Parker stürmt die Siegfried-Linie - Günter Dönges - E-Book

Parker stürmt die Siegfried-Linie E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! Er schnarrte mit der Stimme wie ein Oberst alter Schule, hatte sich ein Monokel ins linke Auge geklemmt und hielt Hof in einem kleinen Nebenzimmer des örtlichen Pub. Der Mann mochte etwa sechzig sein, war groß, hielt sich straff und strich hin und wieder über seinen gepflegten weißen Schnurrbart. Er sprach deutlich von alten Zeiten und betonte mehr als penetrant, welche Heldentaten er im zweiten Weltkrieg vollbracht hatte. Seine wesentlich jüngeren Zuhörer hingen mit Blicken bewundernd an seinen schmalen Lippen und hatten ein verdächtiges Leuchten in ihren Augen. Sie waren stolz auf diesen Mann, der durch Stahlgewitter geschritten war, wie er gerade überlaut geschildert hatte. »Mister Parker, dieser Gimpel geht mir auf die Nerven«, stellte Lady Agatha Simpson fest, »ich glaube nicht, daß ich das noch länger aushalte.« »Ein Mann, der von einer sehr dubiosen Vergangenheit lebt«, erwiderte Josuah Parker,« falls Mylady es wünschen, könnte man die Verbindungstür schließen.« Lady Agatha hatte sich ablenken lassen. Sie hörte, wie dieser Oberst alter Schule gerade von einem Kommandounternehmen bei Tobruk berichtete. Er allein hatte die Landung überlebt und anschließend eine feindliche Stellung im Handstreich genommen. »Härte allein gegen sich selbst, Leute, nur Härte allein zählt«, schwadronierte der ehemalige Kriegsheld ungeniert und lautstark weiter, »und keine Gnade mit dem Gegner. Nur wer gefürchtet ist, wird respektiert.« »Es dürfte nun an der Zeit sein, Mylady, die Tür zu schließen.« Butler Parker wartete die Erlaubnis dazu gar nicht erst ab, stand auf und schritt würdevoll wie ein Haushofmeister zur Verbindungstür. Sein Schließen fiel ein wenig nachdrücklich aus. »Das war sein Glück, Mr.

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Butler Parker – 176 –

Parker stürmt die Siegfried-Linie

Günter Dönges

Er schnarrte mit der Stimme wie ein Oberst alter Schule, hatte sich ein Monokel ins linke Auge geklemmt und hielt Hof in einem kleinen Nebenzimmer des örtlichen Pub. Der Mann mochte etwa sechzig sein, war groß, hielt sich straff und strich hin und wieder über seinen gepflegten weißen Schnurrbart.

Er sprach deutlich von alten Zeiten und betonte mehr als penetrant, welche Heldentaten er im zweiten Weltkrieg vollbracht hatte. Seine wesentlich jüngeren Zuhörer hingen mit Blicken bewundernd an seinen schmalen Lippen und hatten ein verdächtiges Leuchten in ihren Augen. Sie waren stolz auf diesen Mann, der durch Stahlgewitter geschritten war, wie er gerade überlaut geschildert hatte.

»Mister Parker, dieser Gimpel geht mir auf die Nerven«, stellte Lady Agatha Simpson fest, »ich glaube nicht, daß ich das noch länger aushalte.«

»Ein Mann, der von einer sehr dubiosen Vergangenheit lebt«, erwiderte Josuah Parker,« falls Mylady es wünschen, könnte man die Verbindungstür schließen.«

Lady Agatha hatte sich ablenken lassen. Sie hörte, wie dieser Oberst alter Schule gerade von einem Kommandounternehmen bei Tobruk berichtete. Er allein hatte die Landung überlebt und anschließend eine feindliche Stellung im Handstreich genommen.

»Härte allein gegen sich selbst, Leute, nur Härte allein zählt«, schwadronierte der ehemalige Kriegsheld ungeniert und lautstark weiter, »und keine Gnade mit dem Gegner. Nur wer gefürchtet ist, wird respektiert.«

»Es dürfte nun an der Zeit sein, Mylady, die Tür zu schließen.« Butler Parker wartete die Erlaubnis dazu gar nicht erst ab, stand auf und schritt würdevoll wie ein Haushofmeister zur Verbindungstür. Sein Schließen fiel ein wenig nachdrücklich aus.

»Das war sein Glück, Mr. Parker,« Lady Simpson entspannte sich sichtlich, »ich spielte bereits mit dem Gedanken, ihn zur Rede zu stellen.«

Agatha Simpson, eine füllige, majestätische Dame, die das sechzigste Lebensjahr längst überschritten hatte, war eine ungemein temperamentvolle Natur, die ungeniert sagte, was sie dachte. Sie liebte geradezu Fettnäpfchen, um mit Genuß in sie zu treten. Hemmungen waren ihr absolut fremd.

Sie befand sich auf der Heimfahrt nach London. Die ältere Dame hatte in der Nähe von Harlow ein Pferdegestüt besichtigt und nahm bei dieser Gelegenheit überrascht zur Kenntnis, daß sie die Eigentümerin dieses Gestüts war. Agatha Simpson war nämlich eine immens vermögende Frau, die sich jede Marotte leisten konnte.

Um ihren angegriffenen Kreislauf zu stärken, war sie eingekehrt und trank gerade ihren zweiten Kognak. Josuah Parker hingegen hielt sich an Tee, zumal er den Wagen fuhr, der sie zurück nach London bringen sollte.

»Guter Gott, Mr. Parker, die Stimme dieses Helden ist ja immer noch zu hören«, räsonierte die Lady und erhob sich ohne jede Vorankündigung.

»Mylady beabsichtigen eine Intervention?« erkundigte sich Parker in seiner höflichen Art. Er war ein altersloser Mann, etwas über mittelgroß, fast schlank und bot das Bild eines englischen Butlers, wie man ihn nur noch auf der Leinwand und auf dem Bildschirm zu sehen bekommt. Über seinem schwarzen Zweireiher trug er einen ebenfalls schwarzen Covercoat. Auf einem Stuhl in der Nähe lagen sein altväterlich gebundener Regenschirm und eine schwarze Melone.

»Wir fahren weiter«, meinte Agatha Simpson, »ich will mir meine gute Laune nicht verderben lassen.«

Sie hatte den Satz noch nicht ganz beendet, als die Tür zum Nebenraum schwungvoll aufgestoßen wurde. Einer der jungen Zuhörer und Bewunderer des Oberst erschien mit einem Zinnkrug, in dem frisch gezapftes Bier schäumte.

»Mit den besten Grüßen vom Oberst«, sagte er und nahm militärische Haltung an.

»Man dankt und erlaubt sich, diese Grüße zu retournieren«, antwortete Josuah Parker, der angesprochen war, »aus Gründen der Fahrsicherheit sieht meine Wenigkeit sich außerstande, die möglicherweise gut gemeinte Gabe anzunehmen.«

»Machen Sie keinen Quatsch«, antwortete der etwa vierzigjährige Mann, »wollen Sie dem Oberst einen Korb geben?«

»So kann man es natürlich auch ausdrücken«, lautete Parkers Antwort.

»Das würd’ ich an Ihrer Stelle aber nicht tun«, warnte der Mann, »der Oberst kann verdammt empfindlich sein.«

»Eine empfindsame Seele, wie man bereits deutlich hörte«, gab Josuah Parker zurück.

»Bestellen Sie Ihrem komischen Oberst, daß er sich zum Teufel scheren soll«, schaltete Lady Agatha sich ein, »er ist mir bereits gründlich auf die Nerven gegangen.«

Diese Feststellung bekam der Haudegen mit. Er stand bereits in der Tür und rückte sein Monokel zurecht. Sein Gesicht war krebsrot. Er hatte Mühe, einen Hustenanfall der Empörung zu unterdrücken.

»Wie war das gerade?« erkundigte er sich schnarrend.

»Der Mann hier weigert sich das Bier anzunehmen«, meldete der junge Mann und deutete dann auf Parker.

»Wohl wahnsinnig geworden, wie?« Der Mann, der Oberst genannt wurde, rückte erneut an seinem Monokel und musterte dann den Butler, der bereits nach Melone und Regenschirm gegriffen hatte.

»Aus Gründen, die mit der allgemeinen Sicherheit im Straßenverkehr zu tun haben, verzichtet meine Wenigkeit auf die Annahme des Tranks«, sagte Josuah Parker, »wenn Sie erlauben, nimmt man die Absicht für die Tat.«

»Sie trinken das Bier, ist das klar?« schnarrte der Oberst und baute sich breitbeinig vor Parker auf. »Bisher hat es noch keiner gewagt, einem Oberst Randolph Bingham einen Drink abzuschlagen.«

»Kommen Sie, Mr. Parker«, schaltete die streitbare Dame sich ein, »dieser Mann ist ja betrunken.«

»Sie trinken jetzt, klar?« Bingham riß dem jungen Mann den Zinnkrug aus der Hand, daß das Bier überschwappte. Dann stieß er den Krug leichtsinnigerweise in Richtung Parker, um ihn so zu zwingen, dem Befehl nachzukommen.

Josuah Parker reagierte.

Der Bambusgriff des altväterlich gebundenen Regenschirms stieß fast zufällig unter den Boden des Zinnkrugs. Das Getränk verließ daraufhin den massiven Behälter und formte sich zu einem Riesentropfen, der über den Rand quoll, dann zu einer Fontäne wurde und sich schließlich auf das Gesicht des kriegerischen Mannes legte.

»Sehr schön«, lobte Lady Agatha und nickte wohlwollend in Richtung Parker.

»Meine bescheidene Wenigkeit möchte nicht versäumen, sich zu entschuldigen«, erklärte der Butler und deutete eine knappe Verbeugung an. Randolph Bingham wischte sich mit fahriger Bewegung das Bier vom Gesicht und griff dann nach seinem Monokel, ohne es allerdings zu finden.

»Falls Sie nach Ihrem Einglas suchen sollten, so finden Sie es im Zinnkrug«, meinte Parker gemessen.

»Das war ein Angriff auf meine Person«, deutete der Oberst diesen Zwischenfall und wandte sich abrupt ab. Er stakste zurück in den Raum, aus dem er gekommen war. Seine Begleiter folgten dicht auf, dann wurde die Verbindungstür hart ins Schloß geworfen.

»Ein Zwischenfall, Mylady, der meiner Wenigkeit ungemein peinlich ist«, äußerte Josuah Parker.

»Unsinn, Mr. Parker«, gab sie zurück, »Sie hätten ihm den Griff unter das Kinn setzen sollen. Kommen Sie! Dieser Lümmel dürfte inzwischen begriffen haben, wer ich bin.«

Sie verließ die Ecke, in der sie mit Parker gesessen hatte und durchquerte den Pub. Die wenigen Gäste vorm Tresen schienen von diesem kleinen Intermezzo überhaupt nichts bemerkt zu haben. Sie taten so, als wäre Lady Simpson und Parker überhaupt nicht vorhanden.

Vor dem Pub blieb die Detektivin einen Moment stehen und blickte zum nächtlichen Himmel, der Regen verhieß.

»Ich glaube, Mr. Parker, ich habe einen Fehler begangen«, schickte sie dann nachdenklich voraus, »ich hätte diesen Flegel ohrfeigen sollen.«

»Eine Reaktion, Mylady, die dieser Mann wohl kaum verdient hat«, gab Josuah Parker zurück. Er ging voraus und hielt auf seinen Privatwagen zu, der auf dem Parkplatz vor dem Pub stand. Bei diesem Wagen handelte es sich um ein betagt aussehendes Londoner Taxi, das hochbeinig und sehr kantig und eckig aussah. Es war ein Wagen, der auf jeder Veteranen-Rally Beachtung gefunden hätte.

Parker öffnete die hintere Wagentür und wartete, bis seine Herrin eingestiegen war. Er hütete sich, ihr seine hilfreiche Hand zu leihen. Lady Agatha schätzte Unterstützungen dieser Art überhaupt nicht.

Als Parker die Fahrertür öffnete, entdeckte er im Eingang zum Pub einige junge Männer, die schweigend das Lokal verließen und dann zu einem Jeep liefen, der ebenfalls auf dem Parkplatz stand. Dabei entging dem Butler keineswegs, daß die drei jungen Männer mit Sicherheit angetrunken waren.

Er setzte sich ans Steuer und ließ den Motor unter der eckigen Haube anspringen. Dann brachte er sein Gefährt in Bewegung und steuerte die Landstraße an. Dabei blickte er kurz in den Außenspiegel. Es war so, wie er es sich bereits gedacht hatte. Der Jeep nahm sofort die Verfolgung auf.

»Ich werde verfolgt?« freute sich die ältere Dame, als Parker ihr diesen Vorgang berichtet hatte, »das hört sich aber doch sehr gut an, Mr. Parker. Daraus könnte vielleicht noch etwas werden.«

»Eine Möglichkeit, Mylady, die in der Tat nicht völlig auszuschließen ist«, antwortete der Butler, »der Mann, der Oberst genannt wird, scheint Genugtuung fordern zu wollen.«

»Drücken Sie mir die Daumen, Mr. Parker.« Sie nickte zufrieden und räkelte sich in der Wagenecke zurecht. »Gegen eine kleine Abwechslung habe ich überhaupt nichts einzuwenden. Ich hasse diese Maulhelden. Ist man auch noch wirklich hinter mir her?«

»In der Tat, Mylady«, lautete Parkers Antwort, »wann beabsichtigen Mylady, den Jeep zu stellen?

»Das überlasse ich völlig Ihnen, Mr. Parker«, erwiderte sie, »ich will mich aber auf jeden Fall ungestört mit den Lümmeln unterhalten.«

»Wäre ein kleines Waldstück genehm?«

»Das ist es, Mr. Parker, wie gut Sie mich inzwischen doch kennen!«

Parker blickte in den Rückspiegel seines hochbeinigen Monstrums, wie sein Privatwagen von Eingeweihten genannt wurde. Dieses Gefährt war zu einer raffinierten Trickkiste auf Rädern geworden, nachdem es nach Parkers Plänen technisch völlig umgestaltet worden war Der Jeep holte auf und schickte sich an, dieses hochbeinige Monstrum zu überholen. Der Beifahrer stand vor seinem Sitz, hielt sich am oberen Rand der Windschutzscheibe fest und schwang zu Parkers Überraschung eine Maschinenpistole.

»Falls Mylady einverstanden zu sein belieben, sollte man es auf einen Test ankommen lassen«, schlug Josuah Parker vor, während der Jeep inzwischen überholte. Schüsse aus der Maschinenpistole hatten die Insassen des Wagens nicht zu befürchten. Das hochbeinige Monstrum war völlig schußfest, was sich selbstverständlich auch auf die Scheiben erstreckte.

»Ich habe aber auch nichts dagegen, wenn Sie den Jeep in den Straßengraben abdrängen«, erwiderte die ältere Dame. Sie blickte interessiert auf die drei Männer, die mit den Fäusten drohten und inzwischen Parkers Wagen überholt hatten.

Der Butler hatte absichtlich darauf verzichtet, die unbändige Kraft des Rennsportmotors unter der Haube auszuspielen. Er wollte herausfinden, was die Männer wollten. Der Jeep holte spielend leicht einen kleinen Vorsprung heraus und stellte sich plötzlich quer zur Fahrbahn. Der Beifahrer sprang heraus und brachte seine Maschinenpistole in den Hüftanschlag. Im Licht der aufgeblendeten Scheinwerfer konnte Parker dies genau ausmachen.

Man befand sich immerhin auf einer normalen Landstraße, und der Butler wunderte sich über die Ungeniertheit der drei Männer. Auf der anderen Seite hatten sie wohl kaum mit anderen Autos zu rechnen. Noch befand man sich auf einer Straße zweiter Ordnung, die kaum befahren wurde.

Parker hielt, als er den Jeep fast erreicht hatte. Er wartete am Steuer, bis der Träger der Maschinenpistole an die Wagentür kam. Dabei beobachtete er die beiden anderen Männer, die in der Dunkelheit verschwunden waren. Wahrscheinlich beabsichtigten sie, sich dem Wagen von der anderen Seite zu nähern.

»Loß, steigen Sie aus!« brüllte der Waffenträger und machte eine entsprechende Geste mit der Waffe, »ein bißchen plötzlich, Mann, sonst mache ich Ihnen Beine.«

»Würden Sie meiner Wenigkeit freundlicherweise den tieferen Sinn dieser Aufforderung mitteilen?« erkundigte sich der Butler durch den oberen Spalt der Wagenscheibe.

»Der Oberst will sich mit Ihnen unterhalten, is’ das klar?«

»Hat man es tatsächlich mit einem richtigen Oberst der britischen Armee zu tun?«

»Der Oberst ist pensioniert, aber das steht jetzt nicht zur Debatte, klar? raus aus dem Schlitten, sonst passiert was!«

»Würden Sie tatsächlich schießen, wenn man höflichst fragen darf?« Während Parker diese Frage stellte, legte seine rechte, schwarz behandschuhte Hand einen kleinen Kipphebel auf dem reichhaltig ausgestatteten Armaturenbrett um. Damit aktivierte Parker eine Art Verteidigungssystem des Wagens. Seiner Schätzung nach mußten die beiden Männer inzwischen den Wagen erreicht haben. »Ob ich schießen werde, Mann«, brüllte der Mann aufgebracht, »los, raus jetzt!«

In diesem Moment waren zwei spitze Schreie zu vernehmen.

Parker wandte sich um und machte zwei Schatten auf der anderen Seite des hochbeinigen Monstrums aus. Diese Schatten zappelten wie Marionetten an unsichtbaren Drähten und krümmten sich. Sie schienen nachhaltige Schmerzen zu spüren.

Der Waffenträger war irritiert, griff nun seinerseits nach der Türklinke und erlebte genau, was seine beiden Begleiter bereits hinter sich hatten. Ein elektrischer Schlag durchzuckte Hand und Arm, setzte sich fort bis in die Schulter und löste dann im Hirn einen wilden Schmerz aus. Er war derart stark, daß der Mann freiwillig seine Maschinenwaffe wegwarf und sich ebenfalls krümmte.

Parker öffnete die Tür des Wagens, nachdem er den Strom abgestellt hatte, der die Wagentür unter Spannung setzte. Er stieß mit der Spitze seines Universal-Regenschirms die Maschinenpistole unter seinen Wagen und widmete sich dann dem Mann, der sich langsam aufrichtete und seine schmerzende Hand rieb.

»Sie können versichert sein, daß der Schmerz bald nachlassen wird«, beruhigte Parker den Mann, »Sie gehören, wenn man fragen darf, zu den Freunden des Oberst Bingham, wie er wohl heißt?«

»Freunde, Mann?« Der Entwaffnete starrte Parker fast entgeistert an, »wir gehören zu seiner Truppe.«

»Zu seiner Truppe, junger Mann?« Lady Agatha hatte inzwischen ebenfalls den Wagen verlassen und baute sich vor dem Sprecher auf. »Von welcher Truppe reden Sie da?«

»Vom Bingham-Kommando«, lautete die Antwort, »aber mehr kann ich dazu nicht sagen.«

»Sie erwähnten, daß der Oberst sich mit meiner Wenigkeit unterhalten möchte.«

»Der wird Ihnen Manieren beibringen.«

»Mylady würde gern erfahren, wo Oberst Bingham sein Hauptquartier hat?« fragte der Butler und ging auf den Jargon des Militärs ein.

»Der Oberst wohnt auf Bingham-Castle«, kam prompt die Antwort, »das ist nicht weit von hier. Hören Sie, kommen Sie nun mit oder nicht?«

»Was wird sein, wenn man dem Wunsch des Oberst Bingham nicht nachkommen würde?«

»Mann, dann haben wir mächtig viel Ärger«, entgegnete der Mann schon fast treuherzig.

»Wie ist das mit diesem Bingham-Kommando, junger Mann?« schaltete Lady Agatha sich ein, »wieviel Männer dienen unter ihm?«

»Ein gutes Dutze... Äh, ich verweigere jede Aussage, Lady. Ich bin nicht befugt, Aussagen zu machen. Aber Sie können meine Dienstnummer haben.«

»Papperlapapp, junger Mann«, meinte die ältere Dame wegwerfend, »verschonen Sie mich mit diesen Dummheiten. Was werde ich tun, Mr. Parker?«

»Wenn Mylady einen Moment entschuldigen wollen...

Josuah Parker wandte sich um und befaßte sich mit den beiden jungen Männern, die gerade um das Heck des hochbeinigen Monstrums herumjagten und angreifen wollten.

Der Butler machte kurzen Prozeß, hob seinen altväterlich gebundenen Regenschirm, ließ ihn mit einigem Nachdruck zu Boden fallen und wartete, bis der Schirm senkrecht in die Luft stieg. Als das untere Ende des Schirmstocks seine Brusthöhe erreichte, griff er mit der rechten Hand zu und verwandelte das Regendach in eine Nahkampfwaffe. Mit der blitzschnellen Reaktion eines Kendo-Kämpfers setzte er die beiden Männer dann außer Gefecht.

Die beiden Männer, die Ranger-Messer gezückt hatten, machten es sich nach dieser kurzen, aber ungemein intensiven Behandlung auf dem Straßenbelag bequem und nahmen am weiteren Geschehen nicht mehr teil.

Der ehemalige Träger der Maschinenpistole hatte inzwischen einen Kardinalfehler begangen. Als Parker sich abgewandt hatte, war es ihm in den Sinn gekommen, Mylady zu attackieren. Dabei hatte er den perlenbestickten Pompadour der älteren Dame übersehen. Dieser kokette Handbeutel war inzwischen auf seiner Nase gelandet und hatte sie in abenteuerliche Schräglage gebracht.

Myladys sogenannter Glücksbringer hatte wieder mal voll seine Wirkung gezeigt. Das echte Pferdehufeisen nämlich, das sich im Pompadour befand, hatte Myladys Energie sofort an das Riechorgan des Leichtsinnigen weitergereicht.

»Wir fahren sofort zurück, Mr. Parker«, entschied Lady Agatha animiert, »Ich hoffe, Sie widersprechen nicht.«

»Meine Wenigkeit würde sich dies nie gestatten, Mylady«, gab Josuah Parker würdevoll zurück, »Oberst Randolph Bingham scheint in der Tat ein bemerkenswerter Mann zu sein, wie die bisherigen Tatsachen lehren.«

*

»Man dürfte die Zeit hier eingefroren haben«, sagte Parker eine halbe Stunde später und bremste sein hochbeiniges Monstrum. Im Licht der Scheinwerfer waren links und rechts von einem großen Parktor Sandsack-Barrikaden auszumachen, die mit Wellblech überdacht waren. Stacheldrahtrollen sicherten die Sandsack-Wälle gegen ein zu einfaches Übersteigen.

»Das paßt zu diesem verrückten Oberst«, kommentierte die Detektivin dieses militärische Bild, »können Sie Wachen entdecken, Mr. Parker?«

»Erstaunlicherweise nicht, Mylady«, lautete Parkers Antwort, »falls Mylady einverstanden sind, könnte man noch näher heranfahren und die sprichwörtliche Probe aufs Exempel machen.«

»Ob der Oberst schon zu Hause ist?«

»Möglicherweise wartet Oberst Bingham noch im Pub auf die Anlieferung Myladys und meiner bescheidenen Person.« Während Parker sprach, hatte er seinen Privatwagen wieder in Bewegung gesetzt und fuhr langsam näher an das Parktor heran. Wachposten waren noch immer nicht auszumachen. Bingham-Castle machte einen geräumten Eindruck.

Von den drei Männern hatte der Butler sich die Lage von Bingham-Castle genau beschreiben lassen. Die Männer, die zum Bingham-Kommando gehörten, lagen zur Zeit neben ihrem Jeep auf freiem Feld und waren nicht in der Lage, in das Geschehen einzugreifen. Der Butler hatte sich kurz mit seinem Entspannungs-Spray behandelt und konnte sicher sein, daß sie noch eine weitere halbe Stunde schlafen würden.