Parker zieht dem "Tiger" Zähne - Günter Dönges - E-Book

Parker zieht dem "Tiger" Zähne E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! Butler Parker hielt seine Nerven unter Kontrolle. Er stand auf einem Parkplatz und blickte zur Brüstung eines Flachdaches, das gut und gern fünfzehn Meter hoch war. Er beobachtete mit Interesse die junge Frau, die dort oben stand und alle Anstalten traf, sich in die Tiefe zu stürzen. Sie sah selbst aus dieser Entfernung noch attraktiv aus, trug schulterlanges, blondes Haar und ein Kleid, das tief eingerissen war. Die Selbstmordkandidatin sah sich wie gehetzt um, sie schien offensichtlich verfolgt zu werden. Entsprechende Typen erschienen gerade links auf dem Flachdach. Es handelte sich um zwei Männer in schwarzer Lederkleidung, die mit Ziernieten übersät war. Sie lachten auf gemeine Art und schoben sich langsam an die ängstliche Frau heran, für die es kein Entweichen zu geben schien. »Bleibt stehen«, schrie sie und streckte abwehrend die Arme aus, »bleibt stehen, oder ich springe!« Die Antwort der Männer bestand in einem Lachen, das man nur als niederträchtig bezeichnen konnte. Parker war fast versucht, nach seiner Geheimwaffe zu greifen, nämlich der Gabelschleuder, die sich in der Innentasche seines schwarzen Covercoats befand. Doch dann verzichtete er und beobachtete weiter die Szene, von der eine gewalttätige Faszination ausging. Die beiden Männer kamen immer näher. Die junge Frau zog sich zurück und hatte nicht mehr viel Spielraum. Noch wenige Meter, und sie erreichte eine Brandmauer, die sie nicht erklimmen konnte. »Ich ... Ich springe!« drohte die Frau mit verzweifelt klingender Stimme. »Guten Flug«

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Butler Parker – 155 –

Parker zieht dem "Tiger" Zähne

Günter Dönges

Butler Parker hielt seine Nerven unter Kontrolle.

Er stand auf einem Parkplatz und blickte zur Brüstung eines Flachdaches, das gut und gern fünfzehn Meter hoch war. Er beobachtete mit Interesse die junge Frau, die dort oben stand und alle Anstalten traf, sich in die Tiefe zu stürzen.

Sie sah selbst aus dieser Entfernung noch attraktiv aus, trug schulterlanges, blondes Haar und ein Kleid, das tief eingerissen war. Die Selbstmordkandidatin sah sich wie gehetzt um, sie schien offensichtlich verfolgt zu werden.

Entsprechende Typen erschienen gerade links auf dem Flachdach. Es handelte sich um zwei Männer in schwarzer Lederkleidung, die mit Ziernieten übersät war. Sie lachten auf gemeine Art und schoben sich langsam an die ängstliche Frau heran, für die es kein Entweichen zu geben schien.

»Bleibt stehen«, schrie sie und streckte abwehrend die Arme aus, »bleibt stehen, oder ich springe!«

Die Antwort der Männer bestand in einem Lachen, das man nur als niederträchtig bezeichnen konnte. Parker war fast versucht, nach seiner Geheimwaffe zu greifen, nämlich der Gabelschleuder, die sich in der Innentasche seines schwarzen Covercoats befand.

Doch dann verzichtete er und beobachtete weiter die Szene, von der eine gewalttätige Faszination ausging.

Die beiden Männer kamen immer näher. Die junge Frau zog sich zurück und hatte nicht mehr viel Spielraum. Noch wenige Meter, und sie erreichte eine Brandmauer, die sie nicht erklimmen konnte.

»Ich ... Ich springe!« drohte die Frau mit verzweifelt klingender Stimme.

»Guten Flug«, antwortete einer der beiden Männer und zeigte ihr das Messer, das er in der linken Hand hielt.

»Mach’s doch«, fügte der zweite Mann hinzu.

Parkers Gesicht blieb ausdruckslos wie das eines Pokerspielers. Es zeigte keine Regung. Der Butler ließ sich von der Dramatik der Szene einfangen, wie auch die übrigen Zuschauer auf dem Parkplatz.

»Worauf wartest du denn noch?« höhnte der erste junge Mann und hatte die blonde junge Frau fast erreicht. Er wagte einen kleinen Sprung nach vorn und fiel mit dem Messer aus. Sein Opfer wich noch mal zurück, strauchelte aber dabei und schien das Gleichgewicht zu verlieren. Man hörte einen entsetzten Schrei. Die junge Frau kämpfte mit dem Gleichgewicht, glitt mit dem rechten Fuß von der Brüstung ab und rettete sich im letzten Augenblick an der hoch aufsteigenden Brandmauer. Damit aber hatte sie nun keinen Spielraum mehr.

Die Verfolger genossen ihre Überlegenheit und nahmen sich Zeit. Sie riefen sich etwas zu, was Parker jedoch nicht verstand. Dann schienen sie Schluß machen zu wollen, drückten sich ab und liefen auf die Verzweifelte zu, die nun nach unten auf den Parkplatz blickte und sich nicht entschließen konnte, auch tatsächlich zu springen.

Es war ein Sprung in den Tod, wie man sich leicht ausrechnen konnte. Die beiden Männer waren nahe heran und streckten beide ihre Hände nach dem Opfer aus. Genau in diesem Moment drückte die junge Frau sich von der Ziegelmauer ab und ... sprang nach unten.

Sie breitete weit die Arme aus, als gäbe es doch noch eine Möglichkeit, dem tödlichen Aufprall zu entgehen. Dann überschlug sie sich fast elegant im Flug und prallte auf.

Parker war nicht in der Lage, den Blick abzuwenden.

Die junge Frau landete in einem gewaltigen Luftkissen, das über ihrem Körper zusammenschlug. Wenige Sekunden später stand sie schon wieder auf den Beinen und winkte lächelnd nach allen Seiten.

Beifall prasselte auf. Josuah Parker, der hochherrschaftliche Butler, rührte ebenfalls seine schwarz behandschuhten Hände und spendete Beifall, wenn auch gemessen und durchaus zurückhaltend. Die Blonde rutschte inzwischen über die hohe Kante des Luftkissens und wurde hier von einigen Männern in Empfang genommen, die ihr gratulierten.

Josuah Parker wandte sich um und schritt dann hinüber zu der Kamera, die diese Szene aufgenommen hatte. Er ging um sie herum, kümmerte sich nicht weiter um den Regisseur und die Aufnahme-Crew, sondern trat auf ein Wohnmobil zu, dessen Tür geöffnet war. Hier wartete er auf die junge Frau, die sich gerade mit dem Regisseur unterhielt. Es dauerte einige Zeit, bis sie sich endlich von ihm löste und auf Parker zukam.

Parker lüftete höflich seine schwarze Melone, als die Blonde ihn erreichte. Sie blieb wie angewurzelt stehen und machte einen völlig verblüfften Eindruck. Sie stand einem alterslos erscheinenden Mann gegenüber, der die Andeutung eines leichten Bauches zeigte und rabenschwarze Kleidung trug. Am angewinkelten linken Unterarm hing ein altväterlich gebundener Regenschirm.

»Parker mein bescheidener Name«, stellte der Butler sich vor, »Josuah Parker. Hat man die Ehre mit Miß Ann Lomings?«

»Ann Lomings«, erwiderte sie und nickte. »Was kann ich für Sie tun?«

»Mr. Horace Pickett empfahl Ihnen meine Wenigkeit, wenn ich nicht sehr irre, Miß Lomings.«

»Sie sind dieser Mr. Parker?« Sie schaute den Butler verdutzt an und lächelte dann ungläubig.

»In der Tat«, antwortete Parker, »laut Mr. Pickett scheint es Dinge in Ihrem gegenwärtigen Leben zu geben, die Sie ein wenig irritieren, wenn man es mal so ausdrücken darf.«

»Das haben Sie sehr schön gesagt«, meinte sie ironisch-bitter, »ich bin tatsächlich ein wenig irritiert. Man will mich nämlich umlegen!«

*

»Sollte es tatsächlich Dinge geben, die Sie in Angst und Schrecken versetzen können?« wunderte sich Josuah Parker andeutungsweise. Er deutete mit der Spitze seines Universal-Regenschirms auf das Flachdach.

»Ach so, das meinen Sie?« Sie zuckte die Achseln und lächelte flüchtig, »das ist schließlich mein Beruf, Mr. Parker. Sie wissen ja wohl von Mr. Pickett, daß ich Stunts mache, nicht wahr?«

»Sie sind das, was der Laie wohl einen weiblichen Stuntman nennen würde?«

»Richtig«, bestätigte sie, »hat es Ihnen übrigens gefallen?«

»Meine Wenigkeit war versucht, helfend einzugreifen«, antwortete Josuah Parker in ehrlicher Bewunderung.

»Wie nett«, meinte sie schon wieder ironisch, »ich frage mich allerdings, wie Sie das hätten schaffen wollen.«

»Nun, es gibt Mittel und Wege, um auch aus gewisser Distanz intervenieren zu können, Miß Lomings.«

»Sie glauben also, Mr. Parker, mir helfen zu können?« Skepsis war in ihrer Stimme.

»Mr. Pickett deutete an, daß Sie sich bisher nicht an die zuständigen Behörden gewandt haben.«

»Wie, bitte, will die Polizei mir helfen?« erwiderte sie. »Eine Leibwache kann sie mir schließlich nicht stellen, oder? «

»Die erwähnte Polizei könnte aber nach jenem Phantom fahnden, das Ihnen nach dem Leben trachtet.«

»Ich könnte der Polizei noch nicht mal sagen, wer verdächtig ist«, äußerte Ann Lomings, »ich habe selbst keine Ahnung. Ich weiß nur, daß ich per Telefon seit einigen Tagen belästigt werde. Und dazu kommen dann noch diese Drohbriefe.«

»Die meine Wenigkeit vielleicht einsehen dürfte?«

»Sie trauen sich wirklich zu, mir helfen zu können?« Sie musterte den Butler ungeniert und lächelte plötzlich nicht mehr ironisch.

»Möglicherweise erzählen Sie meiner Wenigkeit, was sich bisher ereignet hat«, schlug Josuah Parker gemessen vor, »zudem sollte man wissen, wer bisher von diesen Morddrohungen weiß.«

»Kommen Sie mit in den Wagen«, sagte sie, »ich werde Ihnen die Briefe zeigen, Mr. Parker. Sie sind wirklich nur ein Butler? «

»In Diensten der Lady Simpson«, bestätigte Josuah Parker.

»Und Sie beschäftigen sich mit der Aufklärung von Kriminalfällen?«

»Wie es sich ergibt«, erklärte der Butler, »Mr. Pickett gegenüber bin ich zu Dank verpflichtet.«

Parker betrat das Wohnmobil und blickte sich unauffällig um. Das Innere des Wagens war sachlich eingerichtet und aufgeräumt. Im hinteren Teil gab es einen großen Schminktisch, der auf Ann Lomings’ Beruf hinwies.

Parker hatte sich natürlich bereits informiert. Er wußte, daß die junge Blondine ein bekanntes und begehrtes Double für weibliche Schauspieler war. In Film- und Fernsehkreisen hatte sie einen Namen. Man sagte Ann Lomings nach, daß sie kein Risiko scheute, um einen guten Stunt abzuliefern.

»Nehmen Sie Platz.« Sie deutete auf eine kleine Sitzecke hinter dem Fahrersitz, »möchten Sie etwas trinken?«

»Danke, nein.« Parker schüttelte unmerklich den Kopf. »Wer von Ihren Freunden und Bekannten weiß von den Morddrohungen, um diese Frage noch mal aufzugreifen?«

»Ich habe bisher keinen Menschen eingeweiht, nur eben Pickett«, entgegnete sie, »ich lernte ihn vor Monaten bei Außenaufnahmen kennen. Mr. Pickett war dort als Berater tätig.«

»Meine Wenigkeit hörte andeutungsweise davon«, erwiderte Josuah Parker, »und seit wann droht man Ihnen mit dem baldigen Tod?«

»Seit genau einer Woche«, antwortete Ann Lomings, »zuerst kamen die Anrufe, dann die Briefe. Hören Sie, Mr. Parker, mißverstehen Sie mich bitte nicht, aber trauen Sie sich tatsächlich zu, diesen Kerl zu fassen?«

»Sie gehen davon aus, Miß Lomings, daß es sich um einen Mann handelt?« fragte Parker.

»Nein, das will ich damit nicht gesagt haben«, erwiderte sie sofort und schüttelte den Kopf, »auf der anderen Seite kann ich mir allerdings nicht vorstellen, daß eine Frau solche Mordbriefe verfaßt haben könnte.«

»Briefe, die Sie meiner Wenigkeit sicher zeigen können, Miß Lomings.«

»Natürlich.« Sie öffnete einen Wandschrank neben dem großen Schminkspiegel und ... stutzte dann sichtlich.

»Sie vermissen offensichtlich die gerade erwähnten Schreiben«, stellte Josuah Parker gemessen fest.

»Tatsächlich«, gab sie zurück und wandte sich ihm zu. Ihr Gesicht schien ratlos, »ich weiß genau, daß die Briefe hier im Wandschrank waren ... Ich weiß es ganz genau!«

»Der Absender, ob männlich oder weiblich, scheint sie wieder an sich genommen zu haben«, glaubte Parker.

»Anders kann ich es mir nicht vorstellen.« Ann Lomings nickte.

»Sie sollten sich darüber keine unnötigen Gedanken machen«, schlug Josuah Parker vor, »man kann und muß wohl davon ausgehen, Miß Lomings, daß Ihr Wohnmobil jedem Besucher offen steht?«

»Natürlich schließe ich nie ab«, antwortete sie, »wir sind hier ja eine große Familie, verstehen Sie, Mr. Parker?«

»Dennoch scheint diese große Familie das aufzuweisen, was man gemeinhin und im Volksmund ein schwarzes Schaf zu nennen pflegt«, entgegnete der Butler.

»Aber wer sollte das sein?« Sie hob ratlos die Schultern. »Ich glaube wirklich nicht, daß ich Feinde habe. Ich tu’ doch keinem Menschen etwas. Ich nehme keinem etwas weg.«

»Wenn Sie erlauben, wird meine Wenigkeit sich um das eben erwähnte schwarze Schaf kümmern«, fuhr Parker fort.

»Mißverstehen Sie mich bitte nicht«, wiederholte sie, »aber glauben Sie wirklich, daß Sie es schaffen werden? Bitte, das soll kein Mißtrauen sein.«

»Sie sollten sich alles noch mal gründlich durch den Kopf gehen lassen«, schlug Parker vor, lüftete die schwarze Melone und stieg aus dem Wohnmobil, »meine Adresse haben Sie ja, Miß Lomings. Fühlen Sie sich Mr. Pickett gegenüber keineswegs verpflichtet. Meine Wenigkeit würde durchaus verstehen, wenn Sie sich von einem jüngeren Mann größere Hilfe versprechen. In mir sehen Sie einen alten, müden und relativ verbrauchten Mann.«

»Ich bin ja so froh, daß Sie Verständnis für mich haben«, meinte sie erleichtert, »aber Sie müssen verstehen, daß ich viel unterwegs bin. Nach diesem Stunt hier muß ich morgen schon wieder bei anderen Außenaufnahmen sein.«

»Wo wird dies sein, Miß Lomings, wenn man sich erkühnen darf, danach zu fragen?«

»Wir drehen in Dorking«, berichtete sie, »es geht da um einen Auto-Stunt. Ich muß vom Kühler eines Jeeps auf die Ladefläche eines Trucks steigen. Und das alles bei etwa achtzig Kilometer pro Stunde.«

»Für Sie bestimmt eine reizvolle Aufgabe.«

»Routine«, meinte sie, »ich springe für eine Kollegin ein, die sich den Fuß verstaucht hat.«

»Meine Wenigkeit möchte nicht versäumen, Ihnen Hals- und Beinbruch zu wünschen«, beendete Parker die Unterhaltung, »aber nehmen Sie dies möglichst nicht zu wörtlich, wie ich hinzufügen möchte.«

*

Josuah Parker schritt gemessen vom Parkplatz, den die Polizei abgesperrt hatte. Er blickte noch mal zum Flachdach und musterte dann die beiden Männer, die auf der Brüstung Jagd auf Ann Lomings gemacht hatten.

Sie winkten sich gerade zu und waren dann zwischen dem technischen Gerät verschwunden, das man für die Aufnahmen benötigte. Parker interessierte sich kurz für das riesige Luftkissen, aus dem gerade die Luft entwich und blickte dann zurück zum Wohnmobil. Er war keineswegs beleidigt, daß Ann Lomings ihm nicht sonderlich viel zutraute. Er kannte Vorbehalte dieser Art nur zu gut. Sie machten ihm schon lange nichts mehr aus.

Parker zuckte unmerklich zusammen, als er einen Lichtblitz wahrnahm, dem ein Scheppern folgte. Er wandte sich um und entdeckte seitlich neben sich ein schweres Wurfmesser, das neben einem daumendicken Elektrokabel auf dem Asphalt des Parkplatzes lag. Es war noch in Bewegung und vibrierte. Parker überprüfte das Gestänge eines Scheinwerfers und entdeckte daran frische Kratzspuren.

Ein Zweifel war ausgeschlossen: Dieses Wurfmesser hatte ihm gegolten. Und es war mit großer Wucht geschleudert worden. Parker bückte sich und nahm mit seinen schwarz behandschuhten Fingern die Mordwaffe auf. Er ließ sie in der linken Außentasche seines schwarzen Covercoats verschwinden. Es war müßig, sich nach dem Messerwerfer umzusehen. Parker ging weiter, als wäre nichts geschehen. Diesmal sorgte er dafür, daß er nicht noch mal überrascht wurde. Er wechselte hinüber auf die frische Fläche des Parkplatzes und näherte sich seinem hochbeinigen Monstrum, das er knapp vor der Polizei-Absperrung geparkt hatte.

Bei diesem sogenannten Monstrum handelte es sich um ein ehemaliges Londoner Taxi, das museumsreif war. Man sah es dem seltsamen Wagen wirklich nicht an, daß er technisch völlig neu gestaltet worden war und so etwas wie eine Trickkiste auf Rädern darstellte. Schon von weitem entdeckte Parker einen unter die Windschutzscheibe geklemmten Zettel.

Ohne jede Hast nahm der Butler diesen an sich und überlas die wenigen, aus groben Buchstaben bestehenden Zeilen. Als Schreibgerät schien man einen Lippenstift benutzt zu haben. Parker wurde angeraten, sich um seinen eigenen Dreck zu kümmern. Unterschrieben hatte eine Person, die sich schlicht und einfach Tiger nannte.

Parker war wenig beeindruckt.

Als er sich ans Steuer seines hochbeinigen Monstrums setzte, dachte er über diesen Tiger nach. Die Person, die unter diesem Decknamen auftrat, hatte mit den wenigen Zeilen bereits ihren zweiten Fehler begangen. Sie hatte deutlich zu erkennen gegeben, daß sie ihn, Josuah Parker, also kannte. Der erste Fehler hatte darin bestanden, die Drohbriefe an Ann Lomings verschwinden zu lassen. Auch dies deutete darauf hin, daß der Tiger sehr wohl wußte, daß Parker sich mit der Aufklärung von Kriminalfällen befaßte.

Der eindeutig größte Fehler aber war gewesen, ein Messer auf ihn zu werfen. In Parkers Augen kam dies bereits einer Überreaktion gleich. Man schien ihn zu fürchten und hatte die Absicht, ihn so schnell wie möglich aus dem Weg zu räumen.

Das schwarze Schaf, von dem Parker erst gesprochen hatte, schien ein Mitglied der großen Familie zu sein, auf die Ann Lomings hingewiesen hatte. Parker nahm sich vor, eine Liste der Personen anzufordern, die zum Aufnahmestab gehörten. Vielleicht ließen sich solchermaßen bereits erste Rückschlüsse ziehen. Es ging seiner Ansicht nach schon nicht mehr um Ann Lomings, sondern um seine eigene Person. Er war herausgefordert worden, und ein Josuah Parker nahm jede Herausforderung an.

Er verlangte von seinem hochbeinigen Monstrum nichts besonderes, als er nach Shepherd’s Market fuhr, wo sich das Haus der Lady Simpson befand, und erweckte den Eindruck, als bewegte sich sein Wagen gerade mit letzter Kraft durch die Straßen. Parker hoffte, verfolgt zu werden. Vielleicht würde der Messerwerfer noch mal versuchen, sich mit ihm zu befassen. Stocksteif, als habe er einen Ladestock verschluckt, saß er am Steuer seines skurril aussehenden Wagens und wartete auf einen Zwischenfall.

Nun, er sollte nicht enttäuscht werden...

*

Im Rückspiegel des Wagens tauchte plötzlich ein niedriger, zweisitziger Sportwagen auf, der mit hoher Geschwindigkeit einige Wagen überholte und sich an Parkers hochbeiniges Monstrum heranschob. Dies alles geschah innerhalb weniger Sekunden.

Josuah Parker wußte sofort, daß Überholmanöver dieser Art ausschließlich ihm allein galten. Am Steuer saß eine Person mit eng anliegender Lederkappe und großer Schutzbrille. Auf dem Beifahrersitz befand sich eine zweite Gestalt, deren Gesicht ähnlich verhüllt war.

Der Sportwagen befand sich bereits in Parkers Höhe. Der Beifahrer stand plötzlich auf und hielt sich mit der linken Hand an der steilen Windschutzscheibe des offenen Wagens fest. In der rechten Hand machte Josuah Parker eindeutig eine Eierhandgranate aus.

Der Beifahrer holte geschickt aus und ... schleuderte die Eierhandgranate auf Parkers Wagen, dessen Seitenscheibe geöffnet war. Bei dieser Gelegenheit öffnete sich die hüftlange Lederjacke des Werfers, und der Butler konnte nun eindeutig weibliche Formen ausmachen. Die Brust war sehr ausgeprägt, wie er registrierte.

Die Eierhandgranate war ungemein geschickt geworfen worden. Der Fahrer des kleinen Sportwagens hatte die Geschwindigkeit seines Wagens der des hochbeinigen Monstrums angepaßt.

Nur ein Mann wie Josuah Parker reagierte wohl so, wie es hier geschah. Der Butler hielt wie durch Zauberei seine schwarze Melone in der rechten Hand und fing mit der gewölbten Innenseite den Sprengkörper auf. -Dies geschah mit einer Lässigkeit und Beiläufigkeit, die völlig verblüfften.

Und verblüfft war die Werferin ...

Sie blieb stehen und beugte sich sogar ein wenig vor. Vielleicht hatte sie noch gar nicht so recht bemerkt, wo die Eierhandgranate gelandet war. Noch entgeisterter war die Beifahrerin allerdings, als der Sprengkörper sich wieder in der Luft befand und zurückflog! Er nahm Kurs auf den kleinen Sportwagen und damit auch auf sie. Einen Wimpernschlag später landete die Eierhandgranate zwischen ihr und dem Fahrer auf dem Wagenboden.

Butler Parker gab Gas und legte eine Distanz zwischen sich und dem Sportwagen. Dann blickte er wieder in den Rückspiegel und verfolgte die Anstrengung der Beifahrerin, die eindeutig nach dem Sprengkörper suchte.

Parker, der die schwarze Melone längst wieder aufgesetzt hatte, rechnete jeden Moment mit dem Hochgehen der Ladung. Seiner Schätzung nach war die Brenndauer des Zünders bereits überschritten.