylady beabsichtigt, jene Bretter zu erobern, die die Welt bedeuten sollen.«

»Das war aber ein Zitat von Macbeth, nicht von seiner Frau«, meinte Kathy Porter und lächelte.

»Mylady dürfte es mit den Texten wohl nicht so genau nehmen«, ahnte der Butler, der dann ausführlich von den Absichten seiner Herrin berichten mußte.

Mike Rander, der vor Jahren zusammen mit Parker viele Abenteuer erlebte, war nach seinem Aufenthalt in den USA auf die Insel zurückgekehrt und verwaltete das beträchtliche Vermögen der älteren Dame. In der nahen Curzon Street bewohnte er ein Backsteinhaus, in dem sich auch seine Anwaltskanzlei befand.

Kathy Porter, die Sekretärin und Gesellschafterin der Lady, ging ihm dabei zur Hand. Zwischen ihr und Mike Rander hatte sich im Lauf der Zeit eine Beziehung entwickelt, die von Lady Agatha mit großer Freude und Genugtuung beobachtet wurde. Die ältere Dame tat alles, um diese Verbindung zu fördern. Sie träumte davon, die lieben Kinder, wie sie Mike Rander und Kathy Porter bezeichnete, miteinander zu verheiraten.

»Falls Lady Simpson das durchsteht, werden ruhige Zeiten auf uns zukommen, wie?« fragte Rander und blickte Parker an.

»Meine Wenigkeit wurde soeben als Stichwortgeber verpflichtet«, meinte der Butler.

»Viel Spaß«, erwiderte Rander und lächelte ironisch, »aber Sie haben ja bekannterweise starke Nerven, Parker. Sie werden es überleben.«

»Offen gesagt, Sir, die Aufklärung von Verbrechen wäre sicher nervenschonender.«

»Vielleicht haben Sie Glück, Parker. Stellen Sie sich mal vor, Sie würden als Darsteller engagiert. Wäre es nicht traumhaft, an Myladys Seite auf der Bühne zu stehen?«

»Sir, Sie erwecken in meiner Wenigkeit Gefühle, die man nur als ungut bezeichnen kann.«

»Wie wäre es denn mit der Rolle des Macbeth?« stichelte Rander weiter und zwinkerte Kathy Porter zu, »Sie würden sich bestens machen.«

»Sir, Sie versetzen meine Wenigkeit in eine gewisse Panik«, gestand der Butler. »Sie erlauben, daß man sich zurückzieht, zumal Mylady auf Bücher wartet, die sich auf ihre selbstgewählte Rolle beziehen?«

»Ich erlaube«, gab Rander zurück und verbeugte sich in komischer Eleganz, »aber lassen Sie sich die Sache mit der Rolle des Macbeth noch mal gründlich durch den Kopf gehen, Mylady und Sie wären ein reizvolles Paar!«

Butler Parker war erleichtert, als er etwa zehn Minuten später in seinem hochbeinigen Monstrum saß und von Shepherd’s Market aus in die City von London fuhr. Er glaubte zu wissen, wo er jene Bücher erhielt, die Mylady von ihm erwartete. Sein Ziel war eine Bibliothek in der Nähe der Fleet Street. Sie gehörte einem gewissen John Waters, der eine angesehene Buchhandlung betrieb und als Kenner der Literatur galt. Parker hatte die Absicht, diesem John Waters mitzuteilen und ihn um Hilfe zu bitten, was die von Mylady erwarteten Bücher betraf.

Während der ganzen Fahrt ging Parker nicht aus dem Kopf, was Mike Rander ihm ironisch vorgeschlagen hatte. Parker fürchtete, daß seine Herrin von sich auf den Gedanken kam, ihm eine Rolle zu übertragen.

Josuah Parker befaßte sich mit der Möglichkeit, in solch einem Fall auszuwandern.

*

Das dunkle Ladengewölbe war eine Oase der Stille.

Parker passierte die langen, mit Büchern gefüllten Regale und hielt Ausschau nach einem Verkäufer oder John Waters. Kunden waren nicht zu sehen, und Parker gestattete sich ein lautes Räuspern. Er wollte auf sich aufmerksam machen, hatte aber keinen Erfolg damit. Da er in der Vergangenheit schon einige Male in diesem Gewölbe war, schritt er weiter, passierte eine Art Querschiff und näherte sich dem Glasverschlag am Ende des Hauptgewölbes. Dort pflegte John Waters sich aufzuhalten.

Er war auch jetzt dort, doch er lag auf dem Boden und blutete aus einer Kopfwunde. Der Butler dachte an einen Unfall, beugte sich nieder und wollte sich um den Buchhändler kümmern. Dabei nahm er den altväterlich gebundenen Regenschirm von seinem angewinkelten linken Unterarm, legte ihn auf einen Aktenbock und hörte dann plötzlich im Magazin hinter dem Glasverschlag ein Geräusch, das ihm irregulär erschien. Parker richtete sich wieder auf und wechselte zur Tür des Magazins, dessen eisenbeschlagene Tür halb geöffnet war.

»Hallo?« rief Parker verhalten, stieß die Tür vollends auf und kam jetzt erst auf die Vermutung, daß John Waters vielleicht doch keinen Unfall erlitten hatte. Parker schob sich vorsichtig ins Magazin und ... sah plötzlich nichts mehr.

Diese Tatsache hing mit seiner schwarzen Melone zusammen, die man ihm tief in die Stirn getrieben hatte. Parker ging unter der Wucht des harten Schlages in die Knie, reagierte aber sofort geistesgegenwärtig und ließ sich seitlich fallen. Mit der linken Schulter stützte er sich dabei gegen ein Regal und griff gleichzeitig mit der rechten, schwarz behandschuhten Hand nach seiner Kopfbedeckung, um sie wieder in die normale Lage zu bringen. Er verfolgte damit auch die Absicht, sein Sehvermögen wiederherzustellen. Nur so war er schließlich in der Lage, sich auf den nächsten Angriff zu konzentrieren. Parker konnte sich nicht vorstellen, daß man ihn schonen würde. Er dachte an John Waters im Glasverschlag, der immerhin aus einer Kopfwunde blutete.

Der Butler konnte die schwarze Melone genau im richtigen Moment wieder nach oben drücken. Schräg vor sich machte er die Umrisse einer Person aus, die die Hände zum nächsten Schlag erhob. In diesen Händen befand sich augenscheinlich ein dickes Buch, das mit Sicherheit das Gewicht eines Vorschlaghammers hatte. Parker besaß die Nerven, diesen Schlag abzuwarten. Als die Person den Folianten erneut auf seinen Kopf setzen wollte, rollte der Butler sich noch mal seitlich weg und entging dem Schlag, der ihn bestimmt außer Gefecht gesetzt hätte.

Parker hörte einen Fluch, als der Foliant sein Ziel verfehlte. Die Gestalt wandte sich hastig ab und ergriff die Flucht. Parker erhob sich und verzichtete auf jede Verfolgung. Unnötige Hast war ihm fremd, zudem war der Vorsprung des Mannes schon zu groß. Daß es sich um einen Mann handelte, wußte er inzwischen. Er hatte deutlich eine Männerstimme ausgemacht.

Weit hinten im Magazin fiel eine Tür ins Schloß. Der Mann hatte sich endgültig abgesetzt und das Weite gesucht. Parker vergewisserte sich, daß die Melone korrekt auf dem Kopf saß, schnipste einige Stäubchen von seinem schwarzen Covercoat und begab sich zu John Waters.

Der Buchhändler war inzwischen zu sich gekommen und stöhnte. Er wollte sich aufrichten, doch ohne Parkers Hilfe hätte er es kaum geschafft. Waters öffnete die Augen und blickte Parker verblüfft an.

»Darf man sich nach Ihrem werten Befinden erkundigen, Mr. Waters?« fragte der Butler.

»Mr. Parker . ..?«

»Meine bescheidene Wenigkeit, Mr. Waters. Sie wurden das bedauernswerte Opfer eines Überfalls?«

»Der Kerl stand plötzlich hier hinter mir«, erklärte John Waters. Er war etwa sechzig, mittelgroß und hager. Er faßte nach der blutenden Verletzung am Hinterkopf und stöhnte, als Parker ihn behutsam in den Bürosessel drückte.

»Beraubte man Sie gewisser Barmittel?« fragte Parker, der sich im Glasverschlag bereits umgeschaut hatte. Der Butler deutete auf eine zerbeulte Blechkassette.

»Wenn schon«, meinte John Waters, »viel war nicht in der Kasse, nur ein paar Pfund.«

»Wenn Sie erlauben, wird man einen kurzen Blick in besagte Kasse werfen«, sagte Josuah Parker, um dann umgehend den Inhalt der Kassette zu überprüfen.

»Sie sind in der glücklichen Lage, keinen Verlust für sich verbuchen zu müssen«, meldete der Butler wenige Augenblicke später.

»Dann begreife ich überhaupt nichts mehr«, entgegnete Waters und blickte auf das Taschentuch, das er gegen die Platzwunde am Kopf gepreßt hatte, »warum bin ich dann niedergeschlagen worden?«

»Es könnte sich nicht um einen persönlichen Feind gehandelt haben?«

»Aber nein, mit wem sollte ich schon verfeindet sein, Mr. Parker? Ich habe keine Feinde und ...«

Das Telefon meldete sich in diesem Augenblick. Der Buchhändler hob ab, stutzte einen Moment und reichte dann den Hörer an Parker weiter.

»Ich muß Ihrer Geste entnehmen, daß man meine Wenigkeit zu sprechen, wünscht«, sagte Parker, um sich dann in die Verbindung einzuschalten.

»Parker, sind Sie’s?« fragte eine schneidend klingende Männerstimme.

»Ohne jeden Zweifel«, erwiderte der Butler, »die Form Ihrer Anrede läßt übrigens den Schluß zu, daß Sie die sprichwörtliche Kinderstube im Eiltempo durchmessen haben.«

»Zum Teufel mit Ihrer Kinderstube, Parker! Hören Sie jetzt mal genau zu, klar? Ich lasse mir von Ihnen nicht die Tour vermasseln, ist das kapiert worden?«

»Sie erwecken in mir ein gewisses Unverständnis.«

»Ich hab’ keine Ahnung, wieso und warum Sie sich an mich gehängt haben, Parker, aber hüten Sie sich! Das nächste Mal knall’ ich Ihnen nicht nur ’ne alte Schwarte auf den Kopf!«

»Sie deuten eine Steigerung Ihrer Methoden an?«

»Beim nächsten Mal, Parker, gibt’s blaue Bohnen. Also, halten Sie sich raus und spielen Sie nicht mit Ihrem Leben.«

»Sie könnten meiner Wenigkeit nicht freundlicherweise andeuten, wer Sie sind?«

»Na schön«, lautete die Antwort. Die schneidende Stimme ging in ironisches Lachen über, »ich bin der Maulwurf. Und jetzt können Sie mal rumrätseln, wer ich sein könnte.«

»Sie sind unlogisch«, stellte Parker in seiner höflichen Art fest, »vor wenigen Augenblicken deuteten Sie erst an, daß man sich kennt.«

»Zerbrechen Sie sich mal ruhig den Kopf, Parker.« Es klickte in der Leitung. Auf der Gegenseite war aufgelegt worden. Parker tat dies nun ebenfalls und wandte sich wieder dem Buchhändler zu, der gerade erneut sein Taschentuch gegen die Platzwunde drückte.

»Es geht schon wieder«, sagte John Waters, »es blutet nicht mehr.«

»Sie sollten vielleicht dennoch einen Arzt aufsuchen«, schlug Josuah Parker vor, »doch vorher möchte ich noch einen flüchtigen Blick ins Magazin werfen, wenn es erlaubt ist.«

»Ich komme mit«, sagte Waters, »vielleicht ist was gestohlen worden, Mr. Parker.«

»Sie verwahren dort kostbares Gut?«

»In einem Stahlschrank.« Der Buchhändler nickte. »Darin verwahre ich bibliophile Kostbarkeiten auf.«

»Was, bitte, sollte man sich darunter vorstellen?« wollte Josuah Parker wissen.

»Alte Bücher, Erstausgaben, Stahlstiche und Landkarten«, meinte John Waters, »aber ich kann mir kaum denken, daß der Täter hinter diesen Dingen her gewesen ist.«.

»Gibt es Gründe für diese Annahme, Mr. Waters?« wollte Parker wissen und deutete dann auf den Schrank, dessen Türen weit geöffnet waren. Vor dem Schrank lagen alte Folianten, Karten und Stahlstiche wüst durcheinander.

John Waters seufzte.

*

»Das klingt aber sehr interessant«, meinte Agatha Simpson anderthalb Stunden später. Parker war in das große und alte Fachwerkhaus der Lady Simpson zurückgekommen und hatte gerade Bericht erstattet.

»Haben Sie die Bücher für Mylady mitgebracht?« fragte Mike Rander nicht ohne Grund.

»Was für Bücher?« erkundigte sich die passionierte Detektivin.

»Fachliteratur zu Macbeth«, erinnerte Kathy Porter. Sie tat so harmlos wie Mike Rander. Beide wollten Lady Agatha nur ein wenig auf die Probe stellen. Sie hatte schließlich angekündigt, sich nur noch der Kunst zu widmen.

»Mr. Waters wird eine kleine Sammlung zusammenstellen, sobald er sich dazu wieder in der Lage fühlt«, beantwortete der Butler die Frage, um sich dann wieder Mylady zuzuwenden, »können Mylady unter Umständen noch solange warten?«

»Dieser Täter war also hinter alten Büchern her«, sagte Agatha Simpson und runzelte die Stirn, »aber gestohlen hat er nichts, wie?«

»Augenscheinlich nicht«, erwiderte Josuah Parker, »Mr. Waters wird aber noch eine genaue Sichtung vornehmen.«

»Was halte ich davon, Mr. Parker?« wollte sie prompt wissen.

»Mylady halten diesen Überfall für rätselhaft«, erwiderte der Butler.

»Das kann man wohl sagen«, sagte sie und nickte, »hatte ich in der Vergangenheit schon mal mit einem Maulwurf zu tun, Mr. Parker?«

»Meine Wenigkeit kann sich an dies nicht erinnern, Mylady.«

»Eben«, redete sie weiter, »von einem Maulwurf habe ich bisher auch noch nie etwas gehört.«

»Möglicherweise nannte der Anrufer diesen Namen, um Mylady zu täuschen.«

»Und dabei hat er mit Zitronen gehandelt«, äußerte Mike Rander, »er weiß schließlich nicht, daß Lady Simpson ab sofort nur noch Schauspielerin sein wird.«

»Und das ist ein guter Entschluß«, fügte Kathy Porter hinzu und zwinkerte Mike Rander zu.

»Nun, man soll niemals nie sagen«, erwiderte die ältere Dame umgehend, »und man sollte nicht alles wörtlich nehmen. Schließlich hat man mir da in der Buchhandlung den Fehdehandschuh hingeworfen.«

»Ihnen, Mylady?« staunte Kathy Porter sichtlich.

»Mir, mein liebes Kind. »Die ältere Dame nickte nachdrücklich, »natürlich auf dem Umweg über Mr. Parker, um genau zu sein.«

»Sie fühlen sich herausgefordert?« fragte Mike Rander erstaunt.