Rettung für Sol? - Jo Zybell - E-Book

Rettung für Sol? E-Book

Jo Zybell

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Beschreibung

Die Expedition nach Andromeda erweist sich als Katastrophe. Gute Männer sterben, und Ren Dhark verliert alte treue Weggefährten. Trotz aller Anstrengungen sieht es nicht danach aus, als könne es sie noch wirklich geben, die Rettung für Sol.

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Ren Dhark

Weg ins Weltall

 

Band 12

Rettung für Sol?

 

von

 

Jo Zybell

(Kapitel 1 bis 5)

 

Uwe Helmut Grave

(Kapitel 6 bis 10)

 

Jan Gardemann

(Kapitel 11 bis 16)

 

Achim Mehnert

(Kapitel 17 bis 22)

 

und

 

Hajo F. Breuer

(Exposé)

Inhalt

Titelseite

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.

21.

22.

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Impressum

Prolog

Im März des Jahres 2065 steht die Menschheit vor einer Zerreißprobe: Die Bewohner Terras sind nach Babylon evakuiert, wo Henner Trawisheim, der amtierende Commander der Planeten, die Zentrale des neuen Terra schaffen will. Nur noch 20 Millionen Menschen sind auf der mittlerweile völlig vereisten Erde zurückgeblieben.

Doch es ist Ren Dhark und seinen Mitstreitern gelungen, den Abfluß der Materie von unserer Sonne zu stoppen, indem sie die Hyperraumstation zerstörten, die kontinuierlich Masse aus der Sonne abzog und nach Proxima Centauri transferierte.

Als sich darüberhinaus die Synties – tropfenförmige Energiewesen aus dem All – aus alter Freundschaft zur Menschheit und vor allem zu Ren Dhark bereit erklären, die verlorengegangene Masse der Sonne durch neuen interstellaren Wasserstoff zu ergänzen und sie wieder so stark zu machen wie zuvor, scheint der glückliche Ausgang der Katastrophe gewiß.

Trotzdem läßt Henner Trawisheim die Evakuierungsaktion fortsetzen. Traut er den Synties nicht, oder verfolgt er eigene geheime Ziele? Die Frage wird bald überflüssig, als eine unbekannte Kraft die Synties aus dem Sonnensystem absaugt: Ohne die spurlos verschwundenen Helfer ist die Erde nicht mehr zu retten!

Resigniert beteiligt sich Ren Dhark mit seiner POINT OF an der weiteren Evakuierungsaktion. Doch nach ihrem Abschluß will er die Synties suchen, auch wenn er nicht den allerkleinsten Hinweis auf ihren Verbleib hat. Allmählich faßt er wieder Mut – als eine bisher unbekannte Spezies aus den Tiefen des Alls auftaucht und die Erde zu ihrer neuen Heimat erklärt! Und dieses Volk scheint wie geschaffen für ein Leben in arktischer Kälte.

Die Eisläufer oder Riiin, wie sie sich selbst nennen, landen an beiden Polen und nehmen die Erde von dort aus in Besitz. Verzweifelt versucht Ren Dhark, auf Babylon Hilfe für die Heimat der Menschheit zu erhalten – doch Henner Trawisheim läßt ihn eiskalt abblitzen. Auch Terence Wallis, der Herrscher von Eden, will seine noch junge Welt nicht in einen Krieg verwickeln.

Auf dem Rückflug nach Terra macht die POINT OF Bekanntschaft mit einer unheimlichen Waffe der Eisläufer: dem Relativitätswerfer, der die Zeit rings um ein getroffenes Schiff um den Faktor 104 verlangsamt.

Trotzdem gelingt Ren Dhark der Durchbruch nach Cent Field. Die genaue Überprüfung alter Protokolle führt ihn und seine Gefährten zu einem geheimnisvollen Gerät unter Stonehenge, dessen Vernichtung einen kurzen Frühling in ganz Südengland auslöst und so Millionen Eisläufer das Leben kostet.

Arc Doorn erinnert sich daran, ein ähnliches Gerät schon einmal gesehen zu haben – und nimmt kurzerhand seinen Abschied von der POINT OF, um auf der Erde nach weiteren dieser geheimnisvollen Artefakte zu suchen.

Ren Dhark aber folgt der Spur des Energieimpulses nach Andromeda. Doch diesen neuen Flug in die Weiten des Alls will Dan Riker, Rens bester Freund, nicht mehr mitmachen: Auch er nimmt seinen Abschied von der POINT OF!

In der Nachbargalaxis findet Dhark die ehemalige Zentralwelt der dortigen Worgun. Von ihr führt die Spur bis in den hintersten Winkel Andromedas. Er trifft auf die Glandaren, die technisch einen gänzlich anderen Weg gegangen sind als die übrigen bekannten Völker: Sie beherrschen die Quantenenergie. Und die haben sie genutzt, um unzählige Synties in einer mondgroßen Falle festzusetzen. Die Befreiung der Synties gelingt – doch mit fatalen Folgen für die Glandaren, die ihren Feinden vom Geheimen Imperium nun schutzlos ausgeliefert sind…

Auf der Erde starten Arc Doorns Freunde eine neue Expedition zur Lösung des Rätsels der Gäa-Maschinen. Und dabei geraten sie in eine ehemalige T-Station, die beherrscht wird von einem merkwürdigen Wissenschaftler namens Rimington und seinem Roboter Abraham. Zwar gelingt es, den Roboter auszuschalten, aber die genmanipulierten Eisbären stellen eine große Gefahr dar. Erst töten sie ihren Schöpfer, und nun nehmen sie sich die anderen Menschen vor…

1.

Wie ein Faustschlag traf ihn die Meldung vom Mutterschiff. »Was sagen Sie da? Die ganze Flotte…?«

»Leider!« Falluta nickte. »Der Ortungsalarm ist eindeutig!«

Das Konterfei des Ersten Offiziers im Kleinsthologramm verblaßte. Ren Dhark hob den Blick und sah seine Männer an. »Meldung von der Zentrale: Die Flotte des Geheimen Imperiums ist überraschend im Glandarensystems aufgetaucht. Fünftausend gelbe Ringraumer nehmen in diesen Minuten Kurs auf den Planeten!«

Die Gesichter der Wissenschaftler und Techniker wurden bleich, Manu Tschobes Haut war grau, Chris Shantons Augen wurden zu Schlitzen. Die Gestalten der Männer strafften sich, Unglaube und Entsetzen spiegelte sich in ihren Mienen.

Dhark fuhr herum. »Raus hier!« schrie er in die Halle hinein. Sein Echo schallte aus den unwägbaren Weiten des Gewölbes zurück. »Zu den Flash und raus!« Er aktivierte sein Vipho. »Commander an Hornig und Wolt! Organisieren Sie den Rückzug! Es muß schnell gehen! Sehr schnell…!«

Sie rannten zu den Flash. Dort standen schon Hon Wolt und Leutnant Hornig. Sie winkten die Wissenschaftler, Techniker und den Commander heran. Die Beiboote auf den Maschinenblöcken hoben ab und setzten zur Landung beim Gros der Flotte an. »Ich gehe mit der zweiten Welle!« rief Ren Dhark.

Von einem Augenblick zum anderen war die nach dem Tod Trudeaus angespannte Ruhe hier unten hektischem Treiben gewichen. Aus den breiten Straßen zwischen den gewaltigen Maschinenblöcken rannten die Patrouillen und Roboter heran. Befehle hallten über den Platz unter der Schachtmündung.

Zusammen mit Hornig sorgte der Commander dafür, daß auch die Kadetten mit der ersten Evakuierungswelle flogen. Die Flash starteten, aktivierten ihre Intervallfelder und rasten zur Decke hinauf, wo sie im Gestein des Gewölbes verschwanden. Die Roboter sicherten die Cyborgs und die Landungsspezialisten, die Landungsspezialisten und die Cyborgs sicherten ihren Chef.

Nach nicht einmal vier Minuten – sie kamen Dhark wie vierzig Minuten vor – kehrten die Beiboote zurück. Der Commander stieg zu Wonzeff in die 001. Dessen Maschine startete als erste, die anderen folgten in kurzen Intervallen. In knapp acht Minuten war die Halle mit der Worgunanlage geräumt.

Kaum hatte Flash 001 in seiner Haltebucht im Depot festgemacht, setzte Dhark sich mit der Zentrale der POINT OF in Verbindung. »Commander an Falluta! Alarmstart, sobald der letzte Flash an Bord ist!«

»Verstanden!« kam es knapp und heiser zurück.

Dhark kletterte hinter Wonzeff her aus der Luke, im Laufschritt steuerte er den nächsten Antigravschacht an. Von fern hörte er die Triebwerke summen, während er nach oben schwebte. Die Stimme des Checkmasters aus dem Bordsprech meldete den erfolgreichen Alarmstart.

Wenige Minuten später öffnete sich das Westschott vor ihm, er lief in die Zentrale. »Was macht die gelbe Flotte?« rief er, während er an der Bildkugel vorbei zum Kommandostand stürmte. Dort saß bereits Amy Stewart – sie war schneller gewesen als er.

»Ist auf Angriffskurs gegangen!« meldete Yell aus dem Ortungsstand. »Entfernung zu Glandar: weniger als eine Million Kilometer!«

»Feuern sie?« Ren Dhark sprang die drei Stufen zum Kommandostand hinauf.

»Bis jetzt fiel nicht ein einziger Schuß«, sagte Hen Falluta.

Ren Dhark ließ sich zwischen seinem Ersten Offizier und Amy in den Kommandantensessel fallen. »Funkzentrale, stellen Sie eine Verbindung zu diesen wildgewordenen Kriegern her!«

Drei Sekunden später nur kam von Morris die Bestätigung. Der Commander beugte sich über die Sprechrillen. »Dhark ruft KS Zwölf! Ich wiederhole: Commander Dhark ruft das Kriegsschiff Zwölf des Geheimen Imperiums!«

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. »Sie haben eine Botschaft für uns?« Die künstliche Stimme des Bordhirns von KS 12 tönte für jeden in der Zentrale hörbar aus dem Funk.

»Eine Frage, keine Botschaft!« Ren Dhark sprach leise. Er war bleich, und an seiner Schläfe sahen Falluta und Amy Stewart eine geschwollene Ader. »Wir hatten vereinbart, daß wir das Defensivsystem der Glandaren ausschalten und Sie im Gegenzug darauf verzichten, die Glandaren anzugreifen!«

»Korrekt, Commander Dhark«, antwortete das fremde Bordhirn. »Ungefähr das hatten wir vereinbart.«

»Exakt das hatten wir vereinbart! Was soll Ihr Angriffskurs?!« Dhark wurde laut. »Wir Terraner haben jede Bedrohung durch die Glandaren ausgeschaltet! Sie müssen kein Quantenloch mehr fürchten! Jetzt sind Sie dran, Ihr Versprechen einzulösen – brechen Sie den Angriff ab!«

»Warum sollten wir das tun? Es wäre unlogisch.«

Für einen Moment verschlug es dem Commander die Sprache. Er blickte auf seine Kontrollschirme – mit unverminderter Geschwindigkeit raste die gelbe Flotte heran. Nur noch knapp 200 000 Kilometer trennten die Angriffsspitze des Geheimen Imperiums von der POINT OF. In der Bildkugel war Glandar nur noch ein Ball, der von Sekunde zu Sekunde kleiner wurde.

»Das war unsere Vereinbarung«, sagte Dhark schon halb resigniert. »Sie haben es versprochen!«

»Vereinbarung?« schnarrte es aus dem Funk. »Versprochen? Ich verstehe nicht, was Sie da reden, Commander Dhark. Das Geheime Imperium befindet sich im Krieg mit den Glandaren. Wußten Sie das nicht? Im Krieg ist alles erlaubt, was zum Erfolg führen könnte. Selbstverständlich werden wir die Glandaren angreifen.«

Die Verbindung brach ab. Ren Dhark starrte in die Bildkugel. Glandar schrumpfte bereits zu einem blaugrauen Tennisball zusammen. Schon konnte man wie winzige Feuerfunken die ersten Schiffe der gelben Flotte sehen.

»Wir fliegen zwischen tausendfach überlegenen Angreifern und ihrem Angriffsziel!« Hen Falluta konnte seine Nervosität kaum noch verbergen. »Die Gelben sind auf Konfrontationskurs! Wir sollten ihnen ausweichen!«

»Wir weichen nicht aus!« Dhark wollte es wissen. »Wir gehen auf Abfangkurs.« Von links spürte er Amys Blick, von rechts den seines Ersten Offiziers. Keiner sagte ein Wort, doch Dhark spürte ihre Fassungslosigkeit.

»Funkzentrale, stellen Sie die Verbindung zu KS Zwölf wieder her!« Die POINT OF ging auf Abfangkurs und raste der Angriffsspitze des Geheimen Imperiums entgegen. Schon konnte man in der Bildkugel die ersten Ringraumer erkennen.

»Sie antworten nicht, Sir!« meldete Glenn Morris nach einer Weile. »Soll ich es trotzdem weiter versuchen?«

Grelles Licht leuchtete plötzlich im Zentralhologramm auf. Ein Vorhang aus Energie verhüllte die großen gelben Ringraumer. »Sie eröffnen das Feuer!« schrie Tino Grappa. »Sie feuern mit Nadelstrahl! Die Energieentfaltung ist unglaublich! So eine Stärke habe ich noch nie gemessen! Und die Reichweite…! Das kann doch nicht sein!«

Dann strahlte nur noch grelles, pinkfarbenes Licht in der Bildkugel. Die Nadelstrahlsalven schlugen im Schutzschirm ein. »Intervallfeldauslastung über siebzig Prozent«, meldete mit monotoner Stimme der Checkmaster.

*

»Die nächste Salve!« rief Tino Grappa. »Sie machen weiter!« Ren Dhark blickte auf seine Kontrollschirme.

»Intervallfeldauslastung neunzig Prozent«, verkündete der Checkmaster seelenruhig. Eine kalte, gelbliche Strahlung überlagerte plötzlich die pinkfarbenen Salven.

»Die machen immer weiter!« rief Dencil Yell von der Ortung. »Hinter der Nadelsalve kommt eine gigantische Energiefront! Die machen uns fertig…!«

Im nächsten Moment verblaßten pinkfarbenes und gelbliches Licht in der Bildkugel und machten einem grünlichen Leuchten Platz. Ren Dhark begriff sofort, was geschah: Sein Schiff sprang durch den Hyperraum. Ein Blick auf seine Instrumente bestätigte ihn: Das Intervallum war deaktiviert, der grün leuchtende Kompaktfeldschirm eingeschaltet.

Fast übergangslos funkelten wieder Sternkonstellationen im Zentralhologramm. »Wir haben eine Nottransition durchgeführt«, sagte Falluta.

»Das geht auf das Konto des Checkmasters«, sagte Amy. »Er muß kurzfristig die Kontrolle übernommen haben.«

»Positionsbestimmung!« befahl der Commander.

»Schon erledigt«, meldete Grappa. »Wir fliegen fast fünf Lichtjahre vom Glandarensystem entfernt durchs freie All. Ich schicke Ihnen die Daten auf die Schirme!«

»In Ordnung.« Ren Dhark schaltete den Kompaktfeldschirm aus und fuhr die Intervallfelder wieder hoch. »Zentrale an alle Abteilungen, erbitte Meldung! Gibt es Schäden bei jemandem?«

Nacheinander gingen die Meldungen ein. Erleichterung machte sich breit: Die POINT OF hatte den Überraschungsangriff unbeschadet überstanden – in keiner Abteilung gab es Verletzte, nirgendwo war ein Aggregat durchgebrannt. Das Intervallum hatte gerade noch so eben gehalten.

»Dhark an Checkmaster – ich hatte dir nicht befohlen, eine Nottransition durchzuführen! Was sollte diese Eigenmächtigkeit?«

»Es ist meine Aufgabe, diesen Ringraumer und seine Besatzung vor Schaden zu bewahren«, erklärte der Bordrechner. »Dazu hat man mich konstruiert. Dieser Aufgabe konnte ich nur noch durch die Nottransition gerecht werden! Die lichtschnellen Kampfstrahlen haben überlichtschnelle Energiefelder ausgestrahlt, denen unsere Schirme nicht standgehalten hätten.«

»Woher willst du das wissen?«

»Ich kenne diese Energiefelder, und Sie kennen sie auch. Sie sondern die gleiche gelbe Strahlung ab, mit der man uns schon auf dem Mond Z des Dreiersystems angegriffen hat. Erinnern Sie sich, Commander – ein einziger dieser Strahlen hat genügt, um dem Flash von Trudeau und Hawker sämtliche Energie zu entziehen.«

Natürlich erinnerte sich Ren Dhark. Und es versetzte ihm einen Stich, als das Bordgehirn den Namen des gefallenen Kadetten nannte; so selbstverständlich, als wäre nichts geschehen. Vermutlich hatte der Checkmaster den Verlust noch gar nicht registriert. Der Commander war ja noch nicht einmal dazu gekommen, die Besatzung offiziell und in angemessener Form über Trudeaus Tod zu informieren. Wann hätte er das auch tun sollen? Seit Trudeau gestorben war, überschlugen sich die Ereignisse ja förmlich!

»Ortung – haben Sie diese Energiefelder ebenfalls registriert, Tino?«

»Wir können die Analyse des Checkmasters nur bestätigen«, meldete Grappa. »Wir hätten dieser Feuerkraft nicht lange standhalten können. Nach spätestens zwei Sekunden wären die Intervallfelder zusammengebrochen. Bei uns wären sämtliche Lichter ausgegangen.«

»Danke.« Dhark sog scharf die Luft durch die Nase ein. Die Vorstellung, der Checkmaster hätte keine Nottransition durchgeführt, verursachte ihm jetzt eine Gänsehaut. Er ließ sich gegen die Sessellehne fallen. »Richten Sie die Instrumente Ihrer Fernortung auf Glandar, Tino. Ich will wissen, was dort vor sich geht!«

»Verstanden.«

Hen Falluta musterte seinen Chef von der Seite. Sein Blick war ernst. »Was auch immer dort geschehen mag, Commander – allein mit der POINT OF können wir nichts gegen die Flotte des Geheimen Imperiums unternehmen; nicht das geringste.«

»Ich weiß es doch!« Dhark machte eine abwehrende Geste und seufzte. Nichts haßte er mehr als das Gefühl der Ohnmacht. »Ehrlich gesagt, ich fürchte das Schlimmste für Glandar!«

»Da bist du nicht der einzige«, sagte Amy leise, und Dhark sah Tschobe und Shanton nicken.

»Ich sehe das ein wenig optimistischer«, meldete Tino Grappa sich zu Wort. »Allerdings auch nur, weil unsere Fernortung keinerlei Energieentfaltung in der Umgebung des Glandarenplaneten anpeilen kann.«

»Die Gelben nehmen Glandar nicht unter Beschuß?« Falluta runzelte die Stirn. »Merkwürdig!«

»Unsere Fernortung hat noch weitere Merkwürdigkeiten zu bieten«, meldete Grappa. »Sie findet nur noch rund fünfhundert Ringraumer der Gelben im Glandarensystem!«

»Bitte?« Ren Dhark konnte es kaum glauben. »Sind Sie ganz sicher?«

»Die Ortungsdaten geben nichts anderes her – etwas weniger als fünfhundert Kriegsschiffe des Geheimen Imperiums manövrieren in direkter Umgebung von Glandar.«

»Fehlen also viertausendfünfhundert! Wo sollen die anderen Schiffe geblieben sein?«

»Ich weiß es nicht, Commander, und meine Ortung weiß es auch nicht.«

Dhark beobachtete seine Kontrollschirme und dachte nach. »Was haben die Kerle vor?« Er ballte die Rechte. In langsamem Takt schlug er mit der Faust auf seine Armlehne. »Was zum Teufel haben sie vor?« Jede zweite Silbe unterstrich er mit einem Faustschlag. »Wir fliegen zurück nach Glandar!« entschied er endlich.

»Bloß nicht!« platzte es aus Amy heraus. »Das ist viel zu gefährlich!«

»Duese Einschätzung ist nicht von der Hand zu weisen«, gab Artus zu bedenken, der sich bei Shantons Arbeitsbucht aufhielt.

»Dem kann ich mich nur anschließen, Commander«, sagte Hen Falluta mit spitzen Lippen. »Im Glandarensystem haben wir meiner Meinung nach nichts mehr verloren!«

»Nichts mehr verloren?« Ren Dhark lachte bitter auf. »Im Glandarensystem haben wir die Synties verloren! Haben Sie das vergessen?« Seine Züge wurden hart, sein Gesicht kantig. »Ich will wissen, was da vor sich geht! Also fliegen wir zurück!« Er blickte in die zweifelnden Gesichter seiner Leute. »Was soll uns denn passieren? Die Gelben können die Tarnung unseres Schiffes nicht knacken, soviel ist doch klar, oder?«

»Da ist natürlich was dran.« Grappa stimmte ihm zu. »Die Geheimen Krieger vom noch geheimeren Imperium mögen waffentechnisch die eine oder andere Überraschung zu bieten haben, aber unsere Tarnung haben sie bisher nicht geknackt.«

»Solange wir nicht funken, aktiv orten oder gar das Feuer eröffnen, müssen wir überhaupt nichts befürchten«, sagte Chris Shanton. »Trudeaus und Hawkers Flash auf Z haben sie auch nur optisch angemessen.«

Ren Dhark zog es vor, weder die kritischen Stimmen noch die Befürworter seiner Entscheidung zu kommentieren. Völlig entspannt saß er in seinem Kommandantensessel, schloß die Augen und beschleunigte sein Schiff durch die Kraft seiner Gedanken. Die POINT OF nahm Fahrt auf. Im Sternensogmodus steuerte sie das Glandarensystem an.

Kurze Zeit später näherte sich der terranische Ringraumer dem Planeten Glandar. Kein Ortungsstrahl erfaßte ihn, kein gelbes Kriegsschiff nahm Kurs auf ihn; niemand entdeckte ihn.

Die Flotte des Geheimen Imperiums machte sich nicht die Mühe, ihre Schiffe zu tarnen. Offen operierte der Verband im planetennahen Weltall. »Die gelben Ringraumer scheinen sich vollkommen sicher zu fühlen«, knurrte Falluta.

»Leider zu Recht«, sagte Dhark. Bis auf wenige 100 000 Kilometer steuerte er sein Schiff an Glandar heran. Die meisten gelben Ringraumer manövrierten in deutlich geringerem Abstand in der Umgebung des Planeten. »Irgendwelche Energieimpulse, die auf einen Beschuß der Glandarenwelt hindeuten?« fragte der Commander an die Adresse der Ortungsabteilung.

»Nichts«, sagte Grappa. »Die Gelben fliegen nicht einen einzigen Angriff gegen den Planeten.«

»Warum sollten sie auch?« fragte Falluta mißmutig. »Die Glandaren verfügen über keinerlei Defensivwaffen mehr, keine Fraßschlünde, nichts. Dafür haben wir ja mit gewohnter Gründlichkeit gesorgt. Die Gelben haben es mit einer vollkommen wehrlosen Welt zu tun. Wozu sollten sie da ihre Energie noch verschwenden?«

»Kämpfe am Boden?« wollte Dhark wissen.

»Unsere Instrumente empfangen keinerlei Impulse, die darauf hinweisen.« Grappa zuckte mit den Schultern. »Um ganz sicher zu sein, müßten wir den Planeten ein- oder zweimal umkreisen und am besten noch eine Drohne hinunterschicken. Aber wenn Sie mich fragen – da unten spielt sich kein Kampf ab.«

»Was machen die Gelben dann hier?« Eine steile Falte grub sich zwischen Dharks weißblonden Brauen ein. Mißtrauisch beobachtete er abwechselnd seine Kontrollschirme und die Bildkugel, während die POINT OF den Planeten zum erstenmal umrundete. Ein paar Augenblicke lang spielte er mit dem Gedanken, wirklich eine Drohne auf einen Aufklärungsflug hinunterzuschicken. Er verwarf ihn wieder – ein zu großer Zeitaufwand.

»Wir gehen jetzt in die zweite Umkreisung«, meldete Grappa keine zwanzig Minuten später. »Die erste hat keine weiteren Daten gebracht, die eine Neubewertung der Situation nötig machen würden. Da unten gibt es keine Landungstruppen des Geheimen Imperiums, ich bleibe dabei.«

»Das gefällt mir nicht.« Dhark rieb sich grübelnd das Kinn. »Ich frage mich ernsthaft, was die Gelben hier noch suchen!« Wieder wandte er sich an Grappa. »Keine Landemanöver und kein Beschuß also…«

»Nein«, antwortete der Mailänder. »Jedenfalls können wir mit der passiven Ortung nichts finden, was danach aussieht. Allerdings…« Er unterbrach sich. »Schauen Sie sich das an, Commander, ich lege es in die Bildkugel!«

Sämtliche Augenpaare in der Zentrale fixierten jetzt das Zentralhologramm. Stark vergrößert hatte der Checkmaster die Aufnahmen der Außenkameras hineingerechnet – der obere Polbereich des Glandarenplaneten füllte die halbe Bildkugel aus. Deutlich waren zwei gelbe Ringraumer zu erkennen. Sie zogen keinerlei Glutschleppen hinter sich her, während sie durch die Atmosphäre Glandars der Planetenoberfläche entgegenrasten. Offenbar flogen sie also mit aktivierten Intervallfeldern. Sekunden später verschwanden sie in der Festlandmasse.

Eine Zeitlang beobachtete die Besatzung der Zentrale den Planeten, während die POINT OF ihn umkreiste. Zweimal noch tauchte ein Schiff des Geheimen Imperiums in den Planeten ein. »Ich möchte wissen, was die im Planeteninneren treiben…« Dhark dachte laut. »Irgendwas stimmt da nicht.«

»Schwer zu sagen«, meldete Grappa sich. »Die Planetenmasse dämpft die Impulse der unterirdisch operierenden Kriegsschiffe erheblich. Eine präzise Ortung können wir so nicht liefern. Doch unsere Instrumente registrieren größere Energieentfaltungen im Planetenkern. Soviel kann ich sicher sagen.«

»Im Planetenkern?« Ren Dhark trommelte mit den Fingerkuppen auf der Armlehne seines Kommandantensessels herum. »Was zum Teufel machen die da?«

Amy seufzte und verdrehte die Augen. Sie wußte genau, was jetzt geschehen würde.

Und es geschah: Ren Dhark beugte sich über die Sprechrillen. »Zentrale an Flashpiloten – ein paar Einheiten des Geheimen Imperiums operieren im Planetenkern von Glandar. Wir sollten herausfinden, was sie dort zu suchen haben. Ich brauche zwei Freiwillige. Die beiden sollten mit einem Flash runtergehen und sich die Sache vor Ort anschauen. Wer fliegt?«

Amy atmete tief durch. Sie hatte schon befürchtet, ihr Gefährte würde persönlich am Erkundungsflug teilnehmen.

Die Antwort aus dem Flashdepot ließ nicht lange auf sich warten. »Hier Wonzeff. Ich hab hier 27 Männer, alle wollen fliegen. Ich auch, macht 28. Sollen wir losen?«

Ren Dhark schmunzelte. 28 Flashpiloten flogen mit der POINT OF, 28 Flashpiloten meldeten sich freiwillig. Das war ganz nach seinem Geschmack. »Commander an Flashdepot – danke für Ihre Bereitschaft, meine Herren. Mehr als eine Maschine schicken wir nicht nach unten. Die anderen 26 mögen mir verzeihen, wenn ich Wonzeff und Kucks bitte, den Auftrag zu übernehmen.«

»Verstanden, Commander.« Wieder tönte Wonzeffs Stimme aus dem Bordsprech. »Wir fliegen dann mal gleich los.«

»Tun Sie das, Pjetr.« Dhark war zufrieden. Der Einsatz war gefährlich, deswegen hatte er sich für seine beiden erfahrensten Piloten entschieden: Pjetr Wonzeff und Harold Kucks.

Die POINT OF näherte sich dem Planeten noch ein Stück und ging 100 000 Kilometer über ihm in eine neue Umlaufbahn. Auf ihr erreichte sie bald darauf die Nachtseite Glandars. Wonzeffs und Kucks flogen durch die Bordwand nach draußen und nahmen Kurs auf die Welt unter ihnen. Unter vollem Tarnschutz und eingehüllt in sein Intervallfeld drang Flash 001 wenig später in den Boden ein.

*

2000 Kilometer unter der Planetenoberfläche gab die Ortung Kollisionsalarm, und im nächsten Moment sah Wonzeff das feindliche Gerät auch schon im Monitor. »Verdammt…!« Ein gelber Ringraumer! Er konnte ihm gerade noch ausweichen.

»Das war knapp«, stöhnte Kucks. »Ein schlechtes Omen?«

»Ein gutes Omen, Mann! Er hat uns nicht erwischt, oder?« Wonzeff schielte auf den Ortungsschirm: Das Kriegsschiff des Geheimen Imperiums war nur noch ein blasser Reflex im Nirgendwo. »Höllisch schnell unterwegs, der Kanarienvogel! Eine Spazierfahrt war das nicht!«

Flash 001 glitt durch den Gesteinsmantel wie durch luftleeren Raum. Wonzeff fröstelte. Tausendmal war er im Schutz eines Intervallums durch Gemäuer, Planeten und Härteres gerauscht und hatte sich nichts dabei gedacht. Klar doch, man gewöhnte sich an alles, auch an den Flug durch das rätselhafte Zwischenkontinuum, den Intervallfelder ermöglichten. Die Beinahekonfrontation eben, die hatte ihn aufgeschreckt und ihm wieder einmal bewußt gemacht, was er da eigentlich tat: durch massive Gesteinsmassen rasen wie durch luftleeren Raum.

Und wenn der Flash nun mit dem Ringraumer zusammengestoßen wäre? Der Gelbe war auch im Schutz seines Intervallums unterwegs gewesen.

Was wäre geschehen? Hätte man sich gegenseitig durchdrungen? Wonzeff wußte es nicht. Niemand wußte es; und niemand wollte es wissen. Bis jetzt war dergleichen noch nie vorgekommen. Oder war es vorgekommen, ohne daß Zeugen es gesehen, gemessen und dokumentiert hatten, weil so ein Ereignis keine Zeugen hinterließ?

Egal, nicht daran denken. Die Außentemperatur kletterte der Tausendgradmarke entgegen. Noch knapp 4000 Kilometer bis zum Planetenkern.

»Bauweise wie auf der Erde, wie fast überall.« Kucks hatte sich ein paar Daten aus der astronomischen Abteilung ins Gedächtnis gerufen. »Ein Planetenkern aus Eisen, Nickel und einigen anderen Metallen. Außerdem Spuren von Schwefel, Sauerstoff und Silizium.«

»Bauweise?« Wonzeff belächelte Kucks’ Wortwahl. »Und wer hat’s gebaut?«

»Der liebe Zufall, der liebe Gott oder sonst ein liebes Krümelmonster mit chemisch-physikalischen Grundkenntnissen – keine Ahnung, wer genau.«

»Na, Hauptsache er oder es behält ein Auge auf unser Intervallfeld, nicht wahr Harry? Die Temperatur da draußen erreicht gerade viertausend Grad Celsius.«

»Harold, wenn ich bitten darf.«

»Entschuldige bitte. Also – viertausend Grad Celsius, was sagst du dazu, Harold?«

»Keine Sorge, Pjetr«, entgegnete Kucks leichthin. »Selbst wenn das Intervall ausfiele, würden wir nichts davon mitbekommen. Druck und Dichte da draußen sind so hoch, daß die Nullnulleins, du und ich aufs Format eines Hühnereis zusammengestaucht würden, bevor auch nur ein einziger Schmerzimpuls unsere kleinen grauen Zellen erreicht hätte.«

»He, da bin ich aber echt getröstet!« Wonzeff setzte ein sarkastisches Grinsen auf.

Jetzt stießen sie in die Außenbezirke des Planetenkerns vor. Druck und Dichte waren so hoch, daß die glühenden Massen jenseits des Intervallums trotz einer Temperatur von knapp 6700 Grad Celsius noch fest waren. Sie redeten nichts in diesen Minuten. Beide Männer konzentrierten sie sich auf den Monitor und die Ortungsdaten.

Sie rechneten damit, im Zentrum des Planetenkerns – auf den letzten 200 bis 300 Kilometern – doch noch in glutflüssiges Eisen vorzustoßen. Statt dessen flogen sie auf einmal durch einen großen Hohlraum.

»Bei allen guten Geistern des Universums – was ist denn das?!« staunte Kucks, und Wonzeff verschlug es die Sprache gleich ganz. Er drosselte die Geschwindigkeit des Flash, sein Blick flog zwischen Ortungsinstrumenten und Monitor hin und her. »Ein kugelförmiger Hohlraum, das gibt’s gar nicht, so was!« Kucks hatte die Daten schon analysiert. »An die zwölf Kilometer Durchmesser, wenn ich das richtig sehe. Oder träume ich?«

»Nix Traum«, stöhnte Wonzeff. »Wir sausen hier allen Ernstes durch eine Hohlkugel!« Er drosselte die Geschwindigkeit noch weiter und ging in eine enge Schleife, um den Hohlraum nicht gleich an der gegenüberliegenden Wand wieder zu durchstoßen. Zwölf Kilometer waren zwei Katzensprünge oder drei, jedenfalls bei der Geschwindigkeit, mit der Flash 001 in den zentralen Hohlraum vorgestoßen war.

»Und wir sind nicht allein, wenn ich alles korrekt überblicke!« Kucks hatte recht: Sieben gelbe Kriegsschiffe des Geheimen Imperiums flogen auf Ringkurs durch den Hohlraum, und zwar ziemlich dicht an der Wand. Jedes Schiff hatte einen Durchmesser von 250 Metern, fast allen klebte ein seltsam vertrautes, olivgrünes Licht an. Und gewaltige Staubschleier wogten dort, wo die Schiffe vorbeiflogen.

»Was treiben die da?« Wonzeff blinzelte, weil er den Daten auf dem Ortungsschirm nicht glauben wollte. »Schau auf die Ortung, Mann! Siehst du auch, was ich sehe?« Er hielt die 001 auf dem Schleifenkurs, den er eingeschlagen hatte. Kontinuierlich drosselte er die Geschwindigkeit.

»Gütiger Gott«, stöhnte Kucks. »Sie feuern! Sie schießen mit Duststrahlen!«

So war es! Tatsächlich, so war es! Sie schossen mit Duststrahlen, und sie schossen nicht ins Ungefähre, sondern sie hielten auf die Wand des kugelförmigen Hohlraumes.

Ein paar Atemzüge lang dauerte es, bis die Männer begriffen, aber dann sahen sie klar: Die Gelben erweiterten den Hohlraum im Planetenkern mit Dust. Und sie machten das so unglaublich präzise, daß der Hohlraum einer annähernd perfekten Kugelinnenwand glich, einer Kugel, die dank ihrer idealen Form trotz des Drucks nicht zusammenbrach. Ein einzelner gelber Ringraumer stand exakt im Zentrum der Hohlkugel. Er feuerte keinen einzigen Duststrahl ab.

»Paß auf, Pjetr!« rief Kucks plötzlich. »Paß auf, daß wir nicht in so eine gottverdammte Salve geraten…!«

Zu spät. Flash 001 war viel zu schnell unterwegs, Wonzeff konnte nicht mehr rechtzeitig genug reagieren. Zwar gelang es ihm noch, das Beiboot aus dem Ringkurs hinaus in den Mittelpunkt des Hohlraums zu ziehen, doch er konnte nicht vermeiden, dabei für Sekundenbruchteile in einen Duststrahl zu geraten.

Eine rote Leuchte blinkte plötzlich auf der Armaturentafel, ein akustischer Alarm orgelte los, eine Digitalanzeige behauptete, das Intervallfeld sei zu 99,69 Prozent ausgelastet. Wonzeff sah es, und der Schreck fuhr ihm in alle Knochen.

Zehn oder 20 bange Sekunden lang kreiste Flash 001 auf einer Art Spiralkurs eng um das theoretische Zentrum des Hohlraums; praktisch also um jenen vereinzelten gelben Ringraumer, der dort scheinbar untätig schwebte. Erst geschah gar nichts, dann stieß Kucks einen Fluch aus.

»Was ist los?« Irgendwie ahnte Wonzeff, was die Stunde geschlagen hatte.

»Der Gelbe im Zentrum!« Kucks bellte es förmlich hinaus. »Die Ortung kann die Energien kaum messen, die er entfaltet! Ich weiß aber trotzdem nicht, was er da macht!«

Wonzeff wollte das gar nicht so genau wissen. Vor allem eine Sorge setzte ihm in diesen Sekunden zu, nämlich die, daß ihr Intervallum bei Durchflug durch die Duststrahlen zu viele Strahlen absorbiert und reflektiert haben könnte; die Sorge also, die Gelben könnten von der Ablenkung der Duststrahlen auf ein fliegendes Objekt schließen und nun das Feuer eröffnen.

Doch nichts dergleichen geschah. Dennoch stieg das Energieniveau des zentralen Ringraumers immer weiter an. »Wir interessieren ihn gar nicht«, sagte Wonzeff, als endlich der Groschen fiel. »Die Stabilisierung des Hohlraums interessiert ihn, und sonst nichts!«

»Was willst du mir sagen, Meister?« Leutnant Kucks stand auf der Leitung.

»Wir haben den Duststrahl für einen Moment abgelenkt, verstehst du, Harry? Tschuldigung, Harold natürlich. Dadurch haben wir die Arbeit des zentralen Gelben natürlich gestört: An der Stelle, unter der wir durch den Duststrahl geflogen sind, entspricht die Innenwand nicht mehr exakt der Kugelschalenform. Wir haben die Abtragung verzerrt, wir haben die Stabilität der Kugelinnenwand beeinträchtigt! Kapierst du?«

Natürlich begriff Kucks: An einer Stelle war das Kugelgewölbe nicht mehr exakt kugelförmig. Seine Statik war gestört, es drohte zusammenzubrechen. Der zentrale Ringraumer benötigte alle seine Energiereserven, um den Einsturz zu verhindern. Vermutlich arbeitete er mit Antigrav oder Traktorstrahl. »Und jetzt?« fragte Harold Kucks. Er klang einigermaßen ratlos.

»Jetzt schicke ich erst einmal alles, was unsere Ortung messen kann, an die POINT OF.« Wonzeff aktivierte den To-Richtfunk und übertrug die Ortungsdaten an das Mutterschiff. »Und dann müssen wir zusehen, daß wir unsere Haut retten.«

»Verdammt…« Kucks schluckte. »War also doch ein schlechtes Omen.«

»Was?«

»Die Beinahekollision mit dem Gelben vorhin.«

»Hör bloß auf!« Wonzeff war ein toleranter Mensch, weiß Gott. Eines allerdings konnte er auf den Tod nicht leiden: Wenn jemand den Teufel an die Wand malte.

Doch Kucks schien recht zu behalten: Plötzlich scherten vier Schiffe des Geheimen Imperiums aus ihrem Verband und ihrem Ringkurs nahe der Kugelinnenwand aus und nahmen Kurs auf Flash 001. »Verflucht!« Wonzeff schrie seine Wut heraus. »Jetzt wird’s ernst, sie machen Jagd auf uns!«

So war es. Die Tarnung nützte ihrem Flash nicht mehr viel, da ihn die Gelben in der Aktivortung hatten, seit er durch die Dustsalve geflogen war.

Wonzeff beschleunigte und wich zur oberen Wand des Hohlraums aus. Die vier Ringraumer folgten ihm. »Verdammich!« Wonzeff schrie und schlug mit den Fäusten auf die Armlehnen des Pilotensessels. »Wir sind erledigt! Sie lassen uns nicht mehr los!«

Eine grelle, gelbliche Strahlenfront jagte dem Flash entgegen. Der Monitor sah auf einmal aus wie das Sichtfenster vor der Brennkammer eines Krematoriums. Wonzeff hatte die 001 auf Geschwindigkeitswerte beschleunigt, die bereits knapp unter der Lichtgeschwindigkeitsmarke lagen. Nur deshalb konnte er der Strahlenfront im letzten Augenblick ausweichen. Der Flash raste in die Kugelwand und glitt durch die heißen Gesteinsmassen.

»Dem Himmel sei Dank!« Auf dem Rücksitz machte Kucks seinem Herzen Luft. »Dem Himmel sei Dank, wir sind noch einmal davongekommen!«

»Spar dir deine Dankgebete!« blaffte Wonzeff. »Noch hast du keinen Grund dazu!« Kucks blickte auf die Ortung – drei Reflexe sah er. Sie flogen knapp hinter ihnen. Die Angst schnürte ihm die Kehle zu. »Wir hängen in ihrer Ortung, siehst du das?« Wonzeff stieß einen Fluch aus.

Er korrigierte seinen Kurs und flog einen Vektor, der ihn auf dem kürzesten Weg aus dem Planeten herausführen sollte. Die Reflexe der drei Gelben vollzogen die Änderung mehr als eine ganze Sekunde später. Eine Sekunde – das konnte bei dieser extremen Geschwindigkeit schon die Rettung bedeuten!

»POINT OF an Wonzeff!« Grappa meldete sich über To-Richtfunk. »Ich hab Sie auf meinen Instrumenten. Warnung: In unmittelbarer Nähe der Austrittsstelle, die Sie auf Ihrem aktuellen Kurs ansteuern, kreuzen fünf weitere Schiffe des Geheimen Imperiums!«

Wonzeff entdeckte die fünf Ringraumer nun auch auf seinem Ortungsschirm. »Verstanden!« Er änderte den Kurs, wollte den Planeten auf einem anderen Weg verlassen, doch der Blick auf die Ortung raubte ihm jede Illusion: Die feindlichen Einheiten, die seinen Flash verfolgten, hatten den Kurs ebenfalls geändert. Sie klebten jetzt dicht hinter ihnen. Es gab keine Chance mehr zu entkommen! Und was das Desaster perfekt machte: Die fünf Schiffe, vor denen Grappa gewarnt hatte, flogen außerhalb des Planeten ebenfalls auf die neue Austrittsstelle zu. Sie waren verloren.

2.

Hen Falluta, Amy Stewart und Ren Dhark starrten auf die Kontrollschirme. Reflexe, Zahlen und Ziffern glitten durch die Sichtfelder – die Ortungsdaten. Der Commander sah das Verhängnis kommen – er hätte schreien mögen.

Die Position des abwartenden Beobachters konnte er nicht länger durchhalten, das wurde ihm völlig klar, als er den Reflex von Flash 001 exakt zwischen den Reflexen der feindlichen Kriegsschiffe entdeckte. Wonzeff und Kucks saßen in der Falle.

»Wir müssen sie raushauen!« Mit der Faust schlug Dhark auf die Armlehne seines Kommandantensessels. »Wir müssen!« Er beschleunigte sein Schiff und flog den Planeten bis auf 80 000 Kilometer an. So kamen sie den Einheiten der Gelben gefährlich nahe. Jede eigene Aktivität würde ihre Anwesenheit unweigerlich verraten. Doch Dhark hatte keine Wahl, wenn er Wonzeff und Kucks retten wollte. Also ging er aufs Ganze: »Commander an Waffensteuerung, volle Bereitschaft!« Jean Rochard und Bud Clifton bestätigten.

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