Das Geheime Imperium - Jo Zybell - E-Book

Das Geheime Imperium E-Book

Jo Zybell

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Beschreibung

In der Nachbargalaxis Andromeda findet Ren Dhark nicht die erhoffte Hilfe im Kampf gegen die Vereisung seiner Heimatwelt Terra. Er begegnet vielmehr aggressiven Echsen und mordlüsternen Saltern. Als wären das nicht schon Gefahren und Gegner genug, stößt er auch noch auf das Geheime Imperium.

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Ren Dhark

Weg ins Weltall

 

Band 8

Das Geheime Imperium

 

von

 

Jo Zybell

(Kapitel 1 bis 5)

 

Conrad Shepherd

(Kapitel 6 bis 10)

 

Achim Mehnert

(Kapitel 11 bis 16)

 

Uwe Helmut Grave

(Kapitel 16 bis 20)

 

und

 

Hajo F. Breuer

(Exposé)

Inhalt

Titelseite

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.

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Impressum

Prolog

Im März des Jahres 2065 steht die Menschheit vor einer Zerreißprobe: Die Bewohner Terras sind nach Babylon evakuiert, wo Henner Trawisheim, der amtierende Commander der Planeten, die Zentrale des neuen Terra schaffen will. Nur noch 20 Millionen Menschen sind auf der mittlerweile völlig vereisten Erde zurückgeblieben.

Doch es ist Ren Dhark und seinen Mitstreitern gelungen, den Abfluß der Materie von unserer Sonne zu stoppen, indem sie die Hyperraumstation zerstörten, die kontinuierlich Masse aus der Sonne abzog und nach Proxima Centauri transferierte.

Als sich darüberhinaus die Synties – tropfenförmige Energiewesen aus dem All – aus alter Freundschaft zur Menschheit und vor allem zu Ren Dhark bereiterklären, die verlorengegangene Masse der Sonne durch neuen interstellaren Wasserstoff zu ergänzen und sie wieder so stark zu machen wie zuvor, scheint der glückliche Ausgang der Katastrophe gewiß.

Trotzdem läßt Henner Trawisheim die Evakuierungsaktion fortsetzen. Traut er den Synties nicht, oder verfolgt er eigene geheime Ziele? Die Frage wird bald überflüssig, als eine unbekannte Kraft die Synties aus dem Sonnensystem absaugt: Ohne die spurlos verschwundenen Helfer ist die Erde nicht mehr zu retten!

Resigniert beteiligt sich Ren Dhark mit seiner POINT OF an der weiteren Evakuierungsaktion. Doch nach ihrem Abschluß will er die Synties suchen, auch wenn er nicht den allerkleinsten Hinweis auf ihren Verbleib hat. Allmählich faßt er wieder Mut – als eine bisher unbekannte Spezies aus den Tiefen des Alls auftaucht und die Erde zu ihrer neuen Heimat erklärt! Und dieses Volk scheint wie geschaffen für ein Leben in arktischer Kälte.

Die Eisläufer oder Riiin, wie sie sich selbst nennen, landen an beiden Polen und nehmen die Erde von dort aus in Besitz. Verzweifelt versucht Ren Dhark, auf Babylon Hilfe für die Heimat der Menschheit zu bekommen – doch Henner Trawisheim läßt ihn eiskalt abblitzen. Auch Terence Wallis, der Herrscher von Eden, will seine noch junge Welt nicht in einen Krieg verwickeln.

Auf dem Rückflug nach Terra macht die POINT OF Bekanntschaft mit einer unheimlichen Waffe der Eisläufer: dem Relativitätswerfer, der die Zeit rings um ein getroffenes Schiff um den Faktor 104 verlangsamt.

Trotzdem gelingt Ren Dhark der Durchbruch nach Cent Field. Die genaue Überprüfung alter Protokolle führt ihn und seine Gefährten zu einem geheimnisvollen Gerät unter Stonehenge, dessen Vernichtung einen kurzen Frühling in ganz Südengland auslöst und so Millionen Eisläufer das Leben kostet.

Arc Doorn erinnert sich daran, ein ähnliches Gerät schon einmal gesehen zu haben – und nimmt kurzerhand seinen Abschied von der POINT OF, um auf der Erde nach weiteren dieser geheimnisvollen Artefakte zu suchen.

Ren Dhark aber folgt der Spur des Energieimpulses nach Andromeda. Doch diesen neuen Flug in die Weiten des Alls will Dan Riker, Rens bester Freund, nicht mehr mitmachen: Auch er nimmt seinen Abschied von der POINT OF!

In der Nachbargalaxis findet Dhark die ehemalige Zentralwelt derdortigen Worgun. Heute wird sie beherrscht von Saltern – und bewohnt von den unterschiedlichsten Echsenvölkern, Gefangenen der Salter, deren einzige Möglichkeit, von dieser Welt zu entkommen, ein gnadenloser Krieg zu sein scheint. Dhark steht vor einem Rätsel – und gerät in einem Moment der Unaufmerksamkeit in eine schreckliche Falle…

Auf der Erde brechen Arc Doorn und einige Getreue zu einer Expedition nach Südamerika auf, um einen der legendären »Orte der Macht« zu suchen. Unter dem Titicacasee entdecken sie eine Höhle mit einem sogenannten Gäa-Kristall. Doch dann scheint ihr letztes Stündlein zu schlagen, als sich ein Mitglied ihrer Expedition als Verräter entpuppt, eine Sprengladung zündet und sie bei lebendigem Leib tief unter der Erdoberfläche begräbt…

1.

Geröllfontänen schossen über die Baumwipfel hinweg, Staubwolken stiegen auf, die Erde bebte, und die Luft dröhnte von donnerndem Lärm. Es hörte sich an, als würde ein kosmischer Titan unablässig Felsbrocken auf den Planeten schleudern.

Und tatsächlich war eine Art kosmischer Titan abgestürzt: ein hundertachtzig Meter durchmessender Ringraumer, ein Schiff der Salter.

»Halte durch, Dhark!« Ich wandte meine Optik von dem in der Faust der Salterstatue hängenden Terraner ab. »Ich bin dabei, dich da rauszuhauen!« rief ich im Weglaufen.

Ich rannte zurück zu Wonzeffs Flash 001. Überall auf den Balkonen, in den Torbögen und auf dem Innenhofpflaster an den Fassaden lagen die Echsenartigen in Deckung.

Schon das Auftauchen des Ringraumers war mehr gewesen, als sie hatten fassen können – und jetzt auch noch der Absturz und seine katastrophalen Folgen! Die Inglis lagen in einer Art Schockstarre.

Mit einem Satz sprang ich vier Meter weit und zwei Meter hoch auf den offenen Flash und spähte zur Absturzstelle hinüber. Der Ringraumer hatte den Wald auf einer kreisrunden Fläche von mehreren Kilometern Durchmesser verwüstet. Ein Trümmerfeld aus kreuz und quer übereinanderliegenden Bäumen breitete sich rund um den eigentlichen Einschlagkrater aus. Vom Schiff selbst sah man nicht einmal mehr die obere Wölbung des Torus. Es war buchstäblich im Waldboden eingebrochen.

Der Geröllwall rund um den Krater wuchs noch immer, und noch immer schossen Erdfontänen aus dem Zentrum der Absturzstelle. Unablässig prasselten Lehm- und Felsbrocken in den zerstörten Wald und auf die Dächer der Häuser am Stadtrand von Wutscher. Der gigantische Ringkörper des Schiffes verdrängte Tausende Tonnen von Erdreich.

Artus an Checkmaster: Gut so! Seit meinem Entschluß, den Kampf gegen das Salter-Schiff aufzunehmen, hatte ich den Funkkontakt zum Checkmaster der POINT OF nicht einen Moment unterbrochen. Zieh sie noch tiefer in den Boden! Halte sie fest! Halte diese Mörder in der Erde fest, bis sie uns anflehen, Dhark freilassen zu dürfen.

»Was habt ihr beide da oben miteinander zu kommunizieren!?« Unter meinen Stahlbeinen, aus dem geöffneten Flash, hörte ich die aufgebrachte Stimme Fallutas, des Ersten Offiziers. Eigentlich erwartete ich einen Funkspruch der Salter. »Ich dulde keine Geheimniskrämerei in solchen Notfällen!« sagte Falluta streng. »Ist das klar, Roboter?!«

»Und ich dulde diesen Tonfall nicht, Biologischer!« rief und funkte ich zugleich. Tief im Planetenkern kontrollierte der Checkmaster über den Hyperkalkulator der Worgun-Station dort unten die Gravitation des Planeten. Eine dort erzeugte engbegrenzte Schwerkraftanomalie übte eine Art Gravitationssog auf den Ringraumer aus. »Ich habe den Überblick, der dir fehlt, Falluta! Und ich habe die Ideen, die dir fehlen! Ende.«

Es gab noch viel zu viele Terraner, die einen Roboter nicht von einem Hochleistungswesen unterscheiden konnten. Zu dieser Gruppe gehörte leider auch Falluta.

Ich sprang vom Flash und blickte mich um. Inzwischen waren auch die anderen Flash aus dem Boden des Burghofs aufgetaucht. Wonzeff und Fongheiser standen mit Shanton, Brom und Jonkers in der Mitte des Hofes bei der Statue, blickten zu Dhark hinauf und sprachen mit ihm. Ich verstand nicht, was sie sagten, doch ich nahm an, daß sie versuchten, ihn zu beruhigen und ihm Mut zu machen.

Das hatte er nötig, wahrhaftig!

Seine Situation, dort oben in den Klauen der Salterstatue war mehr als unangenehm. Wenigstens schien sie nicht mehr lebensgefährlich zu sein, für den Moment jedenfalls nicht: Der Griff des semiaktiven Überwachungsgeräts – denn genau das schien mir die Statue zu sein – hatte sich ein wenig gelockert; Dhark konnte wieder durchatmen.

Ich stieg in Flash 001 und blickte auf die Instrumente: Auf der Planetenoberfläche herrschte eine Gravitation von 0,1 g! Zweifelnd sah ich zur offenen Luke hinaus: Fongheiser schwebte über dem Boden Richtung Burgtreppe und landete dort auf dem Hintern. Offenbar hatte er sich zu schnell herumgedreht. Die anderen Organischen breiteten die Arme aus und blickten erschrocken zu Boden. Sie sahen aus wie Leute, die plötzlich realisierten, daß sie auf zu dünnem Eis standen.

Mit winzigen, tippelnden Schritten bewegte sich Jimmy vorsichtig rund um die Statue. Der Hochleistungshund war der einzige, der sofort begriff, was sich abspielte. »Vorsicht!« rief er. »Eine paradoxe Gravitationsanomalie!« Er hatte eine stumme Funkverbindung zu meinem internen Funkmodul geschaltet, so daß ich jedes Wort mitbekam. »Der Checkmaster fährt Achterbahn mit den Gravitationswerten von Jobol!«

Die Salter scheinen noch lange nicht genug zu haben von diesem Spektakel, funkte ich zurück. Sie melden sich nämlich noch immer nicht.

Ich hörte einen krächzenden Schrei und lehnte mich zur Flashluke hinaus: Ein Inglis war über die Brüstung des Balkons gestürzt, auf dem er Deckung gesucht hatte. Ich vermutete, daß er die plötzliche Leichtigkeit zum Anlaß hatte nehmen wollen, sich in die Burg zurückzuziehen, und dabei viel zu schnell aufgesprungen war.

Andere Inglis gestikulierten wild und krächzten und fauchten. Panik brach unter den Echsenartigen aus.

Mir blieb keine Zeit, mich um sie zu kümmern. Dharks Sicherheit hatte jetzt Priorität und sonst gar nichts. Ich blickte zur Statue – der Terraner hing nach wie vor in ihrer Unitallklaue. Die Organischen vor dem Sockel blickten mal zu ihm hinauf, mal zu mir.

Ich beschloß, nicht länger auf eine Reaktion der Schiffsbesatzung zu warten und funkte die Salter an. »Artus an den Schiffskommandanten des abgestürztes Ringraumers – wie immer du auch heißt, Salter: Gib unseren Mann frei, oder wir halten dein Schiff im Absturzkrater fest, bis dir und deiner Mannschaft die Gehirne unter der Schädeldecke verfaulen!«

Ich wartete auf eine Antwort, doch nichts tat sich. Möglicherweise hätte ich meine Botschaft in eine höflichere Form kleiden sollen, doch der diplomatische Eiertanz, den die meisten Terraner so vollendet beherrschten, war mir immer fremd geblieben.

Ich blickte zur Luke hinaus: Die Situation hatte sich nicht verändert – Dhark hing in der Unitallhand, seine Leute warteten auf ein Wunder. Ich versuchte es erneut.

»Artus an den Kommandanten des Havaristen – gib unseren Mann frei!« Ich hütete mich, Namen und Rang des Gefangenen auch nur anzudeuten. »Ich wiederhole: Gib unseren Mann frei! Setze ihn unverletzt ab! Oder dein Schiff bleibt im Dreck stecken!«

Keine Reaktion.

»Ich wiederhole: Du läßt die Statue unseren Mann absetzen, oder wir werden euren Experimentalplaneten für eure Killerspiele unbrauchbar machen! Das garantiere ich euch!«

Wieder ein Blick hinaus zu Dhark und der Statue. Keine Veränderung.

»Artus an den Kommandanten der Salter!« Ich versuchte es ein drittes Mal. »Wir wissen, was für eine widerwärtige Schlächterei ihr auf diesem Planeten veranstaltet! Ich habe also nicht die geringsten Hemmungen, dich und deine Mannschaft zu töten!« Keine Reaktion. »Ich zähle jetzt langsam von zehn bis null! Solltest du in diesem Zeitfenster meine Forderung nicht erfüllen, werde ich dein Schiff einer Schwerkraftanomalie aussetzen, die es mitsamt der Besatzung vernichtet! Unitall oder nicht, ich zerquetsche euch wie eine Blechbüchse. Zehn. Neun. Acht…«

Ich spähte zur Statue hinüber. Shanton und die anderen gestikulierten zu mir herüber. Etwas tat sich. Ich blickte zu Dhark: Der Griff um seinen Leib hatte sich weiter gelockert. Das war kein schlechter Anfang, aber noch immer zu wenig. Der Unitallkoloß mußte ihn absetzen. »… Sechs. Fünf. Vier…«

*

»Kommandant Rondum von der BERKAN an Artus. Bitte kommen!«

Endlich meldeten sich die Salter. »Ich höre dich, Rondum.«

»Wer sind Sie?«

Ich zögerte einen Augenblick, beschloß dann aber, dem Salter ein paar Informationsbrocken hinzuwerfen. »Ich bin ein Hochleistungswesen und gehöre zum Leitungsstab eines terranischen Raumschiffes.«

»Wie lautet Ihr Rang?«

»Persönlicher Berater des Kommandanten«, sagte ich, einer plötzlichen Eingebung folgend. »Sonst noch Fragen, Salter?« Ich ahmte den bissigen Tonfall nach, den ich bei manchen Organischen in der Kommandozentrale der POINT OF schon gehört hatte. »Wenn nicht, komme ich zum Punkt: Erfülle meine Forderungen, Salter! Ansonsten werde ich dich und dein Schiff für immer aus dem Gedächtnis des Universums tilgen!«

»Nicht doch!« tönte es aus dem Funk. »Wir werden uns doch irgendwie einigen können, schließlich sind wir vernünftige Wesen!«

»In der Tat gehe ich bis jetzt noch davon aus, daß ich mit dem Angehörigen einer vernunftbegabten Spezies verhandle«, sagte ich. »Und du hast noch drei Sekunden Zeit, meine Einschätzung zu bestätigen, Rondum! Drei, zwei, eins…«

»Warten Sie, Artus«, tönte es aus dem Funk. »Wir sind bereit, Ihr Besatzungsmitglied freizugeben!«

An der Statue sah ich Jimmy zum Sprung ansetzen. Mit zwei Sätzen überwand er die zwanzig Meter zwischen dem Unitallsalter und mir. Unter der offenen Flashluke blieb er stehen und äugte zu mir herauf. Offenbar hörte er das Gespräch über sein internes Funkmodul mit.

»Dann tu es, Rondum!« blaffte ich ins Mikro. »Aber tu es schnell!«

»Sobald Sie mein Schiff aus der Gravitationsfalle fliegen lassen, setzt die Statue den Mann ab.«

Jimmy schüttelte den Fellschädel, wie Organische ihre Köpfe zu schütteln pflegten, wenn sie etwas schweigend verneinen wollten. »Falsch, Salter«, sagte ich. »Du setzt unseren Mann ab, und ich gebe dein Schiff frei. So herum wird ein Paar Schuhe daraus.« Die Redensart kannte ich aus einem alten Film, den ich in meinem historischen Datenreservoir gespeichert hatte. Wenn ich mich recht erinnere, war es das erste Mal, daß ich sie sinnvoll einsetzen konnte.

Der Salter antwortete nicht gleich, vermutlich ließ er sich von irgendeinem Translator die Bedeutung meiner Worte erklären. »Darauf kann ich nicht eingehen«, schnarrte seine Stimme schließlich doch noch aus dem Funk. »Ich muß damit rechnen, daß Sie mein Schiff zerstören, sobald ich den Gefangenen freigelassen habe. Würden Sie Ihre Überlebensgarantie einfach so aus der Hand geben, Berater Artus?«

»Bleib bei deiner Forderung«, raunte Jimmy. »Gib um keinen Nanometer nach. Er lügt, wenn er den Mund aufmacht.«

Die Ergebnisse meiner Berechnungen widersprachen seiner mißtrauischen Einschätzung. »Also gut, Salter«, sagte ich. »Suchen wir einen Kompromiß.« Die Argumentation des Kommandanten leuchtete mir ein.

»Danke«, sagte die Stimme aus dem Funk. »Ich schlage vier Schritte vor. Erster Schritt: Sie reduzieren den Gravitationssog um die Hälfte. Zweiter Schritt: Die Statue reduziert die Kraft des Fesselungsgriffs und die Höhe der Unitallfaust mit dem Gefangenen um die Hälfte. Dritter Schritt: Sie deaktivieren Ihre Schwerkraftfalle, und zeitgleich erfolgt von unserer Seite der letzte Schritt: Wir geben den Gefangenen frei.«

»Laß dich nicht darauf ein!« Jimmy war in den Flash gesprungen. »Man kann ihnen nicht trauen!« Ich zögerte und rechnete die Erfolgswahrscheinlichkeit des Kompromißvorschlags noch einmal durch.

»Warum antworten Sie nicht, Artus?« Die fremde Stimme aus dem Funk klang gepreßt. »Meine Andruckabsorber können die hohe Gravitation kaum noch neutralisieren!«

»Sein Problem!« zischte Jimmy. »Diese Kreaturen haben Jobol zu einem Schlachthaus gemacht – trau ihnen nicht!«

»Ich traue nur meinen eigenen Berechnungen«, sagte ich, »und nach deren Ergebnissen besteht eine gute Chance, den akuten Konflikt durch den vorgeschlagenen Kompromiß zu lösen.« Selbstverständlich vereinbarte ich mit dem Checkmaster einen Plan B für den Notfall.

»Bist du ein Hochleistungswesen, oder bist du doch nur ein dummer Roboter?« Jimmy hockte im Fußraum vor dem Pilotensitz und fauchte mich an.

Allein diese Frage erfüllte den Tatbestand der schweren Beleidigung. Ich beschloß, sofort nach der Befreiung Dharks ernste Konsequenzen zu ziehen. Doch noch hatten Dharks Gesundheit und Sicherheit Priorität.

»Artus an Rondum!« Ich ignorierte den Hochleistungshund. »Wir sind einverstanden und reduzieren nun den Gravitationssog, mit dem wir euch festhalten.«

»Ich werde dich bei der Wartung für Arbeitsroboter anmelden!« Jimmy sprang aus dem Flash.

Anders als er schien der Checkmaster meine Entscheidung zu billigen, jedenfalls erhob er keinen Einspruch. Sekunden später hatte er die Kraft des Gravitationssoges um die Hälfte reduzieren lassen. Ich spähte nach draußen: Die Statue bückte sich langsam und senkte den Arm. Drei Meter über dem Boden verharrte sie. Dhark stützte sich auf den Unitallfinger auf und bereitete sich auf den Absprung vor. Sein Gesicht war schmerzverzerrt.

Der Checkmaster normalisierte die Gravitationsverhältnisse, die Salterstatue senkte die Faust mit dem gefangenen Dhark Zentimeter um Zentimeter dem Burghofpflaster entgegen.

Während meine Optik dieser Bewegung folgte, begann die Erde zu vibrieren, und wie das Grollen eines Erdbebens erhob sich donnernder Lärm. Ich schwang mich aus dem Flash und sprang auf sein Dach.

Erde und Geröll spritzte aus dem Absturzkrater im verwüsteten Wald, Staubwolken schossen in den Himmel, und aus ihnen, schon zwei Kilometer über der Planetenoberfläche, schälten sich die Umrisse des Salter-Schiffes. Eine Sturmbö fegte über Wald, Dächer und Burgzinnen.

Der Ringraumer hatte einen Blitzstart hingelegt. Er beschleunigte mit Höchstwerten, glühende Luft umgab ihn wie ein Feuerball, und schnell schrumpfte er zu einem grelleuchtenden Stern, der jäh verblaßte und schließlich völlig erlosch.

Auf den Ortungsinstrumenten des Beiboots konnte ich die Flucht des Salter-Schiffes weiter beobachten – erst nach über hunderttausend Kilometern bremste der Ringraumer ab und ging in eine Umlaufbahn um Jobol.

Der befriedigende Spannungszustand, der mein zentrales Steuersystem immer dann erfüllt, wenn die Realität meine Berechnungen bestätigt, wollte sich aus irgendeinem Grund nicht einstellen. Plötzlich hörte ich laute Stimmen auf dem Burghof. Ich lehnte mich aus dem Flash und spähte zur Statue. Im ersten Moment traute ich meiner Optik nicht: Die Faust der blauen Statue hatte sich wieder fest um Dharks Körper geschlossen. Der Terraner strampelte, fluchte und schrie vor Schmerzen. Shanton, Wonzeff und die anderen gestikulierten wild und riefen durcheinander. Langsam richtete sich der Unitallsalter wieder auf und hob die Faust mit seinem Gefangenen.

*

»… kapitulieren Sie, legen Sie Ihre Waffen nieder und liefern Sie uns Ihr Raumschiff aus – andernfalls stirbt der Gefangene.« Die Worte des fremden Kommandanten schnarrten aus dem Funk. Ich versuchte vergeblich, sie in einen logischen Zusammenhang mit den Fakten zu bringen. »Ich wiederhole: Kapitulieren Sie, legen Sie ihre Waffen nieder und liefern Sie uns Ihr Raumschiff aus – andernfalls stirbt der Gefangene.«

Dhark fluchte und stöhnte, und die Organischen vor der Statue schrien ihre Enttäuschung und Wut hinaus. Keiner wußte, was nun geschehen würde. »Und jetzt?« Jimmy stand unter der Flashluke und bellte zu mir herauf. »Und was geschieht jetzt, du oberkluger Schrottroboter?«

»Kommandant Rondum von der BERKAN an Berater Artus!« tönte die Stimme des Salters aus dem Funk. »Ich wiederhole zum letzten Mal – legen Sie Ihre Waffen nieder und liefern Sie uns Ihr Raumschiff aus!«

»Wo hast du deinen Verstand gelassen, Rondum!?« fuhr ich ihm ins Wort. »Soviel Hinterlist und soviel Dummheit zugleich ist einfach nur erschreckend! Warum überläßt du dein Kommando nicht irgendeinem x-beliebigen Wartungsroboter?!« Ich schöpfte die Volumenkapazität meines Sprachmoduls voll aus. »Vielleicht käme dann bei euren Militäroperationen hin und wieder etwas Brauchbares heraus! Hiermit erkläre ich unsere Verhandlungen für gescheitert! Die Rechnung zahlst du, Rondum!! Schau auf deine Ortungsinstrumente! Schau dir genau an, was im sogenannten ›Land der Erlösung‹ geschieht! Siehst du es?! So können wir auch mit dem gesamten Planeten umgehen!«

Ich unterbrach die Verbindung. Jimmy äugte zu mir herauf und neigte den Pelzschädel ein wenig zur Seite. »Bist du jetzt vollkommen übergeschnappt?« fragte er.

»Ganz und gar nicht, ich bin nur maßlos enttäuscht.«

»Enttäuscht? Von den Saltern? Du redest wie ein naiver Homo sapiens!« Jimmy schaffte es mal wieder, seine synthetische Stimme spöttisch klingen zu lassen. »Ich hab’ dich doch gewarnt, Blechkopf! Wenn du von dir selbst enttäuscht wärst, würde ich sagen: Kopf hoch, es wird schon wieder! Aber so…«

Ich achtete nicht auf ihn, sondern hatte mich längst mit dem Checkmaster in Verbindung gesetzt. »Plan B!« sagte ich. »Sie stehen nicht zu ihrem Wort, wir müssen den Alternativplan also umsetzen!« Und dann wieder an Jimmys Adresse: »Und du plapperst wie ein naiver Homo sapiens! Wie könnte mich ein Organischer enttäuschen? Ich kann schließlich rechnen! Von dir aber bin ich enttäuscht, Shantons Geschöpf! Jawohl, enttäuscht! Denn du traust mir tatsächlich zu, einen solchen Wortbruch nicht mit einkalkuliert zu haben!«

Wieder hallten Stimmen über den Burghof, Rufe der Erleichterung wurden laut. Ich sprang aus dem Flash. Die Unitallstatue beugte sich und setzte Dhark auf dem Burghof ab. Diesmal ging das erstaunlich schnell. Die Faust öffnete sich, Fongheiser und Wonzeff sprangen zu Dhark und beeilten sich, ihren Chef aus dem Aktionsradius des blauen Kolosses zu zerren. Auch die anderen Terraner wichen von dem Sockel der Statue zurück. Die richtete sich auf und stand wieder still.

Jimmy und ich sahen einander in die Optiken. Als »Shantons Geschöpf« bezeichnet zu werden, war er nicht gewohnt. Ich ging davon aus, daß er vorläufig nicht mit mir kommunizieren würde; ich hoffte es jedenfalls.

Ich ließ ihn stehen und winkte Dhark und die anderen Organischen heran. »Wir müssen weg hier, Terraner! Schnell! Ich traue den Saltern zu, daß sie Wutscher vom All aus vernichten, nur um uns auszuschalten! Beeilung!«

»Wieso hat er mich freigegeben?« rief Dhark. Wonzeff und Fongheiser schleppten ihn zu Flash 001. »Womit hast du sie unter Druck gesetzt, Artus? Sag es mir!«

Nach meinen Berechnungen hatte er zahlreiche Quetschungen und Stauchungen davongetragen, vielleicht sogar die eine oder anderer Fraktur. Er mußte also entsprechende Schmerzen haben. Dazu noch der Schock der minutenlangen Gefangenschaft in dem Schraubstock aus Unitall. Das alles jedoch schien seine Neugier nicht dämpfen zu können.

»Später!« rief ich. »Wir haben jetzt keine Zeit zu verlieren! Sobald wir zurück in der POINT OF sind, erkläre ich dir alles!«

Die Terraner halfen ihrem lädierten Kommandanten in Wonzeffs Beiboot. Shanton, Brom, Jonkers und die anderen hasteten zu den übrigen Flash. Ich stieg bei Fongheiser zu.

Die Inglis tauchten nach und nach aus ihren Verstecken auf. Von Balkonen, Fensteröffnungen und Torbögen aus beobachteten sie unseren hektischen Aufbruch. Die Wahrscheinlichkeit, daß sie für meinen Etappensieg noch teuer bezahlen würden, lag nach meinen Berechnungen bei über fünfzig Prozent.

In ihre Intervallfelder gehüllt versanken die Flash in der Erde unter dem Burghof.

Durch Kruste und Mantel des Planeten ging es in rasender Fahrt abwärts zu seinem Kern und dort in die autonome Worgun-Station, deren Hyperkalkulator mit unserem Checkmaster zusammenarbeitete.

Im Flashdepot warteten Manu Tschobe und ein Sanitäter mit zwei Robotern der Medostation. Sie hatten eine Trage dabei. Auf die legten Wonzeff und der Sanitäter den verletzten Dhark, als er sich unter Stöhnen und mit schmerzverzerrtem Gesicht aus der Luke des Flash geschoben hatte.

»Ich gebe Ihnen etwas gegen die Schmerzen, Commander.« Tschobe setzte die Injektionspistole auf Dharks entblößten Oberarm. »Und dann bringen wir Sie so schnell wie möglich auf die Medostation, damit ich Sie untersuchen kann.« Dhark nickte mehr oder weniger ergeben.

Ein Hologramm neben dem Antigravschacht flammte auf, Fallutas Konterfei erschien. Der Erste Offizier wirkte nervös. »Kommen Sie in die Zentrale, Commander!« rief er. »Es ist etwas Unglaubliches passiert!«

*

Minuten später betraten wir die Kommandozentrale – das heißt: Dhark betrat sie nicht, er wurde von zwei Medorobotern auf einer Trage hineingeschoben. Gegen Tschobes Widerstand hatte er darauf bestanden, an seinen Arbeitsplatz gebracht und dort untersucht zu werden.

Ich beobachtete das mit Erleichterung: Ganz so schlecht wie ich befürchtet hatte, konnte es ihm nicht gehen, wenn er schon wieder den für ihn so typischen Eigensinn an den Tag legte.

In der Zentrale herrschte helle Aufregung. Alles, was Rang und Namen hatte, stand rund um die zentrale Bildkugel: Falluta, Bebir, Morris, Grappa, die Stewart, Congollon, Bentheim und andere leitende Wissenschaftler. Die meisten der Organischen palaverten laut miteinander.

Was ihre Aufmerksamkeit fesselte und sie so sehr in Erregung versetzte, daß sie uns zunächst kaum beachteten, waren die Bilder im Hologramm. Die wirkten seltsam unnatürlich. Man sah vor allem Staubwolken und in den Lücken zwischen ihnen ein schier unendliches goldenes Meer, in dem sich an manchen Stellen die Sternkonstellation im Nachthimmel über Jobol spiegelte.

Es waren Nachtaufnahmen. Der Checkmaster hatte sie bearbeitet, damit man über bloße Ortungsreflexe hinaus überhaupt etwas erkennen konnte.

»Da sind Sie ja, endlich!« Falluta und Bentheim kamen uns entgegen. Ein Schatten flog über die Miene des Ersten Offiziers, als er mich sah. Er ignorierte mich und wandte sich sofort wieder an seinen Chef. »Sind Sie in Ordnung, Commander?«

»Sehe ich so aus?« brummte Dhark. Die Roboter schoben ihn an der Bildkugel vorbei zum Kommandostand. »Ich will mich an meinen Platz setzen, dann können Sie mich von mir aus untersuchen, Manu.«

Einmal mehr wunderte ich mich über die Mentalität der Organischen. Wenn ich einen Schaden an meinem Stahlkörper davontrage, lasse ich ihn so schnell wie möglich beheben, denn nur unbeschädigt bin ich im Vollbesitz meiner Kräfte und kann meine Leistungsgrenzen ausschöpfen. Viele Organische jedoch – und allen voran Dhark – glauben, auch dann ihre Aufgaben erfüllen zu können, wenn sie angeschlagen sind.

Nun gut, so sind sie eben, die Organischen.

Sie halfen Dhark also von der Trage und stützten ihn, damit er die drei Stufen zum Kommandostand hinaufsteigen und sich zu seinem Sessel schleppen konnte. In den ließ er sich sinken, und während Tschobe das Oberteil seiner Kombi öffnete, spähte Dhark zur Bildkugel. Seine Augen wurden sehr schmal, und er runzelte die Stirn. »Was zum Teufel ist das?«

»Aufnahmen von der Nachtseite des Planeten«, sagte Grappa, der Aufklärungschef.

»Ich habe eine getarnte Drohne in die Umlaufbahn geschickt«, bestätigte Falluta. »Und das hier sind Aufzeichnungen der Bilder, die sie in den letzten zwanzig Minuten aufgenommen hat. Sie sendet die Daten über To-Richtfunk.« Der Erste Offizier deutete auf das Zentralhologramm. »Der Goldene ist umgestürzt.«

»Was sagen Sie da?!« Trotz seiner Schmerzen sprang Dhark auf und starrte in die Bildkugel.

Auch Shanton, Wonzeff, Jonkers und die anderen, die sich während der letzten Stunden im Wald und in der Burg von Wutscher oder ein paar Meter darunter in ihren Flash aufgehalten hatten, brachte die Neuigkeit schier um ihre Fassung.

»Das kann doch nicht sein!« riefen Brom und Wonzeff wie aus einem Mund.

»Ausgeschlossen!« entfuhr es Shanton. »Der Koloß steht auf einem Sockel von mehr als tausend Metern Kantenlänge, der zudem einige Kilometer tief in der Planetenkruste verankert ist! Wie kann so ein Bauwerk umstürzen?«

Statt zu antworten, richtete Falluta seinen Blick auf mich und fixierte mich. Plötzlich wurde es merkwürdig still, viele Sekunden lang, und einer nach dem anderen sah mich an. Doch keiner stellte eine Frage, deswegen fühlte ich mich auch nicht bemüßigt, eine Stellungnahme abzugeben.

Falluta brach schließlich das Schweigen, indem er sich an den Checkmaster wandte. »Bitte noch einmal die Bilder, die direkt während der Katastrophe aufgezeichnet wurden.«

Die Blicke der Organischen ließen von mir ab und richteten sich erneut auf die Bildkugel. Dhark sank wieder in seinen Kommandosessel, und Tschobe fuhr fort, seinen Oberkörper aus der Bordkombi zu schälen. Schürfwunden und Blutergüsse bedeckten Schultern und Rippen.

Im Hologramm erloschen die goldenen Flächen in den Staubwolkenlücken. Für Augenblicke wurde es dunkel, und einen Moment später sah man die gigantische Goldstatue von der Planetenoberfläche aus tief in die nächtliche Atmosphäre hinaufragen. Sie stand nicht still – nein, sie wuchs. Sie schoß geradezu aus der Planetenkruste und riß ungeheure Massen von Geröll und Staub mit sich in die Höhe. Der Anblick war von einer derart erhabenen Gewalt, daß die Terraner mit offenen Mündern in das Hologramm starrten und das Atmen vergaßen.

Selbst ich, der ich doch theoretisch wußte, was der Checkmaster und ich bewirkt hatten, war beeindruckt, als ich die Folgen meiner Strategie mit eigener Optik zu sehen bekam.

»Zu diesem Zeitpunkt herrschte in der Umgebung der Statue eine Schwerkraft von weniger als minus fünfzig g«, erklärte Bentheim, der Chef der astronomischen Abteilung. »Noch einmal zum Mitschreiben: Minus fünfzig g!«

»Die Gigantstatue schoß praktisch aus dem Boden, wie ein Korken aus der Champagnerflasche«, sagte Falluta.

Die Bilder wechselten jetzt in rascher Folge: Man sah Fontänen aus Felsbrocken und Erde, man sah gewaltige Staubwolken, man sah umherwirbelnde Panzer, Transporter, Geschütze, Baracken und Raketen, und man sah ganze Heerscharen uniformierter Echsen: Entweder wirbelten sie ebenfalls durch die Nacht, oder sie flohen in alle Richtungen, oder sie lagen leblos zwischen Trümmern, Wracks und Geröll.

»Das ist ungeheuerlich«, flüsterte Stewart.

»Tja…« Falluta seufzte, und wieder sah er mich an. »Und dann normalisierte sich die Schwerkraft plötzlich, von einem Augenblick auf den anderen. Jeder kann sich ausrechnen, wie die Statue reagierte.«

In der Bildkugel sah man den Goldkoloß sich neigen. Er kippte aus den Wolken des Nachthimmels, erst langsam, dann immer schneller, bis er mit rasender Geschwindigkeit am Boden aufschlug. Minutenlang sprach keiner ein Wort. Alle beobachteten wie gebannt das katastrophale Spektakel in der Bildkugel.

Falluta befahl dem Checkmaster, die Aufnahmen im Zeitraffer abzuspielen. Im Zentralhologramm erhoben die Staubwolken sich daraufhin schneller. Sie schossen bis in den Nachthimmel hinein und verdunkelten das Bild schließlich endgültig.

»Gibt es Hinweise auf eine Zerstörung des Goldenen?« wollte Shanton wissen.

»Nein«, sagte Grappa. »Die Gigantfigur als solche ist jedenfalls nicht zerbrochen, falls Sie das meinen. Was sich in ihren technischen Segmenten und in der Steuerzentrale getan hat, wissen wir natürlich nicht.«

»Das goldene Metall muß extrem widerstandsfähig sein«, sagte Tofir, seines Zeichens Metallurge.

»Eine Menge anderer Dinge sind allerdings todsicher zu Bruch gegangen«, sagte Grappa mit ernster Miene. Er räusperte sich. »Vor allem aber haben viele Individuen ihr Leben verloren.«

»Bitte?!« Dhark wollte aufspringen, doch Tschobe, der seine Rippen abtastete, hielt ihn an der Schulter fest. »Wie meinen Sie das, Tino?« Er verzerrte das Gesicht vor Schmerzen. »Woher wissen Sie das?«

Mit einem Blick forderte Grappa den Ersten Offizier auf, weiterzureden. »Zum Zeitpunkt der Katastrophe lagerte eine große Armee in der direkten Umgebung der Gigantstatue«, berichtete Falluta. »Mindestens hunderttausend Soldaten in Zelten und Baracken. Die Drohne hat uns Aufnahmen von zahlreichen Panzerregimentern und schweren Geschützbatterien geschickt.«

Dhark schloß die Augen und atmete ein paarmal tief durch. »Was für ein Volk lebt in dem Land um den Goldkoloß? Hat die Drohne Daten gefunkt, die irgendwelche Hinweise darauf geben?« Der Chefterraner schien ziemlich fertig zu sein. Warum, wollte sich mir beim besten Willen nicht erschließen.

»In der Tat«, bestätigte Grappa. »Die Soldaten sind Echsenartige; allerdings weder Lizards noch Inglis noch sonst irgendeine uns oder dem Checkmaster bekannte Art.«

»Rippenprellung.« Tschobe half Dhark wieder in seine Kleidung. »Die achte Rippe rechts scheint mir angeknackst zu sein. Ich werde mir das später auf der Medostation mit den entsprechenden Instrumenten noch mal anschauen. Muß ganz schön weh tun – ich gebe Ihnen besser noch ein Schmerzmittel.«

Dhark machte eine ablehnende Handbewegung. »Wie viele Tote hat es gegeben? Was schätzen Sie?« Abwechselnd sah er zu Grappa und Falluta.

»Schwer zu sagen.« Schon wieder meinte Falluta mich angaffen zu müssen. »Tausende? Zehntausende?« Er zuckte mit den Schultern. »Besser, wir erfahren es nie.«

»Himmel über Terra!« Dhark verdeckte die Augen mit der Rechten. »Tausende Tote…?« Er schüttelte den Kopf, als könnte er es nicht fassen.

»Um das Bild abzurunden, spiele ich hier noch die Aufzeichnung des Funkverkehrs zwischen Berater Artus und dem Salter Rondum ein.« Das Wort »Berater« sprach Falluta mit spöttischer Verachtung aus. Das machte ihn mir nicht eben sympathischer.

Kurz darauf ertönten Stimmen aus den Schallerzeugern. Ich hörte den Kommandanten des aus dem Gravitationsstrom entlassenen Salter-Schiffes mit herrischer Stimme seine Forderung stellen, und ich hörte meine eigene, laute Stimme, die ihm antwortete. »Warum überläßt du dein Kommando nicht irgendeinem x-beliebigen Wartungsroboter?! Vielleicht käme dann bei euren Militäroperationen hin und wieder etwas Brauchbares heraus! Hiermit erkläre ich unsere Verhandlungen für gescheitert! Die Rechnung zahlst du, Rondum!! Schau auf deine Ortungsinstrumente! Schau dir genau an, was im sogenannten ›Land der Erlösung‹ geschieht! Siehst du es?! So können wir auch mit dem gesamten Planeten umgehen!«

In gleicher Situation hätte ich exakt die gleichen Worte gebraucht.

Meine auf Fleisch, Blut und Neurotransmitter angewiesenen terranischen Gefährten jedoch sahen mich an, als hätte ich gegen die Grundcharta aller raumfahrenden Völker der Milchstraße verstoßen und kleinen Kinder eines Fremdvolkes die Milchzähne ohne Narkose gezogen. Alle sahen mich so an, ausnahmslos alle. Keiner sagte ein Wort.

»Wenn ich eure Mimik richtig deute, findet unser Vorgehen nicht eure Billigung«, sagte ich ein wenig zögernd.

»Unser Vorgehen?« fragte der Erste Offizier scharf.

»Du hast richtig gehört, Falluta – unser Vorgehen. Der Checkmaster und ich haben gemeinsam gehandelt.«

»So viele Tote, Artus, verstehst du denn nicht?« Dhark rieb sich die Stirn und betrachtete seine Knie. »So viele intelligente Wesen, die ihr Leben verloren haben!«

»Du hättest dich mit uns abstimmen sollen!« blaffte Falluta. »Statt dessen spielst du dich als ›Berater‹ auf und veranstaltest eine Katastrophe!«

»Der Salter wollte einen Rang hören, also erfand ich einen!« Wieder schöpfte ich das Volumen meines Stimmoduls aus. »Wobei mir der Begriff ›Berater‹ durchaus angemessen erscheint, möchte ich sagen. Einerseits hatte ich nicht das Kommando des Einsatzes, war also kein Kommandant, andererseits mußte ich sehr schnell Entscheidungen treffen, die nur ein Kommandant treffen sollte. Entscheidungen über Leben und Tod, wenn ich euch daran erinnern darf! Und wenn der Kommandant ausgefallen ist, muß eben sein Berater ran!«

»So eine Gigantstatue aus der Planetenkruste zu reißen und umzuwerfen ist weiß Gott keine Kleinigkeit«, sagte Tino Grappa. »Das war ein massiver Eingriff in die Geschichte dieser Welt, irreversibel sozusagen.«

»Genau wie die Toten«, seufzte Dhark leise. »Genau so irreversibel wie die vielen Toten…«

»Ich bin mir keiner Schuld bewußt«, beharrte ich. »Hätten wir die POINT OF etwa ausliefern sollen? Der Schaden wäre ungleich größer geworden! Ihr wißt, wie brutal die Salter hier handeln. Was könnten die erst anstellen, wenn ihnen die technischen Geheimnisse unseres Schiffes in die Hände fielen?«

»Du hättest die Möglichkeit wenigstens mit mir diskutieren müssen«, sagte Falluta allen Ernstes.

»So, hätte ich das?« fuhr ich ihn an. »Und während meine Argumente an dir abgeprallt wären, hätten die Salter ihre Unitallfigur veranlaßt, deinen Commander zu zerquetschen! Wäre das eine Option gewesen, die deine Zustimmung gefunden hätte, Falluta? Hätte das deinem hierarchisches Weltbild geschmeichelt, ja?«

»Ich verbitte mir diesen Ton!« Der Erste Offizier lief rot an vor Ärger und schnitt eine entrüstete Miene.

»Stellt euch doch nur mal vor, was dann geschehen wäre!« Ich ignorierte Falluta und blickte in die Runde. »Hätte etwa ein einziger von euch Dharks Tod einfach so hingenommen? Nein, ihr alle hättet sofort nach einer angemessenen Antwort gerufen! Jeder von euch hätte dafür plädiert, die Salter mit Wuchtkanonen und Nadelstrahl anzugreifen. Durch die Schwerkraftanomalien habe ich sie gezwungen, Dhark freizugeben! Ich habe das Leben unseres Kommandanten gerettet! Hätte ich es nicht getan, wäre die Hölle losgebrochen im Weltall! Ihr hättet so viele Salter-Schiffe wie nur irgend möglich vernichtet! Es hätte wesentlich mehr Tote gegeben, als es auf der anderen Seite des Planeten jetzt leider gegeben hat!«

Ich hatte noch eine Menge auf Lager, denn je öfter ich die Sache durchrechnete, desto vernünftiger erschien mir meine Entscheidung und desto scheinheiliger die Bedenken der Organischen. Was für ein zweischneidiges Schwert, dieses »Moral« genannte Theater in ihren Köpfen! Doch sie wirkten plötzlich ratlos, manche sogar verlegen. Also zog ich es vor zu schweigen.

»Genug jetzt!« Dhark ballte die Fäuste auf den Armlehnen seines Kommandosessels. Seine Miene war hart und kantig. »Es ist in Ordnung, Artus. Du hast gar nicht anders handeln können, ich kann deine Entscheidung nachvollziehen.« Der weißblonde Terraner schien ernsthaft erschüttert zu sein. »Genug jetzt also! Überlegen wir lieber, wie wir hier wieder rauskommen.«

2.

Etwas länger als eine Stunde verbrachte der Commander in der Medostation. Manu Tschobe erstellte eine Schichtaufnahme seines Oberkörpers. Das Ergebnis war einigermaßen beruhigend: Kein inneres Organ war verletzt worden. Allerdings hatte die Unitallfaust der Salterstatue dem Terraner zwei Rippen angebrochen.

Während Tschobe und ein Sanitäter ihn untersuchten und danach mit Medikamenten und einem stützenden Verband versorgten, ließ Ren Dhark sich im Zehnminutentakt über die neusten Nachrichten aus der Kommandozentrale informieren.

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