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Weit entfernt von der Erde sucht Ren Dhark die Spur der Synties, die allein in der Lage wären, die fast erloschene irdische Sonne zu neuem Leben zu erwecken. Zusammen mit seinem ältesten und besten Freund Dan Riker begibt er sich auf eine lebensgefährliche Mission unter Rebellen.
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Seitenzahl: 479
Ren Dhark
Weg ins Weltall
Band 3
Unter Rebellen
von
Jo Zybell
(Kapitel 1 bis 5)
Conrad Shepherd
(Kapitel 6 bis 11)
Uwe Helmut Grave
(Kapitel 12 bis 17)
Achim Mehnert
(Kapitel 18 bis 21)
und
Hajo F. Breuer
(Exposé)
Inhalt
Titelseite
Prolog
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
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Impressum
Prolog
Im März des Jahres 2065 steht die Menschheit vor einer Zerreißprobe: Die Bewohner Terras sind nach Babylon evakuiert, wo Henner Trawisheim, der amtierende Commander der Planeten, die Zentrale des neuen Terra schaffen will. Nur noch 20 Millionen Menschen sind auf der mittlerweile völlig vereisten Erde zurückgeblieben.
Doch es ist Ren Dhark und seinen Mitstreitern gelungen, den Abfluß der Materie von unserer Sonne zu stoppen, indem sie die Hyperraumstation zerstörten, die kontinuierlich Masse aus der Sonne abzog und nach Proxima Centauri transferierte.
Als darüberhinaus die Synties, tropfenförmige Energiewesen aus dem All, sich aus alter Freundschaft zur Menschheit und vor allem zu Ren Dhark bereit erklären, die verlorengegangene Masse der Sonne durch neuen interstellaren Wasserstoff zu ergänzen und sie wieder so stark zu machen wie zuvor, scheint der glückliche Ausgang der Katastrophe gewiß.
Trotzdem läßt Henner Trawisheim die Evakuierungsaktion fortsetzen. Traut er den Synties nicht, oder verfolgt er eigene geheime Ziele? Die Frage wird bald überflüssig, als eine unbekannte Kraft die Synties aus dem Sonnensystem absaugt: Ohne die spurlos verschwundenen Helfer ist die Erde nicht mehr zu retten!
Resigniert beteiligt sich Ren Dhark mit seiner POINT OF an der weiteren Evakuierungsaktion. Doch nach ihrem Abschluß will er die Synties suchen, auch wenn er nicht den allerkleinsten Hinweis auf ihren Verbleib hat. Langsam faßt er wieder Mut – als eine bisher unbekannte Spezies aus den Tiefen des Alls auftaucht und die Erde zu ihrer neuen Heimat erklärt! Und dieses Volk scheint wie geschaffen für ein Leben in arktischer Kälte.
Die Eisläufer oder Riiin, wie sie sich selbst nennen, landen an beiden Polen und nehmen die Erde von dort aus in Besitz. Verzweifelt versucht Ren Dhark, auf Babylon Hilfe für die Heimat der Menschheit zu bekommen – doch Henner Trawisheim läßt ihn eiskalt abblitzen. Auch Terence Wallis, der Herrscher von Eden, will seine noch junge Welt nicht in einen Krieg verwickeln.
Auf dem Rückflug nach Terra macht die POINT OFBekanntschaft mit einer unheimlichen Waffe der Eisläufer: dem Relativitätswerfer, der die Zeit rings um ein getroffenes Schiff um den Faktor 104 verlangsamt.
Trotzdem gelingt Ren Dhark der Durchbruch nach Cent Field. Die genaue Überprüfung alter Protokolle führt ihn und seine Gefährten zu einem geheimnisvollen Gerät unter Stonehenge, dessen Vernichtung einen kurzen Frühling in ganz Südengland auslöst und so Millionen Eisläufer das Leben kostet.
Arc Doorn erinnert sich daran, ein ähnliches Gerät schon einmal gesehen zu haben – und nimmt kurzerhand seinen Abschied von der POINT OF, um auf der Erde nach weiteren dieser geheimnisvollen Artefakte zu suchen.
Ren Dhark aber folgt der Spur des Energieimpulses von Stonehenge bis nach Corim, einem Planeten des Telin-Imperiums, der gerade von Rebellen attackiert wird. Gemeinsam mit Dan Riker verläßt er das Schiff für eine geheime Aufklärungsmission – und gerät prompt in die Fänge einer Roboterpatrouille, die zwangsweise Kämpfer für die Armee rekrutiert…
1.
Er hieß Jork Barun, und sein Auftrag ließ an Klarheit nichts zu wünschen übrig: Vernichtung sämtlicher Bodenabwehrgeschütze in der Umgebung des Raumhafens, Landung, Eroberung der Provinzhauptstadt und Säuberung der Provinz von Regierungstruppen.
Barun trug die blaue Uniform eines Rebellenoffiziers mit den gelben Schulterstücken und schwarzen Brustornamenten eines Wers. Als sein Schiff in die Atmosphäre von Corim eindrang, erhob er sich von seinem Kommandosessel.
Jork Barun hatte Respekt vor dem Tod. Er wollte im Stehen sterben.
Alle Weichen waren gestellt, alle Befehle erteilt, jeder Kommandant von Baruns achtunddreißig Einheiten kannte seinen Kurs, jeder Offizier in jedem Feuerleitstand die Koordinaten der bisher georteten Abwehrgeschütze. Was nun folgte, war der unerbittliche Sturmlauf einer sorgfältig durchdachten Angriffs- und Vernichtungsmaschinerie. Allein technische Schwierigkeiten oder strategische Finten des Feindes oder Versagen in den eigenen Reihen konnten sie noch stoppen.
»Kommandant an Geschwader Barun!« befahl er mit fester Stimme. »Auflösung des Pulks! Jeder geht auf seinen befohlenen Angriffskurs! Feuer aus allen Geschützen! Viel Glück!«
Unter Baruns Einheiten gab es keine Prunkstücke telscher Raumfahrttechnologie – abgesehen vielleicht von seinem fünfzig Meter durchmessenden Kugelraumer, einem erbeuteten Beiboot. Der weitaus größte Teil seiner Raumschiffe bestand aus Frachtern unterschiedlicher Bauart. Der größte war vierzig Meter lang.
Die Rebellen hatten die Schiffe auf dem interstellaren Schwarzmarkt gekauft oder schlicht geraubt, wie zum Beispiel die beiden Luxuskreuzer oder eben Baruns Kugelraumer.
Jork Baruns zusammengewürfeltes Geschwader war eines von dreizehn, die in diesen Minuten die Metropolen des Kolonialplaneten Corim angriffen.
Die Blicke des Wers flogen zwischen den Ortungsschirmen und dem Haupthologramm hin und her. Am dreißig Kilometer entfernten Boden setzte das Abwehrfeuer ein. »B-dreizehn Ausfall«, meldete die Ortung. »B-vier Ausfall, B-einunddreißig Ausfall.« Die ersten drei Verluste. Das war zu erwarten gewesen, trotzdem schmerzte es Barun, die Meldungen zu hören.
Der Rebellenwer hoffte, die getroffenen Schiffe würden nicht über Wohngebieten abstürzen. Die Solidarität der Zivilbevölkerung war eine Stütze der Befreiungsstrategie.
Der Tel Jork Barun war ein massiger Mann von über zwei Metern Größe, mit breiten Schultern und tonnenartig gewölbtem Brustkasten. Sein breites Gesicht war wulstig und großporig, und wie ein schwerer Wall umgab ein Ring roten Kraushaars seine kahle Schädelplatte. Der Raum, in dem er sich aufhielt, konnte so groß sein und so voller Tel, wie er wollte – die Blicke eines Eintretenden fielen immer zuerst auf Barun.
Sein Schiff – B-1 – durchstieß eine Wolkendecke. Deutlich sah Barun jetzt einen zerfransten, weißgrauen Fleck in der ockerfarbenen Wüstenfläche – die Provinzhauptstadt Tolacorim. Und überall in diesem Fleck – an seinen Rändern, in seinem Zentrum – die Lichtblitze und Strahlentürme des Abwehrfeuers.
Der routinierte Blick des Rebellenwers erfaßte jede Veränderung auf den Schirmen und Kontrollanzeigen seiner Armaturentafel: die rasch sinkende Flughöhe, die von den eigenen Gefechtsständen getroffenen Ziele, den Anflugwinkel, die Entfernung zum feindlichen Raumhafen und so weiter.
Vor allem die Manöver der Einheiten seines Geschwaders behielt er im Auge. Die sechs sowohl defensiv wie auch offensiv am besten bewaffneten Schiffe – B-19 bis B-25 – rasten dem Raumhafen mit hoher Geschwindigkeit und im Sturzflug entgegen. Wie von Jork Barun erwartet, zogen sie fast siebzig Prozent des feindlichen Abwehrfeuers auf sich.
Die übrigen Schiffe des Geschwaders griffen die Raumabwehrgeschütze am Boden im Tiefflug und in Zweier- oder Dreierverbänden an. Teilweise mit Energiestrahlen, teilweise mit Raketen.
»Sperrfeuer aus Zwo-sieben-drei!« rief Baruns Erster Offizier, der Por Malo Cant, ein hagerer Tel mit entstelltem Gesicht. Er war zugleich der Navigator der B-1. »Es nähert sich! Sie schießen sich auf uns ein!«
Barun bellte knappe Befehle. Seine Finger flogen über die Instrumententafel. Er riß das Schiff nach oben, ging in einer engen Kehre auf Gegenkurs und raste unter den feindlichen Strahlensalven hindurch. Barun mußte sich an der Schalttafel festhalten. Die Anzeige für die Beschleunigungswerte bewegte sich im roten Bereich, der akustische Gravitationsalarm schrillte. Barun schaltete ihn aus.
»B-vierundzwanzig Ausfall«, kam es von der Ortung. »B-19 Ausfall, B-23 Ausfall…!« Es schnitt dem Geschwaderkommandanten in die Herzen, den Verlust drei seiner stärksten Einheiten zur Kenntnis nehmen zu müssen. Gesichter und Namen schossen ihm durch den Kopf. Barun war einer, der an seinen Leuten hing und an dem seine Leute hingen. Er biß die Zähne zusammen, konzentrierte sich auf seine Instrumente.
Nur noch drei Schiffe, die im direkten Sturzflug den Raumhafen angriffen. Das Flugfeld lag jetzt knapp zehn Kilometer unter ihnen.
Die befestigten Geschützbatterien der Imperiumsgarnison zwischen den Flachbauten und unter dem Flugfeld feuerten nicht mehr. Warum nicht? Barun kniff die Augen zusammen und runzelte die schwarze Stirn. Statt Lichtblitzen und Strahlenbalken stiegen schwarze Rauchpilze von dort unten auf.
»Botschaft von unserer Stadtguerilla!« meldete der Funker. »Drei Freitodkommandos haben die Raumabwehrbatterien ausgeschaltet!« Niemand kommentierte die gute Nachricht, doch die Spannung in der Kommandozentrale löste sich von einem Moment auf den anderen. Die Erleichterung war mit Händen zu greifen.
»Brave Kämpfer«, sagte Barun mit heiserer Stimme. »Mögen ihre Namen in den Ruhmeshallen des galaktischen Geistes strahlen!« Barun war ein gläubiger Tel.
»Die Schwestern sind uns gnädig!« Wieder und wieder stieß Malo Cant die zur Faust geballte Rechte nach oben. »Die Schwestern sind uns gnädig!« Er sprach von den Schicksalsgöttinnen Porasa und Sarapo.
»Kommandant an B-22 und B-25!« dröhnte Baruns Baß durch die Zentrale. »Abdrehen und die Einheiten im Zentrum der Stadt unterstützen! B-20 landet mit B-1!«
B-22 und B-25 beendeten ihren Sturzflug, drehten ab und flogen Richtung Stadt. Kurz darauf meldete der Kommandant von B-25 die Zerstörung der zentralen Batterien. Barun befahl ihm, Bodentruppen auszuschleusen und die Roboter der Imperiumseinheiten zu jagen.
Elf Minuten später setzte er seinen kleinen Kugelraumer neben B-20 – einem waffentechnisch aufgerüsteten Vierzigmeterfrachter – auf dem Flugfeld der Provinzhauptstadt auf. Jubelgeschrei erhob sich in der Zentrale. »Ich danke dir«, murmelte Jork Barun mit geschlossenen Augen. Er meinte den Großen Galaktischen Geist. »Ich danke dir.« Wilde Freude erfüllte ihn.
Er öffnete die Augen wieder, warf sich in seinen Kommandosessel und beugte sich über das Mikrophon. »Stoßtrupps raus!« schrie er. »Die Jagd auf die Einheiten des Imperiums ist eröffnet! Erschießt alle Imperialen, die Widerstand leisten! Keine Gnade! Und für jedes Dutzend Roboter gibt es eine Prämie!«
Er überwachte die Ausschleusung der Stoßtrupps. Aus den Haupthangars beider Schiffe schwebten insgesamt sieben gepanzerte Fahrzeuge. In jedem saßen sechs schwerbewaffnete Rebellen. Sie rasten über das Flugfeld und steuerten die Koordinaten an, an denen die Schiffsortung feindliche Truppen und Roboter angepeilt hatte.
Barun mußte noch zwei Verlustmeldungen hinnehmen. Etwas mehr als dreißig Minuten, nachdem sein Schiff und B-20 gelandet waren, meldete einer seiner Kommandanten die Zerstörung der letzten Geschützbatterien am Stadtrand.
Fünfzehn seiner Schiffe ließ der Rebellenwer verteilt im Stadtgebiet landen. Ihre Besatzungen sollten die Gegend nach imperialen Truppen durchkämmen. Alle anderen Schiffe beorderte er zum Raumhafen.
Danach konzentrierte er sich auf die nächsten Schritte. »Wer Barun an alle – Landeplatz sichern, mobile Kommandozentrale ausschleusen! Schickt drei Aufklärer in die Umgebung! Wir brauchen die Koordinaten sämtlicher imperialer Militärbasen im Umkreis von zweitausend Kilometern! Und danach lotst die Frachter mit der Geheimwaffe herunter!«
*
Da standen sie und versperrten den Weg durch den Hinterausgang. Dunkelhäutige Gestalten in braunen Polizeiuniformen – sie stellten sich nicht vor, sie sagten auch sonst kein Wort, sie wiesen nur mit den Läufen ihrer Strahler zurück in den Schankraum.
Roboter.
Dhark und Riker sahen es gleich: Ihre Augen leuchteten genauso rot aus ihren schwarzen Gesichtern wie die der Uniformierten im Schankraum. Sonst unterschieden sie sich nicht von Tel aus Fleisch und Blut. Abgesehen vielleicht von ihrer vollkommen unaufgeregten Gestik und ihren ausdruckslosen Mienen.
Drei verstellten den Weg zur Hintertür, einer blieb im Türrahmen stehen, und vier oder fünf sicherten die Rückseite des Gebäudes. Durch ein vergittertes Fenster sah Ren Dhark sie im Hinterhof.
Er und Riker verständigten sich durch einen kurzen Blick. Keiner von beiden verschwendete einen Gedanken an den Handnadelstrahler im Schulterholster unter seiner Jacke. Sinnlos, sich mit den Maschinen anzulegen. Außerdem wäre es das Ende ihrer Spähermission gewesen. Also machten sie kehrt und traten den Rückzug an.
Stimmengewirr im Schankraum der großen Kneipe. Die Arbeiter fluchten, schimpften, jammerten. Doch alles in sehr gedämpftem Tonfall, keiner begehrte offen gegen das robotische Rekrutierungskommando auf.
Die Polizeiroboter kommandierten die Männer mit knappen Anweisungen zur Tür. Draußen standen sechs oder sieben große Mannschaftstransporter, in den meisten Schwebern saßen schon zwangsrekrutierte Tel. Was blieb den Arbeitern übrig? Sie tranken ihre Becher aus, stopften sich ihr Frühstück in die Taschen und reihten sich in der Warteschlange ein, die sich vor der Tür gebildet hatte.
Die beiden Polizeiroboter dort musterten jeden einzelnen und fragten nach seinem Namen. Hin und wieder, wenn ihnen einer zu alt oder zu gebrechlich erschien, schickten sie ihn zurück in die Kneipe. Einige Arbeiter fingen an, mit den Robotern zu diskutieren, schützten irgendwelche ansteckenden Krankheiten, lebenswichtige Verabredungen oder tragische Schicksalsschläge vor, doch die Rotaugen ließen sich von nichts und niemandem beeindrucken.
Dhark und Riker hatten keine Möglichkeit, zu entwischen. Nur langsam ging es Richtung Tür voran. »Morgenstund hat Gold im Mund«, flüsterte Riker. »Was machen wir jetzt?«
»Harmlos gucken«, flüsterte Ren Dhark. »Und mitfahren. Wahrscheinlich geht es zu einem Ausbildungslager. Wo viele Leute sind, hört man auch viele Geschichten. Ich schicke der Zentrale eine Nachricht.«
Die Situation war gefährlich, gar keine Frage. Andererseits: Sie suchten nach Hinweisen auf mysteriöse Orte und Regionen mit klimatischen Besonderheiten, nach Gerüchten, Legenden, Geschichten. Wenn es hier auf Corim eine mystische Stätte wie Stonehenge, wenn es ein rätselhaftes, nicht zu ortendes Sendegerät wie in der Höhle unter Stonehenge gab, dann mußte sich das auch in der mündlichen Überlieferung der Kolonisten dieses Wüstenplaneten niedergeschlagen haben. Und war es dann nicht im Grunde wirklich verheißungsvoller, dort nach solchen Hinweisen zu suchen, wo man viele Einheimische traf?
Dhark jedenfalls hatte beschlossen, erst einmal auf sein Glück zu vertrauen. Er nahm die Arme vor die Brust, schob die Rechte in den linken Jackenärmel und tastete nach seinem stummgeschalteten Vipho. Während die Warteschlange der vielen Arbeiter sich nach und nach der Tür näherte, morste er eine Botschaft an die POINT OF. Er informierte seine Kommandozentrale über die zugespitzte Situation, forderte sie aber zugleich auf, vorläufig nicht einzugreifen.
»Faß mich bloß nicht an, du blöde Maschine!« An der Theke wurde jemand laut.
Alle sahen zurück, auch Dhark und Riker. Ein Polizeiroboter legte einem jungen Tel in schmutzigem Arbeitsanzug die Hand auf die Schulter. »Pfoten weg!«
Der junge Arbeiter riß sich den Schutzhelm vom Kopf und schlug damit auf den Arm des Roboters. Der dachte nicht daran loszulassen. »Sie sind betrunken.«
»Natürlich bin ich betrunken! Ich betrinke mich eben gern, wenn ich von der Nachtschicht komme! Ist das seit neustem verboten?« Er drückte den Arm des Roboters weg, doch der griff immer wieder nach der Schulter des Burschen. »Du sollst mich nicht anfassen! Bist du taub, verdammte Schrottpuppe?!«
»Wir werden Ihnen ein Medikament spritzen«, schnarrte der Roboter in gleichmütigem Tonfall. »Dann sind Sie bis zum Ausbildungsbeginn wieder nüchtern. Wie ist Ihr Name?«
»Mein Name ist Tois Tolt, und Tois Tolt hat keine Lust, nüchtern zu sein! Kapiert?!« Diesmal begnügte er sich nicht damit, die Hand des Roboters von seiner Schulter zu schlagen, sondern rammte ihm beide Fäuste gegen die Brust. Der Roboter torkelte zwei Schritte zurück, stolperte und fiel rücklings auf einen Tisch. Unter dem Gewicht der Maschine zerbrach der in drei Teile.
Sofort liefen zwei andere Polizeiroboter zur Theke und packten den Betrunkenen an den Armen. Der war schwer zu bändigen. »Und schon gar nicht hat Tois Tolt Lust auf eure bescheuerte Ausbildung!« Obwohl sie ihm die Arme auf den Rücken drehten und ihn gegen die Theke drückten, hörte er nicht auf zu zappeln und zu zetern. »Was geht mich euer Scheißkrieg an?! Schlagt euch doch ohne mich mit den verdammten Rebellen herum!«
»Reiß dich zusammen, Tois!« rief ein grauhaariger Tel aus der Menge der Arbeiter heraus. »Hast du nicht mitbekommen, daß die Rebellen mit Atomwaffen angreifen? Eine Schande für Corim, wer jetzt den Kampf scheut! Wir müssen doch alle die bittere Pille schlucken und zu den Waffen greifen!«
»Halte dich raus, Bak!« Der junge Bursche wand sich und zappelte in den eisernen Griffen der Roboter, hatte aber keine Chance gegen sie. »Wenn du dich zum Kanonenfutter ausbilden lassen willst – viel Spaß! Ich bin nicht dabei!«
»Nach den Gesetzen des Imperiums sind Sie im Kriegsfall zum Militärdienst verpflichtet, Tois Tolt«, erklärte einer der Polizeiroboter mit monotoner Stimme. Sie hielten seinen Oberkörper auf der Theke fest.
»Ich bin zum Scheißen verpflichtet!« fauchte Tolt. »Und zum Sterben irgendwann, aber zu sonst überhaupt nichts, du mechanisches Arschloch!«
Eine uniformierte Tel in enganliegender grauer Uniform erschien im Eingang. Sie trug eine Sonnenbrille, und ihr schwarzes Haar war zu einem dicken Zopf geflochten. Die Arbeiter wichen ihr aus, als sie sich in die Kneipe drängte. Jemand pfiff durch die Zähne. Die Farbe ihrer Uniform wies sie als Angehörige der Streitkräfte aus, die gelben Schulterstücke konnte Dhark nicht deuten. In ihrer Rechten trug sie einen kleinen Kunststoffbehälter.
Die Tel blickten ihr hinterher, und auch Riker musterte ihre reizvolle Gestalt. »Wußte gar nicht, daß die Tel so schöne Frauen haben«, flüsterte er. Die Roboter an der Tür blafften knappe Kommandos und winkten. Die Warteschlange setzte sich wieder in Bewegung.
Typisch Dan, dachte Dhark. Selbst in brenzligen Situationen wie dieser hatte sein Freund noch ein Auge für die Reize einer Frau. An seinem Handgelenk vibrierte das Vipho. Morsesignale! Er konzentrierte sich darauf.
Die Tel knallte den Kasten auf die Theke, öffnete ihn und entnahm ihm eine Ampulle und eine Injektionspistole. »Ich will keine Spritze!« Der junge Arbeiter bog sich in den Armen der Roboter. Während die Tel ihre Injektionspistole aufzog, trat er nach hinten aus und erwischte sie an den Waden. »Miststück!«
Sie rammte ihm erst ihre Hüfte in den Hintern und dann ihr rechtes Knie in die Kniekehle. Er schrie auf. Sie griff in das Haar seines Hinterkopfes, drückte sein Gesicht auf die Theke und preßte den Lauf der Injektionspistole auf sein Gesäß. Durch den Stoff der schmutzigen Arbeitshose hindurch jagte sie ihm die Injektion in den Gesäßmuskel. Der junge Bursche heulte auf wie ein getretener Hund.
Dhark wandte sich schaudern ab. Er hoffte inbrünstig, daß ihnen im Ausbildungslager medizinische Untersuchungen erspart bleiben würden. Einem Arzt der Tel würde das künstliche Schwarz ihrer Haut vermutlich auffallen.
Das Geheule des Arbeiters ging in Wimmern über. Er sackte zusammen. Einer der Polizeiroboter legte sich den erschlafften Körper über die Schulter und trug ihn nach draußen. Die Grauuniformierte mit der Sonnenbrille folgte ihnen, ohne sich auch nur einmal umzuschauen. »Wußte gar nicht, daß die Tel so rabiate Weiber haben«, flüsterte Riker. Er schnitt eine grimmige Miene.
Die Schlange bewegte sich jetzt schneller Richtung Ausgang. Die Arbeiter schimpften tuschelnd und murmelnd. »Die Zentrale hat geantwortet«, flüsterte Dhark. »Haben meine Nachricht empfangen, behalten uns über die Viphos im Auge und schicken noch eine getarnte Drohne in unsere Nähe.«
»Wie schön.« Riker spähte nach draußen, wo der Roboter den inzwischen bewußtlosen jungen Arbeiter achtlos, ja brutal in den Mannschaftstransporter warf. »Was soll da noch schiefgehen, oder?«
Kurz darauf standen sie zwischen den beiden Polizeirobotern an der Tür. »Wie heißen Sie?« fragte einer, während der andere sie stumm und mit rotleuchtenden Augen von oben bis unten taxierte.
»Renon Darak«, sagte Dhark.
»Und Sie?«
»Danul Rikk«, knurrte Riker.
Der Roboter wies auf den zweiten Transportschweber in der Kolonne. »Einsteigen.«
*
»Keine Energieemissionen mehr, die für Abwehrkämpfe sprechen.« Tino Grappas Blicke flogen zwischen seinen Ortungsschirmen und den Analysedaten des Checkmasters auf seinem Arbeitsmonitor hin und her. »Jedenfalls nicht in der Umgebung des Raumhafens.«
»Dann konnten die Rebellen also die Abwehrgeschütze am Boden ausschalten.« Hen Falluta im Kommandostand machte eine besorgte Miene. »Wie viele Rebellenschiffe sind über Tolacorim durch das Abwehrfeuer gelangt, Tino? Hat der Checkmaster Zahlen?«
»Neunundzwanzig Einheiten. Darunter ein Fünfzigmeterkugelraumer. Wahrscheinlich ein erbeutetes Beiboot. Es muß ein ziemlich professioneller Angriff gewesen sein. Sie haben nur sieben oder acht Schiffe verloren.«
»Wird im All wieder gekämpft?« Amy Stewart stand hinter Grappas Arbeitssessel und sah ihm über die Schulter. Sie war bleich, wanderte ständig zwischen Kommandostand und Ortung hin und her, und manchmal ertappte sie sich dabei, wie sie an ihrer Unterlippe nagte.
Die Nachricht, daß Riker und der Commander in die Hände eines Rekrutierungskommandos gefallen waren, hatte jeden in der Zentrale nervös gemacht, Amy aber ganz besonders – verständlicherweise.
»Nein.« Grappa schüttelte den Kopf. »Die regulären Truppen des Imperiums haben Corim tatsächlich nur mit einem einzigen Doppelkugelraumer verteidigt.«
»Haben Sie einen Überblick über das Ausmaß der Kämpfe in anderen Regionen des Planeten?« wollte Falluta wissen.
»Einen groben«, sagte Grappa. »Die Rebellen greifen die Raumhäfen von mindestens neun Städten an. Mit fünfundzwanzig bis vierzig Einheiten jeweils. Wenn ich meine Daten richtig interpretiere, treffen sie überall auf massives Abwehrfeuer von Bodengeschützen. Schwer zu sagen, ob sie auch sonst irgendwo schon landen konnten. Daß sie in Tolacorim gelandet sind, ist jedenfalls sicher. Und daß die Verteidigung dort zusammengebrochen ist, auch.«
»Ausgerechnet dort«, seufzte Amy. Sie verließ den Ortungsstand und ging zur Bildkugel. »Haben wir schon Bilder von der Drohne?«
»Sie verläßt gerade die Erdkruste«, sagte Falluta. »Ein paar Sekunden noch, dann müßte sie senden.«
Tolacorim war eine der zehn größten Städte von Corim. Fast eine Millionen Kolonisten lebten dort. Die Kleinstadt, in der Ren Dhark und Dan Riker dem Rekrutierungskommando in die Fänge gegangen waren, lag nicht ganz neunhundert Kilometer südlich davon.
In der Kommandozentrale der POINT OF glaubte man an einen Zusammenhang zwischen den Angriffen auf die Stadt und die ausgedehnten Rekrutierungsaktionen in der sie umgebenden Provinz. Amy und Falluta vermuteten, daß die regulären Truppen der Tel eine Bodenfront gegen die Rebellen in der Stadt aufstellen wollten.
Im Schutz ihres Intervallums ruhte die POINT OF knapp zwei Kilometer tief in der Kruste des Planeten. Schräg über ihr, vierzehn Kilometer entfernt, lag die Siedlung, in der Dhark und Riker ihre Suche begonnen hatten. Irgendwo dort oben, in einem Umkreis von vierzehnhundert Kilometern, gab es einen Empfänger des Impulses aus dem rätselhaften Gerät unter Stonehenge; eine Kultstätte, eine technische Anlage, ein ähnliches Gerät – niemand konnte genaueres sagen. Eigentlich hatte man nur vage Vorstellungen von dem, was man suchte.
»Die Drohne sendet!« rief Glenn Morris von der Funkzentrale.
Die zentrale Bildkugel flammte auf. Die Außenkameras der getarnten Maschine übertrugen Aufnahmen einer ockerfarbenen Wüstenlandschaft, über der sich ein fahler Himmel wölbte. Rasch entfernte sich der Wüstenboden, und am Horizont wurden Gebäude einer Siedlung sichtbar. Die Drohne gewann an Höhe und beschleunigte. Der Checkmaster steuerte sie zu den Koordinaten, von denen aus Ren Dhark zuletzt gemorst hatte.
Die Drohne flog über Bagger, Transportbänder und Kipplader am Rande eines flachen Kraters hinweg und dann über eine viele Kilometer durchmessende Tagebaufläche. Aufgerissener Wüstenboden und Geröllhaufen, soweit das Auge blickte.
»Was bauen die Tel hier ab?« wollte Amy wissen.
»Rohstoffe für die chemische Industrie«, sagte Chris Shanton. »Vor ein paar Millionen Jahren standen dort unten Regenwälder. Corim hat wahrhaftig schon bessere Zeiten gesehen.«
Endlich der Rand des ausgedehnten Kraters. Flache Gebäude kamen in Sichtweite, schmutzigweiße zumeist, und bald glitten die ersten Flachdächer und Straßen unter der Drohne dahin.
»Das muß die Siedlung sein«, sagte Falluta. »Die Koordinaten stimmen überein.« Schließlich erkannte die Besatzung der Kommandozentrale eine Fahrzeugkolonne, die sich auf einer breiten Straße in Richtung offene Wüste bewegte.
»Das müssen die Mannschaftstransporter des Rekrutierungskommandos sein«, sagte Falluta. »Der Chef erwähnte große Transportschweber in seiner Botschaft.«
Der Kurs der Drohne beschrieb eine weite Schleife über der Kolonne. Diese bestand aus elf etwa fünfzehn Meter langen Lastenschwebern, deren Ladeflächen von weißen Planen überspannt waren, und vier kleineren roten Schwebern der kolonialen Ordnungskräfte; zwei flogen an der Spitze der Kolonne, zwei bildeten die Nachhut.
Als die Drohne ihre Geschwindigkeit drosselte und auf Parallelkurs zu den Schwebern ging, konnten sie an den offenen Seiten der Transporter eng nebeneinandersitzende Gestalten erkennen.
»Das sind tatsächlich Mannschaftstransporter.« Jetzt schwanden auch Amys letzten Zweifel. »Die Drohne hat den ID-Code von Rens Vipho angepeilt. Dem Himmel sei Dank.« Fürs erste war sie erleichtert und sie gab sich keine Mühe, das zu verbergen.
»Machen Sie sich keine Sorgen, Amy«, sagte Falluta. »Wir lassen die beiden nicht mehr aus den Augen.«
Weitgehend kommentarlos verfolgten sie den Kurs der Schweberkolonne durch die Wüste. Hin und wieder kamen Baracken, Bagger, Abraumhalden und Förderbänder in Sichtweite. Von wenigen Oasensiedlungen und einer Kleinstadt abgesehen, gab es außer Wüste nur einige Tagebaukrater zwischen der fast tausend Kilometer entfernten Provinzhauptstadt und der Siedlung, in der Riker und Dhark dem Rekrutierungskommando in die Arme gelaufen waren. Und einen größeren Militärstützpunkt, dessen Funkaktivitäten Grappa inzwischen angepeilt hatte. Er lag am Rande der Kleinstadt.
Nach vierzig Minuten etwa kreuzten sich zwei Wüstentrassen. Eine weitere Transporterkolonne schloß sich der ersten an. Sie bestand aus siebzehn Schwebern und ebenfalls vier Begleitfahrzeugen.
Auf Fallutas Befehl hin stieg die Drohne in größere Flughöhe. Entsprechend größer wurde auch das Gebiet, das ihre Kameras und ihre Ortungsgeräte erfaßten. Über zwanzig Transporterkolonnen unterschiedlicher Größe registrierten sie auf diese Weise in der Kommandozentrale der POINT OF.
»Das müssen ja Tausende von Rekruten sein, die sie da zu ihrem Stützpunkt transportieren!« rief Amy.
»Ja«, bestätigte Grappa. »Eine Zwangsrekrutierung großen Stiles, wie es scheint.«
»Kanonenfutter.« Obwohl sie Dhark und Riker auf der Spur waren, nahm die Zahl von Fallutas Sorgenfalten eher noch zu. »Sie werden ihnen einen Schnellkurs überbraten, damit sie eine Waffe halten können, und sie dann so schnell wie möglich gegen hochmotivierte und gutausgebildete Rebellen in Tolacorim in Marsch setzen.«
»Im Umkreis von tausend Kilometer rund um die Stadt peile ich mindestens drei solcher Basislager an«, sagte Grappa.
»Wenn ich Rebellenkommandant wäre, würde ich als erstes so einen Stützpunkt vernichten.« Fallutas Lippen waren ein schmaler, farbloser Strich.
»Ich bitte Sie, Hen«, sagte Amy. »Malen Sie den Teufel nicht an die Wand.«
*
Sie hockten auf Kunststoffbänken. Fast achtzig Tel zählte Dhark auf der Pritsche des Schwebers, auf den man ihn und Riker verfrachtet hatte. Zwei bewaffnete Polizeiroboter saßen hinten am Ausstieg. Die Fahrt ging quer durch die Wüste. Manchmal sah man die Arme riesiger Bagger in der Ferne vorbeigleiten.
Dhark und Riker lauschten den Gesprächen der Arbeiter in ihrer direkten Umgebung. Es waren meist einfache Männer. Sie murrten über die Zwangsrekrutierung, erzählten von ihren Familien und hofften, daß man ihnen im Ausbildungslager Gelegenheit geben würde, ihre Angehörigen zu informieren. Auch wenn niemand wirklich glücklich war, jetzt für den Kampf gegen Rebellen eingezogen zu werden, so verfluchten doch die meisten der Zwangsrekrutierten die Rebellen und gaben ihnen die Schuld an ihrem unverhofften Schicksal.
Manche ältere Arbeiter sprachen den anderen auch Mut zu. Torre Bak zum Beispiel, der Grauhaarige, der vergeblich versucht hatte, den betrunkenen Tois Tolt zu beruhigen. »Es ist besser, jetzt einmal gegen die Rebellen zu kämpfen, als später Jahr für Jahr unter der Herrschaft der Rebellen ausgebeutet zu werden«, sagte er. »Wenn diese Chaoten hier Fuß fassen sollten, dann können wir uns auf was gefaßt machen, das sage ich euch! Sie werden uns zu einem Dauerkrieg gegen das Imperium zwingen!«
Viele pflichteten ihm bei, und die es nicht laut taten, machten zumindest nachdenkliche Gesichter. Riker und Dhark mischten sich nicht in die Gespräche ein.
Der junge Tois Tolt lag die erste halbe Stunde der Fahrt bewußtlos im Fußraum zwischen zwei Langbänken. Irgendwann öffnete er die Augen und richtete sich kurze Zeit später auf. Bak und ein anderer Arbeiter zogen ihn auf die Bank. Bak gab ihm zu trinken. Ohne eine Wort des Dankes nahm Tolt die Trinkflasche entgegen. Nachdem er getrunken hatte, hockte er stumm und in sich zusammengesunken zwischen seinen Leidensgenossen. Die ganze Fahrt über stierte er aus feuchten Augen auf den Boden.
Nach einer Trassenkreuzung schlossen sich ihrer Kolonne weitere Mannschaftstransporter an. Bald erkannte Dhark in Fahrtrichtung die weißen Fassaden einer kleinen Stadt. Sie durchquerten sie innerhalb weniger Minuten. Schon kamen Wachtürme, Barackenkomplexe, Garagenhallen und ein mehr als drei Meter hoher Maschendrahtzaun in ihr Blickfeld. »Wir scheinen am Ziel zu sein«, sagte Dhark.
Die Männer reckten die Hälse. »Welch paradiesischer Ort«, entfuhr es Riker. Tore öffneten sich, die Transportgleiter schwebten in die Militärgarnison hinein. Vorbei an Baracken, Hallen, Garagen und gepanzerten Fahrzeugen ging es zu einem großen Platz vor einem weißen, fast schon prächtigen Gebäude aus Stein. Auf dessen Flachdach sah Dhark Antennen und etwas, das wie eine Sirene aussah. Vor diesem Gebäude hielten die Gleiter. Die Roboter öffneten die Heckklappen und winkten die Zwangsrekrutierten von den Ladeflächen.
Dhark sah sich um. Über dreißig Transportschweber zählte er. »Die Tel scheinen einen richtigen Krieg zu planen«, flüsterte Riker.
»Wahrscheinlich sind die Rebellen irgendwo in der Nähe gelandet«, raunte Dhark.
»Und wir stehen zwischen den Fronten«, seufzte Riker. »Na dann viel Spaß.«
Ihre Blicke fielen auf das weiße Steingebäude am Rande des Platzes. Oben auf seiner Vortreppe stand ein grauuniformierter Tel.
An einer Kette hielt er ein fast hüfthohes exotisches Tier. Das stemmte sich gegen die Fessel und fauchte die Menge an, die sich auf dem Platz sammelte.
Vor der Treppe lief ein zweiter Tel mit gesenktem, grauhaarigem Schädel auf und ab. Ein stämmiger, untersetzter Mann, ebenfalls grauuniformiert. Die Arme hielt er auf dem Rücken verschränkt.
»Scheint die Kommandantur zu sein«, sagte Riker auf Tel. »Komm.« Er berührte Dhark am Arm. Sie gingen über den Platz auf das Haus zu. Mehrere Arbeiter aus ihrem Transportgleiter schlossen sich ihnen an, darunter der verkaterte Tois Tolt und der väterliche Torre Bak.
Tausende von Tel strömten auf dem Platz vor dem weißen Garnisonsgebäude zusammen. Ein paar Dutzend Roboter in grauen Uniformen versuchten eine Aufstellungsordnung in die Menge zu bringen. Befehle blaffend und die Ellbogen ausfahrend scheuchten sie die Rekruten in Hunderterblöcken zusammen.
Zwanzig Schritte vor dem Garnisonsgebäude stellten sich auch Dhark, Riker und den Tel aus der Kneipe zwei Roboter entgegen. »Stehenbleiben!« schnarrte einer von ihnen. »Hier die erste Reihe, dort die nächste!« Sie wiesen nach rechts und links, schoben die Männer hin und her und wiederholten ihre Befehle wieder und wieder, so daß man hätte meinen können, das Akkustikmodul ihres Kommunikationssystems wäre defekt.
In relativ kurzer Zeit stand die Meute zu fünf Zwanzigerreihen geordnet zwischen anderen Hunderterblöcken. Nach und nach verwandelte sich das Durcheinander vor der Kommandantur in einen leidlich übersichtlichen Appellplatz.
Der Mann mit dem Tier auf der obersten Stufe schien der Kommandant zu sein. Ein Roboter jedenfalls war er nicht, denn seine Augen waren dunkel. Dhark beobachtete, daß er ständig auf das Chronometer an seinem Handgelenk blickte. Selten stand er ruhig: Entweder wippte er auf den Zehenspitzen auf und ab, oder seine rechte Stiefelspitze klopfte auf die Steinstufe, oder er riß an der Kette seines Tieres. Manchmal zerrte er ein mobiles Funkgerät aus der Uniformtasche und führte kurze Gespräche.
Der Vierbeiner war eine in Dharks terranischen Augen wenig ansehnliche Kreatur mit langen kräftigen Läufen, grüner Schuppenhaut und einem mindestens zehn Meter langen Rattenschwanz, den das Tier jedoch zu einer kaum einen Meter durchmessenden Spirale zusammengerollt hatte. Das Biest hatte einen flachen breiten Schädel und eine klobige Schnauze, die Dhark schon wegen der vielen spitzen Zähne an die eines Piranhas erinnerte. Von Zeit zu Zeit streckte sich der Spiralschwanz, fuhr wie ein Speer die Stufen hinab und knallte peitschengleich höchstens acht Schritte vor der ersten Reihe von Dharks Hundertschaft auf den Boden.
»Zum Liebhaben«, sagte Riker auf Tel. »Man möchte ihm den Nacken kraulen.«
»Ja«, fauchte Tois Tolt. »Bis ihm das Genick bricht.«
»Ein Wüstenreißer«, sagte Bak. »Gefährliche Tiere. Ziemlich schwer zu zähmen.« Das Biest kläffte heiser und fauchend auf die Menge herab. Dhark vermochte nicht zu entscheiden, ob es ein Reptil oder ein Säugetier war.
Torre Bak wies auf den untersetzten Soldaten, der vor der untersten Stufe auf und ab tigerte. »Den kenne ich«, raunte er. »Hon Wolt, ein Gard. Stammt aus der Oasensiedlung, in die meine älteste Tochter geheiratet hat. Ich dachte, er sei längst im Ruhestand.«
Immer öfter blieb der grauhaarige Gard stehen und warf einen mürrischen Blick auf die Menge der Rekruten. Sein schwarzes Gesicht sah aus wie von der Hitze zerrissener Asphalt. Dhark schätzte ihn auf mindestens siebzig Jahre. Seine Miene war finster und mißtrauisch. Ein gutgelaunter Mann jedenfalls sah anders aus.
»Hilf mir auf die Sprünge, Ren«, flüsterte Riker auf Angloter. »Gard – was ist das für ein Dienstgrad?«
»Etwa wie ein Stabsfeldwebel.«
Das Biest auf der Treppe stieß ein markerschütterndes Brüllen aus. Sein Schwanz schoß nach unten und peitschte auf den Boden. Dhark sah ein paar Männer zusammenzucken. Seine Gedanken kreisten unwillkürlich um sein Vipho. Außer dem Gerät und Dan Riker zu seiner Rechten gab es im Moment so gar nichts, was ihn beruhigen oder gar zuversichtlich stimmen konnte.
Er blickte über die Schulter zurück, weil sich von hinten Schritte näherten. Eine uniformierte Tel stelzte zwischen den Hunderterblöcken hindurch, an seinem vorbei und zur Treppe. Sie trug eine Sonnenbrille, und ihr schwarzes Haar war zu einem dicken Zopf geflochten. Die Ärztin.
»Miststück«, zischte Tois Tolt.
Sie würdigte den Gard keines Blickes, stieg die Treppe hinauf und sprach mit dem Kommandanten. Dessen Tier zog den Schwanz zu einem formlosen Knäuel zusammen, verkroch sich winselnd auf die andere Seite seines Herrn und versuchte ihn von der Frau wegzuziehen.
Der Offizier – das war er ohne Zweifel – riß an der Kette und schnauzte das verängstigte Biest an. Danach wandte er sich der Frau zu. Vermutlich nahm er ihre Meldung entgegen. Während er das tat, beugte er sich so nah an die Frau, daß seine Stirn ihr Haar berührte. Auch legte er seine Hand auf ihre Taille. Dan Riker zog amüsiert die Brauen hoch.
Schließlich wandte sich der Offizier dem Gard unten an der Vortreppe zu und nickte. Der stämmige Tel stieg daraufhin auf die erste Stufe, blickte kurz über die Menge auf dem Appellplatz und hob die Rechte. Gemurmel und Getuschel verstummten endgültig.
»Willkommen in der Militärgarnison drei der Streitkräfte des Imperiums. Mein Name ist Hon Wolt, ich bin euer Gard. Folgendes: Die verfluchten Rebellen sind auf unserem schönen Planeten gelandet.« Er drehte sich um und wies auf den Tel mit dem Biest und der Frau. »Das ist der Feg Par Somin, euer Kommandant. Er hat euch jetzt was zu sagen.« Der alte Tel nickte dem Feg zu und schwieg.
»Bürger von Corim«, rief Par Somin. »Das Imperium braucht euch!«
Seine Stimme hallte von allen Seiten über den Platz. Anders als der Gard benutzte er ein Mikrofon. »Rebellen haben ihren Fuß auf diese Welt gesetzt! Ihr wißt selbst, wie wichtig Corim für das Imperium ist! Und ihr wißt selbst, wie grausam, dreckig und habgierig die Rebellen sind! Eine kriminelle Räuberbande! Auf der anderen Seite des Globus haben sie eine Atombombe auf Wohngebiete abgeworfen! Durch Verrat und Sabotage ist es ihnen leider gelungen, den Raumhafen von Tolacorim zu erobern! Eine Kriegsflotte von Cromar ist unterwegs zu uns. Bis die Verstärkung eintrifft, müssen wir unsere Heimat aus eigener Kraft verteidigen, und dazu wird jeder Mann gebraucht, der eine Waffe in der Hand halten kann! Morgen abend marschieren wir nach Tolacorim! Wir werden die Banditen umzingeln und so daran hindern, die Provinz zu erobern!«
»Nur ein bißchen umzingeln«, zischte Tois Tolt verächtlich. »Natürlich, nur ein klein wenig umzingeln…«
»Sei still«, fauchte Bak ihn an. »Du hast doch gehört, daß wir nur solange gebraucht werden, bis die Verstärkung da ist.«
»Du bist ein Dummkopf, Bak«, sagte Tolt. »Weißt du, wann die Verstärkung kommt?« Er deutete zur Treppe. »Wenn ich als Feg mit dem Wüstenreißer und der leckeren Schnecke dort oben stehe und Leuten wie dir befehlen werde, sich den Arsch aufzureißen.«
2.
Das klobige Heckteil von B-20 hob sich so lange, bis es senkrecht in den Himmel ragte. Eine Rampe schob sich auf das Flugfeld hinab. Der fünfundzwanzig Meter lange und acht Meter hohe Laderaum des Frachters war vollgestopft mit schwerem Gerät.
Als erstes rollte die mobile Kommandozentrale aufs Flugfeld. Jork Barun beobachtete die Ausschleusung seines künftigen Arbeitsplatzes über das Haupthologramm seines Flaggschiffes. Das gepanzerte Kettenfahrzeug war siebzehn Meter lang, fünf Meter breit und an der höchsten Stelle, der Steuerkuppel, vier Meter hoch. Es verfügte über einen Schwebemodus und war über kürzere Strecken sogar schwimmtauglich. Waffen- und kommunikationstechnisch war es selbstverständlich mit allem ausgerüstet, was die Rebellen aus gefangengenommenen Wissenschaftlern des Imperiums hatten herauspressen können.
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