Return - Magurno Nadine - E-Book

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Magurno Nadine

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Beschreibung

In Utah erwartet mich die Hölle und in Colorado gerate ich in ein Spiel, das mich an meine Grenzen treiben wird. Aber genau das scheint mein selbstzerstörerisches Ich zu wollen. Ich will, dass sie mich auseinandernehmen und ich will, dass er mich wieder zusammensetzt. Nach jahrelanger Abwesenheit kehrt Annette Clifford in ihre alte Heimatstadt zurück. Doch nicht nur die Feinde der Gegenwart, auch die Geister der Vergangenheit holen sie hier ein. Drei Männer, drei Möglichkeiten, um zu zerbrechen und doch schafft es nur einer, sich bis in ihr Innerstes vorzukämpfen. Was, wenn dieser jemand für die Narben auf ihrer Seele verantwortlich ist? Wie weit wird Annette gehen, um die Wunden heilen zu lassen? "Was wirst du tun Sunshine? Bietest du uns die Stirn oder wars das jetzt? Wie weit Baby? Wie weit lässt du dich treiben? Bist du immer noch die graue Maus von früher? Oder lässt du deine Drohung von Sturm und Gewitter über uns hineinbrechen?"

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Seitenzahl: 429

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Für alle, die ihre verlorene Liebe wiedergefunden haben

Liebe Leser/innen

Dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte. Deshalb lasse ich euch hier eine Warnung zukommen.

In dieser Geschichte wird es Szenen geben, die folgende Trigger- Möglichkeiten beinhalten:

Gewalt und Tod

Explizite Szenen

Direkte Sprache

Ich wünsche viel Spass beim Leseerlebnis.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Riverside, Utah

Denver, Colorado

2 Wochen später

Epilog

Prolog

Riverside, Utah

«Okay, warte…ähm…» Meine beste Freundin Lou, tippt sich mit dem Finger gegen das Kinn und verzieht dabei ihren Mund zu einer undefinierbaren Schnute. Ihr Lipgloss glänzt im Schein der Lampen über uns und lässt ihren Mund noch viel voller wirken, als er ohnehin schon ist. Ihre blonden Haare hat sie zu einem unordentlichen Dutt nach oben gedreht und die Brille, die sie normalerweise nur bei der Arbeit trägt, hängt schief auf ihrer Stupsnase. Sie sieht süss aus und ich muss grinsen.

Lou und ich haben uns auf dem College in Utah kennenglernt. Wir haben beide Kunst studiert und verstanden uns vom ersten Augenblick an. Beide haben wir unseren Abschluss mit Auszeichnung geschafft. Lou arbeitet heute als gefragte Fotografin und ich versuche mich seit einer Weile vergebens als Buchautorin. Zwar arbeite ich bei einer Lokalzeitung hier in der Stadt und kann auch regelmässig Artikel veröffentlichen, aber je länger ich dort arbeite, desto mehr wird mir bewusst, dass es mich einfach nicht erfüllt. Ich will mehr. Schon als Kind steckte meine Nase regelmässig in irgendwelchen Büchern und ich habe alles Lesbare aufgesaugt, was ich zwischen die Finger kriegen konnte. Die Vorstellung von einem eigenen Roman kam dementsprechend auch kurz darauf. Immer wieder kam etwas dazwischen und ich habe die Idee beiseitegelegt. Aber jetzt hat mich das Schreibfieber wieder gepackt und ich investiere jede freie Minute in meine Geschichte. Lou macht sich derweilen Gedanken über ein mögliches Pseudonym und ich muss immer wieder lachend den Kopf schütteln. Zuerst waren ihre Vorschläge noch ziemlich harmlos. Annette Cliff. Anne Cliffo oder Annabelle Cliffindor sind nur eine kleine Auswahl der blühenden Fantasie meiner besten Freundin. Aber je mehr Koffein dieser kleine Wirbelwind intus hat, desto mehr artet es aus.

«Jetzt hab ich‘s!», schreit sie förmlich und schmeisst dabei fast ihre Tasse vom Tisch. Wir sitzen seit ungefähr drei Stunden in unserem Stammcafé und nehmen mein Projekt auseinander. Die Leute um uns schütteln genervt die Köpfe. Lou kann für ihre Körpergrösse von knappen 1.65cm ziemlich laut sein und ich versuche sie mit diversen Handbewegungen zu beruhigen.

«Schtt Lou. Du sorgst noch dafür, dass wir Hausverbot bekommen.» Sie sieht sich im Raum um und schiebt ihre Brille mit dem Finger nach oben. «Die sollen sich alle mal wieder schön beruhigen. Du wirst bald zu einer bekannten Bestseller-Autorin. Und das Buch wird sich so gut verkaufen, dass du dir dieses Café kaufen wirst.» Ihren Vorstellungen in allen Ehren, aber manchmal ist sie schon ein bisschen verrückt. Ich gönne mir einen Schluck von meinem Latte Caramel Macchiatto und grinse mir einen ab.

Als sich Lou sicher ist, dass sie nicht wieder unterbrochen wird, faltet sie die Hände auf dem Tisch und beugt sich nach vorne. «Wie wäre es mit Ann Cliff? Kurz und bündig. Den Namen kann man sich merken, ohne jedes Mal zu Googlen.» Ich lasse mir ihren Vorschlag durch den Kopf gehen und muss zugeben, dass er sich nicht schlecht anhört. Ann Cliff. Schriftstellerin und neue Bestellerin. Ein Traum würde sich erfüllen. «Weisst du was?», auch meine Hände liegen jetzt auf der Tischplatte und ich beuge mich zu ihr rüber. Erwartungsvoll starrt sie mich an und als sich meine Mundwinkel nach oben ziehen, macht es mir ihr Mund gleich. «Den nehmen wir.», bestimme ich und Lou fängt an zu kreischen. «Ja! Oh mein Gott!» Sie klatscht aufgeregt in die Hände und hüpft auf dem Stuhl auf und ab. Sie sieht wie ein Yo-Yo auf Drogen aus. Immer wieder hören wir leises Fluchen von den Gästen und es wird mir langsam aber sicher unangenehm. «Also, jetzt haben wird das fix. Können wir mal das Thema wechseln?», frage ich Lou und hoffe, dass sie meinen Wink versteht. Etwas genervt rollt sie mit den Augen und gibt sich dann doch geschlagen. «Na schön. Ann Cliff ist abgespeichert. Das nächste Mal machen wir uns ans Cover. Ich habe da schon ein paar Ideen, die ich dir gerne zeigen möchte.» Sie zwinkert und schlürft den Rest ihres Schoko-Vanille-Cappuccinos durch den pinken Strohhalm in den Mund und verzieht genüsslich das Gesicht. «Gott, diese Dinger sind wie ein verdammter Orgasmus im Mund. Ich könnte mich nur noch davon ernähren.» Ich muss ihr recht geben, denn egal wie ekelhaft manche Kombis in diesem Café klingen mögen, sie schmecken wie der verfluchte Himmel.

Mein Handy zeigt eine eingehende Nachricht an und ich überschaue kurz den Text. «Ach Mist.», mache ich und stöhne auf. «Roger will, dass ich für morgen Abend noch einen Artikel über die neue Baustelle beim Schulhaus schreibe.» Roger Hofmann ist mein Chef bei der Riverside Daily News. Nach meinem Collegeabschluss habe ich den Job als Onlineautorin ergattert und schreibe seitdem regelmässig Texte zu den aktuellen Ereignissen unserer Stadt. Und jedes einzelne Mal drückt mir Roger solche Sachen rein. Es ist Freitagabend und von der Baugesellschaft und der Schule wird sicher vor Montagmorgen niemand für einen aktuellen Bericht erreichbar sein. Diese miese Kröte. Das macht er sicher wieder mit Absicht. Ich glaube er sucht schon lange nach einem Grund, um mich loszuwerden. Aber da ich nun mal hervorragende Arbeit leiste und sehr zuverlässig bin, findet er einfach nichts, dass er mir anlasten kann. Wenn man mich fragt, dann könnte ich als Grund nur seinen verletzten Stolz nennen. Bei der Weihnachtsfeier vor einem Jahr war er stockbesoffen und hat tatsächlich versucht mich anzumachen. Er hat mir eindeutige Avancen gemacht und wollte mich sogar mit zu sich nach Hause nehmen. Fuck nein! Ich glaube, die Abfuhr ist ihm sauer aufgestossen und seither versucht er mich aus der Redaktion zu treiben. Wie ich schon gesagt habe, er ist eine miese Kröte.

«Er weiss aber schon, dass Freitagabend ist, oder?», fragt Lou in meine Gedanken hinein. Sie weiss über Roger Bescheid und ist derselben Meinung wie ich. Ich schreibe ihm zurück, denn ich weiss, wenn ich den Job nicht annehme, dann hat er einen Grund gefunden, um mir zu kündigen. Manchmal hasse ich mein Leben. «Das ist ihm scheissegal. Er wird seinen blöden Artikel bekommen und er wird gut sein.» Ich bin keine Frau, die einfach ihren nicht vorhanden Schwanz einzieht und davonläuft, nein, ich stelle mich jeder Herausforderung, auch wenn diese auf den ersten Blick völlig aussichtslos erscheint. Dieser Artikel ist kein Problem. Das packe ich mit Links. Lou nickt mit dem Kopf und sieht mir fest in die Augen. «Von dir habe ich auch nichts anderes erwartet, aber Roger sollte endlich mal darüber hinwegkommen, dass er bei dir nicht landen konnte. Er ist so ein armseliges Würstchen echt.» Sie sieht auf die Uhr und holt ihr Portemonnaie heraus. «Ich muss leider gleich los. Auf mich wartet ein neues Model.» Eine nächtliche Fotosession wartet auf Lou und sie ist seit Wochen so sehr aufgeregt, dass sie mir tagtäglich damit auf die Nerven geht, was sie sich alles vorstellt und wie hübsch das Model ist und so weiter und so weiter. Wie gesagt, ich liebe meine beste Freundin, aber manchmal brauche auch ich ein kleines Time out. Dass ich interveniere und ihr das Portemonnaie aus der Hand schlagen will, ignoriert sie einfach und legt zur Rechnung noch ein grosszügiges Trinkgeld dazu. «Ruf mich an, wenn du was brauchst.

Oder ich einfach mit einer Flasche Tequila vorbeikommen soll.» Lou zwinkert und als wir uns erheben und uns fest umarmen, inhaliere ich ihren süssen Duft und fühle mich auf der Stelle pudelwohl. Das macht sie immer mit mir. Wenn ich nervös oder genervt bin, dann muss sie mich nur in die Arme nehmen und ich komme auf der Stelle wieder runter. Im Film Ted hat Mark Wahlberg seinen Donnerbuddy gefunden. Und genau das ist Lou auch für mich, mein Donnerbuddy.

Wir lösen uns voneinander und ich verspreche ihr, dass ich mich am Wochenende nochmal bei ihr melden werde. Wieder schiebt sie sich die Brille höher auf die Nase und rauscht dann davon. Genau wie der Wirbelwind, der sie ist. Etwas frustriert darüber, wie das Wochenende laufen wird, lasse ich mich wieder auf den Stuhl plumpsen und schaue mich im Café um. Wir waren so lange hier, dass die Laternen bereits die dunklen Strassen erhellen und der Verkehr in den letzten dreissig Minuten deutlich abgenommen hat. Die Leute haben ihr Ziel für den Abend erreicht. Sie sitzen zu Hause bei ihren Familien oder treffen sich mit ihrem Freund oder Freundin oder machen die Nacht zum Tag und tanzen sich in irgendeiner Disco die Füsse wund. Manchmal beneide ich sie. Alle, die ein sorgloses Leben und Familie besitzen. Wie gerne hätte ich das auch wieder. Lange ist es her, als ich keine Sorgen hatte. Als ich noch nicht jeden Cent umdrehen musste und mir einfach das gekauft habe, was ich wollte oder ich mit einem Lächeln an meinen Alltag zurückdachte. Während der Collegezeit habe ich wohl meinen Höhepunkt erreicht, denn egal wie deprimierend das jetzt klingen mag, aber danach ging alles stetig bergab. Manchmal wünsche ich mir, dass ich die Zeit zurückdrehen und einen anderen Weg eingeschlagen könnte. Aber naja, könnte, hätte, das sind alles Worte, die momentan keinen Platz in meinem Kopf haben. Ich bin eine Macherin und auch wenn ich mir das immer wieder einreden muss, dann ist es nun mal so. Ich bin 28 Jahre alt, habe einen Job, den ich mehr oder weniger mag, eine Wohnung, die zwar klein ist, aber die mir alles bietet, was ich mir vorstellen kann. Und ich habe einen Freund. Ich glaube mehr kann man sich nicht wünschen, oder? Ach ja, ich bin gesund. Gesundheit ist doch das Wichtigste, oder? Gott, es hört sich tatsächlich so scheisse an, wie es auch ist.

Mein Handy klingelt und ich weiss auch schon, wer es ist. Er mag es nicht, wenn ich zu lange weg bin. «Hey Trev.», nehme ich den Anruf entgegen und sammle meine Tasche und meinen Mantel zusammen. Es ist zwar nicht allzu kalt draussen, aber ich werde immer sehr schnell krank. Deshalb will ich kein Risiko eingehen. «Wo bist du?», kommt seine harsche Antwort und ich rolle genervt mit den Augen. Kein Hallo oder wie geht’s dir. Nein, er muss immer erst wissen, wo ich bin und vor allem mit wem. Und wehe ich bin mit einem Mann unterwegs. Trevor ist extrem eifersüchtig. «Ich war im Café mit Lou und mache mich gerade auf den Weg zu meiner Wohnung.» Mit einem Nicken verabschiede ich mir vom Kellner und trete auf die dunkle Strasse. Meine Absätze klappern über den Asphalt. «Lou…mhhh…» Die Abneigung gegenüber meiner besten Freundin kann man deutlich heraushören. Er mochte Lou von Anfang an nicht und ich glaube es beruht auf Gegenseitigkeit. Keine Ahnung, warum er sie nicht mag, aber ich glaube es ist ihre meist eher laute und forsche Art. Lou ist kein Mensch, der auf den Mund gefallen ist und wenn ihr was nicht passt, dann sagt sie es auch mehr als deutlich. Im Gegensatz zu mir. Neben ihr komme ich mir vor wie das graue Mäuschen. Ich komme nicht so sehr aus mir heraus wie sie. «Ich bin in 15 Minuten zu Hause. Möchtest du vorbeikommen?», frage ich ihn und hoffe, dass mein freundlicher Ton seine miese Laune etwas heben mag. Ich laufe um die Hausecke und renne dabei fast eine Frau mit ihrem Hund um. Wir lachen beide und entschuldigen uns für unsere Ungeschicktheit. «Okay, ich fahre gleich los.» Damit hängt Trevor auf und ich werfe das Handy in meine Tasche. Ich puste mir die rotbraunen Stirnfransen aus dem Gesicht und lege einen Zahn zu. Neben seiner Eifersucht hasst es Trevor auch, wenn jemand unpünktlich ist. Und da ich nun mal zeitweise die Aufmerksamkeit einer Eintagsfliege an den Tag lege, passiert es öfter, dass ich mich verspäte. Aber heute nicht. Der Artikel über die Baustelle stresst mich schon mehr als genug, da muss ich mir einen unzufriedenen Freund nicht auch noch antun.

Meine Schritte werden also grösser und trotz der hohen Absätze erreiche ich meine Wohnung noch vor Trevor.

Schnell ziehe ich mir die Schuhe von den Füssen, schmeisse sie in die Garderobe und den Mantel werfe ich gleich hinterher. Wie die gute Fee aus Cinderella rausche ich durch die kleine Wohnung und vernichte jede Unordnung, die sich den ganzen Tag angesammelt hat.

Dreckige Kleider werfe ich in den Wäschekorb in meinem Zimmer, das Geschirr landet in der Spüle und ich lasse schon mal das Wasser laufen. Kurz öffne ich die Fenster, um frische Luft hereinzulassen und als ich die Kissen auf der Couch durchschüttle, klopft es schon an der Tür. Gott, heute ist er aber schnell unterwegs.

Mit den Fingern fahre ich mir durch meine Haare und versuche ein paar Knoten zu lösen. Den schwarzen Pulli und die blauen Skinnyjeans suche ich kurz nach Flecken ab und als ich mit der Inspektion zufrieden bin, atme ich einmal tief durch und öffne die Tür. Sein grimmiger Gesichtsausdruck verspricht mir jedoch einen weniger amüsanten Abend und meine Mundwinkel, die sich gespielt nach oben gezogen haben, wandern ganz schnell wieder nach unten. Ja, mein Leben könnte momentan nicht beschissener sein…

Denver, Colorado

Das Licht ist viel zu grell und die Boxen geben undefinierbare Geräusche von sich. Es hört sich wie eine Katze an, die gerade stirbt. Qualvoll. «Fuck! Tom! Schalt das aus! Das hält doch keine Sau aus!», schreie ich meinem Tontechniker entgegen und hallte mir die Ohren mit beiden Händen zu. Eigentlich wollte ich nur kurz ins Büro und ein paar Sachen holen. Ich habe nicht damit gerechnet, dass mich hier die Apokalypse erwartet. «Sorry Boss.» Tom hat es endlich geschafft die Katze zu zähmen und tritt neben mich als ich die Hände runternehme. «Was ist mit der Anlage los?», frage ich ihn und ziehe meine Kippen hervor. Ich brauche dringend meine Portion Nikotin. Während ich sie mir anzünde, gehen wir durch den Club bis zur Bar. Fran, meine Chefbarkeeperin, ist bereits vor Ort, um alles für den Abend vorzubereiten. Sie hat lange blonde Wellen, einen perfekten Körper und schöne grosse Brüste. Obwohl sie total mein Typ ist, würde ich sie nie anbaggern. Ich mache eine strikte Trennung zwischen Beruf und Privat. Und ich weiss, wie Frauen ticken. Da gibst du ihnen mal deinen Schwanz und sie wollen gleich deinen ganzen Körper oder am liebsten noch deine Seele dazu. Scheisse, nein danke. Auf dieses Drama kann ich in meinem Club getrost verzichten.

Das Kings ist mein Ein und Alles. Mein Baby so zusagen. Hier komme ich zur Ruhe und kann mich gehenlassen. Eine eifersüchtige Ex-Geliebte würde mir da nur im Weg stehen und ich habe keine Lust nach jedem Fick neues Personal einstellen zu müssen. Nein, die Trennung funktioniert optimal. Tom und ich setzen uns auf die Barhocker und Fran schenkt mir einen Bourbon ein, während Tom beim Wasser bleibt. Er tippt auf seinem Tablet herum und ich staune wieder mal nicht schlecht, wie flink er über den Bildschirm fährt. Tom arbeitet seit mehr als sechs Jahren für mich und ist für alles Technische im Club verantwortlich. Er macht einen hervorragenden Job und ich habe seine Einstellung nicht für eine Minute bereut. «Ich muss ein paar Einstellungen vornehmen, aber für heute Abend musst du dir keine Sorgen machen. Es wird alles nach Plan verlaufen.», beteuert er und ich atme erleichtert durch. Ich bin kein Mensch, der sofort jedem einfach blind vertraut. Im Normalfall bin ich immer skeptisch und hinterfrage fast alles. Aber bei Tom bin ich mir sicher, er wird das hinkriegen.

«Danke dir. Heute muss alles perfekt sein.» Mein Freund Mason Davenport ist Leadsänger der bekannten Band Revolution und hat heute Abend einen Auftritt in meinem Club. Nicht nur wegen ihm, sondern auch wegen der Publicity muss heute alles reibungslos ablaufen. Ich habe mehrere Medienvertreter eingeladen und erwarte dementsprechend eine grosse Besucherzahl. Tom verabschiedet sich von uns und geht seinen Verpflichtungen nach. «Der VIP-Bereich ist bereit?», frage ich Fran, die gerade volle Whiskeyflaschen ins Regal einfüllt. «Natürlich. Der Champagner steht im Kühlraum. Der Caterer kommt in einer Stunde und die Sofas und Sitzkissen sind frisch gewaschen.» Ihre Finger drücken sich auf meinen Handrücken und ich merke erst jetzt, dass ich nervös auf der Theke herumgetrommelt habe. «Es wird alles gut gehen okay. Komm schon Rin, du weisst, dass das Kings herausragend ist. Und wenn Revolution heute Abend auftritt, dann wird es unvergessen sein. Du wirst unvergessen sein.» Fran tätschelt mir noch mal beruhigend den Arm und wendet sich dann wieder ihrer Arbeit zu. Es stimmt, ich bin mehr als nervös und ich hasse dieses Gefühl wie die Pest. Ich bin ein verdammter Kontrollfreak und wenn etwas nicht nach Plan läuft, vor allem, wenn es den Club betrifft, dann werde ich zum Monk.

Der Bourbon wird geext und ich stelle das Glas zurück auf die Theke. Die Lichtshow wird im Hintergrund neu eingestellt und jetzt kommt auch die Musik endlich durch die Boxen. Scheint, als ob Tom das Problem gefunden hätte. Ich gehe über die Tanzfläche, inspiziere kurz die Bühne und versichere mich, dass alles dabei ist, was Mason und seine Kollegen für heute Abend brauchen. Im hinteren Teil des Gebäudes liegt mein Büro und die Garderobe der Angestellten. Der VIP-Bereich ist durch eine Treppe erreichbar und befindet sich genau oberhalb des Büros. Ich lege meine Jacke ab und schmeisse sie auf das schwarze Sofa, welches sich an der rechten Wand befindet. Mein Schreibtisch nimmt den meisten Platz ein und steht in der Mitte des Raumes. Auch er ist schwarz mit dem dazu passenden Ledersessel. Als mein Vater starb, habe ich das Kings von ihm übernommen. Schon als Kind habe ich fast jede freie Minute hier verbracht. Zum Leidwesen meiner Mutter. Andere Kinder in meinem Alter haben sich einem Sportverein angeschlossen oder haben mit dem Fahrrad die Gegend unsicher gemacht. Ich dagegen war die ganze Zeit mit meinem Vater unterwegs. Natürlich war er mehr als begeistert davon, dass ich mich für sein Geschäft interessiere und hat mich in alles Wissenswerte einbezogen. Als ich dann volljährig wurde, hat er mich auch abends zu den Partys mitgenommen. Vorher war das keine Option, meine Mutter hätte ihn gekillt. Den Club hat er selbst aufgebaut und ihn natürlich nach sich selbst benannt. King Miller. Kings. Gott, ich vermisse ihn. Vor fünf Jahren ist er an Krebs gestorben und seither habe ich das Zepter übernommen. Meine Mutter lebt in einer Alterswohnung ein bisschen ausserhalb der Stadt und lebt ein ruhiges Leben. Obwohl sie mir seit einer Weile mit dem Thema Enkelkinder tierisch auf die Eier geht. In solchen Zeiten verfluche ich die Tatsache, dass ich ein Einzelkind bin.

«Na du Pisser.» Nathan Royce, mein bester Freund seit Kindertagen kommt durch die Bürotür und schmeisst sie mit dem Fuss wieder zu. «Selber Pisser.», begrüsse ich ihn und hole meinen Humidor hervor, der auf der Kommode hinter meinem Schreibtisch steht. «Kuba?», fragt Nathan und setzt sich aufs Sofa. Seine blonden Haare hat er akkurat nach hinten gelegt. Die blauen Augen sehen müde aus. Wie immer. Vor drei Wochen ist sein Vater gestorben und seither kommt er nicht mehr zur Ruhe. Sie hatten kein sonderlich gutes Verhältnis, aber Callum Royce war noch der einzige Verwandte von Nathan. Genau wie ich ist er ein Einzelkind und hat seine Mutter schon in frühen Jahren verloren. Aber das ist ein anderes Thema. Ich hole zwei kubanische Zigarren hervor und setze mich neben ihn. Das Thema Callum, Erbe und so weiter, habe ich aufgegeben. Seit der Beerdigung hat sich Nathan total verschlossen. Er arbeitet zwar weiterhin als Anwalt bei Tamblin, Royce und Partner, wo auch Callum Mitinhaber war, aber die Anspannung bei ihm scheint jeden Tag noch mehr zuzunehmen. Ich glaube, es liegt daran, dass er noch nichts bezüglich des Testaments gehört hat. Er weiss nicht, was er alles erben wird und was mit dem Anwesen oder den Anteilen an der Kanzlei passieren wird. Es erinnert mich an eine brennende Lunte, die nur darauf wartet auf die Bombe zu treffen und endlich zu explodieren. Ich hoffe nur, dass Nathan nicht die Bombe ist.

«Kommst du gerade vom Gericht?», frage ich und zeige auf den zerknitterten Anzug, den er heute trägt. Er sieht aus, als ob er durch den Fleischwolf gedreht wurde. Mit dem Cutter schneidet er die Zigarre zurecht und zündet sie an. Die ersten Rauchschwaden fliegen durch den Raum und tränken ihn mit dem berauschenden Geruch des Tabaks. Ich tue es ihm gleich und wir sitzen ein paar Minuten schweigend nebeneinander. Auf meine Frage bezüglich des Gerichts geht er nicht ein, sondern lenkt das Thema auf Masons Auftritt heute Abend. «Wann ist der Gig?», fragt er und zieht wieder an der Zigarre. Ich gebe ihm die Uhrzeit durch. Er weiss, dass er auf der Gästeliste steht. Immer. Er und Mason sind meine engsten Freunde. Für die beiden würde ich durchs Feuer gehen. Nathan nickt und lässt sich noch tiefer ins Sofa sinken.

Bevor die Stimmung ins Depressive kippen kann, tätige ich einen Anruf bei Fran und bestelle uns zwei rassige Ablenkungen. Die natürlich ein paar Minuten später auch prompt erscheinen. Die Zwillinge Mary und Molly kommen herein. Jeden zweiten Tag bieten die beiden eine heisse Stripshow im Kings und ab und zu buche ich sie auch für eine Privatvorstellung. Natürlich halte ich auch hier meine Grenzen ein. Gucken ja, Anfassen nein. Was natürlich nicht für Nathan gilt. Er kann hier machen, was er will. Deshalb habe ich sie auch herbestellt. Sie müssen ihn ein bisschen aus dem Tief rausholen. Und als er sieht, was durch die Tür auf uns zuschlendert, kann auch er sein anzügliches Grinsen nicht mehr zurückhalten.

Das weisse Pulver liegt auf dem Tisch und lächelt mich verführerisch an. Ich kann gar nicht anders, als mich herunterzubeugen und die Line mit einem zusammengerollten Dollarschein in meine Nasenlöcher zu ziehen. Die erste Hälfe ins linke und die andere Hälfte ins rechte. Gott, tut das gut. Entspannt lasse ich mich gegen den Rücken der Couch sinken und breite meine Arme aus. Ich warte, dass das Koks sich in meiner Blutlaufbahn verteilt und die Wirkung endlich einsetzt. Der Alkohol rauscht in meinem Kopf und mein Blick ist nur noch verschwommen. Ich schaue mich benommen im Raum um und bin scheissfroh, dass Mason die Idee für dieses Hotelzimmer hatte. Der Gig mit Revolution war der Oberhammer. Das Publikum und die Medien haben sie gefeiert und mehrere Male nach einer Zugabe geschrien. Es war berauschend. Ich musste viele Hände schütteln, Champagner ausgeben und konnte dafür Komplimente einheimsen. Der Abend war mehr als nur ein Erfolg. Ich glaube die Einnahmen werden überdimensional ausfallen.

Eigentlich wollte ich mich direkt nach Clubschliessung um die Kassen kümmern, aber Mason und seine Bandmitglieder waren so begeistert von dem ganzen Ablauf, dass sie mich und Nathan spontan ins Denver Inn mitgenommen haben. Uns und ein paar verdammt scharfe Girls. Fuck! Wann bin ich das letzte Mal so krass ausgeschweift? Ich kann es nicht mehr sagen. Es fühlt sich so krass an. Die Drogen fangen an zu wirken und ich muss lachen. Meine Muskeln sind entspannt und ich könnte mir keinen besseren Rausch wünschen. Leo und Oli, zwei Mitglieder der Band räkeln sich auf dem King Size Bett und teilen sich eines der Girls. Ich kann nicht sagen, ob es Groupies sind oder professionelle Nutten, aber sie machen einen verdammt guten Job. Die Kleine bläst Oli den Schwanz während Leo sich von hinten in sie schiebt. Sein Stöhnen wird nur von der lauten Rockmusik von Revolution übertönt, die ununterbrochen von der Musikanlage dröhnt. Ed hat sich vor einer ganzen Weile mit zwei Ladies ins Badezimmer zurückgezogen. Da dort ein Jacuzzi eingebaut ist, können wir uns alle wohl vorstellen, was er dort gerade so treibt. Einen solch erfolgreichen Abend kann man nicht besser als mit einem Orgasmus zu Ende zu bringen. Nathan sitzt auf einem Sessel und zieht sich irgendeine Trash TV Sendung rein. Eine halbnackte rothaarige Schönheit kniet vor ihm und saugt sich an seinem Schwanz fest. Sein Blick ist leer und abwesend, aber ich denke das kommt von den ganzen Drogen, die er sich heute reingepfiffen hat. Mason lässt seinen Arsch neben mir nieder und streicht sich die wilden Haare aus dem Gesicht. Sie reichen ihm bis zum Kinn. Normalerweise trägt er sie zu einem Man-Bun gebunden. Der offene Look lässt ihn noch wilder erscheinen. Sein Bart ist perfekt getrimmt und der voll tätowierte Oberkörper, den er schon den ganzen Abend präsentiert, ist durchtrainiert bis zum geht nicht mehr.

«Fuck. Alter was für ein Abend.», brummt er und hält mir eine halbvolle Flasche Whiskey hin, die ich dankend entgegennehme. «Die Jungs und ich sind dir mehr als dankbar für diese Chance. Es war der Burner!» Mason kann nicht aufhören zu grinsen und auch meine Mundwinkel schmerzen langsam vom ewigen Nachobenziehen. «Gern Bro. Wir müssen solche Gigs regelmässig veranstalten. Wir können alle nur davon profitieren.», gebe ich zurück und halte ihm die jetzt fast leere Flasche vors Gesicht.

Mason gönnt sich die letzten Tropfen und schmeisst die Flasche auf den Boden, wo sie klirrend zu Bruch geht. «Wenn wir schon gerade von Profitieren sprechen.», sagt er und nickt mit dem Kopf nach vorne. Zwei von den engagierten Girls räkeln sich auf den Boden zu unseren Füssen und kriechen in fast trägen Bewegungen auf uns zu. Beide tragen nur noch einen knappen String und ihre Blicke versprechen uns Grosses. Die Blonde kriecht auf mich zu, während die Brünette es auf Masons Schritt abgesehen hat. «Holy Shit Alter.», stöhne ich und lasse meinen Kopf nach hinten sinken. Das Leben ist perfekt.

Der Duft nach frischem Gemüse und Curry weht durch die Küche und mir läuft schon beinahe das Wasser im Mund zusammen. Ich habe alle Zutaten für das heutige Abendessen bereitgelegt und das Hähnchenfleisch hole ich gleich aus dem Kühlschrank. Aus meiner kleinen Musikanlage kommt irgendein Popsong aus den Neunzigern, der mich zum Mittanzen motiviert. Ich schwinge die Hüften und tanze durch die halbe Wohnung. Ja, heute geht es mir gut. Den Artikel über die Baustelle an der Schule konnte ich fristgerecht einreichen, da Lou zu meinem Glück bei einem der Bauleiter als Hochzeitsfotografin tätig war. Habe ich schon erwähnt, dass der Himmel mir diese Frau geschickt hat? Sie ist unglaublich. Dank ihrem Kontakt konnte ich alle nötigen Informationen zusammentragen und Roger seinen blöden Artikel vorweisen. Ich muss ja nicht erwähnen, dass es von seiner Seite aus weder ein Danke noch sonst irgendeinen Kommentar gegeben hat. Der Artikel ist gestern in der Montagsausgabe erschienen. Heute und morgen habe ich frei. Deshalb habe ich die Gelegenheit beim Schopf gepackt und Trevor für heute zum Essen eingeladen. Er arbeitet als Arzt in der Riverside Clinic und sein Alltag ist mehr als anstrengend. Heute hat er mehrere Operationen und ich hoffe für ihn und für mich, dass sie erfolgreich waren. Nichts zieht Trevor mehr runter als eine OP, die nicht nach seinen Plänen verlaufen ist. Für morgen habe ich mich mit Lou zum Shoppen verabredet und wir wollen ein paar Optionen für das Buchcover durchgehen. Ich bin so gespannt, was sie alles für Ideen hat. Letzte Nacht war ich so sehr in das Manuskript vertieft, dass ich erst um drei Uhr nachts ins Bett gegangen bin. Ich bin so sehr in die Geschichte eingetaucht, dass ich alles um mich herum vergessen habe.

Mein Handy klingelt und ich drehe die Musk etwas leiser. Als ich den Anrufer sehe, muss ich grinsen. Als ob sie merken würde, dass ich gerade an sie denke. «Hallo Süsse.», begrüsse ich Lou und hole das Hähnchen aus dem Kühlschrank und stelle es auf die Tischplatte. «Na du, was treibst du?», fragt sie und ich höre lautes Hupen im Hintergrund. Wahrscheinlich rennt sie wieder mal bei Rot über die Strasse. «Ich koche. Trevor kommt nachher zum Abendessen vorbei.» Ich stelle das Handy auf Lautsprecher, damit ich beide Hände frei habe und noch ein paar Sachen erledigen kann. «Trevor…aha.» Lou schnaubt und schreit irgendjemanden an, damit er ihr aus dem Weg geht. «Du würdest besser mit mir in den neuen Club gehen, der gerade aufgemacht hat.» Ich stocke in meinen Bewegungen.

«Lou, es ist Dienstagabend. Da gehe ich sicher nicht in irgendeinen Club. Was willst du da?», frage ich sie und lege dabei das Gemüse in die Spüle, um es nachher zu waschen. «Ich habe ein Date. Und wenn du dich klug anstellst, kannst du seinen Bruder haben.» Ich muss lachen. «Du weisst aber schon, dass ich einen Freund habe. Trevor. Für den ich gerade koche. Den ich vor knapp zwanzig Sekunden erwähnt habe.», gebe ich ihr zu bedenken und lasse das Wasser über die Karotten und die Zwiebeln laufen. «Jaja, Trevor, blabla. Wir wissen beide, dass du Besseres verdient hast, als den Idioten. Ich meine komm schon Ann, es sind Brüder. Zwillinge.» In meiner Fantasie kann ich sehen, wie sie anzüglich die Augenbrauen auf und ab wippen lässt. Lou Bennett hat wohl den grössten Männerverschleiss, den ich je bei einer Frau miterleben durfte. Was komisch ist, denn so läuft es etwa erst seit ungefähr fünf Jahren. Während der Collegezeit und auch danach hatte sie gerade mal einen festen Freund. Sonst war sie die meiste Zeit über Single. Ich habe nie mitgekriegt, dass sie jemanden kennengelernt, geschweige denn, jemanden zu sich nach Hause mitgenommen hätte. Plötzlich, von einem Tag auf den anderen, war sie wie ausgewechselt. Sie liess keine Gelegenheit aus, um einen Typen abzuschleppen. Alles, was nicht bei drei auf den Bäumen war, hat sie sich gekrallt. Ich meine, ich habe nichts dagegen und würde sie niemals dafür verurteilen, aber es ist schon sehr fragwürdig, wie sie ihre Einstellung so drastisch ändern konnte. «Komm schon Ann. Lass die Pfeife Trevor verhungern und komm mit mir mit. Du wirst es nicht bereuen, ich schwöre es.» Sie quengelt wie ein kleines Kind und ich muss wieder lachen. «Nein Lou. Geniess du deinen Abend mit den heissen Zwillingen und wir sehen uns morgen.» Als ob ich Trevor einfach so absagen würde. Sie hat ja keine Ahnung, was das für Konsequenzen mit sich ziehen würde. «Gott, du bist so eine Spassbremse.», jammert sie weiter und doch kann ich das Lachen in ihren Worten hören. «Dann viel Spass beim Kochen und sich zu Tode langweilen.» Ich hole die Pfanne aus der Schublade und stelle sie auf den Herd. «Viel Spass bei deinem flotten Dreier.» Wieder muss ich den Kopf schütteln. «Oh Gott, du hast recht. Wenn du nicht dabei bist, dann gehört das ganze Buffet mir. Aber keine Sorge Baby, wenn ich meinen ersten Höhepunkt erreiche, denke ich fest an dich und wenn der eine…» weiter lasse ich sie nicht reden und beende den Anruf mit einem Knopfdruck. Wäre ja noch schöner, wenn sie mir jetzt ihr ganzes Sexleben offenbaren würde. Gütiger Himmel. Ich schneide das Gemüse in gleichmässige Würfel und schwinge dabei wieder mit den Hüften als eine SMS eingeht. Natürlich muss Lou noch das letzte Worte haben.

Lou:

Dafür, dass du gerade einfach aufgehängt hast, werde ich heute Abend Fotos machen und dich morgen damit nerven. :P Liebe dich

Ich antworte ihr besser nicht, denn ich weiss genau, wenn ich jetzt noch weiter stichle, dann wird sie plötzlich noch einen Livestream starten. Das Öl giesse ich in die Pfanne und füge das vorgeschnittene Hähnchen hinzu. Es fängt an zu brutzeln und sobald das Fleisch schön weiss ist, kommt das Gemüse dazu. Danach folgen die Kokosmilch und die Currypaste, die ich schon heute Mittag vorbereitet habe. Mein Magen knurrt und ich kann es kaum erwarten den ersten Bissen hinunterzuschlucken. Ich hole zwei Weingläser aus dem Regal und fülle beide mit dem leckeren Rotwein auf, den ich heute in der Mall besorgt habe. Alles ist perfekt. Der Tisch ist gedeckt und das Essen ist bereit. Jetzt fehlt nur noch Trevor. Und als auch ob er meine Gedanken hören könnte, klingelt es an der Tür. In schnellen Schritten laufe ich durch den Flur und streiche mir das rote Kleid zurecht, das ich vor kurzem im Ausverkauft erstanden habe. Als ich die Tür öffne und Trevor hereinkommt, merke ich, wie angespannt er ist. Er muss einen schlechten Tag gehabt haben.

«Hey Trev. Alles okay?», frage ich und nehme ihm die Jacke ab und hänge sie ordentlich in die Garderobe. Seine dunklen Anzughosen sitzen, wie sie sollten. Genauso das weisse Hemd, dessen Kragen regelmässig von der Reinigung gestärkt wird. Die braunen kurzen Haare liegen richtig und auch die Wildlederschuhe weisen keinen einzigen Flecken vor. Er sieht fehlerfrei aus. Und doch weiss ich, dass er alles andere als das ist. Warum ich immer noch mit ihm zusammen bin, frage ich mich manchmal selbst und finde keine passende Antwort. Ich glaube aber, dass es einfach Angst ist. Angst vor seiner Reaktion, wenn ich einen anderen Weg einschlagen würde.

Ohne seine Schuhe abzustreifen, schreitet er durch die Wohnung, greift sich das Glas Wein und stürzt es in einem Zug herunter. Super. Ich gehe leise an ihm vorbei und stelle die Herdplatte aus. «Ich habe dein Lieblingsessen gekocht. Thaicurry.», murmle ich und knete verunsichert meine Hände. Sein Blick ist undurchschaubar und ich habe keine Ahnung, was mich erwartet oder was ich machen soll. Trevors Adamsapfel hüpft beim letzten Schluck auf und ab. Wortlos stellt er das Glas zurück auf den Tisch und holt den Rotwein aus dem Kühlschrank. Er füllt sein Glas noch einmal auf und kommt dann mit meinem auf mich zu. «Hier Darling. Lass uns anstossen.», meint er und streckt mir das Glas entgegen. Er lächelt und wir stossen an. «Mach dich locker. Mir geht’s gut.», meint er dann und ich kann tatsächlich einmal tief durchatmen. «Setz dich doch. Ich mache die Teller fertig.», weise ich ihn an und gönne mir noch einen grossen Schluck des Rotweines. Trevor geht mit dem Glas zum Esstisch und setzt sich an seinen Platz. Die Kerzen habe ich erst gerade vorhin angezündet. Die Tischdecke ist auch neu und passt mit dem Beige ideal zu den weissen Kerzen. «Heute Morgen hatte ich eine OP. Der Mann hat sich das Bein beim Skifahren gebrochen. Leider hat der Knochen gesplittert und es dauerte etwas länger als geplant.», erzählt er von seinem Tag während ich die Teller mit Reis und Curry fülle. Sobald ich alles fertig habe, serviere ich das Essen und setze mich ihm gegenüber. Ich stelle ihm ein paar Fragen zur OP und zur Klinik. Je länger wir uns unterhalten, desto entspannter werde ich. Wir lachen sogar ein paar Mal zusammen und ich lehne mich im Stuhl zurück.

Als Trevor seinen Teller leer gegessen hat, räume ich das Geschirr in die Küche und bringe ihm ein Dessert. Ich weiss, wie sehr er Schokolade mag. Deshalb habe ich ihm eine Mousse besorgt. Ich habe es in einer Confiserie in der Mall entdeckt und musste es sofort kaufen. «Hier.» Ich stelle ihm die Schale samt Löffel auf den Tisch und setze mich wieder auf meinen Stuhl. Das Glas von Trevor ist wieder leer und ich fülle es auf. Der Rotwein ist leer und ich bin froh, dass ich noch eine Flasche im Kühlschrank habe. «Was soll das?», fragt er plötzlich und ich ziehe verwirrt die Augenbrauen zusammen. «Was meinst du?», frage ich zurück und beuge mich leicht über den Tisch. Habe ich was verpasst? Er wischt sich die Hände mit der Serviette sauber und schmeisst sie auf die Schale mit der Mousse. «Ich habe dir doch gesagt, dass ich auf Diät bin. Bist du wirklich so dumm oder tust du nur so?» Meine Augen werden riesig. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass er mir irgendwas von einer Diät gesagt hat. Grosser Gott. «I-i-ich…tut mir leid…ich habe es vergessen.», stottere ich wie ein verängstigtes Schulmädchen und möchte mich für meine Reaktion am liebsten selbst ohrfeigen. Trevor macht das mit mir. Er lässt mich kleiner scheinen, als ich eigentlich bin.

Er steht auf und knallt die flache Hand auf die Tischplatte. Ich weiss genau, was mich jetzt erwartet. Mein Körper zittert und ich schlucke den Kloss herunter, der sich in meinem Hals gebildet hat. Tränen bilden sich in meinen Augenwinkeln und als mich der erste Schlag trifft, presse ich die Augen zusammen, um nicht allzu viel von den nächsten Minuten mitzubekommen.

«Tiefer.», raune ich und mein Kopf fällt nach hinten auf die Stuhllehne. Mein Hemd steht halboffen, das Jackett habe ich mir schon beim Reingehen ausgezogen. Im Büro ist es viel zu heiss und bei dem, was ich gerade mache, würde ich wahrscheinlich schmelzen. Die kleine Blonde, die gerade zwischen meinen Beinen auf dem Boden kniet und meinen Ständer mit ihrem Mund bearbeitet, lässt mir einen verführerischen Blick zukommen. Seit Stunden, die mir wie Wochen vorkommen, sitze ich schon hier und gehe das Budget für das nächste halbe Jahr durch. Ich habe ein paar Ideen für den Club und will diese schnellstmöglich umsetzten. Dafür braucht es natürlich genug Flüssiges.

Als ich bei meinem fünften Red Bull und meinem wohl achten Bourbon angelangt bin, dachte ich plötzlich an die Nacht im Denver Inn zurück und ich wurde augenblicklich steinhart. Mir einen runterzuholen, während ich mir billige Pornos aus dem Internet reinziehe, kam für mich gar nicht in Frage. Wenn, dann will ich was Handfestes haben. Fran, mein Mädchen für alles, hat ein paar Anrufe getätigt und mir ein Escort Girl organisiert. Den sehnsüchtigen Blick, den sie mir zugeworfen, als sie die Dame zu mir ins Büro gebracht hat, kann ich ihr nicht verdenken. Ich glaube sie will mich genau so sehr flachlegen wie ich sie, aber wir wissen beide, dass daraus nichts wird. Was wahrscheinlich auch der Grund ist, warum sie mir eine Frau besorgt hat, die ihr zum Verwechseln ähnlichsieht. Das kleine Schlitzohr.

Ihre langen Fingernägel kratzten über meinen nackten Bauch und als sie meinen Schwanz so weit in ihren Rachen gleiten lässt, bis ich gegen ihren Rachen stosse, stöhne ich laut auf. Gott, die weiss genau, was sie macht. Fuck! Wenn sie so weitermacht, dauert es bestimmt nicht mehr lange und ich spritze ihren verdammten Hals voll. «Weiter.», befehle ich und schliesse meine Augen, während ich meine Finger in ihrem Haar vergrabe. Mein Becken stösst sich nach oben und ich kann fühlen, wie ihr Speichel über meine Hoden läuft. Geil. Das schmatzende Geräusch erfüllt den sonst so stillen Raum und das bekannte Kribbeln in meinem Steissbein macht sich langsam bemerkbar.

«Ich hab es Alter!» Die Tür zum Büro wird aufgestossen und Nathan kommt freudestrahlend herein. Er fuchtelt mit ein paar Papieren hin und her und merkt gar nicht, dass er eigentlich zum völlig falschen Zeitpunkt hereingeplatzt ist. «Es gehört mir. Fuck! Es gehört mir.»

Er quatscht einfach weiter und mir entgeht das fette Grinsen nicht, dass sich auf seinem Gesicht gebildet hat. Die Kleine unter mir macht unbeirrt weiter. Dafür ist sie ihr Geld echt wert. Mit dem gehobenen Finger gebe ich Nathan zu verstehen, dass er sich noch kurz zurückhalten muss und lasse mir weiter den Schwanz blasen. «Was?», fragt er und kommt zum Tisch herüber. Mir ist egal, ob er sieht, was ich mache. Es ist schon vorgekommen, dass wir uns eine Frau geteilt haben. Er weiss wie mein Schwanz aussieht und ich weiss wie seiner aussieht. Kein Ding also.

Als er über die Tischkante blickt und den blonden Schopf auf und ab wippen sieht, verzieht er seinen Mund zu einem fetten Grinsen. «Alter.», sagt er beeindruckt und setzt sich auf den Stuhl mir gegenüber, verschränkt die Arme hinter dem Kopf und zieht sich das Schauspiel rein. Idiot. Damit ich nicht an meinen besten Freund denken muss, während ich kurz davor bin endlich abzuspritzen, schliesse ich wieder die Augen und stelle mir die Girls vor, die wir im Hotel hatten. Grosse Titten. Perfekte Münder und pralle Ärsche. Kurven an den genau richtigen Stellen. So richtig gut zum Anpacken. «Ah…», stöhne ich hemmungslos und mein Becken zuckt wieder nach oben. Die Blondine fängt an zu würgen und ich werde noch geiler. Fest kralle ich mich in ihren Haaren fest und drücke ihr Gesicht noch mehr in meinen Schritt. Ihre Zunge bearbeitet meine ganze Länge und sie saugt so krass gut, dass ich kurz vor dem Kontrollverlust stehe. Mein Körper kribbelt und kleine Stromstösse durchzucken mich. «Genau…», keuche ich und als sich endlich die Erlösung in mir breit macht, stöhne ich wieder auf und ergiesse mich in ihrem gierigen Mund. Bis zum letzten Tropfen saugt sie mich aus und hinterlässt keine Spuren. Mit der Zunge putzt sie mich sauber, während mein Körper die Anspannung wieder loslässt und ich mich relaxed zurücklehnen kann. «Danke Baby.» Ich streiche der Frau über den Kopf und wische ihr über den Mund. Sie lächelt mich an und stellt sich wieder auf die Beine. Sie zieht ihren Minirock zurecht und ich wünschte, dass ich sie noch ficken könnte, aber nein, Nathan fucking Royce muss mir die Tour vermasseln. Selbstgefälliger Arsch. «Du kannst dich jederzeit melden.», flüstert sie mir ins Ohr, als sie sich mit einem Küsschen von mir verabschiedet. Sie geht mit schwingenden Hüften um den Tisch herum und als sie bei Nathan vorbeigeht, gleitet sie mit der Hand über seine Brust. «Bis dann ihr zwei Hübschen.», meint sie und schreitet durch die Tür nach draussen.

Als sie ins Schloss fällt, wendet Nathan sich wieder zu mir um. Er hat die Kleine mit den Augen bis zum Ausgang verschlungen. «Die war ziemlich heiss.», meint er immer noch grinsend und ich muss ihm zustimmen. Die hatte echt was drauf. Ich schliesse den Reissverschluss meiner Hose und knöpfe das Hemd wieder zu. «Was willst du?», frage ich etwas ausser Atem und setze mich in eine aufrechtere Position. Nathan reibt sich die Hände gegeneinander und wirft mir dann die Papiere auf den Tisch, mit denen er vorhin noch wild herumgefuchtelt hat. «Was ist das?», will ich wissen und ziehe die Blätter zu mir rüber. «Das, mein Freund, ist die Lösung all meiner Probleme.» Seine Erklärung klingt mehr als nur mysteriös und er hat natürlich sofort mein Interesse geweckt. Ich sortiere die Blätter und fange an zu lesen. Okay, es handelt sich tatsächlich um das Testament von Callum Royce. «Darauf hast du lange gewartet.», sage ich und sehe zu ihm auf. Nathan nickt mit zusammengepressten Lippen und ich kann sehen, dass ein riesen Haufen Sorgen von ihm gefallen ist. Nach dem Tod seines Vaters wusste er nicht, ob und was er erben würde. Zeitweise hatte er sogar Angst, dass er auf der Strasse landen könnte. Nach seiner Reaktion zu urteilen, wird das wohl nicht der Fall sein.

Ich widme mich wieder dem Schreiben und lese mich durch verschiedene Gesetzesartikel, von denen ich keinen blassen Schimmer habe. Ich bin Geschäftsmann, kein Anwalt. Die ersten Seiten zeigen Callums Vermögen auf. Er besass mehrere Konten und Wertpapiere. Darunter sind auch noch seine Autos und Wertgegenstände aufgelistet. Der Kerl besass tatsächlich zwei Originalgemälde von Monet. Krass. Es sind Beträge in Millionenhöhe. Nathan hat ausgesorgt. Er könnte sich auf der Stelle zur Ruhe setzen und die Füsse hochlegen. Aber so ist er nicht. Er ist ein Arbeitstier und kein Taugenichts. Weitere Seiten beziehen sich auf die Anteile von Tamblin, Royce und Partner. Auch hier hat Callum im Falle seines Todes alles an Nathan vermacht. Der Wichser vor mir besitzt jetzt tatsächlich eine Anwaltskanzlei. Ich lache auf und schüttle den Kopf. «Du hast ausgesorgt Bruder.», meine ich und blättere weiter, ohne auf seine Reaktion zu achten. Ich bin schon fast am Ende angelangt, als es auf den letzten zwei Seiten um das Anwesen von Callum geht in dem Nathan grossgeworden ist. Noch heute lebt er dort und auch Mason und ich haben je eines der zwölf Zimmer übernommen. Klar könnten wir uns locker unsere eigenen Häuser leisten, aber meine spärliche Freizeit verbringe ich eh meist mit den beiden und da Mason wegen der Band nur unregelmässig in Denver ist, war dies die ideale Lösung für uns alle. Callum hatte auch nie etwas dagegen. Deshalb habe ich auch nie darüber nachgedacht, dass das Anwesen irgendwann mal nicht mehr uns gehören würde. Oder besser gesagt Nathan. Aber was ich hier gerade lese, lässt mein verdammtes Herz zum Stillstand kommen. Das kann nicht sein Ernst sein? Das hat er nicht wirklich gemacht? Aber es steht hier Schwarz auf Weiss. Egal wieviel Mal ich blinzle oder mir die Augen reibe, die Zeilen bleiben die gleichen.

«Hast du das gelesen?», will ich von Nathan wissen und schiebe ihm den Stapel zurück. Er zieht die Schultern nach oben. «Klar. Es gehört alles mir. Alter ich kann es gar nicht fassen. Es ist noch total surreal. Gütiger Himmel. Keine Ahnung, was ich mit all dem Geld anstellen soll.» Er redet ohne Umschweife weiter. «Boah, stell dir all die Partys vor, die wir veranstalten können. All die Ladys.» Er beisst sich in die Faust. «Ich werde natürlich in deinen Club investieren und Mason neues Equipment für die Band kaufen.» Ich muss ihn unterbrechen. Er kapiert wohl gar nichts mehr. «Nate. Nate hör auf. Das Geld ist nicht das Problem.», grätsche ich dazwischen. «Hast du den Absatz über das Wohnrecht des Anwesens gelesen?», frage ich nochmal etwas konkreter nach. Er schüttelt den Kopf und meint wirklich, dass das Anwesen ihm gehört und er über alles zu bestimmen hätte. Also hat er es nicht gelesen. Ich greife über den Tisch., blättere den Stapel durch, bis ich auf der richtigen Seite bin und zeige auf die verdammte Stelle, die unser Leben verändern könnte.

Nathans Augen huschen über die Zeilen und als er endlich bei der Stelle ankommt, höre ich nur noch laute Fucks und Shits. «Das ist nicht wahr, oder?» Seine Stimme ist gerade um eine Oktave gestiegen. «Nein, das kann nicht sein.» Er redet zu sich selbst, aber ich frage mich genau das gleiche.

«Wann hast du sie das letzte Mal gesehen?» Nathan hört meine Frage und lehnt sich gegen den Stuhlrücken. Er sieht wieder erschöpft aus. Mit den Händen fährt er sich durch die Haare und zerstört sich die ganze Frisur. Er überlegt und starrt ins Leere. «Puh, das war, als sie aufs College ging. Also vor zehn Jahren.» Zehn Jahre. Er hat recht. Das war auch das letzte Mal, als ich sie gesehen habe.

«Hattet ihr danach keinen Kontakt mehr?», frage ich weiter und hole uns zwei Kippen aus der Schublade. Nathan kann sie sich gar nicht schnell genug anzünden und zieht den Rauch schon fast fieberhaft in die Lungen. «Mach langsam Alter, sonst kriegst du noch einen Herzinfarkt.»

Schweigend rauchen wir die erste zu Ende und zünden gleich darauf die zweite an. «Nein.» Er schüttelt den Kopf. «Ich habe den Kontakt zu ihr komplett abgebrochen. Du weisst, dass ich sie nie in meinem Leben haben wollte.» Und doch wollte er sie, sobald sie alt genug war, ficken. Dass sie seine Stiefschwester war, hat ihn nie davon abgehalten sie heimlich zu bespannen. Okay ja, ich war auch regelmässig dabei. Aber fuck, wir waren gerade mal achtzehn und neunzehn. Da kann man nicht allzu viel erwarten. «Wie es aussieht hatte Callum doch noch Kontakt mit ihr. Warum sonst sollte er ihr das lebenslange Wohnrecht auf dem Anwesen einräumen?», gebe ich zu bedenken. Der Rauch brennt sich in meine Lungen und ich kann spüren, wie das Nikotin seine Wirkung verbreitet. Langsam erholt sich mein schnell schlagendes Herz und ich frage mich, warum es plötzlich so sehr gehämmert hat. Egal. Nathan schüttelt den Kopf und sein Blick ist leer auf irgendeinen Punkt auf meinem Schreibtisch geheftet. «Fuck, keine Ahnung. Ich habe nie mit ihm über sie geredet. Es hatte ja eh nie einen Sinn. Du weisst, wie starrsinnig er sein konnte.», gibt er zu bedenken und ich muss ihm zustimmen. Callum Royce war alles andere als einfach. Er hatte einen noch grösseren Sturkopf als sein Sohn. Naja, von irgendwoher muss er ihn ja haben. Kurz bevor seine Mutter Selbstmord begangen hat, kam Callum mit Tiffany Clifford zusammen.

Tiffany zog damals mit ihrer achtjährigen Tochter in unsere Nachbarschaft. Sie war frisch verwitwet und hat mit dem Erbe ihres Mannes das kleine Häuschen am Rand gekauft. Ich verstehe Callum. Tiffany Clifford war eine Schönheit, wie sie im Bilderbuch stand. Lange rotbraune Haare, braune Augen und einen Körper, für den sich manche Frau unters Messer legen würde. Sie arbeitete in einem Diner, während ihre Tochter die gleiche Schule wie wir besuchten. Die Ehe von Nathans Eltern war schon lange zum Scheitern verurteilt und Callum hat sich immer mehr von seiner Frau zurückgezogen. Eines Abends führte ihn sein Weg in besagtes Diner und er verliebte sich auf den ersten Blick in sie. Auf jeden Fall wurde es uns immer so erzählt. Ich war gerade mal elf und hatte von all den Dingen noch keinen blassen Schimmer. Wie die Leute nun mal sind, dauerte es nicht lange und es entstanden diverse Gerüchte. Nathans Mom soll sich wegen Callums Untreue das Leben genommen haben und er hätte schon vor dem Zuzug der Cliffords was mit Tiffany am Laufen gehabt und so weiter und so weiter.

Etwa ein Jahr nach dem Tod von Nathans Mom, sind Tiffany und ihre Tochter ins Haus der Royce gezogen. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass das Nathan mehr als gegen den Strich ging. Er wollte die beiden nicht in seinem Leben und in seinem Haus haben. Für sie waren sie wie Parasiten, die nicht hierhergehörten. Er liess es die beiden auch spüren und da ich nun mal sein bester Freund war und immer noch bin, habe ich ihn bei allem unterstützt, was er sich so ausgedacht hatte. Wir haben die Tochter schikaniert, wo es nur ging. Ihre Klassenarbeiten sabotiert, ihre Kleider verunreinigt. Naja, einfach kleine Jungen Streiche. Das gleiche haben wir bei Tiffany versucht, aber sie kam uns immer auf die Schliche. Natürlich haben meine Eltern und Callum davon erfahren und wir mussten mal einen ganzen Sommer lang, als Strafe, die Pools der Nachbarschaft reinigen. Um nicht noch einen weiteren Sommer zu verpassen, haben wir die beiden in Ruhe gelassen und sie weitestgehend ignoriert. Bis…tja, bis die kleine Miss Clifford sechszehn wurde. Gott, ich weiss noch, wie sie an diesem Morgen in die Schule kam. Annette trug enge Skinnyjeans und ihr Arsch war mehr als prall. Und auch ihre Brüste mussten damals über Nacht gewachsen sein. Ich schwöre, ich habe noch nie perfektere Titten gesehen. Okay, ja, ich kann es nicht genau beurteilen, weil ich sie nie nackt gesehen habe, aber damals als Neunzehnjähriger fand ich, glaube ich, alles scharf, was irgendwie nur annährend was mit Ärschen oder Titten zu tun hatte. Das Ignorieren wurde dann schnell zu einer Art Faszination. Sie war die Stiefschwester meines besten Freundes und für ihn eigentlich absolut tabu. Aber wir konnten es einfach nicht lassen und haben sie immer heimlich beobachtet. Egal, ob sie nur ihre Hausaufgaben in der Küche gemacht oder sich im Bikini am Pool gesonnt hat. Wir hatten immer ein Auge auf sie, haben sie aber nie angerührt. Naja, nicht wirklich, denn in meinen Träumen hat sie jedes Mal die Hauptrolle übernommen. Bei dem Gedanken an Annette Clifford werde ich schon fast wieder hart. Ich hatte sie nie und das bereue ich bis heute.