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Der Falle des Dreieckssystems entkommen, wähnt Ren Dhark den Weg endlich frei ins Herzen jener verbotenen Zone auf der anderen Seite Andromedas, in der er die verschwundenen Synties vermutet. Doch er muß erkennen, daß es mehr als nur eine Quantenfalle gibt.
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Seitenzahl: 472
Ren Dhark
Weg ins Weltall
Band 10
Quantenfalle
von
Jo Zybell
(Kapitel 1 bis 5)
Uwe Helmut Grave
(Kapitel 6 bis 10)
Achim Mehnert
(Kapitel 11 bis 15)
Conrad Shepherd
(Kapitel 16 bis 20)
und
Hajo F. Breuer
(Exposé)
Inhalt
Titelseite
Prolog
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
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Impressum
Prolog
Im März des Jahres 2065 steht die Menschheit vor einer Zerreißprobe: Die Bewohner Terras sind nach Babylon evakuiert, wo Henner Trawisheim, der amtierende Commander der Planeten, die Zentrale des neuen Terra schaffen will. Nur noch 20 Millionen Menschen sind auf der mittlerweile völlig vereisten Erde zurückgeblieben.
Doch es ist Ren Dhark und seinen Mitstreitern gelungen, den Abfluß der Materie von unserer Sonne zu stoppen, indem sie die Hyperraumstation zerstörten, die kontinuierlich Masse aus der Sonne abzog und nach Proxima Centauri transferierte.
Als sich darüberhinaus die Synties – tropfenförmige Energiewesen aus dem All – aus alter Freundschaft zur Menschheit und vor allem zu Ren Dhark bereit erklären, die verlorengegangene Masse der Sonne durch neuen interstellaren Wasserstoff zu ergänzen und sie wieder so stark zu machen wie zuvor, scheint der glückliche Ausgang der Katastrophe gewiß.
Trotzdem läßt Henner Trawisheim die Evakuierungsaktion fortsetzen. Traut er den Synties nicht, oder verfolgt er eigene geheime Ziele? Die Frage wird bald überflüssig, als eine unbekannte Kraft die Synties aus dem Sonnensystem absaugt: Ohne die spurlos verschwundenen Helfer ist die Erde nicht mehr zu retten!
Resigniert beteiligt sich Ren Dhark mit seiner POINT OF an der weiteren Evakuierungsaktion. Doch nach ihrem Abschluß will er die Synties suchen, auch wenn er nicht den allerkleinsten Hinweis auf ihren Verbleib hat. Allmählich faßt er wieder Mut – als eine bisher unbekannte Spezies aus den Tiefen des Alls auftaucht und die Erde zu ihrer neuen Heimat erklärt! Und dieses Volk scheint wie geschaffen für ein Leben in arktischer Kälte.
Die Eisläufer oder Riiin, wie sie sich selbst nennen, landen an beiden Polen und nehmen die Erde von dort aus in Besitz. Verzweifelt versucht Ren Dhark, auf Babylon Hilfe für die Heimat der Menschheit zu erhalten – doch Henner Trawisheim läßt ihn eiskalt abblitzen. Auch Terence Wallis, der Herrscher von Eden, will seine noch junge Welt nicht in einen Krieg verwickeln.
Auf dem Rückflug nach Terra macht die POINT OF Bekanntschaft mit einer unheimlichen Waffe der Eisläufer: dem Relativitätswerfer, der die Zeit rings um ein getroffenes Schiff um den Faktor 104 verlangsamt.
Trotzdem gelingt Ren Dhark der Durchbruch nach Cent Field. Die genaue Überprüfung alter Protokolle führt ihn und seine Gefährten zu einem geheimnisvollen Gerät unter Stonehenge, dessen Vernichtung einen kurzen Frühling in ganz Südengland auslöst und so Millionen Eisläufer das Leben kostet.
Arc Doorn erinnert sich daran, ein ähnliches Gerät schon einmal gesehen zu haben – und nimmt kurzerhand seinen Abschied von der POINT OF, um auf der Erde nach weiteren dieser geheimnisvollen Artefakte zu suchen.
Ren Dhark aber folgt der Spur des Energieimpulses nach Andromeda. Doch diesen neuen Flug in die Weiten des Alls will Dan Riker, Rens bester Freund, nicht mehr mitmachen: Auch er nimmt seinen Abschied von der POINT OF!
In der Nachbargalaxis findet Dhark die ehemalige Zentralwelt der dortigen Worgun. Von ihr führt die Spur bis in den hintersten Winkel Andromedas. Aber auf dem Flug dorthin gerät die POINT OF in ein Sonnensystem, aus dem es kein Entrinnen zu geben scheint. Erst die Zusammenarbeit mit der Besatzung eines geheimnisvollen, übergroßen gelben Ringraumers führt zur Zerstörung der Falle. Und dann greift das geheimnisvolle Schiff an…
Auf der Erde starten Arc Doorns Freunde eine neue Expedition zur Lösung des Rätsels der Gäa-Maschinen. Doch während Doorn mit dem neuen Flash in Alamo Gordo zurückbleibt und auf seinen Einsatz wartet, stößt Svante Steinsvigs Gruppe auf mutierte, intelligente Eisbären, die eine einsame Eisläufer-Familie überfallen…
1.
»Er greift an?« Ren Dhark konnte es nicht glauben. »Er greift uns wirklich an?«
»Ja, Sir!« Fallutas Stimme vibrierte. »Es sieht ganz danach aus…!«
Dharks Finger umklammerten die Armlehne seines Sessels. Sie hatten ein zeitlich begrenztes Bündnis mit der Besatzung des gelben Ringraumers vereinbart, und jetzt griff das Geheime Imperium sie dennoch an?
Der Commander konnte den Blick nicht vom Monitor seines Flash lösen und sah doch immer nur das gleiche Bild dort oben über seinem Kopf: Die POINT OF – inzwischen groß wie ein Diadem – stand knapp 700 Kilometer über dem Mond des Planetendreiecks.
Unter ihr hatte sich der gelbe Ringraumer des Geheimen Imperiums von der Oberfläche des Mondes gelöst und nahm mit hoher Beschleunigung Kurs auf Dharks Schiff.
»Ich verstehe es nicht!« rief er. »Was hätten sie davon?!«
»Ich weiß es nicht!« Falluta klang nervös. »Ich sehe nur ihren Angriffskurs!«
Der Commander unterbrach die Verbindung zur POINT OF. »Können Sie Grappas Messungen bestätigen, Larry?« fragte er den Piloten seines Flash.
»Meine Instrumente sagen das gleiche, Commander.« Larry Fongheisers Blick glitt über die Ortungsinstrumente von Flash 003. »Das fremde Schiff hat sämtliche Systeme hochgefahren und fliegt in vollem Energiemodus!«
»Ich lasse das Feuer eröffnen!« Wieder die erregte Stimme des Ersten Offiziers im Funk. »Ich muß ihnen zuvorkommen, sonst passiert ein Unglück…!«
»Warten Sie!« brüllte Dhark. Seine innere Stimme warnte ihn vor einem Angriff. »Morris soll ihn erst anfunken!«
»Also gut! Verstanden!«
Ein Funkspruch von Flash 001 ging ein. »Wonzeff an Commander – weiter Kurs auf das Mutterschiff?« Pjetr Wonzeff kommandierte das kleine Flashgeschwader, das von seinem Kampfeinsatz auf D3 zurückkehrte. Vor dem Anflug auf die POINT OF hatten sie die Röhren zerstört, die den Zentralmond mit seinen drei Planeten verbanden.
Ren Dhark zögerte nicht. »Kurs halten.« Im Funk hörte er, wie Morris den gelben Ringraumer anfunkte. Die Besatzung von KS 333 – mit diesem Namen hatte der Bordrechner des gelben Ringraumers sich gemeldet, als er den Pakt angeboten hatte – antwortete nicht. Fallutas Einschätzung schien sich zu bestätigen.
Dhark setzte sich wieder mit der Zentrale in Verbindung. »Commander an POINT OF – eröffnen Sie…«
Er wollte gerade den Angriffsbefehl geben, doch im selben Moment flog der Ringraumer eine enge Schleife, steuerte den Planeten D3 an und eröffnete seinerseits das Feuer. Doch nicht die POINT OF trafen seine Strahlenbündel, sondern die kosmische Röhre, die D3 mit dem Planeten D2 verband, einen der »Himmelswege«, wie die Bewohner dieser Planeten die Röhren nannten.
»Allmächtiger Gott…!« stöhnte Fongheiser. »Sehen Sie das, Commander?«
Dhark hielt den Atem an und blickte zum Monitor hinauf. Wenige tausend Kilometer außerhalb der Atmosphäre von D3 blähte sich eine kleine grelle Sonne auf und verhüllte eine lange Strecke der Verbindungsröhre. Orange, gelb, grün und blau leuchtete die Glutblase, während sie rasch expandierte. Als sie sich in einem milchigem Nebel auflöste, klaffte eine Lücke von gut zehn Kilometern Länge in der Verbindungsröhre. Eine Wolke aus Trümmerstücken breitete sich um die Lücke herum aus: Wagen eines Magnetschwebezuges, Gleisteile, große Stücke der Außenwand, unzählige Metallsplitter und Lebewesen, die in dem Zug gesessen hatten.
Dhark schluckte. Sein Mund war trocken, er fühlte sich irgendwie leer.
»POINT OF an Flash 003.« Fallutas Stimme aus dem Funk. »Sie hatten recht, Dhark. Tut mir leid. Gut, daß wir nicht das Feuer eröffnet haben.«
»Schon in Ordnung«, sagte der Commander müde. Im Monitor sah er, wie der planetennahe, nun verbindungslose Teil der Röhre zusammenbrach und nach und nach in der Atmosphäre von D3 verschwand. »Wenn ich auf Ihrem Platz im Kommandostand gesessen hätte, wäre ich vielleicht sogar noch schneller nervös geworden. Ich hatte den Feuerbefehl ja schon auf den Lippen.«
Im Monitor zuckte ein Blitz durch das All. Das nächste Strahlenbündel brandete vom gelben Ringraumer aus gegen die kosmische Röhre. Diesmal traf die Energieladung den Himmelsweg etwa tausend Kilometer bevor er in die Atmosphäre von D2 eintauchte. Wieder blähte sich eine Glutkugel auf, wieder zerbrach der massive Angriff die Röhre, wieder trieben Trümmer und Tote im Weltall.
Das Flashgeschwader erreichte sein Mutterschiff. In ihre Intervallfelder gehüllt durchdrangen die Kleinstraumschiffe die Bordwand und schwebten ins Beibootdepot hinein. Ein Ruck ging durch Flash 003, als er in seiner Bucht festmachte. Fongheiser und Dhark stiegen aus.
Die Besatzungen sammelten sich um eine Bildkugel vor dem Innenschott. Schweigend beobachteten sie das Zerstörungswerk des gelben Ringraumers. Aus der Atmosphäre von D3 stieg eine dunkle Wolke ins All, blieb stehen, flachte ab und sank zurück in die Atmosphäre.
»Kann einer von euch fassen, was da passiert?« fragte Amy Stewart mit hohler Stimme. »Welche Katastrophen müssen die abstürzenden Trümmerteile auslösen, daß der Staub bis in die höchsten Schichten der Atmosphäre geschleudert wird?«
»Die Einschläge verursachen vermutlich Zerstörungen kontinentalen Ausmaßes«, sagte Lati Oshuta. »Sie sprengen Krater von vielen Kilometern Durchmesser und einigen hundert Metern Tiefe in die Planetenkruste. Ganze Städte werden da unten ausradiert, Erdbeben erschüttern die Kontinentalplatten, Vulkane brechen aus. Das übersteigt menschliches Vorstellungsvermögen.«
»Er macht weiter.« Mit einer Kopfbewegung deutete Pjetr Wonzeff auf das Hologramm. Das Bild hatte gewechselt, man sah den gelben Ringraumer nun an D2 vorbeifliegen und das Vernichtungsfeuer auf die Röhre eröffnen, die auf der anderen Seite des Planeten aus der Atmosphäre ins All stieg. Grelles Licht erfüllte den Weltraum.
Als es verblaßte, sahen sie, daß die 50 Meter durchmessende Röhre ebenfalls unterbrochen war.
»D2 ist nun mit keinem Nachbarplaneten mehr verbunden«, sagte Val Brack leise. »Welche Auswirkungen hat das auf den Planeten? Was wird jetzt geschehen?«
Niemand antwortete. Alle starrten sie ins Hologramm. Entsetzen spiegelte sich in den Gesichtern.
Das zu beiden Seiten abgetrennte Röhrenstück zwischen D3 und D2 drehte sich langsam um seine Vertikalachse, so daß ein Ende des über 100 000 Kilometer langen Himmelsweges aus dem Planetendreieck hinaus ins All driftete und das andere in Richtung Mond. Aus ihm sah man jetzt einen Magnetschwebezug mit vielen Waggons schießen.
»Wer immer jetzt noch in dieser Röhre unterwegs ist… er ist verloren«, sagte Manu Tschobe. Sein Gesicht sah aus wie aus schwarzem Marmor gemeißelt.
»Er macht immer noch weiter«, sagte Pjetr Wonzeff heiser.
Tatsächlich nahm KS 333 nun Kurs auf den dritten Planeten der Konstruktion, auf D1. Schweigend beobachteten die Cyborgs, die Flashpiloten und der Commander das kleiner werdende Schiff im Hologramm. Nach wenigen Sekunden schleuderte es seine vernichtenden Strahlen gegen die Röhre über der Atmosphäre des Planeten. Nun schwebte auch ein zweites gigantisches Röhrenstück frei im All.
»Wer immer in diesem gelben Koloß sitzt, er geht kompromißlos zu Werke«, murmelte Val Brack.
»Gnadenlos nenne ich das.« Jetzt ergriff auch der Commander das Wort. »Nicht Zehntausende, auch nicht Hunderttausende sterben, während wir dieses Höllenfeuer sehen, sondern viele Millionen. Ganze Völker werden ausgelöscht.« Er wandte sich ab und ging zum Schott. »Ich muß in die Kommandozentrale.«
*
»Sehen Sie die dunklen Stellen in der Atmosphäre?« Chris Shanton deutete auf das Hologramm. In ihm sah man eine Großaufnahme von D2. »Das könnte Staub sein. Die Einschläge der Röhrentrümmer sind so heftig, daß Staub- und Trümmerfontänen bis in die äußersten Schichten der Atmosphäre steigen.«
»Meine Instrumente peilen immense Energieentfaltungen an«, rief Tino Grappa von der Ortungsabteilung. »Auf D3 genauso wie auf D2. Da scheinen ganze Industriekomplexe auf der Planetenoberfläche zu explodieren.«
»Und jetzt greift er die Röhren über D1 an!« Hen Falluta war im Kommandostand aus seinem Sessel gesprungen. Er war aschfahl. »Will er denn das ganze Dreieckssystem vernichten?«
»Er will die Quantenfalle ausschalten«, sagte Steve Hawker. »Und er tut es konsequent.« Ernste Blicke trafen ihn von allen Seiten.
»Ein konsequenter Völkermord, oder wie?« zischte neben ihm Yannic Trudeau. »Was diese Krieger in dem gelben Ringraumer dort so konsequent betreiben, ist der irreversible Untergang ganzer Gesellschaften von intelligenten Lebewesen!«
Hawker und Trudeau standen mit Artus, Leon Bebir, Chris Shanton und einigen diensthabenden Offizieren vor der zentralen Bildkugel. Der Erste Offizier hatte die beiden Kadetten in die Kommandozentrale beordert. Sie sollten an Ort und Stelle mit anschauen, wie der Traktorstrahl der POINT OF den Flash barg, den das Duo auf dem Mond buchstäblich in den Sand gesetzt hatte. Außerdem wollte er noch einmal einen ausführlichen Bericht der beiden hören.
»Warum mußt du immer derart übertreiben?« fragte Hawker mit verächtlichem Unterton.
»Ist das wirklich übertrieben?« Aus schmalen Augen und mit gerunzelter Stirn beobachtete Chris Shanton das Inferno in der Bildkugel. »Ich kann mir nicht helfen, aber ich habe so ein Gefühl, als würden wir am Ende froh sein, wenn Trudeau wirklich übertrieben haben sollte.«
Hawker musterte den Chefwissenschaftler von der Seite. Sein Mund stand offen und alle Selbstsicherheit war aus seiner Miene gewichen.
»Ist das Ihr Ernst, Sir?« fragte Trudeau. Shanton zuckte nur mit den Schultern.
Das Ostschott öffnete sich, Ren Dhark und Amy Stewart betraten die Zentrale. Die Cyborg grüßte einsilbig und blieb vor der Bildkugel stehen. Der Commander ging wortlos vorbei und stieg in den Kommandostand.
»Commander an Morris«, rief er, noch während er im Kommandosessel Platz nahm. »Funken Sie KS 333 an! Es kann nicht sein, daß diese Schlächter ganze Welten in Höllen verwandeln!«
Schlagartig wurde es still in der Zentrale. Die Männer und Frauen wechselten verstohlene Blicke. Aus der Funkzentrale hörte man Glenn Morris’ Stimme: »POINT OF an KS 333, bitte melden Sie sich…!«
»Was sagen Ihre Instrumente, Tino? Geben Sie mir einen Bericht!« Dharks heisere, tonlose Stimme und seine versteinerte Miene sprachen Bände. Der Commander war wütend. So hatte er sich die Befreiung aus dem Traktorstrahl nicht vorgestellt.
»Zwischen den Trümmern der Röhren peile ich unzählige Bioimpulse an«, meldete Grappa aus der Ortungszentrale. »Hunderttausende oder viele Millionen – schwer zu sagen. Der Checkmaster zählt noch. Die Einschläge der planetennahen Röhrentrümmer zerstören viele Städte und reißen Löcher in den Planetenmantel, die wir uns nicht vorstellen können. Exakte Daten habe ich noch nicht. Die Staubwolken sprechen aber für sich. Auf beiden bisher betroffenen Planeten peile ich Vulkanausbrüche an. Auf D3 sind Dutzende Atomkraftwerke explodiert, auf D2 brennen ausgedehnte Industriekomplexe. Aus der astronomischen Abteilung kommen Meßdaten von D3, die sich als gewaltige Flutwellen interpretieren lassen. Die Küsten einiger Kontinente stehen demnach bereits unter Wasser.«
»Auf D2 und D1 wird es bald ähnlich aussehen, wenn die mächtigen Röhrentrümmer aus so großer Höhe in die Ozeane einschlagen!« rief Chris Shanton. »Stellt euch nur mal die pure Materialmasse vor, die auf die Planeten niederprasselt. Die Röhren sind fünfzig Meter dick und ragen Hunderte von Kilometern in die Stratosphäre hinein…!«
»Auf D1 stürzen die Röhren nun ebenfalls auf beiden Seiten des Planeten in die Atmosphäre!« meldete Grappa. »Der gelbe Ringraumer nimmt Kurs auf D3!«
»Haben Sie endlich eine Verbindung, Glenn?« rief Dhark.
»KS 333 meldet sich nicht!« kam es aus der Funkzentrale.
»Versuchen Sie es weiter!« Ren Dhark schlug mit der Faust auf die Armlehne seines Kommandosessels. »Warum reagieren die nicht?!«
»Sollen wir näher an den Raumer heranfliegen und auf Parallelkurs gehen?« fragte Falluta.
»Lieber nicht.« Dhark schüttelte unwillig den Kopf. »Ich will mit der POINT OF auf keinen Fall in den Einflußbereich der Waffe geraten, mit der sie Hawker und Trudeau in den Mondstaub gezwungen haben.« Die beiden Kadetten wandten sich halb um, als sie ihre Namen hörten. Scheu und schuldbewußt äugten sie zu ihrem Kommandanten hinauf.
»Morris an Commander! Keine Reaktion! KS 333 antwortet nicht auf unsere Funksprüche!«
»Jetzt, wo wir sie aus der Quantenfalle befreit haben, scheinen die Krieger des Geheimen Imperiums keinen Wert mehr auf die Kommunikation mit uns zu legen«, sagte Chris Shanton sarkastisch.
»Commander an Funk-Z, geben Sie es auf.« Dhark beugte sich vor, verschaffte sich erst einen Überblick über seine Kontrollinstrumente, stützte dann das Kinn auf die Faust und beobachtete die Bildkugel. Der gelbe Ringraumer näherte sich rasch dem Planeten D3. »Warum meldet er sich nicht?« Dhark dachte laut. »Warum hat er es so eilig?«
»Der Checkmaster hat gerade die Berechnungen für den Kurs des Röhrenstücks zwischen D3 und D2 beendet. Die Röhre ist 92 379 Kilometer lang und wird in drei Tagen mit einem Ende auf D2 aufschlagen. Mit verheerenden Folgen…!«
»Ich will sie nicht wissen!« Der Commander hob abwehrend beide Hände. »Wohin zum Teufel fliegt diese gelbe Höllenmaschine?!«
»Meine Instrumente behaupten, daß KS 333 den Glandarenkontinent anfliegt!« meldete Grappa.
»Sie wollen ihn vernichten«, sagte Falluta heiser.
»Das müssen wir verhindern!« Dhark sprang auf. »Wir gehen auf Abfangkurs!« Er beugte sich über die Rillen des Bordsprech. »Commander an alle, höchste Alarmbereitschaft!«
*
»… ich wiederhole: Höchste Alarmbereitschaft! Sämtliche Freischichten kehren auf Station zurück! Der gelbe Ringraumer scheint einen Angriff gegen den Kontinent der Glandaren zu planen…!«
Spence Claus Bentheim lehnte sich in seinem Arbeitssessel zurück und runzelte die Stirn.
Die Astronomen Jerome Sheffield und Jens Lionel richteten sich von den Anzeigen ihrer Meßinstrumente auf, über die sie sich gebeugt hatten.
Sämtliche Mitarbeiter, die zu diesem Zeitpunkt in der Astronomischen Abteilung der POINT OF Dienst hatten, lauschten der Stimme ihres Kommandanten.
»… ein solcher Angriff käme einem vorsätzlichen Massenmord gleich. Deswegen versuchen wir ihn zu verhindern und gehen auf Abfangkurs! Ich wiederhole…!«
»Es wird ernst«, sagte Sheffield.
»Noch ernster?« Lionel setzte ein wehmütiges Lächeln auf. »Ich dachte, mit der Neutralisierung des Traktorstrahls hätten wir den Zenit des Ernstes vorläufig überschritten.«
Bentheim stand auf. »Vor Überraschungen ist man in diesem Schiff nie sicher.« Der Astrophysiker ging zur kleinen Bildkugel der Abteilung. »Wir verkürzen vorübergehend die Zeitabstände sämtlicher Messungen«, befahl der Abteilungschef. »Die Taktfrequenz aller Routinemessungen wird während der erhöhten Alarmbereitschaft verdoppelt.«
Er wandte sich an Ken Wask. »Sie und Ihre Leute behalten bitte vor allem das Planetendreieck und den Mond im Auge. Ich fürchte, die Zerstörung des Transportröhrensystems wird die Koordination der Umlaufbahnen empfindlich stören.«
»Das ist sehr wahrscheinlich«, sagte Wask. Er schnitt eine unglückliche Miene. »Und es könnte sogar Auswirkungen auf das gesamte Sonnensystem haben.« Der Astronom und Astrophysiker wandte sich seinen Instrumenten zu. Sofort begannen seine Finger über die Tastaturen zu fliegen.
Claus Bentheim betrachtete das Hologramm. Es zeigte das System des Blauen Riesen aus der Perspektive der POINT OF. Im Zwanzigsekundentakt rechnete der Checkmaster sämtliche von der Ortung, von ihm selbst oder von der Astronomischen Abteilung erhobenen und astronomisch relevanten Daten in die dreidimensionale Darstellung ein.
»Der Glandarenkontinent also…« sagte er nachdenklich. »Wollen die geheimen Imperialen dieses Paradies also tatsächlich in eine Feuerhölle verwandeln.« Er schüttelte sich. »Abscheulicher Gedanke!«
»Wahrscheinlich halten die Raumfahrer des Geheimen Imperiums die Glandaren von D3 für die Drahtzieher dieses ganzen diktatorischen Systems«, vermutete Sheffield.
»Möglich.« Nachdenklich betrachtete Bentheim das Hologramm. »Gut möglich, ja.« Er schabte sich das Kinn. »Das wäre aber dennoch kein Grund, einen ganzen Kontinent abzufackeln, oder?« Die farblich gekennzeichneten Lichtpunkte in der Bildkugel fesselten seine Aufmerksamkeit. 37 insgesamt, sämtliche Planeten des Blauen Riesen. Schon das war auffällig. Müßten nicht wenigstens einige Planeten hinter dem Zentralgestirn und von ihm verdeckt ihre Bahnen ziehen? Aber es war bei weitem nicht die einzige Auffälligkeit, die Bentheim stutzig machte.
»Natürlich ist das kein Grund für ein Massaker«, stimmte Sheffield seinem Chef zu. »Jedenfalls nicht für einen halbwegs zivilisierten Menschen. Doch was wissen wir schon über die Mentalität der Fremden im Gelbraumer? Nach den spärlichen Informationen, die wir über das Geheime Imperium besitzen, pflegt man dort einen eher rüden Stil. Und bitte bedenken Sie, Spence: Die Besatzung des gelben Ringraumers saß jahrelang auf dem Mond fest.«
»Das alles ist gut möglich«, sagte Bentheim geistesabwesend. »Unmöglich dagegen scheint mir, daß ein Planet seine Umlaufbahn verläßt, um kurz darauf auf sie zurückzukehren. Oder lassen die kosmologischen Gesetze des bekannten Universums ein derartiges Phänomen zu?« Er drehte sich nach seinen Leuten um. »Was meinen Sie, meine Herren?«
Der Haupteingang öffnete sich. Mitarbeiter, die wegen der erhöhten Alarmbereitschaft aus der Freischicht zurückkehrten, nahmen ihre Plätze ein.
»Wovon reden Sie, Spence?« Lionel sah seinen Chef zweifelnd an. »Planeten, die ihre Bahn verlassen? Ich verstehe nicht…«
»Sie haben recht!« Sheffield saß plötzlich kerzengerade auf der Kante seines Arbeitssessels. »Der dreiunddreißigste und der vierunddreißigste Planet! Es ist ein regelrechter Schlingerkurs, den sie nehmen! Das gibt es doch überhaupt nicht!«
»Der einunddreißigste und der siebenundzwanzigste auch!« sagte Bentheim. Die Gelassenheit, um die der Chefastronom sich bemühte, bröckelte allmählich. »Überprüfen Sie unsere Instrumente, meine Damen und Herren! Selbsttest für sämtliche Instrumente durchführen, und zwar sofort!«
Die Bildkugel erlosch für den Bruchteil einer Sekunde, baute sich jedoch augenblicklich wieder auf und lieferte dasselbe klare Bild wie zuvor.
»Unsere Meßinstrumente stimmen«, sagte Lionel. »Sämtliche Teleskope liefern exakte Daten! Die Planeten schlingern tatsächlich! Vierunddreißig und Siebenunddreißig tanzen regelrecht!« Geraune und Gemurmel erhob sich plötzlich, die gesamte Abteilung geriet in Aufruhr.
»Ruhe!« gebot Spence Claus Bentheim. Nervös fuhr er sich über die schweißnasse Stirn. Sein Blick flog zwischen dem Hologramm und den Digitalanzeigen der Instrumentenkonsole darunter hin und her.
»Schaut euch Nummer zwölf an!« rief Sheffield plötzlich. »Seine Albedo nimmt schlagartig ab!«
»Tatsächlich!« Bentheim lief vor der Bildkugel hin und her, um seiner Erregung Herr zu werden. Keinen Moment jedoch ließ er sie aus dem Blick. »Er sieht aus, als wollte er durchsichtig werden…!« Er lief zu seinem Arbeitsplatz, ließ sich in seinen Sessel fallen und aktivierte den Bordsprech. »Bentheim an Kommandozentrale…!«
»Alarm!« schrie Ken Wask auf einmal. »Da tut sich was auf D3!« Wie immer, wenn er hypernervös wurde – und das wurde der Wissenschaftler oft – drohte seine Stimme sich zu überschlagen. »Ich kann es nicht einordnen! Sieht aus wie eine Energieblase!« Wieder erhob sich Stimmengewirr.
»Ruhe!« forderte Bentheim. »Astronomische Abteilung an Kommandozentrale!« Bentheim beugte sich über die Sprechrillen. »Wir haben hier ein paar Absonderlichkeiten, Commander! Können Sie mich hören?«
*
»Wir haben hier mindestens fünf Planeten im Visier unserer Teleskope, die ihre Bahn nicht mehr einhalten!«
»Was sagen Sie da, Doktor?!« Ren Dhark sprang aus seinem Kommandosessel hoch. »Täuschen Sie sich auch nicht?!«
»Wir haben sämtliche Instrumente einem Selbsttest unterzogen«, antwortete Bentheims Stimme aus dem Bordsprech. »Es besteht kein Zweifel an den Daten! Manche Planeten oszillieren regelrecht um ihre reguläre Bahn, wenn man das von Festkörpern so sagen kann. Die Ortungszentrale müßte die Befunde eigentlich bestätigen können!«
Dhark sah hinüber zur Ortungszentrale. Tino Grappa, Dencil Yell und ihre Leute beugten sich dort über ihre Instrumente. Sie schienen fieberhaft zu arbeiten.
Yell hob die Rechte, was wohl bedeuten sollte, daß sie in Kürze Bericht erstatten würden.
»Das ist noch nicht alles, Sir«, sagte Bentheim. »Sämtliche Planeten befinden sich zur Zeit vor oder neben dem Blauen Riesen, also im Blickfeld unserer Teleskope, keinen einzigen bedeckt das Zentralgestirn. Das ist doch seltsam, oder? Und dann haben wir hier Planeten im Fokus, die verändern ihre Albedo. Die scheinen plötzlich Licht zu verschlucken oder einfach durchzulassen…!«
»Durch was?!« fiel Ren Dhark ihm scharf ins Wort.
»Durch sich selbst, durch ihre Masse.«
Das war eine geradezu ungeheuerliche Behauptung. Doch der Commander kannte seinen Chefastronomen als seriösen Wissenschaftler und ernsthaften Menschen. Bentheim stellte niemals Behauptungen auf, die er nicht zuvor gründlich überprüft hatte.
»Und selbst das ist noch nicht alles«, fuhr Bentheim fort. »Auf der Oberfläche von D3 haben wir ein unbekanntes Phänomen erfaßt, daß ich vorläufig und mit aller gebotenen Zurückhaltung als Energieblase bezeichnen würde.«
»Wo?«
»Auf dem Glandarenkontinent!«
»Schicken Sie uns sämtliche Daten«, sagte der Commander. »Und behalten Sie die Veränderungen im Auge!« Er wandte sich an die Ortungsabteilung. »Hat der gelbe Ringraumer das Feuer auf den Glandarenkontinent eröffnet?«
»Unsere Instrumente haben nichts dergleichen angepeilt!« rief Grappa. »Doch wir können alle Befunde der Astronomischen Abteilungen bestätigen!«
»Woher dann diese Energieblase?«
»Tut mir leid, Ren!« Grappa hob bedauernd die Hände. »Wir haben bislang keine Erklärung dafür!«
Sekunden später hatte der Checkmaster die Daten in die Bildkugel hineingerechnet. Jeder in der Zentrale konnte nun mit eigenen Augen bestätigt sehen, was der Chefastronom berichtet hatte.
»Unglaublich!« entfuhr es Shanton. »Die Planeten schlingern tatsächlich. So etwas habe ich noch nie erlebt!« Er wandte sich an Artus. »Hast du eine Erklärung dafür?«
»Nein«, schnarrte der Roboter.
»Das widerspricht allen Gesetzmäßigkeiten des Kosmos!« Erschrocken beobachtete auch Steve Hawker die farblich markierten Planeten im Hologramm.
»Sie bewegen sich wie im Vollrausch«, flüsterte Trudeau, und er meinte das bitterernst.
»Checkmaster!« rief Ren Dhark. »Sag was dazu!«
»Lassen Sie mir Zeit, Commander! Ich rechne noch!«
»Kann das denn wahr sein?« Ren Dhark verließ den Kommandostand und lief zur Ortungsabteilung. »Im ganzen Sonnensystem geschehen die unglaublichsten Dinge, und wir haben keine Erklärung dafür?! Die äußeren Planeten scheinen auf ihren Bahnen hin- und herzuhüpfen, und nicht einmal der Checkmaster kennt den Grund?«
»Der Ringraumer des Geheimen Imperiums rast mit unverminderter Geschwindigkeit auf D3 zu«, meldete der Erste Offizier.
»Verstanden! Wir bleiben auf Abfangkurs!« Der Commander beugte sich zwischen Grappa und Yell über die Schalttafeln. »Was ist da los auf D3?«
»Eine seltsame Geschichte«, murmelte Tino Grappa. Er schien verunsichert. »Da entsteht tatsächlich so etwas wie eine Energieblase auf dem Kontinent der Glandaren! Dabei hat KS 333 nicht einen Schuß abgegeben!«
»Was für eine Art von Energie soll das sein?« Dhark runzelte die Stirn und betrachtete die Darstellung auf dem Hauptortungsschirm.
Tatsächlich breitete sich ein merkwürdig pulsierendes Energiegebilde auf dem ehemals paradiesischen Kontinent der Glandaren aus. »Wie groß ist das Gebilde?« wollte der Commander wissen.
»Fast zweitausendfünfhundert Meter hoch«, sagte Yell. »Und es breitet sich mit einer Geschwindigkeit von vierhundert Kilometer pro Stunde aus.«
»Über bewohntem Gebiet?« fragte Dhark.
»Ja, leider«, bestätigte Grappa. »Was genau sich aber darunter abspielt, verraten weder unsere Instrumente noch die der Astronomischen Abteilung. Die Energieblase läßt kaum Licht durch. Man kann den Boden darunter nicht mehr richtig sehen!«
»Die Energieblase wabert«, sagte Chris Shanton, der sich inzwischen auch in der Ortungsabteilung eingefunden hatte. »Seltsame Strahlung, sie nimmt zu. Sieht aus, als habe sich unter dem wabernden Energiefeld die Planetenkruste geöffnet.«
»Wie tief?« wollte Ren Dhark wissen.
»Unendlich tief«, sagte Tino Grappa heiser. »Möglicherweise bis hinab zum Planetenkern.«
»Was sagen Sie da?« Ren Dhark runzelte ungläubig die Stirn. »Tritt denn Magma aus?« fragte er.
Grappa bediente ein paar Meßinstrumente, die Darstellung im Hauptortungsschirm änderte sich. »Ich peile keine Hitzeentwicklung andersartiger Energiequellen an. Magma scheint also nicht auszutreten. Doch ich möchte nicht ausschließen, daß die wabernden Energiemassen alle anderen energetischen Muster darunter überlagern.«
»Sollen wir eine Drohne hinunterschicken?« fragte Falluta. »Oder einen Flash?«
»Nein.« Ren Dhark lief zurück zum Kommandostand. »Wir warten noch ab. Was macht der gelbe Ringraumer?«
»Bentheim an Kommandozentrale!« tönte es plötzlich aus dem Bordsprech. »Das Planetendreieck gerät aus der Balance!«
*
Der Commander ließ sich in seinen Sessel fallen. Fassungslos starrte er auf die Kontrollschirme. Und keine zwei Sekunden später meldete auch die Ortungsabteilung eine kosmische Katastrophe: »Nicht nur das Planetendreieck, das gesamte Sonnensystem gerät aus den Fugen!« rief Grappa.
»Allmächtiger!« stöhnte Chris Shanton.
Nach und nach bestätigte die Ortungsabteilung sämtliche Meldungen der Astronomen: Alle Planeten des Sonnensystems verließen allmählich ihre Umlaufbahnen.
»Bentheim an Zentrale!« Wieder meldete sich der Chefastronom über Bordsprech. »Der Checkmaster rechnet im Zehnsekundentakt die neuen Umlaufbahnen durch. Die Hochrechnungen sind alarmierend. Es klingt verrückt, aber…« Er unterbrach sich.
»Reden Sie!« drängte Dhark. »So sprechen Sie es doch aus!«
»Im Moment sieht es so aus, als hätten sämtliche Planeten sich auf der Umlaufbahn von D3 verabredet!«
»Bitte?!« Der Commander traute seinen Ohren nicht. »Sie nehmen Kurs auf D3?!«
»Es klingt verrückt, ich weiß!« Fast entschuldigend klang Bentheims Stimme. »Aber die Berechnungen des Bordhirns lassen keinen anderen Schluß zu.«
»Und wie viele Jahre wird es dauern, bis der erste Planet D3 erreicht?«
»Bis der äußerste Planet die Lebenszone erreicht, vergehen sicher ein paar Jahrzehnte«, sagte Bentheims Stimme aus dem Bordsprech. »Vorausgesetzt, seine Geschwindigkeit bleibt konstant. Ich lasse es durchrechnen.«
»Ich weiß nicht, wie lange der äußerste Planet bis hierher brauchen wird«, meldete sich Grappa. »Den ersten Zusammenstoß jedoch werden wir bereits in spätestens zehn Minuten erleben.«
Er hatte recht. Die Bestätigung dieser schwindelerregenden Behauptung fand Ren Dhark auf seinen Kontrollschirmen: Auch die Planeten D1 und D2 nahmen Kurs auf D3, und der Mond Z beschleunigte stark. Er würde als erster Himmelskörper mit D3 kollidieren.
Seufzend sank Dhark gegen die Sessellehne. Konnte er noch etwas tun? War hier noch etwas zu retten? Für einen Moment schloß er die Augen. Er spürte, wie alle Hoffnung ihn verließ.
»Checkmaster an Commander«, schnarrte eine freundliche monotone Stimme. »Der Mond Z wird in acht Minuten und fünfzig Sekunden mit dem Planeten D3 kollidieren. Ich empfehle sofortigen Kurswechsel!«
Drückende Stille breitete sich in der Kommandozentrale aus. Ren Dhark öffnete die Augen. »Was macht KS 333?«
»Hält Kurs auf den Glandarenkontinent«, antwortete Grappa. »In hundertzehn Sekunden wird der Raumer in die Atmosphäre von D3 eindringen.«
Der Commander blickte in die Bildkugel. Der gelbe Ringraumer war hinter dem Horizont der Planetenkugel verschwunden. Die sich ständig verringernde Distanz zwischen dem Mond Z und seinem Planeten D3 war jetzt schon mit bloßem Auge zu erkennen.
»Checkmaster an Commander«, schnarrte wieder die völlig entspannte Stimme des Bordrechners. »Der Mond wird in acht Minuten und zehn Sekunden mit dem Planeten D3 kollidieren. Die zu erwartenden Gravitationskräfte sind im Moment noch nicht exakt zu kalkulieren. Ich empfehle daher dringend den sofortigen Wechsel auf einen Kurs, der vertikal aus der Systemebene herausführt!«
Wie ein großer brennender Schmerz bohrte sich der Gedanke an die rund eine Milliarde Bewohner des Dreieckssystems durch Dharks Brust. Sie waren alle verloren. Ob der gelbe Ringraumer den Glandarenkontinent nun angriff oder nicht – sie würden so oder so sterben, alle. Eine Milliarde intelligenter Lebewesen war zum Tode verurteilt, und niemand konnte das Verhängnis mehr aufhalten.
Tiefe Resignation machte sich in Dhark breit. Seine Glieder wurden bleischwer. »Kurswechsel«, sagte er. »Commander an Checkmaster, ich übernehme.«
Dhark stemmte sich aus dem Sessel. Eisige Kälte breitete sich in seinem Schädel aus. Er war verantwortlich für seine Leute, für sein Schiff und nicht zuletzt auch für sein eigenes Leben. All das für die Rettung von Lebewesen aufs Spiel zu setzen, die keine Chance mehr hatten, wäre nichts als ein sinnloses Opfer gewesen.
Er mußte eine schwere Entscheidung treffen, und er traf eine schwere Entscheidung.
»Commander an alle – wir geben den Abfangkurs auf. In weniger als acht Minuten wird der Mond mit D3 zusammenstoßen. Die drei Planeten sind verloren. Wir können hier nichts mehr gewinnen. Wir würden nicht ein einziges denkendes Wesen retten, ohne den Verlust des gesamten Schiffes zu riskieren. Ich fliege die POINT OF auf einem Vertikalkurs aus diesem Sonnensystem heraus.«
Er unterbrach die Bordsprechverbindung und manövrierte sein Schiff mit Gedankensteuerung senkrecht nach oben. Der Mond Z, D3, die anderen beiden Planeten des Dreiecks, die Toten, die Trümmer, die verbindungslosen Teile des kosmischen Tunnels – das ganze Inferno fiel unter dem terranischen Ringraumer zurück. So jedenfalls erschien es in der Darstellung der zentralen Bildkugel.
Kaum jemand in der Kommandozentrale sprach noch etwas, jeder konzentrierte sich auf seine Arbeit. Die Erleichterung war mit Händen zu greifen.
»Ein Funkspruch!« rief Glenn Morris plötzlich in die Stille hinein. »Der gelbe Ringraumer funkt uns an!«
2.
»KS 333 an den Kommandanten Ren Dhark und die POINT OF«, schnarrte die Roboterstimme. Alle in der Zentrale lauschten gebannt. »Wir verlassen nun dieses System.«
Die Männer an der Bildkugel runzelten die Stirn. Sie und ihr Commander fixierten den Planeten D3, der in ihr nur noch als münzgroße Kugel zu erkennen war. Der gelbe Ringraumer war erst vor wenigen Sekunden in die Atmosphäre des Planeten eingetaucht. Jeder wußte das.
»Dhark an KS 333 – Sie verlassen das System?« Der Commander überflog die Daten der Ortungsabteilung auf seinen Kontrollschirmen. »Wenn ich meinen Instrumenten trauen will – und die haben mich noch nie enttäuscht – umkreisen sie gerade den Planeten, den wir D3 nennen und der in knapp sechs Minuten von seinem Mond gerammt werden wird. Sie umkreisen D3 innerhalb seiner Atmosphäre – wie können Sie dann davon sprechen, das Sonnensystem zu verlassen?«
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